Bundesgerichtshof Beschluss, 25. März 2015 - XII ZB 621/14

bei uns veröffentlicht am25.03.2015
vorgehend
Amtsgericht Mitte, 52 XVII 242/11, 26.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X I I Z B 6 2 1 / 1 4
vom
25. März 2015
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Dem Betreuer steht gegen seine Entlassung bei fortbestehender Betreuung
eine Beschwerdeberechtigung gemäß § 59 Abs. 1 FamFG zu.

b) Die im Verfahren der Verlängerung der Betreuung ohne erkennbaren Grund
vorgenommene Aufspaltung der zu treffenden Einheitsentscheidung in einen
Beschluss über den Betreuerwechsel und einen Beschluss über die Verlängerung
der Betreuung führt nicht dazu, dass es dem entlassenen Betreuer an
der Beschwerdeberechtigung fehlt oder dass die Rechtsbeschwerde nur mit
Zulassung statthaft ist.

c) Für die Bestellung einer anderen als der vom Betroffenen vorgeschlagenen
Person als Betreuer wegen Eignungsmängeln des Vorgeschlagenen müssen
Erkenntnisse vorliegen, die geeignet sind, einen das Wohl des Betroffenen
gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den
von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen.
BGH, Beschluss vom 25. März 2015 - XII ZB 621/14 - LG Berlin
AG Berlin-Mitte
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter,
Dr. Botur und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden der Betroffenen und des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der Zivilkammer 87 des Landgerichts Berlin vom 22. Oktober 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Wert: 5.000 €

Gründe:

A.

1
Die 91-jährige Betroffene leidet unter einer mittelschweren Demenz. Ende 2011 bat die Leitung des Pflegeheimes, in dem die Betroffene wohnt, das Amtsgericht um Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme in Form eines Rollstuhlgurtes. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen bestellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 21. Februar 2012 den Sohn der Betroffenen (Beteiligten zu 1), dem die Be- troffene im November 2008 eine Vorsorgevollmacht erteilt und den sie in diesem Schriftstück auch als zu bestellenden Betreuer bezeichnet hatte, zum Betreuer mit dem Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung". Als Überprüfungsfrist für die Betreuung war der 20. Februar 2013 genannt. Ebenfalls mit Beschluss vom 21. Februar 2012 genehmigte das Amtsgericht die Einwilligung des Betreuers in das Anlegen eines Bauchgurtes im Rollstuhl bis zum 20. Februar 2013.
2
Ende Juli 2012 beschwerte sich das Pflegeheim gegenüber dem Amtsgericht darüber, dass der Beteiligte zu 1 sich in finanzieller und gesundheitlicher Hinsicht nur unzureichend um die Belange der Betroffenen kümmere. In einem Anhörungstermin im Oktober 2012 erklärte der Beteiligte zu 1 die Versäumnisse mit seiner beruflichen Belastung, jetzt aber sei alles erledigt. In der Folgezeit erfolgten keine Beanstandungen durch das Pflegeheim mehr.
3
Mit Schreiben vom 25. Februar 2013 hat das Amtsgericht beim Beteiligten zu 1 und beim Pflegeheim angefragt, ob es einer Verlängerung von Betreuung und Fixierungsgenehmigung bedürfe. Nachdem das Pflegeheim dies Anfang März 2013 bejaht hatte, hat das Amtsgericht ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und die Betroffene im Beisein des Beteiligten zu 1 am 26. Juni 2013 angehört. Im Anschluss an diese Anhörung hat das Amtsgericht zwei Beschlüsse erlassen: Zum einen hat es den Beteiligten zu 1 als Betreuer entlassen und an seiner Stelle den Beteiligten zu 2, einen Berufsbetreuer , zum neuen Betreuer bestellt. Zum anderen hat es die nunmehr vom Beteiligten zu 2 geführte Betreuung verlängert und als Überprüfungszeitpunkt den 25. Juni 2020 bestimmt. Schließlich hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 11. Juli 2013 auf Antrag des neuen Betreuers dessen Einwilligung in die Anbringung eines Stecktisches am Rollstuhl der Betroffenen für zwei Jahre genehmigt.
4
Der Beteiligte zu 1 hat gegen den vorgenommenen Betreuerwechsel sowie im Namen der Betroffenen gegen die Verlängerungsentscheidung (beschränkt auf die Betreuerauswahl) Beschwerden eingelegt, die das Beschwerdegericht verworfen bzw. zurückgewiesen hat. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 im eigenen Namen und namens der Betroffenen mit der Rechtsbeschwerde.

B.

5
Die Rechtsbeschwerden sind zulässig und begründet.
6
I. Sowohl die vom Beteiligten zu 1 im eigenen Namen als auch die von ihm namens der Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde ist zulässig.
7
1. Beide Rechtsbeschwerden sind gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG zulassungsfrei statthaft.
8
Die in dieser Vorschrift genannten Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers im Sinne der §§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 271 Nr. 1 FamFG sind Verfahren nach § 1896 BGB. Dabei kann es sich sowohl um ein Erstverfahren als auch um ein Verlängerungsverfahren handeln, für das § 295 Abs. 1 FamFG eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme anordnet (vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 295 Rn. 1). Demgegenüber ist die Rechtsbeschwerde in einem Verfahren, in dem eine isolierte Entscheidung über einen Betreuerwechsel nach Maßgabe des § 1908 b BGB erfolgt, nur bei Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2011 - XII ZB 364/10 - FamRZ 2011, 632 Rn. 8 f. und vom 29. Juni 2011 - XII ZB 65/11 - FamRZ 2011, 1393 Rn. 7 f.).
9
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht am Ende des erstinstanzlichen Verlängerungsverfahrens zwar den Betreuerwechsel mit einem von der Verlängerungsentscheidung getrennten Beschluss vorgenommen. Unabhängig davon, dass Gegenstand der Beschwerdeentscheidung ohnehin auch die Betreuerauswahl im Rahmen der Verlängerung war, führt die durch das Amtsgericht ohne erkennbaren Grund vorgenommene Aufspaltung in zwei Beschlüsse mit gleichem Datum nicht dazu, dass derjenige über den Betreuerwechsel außerhalb des Verlängerungsverfahrens ergangen wäre.
10
Dass die Rechtsbeschwerden sich nicht gegen die Verlängerung, sondern gegen den Betreuerwechsel bzw. die Entscheidung über die Auswahl der Betreuerperson richten, ist unschädlich, weil es sich um eine zulässige Teilanfechtung der die Verlängerung der Betreuung und Bestellung eines Betreuers umfassenden Einheitsentscheidung handelt (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 10; vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 205/14 - FamRZ 2014, 1916 Rn. 3).
11
2. Der Beteiligte zu 1 hat hier als Vorsorgebevollmächtigter wirksam gemäß § 303 Abs. 4 Satz 1 FamFG Rechtsbeschwerde im Namen der Betroffenen eingelegt. Zwar muss nach dieser Vorschrift durch die Entscheidung, gegen die der Vorsorgebevollmächtigte sich namens des Betroffenen wenden will, sein Aufgabenkreis betroffen sein. Dies ist hier jedoch der Fall, auch wenn die Betroffene den Beteiligten zu 1 nicht zur Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen bevollmächtigt hat. Denn der von der angeordneten Betreuung erfasste Aufgabenkreis beschränkt sich nicht hierauf, sondern umfasst die Aufenthaltsbestimmung insgesamt. Die Betroffene hat ihren Sohn aber ausdrücklich bevollmächtigt, über ihren Aufenthalt zu bestimmen.
12
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1 für das Verfahren der Rechtsbeschwerde folgt bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 - FamRZ 2015, 249 Rn. 4 mwN).
13
II. Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
14
1. Dieses hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
15
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen seine Entlassung aus dem Betreueramt und die Bestellung des Berufsbetreuers sei schon unzulässig. Zwar könne ein Betreuer grundsätzlich gegen seine Entlassung mit der Beschwerde vorgehen. Das Verfahren habe sich jedoch durch den weiteren Beschluss vom selben Tag über die Verlängerung der nun vom Beteiligten zu 2 geführten Betreuung erledigt. Denn die bisherige Betreuerbestellung sei insgesamt abgelöst worden. Ziel einer Beschwerde gegen den die Entlassung aussprechenden Beschluss habe nur sein können, den Beteiligten zu 1 wieder zum Betreuer gemäß dem Beschluss vom 21. Februar 2012 zu bestellen, der aber nicht mehr Grundlage der jetzt bestehenden Betreuung sei. Ein Antrag nach § 62 FamFG sei nicht gestellt; zudem fehlte es einem solchen am Rechtsschutzbedürfnis. Selbst wenn man aber die Beschwerde des Beteiligten zu 1 für zulässig halte, sei sie aus den Gründen, derentwegen die Beschwerde der Betroffenen zurückzuweisen sei, unbegründet.
16
Die für die Betroffene durch den Beteiligten zu 1 als Sohn und Vorsorgebevollmächtigten eingelegte Beschwerde sei zulässig, aber unbegründet. Für die Verlängerung der Betreuung gölten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung der Maßnahme entsprechend, so dass § 1897 BGB der Maßstab für die Betreuerauswahl sei. Die Vorsorgevollmacht stelle unabhängig davon, dass sie keine Bevollmächtigung für den hier fraglichen Bereich der Freiheitsentziehung im Rahmen der Aufenthaltsbestimmung enthalte, einen Betreuervorschlag dar. Ein solcher könne nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die konkrete Gefahr bestehe, dass der Vorgeschlagene die Betreuung nicht zum Wohl des Betroffenen führe. Das sei hier der Fall. Bereits Ende 2012 hätten sich Zweifel an der Eignung des Beteiligten zu 1 ergeben. Er habe es zu erheblichen Zahlungsrückständen insbesondere gegenüber Ärzten kommen lassen, eine zahnärztliche Behandlung der Betroffenen sei unterblieben und er habe nicht auf entsprechende Anfragen von Pflegeheim und Gericht geantwortet. Das Amtsgericht habe lediglich von einem Betreuerwechsel abgesehen, nachdem es nach dem Anhörungstermin nicht mehr zu weiteren Beanstandungen durch das Pflegeheim gekommen sei. Indem der Beteiligte zu 1 diese Vorgänge als unberechtigte Disziplinierung ansehe, lasse er keinerlei Einsicht erkennen.
17
Auch wenn zugunsten des Beteiligten zu 1 davon ausgegangen würde, dass er auf die Verlängerungsanfrage des Amtsgerichts geantwortet habe, habe er massiv gegen seine Pflichten als Betreuer verstoßen, indem er die Betroffene in Absprache mit dem Pflegeheim auch nach dem Ende der gerichtlich genehmigten Zeit durch einen Bauchgurt habe fixieren lassen. Sein Erklärungsversuch , er habe an einen Automatismus geglaubt, sei als bloße Schutzbehauptung zu werten. Ein ernsthaftes Problembewusstsein für sein gravierendes Fehlverhalten habe der Beteiligte zu 1 erneut nicht an den Tag gelegt. Dies sei umso bemerkenswerter, als er sich als sehr kritikfähig bezüglich des Verhaltens anderer Akteure gezeigt und hervorgehoben habe, dass er "kein funktionierendes Rädchen in der großen Unterbringungsmaschinerie" sein werde. Die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens diene gerade dem Schutz der Betroffenen , und durch die genehmigungslose Anordnung der weiteren Fixierung unter Umgehung der Verfahrensrechte der Betroffenen habe er die Freiheits- rechte verletzt, die er zu schützen vorgebe. Insgesamt sei das Gericht davon überzeugt, dass bei einer Bestellung des Beteiligten zu 1 die konkrete Gefahr bestehe, dass er die Betreuung nicht zum Wohl der Betroffenen führen könne oder wolle. Diese Überzeugung folge aus den festgestellten Versäumnissen als Bevollmächtigter und Betreuer, von denen sich der Beteiligte zu 1 nicht überzeugend distanziert habe. Mit einer nachhaltigen Änderung seines Verhaltens und einer hinreichenden Kooperation mit dem Betreuungsgericht sei nicht zu rechnen.
18
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
19
a) Das Beschwerdegericht hat die gegen den Betreuerwechsel gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 zu Unrecht als unzulässig verworfen.
20
aa) Zutreffend hat es allerdings erkannt, dass dem Betreuer gegen seine Entlassung bei fortbestehender Betreuung eine Beschwerdeberechtigung gemäß § 59 Abs. 1 FamFG zusteht, weil er hierdurch in seinen Rechten beeinträchtigt ist (allgM, vgl. nur Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 303 Rn. 6; Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 59 Rn. 76 mit zahlreichen Nachweisen aus der obergerichtlichen Rspr. zu § 20 Abs. 1 FGG; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1. Juni 2010] § 303 Rn. 22; MünchKommFamFG/Schmidt-Recla 2. Aufl. § 303 Rn. 16; Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 303 Rn. 42).
21
bb) Demgegenüber ist die Auffassung des Beschwerdegerichts, der Betreuerwechsel habe sich durch die nachfolgende Verlängerungsentscheidung erledigt, rechtsfehlerhaft.
22
Zwar handelt es sich bei einer Verlängerungsentscheidung um die erneute Anordnung einer Betreuung einschließlich der Entscheidung über die Person des Betreuers, auch wenn der bisherige Betreuer bestellt wird. Die bisherige Betreuung und damit die Bestellung des bisherigen Betreuers enden mit der Wirksamkeit der Verlängerungsentscheidung und werden durch die in dieser getroffenen Anordnungen abgelöst (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 17).
23
Der vom Beschwerdegericht hieraus gezogene Schluss, damit sei die in dem Beschluss über den Betreuerwechsel getroffene Auswahlentscheidung erledigt und daher für den entlassenen Betreuer im Beschwerdeverfahren allenfalls eine Entscheidung nach § 62 FamFG möglich, ist aber nicht berechtigt. Das Amtsgericht befand sich im Verlängerungsverfahren, an dessen Ende eine Einheitsentscheidung über den Betreuungsumfang, die Person des Betreuers und die Überprüfungsfrist oder aber die Entscheidung steht, dass es keiner Betreuung mehr bedarf. Enthält diese Entscheidung bei fortbestehender Betreuung eine Entlassung des bisherigen Betreuers, so steht diesem hiergegen die Beschwerde aus eigenem Recht offen. Dieses Beschwerderecht kann nicht dadurch vereitelt werden, dass das Gericht die einheitlich am Ende des Verlängerungsverfahrens zu treffende Entscheidung auf zwei Beschlüsse verteilt und allein durch seine Verfahrensgestaltung ein die Betreuerentlassung erledigendes Ereignis schafft. Der Anspruch des Beteiligten zu 1 auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) gebietet es daher, die so aufgespaltene Entscheidung beschwerderechtlich als einheitliche Verlängerungsentscheidung anzusehen. Eine Ausnahmekonstellation , in der das Betreuungsgericht gegebenenfalls bereits vor Abschluss des Verlängerungsverfahrens über einen Betreuerwechsel befinden muss, lag hier ersichtlich nicht vor.
24
b) Auch die Erwägungen des Beschwerdegerichts zur Begründetheit der Beschwerden und damit zu der vom Amtsgericht getroffenen Auswahlentscheidung sind rechtsfehlerhaft.
25
aa) Keinen rechtlichen Beanstandungen unterliegt allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, wonach Maßstab der Betreuerauswahl nicht nur bei der Erstentscheidung, sondern auch bei einer Verlängerung der Betreuung § 1897 BGB darstellt. Dies folgt aus dem Rechtscharakter der Verlängerungsentscheidung als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG, nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten. Die Vorschrift des § 1908 b Abs. 1 BGB, die die Voraussetzungen regelt, unter denen ein Betreuer entlassen werden kann, ist in diesen Fällen nicht einschlägig, sondern nur anwendbar, wenn bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 17 mwN und vom 17. September 2014 - XII ZB 220/14 - FamRZ 2014, 1998 Rn. 20).
26
bb) Ebenfalls zutreffend hat das Beschwerdegericht erkannt, dass die Betroffene im Zusammenhang mit der Erteilung der Vorsorgevollmacht auch eine Betreuungsverfügung des Inhalts abgegeben hat, dass ihr Sohn, der Beteiligte zu 1, als Betreuer bestellt werden soll, falls trotz Vollmachterteilung eine Betreuung erforderlich werden sollte. Die Betreuungsverfügung ist bereits ihrem Wortlaut nach nicht auf bestimmte Aufgabenkreise oder (nur) den von der Vollmacht umfassten Aufgabenkreis beschränkt. Darüber hinaus bezieht sich die Vorsorgevollmacht auch auf die Aufenthaltsbestimmung, so dass die Betreuungsverfügung selbst bei Annahme einer derartigen Beschränkung für den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis maßgeblich wäre.
27
Dieser Jahre vor Einleitung des Betreuungsverfahrens erfolgte Betreuervorschlag der Betroffenen ist gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 3 BGB zu berücksich- tigen, weil - wie das Beschwerdegericht festgestellt hat - nicht erkennbar ist, dass sie nicht mehr daran festhalten will.
28
cc) Wie das Beschwerdegericht weiter richtig gesehen hat, gelangt daher § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB zur Anwendung. Diese Vorschrift räumt dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 20, vom 14. August 2013 - XII ZB 206/13 - NJW-RR 2013, 1473 Rn. 8 und vom 17. September 2014 - XII ZB 220/14 - FamRZ 2014, 1998 Rn. 21).
29
Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der - näheren oder auch weiter zurückliegenden - Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen.
30
dd) Gemessen hieran kann die Entscheidung des Beschwerdegerichts, den Beteiligten zu 1 entgegen dem von der Betroffenen geäußerten Vorschlag nicht (mehr) zum Betreuer zu bestellen, keinen Bestand haben.
31
(1) Die Erwägungen des Beschwerdegerichts im Zusammenhang mit den Vorgängen in der zweiten Jahreshälfte 2012 sind nicht geeignet, die konkrete Gefahr zu begründen, dass der Beteiligte zu 1 die Betreuung nicht zum Wohl der Betroffenen führen kann oder will.
32
Die dahin gehende Annahme des Beschwerdegerichts trifft für die vom Pflegeheim im Juli 2012 monierten Umstände schon deshalb auf Bedenken, weil sie sich jeweils auf Aufgaben (finanzielle Angelegenheiten, Gesundheitsfürsorge ) beziehen, die nicht von der Betreuung erfasst sind. Vor allem ist es aber nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nach einem entsprechenden Gespräch im Oktober 2012 insoweit zu keinerlei Beanstandungen mehr gekommen. Mithin fehlt es insoweit an einer ausreichenden Grundlage für eine negative Eignungsprognose.
33
(2) Die Ausführungen des Beschwerdegerichts im Zusammenhang mit der genehmigungslosen Fixierung der Betroffenen über den 20. März 2013 hinaus lassen zum Nachteil des Beteiligten zu 1 wesentliche Umstände außer Betracht und können die entgegen dem Betreuervorschlag der Betroffenen vorgenommene Betreuerauswahl nicht begründen.
34
Zwar stellt es zweifelsfrei eine Pflichtverletzung des Betreuers dar, wenn er verabsäumt, für eine freiheitsentziehende Maßnahme i.S.d. § 1906 Abs. 4 BGB die gerichtliche Genehmigung einzuholen. Berücksichtigung muss aber vorliegend zum einen finden, dass das Amtsgericht seinerseits erst nach Ablauf der Genehmigung wegen einer "Verlängerung" von Betreuung und Fixierungsgenehmigung nachgefragt hatte. Zum anderen ist das Amtsgericht auch nach der jedenfalls durch das Pflegeheim - und vom Beschwerdegericht unterstellt auch durch den Beteiligten zu 1 - Anfang März 2013 erfolgten Mitteilung eines weiteren Genehmigungserfordernisses nicht nach § 331 FamFG tätig gewor- den, sondern hat über eine weitere Fixierung erst rund vier Monate nach Mitteilung des Fixierungsbedarfs befunden. Zudem wurde die genehmigungslose Fixierung - die nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts jedenfalls seit Mai 2013 nicht mehr mittels Bauchgurt, sondern durch einen Stecktisch erfolgte - nicht durch den Beteiligten zu 1, sondern durch das Pflegeheim vorgenommen. Dass es sich hierbei, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht, um eine zum Schutz der Betroffenen zwingend erforderliche Maßnahme handelte, ergibt sich aus der im Juli 2013 erfolgten betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die gesetzliche Höchstdauer von zwei Jahren. Bei dieser Sachlage - die Fixierungsgenehmigung war beantragt, eine Fixierung der Betroffenen nötig - ist nicht ersichtlich, dass es dem Wohl der Betroffenen eher entsprochen hätte, wenn der Beteiligte zu 1 bis zur gerichtlichen Entscheidung eine Fixierung aktiv unterbunden hätte. Auch die Beschwerdeentscheidung äußert sich nicht zu der nach Meinung des Beschwerdegerichts richtigen Vorgehensweise.
35
(3) Soweit das Beschwerdegericht sich darauf stützt, dass mit einer hinreichenden Kooperation des Beteiligten zu 1 nicht zu rechnen sei, fehlt es bislang an Feststellungen, die diese Einschätzung tragen können. Die überaus kritischen Äußerungen des Beteiligten zu 1 zu einem "Netzwerk" von Pflegeheim , Ärzten, Berufsbetreuern und Betreuungsgericht sprechen zwar dafür, dass sich die Zusammenarbeit mit ihm möglicherweise schwierig gestaltet. Dies steht für sich genommen einer Bestellung als Betreuer aber nicht entgegen. Dass der Beteiligte zu 1 im Rahmen des Betreuungsverfahrens notwendige Mitwirkungshandlungen unterlassen hat, ist nicht festgestellt. Die im Jahre 2012 unterbliebene Reaktion auf die gerichtliche Anfrage die Beanstandungen des Pflegeheims betreffend stand in keinem erkennbaren inhaltlichen Zusammenhang mit den im Rahmen der Betreuung zu erledigenden Aufgaben. Zudem hatte der Beteiligte zu 1 das Unterbleiben einer schriftlichen Stellungnahme erklärt.
36
(4) Darüber hinaus setzt sich das Beschwerdegericht nicht damit auseinander , dass der Aufgabenkreis der Betreuung sich nicht auf die Genehmigung unterbringungsähnlicher Maßnahmen im Rahmen der Pflegeheimunterbringung beschränkt, sondern - trotz der Vorsorgevollmacht, die die Bereiche "Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten" abdeckt - die gesamte Aufenthaltsbestimmung umfasst. Inwiefern ein das Wohl der Betroffenen gefährdender Eignungsmangel des Beteiligten zu 1 etwa hinsichtlich Entscheidungen über den gewöhnlichen Aufenthaltsort vorliegen soll, ist nicht ersichtlich.
37
3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben, und die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Dieses wird gegebenenfalls ergänzende Feststellungen zu treffen und die im Rahmen des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB erforderliche Gesamtabwägung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats durchzuführen haben. Dose Klinkhammer Günter Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 26.06.2013 - 52 XVII 242/11 -
LG Berlin, Entscheidung vom 22.10.2014 - 87 T 186 und 286/13 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2018 - XII ZB 282/17

bei uns veröffentlicht am 25.04.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 282/17 vom 25. April 2018 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 303, 335 Abs. 1 Kann der im erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligte Angehörige gemäß § 303 A

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(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.

(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über

1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
zu.

(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie
2.
einer Person seines Vertrauens
zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind.

(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.

(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2 folgt für das Verfahren der Rechtsbeschwerde bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. April 2012 - XII ZB 624/11 - FamRZ 2012, 1131 Rn. 3 und vom 25. August 1999 - XII ZB 109/98 - FamRZ 2000, 219 mwN; BGHZ 162, 137, 138 f. = NJW 2005, 1430).

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.

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(1) Nach § 1908 b Abs. 3 BGB steht es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob ein Betreuer während eines laufenden Betreuungsverfahrens entlassen wird, weil der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt. § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB räumt dagegen dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betreute wünscht (BayObLG FamRZ 2001, 1100 (Ls.); MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl. § 1897 Rn. 21). Der Wille des Betreuten kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft (BayObLG aaO; OLG Hamm FamRZ 2001, 254, 255). Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will (BayObLG aaO; OLG Hamm aaO; MünchKommBGB/Schwab aaO § 1897 Rn. 21), etwa weil die vorgeschlagene Person die Übernahme der Betreuung ablehnt (MünchKommBGB/Schwab aaO § 1897 Rn. 28) oder durch die Übernahme des Amtes in die konkrete Gefahr eines schwerwiegenden Interessenkonflikts gerät (OLG Brandenburg FamRZ 2001, 936; BayObLG FamRZ 2002, 1589; OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 832; MünchKommBGB/Schwab aaO § 1897 Rn. 26).
8
Zudem hat das Betreuungsgericht nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB einem Vorschlag des Betroffenen, eine Person zum Betreuer zu bestellen, zu entsprechen , sofern die Bestellung des vorgeschlagenen Betreuers dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft. Ein solcher Vorschlag erfordert in der Regel weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit (Senatsbeschlüsse vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 14 und vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ 2011, 880 Rn. 21). Nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB steht dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen zu. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betreute wünscht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 15. September 2010 XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 20 mwN). Der Wille des Betreuten kann aber dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 20 mwN).
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Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, welche Norm dem Betreuerwechsel zugrunde gelegt wird. Nach § 1908 b Abs. 3 BGB steht es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob ein Betreuer während eines laufenden Betreuungsverfahrens entlassen wird, weil der Betreute eine gleich geeignete Person , die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt. § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB räumt dagegen dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betreute wünscht. Der Wille des Betreuten kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will, etwa weil die vorgeschlagene Person die Übernahme der Betreuung ablehnt oder durch die Übernahme des Amtes in die konkrete Gefahr eines schwerwiegenden Interessenkonflikts gerät (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 20).

Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme anordnen oder genehmigen, wenn

1.
dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht,
2.
ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen und über die Notwendigkeit der Maßnahme vorliegt; der Arzt, der das ärztliche Zeugnis ausstellt, soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie haben; dies gilt nicht für freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 312 Nummer 2 und 4,
3.
im Fall des § 317 ein Verfahrenspfleger bestellt und angehört worden ist und
4.
der Betroffene persönlich angehört worden ist.
Eine Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe ist abweichend von § 319 Abs. 4 zulässig.