Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Nov. 2018 - EnVR 30/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:131118BENVR30.17.0
13.11.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen und dem Beigeladenen zu 2 als Gesamtschuldnern auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen zu 1 trägt sie selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die in Sankt Petersburg ansässige Betroffene ist ein Tochterunternehmen der russischen P.  G.   mit Sitz in M.  . Sie ist ihrerseits Alleingesellschafterin der G.   G.    GmbH mit Sitz in B.   und bildet mit weiteren Tochterunternehmen die G.   e.  -Gruppe, die in der Europäischen Union in den Bereichen Gewinnung, Vertrieb und Speicherung von Erdgas tätig ist. Die G.   G.    GmbH hält 49,98 % der Anteile an der Beigeladenen zu 1, bei der es sich um einen in Deutschland tätigen Gastransportnetzbetreiber handelt. Die übrigen 50,02 % der Geschäftsanteile werden von der W.     -Gruppe gehalten, die zum B. -Konzern gehört.

3

Die Beigeladene zu 1 wurde im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängiger Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die Betroffene zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften der G.   e.   -Gruppe als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die P. G.   ist nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.

4

Der Beigeladene zu 2 ist russischer Staatsbürger. Nach einer Tätigkeit bei der Betroffenen im Bereich Gaslogistik wurde er zum 1. April 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und leitete dort außerdem das Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung". Mit Ablauf des 30. April 2015 gab er aus persönlichen Gründen seine Stellung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 auf und kündigte den Dienstvertrag. Mit E-Mail vom 20. Mai 2015 teilte er der Bundesnetzagentur mit, dass er bei der Betroffenen in S.  P.     die Leitung der Abteilung "Logistik und Speicher" übernommen habe. Mit Schreiben vom 21. Mai 2015 informierte auch die Beigeladene zu 1 die Bundesnetzagentur über diesen Umstand.

5

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 in der Fassung des Berichtigungsschreibens vom 19. Februar 2016 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 2 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 30. April 2019, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 2 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.

6

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen und des Beigeladenen zu 2 hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde begehren die Betroffene und der Beigeladene zu 2 die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts und die Zurückverweisung der Sache an dieses zur erneuten Verhandlung.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 - 3 Kart 10/16, juris) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 16. Dezember 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 2 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.

10

Die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG seien gemäß § 109 Abs. 2 EnWG auf Sachverhalte mit Auslandsbezug anwendbar, wenn sich - wie hier - Auswirkungen im Inland ergäben. Der Abschluss des Anstellungsvertrags zwischen der Betroffenen und dem Beigeladenen zu 2 vor Ablauf der Karenzzeit wirke sich nachteilig auf dem deutschen Hoheitsgebiet aus, weil er den diskriminierungsfreien und transparenten Betrieb des Transportnetzes gefährde. Er beeinträchtige damit zugleich das Vertrauen der Marktteilnehmer in einen wettbewerbsanalogen und gemeinwohldienlichen Netzbetrieb. Den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohne ein erhebliches Diskriminierungspotential inne. Insoweit sei im Hinblick auf den Zweck der Karenzzeitenregelung eine generalisierende Betrachtung anzustellen. Der Nachweis einer konkreten Gefährdung werde von der Kollisionsnorm des § 109 Abs. 2 EnWG nicht gefordert. Selbst wenn man den Geltungsbereich dieser Kollisionsnorm völkerrechtlich durch ein Missbrauchs- oder Einmischungsverbot begrenzen wollte, ergäbe sich nichts anderes, weil die gewichtigen öffentlichen Interessen Deutschlands an einer wettbewerbsanalogen, nichtdiskriminierenden und transparenten Regulierung der Energienetze die Interessen Russlands an einer Einhaltung des russischen Arbeitsrechts überwögen.

11

Das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei wirksam. Es verstoße weder gegen Unionsrecht noch gegen das Grundgesetz. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden. Den Gesetzgebungsorganen der Europäischen Union komme bei wirtschaftspolitischen Maßnahmen ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Grenzen nicht verletzt seien.

12

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 GRCh ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten, und zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden. Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch die Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen bei ihrer Personalplanung eingeschränkt. Dies sei aber im Hinblick auf die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Gemeinwohlziele hinzunehmen.

13

Die Länge der Karenzzeit von vier Jahren sei ebenfalls nicht zu beanstanden, weil dem europäischen Richtliniengeber ebenso wie dem nationalen Gesetzgeber insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme. Die Dauer von vier Jahren sei insbesondere nicht unverhältnismäßig. Dies gelte auch, wenn die Beschäftigung der Führungskraft beim Transportnetzbetreiber - wie hier - nur halb so lange angedauert habe wie das nachfolgende Karenzverbot. Denn auch in diesem Fall könne die Führungskraft diskriminierungsrelevantes Wissen angesammelt haben und die Gefahr bestehen, das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen im Hinblick auf eine lukrative Anschlussbeschäftigung zu bevorzugen.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die angefochtene Abstellungsverfügung der Bundesnetzagentur sei auch im Übrigen rechtmäßig. Der Beigeladene zu 2 unterliege aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 wie auch in seiner Funktion als Leiter des Ressorts 3 mit den Zuständigkeiten für die Fachbereiche "Einkauf", "Gasdisposition", "Vertragsenergieermittlung", "IT-Management", "Kapazitätsmanagement" und "Marktgebietsmanagement und Geschäftsentwicklung" den Cooling-off-Vorgaben. Die Betroffene sei als Muttergesellschaft Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und nehme auch selbst oder über beherrschte Tochterunternehmen Funktionen in Bezug auf Gewinnung, Erzeugung, Verteilung, Lieferung, Kauf und Speicherung von Erdgas wahr.

16

Die Bundesnetzagentur habe in Nummer 2 des Beschlusstenors die Geltungsdauer der Karenzzeit nicht unzulässig über den 30. April 2019 hinaus ausgedehnt. Nach § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei es den Normadressaten untersagt, zu den in dieser Vorschrift genannten Unternehmen Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu unterhalten. Aufgrund der damit verbundenen abstrakten Diskriminierungsgefahr sei es ihnen daher untersagt, schon vorab etwa einen aufschiebend auf den 1. Mai 2019 bedingten Anstellungsvertrag zu schließen.

17

Schließlich habe die Bundesnetzagentur auch ihr Aufgreif- und Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Die Abstellungsverfügung sei geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Betroffene und der Beigeladene zu 2 den Anstellungsvertrag in Kenntnis der Karenzzeitenregelungen abgeschlossen hätten. Aufgrund dessen begründe auch die persönliche Situation des Beigeladenen zu 2 keine Unverhältnismäßigkeit der Abstellungsverfügung. Im Übrigen habe er auch nicht plausibel dargelegt, weshalb er seine spezifischen Kenntnisse in Russland nur für G.   im grenzüberschreitenden Gastransportwesen verwenden könne, obwohl sich seine Tätigkeit als Leiter des Ressorts 3 auch auf das IT-Management und das Marktgebietsmanagement bezogen habe.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 2 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.

19

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 EnWG auf den nach russischem Recht zwischen der Betroffenen und dem Beigeladenen zu 2 geschlossenen Anstellungsvertrag anwendbar. Dies folgt - was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - aus § 109 Abs. 2 EnWG. Eine Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der Territorialität und Souveränität liegt nicht vor.

20

aa) Gemäß § 109 Abs. 2 EnWG findet das Energiewirtschaftsgesetz auf alle Verhaltensweisen Anwendung, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb dieses Bereichs veranlasst werden.

21

Danach ist - ebenso wie nach der vom Gesetzgeber als Vorbild herangezogenen (BT-Drucks. 15/3917 S. 75) Regelung in § 130 Abs. 2 GWB a.F. (seit 18. April 2016: § 185 Abs. 2 GWB; bis 31. Dezember 1998: § 98 Abs. 2 GWB) - nicht maßgeblich, an welchem Ort eine Handlung vorgenommen wird. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob ein bestimmtes Verhalten Auswirkungen auf den deutschen Energiemarkt hat. Welche Auswirkungen hierfür ausreichend sind, ist mit Blick auf den Schutzzweck des Gesetzes und der jeweils in Frage kommenden speziellen Sachnormen zu beurteilen (Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 16 mwN - Baltic Cable AB).

22

Die im Streitfall in Frage stehende Vorschrift des § 10c EnWG über die Unabhängigkeit des Personals und der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dient wie auch die übrigen Vorschriften über die Zertifizierung und Entflechtung von Transportnetzbetreibern, was der Senat bereits mehrfach entschieden hat, dem Zweck, die mit einer vertikalen Integration von Versorgungs- und Netztätigkeiten einhergehenden systemimmanenten Interessenkonflikte und die daraus resultierende Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 - Karenzzeiten I, vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 17 - Baltic Cable AB und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 20 - Karenzzeiten II).

23

Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG [im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL]; Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG [im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL]; BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 23 - Karenzzeiten II). Aufgrund dessen ist es geboten, zur Gewährleistung des diskriminierungsfreien und transparenten Netzzugangs bereits die abstrakte Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden, damit die entflechtungsrechtlichen Vorgaben wirksam durchgesetzt werden können.

24

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht die Anwendung des deutschen Entflechtungsrechts auf im Ausland ansässige vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und ausländische Staatsbürger nach Maßgabe von § 109 Abs. 2 EnWG nicht in Widerspruch zu allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts. Insbesondere ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG auch nicht im Lichte des § 109 Abs. 2 EnWG bei grenzüberschreitenden Sachverhalten dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot nur dann eingreift, wenn bei der bisherigen Tätigkeit des betroffenen Mitarbeiters beim Unabhängigen Transportnetzbetreibers eine tatsächliche Auswirkung in Form einer tatsächlichen Diskriminierung oder einer konkreten Diskriminierungsgefahr festzustellen ist.

25

(1) Das von der Rechtsbeschwerde in den Vordergrund gestellte Territorialitätsprinzip schließt allerdings die einseitige Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremden Territorien aus. Es verbietet aber nicht, Sachverhalte zu regeln, die Auswirkungen auf das eigene Hoheitsgebiet haben, auch wenn diese an Vorgänge in einem anderen Territorium anknüpfen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 46 mwN - Baltic Cable AB). Für Vorschriften, die der Freiheit des Wettbewerbs dienen, wird der Ort der Auswirkung sogar überwiegend als einzig sachgerechtes Anknüpfungskriterium angesehen (Stadler in Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, 13. Auflage, § 185 GWB Rn. 143; Wagner-von Papp/Wurmnest in Münchener Kommentar zum Kartellrecht, 2. Auflage, Einleitung Rn. 1543 ff.).

26

Nach dem Gebot der Rücksichtnahme darf diese Anknüpfung zwar nur in einem Umfang stattfinden, der im Hinblick auf den Schutzzweck der zur Anwendung stehenden Norm erforderlich ist und die Interessen anderer Staaten nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Der Senat hat sie deshalb jedenfalls dann für zulässig gehalten, wenn sich die Tätigkeit des betroffenen Unternehmens nicht nur unwesentlich auf das Inland auswirkt (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 47 - Baltic Cable AB für den Betrieb einer im Inland belegenen Netzkomponente, der eine nicht unbedeutende Rolle für die inländische Energieversorgung zukommt).

27

Diese Rechtsprechung des Senats steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. In dem - nach Erlass der Entscheidung des Beschwerdegerichts ergangenen - Urteil vom 6. September 2017 (C-413/14, EuZW 2017, 850 - Intel Corporation Inc/Kommission) hat der Gerichtshof im Rahmen der Begründung der territorialen Zuständigkeit der Kommission klargestellt, dass das völkerrechtlich akzeptierte Kriterium der sogenannten qualifizierten Auswirkungen den Zweck verfolgt, Verhaltensweisen zu erfassen, die zwar nicht im Gebiet der Union stattgefunden haben, deren wettbewerbswidrige Auswirkungen aber auf dem Unionsmarkt zu spüren sein können (EuGH aaO Rn. 45). Aufgrund dessen lässt sich mit dem Kriterium der qualifizierten Auswirkungen die Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union völkerrechtlich rechtfertigen, wenn voraussehbar ist, dass das fragliche Verhalten in der Union unmittelbare und wesentliche Auswirkungen haben wird (EuGH aaO Rn. 49). Dies ist anhand einer Gesamtbetrachtung des fraglichen Verhaltens des oder der Unternehmen zu bestimmen (EuGH aaO Rn. 50).

28

Damit hat der Gerichtshof der Europäischen Union das Auswirkungskriterium ausdrücklich bestätigt. Für das Energiewirtschaftsrecht kann nichts anderes gelten. Insbesondere die Vorschriften über die Zertifizierung und Entflechtung von Transportnetzbetreibern haben den Zweck, einen diskriminierungsfreien und transparenten Netzzugang zu gewährleisten und einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb bei der Versorgung mit Gas und Strom sicherzustellen. Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn - was vorliegend der Fall ist - mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot - hier nicht einschlägig - bei jedweder Anschlusstätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).

29

(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die Tätigkeit des betroffenen Mitarbeiters bei dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber - was die Rechtsbeschwerdeführer in der Tatsacheninstanz behauptet haben - tatsächlich keine diskriminierenden Auswirkungen gezeitigt oder keine konkrete Diskriminierungsgefahr aufgewiesen hat. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.

30

Die Vorschrift des § 10c Abs. 5 EnWG regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 26 - Karenzzeiten II). Die Vorschrift will insoweit nicht nur einer konkreten, sondern bereits der abstrakten Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 26 - Karenzzeiten II).

31

(3) Dieses Auslegungsergebnis steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Danach verfolgt das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen den Zweck, Verhaltensweisen zu erfassen, deren wettbewerbswidrige Auswirkungen auf dem Unionsmarkt zu spüren sein können. Mit diesem Kriterium lässt sich die Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union völkerrechtlich rechtfertigen, wenn vorhersehbar ist, dass das fragliche Verhalten in der Union unmittelbare und wesentliche Auswirkungen haben wird, wobei insoweit eine Gesamtbetrachtung des fraglichen Verhaltens anzustellen ist (vgl. EuGH, EuZW 2017, 850 Rn. 45 ff. - Intel Corporation Inc/Kommission). Dabei reicht es insbesondere aus, die wahrscheinlichen Auswirkungen eines Verhaltens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, damit das Erfordernis der Vorhersehbarkeit erfüllt ist (vgl. EuGH aaO Rn. 51).

32

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Wie bereits ausgeführt, soll das Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sichern und in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbinden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die der europäische Richtliniengeber den Karenzzeitenregelungen für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen hat (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL), ist deshalb im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung auf das bloße Diskriminierungspotential abzustellen, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich ein diskriminierendes Verhalten festgestellt worden ist. Bei Fehlen eines Anstellungsverbots wäre es vielmehr hinreichend wahrscheinlich, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers "sein" vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen gegenüber dessen Wettbewerbern auf dem in Deutschland gelegenen Markt in Form des von dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber betriebenen Transportnetzes begünstigt und dadurch unmittelbare und wesentliche Wirkungen auf diesem Markt erzeugt. Gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.

33

b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Betroffenen und des Beigeladenen zu 2 bleiben - was der Senat mit Beschluss vom 26. Januar 2016 (EnVR 51/14, RdE 2016, 51 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten I; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 6. Juli 2016 - 1 BvR 1016/16 - nicht zur Entscheidung angenommen) entschieden und im Einzelnen begründet hat - ohne Erfolg. Die Rechtsbeschwerde zeigt insoweit keine neuen Gesichtspunkte auf, die eine andere Entscheidung gebieten würden.

34

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht in Nummer 2 des Beschlusstenors in der Fassung des Berichtigungsschreibens vom 19. Februar 2016 die Geltungsdauer der Karenzzeit nicht unzulässig über den 30. April 2019 hinaus ausgedehnt. Die ausgesprochene Verpflichtung der Betroffenen, es bis einschließlich 30. April 2019 zu unterlassen, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 2 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit ihm zu begründen oder aufrechtzuerhalten, ist rechtmäßig.

35

aa) Nach dem Wortlaut des § 10c Abs. 5 EnWG und des Art. 19 Abs. 4 GasRL ist allerdings offen, ob ein Anstellungsvertrag einer den Karenzzeitenregelungen unterworfenen Person der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers mit einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens bereits während der Karenzzeit aufschiebend bedingt zum ersten Tag nach Ablauf der Karenzzeit oder ob ein solcher Vertrag rechtsverbindlich frühestens an diesem Tag geschlossen werden kann. In Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL heißt es insoweit, dass solche "Personen … für mindestens vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen … keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen" dürfen, während nach § 10c Abs. 5 EnWG solche "Personen … nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber für vier Jahre nicht bei anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens … angestellt sein" dürfen. Der Wortlaut der Vorschriften schließt einen Vertragsschluss bereits vor Ablauf der Karenzzeit nicht aus.

36

bb) Das Verbot eines Vertragsschlusses vor Ablauf der Karenzzeit folgt aber aus einer systematischen Auslegung der Vorschriften. Neben dem Anstellungsverbot untersagen Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL und § 10c Abs. 5 EnWG während der Karenzzeit auch die Unterhaltung von Interessens- und Geschäftsbeziehungen. Zur Abgrenzung beider Fallvarianten ist es zwar angezeigt, die Regelung zum Anstellungsverbot als spezielle und insoweit abschließende Regelung anzusehen. Der weite Tatbestand der zweiten Fallvariante, die bereits jede Interessenbeziehung untersagt, lässt es aber zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen angezeigt erscheinen, dem Anstellungsverbot während der gesamten Karenzzeit strikte Beachtung zu verschaffen und damit auch einen aufschiebend bedingten Vertragsschluss zu untersagen.

37

cc) Entscheidend für das Verbot eines Vertragsschlusses vor Ablauf der Karenzzeit sprechen Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG und des Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL.

38

Das Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG und des Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL soll die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sichern und in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbinden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen. Dieser Gesetzeszweck würde nur unvollständig oder im Falle einer sehr frühzeitigen Verpflichtung zur Eingehung einer Anschlussbeschäftigung sogar zur Gänze nicht erreicht. Vielmehr muss die sogenannte Abkühlungsphase in voller Länge eingehalten werden, um jedwede Anreize zur Begünstigung des "eigenen" Unternehmens im Rahmen des Möglichen zu vermeiden.

39

dd) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist mit dieser Auslegung des § 10c Abs. 5 EnWG keine faktische Verlängerung der Karenzzeit verbunden. Dem betroffenen Unternehmen bleibt es unbenommen, die Stellenausschreibung bereits vor Ablauf der Karenzzeit mit dem erforderlichen zeitlichen Vorlauf - wie dies auch sonst bei einer beabsichtigten Stellenbesetzung zu einem bestimmten Zeitpunkt üblich ist - in die Wege zu leiten, die erforderlichen Gespräche mit Bewerbern zu führen und intern eine verbindliche Auswahlentscheidung zu treffen. Dass der rechtsverbindliche Abschluss des Anstellungsvertrags erst am ersten Tag nach Ablauf der Karenzzeit und damit am Tag der Arbeitsaufnahme erfolgen kann, ist nicht ungewöhnlich und berührt im Hinblick auf die mit den Karenzzeitenregelungen verfolgten gesetzgeberischen Ziele keine schützenswerten Interessen der Vertragsparteien.

40

ee) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten.

41

(1) Die Karenzzeitenregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 28 - Karenzzeiten II). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, aaO Rn. 30 - Karenzzeiten I). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es geboten, dem zeitlich befristeten Beschäftigungsverbot für die gesamte Dauer der Karenzzeit ungeschmälert Geltung zu verschaffen und damit auch den Abschluss eines aufschiebend bedingten Anstellungsvertrags zu untersagen.

42

(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 29 - Karenzzeiten II). Dies gilt auch für die Untersagung der Eingehung einer Verpflichtung zum Abschluss einer Anschlussbeschäftigung vor Ablauf der Karenzzeit. Die damit für die potentiellen Vertragsparteien verbundenen Nachteile sind gering und insbesondere für die Betroffene im Hinblick darauf zu vernachlässigen, dass sie das Stellenbesetzungsverfahren als solches bereits während der Karenzzeit durchführen kann.

43

d) Schließlich hat die Bundesnetzagentur ihr Aufgreif- und Auswahlermessen rechts- und verfahrensfehlerfrei ausgeübt.

44

aa) Nach § 65 Abs. 2 EnWG steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde, ob sie bei einem Verstoß gegen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes ein Verfahren einleitet und gegebenenfalls Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen anordnet. Dabei hat ihr der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 EnWG ein weites Ermessen eingeräumt. Dies betrifft sowohl die Frage, ob die Behörde ein Aufsichtsverfahren einleitet, als auch die Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie ergreift (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Juni 2014 - EnVR 10/13, RdE 2015, 29 Rn. 15 - Stromnetz Homberg). Eine Ermessensentscheidung ist nach den - was § 83 Abs. 5 EnWG zeigt - auch im Energiewirtschaftsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch; vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Juni 2014 - EnVR 10/13, aaO - Stromnetz Homberg und vom 23. Januar 2018 - EnVR 5/17, RdE 2018, 207 Rn. 19 - Stadtwerke Wedel GmbH).

45

bb) Nach diesen Maßgaben lässt sich entgegen den Angriffen der Rechtsbeschwerde eine fehlerhafte Ausübung des Auswahlermessens der Bundesnetzagentur nicht bejahen. Die Bundesnetzagentur hat dies in der angefochtenen Verfügung nachvollziehbar unter anderem damit begründet, dass die Durchsetzung des nachvertraglichen Anstellungsverbots auch unter Berücksichtigung der besonderen Situation des Beigeladenen zu 2 verhältnismäßig sei, weil bei der Abwägung der Vor- und Nachteile der Erreichung des verfolgten Ziels, einen diskriminierungsfreien Betrieb des Transportnetzes sicherzustellen, ein hohes Gewicht zukomme, hinter dem das Individualinteresse des Beigeladenen zu 2 zurückstehen müsse. Aus dem weiteren Inhalt der Verfügung ergibt sich, dass die Bundesnetzagentur die besonderen persönlichen Umstände des Beigeladenen zu 2 in Betracht gezogen, diese jedoch im Hinblick auf eine während der Karenzzeit mögliche Beschäftigung in seinem Spezialgebiet außerhalb Russlands oder bei einem anderen Unternehmen als der Betroffenen nicht als Hinderungsgrund für den Erlass der Missbrauchsverfügung angesehen hat. Dagegen ist im Rahmen der beschränkten gerichtlichen Kontrolle der Ermessensentscheidung nichts zu erinnern. Dass die Bundesnetzagentur dem öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Betrieb des Transportnetzes ein höheres Gewicht beigemessen hat als den Individualinteressen des Beigeladenen zu 2 wie auch derjenigen der Betroffenen, stellt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keinen Ermessensfehlgebrauch dar. Das Beschwerdegericht hat insoweit auch zu Recht hervorgehoben, dass der Beigeladene zu 2 nicht plausibel dargelegt habe, weshalb er seine spezifischen Kenntnisse in Russland nur für Gazprom im grenzüberschreitenden Gastransportwesen verwenden könne, obwohl er als Leiter des Ressorts 3 bei der Beigeladenen zu 1 auch andere, nicht grenzüberschreitende Tätigkeitsbereiche ausgefüllt habe. Insoweit zeigt die Rechtsbeschwerde kein Vorbringen des Beigeladenen zu 2 auf, dass das Beschwerdegericht übergangen hätte. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf abstellt, der Beigeladene zu 2 habe von der Unionsrechtswidrigkeit der Karenzzeitenregelungen ausgehen dürfen, ist dies unerheblich.

46

3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

47

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

48

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

49

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 94 f. - Karenzzeiten).

50

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legt auch die Rechtsbeschwerde keine - neuen - Zweifelsfragen dar noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite der Europäische Gerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 8, 12) wird nicht näher begründet.

51

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG im Lichte des § 109 Abs. 2 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck sowie der maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, EuZW 2017, 850 - Intel Corporation Inc/Kommission) eindeutig beantworten. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der Tätigkeit des Beigeladenen zu 2 maßgeblich ist.

52

4. Schließlich ist, anders als die Rechtsbeschwerde meint, auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG nicht erforderlich. Die von ihr aufgeworfene Frage, ob das völkerrechtliche Auswirkungsprinzip inhaltlich durch die Voraussetzungen der tatsächlichen und unmittelbaren Auswirkung mit einer gewissen Mindestintensität im Inland sowie durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt ist, ist - wie oben im einzelnen dargelegt - durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, EuZW 2017, 850 - Intel Corporation Inc/Kommission) und des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 16 mwN - Baltic Cable AB) bereits geklärt. Hier stellt sich nur die Frage, ob das streitgegenständliche Verhalten der Betroffenen nach den Maßgaben des Auswirkungskriteriums des § 109 Abs. 2 EnWG dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG unterfällt. Die Anwendung einer Vorschrift auf einen konkreten Sachverhalt ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfK 13, 246, 251; 14, 524, 533; 19, 122, 126 f.).

III.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg     

      

Grüneberg     

      

Bacher

      

Sunder     

      

Deichfuß     

      

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(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

(1) Der Betrieb eines Transportnetzes bedarf der Zertifizierung durch die Regulierungsbehörde. Das Zertifizierungsverfahren wird auf Antrag des Transportnetzbetreibers oder des Transportnetzeigentümers, auf begründeten Antrag der Europäischen Kommission oder von Amts wegen eingeleitet. Transportnetzbetreiber oder Transportnetzeigentümer haben den Antrag auf Zertifizierung bis spätestens 3. März 2012 zu stellen.

(2) Transportnetzbetreiber haben dem Antrag alle zur Prüfung des Antrags erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Unterlagen sind der Regulierungsbehörde auf Anforderung auch elektronisch zur Verfügung zu stellen.

(3) Die Regulierungsbehörde erteilt die Zertifizierung des Transportnetzbetreibers, wenn der Transportnetzbetreiber nachweist, dass er entsprechend den Vorgaben der §§ 8 oder 9 oder der §§ 10 bis 10e organisiert ist.

(4) Die Zertifizierung kann mit Nebenbestimmungen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um zu gewährleisten, dass die Vorgaben der §§ 8 oder 9 oder der §§ 10 bis 10e erfüllt werden.

(5) Die Regulierungsbehörde erstellt innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten ab Einleitung des Zertifizierungsverfahrens einen Entscheidungsentwurf und übersendet diesen unverzüglich der Europäischen Kommission zur Abgabe einer Stellungnahme. Die Regulierungsbehörde hat der Europäischen Kommission mit der Übersendung des Entscheidungsentwurfs nach Satz 1 alle Antragsunterlagen nach Absatz 2 zur Verfügung zu stellen.

(6) Die Regulierungsbehörde hat binnen zwei Monaten nach Zugang der Stellungnahme der Europäischen Kommission oder nach Ablauf der Frist des Artikels 51 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 54) oder des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 36, L 229 vom 1.9.2009, S. 29), ohne dass der Regulierungsbehörde eine Stellungnahme der Europäischen Kommission zugegangen ist, eine Entscheidung zu treffen. Hat die Europäische Kommission eine Stellungnahme übermittelt, berücksichtigt die Regulierungsbehörde diese so weit wie möglich in ihrer Entscheidung. Die Entscheidung wird zusammen mit der Stellungnahme der Europäischen Kommission im Amtsblatt der Bundesnetzagentur in nicht personenbezogener Form bekannt gegeben. Trifft die Regulierungsbehörde innerhalb der Frist nach Satz 1 keine Entscheidung, gilt der betreffende Transportnetzbetreiber bis zu einer Entscheidung der Regulierungsbehörde als zertifiziert.

(7) Mit der Bekanntgabe der Zertifizierung im Amtsblatt der Bundesnetzagentur ist der Antragsteller als Transportnetzbetreiber benannt. Die Regulierungsbehörde teilt der Europäischen Kommission die Benennung mit. Die Benennung eines Unabhängigen Systembetreibers im Sinne des § 9 erfordert die Zustimmung der Europäischen Kommission.

(8) Artikel 51 der Verordnung (EU) Nr. 2019/943 und Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 bleiben unberührt.

Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet

1.
AbrechnungsinformationenInformationen, die üblicherweise in Rechnungen über die Energiebelieferung von Letztverbrauchern zur Ermittlung des Rechnungsbetrages enthalten sind, mit Ausnahme der Zahlungsaufforderung selbst,
1a.
Aggregatorennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die eine Tätigkeit ausüben, bei der Verbrauch oder Erzeugung von elektrischer Energie in Energieanlagen oder in Anlagen zum Verbrauch elektrischer Energie auf einem Elektrizitätsmarkt gebündelt angeboten werden,
1b.
AusgleichsleistungenDienstleistungen zur Bereitstellung von Energie, die zur Deckung von Verlusten und für den Ausgleich von Differenzen zwischen Ein- und Ausspeisung benötigt wird, zu denen insbesondere auch Regelenergie gehört,
1c.
Ausspeisekapazitätim Gasbereich das maximale Volumen pro Stunde in Normkubikmeter, das an einem Ausspeisepunkt aus einem Netz oder Teilnetz insgesamt ausgespeist und gebucht werden kann,
1d.
Ausspeisepunktein Punkt, an dem Gas aus einem Netz oder Teilnetz eines Netzbetreibers entnommen werden kann,
2.
Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die Betreiber von Übertragungs- oder Elektrizitätsverteilernetzen sind,
3.
Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Verteilung von Elektrizität wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen,
4.
Betreiber von EnergieversorgungsnetzenBetreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen oder Gasversorgungsnetzen,
5.
Betreiber von FernleitungsnetzenBetreiber von Netzen, die Grenz- oder Marktgebietsübergangspunkte aufweisen, die insbesondere die Einbindung großer europäischer Importleitungen in das deutsche Fernleitungsnetz gewährleisten, oder natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbstständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Fernleitung von Erdgas wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau eines Netzes,
a)
das der Anbindung der inländischen Produktion oder von LNG-Anlagen an das deutsche Fernleitungsnetz dient, sofern es sich hierbei nicht um ein vorgelagertes Rohrleitungsnetz im Sinne von Nummer 39 handelt, oder
b)
das an Grenz- oder Marktgebietsübergangspunkten Buchungspunkte oder -zonen aufweist, für die Transportkunden Kapazitäten buchen können,
6.
Betreiber von Gasspeicheranlagennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Speicherung von Erdgas wahrnehmen und für den Betrieb einer Gasspeicheranlage verantwortlich sind,
7.
Betreiber von Gasversorgungsnetzennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die Gasversorgungsnetze betreiben,
8.
Betreiber von Gasverteilernetzennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Verteilung von Gas wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen,
9.
Betreiber von LNG-Anlagennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Verflüssigung von Erdgas oder der Einfuhr, Entladung und Wiederverdampfung von verflüssigtem Erdgas wahrnehmen und für den Betrieb einer LNG-Anlage verantwortlich sind,
9a.
Betreiber technischer Infrastrukturennatürliche oder juristische Personen, die für den sicheren Betrieb technischer Infrastrukturen verantwortlich sind, wobei technische Infrastrukturen alle Infrastrukturen sind, an denen durch Einwirken eines Elektrizitätsversorgungsnetzes elektromagnetische Beeinflussungen auftreten können; hierzu zählen insbesondere Telekommunikationslinien im Sinne des § 3 Nummer 64 des Telekommunikationsgesetzes, Rohrleitungsanlagen aus leitfähigem Material, Steuer- und Signalleitungen oder Hoch- und Höchstspannungsleitungen innerhalb eines Beeinflussungsbereichs von bis zu 1 000 Metern um die beeinflussende Anlage,
10.
Betreiber von Übertragungsnetzennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Übertragung von Elektrizität wahrnehmen und die verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Übertragungsnetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen,
10a.
Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortungdie Unternehmen 50Hertz Transmission GmbH, Amprion GmbH, TenneT TSO GmbH und TransnetBW GmbH sowie ihre Rechtsnachfolger,
10b.
Betreiber von Wasserstoffnetzennatürliche oder juristische Personen, die die Aufgabe des Transports oder der Verteilung von Wasserstoff wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Wasserstoffnetzes,
10c.
Betreiber von Wasserstoffspeicheranlagennatürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Speicherung von Wasserstoff wahrnehmen und für den Betrieb einer Wasserstoffspeicheranlage verantwortlich sind,
10d.
Bilanzkreisim Elektrizitätsbereich innerhalb einer Regelzone die Zusammenfassung von Einspeise- und Entnahmestellen, die dem Zweck dient, Abweichungen zwischen Einspeisungen und Entnahmen durch ihre Durchmischung zu minimieren und die Abwicklung von Handelstransaktionen zu ermöglichen,
10e.
Bilanzzoneim Gasbereich der Teil eines oder mehrerer Netze, in dem Ein- und Ausspeisepunkte einem bestimmten Bilanzkreis zugeordnet werden können,
10f.
BiogasBiomethan, Gas aus Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Grubengas sowie Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse erzeugt worden ist, und synthetisch erzeugtes Methan, wenn der zur Elektrolyse eingesetzte Strom und das zur Methanisierung eingesetzte Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid jeweils nachweislich weit überwiegend aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne der Richtlinie 2009/28/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16) stammen,
11.
dezentrale Erzeugungsanlageeine an das Verteilernetz angeschlossene verbrauchs- und lastnahe Erzeugungsanlage,
12.
Direktleitungeine Leitung, die einen einzelnen Produktionsstandort mit einem einzelnen Kunden verbindet, oder eine Leitung, die einen Elektrizitätserzeuger und ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen zum Zwecke der direkten Versorgung mit ihrer eigenen Betriebsstätte, Tochterunternehmen oder Kunden verbindet, oder eine zusätzlich zum Verbundnetz errichtete Gasleitung zur Versorgung einzelner Kunden,
13.
EigenanlagenAnlagen zur Erzeugung von Elektrizität zur Deckung des Eigenbedarfs, die nicht von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden,
13a.
Einspeisekapazitätim Gasbereich das maximale Volumen pro Stunde in Normkubikmeter, das an einem Einspeisepunkt in ein Netz oder Teilnetz eines Netzbetreibers insgesamt eingespeist werden kann,
13b.
Einspeisepunktein Punkt, an dem Gas an einen Netzbetreiber in dessen Netz oder Teilnetz übergeben werden kann, einschließlich der Übergabe aus Speichern, Gasproduktionsanlagen, Hubs oder Misch- und Konversionsanlagen,
14.
EnergieElektrizität, Gas und Wasserstoff, soweit sie zur leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet werden,
15.
EnergieanlagenAnlagen zur Erzeugung, Speicherung, Fortleitung oder Abgabe von Energie, soweit sie nicht lediglich der Übertragung von Signalen dienen, dies schließt die Verteileranlagen der Letztverbraucher sowie bei der Gasversorgung auch die letzte Absperreinrichtung vor der Verbrauchsanlage ein,
15a.
Energiederivatein in Abschnitt C Nummer 5, 6 oder 7 des Anhangs I der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2001, S. 1, ABl. L 45 vom 16.2.2005, S. 18) in der jeweils geltenden Fassung genanntes Finanzinstrument, sofern dieses Instrument auf Elektrizität oder Gas bezogen ist,
15b.
EnergieeffizienzmaßnahmenMaßnahmen zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Energieaufwand und damit erzieltem Ergebnis im Bereich von Energieumwandlung, Energietransport und Energienutzung,
15c.
EnergielieferantGaslieferant oder Stromlieferant,
15d.
EnergiespeicheranlageAnlage in einem Elektrizitätsnetz, mit der die endgültige Nutzung elektrischer Energie auf einen späteren Zeitpunkt als den ihrer Erzeugung verschoben wird oder mit der die Umwandlung elektrischer Energie in eine speicherbare Energieform, die Speicherung solcher Energie und ihre anschließende Rückumwandlung in elektrische Energie oder Nutzung als ein anderer Energieträger erfolgt,
16.
EnergieversorgungsnetzeElektrizitätsversorgungsnetze und Gasversorgungsnetze über eine oder mehrere Spannungsebenen oder Druckstufen mit Ausnahme von Kundenanlagen im Sinne der Nummern 24a und 24b sowie im Rahmen von Teil 5 dieses Gesetzes Wasserstoffnetze,
17.
Energieversorgungsnetze der allgemeinen VersorgungEnergieversorgungsnetze, die der Verteilung von Energie an Dritte dienen und von ihrer Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Letztverbraucher ausgelegt sind, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offen stehen,
18.
Energieversorgungsunternehmennatürliche oder juristische Personen, die Energie an andere liefern, ein Energieversorgungsnetz betreiben oder an einem Energieversorgungsnetz als Eigentümer Verfügungsbefugnis besitzen; der Betrieb einer Kundenanlage oder einer Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung macht den Betreiber nicht zum Energieversorgungsunternehmen,
18a.
Energieversorgungsvertragein Vertrag über die Lieferung von Elektrizität oder Gas, mit Ausnahme von Energiederivaten,
18b.
ErlösobergrenzeObergrenzen der zulässigen Gesamterlöse eines Netzbetreibers aus den Netzentgelten,
18c.
erneuerbare EnergienEnergien im Sinne des § 3 Nummer 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes,
18d.
ErzeugungsanlageAnlage zur Erzeugung von elektrischer Energie,
18e.
europäische Strommärktedie Strommärkte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Königreichs Norwegen,
19.
Fernleitungder Transport von Erdgas durch ein Hochdruckfernleitungsnetz, mit Ausnahme von vorgelagerten Rohrleitungsnetzen, um die Versorgung von Kunden zu ermöglichen, jedoch nicht die Versorgung der Kunden selbst,
19a.
GasErdgas, Biogas, Flüssiggas im Rahmen der §§ 4 und 49 sowie, wenn sie in ein Gasversorgungsnetz eingespeist werden, Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse erzeugt worden ist, und synthetisch erzeugtes Methan, das durch wasserelektrolytisch erzeugten Wasserstoff und anschließende Methanisierung hergestellt worden ist,
19b.
Gaslieferantnatürliche und juristische Personen, deren Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise auf den Vertrieb von Gas zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern ausgerichtet ist,
19c.
Gasspeicheranlageeine einem Gasversorgungsunternehmen gehörende oder von ihm betriebene Anlage zur Speicherung von Gas, einschließlich des zu Speicherzwecken genutzten Teils von LNG-Anlagen, jedoch mit Ausnahme des Teils, der für eine Gewinnungstätigkeit genutzt wird, ausgenommen sind auch Einrichtungen, die ausschließlich Betreibern von Leitungsnetzen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind,
19d.
Gasverbindungsleitungen mit DrittstaatenFernleitungen zwischen einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und einem Drittstaat bis zur Grenze des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten oder dem Küstenmeer dieses Mitgliedstaates,
20.
Gasversorgungsnetzealle Fernleitungsnetze, Gasverteilernetze, LNG-Anlagen oder Gasspeicheranlagen, die für den Zugang zur Fernleitung, zur Verteilung und zu LNG-Anlagen erforderlich sind und die einem oder mehreren Energieversorgungsunternehmen gehören oder von ihm oder von ihnen betrieben werden, einschließlich Netzpufferung und seiner Anlagen, die zu Hilfsdiensten genutzt werden, und der Anlagen verbundener Unternehmen, ausgenommen sind solche Netzteile oder Teile von Einrichtungen, die für örtliche Produktionstätigkeiten verwendet werden,
20a.
grenzüberschreitende ElektrizitätsverbindungsleitungenÜbertragungsleitungen zur Verbundschaltung von Übertragungsnetzen einschließlich aller Anlagengüter bis zum jeweiligen Netzverknüpfungspunkt, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen einem Mitgliedstaat und einem Staat, der nicht der Europäischen Union angehört, queren oder überspannen und einzig dem Zweck dienen, die nationalen Übertragungsnetze dieser Staaten zu verbinden,
21.
Großhändlernatürliche oder juristische Personen mit Ausnahme von Betreibern von Übertragungs-, Fernleitungs-, Wasserstoff- sowie Elektrizitäts- und Gasverteilernetzen, die Energie zum Zwecke des Weiterverkaufs innerhalb oder außerhalb des Netzes, in dem sie ansässig sind, kaufen,
21a.
H-Gasversorgungsnetzein Gasversorgungsnetz zur Versorgung von Kunden mit H-Gas,
22.
HaushaltskundenLetztverbraucher, die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt oder für den einen Jahresverbrauch von 10 000 Kilowattstunden nicht übersteigenden Eigenverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen,
23.
Hilfsdienstesämtliche zum Betrieb eines Übertragungs- oder Elektrizitätsverteilernetzes erforderlichen Dienste oder sämtliche für den Zugang zu und den Betrieb von Fernleitungs- oder Gasverteilernetzen oder LNG-Anlagen oder Gasspeicheranlagen erforderlichen Dienste, einschließlich Lastausgleichs- und Mischungsanlagen, jedoch mit Ausnahme von Anlagen, die ausschließlich Betreibern von Fernleitungsnetzen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind,
23a.
Kleinstunternehmenein Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz oder dessen Jahresbilanzsumme 2  Millionen Euro nicht überschreitet,
24.
KundenGroßhändler, Letztverbraucher und Unternehmen, die Energie kaufen,
24a.
KundenanlagenEnergieanlagen zur Abgabe von Energie,
a)
die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden,
b)
mit einem Energieversorgungsnetz oder mit einer Erzeugungsanlage verbunden sind,
c)
für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutend sind und
d)
jedermann zum Zwecke der Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden,
24b.
Kundenanlagen zur betrieblichen EigenversorgungEnergieanlagen zur Abgabe von Energie,
a)
die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Betriebsgebiet befinden,
b)
mit einem Energieversorgungsnetz oder mit einer Erzeugungsanlage verbunden sind,
c)
fast ausschließlich dem betriebsnotwendigen Transport von Energie innerhalb des eigenen Unternehmens oder zu verbundenen Unternehmen oder fast ausschließlich dem der Bestimmung des Betriebs geschuldeten Abtransport in ein Energieversorgungsnetz dienen und
d)
jedermann zum Zwecke der Belieferung der an sie angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden,
24c.
L-Gasversorgungsnetzein Gasversorgungsnetz zur Versorgung von Kunden mit L-Gas,
24d.
landseitige Stromversorgungdie mittels einer Standardschnittstelle von Land aus erbrachte Stromversorgung von Seeschiffen oder Binnenschiffen am Liegeplatz,
24e.
Landstromanlagendie Gesamtheit der technischen Infrastruktur aus den technischen Anlagen zur Frequenz- und Spannungsumrichtung, der Standardschnittstelle einschließlich der zugehörigen Verbindungsleitungen, die
a)
sich in einem räumlich zusammengehörigen Gebiet in oder an einem Hafen befinden und
b)
ausschließlich der landseitigen Stromversorgung von Schiffen dienen,
25.
LetztverbraucherNatürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen; auch der Strombezug der Ladepunkte für Elektromobile und der Strombezug für Landstromanlagen steht dem Letztverbrauch im Sinne dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen gleich,
26.
LNG-Anlageeine Kopfstation zur Verflüssigung von Erdgas oder zur Einfuhr, Entladung und Wiederverdampfung von verflüssigtem Erdgas; darin eingeschlossen sind Hilfsdienste und die vorübergehende Speicherung, die für die Wiederverdampfung und die anschließende Einspeisung in das Fernleitungsnetz erforderlich sind, jedoch nicht die zu Speicherzwecken genutzten Teile von LNG-Kopfstationen,
26a.
Marktgebietsverantwortlicherist die von den Fernleitungsnetzbetreibern mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Netzbetriebs beauftragte bestimmte natürliche oder juristische Person, die in einem Marktgebiet Leistungen erbringt, die zur Verwirklichung einer effizienten Abwicklung des Gasnetzzugangs durch eine Person zu erbringen sind,
26b.
Messstellenbetreiberein Netzbetreiber oder ein Dritter, der die Aufgabe des Messstellenbetriebs wahrnimmt,
26c.
Messstellenbetriebder Einbau, der Betrieb und die Wartung von Messeinrichtungen,
26d.
Messungdie Ab- und Auslesung der Messeinrichtung sowie die Weitergabe der Daten an die Berechtigten,
27.
NetzbetreiberNetz- oder Anlagenbetreiber im Sinne der Nummern 2 bis 5, 7 und 8, 10 und 10a,
28.
Netznutzernatürliche oder juristische Personen, die Energie in ein Elektrizitäts- oder Gasversorgungsnetz einspeisen oder daraus beziehen,
29.
Netzpufferungdie Speicherung von Gas durch Verdichtung in Fernleitungs- und Verteilernetzen, ausgenommen sind Einrichtungen, die Betreibern von Fernleitungsnetzen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind,
29a.
neue Infrastruktureine Infrastruktur, die nach dem 12. Juli 2005 in Betrieb genommen worden ist,
29b.
oberste UnternehmensleitungVorstand, Geschäftsführung oder ein Gesellschaftsorgan mit vergleichbaren Aufgaben und Befugnissen,
29c.
Offshore-AnbindungsleitungenAnbindungsleitungen im Sinne von § 3 Nummer 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes,
29d.
örtliches Verteilernetzein Netz, das überwiegend der Belieferung von Letztverbrauchern über örtliche Leitungen, unabhängig von der Druckstufe oder dem Durchmesser der Leitungen, dient; für die Abgrenzung der örtlichen Verteilernetze von den vorgelagerten Netzebenen wird auf das Konzessionsgebiet abgestellt, in dem ein Netz der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 18 Abs. 1 und des § 46 Abs. 2 betrieben wird einschließlich von Leitungen, die ein örtliches Verteilernetz mit einem benachbarten örtlichen Verteilernetz verbinden,
30.
Regelzoneim Bereich der Elektrizitätsversorgung das Netzgebiet, für dessen Primärregelung, Sekundärregelung und Minutenreserve ein Betreiber von Übertragungsnetzen im Rahmen der Union für die Koordinierung des Transports elektrischer Energie (UCTE) verantwortlich ist,
31.
selbstständige Betreiber von grenzüberschreitenden ElektrizitätsverbindungsleitungenBetreiber von Übertragungsnetzen, die eine oder mehrere grenzüberschreitende Elektrizitätsverbindungsleitungen betreiben, ohne
a)
Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung zu sein, oder
b)
mit einem Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1) verbunden zu sein,
31a.
Stromlieferantennatürliche und juristische Personen, deren Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise auf den Vertrieb von Elektrizität zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern ausgerichtet ist,
31b.
Stromliefervertrag mit dynamischen Tarifenein Stromliefervertrag mit einem Letztverbraucher, in dem die Preisschwankungen auf den Spotmärkten, einschließlich der Day-Ahead- und Intraday-Märkte, in Intervallen widergespiegelt werden, die mindestens den Abrechnungsintervallen des jeweiligen Marktes entsprechen,
31c.
Teilnetzim Gasbereich ein Teil des Transportgebiets eines oder mehrerer Netzbetreiber, in dem ein Transportkunde gebuchte Kapazitäten an Ein- und Ausspeisepunkten flexibel nutzen kann,
31d.
Transportkundeim Gasbereich Großhändler, Gaslieferanten einschließlich der Handelsabteilung eines vertikal integrierten Unternehmens und Letztverbraucher,
31e.
Transportnetzbetreiberjeder Betreiber eines Übertragungs- oder Fernleitungsnetzes,
31f.
Transportnetzjedes Übertragungs- oder Fernleitungsnetz,
32.
Übertragungder Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- und Hochspannungsverbundnetz einschließlich grenzüberschreitender Verbindungsleitungen zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern oder Verteilern, jedoch nicht die Belieferung der Kunden selbst,
33.
Umweltverträglichkeitdass die Energieversorgung den Erfordernissen eines nachhaltigen, insbesondere rationellen und sparsamen Umgangs mit Energie genügt, eine schonende und dauerhafte Nutzung von Ressourcen gewährleistet ist und die Umwelt möglichst wenig belastet wird, der Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien kommt dabei besondere Bedeutung zu,
33a.
Unternehmensleitungdie oberste Unternehmensleitung sowie Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Transportnetzbetreiber betraut sind und auf Grund eines Übertragungsaktes, dessen Eintragung im Handelsregister oder einem vergleichbaren Register eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gesetzlich vorgesehen ist, berechtigt sind, den Transportnetzbetreiber gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten,
34.
VerbindungsleitungenAnlagen, die zur Verbundschaltung von Elektrizitätsnetzen dienen, oder eine Fernleitung, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten quert oder überspannt und einzig dem Zweck dient, die nationalen Fernleitungsnetze dieser Mitgliedstaaten zu verbinden,
35.
Verbundnetzeine Anzahl von Übertragungs- und Elektrizitätsverteilernetzen, die durch eine oder mehrere Verbindungsleitungen miteinander verbunden sind, oder eine Anzahl von Gasversorgungsnetzen, die miteinander verbunden sind,
35a.
Versorgeranteilder auf die Energiebelieferung entfallende Preisanteil, der sich rechnerisch nach Abzug der Umsatzsteuer und der Belastungen nach § 40 Absatz 3 ergibt,
36.
Versorgungdie Erzeugung oder Gewinnung von Energie zur Belieferung von Kunden, der Vertrieb von Energie an Kunden und der Betrieb eines Energieversorgungsnetzes,
37.
Verteilungder Transport von Elektrizität mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung über Elektrizitätsverteilernetze oder der Transport von Gas über örtliche oder regionale Leitungsnetze, um die Versorgung von Kunden zu ermöglichen, jedoch nicht die Belieferung der Kunden selbst; der Verteilung von Gas dienen auch solche Netze, die über Grenzkopplungspunkte verfügen, über die ausschließlich ein anderes, nachgelagertes Netz aufgespeist wird,
38.
vertikal integriertes Unternehmenein im Elektrizitäts- oder Gasbereich tätiges Unternehmen oder eine Gruppe von Elektrizitäts- oder Gasunternehmen, die im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1) miteinander verbunden sind, wobei das betreffende Unternehmen oder die betreffende Gruppe im Elektrizitätsbereich mindestens eine der Funktionen Übertragung oder Verteilung und mindestens eine der Funktionen Erzeugung oder Vertrieb von Elektrizität oder im Erdgasbereich mindestens eine der Funktionen Fernleitung, Verteilung, Betrieb einer LNG-Anlage oder Speicherung und gleichzeitig eine der Funktionen Gewinnung oder Vertrieb von Erdgas wahrnimmt,
38a.
volatile ErzeugungErzeugung von Strom aus Windenergieanlagen und aus solarer Strahlungsenergie,
38b.
vollständig integrierte NetzkomponentenNetzkomponenten, die in das Übertragungs- oder Verteilernetz integriert sind, einschließlich Energiespeicheranlagen, und die ausschließlich der Aufrechterhaltung des sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs und nicht der Bereitstellung von Regelenergie oder dem Engpassmanagement dienen,
39.
vorgelagertes RohrleitungsnetzRohrleitungen oder ein Netz von Rohrleitungen, deren Betrieb oder Bau Teil eines Öl- oder Gasgewinnungsvorhabens ist oder die dazu verwendet werden, Erdgas von einer oder mehreren solcher Anlagen zu einer Aufbereitungsanlage, zu einem Terminal oder zu einem an der Küste gelegenen Endanlandeterminal zu leiten, mit Ausnahme solcher Netzteile oder Teile von Einrichtungen, die für örtliche Produktionstätigkeiten verwendet werden,
39a.
Wasserstoffnetzein Netz zur Versorgung von Kunden ausschließlich mit Wasserstoff, das von der Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Kunden ausgelegt ist, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Kunden offensteht, dabei umfasst es unabhängig vom Durchmesser Wasserstoffleitungen zum Transport von Wasserstoff nebst allen dem Leitungsbetrieb dienenden Einrichtungen, insbesondere Entspannungs-, Regel- und Messanlagen sowie Leitungen oder Leitungssysteme zur Optimierung des Wasserstoffbezugs und der Wasserstoffdarbietung,
39b.
Wasserstoffspeicheranlageneine einem Energieversorgungsunternehmen gehörende oder von ihm betriebene Anlage zur Speicherung von Wasserstoff, mit Ausnahme von Einrichtungen, die ausschließlich Betreibern von Wasserstoffnetzen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind,
40.
Winterhalbjahrder Zeitraum vom 1. Oktober eines Jahres bis zum 31. März des Folgejahres.

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

(1) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden.

(2) Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

(1) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden.

(2) Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(1) Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU stehen öffentlichen Auftraggebern das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, der wettbewerbliche Dialog und die Innovationspartnerschaft nach ihrer Wahl zur Verfügung. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb steht nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist.

(2) Abweichend von § 132 Absatz 3 ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn der Wert der Änderung nicht mehr als 20 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.

(1) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auch auf Unternehmen anzuwenden, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden. Die §§ 19, 20 und 31b Absatz 5 sind nicht anzuwenden auf öffentlich-rechtliche Gebühren oder Beiträge. Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf die Deutsche Bundesbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau anzuwenden.

(2) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auf alle Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(3) Die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes stehen der Anwendung der §§ 19, 20 und 29 nicht entgegen, soweit in § 111 des Energiewirtschaftsgesetzes keine andere Regelung getroffen ist.

(4) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf Treuhandverwaltungen, Kapitalmaßnahmen oder Enteignungen nach den §§ 17, 17a oder 18 des Energiesicherungsgesetzes anzuwenden. Satz 1 gilt entsprechend für Übertragungen von Vermögensgegenständen nach § 17 Absatz 5 Satz 2 oder § 17b des Energiesicherungsgesetzes an juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, deren Anteile ausschließlich vom Bund oder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau unmittelbar oder mittelbar gehalten werden. Satz 1 gilt nicht für Privatisierungen nach § 17b Absatz 2 Satz 3 oder § 20 Absatz 3 des Energiesicherungsgesetzes.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen tragen sie selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Betroffene ist die Konzernobergesellschaft des B. -Konzerns. Die Betroffene hält 10,29 % der Anteile an der W.         GmbH, die unter anderem im Bereich der Aufsuchung und Förderung von Erdgas tätig ist; die übrigen 89,71 % der Anteile werden von der B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH gehalten, deren Anteile wiederum vollständig im Eigentum der Betroffenen stehen. Die W.         GmbH hält 50,02 % an der WI.             GmbH & Co. KG, die ihrerseits 99,9 % an der   G.         GmbH hält. Die   G.         GmbH ist unter anderem die Muttergesellschaft der Beigeladenen zu 1 und 2, bei denen es sich um Gastransportnetzbetreiber handelt.

3

Die Beigeladenen zu 1 und 2 wurden im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die W.         GmbH zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die Betroffene und die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH sind nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.

4

Der Beigeladene zu 3 war bis zum 1. Oktober 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und dort auch Leiter des Ressorts 2 ("Netz"). Ab dem 1. Oktober 2013 war er als Prokurist bei der Beigeladenen zu 1 angestellt. Außerdem war er bei der Beigeladenen zu 2 bis zum 30. September 2014 als Prokurist beschäftigt. Die Anstellungsverhältnisse endeten zum 31. August 2014. Die Beigeladenen zu 1 und 2 teilten der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 10. Juli 2014 mit, dass ein Wechsel des Beigeladenen zu 3 von ihnen zur Betroffenen geplant sei. Dort ist der Beigeladene zu 3 seit dem 1. September 2014 als sogenannter Vice President Civil Engineering angestellt und für die Einheit "Technical Site Services L.     ", d.h. für die Bautechnik am Standort L.     , verantwortlich. Zu seinen Aufgaben zählen die Planung und Ausführung von Gebäudeprojekten in Verwaltungs-, Forschungs- und Produktionsgebäuden mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 100 bis 150 Mio. Euro, die Instandhaltung von Gebäuden und Gebäudeausstattung mit einem jährlichen Instandhaltungsvolumen von 150 bis 200 Mio. Euro und die Landschaftsplanung und Instandsetzung von Freiflächen am Standort. Er koordiniert die Tätigkeit von rund 510 Mitarbeitern. Die von dem Beigeladenen zu 3 nunmehr ausgeübte Tätigkeit ist auf der Führungsebene 4 angesiedelt.

5

Mit Beschluss vom 30. März 2015 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 31. August 2018, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 3 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.

6

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur weiter.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2017, 212) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 30. März 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.

10

Die Betroffene sei "Mehrheitsanteilseignerin" im Sinne des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Sie halte unmittelbar Anteile in Höhe von 10,29 % und darüber hinaus - mittelbar über die 100 %-ige Tochter B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH - weitere 89,71 % an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, der W.         GmbH. Die Betroffene habe damit einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen. Für die Anwendung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei unerheblich, dass ihre Beteiligung im Wesentlichen über die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH vermittelt werde.

11

Der Begriff "Mehrheitsanteilseigner" sei im Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. § 10c Abs. 5 EnWG enthalte keine nähere Regelung, ob mittelbare oder unmittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut schließe eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile nicht aus.

12

Jedoch lege eine systematische Betrachtung unter Beachtung der Wertung des § 16 AktG und Art. 2 Nr. 36 GasRL eine Auslegung nahe, wonach unter den Begriff "Mehrheitsanteilseigner" auch mittelbar gehaltene Anteile fielen. Nach § 16 Abs. 4 AktG gölten als Anteile, die einem Unternehmen gehörten, auch solche, die einem von ihm abhängigen Unternehmen gehörten. § 17 Abs. 1 AktG definiere insoweit abhängige Unternehmen als solche Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben könne. Bei einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen werde gemäß § 17 Abs. 2 AktG vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig sei. So liege der Fall hier. Für dieses Verständnis spreche auch Art. 2 Nr. 36 GasRL. Die dortige Definition der "Kontrolle" sei ersichtlich weit zu verstehen, weil die Richtlinie im Hinblick auf die Frage nach dem bestimmenden Einfluss eines Unternehmens auf ein anderes nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die tatsächlichen Umstände und "andere Mittel" abstelle.

13

Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften für ein weites Verständnis des Begriffs "Mehrheitsanteilseigner". Andernfalls könnten sich Energieversorgungsunternehmen ihren entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen durch ein einfaches Einfügen eines Tochterunternehmens in die Konzernstruktur entziehen. Dies gelte es auch im Rahmen des § 10c EnWG zu beachten, damit die Karenzzeitenregelungen die Entflechtung effektiv sichern könnten.

14

Entgegen der Auffassung der Betroffenen verbiete sich eine einschränkende, nur auf ein konkretes Diskriminierungspotenzial abstellende Auslegung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Vielmehr griffen die Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften bereits dann ein, wenn ein abstraktes Diskriminierungspotenzial bestehe. Konkreter Feststellungen im Einzelfall bedürfe es nicht. Es sei eine generalisierende Betrachtung geboten.

15

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.

16

a) Die Betroffene ist Mehrheitsanteilseignerin im Sinne des § 10c Abs. 5 EnWG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dabei nicht nur die unmittelbare Beteiligung der Betroffenen an der W.         GmbH als dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zu berücksichtigen, sondern auch die - über ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft - vermittelte Beteiligung im Übrigen. Aufgrund dessen hält die Betroffene mittelbar und unmittelbar 100 % der Anteile an der W.         GmbH.

17

aa) Der Begriff „Mehrheitsanteilseigner“ ist allerdings im Energiewirtschaftsgesetz wie auch in der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL) oder der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) nicht definiert. Insbesondere enthält § 10c Abs. 5 EnWG keine nähere Regelung, ob mittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut der Vorschrift schließt indes eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile auch nicht aus.

18

bb) Eine systematische Auslegung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes legt deren Beachtung nahe. So müssen nach § 10a Abs. 1 Satz 2 EnWG Unabhängige Transportnetzbetreiber unmittelbar oder vermittelt durch Beteiligungen Eigentümer an allen für den Transportnetzbetrieb erforderlichen Vermögenswerten einschließlich des Transportnetzes sein. Des weiteren verbietet § 10b Abs. 3 EnWG, der insoweit Art. 18 Abs. 3 GasRL umsetzt, zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers - direkte wie auch indirekte - wechselseitige Beteiligungen zwischen dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und seinen Tochterunternehmen einerseits und dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber andererseits. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das die Personen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers betreffende Verbot des § 10c Abs. 4 EnWG, sich an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und dessen Tochterunternehmen zu beteiligen, wobei insoweit der nationale Gesetzgeber - ohne dass er einen Umsetzungsspielraum gesehen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 63) - die in Art. 19 Abs. 5 GasRL enthaltene Vorgabe der direkten oder indirekten Beteiligung nicht ausdrücklich aufgegriffen hat. Dies spricht dafür, dass er die Erstreckung des Beteiligungsverbots auf mittelbare Beteiligungen für selbstverständlich gehalten hat. Aufgrund dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass für die Auslegung des Begriffs des Mehrheitsanteilseigners in dem folgenden Absatz 5 des § 10c EnWG etwas anderes gelten soll.

19

cc) Entscheidend für eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile sprechen indes Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG.

20

Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 GasRL/StromRL. Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL. Wie der Senat bereits an anderer Stelle näher ausgeführt hat, sind die Karenzzeitenregelungen Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts und sollen daher - wie auch die beiden anderen Entflechtungsmodelle - vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in ihre Netze zu investieren (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 mwN - Karenzzeiten).

21

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 48 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 48).

22

Vor diesem Hintergrund sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG dahin auszulegen, dass sie auf die Anstellung einer von diesen Vorschriften erfassten Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers durch den unmittelbaren oder mittelbaren Mehrheitsanteilseigner eines Unternehmens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens anwendbar sind. Denn nur dann kann der Gefahr begegnet werden, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens und damit des Gesamtkonzerns (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten).

23

Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen ist es geboten, den Begriff des Mehrheitsanteilseigners weit auszulegen, damit sich dieser nicht durch eine entsprechende Konzerngestaltung seinen entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen entziehen kann, sondern diese wirksam durchgesetzt werden können.

24

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG auch nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die neue Tätigkeit bei der Konzernobergesellschaft - was vorliegend unstreitig der Fall ist - kein Diskriminierungspotential aufweist. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.

25

aa) Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot bei jedweder Anschluss-tätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Die von der Rechtsbeschwerde vertretene einschränkende Auslegung würde dazu führen, dass die zweite Fallvariante keinen Anwendungsbereich hätte, weil der Mehrheitsanteilseigner bei einer Betätigung in einem der genannten Wettbewerbsbereiche selbst Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wäre und damit die erste Fallvariante anwendbar wäre.

26

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG. Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten). Die Vorschrift will insoweit der Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens. Diese Gefahr schätzen der nationale Gesetzgeber wie auch der europäische Richtliniengeber im Hinblick auf die Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft höher ein als im Hinblick auf eine (erlaubte) Weiterbeschäftigung bei einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 32 - Karenzzeiten). Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 23 mwN - Karenzzeiten) nichts zu erinnern.

27

bb) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten. Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, verstoßen die Karenzzeitregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten). Dies gilt auch im Hinblick auf die zu beachtende Karenzzeitregelung beim Übergang vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).

28

(1) Die Karenzzeitregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss aaO Rn. 30 - Karenzzeiten). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass sich das zeitlich befristete Beschäftigungsverbot auch auf den Übergang einer Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zum Mehrheitsanteilseigner erstreckt. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten zur Konzernobergesellschaft wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.

29

(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten).

III.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg     

      

Raum     

      

Kirchhoff

      

Grüneberg     

      

Deichfuß     

      

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen tragen sie selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Betroffene ist die Konzernobergesellschaft des B. -Konzerns. Die Betroffene hält 10,29 % der Anteile an der W.         GmbH, die unter anderem im Bereich der Aufsuchung und Förderung von Erdgas tätig ist; die übrigen 89,71 % der Anteile werden von der B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH gehalten, deren Anteile wiederum vollständig im Eigentum der Betroffenen stehen. Die W.         GmbH hält 50,02 % an der WI.             GmbH & Co. KG, die ihrerseits 99,9 % an der   G.         GmbH hält. Die   G.         GmbH ist unter anderem die Muttergesellschaft der Beigeladenen zu 1 und 2, bei denen es sich um Gastransportnetzbetreiber handelt.

3

Die Beigeladenen zu 1 und 2 wurden im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die W.         GmbH zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die Betroffene und die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH sind nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.

4

Der Beigeladene zu 3 war bis zum 1. Oktober 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und dort auch Leiter des Ressorts 2 ("Netz"). Ab dem 1. Oktober 2013 war er als Prokurist bei der Beigeladenen zu 1 angestellt. Außerdem war er bei der Beigeladenen zu 2 bis zum 30. September 2014 als Prokurist beschäftigt. Die Anstellungsverhältnisse endeten zum 31. August 2014. Die Beigeladenen zu 1 und 2 teilten der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 10. Juli 2014 mit, dass ein Wechsel des Beigeladenen zu 3 von ihnen zur Betroffenen geplant sei. Dort ist der Beigeladene zu 3 seit dem 1. September 2014 als sogenannter Vice President Civil Engineering angestellt und für die Einheit "Technical Site Services L.     ", d.h. für die Bautechnik am Standort L.     , verantwortlich. Zu seinen Aufgaben zählen die Planung und Ausführung von Gebäudeprojekten in Verwaltungs-, Forschungs- und Produktionsgebäuden mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 100 bis 150 Mio. Euro, die Instandhaltung von Gebäuden und Gebäudeausstattung mit einem jährlichen Instandhaltungsvolumen von 150 bis 200 Mio. Euro und die Landschaftsplanung und Instandsetzung von Freiflächen am Standort. Er koordiniert die Tätigkeit von rund 510 Mitarbeitern. Die von dem Beigeladenen zu 3 nunmehr ausgeübte Tätigkeit ist auf der Führungsebene 4 angesiedelt.

5

Mit Beschluss vom 30. März 2015 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 31. August 2018, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 3 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.

6

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur weiter.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2017, 212) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 30. März 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.

10

Die Betroffene sei "Mehrheitsanteilseignerin" im Sinne des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Sie halte unmittelbar Anteile in Höhe von 10,29 % und darüber hinaus - mittelbar über die 100 %-ige Tochter B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH - weitere 89,71 % an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, der W.         GmbH. Die Betroffene habe damit einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen. Für die Anwendung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei unerheblich, dass ihre Beteiligung im Wesentlichen über die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH vermittelt werde.

11

Der Begriff "Mehrheitsanteilseigner" sei im Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. § 10c Abs. 5 EnWG enthalte keine nähere Regelung, ob mittelbare oder unmittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut schließe eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile nicht aus.

12

Jedoch lege eine systematische Betrachtung unter Beachtung der Wertung des § 16 AktG und Art. 2 Nr. 36 GasRL eine Auslegung nahe, wonach unter den Begriff "Mehrheitsanteilseigner" auch mittelbar gehaltene Anteile fielen. Nach § 16 Abs. 4 AktG gölten als Anteile, die einem Unternehmen gehörten, auch solche, die einem von ihm abhängigen Unternehmen gehörten. § 17 Abs. 1 AktG definiere insoweit abhängige Unternehmen als solche Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben könne. Bei einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen werde gemäß § 17 Abs. 2 AktG vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig sei. So liege der Fall hier. Für dieses Verständnis spreche auch Art. 2 Nr. 36 GasRL. Die dortige Definition der "Kontrolle" sei ersichtlich weit zu verstehen, weil die Richtlinie im Hinblick auf die Frage nach dem bestimmenden Einfluss eines Unternehmens auf ein anderes nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die tatsächlichen Umstände und "andere Mittel" abstelle.

13

Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften für ein weites Verständnis des Begriffs "Mehrheitsanteilseigner". Andernfalls könnten sich Energieversorgungsunternehmen ihren entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen durch ein einfaches Einfügen eines Tochterunternehmens in die Konzernstruktur entziehen. Dies gelte es auch im Rahmen des § 10c EnWG zu beachten, damit die Karenzzeitenregelungen die Entflechtung effektiv sichern könnten.

14

Entgegen der Auffassung der Betroffenen verbiete sich eine einschränkende, nur auf ein konkretes Diskriminierungspotenzial abstellende Auslegung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Vielmehr griffen die Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften bereits dann ein, wenn ein abstraktes Diskriminierungspotenzial bestehe. Konkreter Feststellungen im Einzelfall bedürfe es nicht. Es sei eine generalisierende Betrachtung geboten.

15

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.

16

a) Die Betroffene ist Mehrheitsanteilseignerin im Sinne des § 10c Abs. 5 EnWG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dabei nicht nur die unmittelbare Beteiligung der Betroffenen an der W.         GmbH als dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zu berücksichtigen, sondern auch die - über ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft - vermittelte Beteiligung im Übrigen. Aufgrund dessen hält die Betroffene mittelbar und unmittelbar 100 % der Anteile an der W.         GmbH.

17

aa) Der Begriff „Mehrheitsanteilseigner“ ist allerdings im Energiewirtschaftsgesetz wie auch in der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL) oder der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) nicht definiert. Insbesondere enthält § 10c Abs. 5 EnWG keine nähere Regelung, ob mittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut der Vorschrift schließt indes eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile auch nicht aus.

18

bb) Eine systematische Auslegung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes legt deren Beachtung nahe. So müssen nach § 10a Abs. 1 Satz 2 EnWG Unabhängige Transportnetzbetreiber unmittelbar oder vermittelt durch Beteiligungen Eigentümer an allen für den Transportnetzbetrieb erforderlichen Vermögenswerten einschließlich des Transportnetzes sein. Des weiteren verbietet § 10b Abs. 3 EnWG, der insoweit Art. 18 Abs. 3 GasRL umsetzt, zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers - direkte wie auch indirekte - wechselseitige Beteiligungen zwischen dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und seinen Tochterunternehmen einerseits und dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber andererseits. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das die Personen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers betreffende Verbot des § 10c Abs. 4 EnWG, sich an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und dessen Tochterunternehmen zu beteiligen, wobei insoweit der nationale Gesetzgeber - ohne dass er einen Umsetzungsspielraum gesehen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 63) - die in Art. 19 Abs. 5 GasRL enthaltene Vorgabe der direkten oder indirekten Beteiligung nicht ausdrücklich aufgegriffen hat. Dies spricht dafür, dass er die Erstreckung des Beteiligungsverbots auf mittelbare Beteiligungen für selbstverständlich gehalten hat. Aufgrund dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass für die Auslegung des Begriffs des Mehrheitsanteilseigners in dem folgenden Absatz 5 des § 10c EnWG etwas anderes gelten soll.

19

cc) Entscheidend für eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile sprechen indes Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG.

20

Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 GasRL/StromRL. Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL. Wie der Senat bereits an anderer Stelle näher ausgeführt hat, sind die Karenzzeitenregelungen Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts und sollen daher - wie auch die beiden anderen Entflechtungsmodelle - vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in ihre Netze zu investieren (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 mwN - Karenzzeiten).

21

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 48 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 48).

22

Vor diesem Hintergrund sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG dahin auszulegen, dass sie auf die Anstellung einer von diesen Vorschriften erfassten Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers durch den unmittelbaren oder mittelbaren Mehrheitsanteilseigner eines Unternehmens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens anwendbar sind. Denn nur dann kann der Gefahr begegnet werden, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens und damit des Gesamtkonzerns (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten).

23

Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen ist es geboten, den Begriff des Mehrheitsanteilseigners weit auszulegen, damit sich dieser nicht durch eine entsprechende Konzerngestaltung seinen entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen entziehen kann, sondern diese wirksam durchgesetzt werden können.

24

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG auch nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die neue Tätigkeit bei der Konzernobergesellschaft - was vorliegend unstreitig der Fall ist - kein Diskriminierungspotential aufweist. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.

25

aa) Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot bei jedweder Anschluss-tätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Die von der Rechtsbeschwerde vertretene einschränkende Auslegung würde dazu führen, dass die zweite Fallvariante keinen Anwendungsbereich hätte, weil der Mehrheitsanteilseigner bei einer Betätigung in einem der genannten Wettbewerbsbereiche selbst Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wäre und damit die erste Fallvariante anwendbar wäre.

26

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG. Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten). Die Vorschrift will insoweit der Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens. Diese Gefahr schätzen der nationale Gesetzgeber wie auch der europäische Richtliniengeber im Hinblick auf die Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft höher ein als im Hinblick auf eine (erlaubte) Weiterbeschäftigung bei einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 32 - Karenzzeiten). Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 23 mwN - Karenzzeiten) nichts zu erinnern.

27

bb) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten. Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, verstoßen die Karenzzeitregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten). Dies gilt auch im Hinblick auf die zu beachtende Karenzzeitregelung beim Übergang vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).

28

(1) Die Karenzzeitregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss aaO Rn. 30 - Karenzzeiten). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass sich das zeitlich befristete Beschäftigungsverbot auch auf den Übergang einer Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zum Mehrheitsanteilseigner erstreckt. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten zur Konzernobergesellschaft wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.

29

(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten).

III.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg     

      

Raum     

      

Kirchhoff

      

Grüneberg     

      

Deichfuß     

      

(1) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden.

(2) Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

(1) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden.

(2) Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(1) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auch auf Unternehmen anzuwenden, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden. Die §§ 19, 20 und 31b Absatz 5 sind nicht anzuwenden auf öffentlich-rechtliche Gebühren oder Beiträge. Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf die Deutsche Bundesbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau anzuwenden.

(2) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auf alle Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(3) Die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes stehen der Anwendung der §§ 19, 20 und 29 nicht entgegen, soweit in § 111 des Energiewirtschaftsgesetzes keine andere Regelung getroffen ist.

(4) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf Treuhandverwaltungen, Kapitalmaßnahmen oder Enteignungen nach den §§ 17, 17a oder 18 des Energiesicherungsgesetzes anzuwenden. Satz 1 gilt entsprechend für Übertragungen von Vermögensgegenständen nach § 17 Absatz 5 Satz 2 oder § 17b des Energiesicherungsgesetzes an juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, deren Anteile ausschließlich vom Bund oder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau unmittelbar oder mittelbar gehalten werden. Satz 1 gilt nicht für Privatisierungen nach § 17b Absatz 2 Satz 3 oder § 20 Absatz 3 des Energiesicherungsgesetzes.

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen tragen sie selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Betroffene ist die Konzernobergesellschaft des B. -Konzerns. Die Betroffene hält 10,29 % der Anteile an der W.         GmbH, die unter anderem im Bereich der Aufsuchung und Förderung von Erdgas tätig ist; die übrigen 89,71 % der Anteile werden von der B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH gehalten, deren Anteile wiederum vollständig im Eigentum der Betroffenen stehen. Die W.         GmbH hält 50,02 % an der WI.             GmbH & Co. KG, die ihrerseits 99,9 % an der   G.         GmbH hält. Die   G.         GmbH ist unter anderem die Muttergesellschaft der Beigeladenen zu 1 und 2, bei denen es sich um Gastransportnetzbetreiber handelt.

3

Die Beigeladenen zu 1 und 2 wurden im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die W.         GmbH zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die Betroffene und die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH sind nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.

4

Der Beigeladene zu 3 war bis zum 1. Oktober 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und dort auch Leiter des Ressorts 2 ("Netz"). Ab dem 1. Oktober 2013 war er als Prokurist bei der Beigeladenen zu 1 angestellt. Außerdem war er bei der Beigeladenen zu 2 bis zum 30. September 2014 als Prokurist beschäftigt. Die Anstellungsverhältnisse endeten zum 31. August 2014. Die Beigeladenen zu 1 und 2 teilten der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 10. Juli 2014 mit, dass ein Wechsel des Beigeladenen zu 3 von ihnen zur Betroffenen geplant sei. Dort ist der Beigeladene zu 3 seit dem 1. September 2014 als sogenannter Vice President Civil Engineering angestellt und für die Einheit "Technical Site Services L.     ", d.h. für die Bautechnik am Standort L.     , verantwortlich. Zu seinen Aufgaben zählen die Planung und Ausführung von Gebäudeprojekten in Verwaltungs-, Forschungs- und Produktionsgebäuden mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 100 bis 150 Mio. Euro, die Instandhaltung von Gebäuden und Gebäudeausstattung mit einem jährlichen Instandhaltungsvolumen von 150 bis 200 Mio. Euro und die Landschaftsplanung und Instandsetzung von Freiflächen am Standort. Er koordiniert die Tätigkeit von rund 510 Mitarbeitern. Die von dem Beigeladenen zu 3 nunmehr ausgeübte Tätigkeit ist auf der Führungsebene 4 angesiedelt.

5

Mit Beschluss vom 30. März 2015 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 31. August 2018, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 3 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.

6

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur weiter.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2017, 212) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 30. März 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.

10

Die Betroffene sei "Mehrheitsanteilseignerin" im Sinne des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Sie halte unmittelbar Anteile in Höhe von 10,29 % und darüber hinaus - mittelbar über die 100 %-ige Tochter B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH - weitere 89,71 % an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, der W.         GmbH. Die Betroffene habe damit einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen. Für die Anwendung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei unerheblich, dass ihre Beteiligung im Wesentlichen über die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH vermittelt werde.

11

Der Begriff "Mehrheitsanteilseigner" sei im Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. § 10c Abs. 5 EnWG enthalte keine nähere Regelung, ob mittelbare oder unmittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut schließe eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile nicht aus.

12

Jedoch lege eine systematische Betrachtung unter Beachtung der Wertung des § 16 AktG und Art. 2 Nr. 36 GasRL eine Auslegung nahe, wonach unter den Begriff "Mehrheitsanteilseigner" auch mittelbar gehaltene Anteile fielen. Nach § 16 Abs. 4 AktG gölten als Anteile, die einem Unternehmen gehörten, auch solche, die einem von ihm abhängigen Unternehmen gehörten. § 17 Abs. 1 AktG definiere insoweit abhängige Unternehmen als solche Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben könne. Bei einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen werde gemäß § 17 Abs. 2 AktG vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig sei. So liege der Fall hier. Für dieses Verständnis spreche auch Art. 2 Nr. 36 GasRL. Die dortige Definition der "Kontrolle" sei ersichtlich weit zu verstehen, weil die Richtlinie im Hinblick auf die Frage nach dem bestimmenden Einfluss eines Unternehmens auf ein anderes nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die tatsächlichen Umstände und "andere Mittel" abstelle.

13

Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften für ein weites Verständnis des Begriffs "Mehrheitsanteilseigner". Andernfalls könnten sich Energieversorgungsunternehmen ihren entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen durch ein einfaches Einfügen eines Tochterunternehmens in die Konzernstruktur entziehen. Dies gelte es auch im Rahmen des § 10c EnWG zu beachten, damit die Karenzzeitenregelungen die Entflechtung effektiv sichern könnten.

14

Entgegen der Auffassung der Betroffenen verbiete sich eine einschränkende, nur auf ein konkretes Diskriminierungspotenzial abstellende Auslegung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Vielmehr griffen die Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften bereits dann ein, wenn ein abstraktes Diskriminierungspotenzial bestehe. Konkreter Feststellungen im Einzelfall bedürfe es nicht. Es sei eine generalisierende Betrachtung geboten.

15

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.

16

a) Die Betroffene ist Mehrheitsanteilseignerin im Sinne des § 10c Abs. 5 EnWG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dabei nicht nur die unmittelbare Beteiligung der Betroffenen an der W.         GmbH als dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zu berücksichtigen, sondern auch die - über ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft - vermittelte Beteiligung im Übrigen. Aufgrund dessen hält die Betroffene mittelbar und unmittelbar 100 % der Anteile an der W.         GmbH.

17

aa) Der Begriff „Mehrheitsanteilseigner“ ist allerdings im Energiewirtschaftsgesetz wie auch in der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL) oder der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) nicht definiert. Insbesondere enthält § 10c Abs. 5 EnWG keine nähere Regelung, ob mittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut der Vorschrift schließt indes eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile auch nicht aus.

18

bb) Eine systematische Auslegung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes legt deren Beachtung nahe. So müssen nach § 10a Abs. 1 Satz 2 EnWG Unabhängige Transportnetzbetreiber unmittelbar oder vermittelt durch Beteiligungen Eigentümer an allen für den Transportnetzbetrieb erforderlichen Vermögenswerten einschließlich des Transportnetzes sein. Des weiteren verbietet § 10b Abs. 3 EnWG, der insoweit Art. 18 Abs. 3 GasRL umsetzt, zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers - direkte wie auch indirekte - wechselseitige Beteiligungen zwischen dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und seinen Tochterunternehmen einerseits und dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber andererseits. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das die Personen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers betreffende Verbot des § 10c Abs. 4 EnWG, sich an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und dessen Tochterunternehmen zu beteiligen, wobei insoweit der nationale Gesetzgeber - ohne dass er einen Umsetzungsspielraum gesehen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 63) - die in Art. 19 Abs. 5 GasRL enthaltene Vorgabe der direkten oder indirekten Beteiligung nicht ausdrücklich aufgegriffen hat. Dies spricht dafür, dass er die Erstreckung des Beteiligungsverbots auf mittelbare Beteiligungen für selbstverständlich gehalten hat. Aufgrund dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass für die Auslegung des Begriffs des Mehrheitsanteilseigners in dem folgenden Absatz 5 des § 10c EnWG etwas anderes gelten soll.

19

cc) Entscheidend für eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile sprechen indes Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG.

20

Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 GasRL/StromRL. Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL. Wie der Senat bereits an anderer Stelle näher ausgeführt hat, sind die Karenzzeitenregelungen Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts und sollen daher - wie auch die beiden anderen Entflechtungsmodelle - vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in ihre Netze zu investieren (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 mwN - Karenzzeiten).

21

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 48 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 48).

22

Vor diesem Hintergrund sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG dahin auszulegen, dass sie auf die Anstellung einer von diesen Vorschriften erfassten Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers durch den unmittelbaren oder mittelbaren Mehrheitsanteilseigner eines Unternehmens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens anwendbar sind. Denn nur dann kann der Gefahr begegnet werden, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens und damit des Gesamtkonzerns (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten).

23

Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen ist es geboten, den Begriff des Mehrheitsanteilseigners weit auszulegen, damit sich dieser nicht durch eine entsprechende Konzerngestaltung seinen entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen entziehen kann, sondern diese wirksam durchgesetzt werden können.

24

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG auch nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die neue Tätigkeit bei der Konzernobergesellschaft - was vorliegend unstreitig der Fall ist - kein Diskriminierungspotential aufweist. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.

25

aa) Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot bei jedweder Anschluss-tätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Die von der Rechtsbeschwerde vertretene einschränkende Auslegung würde dazu führen, dass die zweite Fallvariante keinen Anwendungsbereich hätte, weil der Mehrheitsanteilseigner bei einer Betätigung in einem der genannten Wettbewerbsbereiche selbst Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wäre und damit die erste Fallvariante anwendbar wäre.

26

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG. Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten). Die Vorschrift will insoweit der Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens. Diese Gefahr schätzen der nationale Gesetzgeber wie auch der europäische Richtliniengeber im Hinblick auf die Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft höher ein als im Hinblick auf eine (erlaubte) Weiterbeschäftigung bei einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 32 - Karenzzeiten). Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 23 mwN - Karenzzeiten) nichts zu erinnern.

27

bb) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten. Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, verstoßen die Karenzzeitregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten). Dies gilt auch im Hinblick auf die zu beachtende Karenzzeitregelung beim Übergang vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).

28

(1) Die Karenzzeitregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss aaO Rn. 30 - Karenzzeiten). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass sich das zeitlich befristete Beschäftigungsverbot auch auf den Übergang einer Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zum Mehrheitsanteilseigner erstreckt. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten zur Konzernobergesellschaft wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.

29

(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten).

III.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg     

      

Raum     

      

Kirchhoff

      

Grüneberg     

      

Deichfuß     

      

(1) Die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang müssen angemessen, diskriminierungsfrei, transparent und dürfen nicht ungünstiger sein, als sie von den Betreibern der Energieversorgungsnetze in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen angewendet und tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden.

(2) Die Entgelte werden auf der Grundlage der Kosten einer Betriebsführung, die denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen müssen, unter Berücksichtigung von Anreizen für eine effiziente Leistungserbringung und einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals gebildet, soweit in einer Rechtsverordnung nach § 24 nicht eine Abweichung von der kostenorientierten Entgeltbildung bestimmt ist. Soweit die Entgelte kostenorientiert gebildet werden, dürfen Kosten und Kostenbestandteile, die sich ihrem Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden, nicht berücksichtigt werden. Die notwendigen Investitionen in die Netze müssen so vorgenommen werden können, dass die Lebensfähigkeit der Netze gewährleistet ist.

(3) Betreiber von Energieversorgungsnetzen sind verpflichtet, die für ihr Netz geltenden Netzentgelte auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen und auf Anfrage jedermann unverzüglich in Textform mitzuteilen. Die Veröffentlichung der geltenden Netzentgelte hat in einem Format zu erfolgen, das eine automatisierte Auslesung der veröffentlichten Daten ermöglicht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen tragen sie selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Betroffene ist die Konzernobergesellschaft des B. -Konzerns. Die Betroffene hält 10,29 % der Anteile an der W.         GmbH, die unter anderem im Bereich der Aufsuchung und Förderung von Erdgas tätig ist; die übrigen 89,71 % der Anteile werden von der B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH gehalten, deren Anteile wiederum vollständig im Eigentum der Betroffenen stehen. Die W.         GmbH hält 50,02 % an der WI.             GmbH & Co. KG, die ihrerseits 99,9 % an der   G.         GmbH hält. Die   G.         GmbH ist unter anderem die Muttergesellschaft der Beigeladenen zu 1 und 2, bei denen es sich um Gastransportnetzbetreiber handelt.

3

Die Beigeladenen zu 1 und 2 wurden im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die W.         GmbH zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die Betroffene und die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH sind nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.

4

Der Beigeladene zu 3 war bis zum 1. Oktober 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und dort auch Leiter des Ressorts 2 ("Netz"). Ab dem 1. Oktober 2013 war er als Prokurist bei der Beigeladenen zu 1 angestellt. Außerdem war er bei der Beigeladenen zu 2 bis zum 30. September 2014 als Prokurist beschäftigt. Die Anstellungsverhältnisse endeten zum 31. August 2014. Die Beigeladenen zu 1 und 2 teilten der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 10. Juli 2014 mit, dass ein Wechsel des Beigeladenen zu 3 von ihnen zur Betroffenen geplant sei. Dort ist der Beigeladene zu 3 seit dem 1. September 2014 als sogenannter Vice President Civil Engineering angestellt und für die Einheit "Technical Site Services L.     ", d.h. für die Bautechnik am Standort L.     , verantwortlich. Zu seinen Aufgaben zählen die Planung und Ausführung von Gebäudeprojekten in Verwaltungs-, Forschungs- und Produktionsgebäuden mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 100 bis 150 Mio. Euro, die Instandhaltung von Gebäuden und Gebäudeausstattung mit einem jährlichen Instandhaltungsvolumen von 150 bis 200 Mio. Euro und die Landschaftsplanung und Instandsetzung von Freiflächen am Standort. Er koordiniert die Tätigkeit von rund 510 Mitarbeitern. Die von dem Beigeladenen zu 3 nunmehr ausgeübte Tätigkeit ist auf der Führungsebene 4 angesiedelt.

5

Mit Beschluss vom 30. März 2015 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 31. August 2018, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 3 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.

6

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur weiter.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2017, 212) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 30. März 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.

10

Die Betroffene sei "Mehrheitsanteilseignerin" im Sinne des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Sie halte unmittelbar Anteile in Höhe von 10,29 % und darüber hinaus - mittelbar über die 100 %-ige Tochter B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH - weitere 89,71 % an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, der W.         GmbH. Die Betroffene habe damit einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen. Für die Anwendung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei unerheblich, dass ihre Beteiligung im Wesentlichen über die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH vermittelt werde.

11

Der Begriff "Mehrheitsanteilseigner" sei im Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. § 10c Abs. 5 EnWG enthalte keine nähere Regelung, ob mittelbare oder unmittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut schließe eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile nicht aus.

12

Jedoch lege eine systematische Betrachtung unter Beachtung der Wertung des § 16 AktG und Art. 2 Nr. 36 GasRL eine Auslegung nahe, wonach unter den Begriff "Mehrheitsanteilseigner" auch mittelbar gehaltene Anteile fielen. Nach § 16 Abs. 4 AktG gölten als Anteile, die einem Unternehmen gehörten, auch solche, die einem von ihm abhängigen Unternehmen gehörten. § 17 Abs. 1 AktG definiere insoweit abhängige Unternehmen als solche Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben könne. Bei einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen werde gemäß § 17 Abs. 2 AktG vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig sei. So liege der Fall hier. Für dieses Verständnis spreche auch Art. 2 Nr. 36 GasRL. Die dortige Definition der "Kontrolle" sei ersichtlich weit zu verstehen, weil die Richtlinie im Hinblick auf die Frage nach dem bestimmenden Einfluss eines Unternehmens auf ein anderes nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die tatsächlichen Umstände und "andere Mittel" abstelle.

13

Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften für ein weites Verständnis des Begriffs "Mehrheitsanteilseigner". Andernfalls könnten sich Energieversorgungsunternehmen ihren entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen durch ein einfaches Einfügen eines Tochterunternehmens in die Konzernstruktur entziehen. Dies gelte es auch im Rahmen des § 10c EnWG zu beachten, damit die Karenzzeitenregelungen die Entflechtung effektiv sichern könnten.

14

Entgegen der Auffassung der Betroffenen verbiete sich eine einschränkende, nur auf ein konkretes Diskriminierungspotenzial abstellende Auslegung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Vielmehr griffen die Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften bereits dann ein, wenn ein abstraktes Diskriminierungspotenzial bestehe. Konkreter Feststellungen im Einzelfall bedürfe es nicht. Es sei eine generalisierende Betrachtung geboten.

15

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.

16

a) Die Betroffene ist Mehrheitsanteilseignerin im Sinne des § 10c Abs. 5 EnWG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dabei nicht nur die unmittelbare Beteiligung der Betroffenen an der W.         GmbH als dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zu berücksichtigen, sondern auch die - über ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft - vermittelte Beteiligung im Übrigen. Aufgrund dessen hält die Betroffene mittelbar und unmittelbar 100 % der Anteile an der W.         GmbH.

17

aa) Der Begriff „Mehrheitsanteilseigner“ ist allerdings im Energiewirtschaftsgesetz wie auch in der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL) oder der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) nicht definiert. Insbesondere enthält § 10c Abs. 5 EnWG keine nähere Regelung, ob mittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut der Vorschrift schließt indes eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile auch nicht aus.

18

bb) Eine systematische Auslegung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes legt deren Beachtung nahe. So müssen nach § 10a Abs. 1 Satz 2 EnWG Unabhängige Transportnetzbetreiber unmittelbar oder vermittelt durch Beteiligungen Eigentümer an allen für den Transportnetzbetrieb erforderlichen Vermögenswerten einschließlich des Transportnetzes sein. Des weiteren verbietet § 10b Abs. 3 EnWG, der insoweit Art. 18 Abs. 3 GasRL umsetzt, zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers - direkte wie auch indirekte - wechselseitige Beteiligungen zwischen dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und seinen Tochterunternehmen einerseits und dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber andererseits. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das die Personen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers betreffende Verbot des § 10c Abs. 4 EnWG, sich an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und dessen Tochterunternehmen zu beteiligen, wobei insoweit der nationale Gesetzgeber - ohne dass er einen Umsetzungsspielraum gesehen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 63) - die in Art. 19 Abs. 5 GasRL enthaltene Vorgabe der direkten oder indirekten Beteiligung nicht ausdrücklich aufgegriffen hat. Dies spricht dafür, dass er die Erstreckung des Beteiligungsverbots auf mittelbare Beteiligungen für selbstverständlich gehalten hat. Aufgrund dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass für die Auslegung des Begriffs des Mehrheitsanteilseigners in dem folgenden Absatz 5 des § 10c EnWG etwas anderes gelten soll.

19

cc) Entscheidend für eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile sprechen indes Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG.

20

Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 GasRL/StromRL. Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL. Wie der Senat bereits an anderer Stelle näher ausgeführt hat, sind die Karenzzeitenregelungen Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts und sollen daher - wie auch die beiden anderen Entflechtungsmodelle - vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in ihre Netze zu investieren (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 mwN - Karenzzeiten).

21

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 48 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 48).

22

Vor diesem Hintergrund sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG dahin auszulegen, dass sie auf die Anstellung einer von diesen Vorschriften erfassten Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers durch den unmittelbaren oder mittelbaren Mehrheitsanteilseigner eines Unternehmens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens anwendbar sind. Denn nur dann kann der Gefahr begegnet werden, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens und damit des Gesamtkonzerns (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten).

23

Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen ist es geboten, den Begriff des Mehrheitsanteilseigners weit auszulegen, damit sich dieser nicht durch eine entsprechende Konzerngestaltung seinen entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen entziehen kann, sondern diese wirksam durchgesetzt werden können.

24

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG auch nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die neue Tätigkeit bei der Konzernobergesellschaft - was vorliegend unstreitig der Fall ist - kein Diskriminierungspotential aufweist. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.

25

aa) Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot bei jedweder Anschluss-tätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Die von der Rechtsbeschwerde vertretene einschränkende Auslegung würde dazu führen, dass die zweite Fallvariante keinen Anwendungsbereich hätte, weil der Mehrheitsanteilseigner bei einer Betätigung in einem der genannten Wettbewerbsbereiche selbst Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wäre und damit die erste Fallvariante anwendbar wäre.

26

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG. Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten). Die Vorschrift will insoweit der Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens. Diese Gefahr schätzen der nationale Gesetzgeber wie auch der europäische Richtliniengeber im Hinblick auf die Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft höher ein als im Hinblick auf eine (erlaubte) Weiterbeschäftigung bei einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 32 - Karenzzeiten). Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 23 mwN - Karenzzeiten) nichts zu erinnern.

27

bb) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten. Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, verstoßen die Karenzzeitregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten). Dies gilt auch im Hinblick auf die zu beachtende Karenzzeitregelung beim Übergang vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).

28

(1) Die Karenzzeitregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss aaO Rn. 30 - Karenzzeiten). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass sich das zeitlich befristete Beschäftigungsverbot auch auf den Übergang einer Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zum Mehrheitsanteilseigner erstreckt. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten zur Konzernobergesellschaft wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.

29

(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten).

III.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg     

      

Raum     

      

Kirchhoff

      

Grüneberg     

      

Deichfuß     

      

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen tragen sie selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Betroffene ist die Konzernobergesellschaft des B. -Konzerns. Die Betroffene hält 10,29 % der Anteile an der W.         GmbH, die unter anderem im Bereich der Aufsuchung und Förderung von Erdgas tätig ist; die übrigen 89,71 % der Anteile werden von der B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH gehalten, deren Anteile wiederum vollständig im Eigentum der Betroffenen stehen. Die W.         GmbH hält 50,02 % an der WI.             GmbH & Co. KG, die ihrerseits 99,9 % an der   G.         GmbH hält. Die   G.         GmbH ist unter anderem die Muttergesellschaft der Beigeladenen zu 1 und 2, bei denen es sich um Gastransportnetzbetreiber handelt.

3

Die Beigeladenen zu 1 und 2 wurden im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die W.         GmbH zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die Betroffene und die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH sind nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.

4

Der Beigeladene zu 3 war bis zum 1. Oktober 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und dort auch Leiter des Ressorts 2 ("Netz"). Ab dem 1. Oktober 2013 war er als Prokurist bei der Beigeladenen zu 1 angestellt. Außerdem war er bei der Beigeladenen zu 2 bis zum 30. September 2014 als Prokurist beschäftigt. Die Anstellungsverhältnisse endeten zum 31. August 2014. Die Beigeladenen zu 1 und 2 teilten der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 10. Juli 2014 mit, dass ein Wechsel des Beigeladenen zu 3 von ihnen zur Betroffenen geplant sei. Dort ist der Beigeladene zu 3 seit dem 1. September 2014 als sogenannter Vice President Civil Engineering angestellt und für die Einheit "Technical Site Services L.     ", d.h. für die Bautechnik am Standort L.     , verantwortlich. Zu seinen Aufgaben zählen die Planung und Ausführung von Gebäudeprojekten in Verwaltungs-, Forschungs- und Produktionsgebäuden mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 100 bis 150 Mio. Euro, die Instandhaltung von Gebäuden und Gebäudeausstattung mit einem jährlichen Instandhaltungsvolumen von 150 bis 200 Mio. Euro und die Landschaftsplanung und Instandsetzung von Freiflächen am Standort. Er koordiniert die Tätigkeit von rund 510 Mitarbeitern. Die von dem Beigeladenen zu 3 nunmehr ausgeübte Tätigkeit ist auf der Führungsebene 4 angesiedelt.

5

Mit Beschluss vom 30. März 2015 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 31. August 2018, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 3 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.

6

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur weiter.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2017, 212) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 30. März 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.

10

Die Betroffene sei "Mehrheitsanteilseignerin" im Sinne des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Sie halte unmittelbar Anteile in Höhe von 10,29 % und darüber hinaus - mittelbar über die 100 %-ige Tochter B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH - weitere 89,71 % an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, der W.         GmbH. Die Betroffene habe damit einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen. Für die Anwendung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei unerheblich, dass ihre Beteiligung im Wesentlichen über die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH vermittelt werde.

11

Der Begriff "Mehrheitsanteilseigner" sei im Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. § 10c Abs. 5 EnWG enthalte keine nähere Regelung, ob mittelbare oder unmittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut schließe eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile nicht aus.

12

Jedoch lege eine systematische Betrachtung unter Beachtung der Wertung des § 16 AktG und Art. 2 Nr. 36 GasRL eine Auslegung nahe, wonach unter den Begriff "Mehrheitsanteilseigner" auch mittelbar gehaltene Anteile fielen. Nach § 16 Abs. 4 AktG gölten als Anteile, die einem Unternehmen gehörten, auch solche, die einem von ihm abhängigen Unternehmen gehörten. § 17 Abs. 1 AktG definiere insoweit abhängige Unternehmen als solche Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben könne. Bei einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen werde gemäß § 17 Abs. 2 AktG vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig sei. So liege der Fall hier. Für dieses Verständnis spreche auch Art. 2 Nr. 36 GasRL. Die dortige Definition der "Kontrolle" sei ersichtlich weit zu verstehen, weil die Richtlinie im Hinblick auf die Frage nach dem bestimmenden Einfluss eines Unternehmens auf ein anderes nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die tatsächlichen Umstände und "andere Mittel" abstelle.

13

Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften für ein weites Verständnis des Begriffs "Mehrheitsanteilseigner". Andernfalls könnten sich Energieversorgungsunternehmen ihren entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen durch ein einfaches Einfügen eines Tochterunternehmens in die Konzernstruktur entziehen. Dies gelte es auch im Rahmen des § 10c EnWG zu beachten, damit die Karenzzeitenregelungen die Entflechtung effektiv sichern könnten.

14

Entgegen der Auffassung der Betroffenen verbiete sich eine einschränkende, nur auf ein konkretes Diskriminierungspotenzial abstellende Auslegung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Vielmehr griffen die Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften bereits dann ein, wenn ein abstraktes Diskriminierungspotenzial bestehe. Konkreter Feststellungen im Einzelfall bedürfe es nicht. Es sei eine generalisierende Betrachtung geboten.

15

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.

16

a) Die Betroffene ist Mehrheitsanteilseignerin im Sinne des § 10c Abs. 5 EnWG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dabei nicht nur die unmittelbare Beteiligung der Betroffenen an der W.         GmbH als dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zu berücksichtigen, sondern auch die - über ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft - vermittelte Beteiligung im Übrigen. Aufgrund dessen hält die Betroffene mittelbar und unmittelbar 100 % der Anteile an der W.         GmbH.

17

aa) Der Begriff „Mehrheitsanteilseigner“ ist allerdings im Energiewirtschaftsgesetz wie auch in der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL) oder der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) nicht definiert. Insbesondere enthält § 10c Abs. 5 EnWG keine nähere Regelung, ob mittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut der Vorschrift schließt indes eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile auch nicht aus.

18

bb) Eine systematische Auslegung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes legt deren Beachtung nahe. So müssen nach § 10a Abs. 1 Satz 2 EnWG Unabhängige Transportnetzbetreiber unmittelbar oder vermittelt durch Beteiligungen Eigentümer an allen für den Transportnetzbetrieb erforderlichen Vermögenswerten einschließlich des Transportnetzes sein. Des weiteren verbietet § 10b Abs. 3 EnWG, der insoweit Art. 18 Abs. 3 GasRL umsetzt, zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers - direkte wie auch indirekte - wechselseitige Beteiligungen zwischen dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und seinen Tochterunternehmen einerseits und dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber andererseits. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das die Personen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers betreffende Verbot des § 10c Abs. 4 EnWG, sich an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und dessen Tochterunternehmen zu beteiligen, wobei insoweit der nationale Gesetzgeber - ohne dass er einen Umsetzungsspielraum gesehen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 63) - die in Art. 19 Abs. 5 GasRL enthaltene Vorgabe der direkten oder indirekten Beteiligung nicht ausdrücklich aufgegriffen hat. Dies spricht dafür, dass er die Erstreckung des Beteiligungsverbots auf mittelbare Beteiligungen für selbstverständlich gehalten hat. Aufgrund dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass für die Auslegung des Begriffs des Mehrheitsanteilseigners in dem folgenden Absatz 5 des § 10c EnWG etwas anderes gelten soll.

19

cc) Entscheidend für eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile sprechen indes Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG.

20

Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 GasRL/StromRL. Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL. Wie der Senat bereits an anderer Stelle näher ausgeführt hat, sind die Karenzzeitenregelungen Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts und sollen daher - wie auch die beiden anderen Entflechtungsmodelle - vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in ihre Netze zu investieren (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 mwN - Karenzzeiten).

21

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 48 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 48).

22

Vor diesem Hintergrund sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG dahin auszulegen, dass sie auf die Anstellung einer von diesen Vorschriften erfassten Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers durch den unmittelbaren oder mittelbaren Mehrheitsanteilseigner eines Unternehmens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens anwendbar sind. Denn nur dann kann der Gefahr begegnet werden, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens und damit des Gesamtkonzerns (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten).

23

Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen ist es geboten, den Begriff des Mehrheitsanteilseigners weit auszulegen, damit sich dieser nicht durch eine entsprechende Konzerngestaltung seinen entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen entziehen kann, sondern diese wirksam durchgesetzt werden können.

24

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG auch nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die neue Tätigkeit bei der Konzernobergesellschaft - was vorliegend unstreitig der Fall ist - kein Diskriminierungspotential aufweist. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.

25

aa) Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot bei jedweder Anschluss-tätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Die von der Rechtsbeschwerde vertretene einschränkende Auslegung würde dazu führen, dass die zweite Fallvariante keinen Anwendungsbereich hätte, weil der Mehrheitsanteilseigner bei einer Betätigung in einem der genannten Wettbewerbsbereiche selbst Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wäre und damit die erste Fallvariante anwendbar wäre.

26

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG. Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten). Die Vorschrift will insoweit der Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens. Diese Gefahr schätzen der nationale Gesetzgeber wie auch der europäische Richtliniengeber im Hinblick auf die Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft höher ein als im Hinblick auf eine (erlaubte) Weiterbeschäftigung bei einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 32 - Karenzzeiten). Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 23 mwN - Karenzzeiten) nichts zu erinnern.

27

bb) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten. Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, verstoßen die Karenzzeitregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten). Dies gilt auch im Hinblick auf die zu beachtende Karenzzeitregelung beim Übergang vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).

28

(1) Die Karenzzeitregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss aaO Rn. 30 - Karenzzeiten). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass sich das zeitlich befristete Beschäftigungsverbot auch auf den Übergang einer Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zum Mehrheitsanteilseigner erstreckt. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten zur Konzernobergesellschaft wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.

29

(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten).

III.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg     

      

Raum     

      

Kirchhoff

      

Grüneberg     

      

Deichfuß     

      

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen tragen sie selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Betroffene ist die Konzernobergesellschaft des B. -Konzerns. Die Betroffene hält 10,29 % der Anteile an der W.         GmbH, die unter anderem im Bereich der Aufsuchung und Förderung von Erdgas tätig ist; die übrigen 89,71 % der Anteile werden von der B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH gehalten, deren Anteile wiederum vollständig im Eigentum der Betroffenen stehen. Die W.         GmbH hält 50,02 % an der WI.             GmbH & Co. KG, die ihrerseits 99,9 % an der   G.         GmbH hält. Die   G.         GmbH ist unter anderem die Muttergesellschaft der Beigeladenen zu 1 und 2, bei denen es sich um Gastransportnetzbetreiber handelt.

3

Die Beigeladenen zu 1 und 2 wurden im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die W.         GmbH zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die Betroffene und die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH sind nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.

4

Der Beigeladene zu 3 war bis zum 1. Oktober 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und dort auch Leiter des Ressorts 2 ("Netz"). Ab dem 1. Oktober 2013 war er als Prokurist bei der Beigeladenen zu 1 angestellt. Außerdem war er bei der Beigeladenen zu 2 bis zum 30. September 2014 als Prokurist beschäftigt. Die Anstellungsverhältnisse endeten zum 31. August 2014. Die Beigeladenen zu 1 und 2 teilten der Bundesnetzagentur mit Schreiben vom 10. Juli 2014 mit, dass ein Wechsel des Beigeladenen zu 3 von ihnen zur Betroffenen geplant sei. Dort ist der Beigeladene zu 3 seit dem 1. September 2014 als sogenannter Vice President Civil Engineering angestellt und für die Einheit "Technical Site Services L.     ", d.h. für die Bautechnik am Standort L.     , verantwortlich. Zu seinen Aufgaben zählen die Planung und Ausführung von Gebäudeprojekten in Verwaltungs-, Forschungs- und Produktionsgebäuden mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 100 bis 150 Mio. Euro, die Instandhaltung von Gebäuden und Gebäudeausstattung mit einem jährlichen Instandhaltungsvolumen von 150 bis 200 Mio. Euro und die Landschaftsplanung und Instandsetzung von Freiflächen am Standort. Er koordiniert die Tätigkeit von rund 510 Mitarbeitern. Die von dem Beigeladenen zu 3 nunmehr ausgeübte Tätigkeit ist auf der Führungsebene 4 angesiedelt.

5

Mit Beschluss vom 30. März 2015 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 31. August 2018, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 3 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.

6

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur weiter.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2017, 212) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 30. März 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.

10

Die Betroffene sei "Mehrheitsanteilseignerin" im Sinne des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Sie halte unmittelbar Anteile in Höhe von 10,29 % und darüber hinaus - mittelbar über die 100 %-ige Tochter B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH - weitere 89,71 % an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, der W.         GmbH. Die Betroffene habe damit einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen. Für die Anwendung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei unerheblich, dass ihre Beteiligung im Wesentlichen über die B.  Handels- und Exportgesellschaft mbH vermittelt werde.

11

Der Begriff "Mehrheitsanteilseigner" sei im Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. § 10c Abs. 5 EnWG enthalte keine nähere Regelung, ob mittelbare oder unmittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut schließe eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile nicht aus.

12

Jedoch lege eine systematische Betrachtung unter Beachtung der Wertung des § 16 AktG und Art. 2 Nr. 36 GasRL eine Auslegung nahe, wonach unter den Begriff "Mehrheitsanteilseigner" auch mittelbar gehaltene Anteile fielen. Nach § 16 Abs. 4 AktG gölten als Anteile, die einem Unternehmen gehörten, auch solche, die einem von ihm abhängigen Unternehmen gehörten. § 17 Abs. 1 AktG definiere insoweit abhängige Unternehmen als solche Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben könne. Bei einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen werde gemäß § 17 Abs. 2 AktG vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig sei. So liege der Fall hier. Für dieses Verständnis spreche auch Art. 2 Nr. 36 GasRL. Die dortige Definition der "Kontrolle" sei ersichtlich weit zu verstehen, weil die Richtlinie im Hinblick auf die Frage nach dem bestimmenden Einfluss eines Unternehmens auf ein anderes nicht nur auf die rechtlichen, sondern auch auf die tatsächlichen Umstände und "andere Mittel" abstelle.

13

Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften für ein weites Verständnis des Begriffs "Mehrheitsanteilseigner". Andernfalls könnten sich Energieversorgungsunternehmen ihren entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen durch ein einfaches Einfügen eines Tochterunternehmens in die Konzernstruktur entziehen. Dies gelte es auch im Rahmen des § 10c EnWG zu beachten, damit die Karenzzeitenregelungen die Entflechtung effektiv sichern könnten.

14

Entgegen der Auffassung der Betroffenen verbiete sich eine einschränkende, nur auf ein konkretes Diskriminierungspotenzial abstellende Auslegung des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG. Vielmehr griffen die Cooling-On/Cooling-Off-Vorschriften bereits dann ein, wenn ein abstraktes Diskriminierungspotenzial bestehe. Konkreter Feststellungen im Einzelfall bedürfe es nicht. Es sei eine generalisierende Betrachtung geboten.

15

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 3 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.

16

a) Die Betroffene ist Mehrheitsanteilseignerin im Sinne des § 10c Abs. 5 EnWG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dabei nicht nur die unmittelbare Beteiligung der Betroffenen an der W.         GmbH als dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zu berücksichtigen, sondern auch die - über ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft - vermittelte Beteiligung im Übrigen. Aufgrund dessen hält die Betroffene mittelbar und unmittelbar 100 % der Anteile an der W.         GmbH.

17

aa) Der Begriff „Mehrheitsanteilseigner“ ist allerdings im Energiewirtschaftsgesetz wie auch in der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL) oder der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) nicht definiert. Insbesondere enthält § 10c Abs. 5 EnWG keine nähere Regelung, ob mittelbare Beteiligungen zur Anteilsberechnung hinzugerechnet werden sollen. Der Wortlaut der Vorschrift schließt indes eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile auch nicht aus.

18

bb) Eine systematische Auslegung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes legt deren Beachtung nahe. So müssen nach § 10a Abs. 1 Satz 2 EnWG Unabhängige Transportnetzbetreiber unmittelbar oder vermittelt durch Beteiligungen Eigentümer an allen für den Transportnetzbetrieb erforderlichen Vermögenswerten einschließlich des Transportnetzes sein. Des weiteren verbietet § 10b Abs. 3 EnWG, der insoweit Art. 18 Abs. 3 GasRL umsetzt, zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers - direkte wie auch indirekte - wechselseitige Beteiligungen zwischen dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und seinen Tochterunternehmen einerseits und dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber andererseits. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das die Personen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers betreffende Verbot des § 10c Abs. 4 EnWG, sich an dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und dessen Tochterunternehmen zu beteiligen, wobei insoweit der nationale Gesetzgeber - ohne dass er einen Umsetzungsspielraum gesehen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 63) - die in Art. 19 Abs. 5 GasRL enthaltene Vorgabe der direkten oder indirekten Beteiligung nicht ausdrücklich aufgegriffen hat. Dies spricht dafür, dass er die Erstreckung des Beteiligungsverbots auf mittelbare Beteiligungen für selbstverständlich gehalten hat. Aufgrund dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass für die Auslegung des Begriffs des Mehrheitsanteilseigners in dem folgenden Absatz 5 des § 10c EnWG etwas anderes gelten soll.

19

cc) Entscheidend für eine Berücksichtigung mittelbar gehaltener Anteile sprechen indes Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG.

20

Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 GasRL/StromRL. Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL. Wie der Senat bereits an anderer Stelle näher ausgeführt hat, sind die Karenzzeitenregelungen Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts und sollen daher - wie auch die beiden anderen Entflechtungsmodelle - vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in ihre Netze zu investieren (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 mwN - Karenzzeiten).

21

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 48 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 48).

22

Vor diesem Hintergrund sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG dahin auszulegen, dass sie auf die Anstellung einer von diesen Vorschriften erfassten Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers durch den unmittelbaren oder mittelbaren Mehrheitsanteilseigner eines Unternehmens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens anwendbar sind. Denn nur dann kann der Gefahr begegnet werden, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens und damit des Gesamtkonzerns (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten).

23

Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten). Aufgrund dessen ist es geboten, den Begriff des Mehrheitsanteilseigners weit auszulegen, damit sich dieser nicht durch eine entsprechende Konzerngestaltung seinen entflechtungsrechtlichen Verpflichtungen entziehen kann, sondern diese wirksam durchgesetzt werden können.

24

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG auch nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die neue Tätigkeit bei der Konzernobergesellschaft - was vorliegend unstreitig der Fall ist - kein Diskriminierungspotential aufweist. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.

25

aa) Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot bei jedweder Anschluss-tätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Die von der Rechtsbeschwerde vertretene einschränkende Auslegung würde dazu führen, dass die zweite Fallvariante keinen Anwendungsbereich hätte, weil der Mehrheitsanteilseigner bei einer Betätigung in einem der genannten Wettbewerbsbereiche selbst Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wäre und damit die erste Fallvariante anwendbar wäre.

26

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG. Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten). Die Vorschrift will insoweit der Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Förderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens. Diese Gefahr schätzen der nationale Gesetzgeber wie auch der europäische Richtliniengeber im Hinblick auf die Karrierechancen bei der Konzernobergesellschaft höher ein als im Hinblick auf eine (erlaubte) Weiterbeschäftigung bei einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 32 - Karenzzeiten). Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums (vgl. dazu Senatsbeschluss aaO Rn. 23 mwN - Karenzzeiten) nichts zu erinnern.

27

bb) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten. Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, verstoßen die Karenzzeitregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten). Dies gilt auch im Hinblick auf die zu beachtende Karenzzeitregelung beim Übergang vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).

28

(1) Die Karenzzeitregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss aaO Rn. 30 - Karenzzeiten). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass sich das zeitlich befristete Beschäftigungsverbot auch auf den Übergang einer Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zum Mehrheitsanteilseigner erstreckt. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten zur Konzernobergesellschaft wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.

29

(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten).

III.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg     

      

Raum     

      

Kirchhoff

      

Grüneberg     

      

Deichfuß     

      

(1) Die Regulierungsbehörde kann Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie den auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsvorschriften entgegensteht. Sie kann hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. Abhilfemaßnahmen struktureller Art können nur in Ermangelung einer verhaltensorientierten Abhilfemaßnahme von gleicher Wirksamkeit festgelegt werden oder wenn letztere im Vergleich zu Abhilfemaßnahmen struktureller Art mit einer größeren Belastung für die beteiligten Unternehmen verbunden wäre.

(2) Kommt ein Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen seinen Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht nach, so kann die Regulierungsbehörde die Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen anordnen.

(2a) Hat ein Betreiber von Transportnetzen aus anderen als zwingenden, von ihm nicht zu beeinflussenden Gründen eine Investition, die nach dem Netzentwicklungsplan nach § 12c Absatz 4 Satz 1 und 3 oder § 15a in den folgenden drei Jahren nach Eintritt der Verbindlichkeit nach § 12c Absatz 4 Satz 1 oder § 15a Absatz 3 Satz 8 durchgeführt werden musste, nicht durchgeführt, fordert die Regulierungsbehörde ihn mit Fristsetzung zur Durchführung der betreffenden Investition auf, sofern die Investition unter Zugrundelegung des jüngsten Netzentwicklungsplans noch relevant ist. Um die Durchführung einer solchen Investition sicherzustellen, kann die Regulierungsbehörde nach Ablauf der Frist nach Satz 1 ein Ausschreibungsverfahren zur Durchführung der betreffenden Investition durchführen oder den Transportnetzbetreiber verpflichten, eine Kapitalerhöhung im Hinblick auf die Finanzierung der notwendigen Investitionen durchzuführen und dadurch unabhängigen Investoren eine Kapitalbeteiligung zu ermöglichen. Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 zum Ausschreibungsverfahren nähere Bestimmungen treffen.

(3) Soweit ein berechtigtes Interesse besteht, kann die Regulierungsbehörde auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist.

(4) § 30 Abs. 2 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 68, 69 und 71 sind entsprechend anzuwenden auf die Überwachung von Bestimmungen dieses Gesetzes und von auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Rechtsvorschriften durch die nach Landesrecht zuständige Behörde, soweit diese für die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften zuständig ist und dieses Gesetz im Einzelfall nicht speziellere Vorschriften über Aufsichtsmaßnahmen enthält.

(6) Die Bundesnetzagentur kann gegenüber Personen, die gegen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 verstoßen, sämtliche Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 ergreifen, soweit sie zur Durchsetzung der Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 erforderlich sind.

15
aa) Nach § 65 Abs. 2 EnWG steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde , ob sie bei einem Verstoß gegen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes ein Verfahren einleitet und gegebenenfalls Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen anordnet. Dabei hat ihr der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 EnWG ein weites Ermessen eingeräumt. Dies betrifft sowohl die Frage, ob die Behörde ein Aufsichtsverfahren einleitet, als auch die Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie ergreift. Die Ermessensentscheidung ist nach den - was § 83 Abs. 5 EnWG zeigt - auch im Energiewirtschaftsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch). Um diese Überprüfung zu ermöglichen , muss die Behörde ihre Ermessensausübung nachvollziehbar darlegen.

(1) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluss nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Der Beschluss darf nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Das Beschwerdegericht kann hiervon abweichen, soweit Beigeladenen aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, Akteneinsicht nicht gewährt und der Akteninhalt aus diesen Gründen auch nicht vorgetragen worden ist. Dies gilt nicht für solche Beigeladene, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann.

(2) Hält das Beschwerdegericht die Entscheidung der Regulierungsbehörde für unzulässig oder unbegründet, so hebt es sie auf. Hat sich die Entscheidung vorher durch Zurücknahme oder auf andere Weise erledigt, so spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung der Regulierungsbehörde unzulässig oder unbegründet gewesen ist, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(3) Hat sich eine Entscheidung nach den §§ 29 bis 31 wegen nachträglicher Änderung der tatsächlichen Verhältnisse oder auf andere Weise erledigt, so spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, ob, in welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkt die Entscheidung begründet gewesen ist.

(4) Hält das Beschwerdegericht die Ablehnung oder Unterlassung der Entscheidung für unzulässig oder unbegründet, so spricht es die Verpflichtung der Regulierungsbehörde aus, die beantragte Entscheidung vorzunehmen.

(5) Die Entscheidung ist auch dann unzulässig oder unbegründet, wenn die Regulierungsbehörde von ihrem Ermessen fehlsamen Gebrauch gemacht hat, insbesondere wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder durch die Ermessensentscheidung Sinn und Zweck dieses Gesetzes verletzt hat.

(6) Der Beschluss ist zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung den Beteiligten zuzustellen.

15
aa) Nach § 65 Abs. 2 EnWG steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde , ob sie bei einem Verstoß gegen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes ein Verfahren einleitet und gegebenenfalls Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen anordnet. Dabei hat ihr der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 EnWG ein weites Ermessen eingeräumt. Dies betrifft sowohl die Frage, ob die Behörde ein Aufsichtsverfahren einleitet, als auch die Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie ergreift. Die Ermessensentscheidung ist nach den - was § 83 Abs. 5 EnWG zeigt - auch im Energiewirtschaftsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch). Um diese Überprüfung zu ermöglichen , muss die Behörde ihre Ermessensausübung nachvollziehbar darlegen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 1. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Die Bundesnetzagentur hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu tragen.

Der Wert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 27.794,51 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin betreibt in Schleswig-Holstein ein Gasverteilernetz. Mit Beschluss vom 4. März 2014 bestimmte die Bundesnetzagentur gegenüber der Antragstellerin die Erlösobergrenzen für die Jahre 2013 bis 2017. Dabei legte sie einen Effizienzwert von 86,9625% zugrunde, der von einem von ihr beauftragten Gutachter ermittelt worden war und der dabei - was die Bundesnetzagentur zunächst nicht erkannte - fehlerhaft und entgegen der Handhabung in der ersten Regulierungsperiode den sogenannten Störterm nicht mit null ansetzte. Bei der üblichen Berechnung hätte sich ein Effizienzwert von 87,5155% ergeben, wodurch die Erlösobergrenzen über die gesamte Regulierungsperiode hinweg insgesamt 27.794,51 € höher gewesen wären. Da der Methodenfehler für die Antragstellerin nicht erkennbar war, ließ sie den Beschluss vom 4. März 2014 bestandskräftig werden.

2

Nachdem die Bundesnetzagentur Anfang des Jahres 2015 in anderem Zusammenhang die fehlerhafte Berechnung der Effizienzwerte erkannt hatte, teilte sie dies der Antragstellerin mit Schreiben vom 7. September 2015 mit und kündigte eine Korrektur der Erlösobergrenzen in all denjenigen Fällen an, in denen deren Bestimmung noch nicht bestandskräftig war. Den Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung und Korrektur des Beschlusses vom 4. März 2014 lehnte die Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 22. Februar 2016 mit der Begründung ab, dass zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 Satz 1 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (im Folgenden: LVwG) und des § 29 Abs. 2 Satz 1 EnWG gegeben seien, sie ihr insoweit eröffnetes Ermessen aber dahin ausübe, den Bescheid vom 4. März 2014 nicht zurückzunehmen.

3

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht den Beschluss aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, der Antragstellerin unter Aufhebung des Beschlusses vom 4. März 2014 die Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bestimmen. Dagegen wendet sich die Bundesnetzagentur mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Schleswig, RdE 2017, 148) im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Die Bundesnetzagentur habe den Antrag auf Neubescheidung zu Unrecht abgelehnt. Wegen einer Ermessensreduzierung auf Null habe die Antragstellerin gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG, § 83 Abs. 4 EnWG einen Anspruch auf eine neue Bestimmung ihrer Erlösobergrenzen auf der Grundlage eines korrigierten Effizienzwerts von 87,5155%.

7

Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG könne ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Vorschrift sei auf die von der Antragstellerin erstrebte Änderung der Bestimmung der Erlösobergrenze anwendbar, weil das mit der Änderung verbundene günstigere Ergebnis dazu führe, dass der bestandskräftige Verwaltungsakt vom 4. März 2014 als ein belastender Verwaltungsakt einzustufen sei. Der Verwaltungsakt sei - was auch die Bundesnetzagentur einräume - rechtswidrig, weil bei der Bestimmung des Effizienzwerts der Störterm in einer wissenschaftlich nicht vertretbaren Art und Weise berücksichtigt worden sei und zudem der Gesichtspunkt regulatorischer Konsistenz und Gleichbehandlung gegen eine Änderung des bisherigen Vorgehens gesprochen habe.

8

Aufgrund dessen habe die Antragstellerin gegen die Bundesnetzagentur gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG, § 83 Abs. 2 EnWG im Hinblick auf eine Neubescheidung einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens. Der angefochtene Beschluss vom 22. Februar 2016 sei indes ermessensfehlerhaft. Zwar stelle allein die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes noch keinen Grund für dessen Rücknahme dar, weil es sich dabei lediglich um eine Tatbestandsvoraussetzung handele. Regelmäßig komme aber bei - wie hier - belastenden Verwaltungsakten bei der Ermessensabwägung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gegenüber dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit der höhere Rang zu. Dies gelte zumal dann, wenn - wie hier - für den Betroffenen keine Möglichkeit bestanden habe, die Rechtswidrigkeit zu erkennen und in einem Beschwerdeverfahren geltend zu machen. Soweit die Bundesnetzagentur die Interessen der Netznutzer an einer Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Entscheidung höher bewerte als das Interesse der Antragstellerin, sei dies unvertretbar. Die Bestimmung der Erlösobergrenzen stehe in einem Spannungsfeld zwischen einer preisgünstigen und effizienten Energieversorgung einerseits und dem Anspruch der Netzbetreiber auf eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals andererseits. Nach dem gesetzgeberischen Konzept stelle (nur) die richtig ermittelte Erlösobergrenze den gebotenen sachlichen Ausgleich in diesem Spannungsfeld dar. Das Gesetz gebe nichts dafür her, dass bei einer fehlerhaften Bestimmung der Erlösobergrenze den Interessen der Netznutzer der Vorrang gebühre. Nicht nachvollziehbar seien schließlich die Erwägungen der Bundesnetzagentur, eine Wiederherstellung des "möglicherweise erschütterten Vertrauens" in ihre Tätigkeit werde bereits durch eine Korrektur der noch nicht bestandskräftigen Bescheide erreicht, während eine "flächendeckende Aufhebung" auch von bestandskräftigen Festlegungen von Erlösobergrenzen das Vertrauen in deren Bestand maßgeblich erschüttern würde.

9

Der Anspruch der Antragstellerin auf eine Neubescheidung beinhalte vorliegend aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null gemäß § 83 Abs. 4 EnWG die Verpflichtung der Bundesnetzagentur, die Bestimmung der Erlösobergrenzen nach Maßgabe des richtigen Effizienzwertes zu korrigieren. Bei im Ergebnis belastenden Verwaltungsakten sei eher ein Vorrang des Aspektes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung anzunehmen. Dies müsse insbesondere bei der Bestimmung des Effizienzwertes gelten, weil insoweit das Vorgehen und das Ergebnis der Regulierungsbehörde nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar und auch tatsächlich von einem außenstehenden Dritten nicht vollständig nachvollziehbar oder überprüfbar seien. Aufgrund dessen müsse der einzelne Netzbetreiber auf die Sachkompetenz der Regulierungsbehörde vertrauen. Die Kehrseite dieses Vertrauens seien indes gesteigerte Anforderungen an die Behörde, Fehler im Rahmen des Möglichen zu berichtigen. Die Bundesnetzagentur könne dem nicht entgegenhalten, an dem Fehler selbst schuldlos gewesen zu sein; denn dessen Auftreten entstamme ihrem Verantwortungsbereich. Eine Unterscheidung der Korrektur nach bestandskräftigen und nicht bestandskräftigen Festlegungen der Erlösobergrenzen sei nicht sachgerecht; § 21a Abs. 3 Satz 3 EnWG lasse sich lediglich ein materiell-rechtliches Verböserungsverbot entnehmen, aufgrund dessen es - wie hier nicht - nicht zu einer Verschlechterung des Effizienzwertes kommen dürfe. Gegen eine Neubescheidung nach Maßgabe des berichtigten Effizienzwertes spreche schließlich auch nicht der verhältnismäßig geringe Vorteil für die Antragstellerin, weil die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen keine Wertgrenze vorsähen.

10

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

11

a) Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommenen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben.

12

aa) Die Vorschrift ist vorliegend anwendbar, weil die Bundesnetzagentur als Landesregulierungsbehörde des Landes Schleswig-Holstein gehandelt hat. Die Norm wird nicht durch § 29 Abs. 2 Satz 1 EnWG verdrängt. Denn dabei handelt es sich um einen eigenständigen Tatbestand, der gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 EnWG die allgemeinen Vorschriften in §§ 48 und 49 VwVfG unberührt lässt (Senatsbeschluss vom 12. Juli 2016 - EnVR 15/15, RdE 2016, 532 Rn. 24 - Unbefristete Genehmigung). Für die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - wie hier §§ 116, 117 LVwG - gilt dies gleichermaßen.

13

bb) Der Bescheid der Bundesnetzagentur vom 4. März 2014 ist rechtswidrig.

14

Für das Merkmal der Rechtswidrigkeit i.S.d. § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG kommt es - wie bei der gleichlautenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG - grundsätzlich darauf an, ob der Verwaltungsakt, um dessen Rücknahme es geht, zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war (vgl. BVerwGE 121, 226, 229; 143, 87 Rn. 43). Dies war nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angefochtenen Feststellungen des Beschwerdegerichts der Fall, weil bei der Bestimmung des Effizienzwerts der Störterm in einer wissenschaftlich nicht vertretbaren Art und Weise berücksichtigt worden ist. Dagegen ist nichts zu erinnern.

15

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, dass die Rücknahme des Bescheids der Bundesnetzagentur vom 4. März 2014 nicht den für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte geltenden Einschränkungen des § 116 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 bis 4 LVwG unterliegt, sondern nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Bundesnetzagentur stand.

16

Nach der Legaldefinition in § 116 Abs. 1 Satz 2 LVwG ist ein begünstigender Verwaltungsakt ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat.

17

Bei der Festlegung der Erlösobergrenzen vom 4. März 2014 handelt es sich - isoliert betrachtet - um einen Verwaltungsakt mit sowohl belastender als auch begünstigender Wirkung. Begünstigend wirkt sich der Bescheid aus, weil er Voraussetzung dafür ist, dass die Antragstellerin für die Nutzung ihres Gasverteilernetzes überhaupt Entgelte erheben darf. Belastende Wirkung kommt dem Beschluss vom 4. März 2014 für die Antragstellerin als Adressatin, auf deren Sicht es insoweit maßgeblich ankommt (vgl. dazu BVerwGE 143, 87 Rn. 46 mwN zu § 48 VwVfG), jedenfalls insoweit zu, als die von der Bundesnetzagentur bestimmten Erlösobergrenzen zu niedrig festgesetzt werden. Zwar sind derartige Verwaltungsakte mit Mischwirkung nach allgemeiner Ansicht insgesamt als begünstigend zu behandeln und den strengeren Rücknahmevoraussetzungen des § 116 Abs. 2 bis 4 LVwG zu unterstellen, sofern sich begünstigende und belastende Elemente nicht voneinander trennen lassen (vgl. BVerwG aaO Rn. 47 mwN). Dies ist jedoch nur bei einer ersatzlosen Aufhebung des Verwaltungsakts interessengerecht, nicht hingegen in dem - wie hier - als Teilaufhebung zu behandelnden Fall einer Änderung des Verwaltungsakts. In einem derartigen Fall kommt es vom Interessenstandpunkt des Betroffenen aus nicht darauf an, ob der zu ändernde Verwaltungsakt begünstigend oder belastend ist, sondern darauf, ob die Änderung begünstigend oder belastend wirkt. Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in einer für den Betroffenen vorteilhaften Weise geändert, ist die zu seinen Gunsten wirkende Änderung daher nach den Regeln über die Rücknahme und den Widerruf belastender Verwaltungsakte zu beurteilen (vgl. BVerwG aaO).

18

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht rechts- und verfahrensfehlerfrei angenommen, dass die Bundesnetzagentur das ihr nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat.

19

aa) Eine Ermessensentscheidung ist nach den - was § 83 Abs. 5 EnWG zeigt - auch im Energiewirtschaftsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch; vgl. Senatsbeschluss vom 3. Juni 2014 - EnVR 10/13, RdE 2015, 29 Rn. 15 - Stromnetz Homberg).

20

bb) Von diesen Maßgaben ist das Beschwerdegericht ausgegangen und hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht einen Ermessensfehlgebrauch der Bundesnetzagentur bejaht. Diese hat bei der Abwägung der für und gegen eine Rücknahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange nicht alle nach Lage der Dinge maßgeblichen Umstände berücksichtigt und rechtsfehlerfrei gewichtet.

21

Die Bundesnetzagentur hat zwar in dem angefochtenen Bescheid das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung einerseits und das Bedürfnis nach Rechtssicherheit andererseits in ihre Ermessenserwägungen eingestellt und dabei auch die Interessen der Antragstellerin, der übrigen Netzbetreiber und der Netznutzer berücksichtigt. In die Abwägung hat sie aber nur unzureichend einbezogen, dass die Ursache für die Rechtswidrigkeit der Festlegung der Erlösobergrenzen allein in ihrem Verantwortungsbereich gelegen hat und für die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt erkennbar war, so dass diese - zumal im Rahmen der ohnehin nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 21. Januar 2014 - EnVR 12/12, RdE 2014, 276 Rn. 27 - Stadtwerke Konstanz GmbH) - keine Möglichkeit hatte, die Festlegung der Erlösobergrenzen im Hinblick auf den darin zugrundegelegten Effizienzwert gerichtlich überprüfen zu lassen.

22

Aufgrund dessen ist auch die Unterscheidung der Bundesnetzagentur zwischen noch nicht bestandskräftigen Festlegungen von Erlösobergrenzen, bei denen eine Korrektur erfolgt, und - wie hier - bestandskräftigen Bescheiden nicht sachgerecht. Soweit der Senat in anderem Zusammenhang die eingetretene Bestandskraft einer allgemeinen Festlegung als eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu denjenigen Netzbetreibern, die die Festlegung gerichtlich angefochten hatten, angesehen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2014 - EnVR 54/13, RdE 2015, 183 Rn. 32 - Festlegung Tagesneuwerte II), beruhte dies gerade darauf, dass die Rechtswidrigkeit der Festlegung für jeden Netzbetreiber erkennbar und damit einer - erfolgreichen - gerichtlichen Überprüfung zugänglich war.

23

c) Entgegen den Angriffen der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht auch rechts- und verfahrensfehlerfrei angenommen, dass sich das der Bundesnetzagentur von § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG eingeräumte Ermessen nach den Umständen des konkreten Einzelfalls dahin verdichtet hat, dass diese - unter Teilaufhebung des Bescheids vom 4. März 2014 - zu einer Neubescheidung der Antragstellerin unter Berücksichtigung des berichtigten Effizienzwerts verpflichtet ist.

24

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist (vgl. nur BVerwGE 121, 226, 230; 129, 367 Rn. 34; 143, 87 Rn. 51 mwN). Ob sich die Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts als schlechthin unerträglich erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann "schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. nur BVerwGE 143, 87 Rn. 51 mwN).

25

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme einer Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null hier gerechtfertigt. Die Bundesnetzagentur ist jedenfalls nach Treu und Glauben verpflichtet, die Antragstellerin - unter Teilaufhebung des Bescheids vom 4. März 2014 - unter Zugrundelegung des korrigierten Effizienzwerts neu zu bescheiden.

26

(1) Die maßgebliche Ursache für die Rechtswidrigkeit der Bestimmung der Erlösobergrenzen ist ausschließlich der Sphäre der Bundesnetzagentur zuzuordnen (zu diesem Aspekt siehe BVerwGE 143, 87 Rn. 53). Dabei ist es unerheblich, ob die fehlerhafte Berechnung des von ihr beauftragten Gutachters für die Mitglieder der zuständigen Beschlusskammer erkennbar war. Ausschlaggebend ist allein, dass der Gutachter im Auftrag der Bundesnetzagentur tätig geworden ist und sie sich dessen Arbeitsergebnisse zu Eigen gemacht hat. Entscheidend kommt hinzu, dass dieser Fehler für die Antragstellerin nicht erkennbar war und sie - wie bereits ausgeführt - außerstande war, diesen zu benennen und gerichtlich geltend zu machen.

27

Aufgrund des zweiten Gesichtspunkts verstößt die Handhabung der Bundesnetzagentur, nur noch nicht bestandskräftige Festlegungen zu berichtigen, zudem gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist, entbehrt diese Verfahrensweise der sachlichen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu denjenigen Netzbetreibern, die die sie betreffende Festlegung von Erlösobergrenzen - aus anderen Gründen - gerichtlich angefochten haben.

28

(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht nicht rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass für die Antragstellerin mit einer Neubescheidung nur ein verhältnismäßig geringfügiger Vorteil verbunden ist.

29

Soweit sich die Rechtsbeschwerde insoweit auf die Zumutbarkeitsgrenze in den Vorschriften der § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4, § 16 Abs. 2 Satz 1 ARegV beruft, kann sie damit bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil sich diese Regelungen auf rechtmäßige Bestimmungen der Erlösobergrenze oder von Effizienzvorgaben beziehen und damit für die vorliegende Fallkonstellation von vornherein außer Betracht zu bleiben haben.

30

Allerdings ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, dass auch im Rahmen einer Rücknahmeentscheidung nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG grundsätzlich die - geringe - Höhe des damit begehrten Vorteils in die Abwägung einbezogen werden und zu einer Ablehnung des entsprechenden Antrags führen kann. Indes hat hier eine Berichtigung des Effizienzwerts nicht nur eine Erhöhung der Erlösobergrenzen zur Folge, sondern führt auch dazu, dass der betroffene Netzbetreiber zur Erreichung der Effizienzvorgaben nach § 21a Abs. 5 Satz 4 EnWG keine größeren Anstrengungen unternehmen muss, als ihm dies bei einem fehlerfrei ermittelten Effizienzwert abverlangt würde. Wie hoch dieser Nachteil zu bemessen ist, ist nicht festgestellt. Insoweit bedarf es auch keiner weiteren Feststellungen.

31

Eine Berücksichtigung der Höhe des monetären Vorteils für die Antragstellerin verbietet sich hier bereits aufgrund der Besonderheiten der vorliegenden Fallkonstellation und insbesondere im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Die Rechtsbeschwerde hat nicht vorgetragen, dass sie die Aufhebung nicht bestandskräftiger Festlegungen von dem Erreichen einer bestimmten Wertgrenze abhängig macht. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Netzbetreiber ist ihr dies dann auch nicht gegenüber solchen Netzbetreibern, die - wie die Antragstellerin - die Festlegung haben bestandskräftig werden lassen, erlaubt.

32

(3) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, führt damit auch nicht jede rechtswidrige Abweichung bei der Festlegung von Erlösobergrenzen zur Aufhebung zu Gunsten des betroffenen Netzbetreibers. Dies beruht vielmehr vorliegend - was auch das Beschwerdegericht richtig gesehen hat - auf den besonderen Umständen der fehlenden Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit der Festlegung für den Betroffenen und der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle des Effizienzvergleichs.

33

(4) Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe sich nicht mit ihrem Vorbringen zu den Interessen der Netznutzer auseinandergesetzt, trifft dies nicht zu. Das Beschwerdegericht hat sich mit diesem Gesichtspunkt befasst, ihm indessen zu Recht kein solches Gewicht beigemessen, dass dadurch eine Ermessensreduzierung auf Null in Frage gestellt wird. Das Vertrauen der Netznutzer in die Bestandskraft des Bescheids vom 4. März 2014 muss im Hinblick auf dessen - für die Antragstellerin nicht erkennbare - Rechtswidrigkeit hinter deren berechtigte Interessen zurücktreten. Daran ändert auch die Veröffentlichung der Unternehmensdaten nach § 31 ARegV nichts. Dies dient lediglich der Transparenz und Information der anderen Marktteilnehmer, ist aber für die materielle Rechtslage ohne Bedeutung.

III.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 EnWG.

Limperg     

      

Grüneberg     

      

Bacher

      

Sunder     

      

Deichfuß     

      

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.

2

Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W.            KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W.            KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W.         Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G.        GmbH gehalten. Die G.        GmbH gehört über die O.      zur russischen O.     .

3

Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.

4

Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.

5

Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.

6

Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.

8

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.

10

Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.

11

Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.

12

Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.

13

Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.

14

Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.

15

Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.

16

Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.

17

Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.

18

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

19

a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.

20

aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.

21

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).

22

(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).

23

Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).

24

(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.

25

(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).

26

(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.

27

(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

28

Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.

29

(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.

30

Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).

31

Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.

32

(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.

33

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.

34

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.

35

bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.

36

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

37

Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.

38

Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.

39

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).

40

cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

41

Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).

42

b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.

43

aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.

44

Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.

45

bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.

46

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).

47

Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.

48

Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.

49

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).

50

cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.

51

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.

52

Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.

53

Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).

54

§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).

55

Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.

56

ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.

57

Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.

58

Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.

59

Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.

60

ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.

61

gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

62

c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:

63

aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.

64

Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

65

Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

66

bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.

67

Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.

68

cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.

69

Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.

70

dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

71

Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.

72

Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).

73

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).

74

ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.

75

Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W.         verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.

76

ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

77

Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.

78

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.

79

gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.

80

Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.

81

hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.

82

Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.

83

Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.

84

ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.

85

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.

86

Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.

87

Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).

88

jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.

89

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.

90

d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.

91

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.

92

a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).

93

b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.

94

aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.

95

Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.

96

bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.

III.

97

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Meier-Beck                  Strohn                     Grüneberg

                 Bacher                   Deichfuß

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

(1) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden.

(2) Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden.

(2) Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.

(1) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat der Regulierungsbehörde die Namen der Personen, die vom Aufsichtsrat als oberste Unternehmensleitung des Transportnetzbetreibers ernannt oder bestätigt werden, sowie die Regelungen hinsichtlich der Funktion, für die diese Personen vorgesehen sind, die Laufzeit der Verträge mit diesen Personen, die jeweiligen Vertragsbedingungen sowie eine eventuelle Beendigung der Verträge mit diesen Personen unverzüglich mitzuteilen. Im Falle einer Vertragsbeendigung hat der Unabhängige Transportnetzbetreiber der Regulierungsbehörde die Gründe, aus denen die Vertragsbeendigung vorgesehen ist, vor der Entscheidung mitzuteilen. Entscheidungen und Regelungen nach Satz 1 werden erst verbindlich, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keine Einwände gegen die Entscheidung erhebt. Die Regulierungsbehörde kann ihre Einwände gegen die Entscheidung nur darauf stützen, dass Zweifel bestehen an:

1.
der beruflichen Unabhängigkeit einer ernannten Person der obersten Unternehmensleitung oder
2.
der Berechtigung einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

(2) Die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darf in den letzten drei Jahren vor einer Ernennung nicht bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen angestellt gewesen sein oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu einem dieser Unternehmen unterhalten haben. Die verbleibenden Angehörigen der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dürfen in den letzten sechs Monaten vor einer Ernennung keine Aufgaben der Unternehmensleitung und keine mit der Aufgabe beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vergleichbaren Aufgaben bei einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens oder einem Mehrheitsanteilseigner dieser Unternehmen wahrgenommen haben.

(3) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat sicherzustellen, dass seine Unternehmensleitung und seine Beschäftigten weder bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens oder bei deren Mehrheitsanteilseignern angestellt sind noch Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten. Satz 1 umfasst nicht die zu marktüblichen Bedingungen erfolgende Belieferung von Energie für den privaten Verbrauch oder die zu marktüblichen Bedingungen für den privaten Verbrauch erfolgende Belieferung im Rahmen sonstiger Kauf- oder Dienstleistungsverträge.

(4) Der Unabhängige Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass Personen der Unternehmensleitung und die übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers weder direkt noch indirekt Beteiligungen an Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens halten noch finanzielle Zuwendungen von diesen erhalten, es sei denn, es handelt sich um Beteiligungen am Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder Zuwendungen vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber hat zu gewährleisten, dass die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung und der übrigen Beschäftigten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht vom wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere vom Betriebsergebnis, des vertikal integrierten Unternehmens, mit Ausnahme des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, abhängig ist.

(5) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber dürfen Personen der Unternehmensleitung für vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen des vertikal integrierten Unternehmens als dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber oder bei deren Mehrheitsanteilseignern keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen oder Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu ihnen unterhalten.

(6) Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 5 gelten für Personen, die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt und für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind, entsprechend.

Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 8 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.