Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - XII ZB 576/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:290317BXIIZB576.16.0
bei uns veröffentlicht am29.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 576/16
vom
29. März 2017
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Verlängerung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels durch den Vorsitzenden
des Rechtsmittelgerichts ist nicht wirksam, wenn im Zeitpunkt des
Eingangs des Verlängerungsantrags die Frist zur Rechtsmittelbegründung bereits
abgelaufen war (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. November 2005
- XII ZB 140/05 - FamRZ 2006, 190 und vom 24. Januar 1996 - XII ZB 184/95 -
FamRZ 1996, 543; BGHZ 116, 377 = NJW 1992, 842 und BGH Beschluss vom
12. Februar 2009 - VII ZB 76/07 - NJW 2009, 1149).
BGH, Beschluss vom 29. März 2017 - XII ZB 576/16 - OLG Bamberg
AG Bad Kissingen
ECLI:DE:BGH:2017:290317BXIIZB576.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. August 2016 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen. Wert: bis 95.000 €

Gründe:

I.

1
Die Ehe der Beteiligten wurde im Dezember 2003 rechtskräftig geschieden. Eine Hausratsteilung fand weder bei Trennung noch bei Scheidung statt. Im Jahre 2013 hat der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Herausgabe verschiedener Gegenstände des früheren gemeinsamen Hausstands begehrt, deren Gesamtwert er mit 84.265 € beziffert hat. Für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe hat er Auskunft über den Verbleib der Gegenstände und Schadensersatz verlangt.
2
Das Amtsgericht hat die Anträge abgewiesen. Gegen diesen ihm am 6. Mai 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller fristgerecht Beschwerde eingelegt. Mit beim Oberlandesgericht am 6. Juli 2016 (einem Mittwoch) eingegangenem Schreiben hat die Rechtsfachwirtin G. für den Antragsteller gebeten , die Begründungsfrist für die Beschwerde bis zum 27. Juli 2016 zu verlän- gern. Der Senatsvorsitzende des Oberlandesgerichts hat dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unter dem 7. Juli 2016 mitgeteilt, das Fristverlängerungsgesuch sei unwirksam, weil es nicht von einem Rechtsanwalt eingereicht worden sei und auch insoweit Anwaltszwang bestehe.
3
Am 8. Juli 2016 ist beim Oberlandesgericht ein vom Antragstellervertreter unterzeichneter Antrag auf Fristverlängerung eingegangen. Mit Verfügung vom 11. Juli 2016 hat der stellvertretende Senatsvorsitzende die "Fristverlängerung antragsgemäß bis 27.07.2016 genehmigt". Auf einen weiteren Fristverlängerungsantrag des Antragstellervertreters vom 25. Juli 2016, die Begründungsfrist nochmals bis 10. August 2016 zu verlängern, hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass die Beschwerdebegründungsfrist nicht eingehalten worden sei. Mit Beschluss vom 23. August 2016 hat es die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und der Antragsteller vermag auch nicht aufzuzeigen, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.
5
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
6
Die Frist zur Begründung der Beschwerde habe am 6. Juli 2016 geendet, weil das an diesem Tag eingegangene Gesuch auf Fristverlängerung nicht von einem Rechtsanwalt unterschrieben gewesen und das von einem Rechtsanwalt unterschriebene Gesuch erst am 8. Juli 2016 und damit nach Fristablauf beim Oberlandesgericht eingegangen sei. Dass die Fristverlängerung mit Verfügung vom 11. Juli 2016 gleichwohl gewährt worden sei, bleibe rechtlich ohne Bedeutung , weil eine abgelaufene Frist grundsätzlich nicht verlängert werden könne. Die gewährte Fristverlängerung sei deswegen unwirksam. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung sei trotz der gerichtlichen Hinweise nicht gestellt worden.
7
2. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts halten sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Frist zur Begründung der Beschwerde am 6. Juli 2016 endete und durch die Verfügung vom 11. Juli 2016 nicht wirksam verlängert wurde, weil der maßgebliche Verlängerungsantrag erst nach Fristablauf eingegangen ist.
8
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, in erster Linie auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit verfahrensfehlerhafter gerichtlicher Entscheidungen sowie insbesondere auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abzustellen. Danach darf der Verfahrensbeteiligte, dem eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, grundsätzlich darauf vertrauen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist. Grenzen ergeben sich allerdings aus dem Gebot der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit (vgl. BGH Beschluss vom 19. Juli 2016 - II ZB 3/16 - NJWRR 2016, 1529 Rn. 14 mwN). Verlängert der Vorsitzende die Rechtsmittelbegründungsfrist aufgrund eines vor deren Ablauf gestellten Antrags, ist seine Verfügung auch dann wirksam, wenn der Verlängerungsantrag verfahrensrecht- lich nicht wirksam gestellt worden ist (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 18. November 2003 - VIII ZB 37/03 - NJW 2004, 1460 f. mwN und vom 8. Oktober 1998 - VII ZB 21/98 - NJW-RR 1999, 286, 287; BFH DB 2015, 2553 Rn. 17 mwN). Demgegenüber ist die Verlängerung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels durch den Vorsitzenden des Rechtsmittelgerichts nicht wirksam, wenn im Zeitpunkt des Eingangs des Verlängerungsantrags die Frist zur Rechtsmittelbegründung bereits abgelaufen war (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. November 2005 - XII ZB 140/05 - FamRZ 2006, 190, 191 und vom 24. Januar 1996 - XII ZB 184/95 - FamRZ 1996, 543, 544; BGHZ 116, 377 = NJW 1992, 842 und BGH Beschluss vom 12. Februar 2009 - VII ZB 76/07 - NJW 2009, 1149 Rn. 13; Keidel/Weber FamFG 19. Aufl. § 117 Rn. 36).
9
b) Nach diesen Grundsätzen war die dem Antragsteller gewährte Fristverlängerung nicht wirksam, weil sie erst auf den nach Fristablauf eingegangenen , entsprechend § 114 Abs. 1 FamFG vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unterzeichneten Antrag hin erfolgt ist. Auf den am 6. Juli 2016, dem letzten Tag der Frist, beim Oberlandesgericht eingegangenen, von der nicht postulationsfähigen Rechtsfachwirtin unterschriebenen Verlängerungsantrag ist die Beschwerdebegründungsfrist hingegen nicht verlängert worden. Vielmehr hat das Oberlandesgericht den Antragsteller ausdrücklich auf die Unwirksamkeit dieses Gesuchs hingewiesen und die Fristverlängerung erst auf den - verspäteten - Antrag des Rechtsanwalts gewährt.
10
Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, wann der Antragstellervertreter Kenntnis von dem Hinweis erhalten hat. Denn die verstrichene Beschwerdebegründungsfrist war unabhängig von Vertrauensgesichtspunkten keiner Verlängerung zugänglich. Bedeutung könnten solche allenfalls im Rahmen einer Wiedereinsetzung erlangen, die der Antragsteller aber nicht beantragt hat und deren amtswegige Gewährung schon mangels Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung nicht in Betracht kam (§§ 112 Nr. 3, 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG, § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO). Aus dem Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 28. Juli 2016 an das Oberlandesgericht ergibt sich zudem, dass ihm die Verfügung des Gerichts vom 7. Juli 2016 bei der eigenhändigen Unterzeichnung des Verlängerungsantrags vom 8. Juli 2016 bekannt war.
11
3. Im Übrigen gibt die erfolgte Beschwerdeverwerfung auch unabhängig davon, ob die hierfür gegebene Begründung des Oberlandesgerichts zutrifft, keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Die Rechtsbeschwerde macht zwar geltend, durch die Verfügung vom 11. Juli 2016 sei die Begründungsfrist wirksam verlängert worden und das Oberlandesgericht hätte auch dem weiteren Fristverlängerungsantrag bis zum 10. August 2016 stattgeben müssen. Selbst wenn dies aber zutreffend wäre, hat der Antragsteller weder binnen dieser erbetenen Frist noch bis zur knapp zwei Wochen später ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts seine Beschwerde begründet, so dass sein Rechtsmit- tel jedenfalls mangels Beschwerdebegründung gemäß § 117 Abs. 1 FamFG iVm § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen war. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Bad Kissingen, Entscheidung vom 03.05.2016 - 1 F 618/15 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 23.08.2016 - 7 UF 136/16 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 117 Rechtsmittel in Ehe- und Familienstreitsachen


(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Besc

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 112 Familienstreitsachen


Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen: 1. Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9,2. Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 114 Vertretung durch einen Rechtsanwalt; Vollmacht


(1) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. (2) Vor dem Bundesgerichtshof müssen

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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

14
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, in erster Linie auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit verfahrensfehlerhafter gerichtlicher Entscheidungen sowie insbesondere auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abzustellen. Danach darf die Prozesspartei, der eine beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gewährt worden ist, grundsätzlich darauf vertrauen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist. Grenzen ergeben sich allerdings aus dem Gebot der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Im Hinblick darauf kann eine Partei ein schützenswertes Vertrauen in die Wirksamkeit einer Verlängerung der Berufungsbegründungs- frist grundsätzlich nicht bilden, wenn die Verlängerung nach Ablauf der Frist erfolgt und sie bis zu deren Ablauf keinen Antrag gestellt hat. Eine solche Verlängerung ist unwirksam (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1991 - VI ZB 26/91, BGHZ 116, 377; Beschluss vom 12. Februar 2009 - VII ZB 76/07, NJW 2009, 1149 Rn. 13). Gegen die Bildung eines schützenswerten Vertrauens in die Wirksamkeit der Fristverlängerung spricht vorliegend zudem, dass der Vorsitzende des Berufungsgerichts mit der Verlängerungsverfügung auf das zutreffende , von der Angabe in der Berufungsschrift abweichende Zustelldatum der erstinstanzlichen Entscheidung nach Aktenlage hingewiesen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 140/05
vom
9. November 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Insbesondere in Familiensachen ist durch allgemeine Büroanweisung des
Rechtsanwalts sicherzustellen, dass bei zwei oder mehr Rechtsmitteln in einem
oder mehreren Verfahren derselben Partei auch am gleichen Tag ablaufende
Fristen jeweils gesondert und unverwechselbar im Fristenkalender eingetragen
werden (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 4. Februar 1987 - IVb ZB
132/86 - FamRZ 1987, 1017 f. und vom 25. März 1992 - XII ZB 25/92 - BGHR
ZPO § 233 Fristenkontrolle 25).
BGH, Beschluss vom 9. November 2005 - XII ZB 140/05 - OLG Stuttgart
AG Ulm
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 11.438 €

Gründe:

I.

1
Durch Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts vom 5. April 2005, dem Beklagten zugestellt am 14. April 2005, wurde dieser zu rückständigem und laufendem Trennungs- und Kindesunterhalt verurteilt.
2
Mit Telefax vom 15. Juni 2005 beantragte er, die Frist zur Begründung seiner rechtzeitig eingelegten Berufung bis zum 18. Juli 2005 zu verlängern. Noch am gleichen Tag ging ihm per Fax der gerichtliche Hinweis zu, dass die Begründungsfrist bereits am 14. Juni 2005 abgelaufen sei. Darauf beantragte der Beklagte mit am 29. Juni 2005 beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz, ihm gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Begründungsfrist um einen Monat zu verlängern.
3
Am 29. Juni 2005 verfügte der Vorsitzende des Berufungssenats, dass die Begründungsfrist bis zum 14. Juli 2005 verlängert werde; die Begründung ging am 14. Juli 2005 ein.
4
Durch Beschluss vom 19. Juli 2005 wies das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er sein Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V. mit § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis als richtig erweist.
6
Die Berufung des Beklagten ist unzulässig, weil sie nicht rechtzeitig begründet wurde. Dem steht nicht entgegen, dass die Begründungsschrift innerhalb der vom Vorsitzenden bis zum 14. Juli 2005 verlängerten Begründungsfrist eingegangen ist. Denn diese Fristverlängerung war unwirksam, weil die Begründungsfrist bereits einen Tag vor Eingang des Verlängerungsantrages (15. Juni 2005) abgelaufen war (BGHZ 116, 377, 378 f.). Das gilt auch, soweit der Antrag auf Fristverlängerung zugleich mit dem Wiedereinsetzungsgesuch wiederholt worden ist, da eine bereits versäumte Frist auch nicht im Verfahren der Wiedereinsetzung verlängert werden kann.
7
Der Beklagte hat zwar rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäu- mung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und die versäumte Prozesshandlung nachgeholt. Wiedereinsetzung war jedoch nicht zu gewähren.
8
2. Der Beklagte hat sein Wiedereinsetzungsgesuch wie folgt begründet:
9
Nach Zustellung des amtsgerichtlichen Urteils am 14. April 2005 habe die zuverlässige Kanzleiangestellte H. seiner Prozessbevollmächtigten im Fristenbuch zunächst zutreffend den Ablauf der Berufungsfrist auf den 17. Mai 2005 (Dienstag nach Pfingsten) und den Ablauf der Begründungsfrist auf den 14. Juni 2005 sowie eine Vorfrist auf den 7. Juni 2005 eingetragen.
10
Während des Urlaubs der Angestellten H. habe die Kanzleiangestellte G. in der irrtümlichen Annahme, die Begründungsfrist laufe einen Monat nach Einlegung der Berufung ab, aufgrund der gerichtlichen Mitteilung, die Berufung sei am 17. Mai 2005 eingegangen, den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf den 17. Juni 2005 eingetragen, die zuvor hierfür zutreffend eingetragene Frist 14. Juni 2005 aber nicht gestrichen.
11
Am 31. Mai 2005 sei seiner Prozessbevollmächtigten der seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückweisende Beschluss des Amtsgerichts zugestellt worden. Daraufhin habe seine Prozessbevollmächtigte der Kanzleiangestellten H. die Weisung erteilt, als Fristablauf für eine gegebenenfalls einzulegende Beschwerde hiergegen den 14. Juni 2005 zu notieren. Diese habe daraufhin im Fristenbuch unter der bereits auf diesen Tag notierten (Berufungsbegründungs -) Frist den Zusatz angebracht: "Ablauf sofortige Beschwerde PKH Amtsgericht Ulm heute".
12
Am Tag der Vorfrist (7. Juni 2005) habe seine Prozessbevollmächtigte sodann nach Vorlage der erstinstanzlichen Akte entschieden, gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe keine Beschwerde einzulegen. Daraufhin habe die Angestellte H. die Vorfrist und die auf den 14. Juni 2005 notierte Frist als erledigt gestrichen.
13
3. Das Berufungsgericht hat die begehrte Wiedereinsetzung mit der Begründung abgelehnt, die Prozessbevollmächtigte des Beklagten habe versäumt, bei ihrer Anweisung, den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf den 14. Juni 2005 einzutragen, zugleich die Eintragung einer Vorfrist anzuordnen. Bei deren Notierung und Beachtung hätte die Versäumung der Frist vermieden werden können. Außerdem hätte sie der erst ab 1. März 2005 bei ihr tätigen Angestellten G. während des Urlaubs der Angestellten H. nicht die selbständige Bearbeitung komplizierter Fristsachen überlassen dürfen.
14
4. Es kann dahinstehen, ob dies den Angriffen der Rechtsbeschwerde standhält, und insbesondere, ob das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft den Vortrag des Beklagten übergangen hat, eine Vorfrist (auch für die Berufungsbegründung ) sei notiert gewesen.
15
Auch ist es für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht ursächlich , dass die Angestellte G. den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist irrtümlich (zusätzlich) auf den 17. Juni 2005 notierte, da jedenfalls die zutreffend auf den 14. Juni 2005 notierte Frist bestehen blieb und deren Wahrung damit (zunächst) gewährleistet war.
16
Im Ergebnis kann dem Beklagten Wiedereinsetzung aber wegen eines ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Organisationsverschuldens seiner Prozessbevollmächtigten nicht gewährt werden.
17
Dem Wiedereinsetzungsgesuch ist nämlich nicht zu entnehmen, dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten eine allgemeine Weisung bestand, wie in den - insbesondere in Familiensachen nicht seltenen - Fällen zu verfah- ren sei, dass in einem oder mehreren Verfahren der gleichen Parteien mehrere Fristen für Rechtsmittel gegen unterschiedliche Entscheidungen zu notieren sind.
18
Ein Rechtsanwalt muss aber durch geeignete Anweisungen sicherstellen , dass grundsätzlich bei zwei oder mehr Rechtsmitteln in der Angelegenheit eines Mandanten die Frist für jedes dieser Rechtsmittel auch bei gleichzeitigem Fristablauf gesondert notiert wird (Senatsbeschluss vom 4. Februar 1987 - IVb ZB 132/86 - FamRZ 1987, 1017, 1018). Ferner bedarf es einer allgemeinen Anweisung, die in mehreren Verfahren derselben Parteien laufenden Fristen deutlich unterscheidbar (entweder durch Angabe des Aktenzeichens oder zumindest durch einen Hinweis auf den Verfahrensgegenstand) im Fristenkalender einzutragen (Senatsbeschluss vom 25. März 1992 - XII ZB 25/92 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 25).
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Das Fehlen einer solchen allgemeinen Anweisung war hier auch nicht etwa deshalb unschädlich, weil die Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Einzelweisung erteilt hatte, den Ablauf einer als solchen bezeichneten Beschwerdefrist auf den 14. Juni 2005 einzutragen. Denn gerade wegen der - besonders in Familiensachen gegebenen - Verwechslungsgefahr, die sich hier verwirklicht hat, wäre eine solche Einzelweisung nur beim Bestehen der erforderlichen allgemeinen Anweisung hinreichend klar und geeignet gewesen, die irrtümliche Veränderung eines früheren, eine andere Frist betreffenden Eintrags im Fristenbuch zu verhindern.
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Somit hat der Beklagte nicht dargelegt, dass in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten ausreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen waren, die es hätten verhindern können, dass eine bereits eingetragene Berufungsbegründungsfrist in derselben Sache versehentlich durch einen auf eine Beschwerdefrist hinweisenden Zusatz ihrer ursprünglichen Bestimmung beraubt und nach der Entscheidung, keine Beschwerde einzulegen, als erledigt gestrichen wurde. Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Ulm, Entscheidung vom 05.04.2005 - 4 F 770/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.07.2005 - 15 UF 178/05 -

(1) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(3) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen die Befähigung zum Richteramt haben.

(4) Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht

1.
im Verfahren der einstweiligen Anordnung,
2.
in Unterhaltssachen für Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten sind,
3.
für die Zustimmung zur Scheidung und zur Rücknahme des Scheidungsantrags und für den Widerruf der Zustimmung zur Scheidung,
4.
für einen Antrag auf Abtrennung einer Folgesache von der Scheidung,
5.
im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe,
6.
in den Fällen des § 78 Abs. 3 der Zivilprozessordnung sowie
7.
für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes und die Erklärungen zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 sowie nach § 19 Absatz 2 Nummer 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes.

(5) Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht. Die Vollmacht für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf die Folgesachen.

Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen:

1.
Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9,
2.
Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie
3.
sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.