Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2017 - XII ZB 195/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:181017BXIIZB195.17.0
18.10.2017
vorgehend
Amtsgericht Ludwigsburg, 4 XVII 94/17, 17.02.2017
Landgericht Stuttgart, 2 T 87/17, 22.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 195/17
vom
18. Oktober 2017
in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1906 Abs. 3 und 3a aF; FamFG § 62 Abs. 3; JVollzGB BW II § 61 Abs. 1

a) Mit der Einführung von § 62 Abs. 3 FamFG ist der Verfahrenspfleger des
Betreuten auch in einem bereits vor der Gesetzesänderung anhängigen
Rechtsmittelverfahren befugt, nach Erledigung der angefochtenen Entscheidung
in der Hauptsache die Feststellung zu beantragen, dass die Entscheidung
den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.

b) Die Genehmigung der Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme darf
nur dann erteilt werden, wenn der Tatrichter vom Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen
überzeugt ist. Diese Überzeugung lässt sich nicht
durch dem Betroffenen vermeintlich günstige Annahmen ersetzen.
BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 195/17 - LG Stuttgart
AG Ludwigsburg
ECLI:DE:BGH:2017:181017BXIIZB195.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird festgestellt , dass der die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme genehmigende Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 17. Februar 2017 und der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 22. März 2017, soweit mit diesem die gegen die Genehmigung der Einwilligung gerichtete Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen worden ist, den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Die in der Rechtsbeschwerdeinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrenspflegers werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I.

1
Der wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und von Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz seit Juni 2016 in Untersuchungshaft in einer baden-württembergischen Haftanstalt befindliche Betroffene trat im Januar 2017 in den Hungerstreik. Nach Verschlechterung seiner gesundheitlichen Verfassung und Verlegung in ein Justizkrankenhaus wurde für ihn mit Beschluss des Betreuungsgerichts vom 15. Februar 2017 das Landratsamt (Beteiligter zu 2) als Behördenbetreuer für den Aufgabenkreis der "Gesundheitsfürsorge, einschließlich der Entscheidung über ärztli- che Maßnahmen und Behandlungen, insbesondere die Entscheidung über ärztliche Zwangsbehandlung" und der "Aufenthaltsbestimmung im Rahmen der Gesundheitsfürsorge einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahmen" bestellt.
2
Der Betreuer hat die betreuungsgerichtliche Genehmigung ärztlicher Zwangsmaßnahmen zur Ernährung beantragt. Das Amtsgericht hat den Beteiligten zu 1 zum Verfahrenspfleger bestellt und mit Beschluss vom 17. Februar 2017 die Einwilligung des Betreuers in ärztliche Zwangsmaßnahmen der Nahrungs - und Flüssigkeitszufuhr über einen Venenzugang oder eine nasogastrale Magensonde bis 30. März 2017 "für den Fall genehmigt, dass der Betroffene sich in einem nicht mehr ansprechbaren Zustand befindet." Die vom Verfahrenspfleger eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 22. März 2017 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Bedingung wegfällt und die Genehmigung auch die zur Durchführung der ärztlichen Zwangsmaßnahme erforderlichen Zwangsmaßnahmen umfasst.
3
Mit seiner hiergegen erhobenen Rechtsbeschwerde begehrt der Verfahrenspfleger die Feststellung, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

II.

4
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
5
1. Das nach der - in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren - Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG zulässigerweise auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der durch Zeitablauf erledigten Gerichtsbeschlüsse gerichtete Rechtsmittel (vgl. Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - XII ZB 226/15 - FamRZ 2015, 2050 Rn. 6 mwN) ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Verfahrenspfleger nach dem inzwischen geltenden und im vorliegenden Verfahren anwendbaren Recht gemäß § 62 FamFG antragsbefugt.
6
a) Der Senat hatte bislang die Befugnis des Verfahrenspflegers, einen Antrag nach § 62 FamFG zu stellen, verneint (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 22. März 2017 - XII ZB 460/16 - FamRZ 2017, 1069 Rn. 3 und vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 13).
7
Mit dem Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2426) hat der Gesetzgeber dem § 62 FamFG nunmehr aber einen Absatz 3 angefügt, nach dem die Absätze 1 und 2 der Vorschrift entsprechend gelten, wenn der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt hat. Durch diese Änderung soll dem Verfahrensbeistand in Kindschaftssachen sowie dem Verfahrenspfleger in Betreuungs-, Unterbringungs- und Freiheitsentziehungssachen wegen ihrer besonderen Stellung im Verfahren ein gesetzlich verankertes Antragsrecht auf Feststellung der Rechtsverletzung eingeräumt werden, um den Grundrechtsschutz der in diesen Fällen besonders schutzwürdigen Betroffenen zu stärken (BT-Drucks. 18/12842 S. 9).
8
b) Der jetzt geltende § 62 Abs. 3 FamFG ist für die Entscheidung über die vorliegende Rechtsbeschwerde auch maßgeblich, so dass der Verfahrenspfleger antragsbefugt ist.
9
Das Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten ist gemäß seinem Artikel 8 am Tag nach der Verkündung, also am 22. Juli 2017 und mithin nach Einlegung der Rechtsbeschwerde und nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist, in Kraft getreten. Eine Übergangsregelung enthält das Gesetz nicht. Bei Fehlen einer solchen Regelung erfassen Änderungen des Verfahrensrechts im Allgemeinen auch schwebende Verfahren, die mit dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes grundsätzlich nach neuem Recht zu beurteilen sind. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn es um unter Geltung des alten Rechts abgeschlossene Verfahrenshandlungen und abschließend entstandene Verfahrenslagen geht (Senatsbeschluss BGHZ 206, 86 = FamRZ 2015, 1479 Rn. 18) oder sich aus dem Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift etwas Abweichendes ergibt (BGH Urteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 64/06 - NJW 2007, 519, 520 mwN).
10
An einer abschließend entstandenen Verfahrenslage fehlt es hier, weil der angefochtene Beschluss vor der Gesetzesänderung nicht in formelle Rechtskraft erwachsen ist. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass eine Klage, die wegen Fehlens des vor Klageerhebung erforderlichen Schlichtungsverfahrens in erster Instanz als unzulässig abgewiesen worden ist, nach Wegfall des die außergerichtliche Streitschlichtung fordernden Gesetzes während der Berufungsinstanz als zulässig zu behandeln ist (vgl. dazu BGH Urteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 64/06 - NJW 2007, 519, 520). Nicht anders liegt es hier. Ebenso wie dort ist der zu Beginn des Rechtsmittelverfahrens noch unzulässige Antrag aufgrund der Gesetzesänderung zulässig geworden. Diesem Ergebnis stehen Sinn und Zweck von § 62 Abs. 3 FamFG nicht entgegen. Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung eine Ausweitung des mittels des Verfahrensrechts gewährten Grundrechtsschutzes erreichen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass er hiervon schwebende Verfahren wie das vorliegende ausnehmen wollte.
11
2. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
12
Die Vorschrift des § 1906 Abs. 3 BGB aF sei nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2016 (BVerfGE 142, 313 = FamRZ 2016, 1738) auf den Fall des inhaftierten Betroffenen analog anzuwenden. Die Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor. Die für den Betroffenen vom zuständigen Notariat durchgeführte Betreuerbestellung leide nicht an einem schwerwiegenden Verfahrensfehler und stelle auch keinen unzulässigen Vorratsbeschluss dar. Denn es genüge, dass ein Handlungsbedarf jederzeit auftreten könne und für diesen Fall die begründete Besorgnis bestehe, dass ohne die Einrichtung einer Betreuung nicht das Notwendige veranlasst werde.
13
Bei dem Betroffenen sei eine Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr zur Abwendung erheblicher Gefahren und Schäden erforderlich. Er wiege bei einer Größe von rund 180 cm nur noch etwa 50 kg und sei körperlich völlig ausgezehrt. Seit fünf Tagen nehme er keinerlei Flüssigkeit mehr zu sich und dulde nicht wie zuvor die venöse Flüssigkeitszufuhr. Bei dieser Sachlage bestehe die Gefahr eines Nierenversagens, das zu einer Exsikkose und einem Multiorganversagen und damit zum Tod führen könne. Der Betroffene sei auch psychisch krank und infolge der Krankheit nicht zur Einsicht in das Erfordernis der Nahrungs - und Flüssigkeitszufuhr in der Lage. Der Sachverständige habe ausgeführt , dass eine organisch-psychische Störung nahe liege, und dass das Verhalten und die Entwicklung des Betroffenen auf ein Psychosyndrom, eine akzentuierte Persönlichkeitsstruktur mit querulatorisch-fanatischen Zügen, eine posttraumatische Belastungsstörung und/oder eine dissoziative Störung hindeuteten. Nachdem die Gefahr des Versterbens bestehe, sei zugunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass er an einer psychischen Krankheit leide, weil aufgrund seines Zustands keine weiteren Ermittlungen mehr möglich seien. Es werde weiter zu seinen Gunsten davon ausgegangen, dass er, nachdem hinreichende Verdachtsmomente vorlägen, nicht in der Lage sei, diesbezüglich einen freien Willen zu bilden. Der Sachverständige führe aus, dass der Betroffene zwar die Entscheidung über den Hungerstreik eigenverantwortlich getroffen habe , zwischenzeitlich aber nicht mehr in der Lage sein dürfte, aus seiner deutlich fixierten, unkorrigierbaren und veränderungsresistenten Haltung herauszufinden.
14
Auch die weiteren Voraussetzungen für die Einwilligung des Betreuers in die Zwangsmaßnahme lägen vor. Ob die vom Amtsgericht formulierte Genehmigung eine unzulässige Bedingung darstelle, müsse nicht entschieden werden. Nach den im Beschwerdeverfahren getroffenen Feststellungen sei die Genehmigung jedenfalls zu erteilen und klarstellend aufzunehmen, dass die zur Durchführung der zwangsweisen Zufuhr erforderlichen Zwangsmaßnahmen ebenfalls genehmigt seien.
15
3. Die Entscheidungen von Amts- und Landgericht, mit denen die Einwilligung des Betreuers in ärztliche Zwangsmaßnahmen genehmigt worden sind, haben den Betroffenen in seinen Rechten verletzt.
16
a) Es ist bereits zweifelhaft, ob der Anwendungsbereich des § 1906 Abs. 3 und 3a BGB in der bis zum 21. Juli 2017 geltenden Fassung (im Folgenden : aF) dem Grundsatz nach eröffnet war.
17
aa) Nach der in § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB aF getroffenen Regelung war eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur im Rahmen einer Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 BGB möglich. Dies führte zu einer Schutzlücke für solche Betroffenen, für die eine Unterbringung nicht in Betracht kam, weil sie sich einer stationären Behandlung räumlich nicht mehr entziehen konnten oder wollten. Auf Vorlage des Senats (Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 - FamRZ 2015, 1484) hat das Bundesverfassungsgericht es daher für mit der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar erklärt , dass für Betreute, denen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchti- gungen drohen und die die Notwendigkeit der erforderlichen ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, eine ärztliche Behandlung gegen ihren natürlichen Willen unter keinen Umständen möglich ist, sofern sie zwar stationär behandelt werden, aber nicht geschlossen untergebracht werden können, weil sie sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind. Bis zu der vom Gesetzgeber unverzüglich für diese Fallgruppe zu treffenden Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht die Anwendung von § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung von Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl. I S. 266) auch auf stationär behandelte Betreute angeordnet, die sich einer ärztlichen Zwangsbehandlung räumlich nicht entziehen können (BVerfGE 142, 313 = FamRZ 2016, 1738).
18
Hierauf hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2426) reagiert. Die Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen ist jetzt in dem ab dem 22. Juli 2017 gültigen § 1906 a BGB geregelt und von der Unterbringung entkoppelt. Denn § 1906 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB bestimmt als eine Genehmigungsvoraussetzung, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, durchgeführt wird.
19
bb) Dass eine vergleichbare Schutzlücke auch für den Betroffenen bestand , der sich in Untersuchungshaft befand, ist fraglich und wird vom Landgericht auch nicht dargelegt. Das den Untersuchungshaftvollzug regelnde Buch 2 des Gesetzbuchs über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (Justizvollzugsgesetzbuch - JVollzGB BW II) vom 10. November 2009 (GBl. S. 545) enthält in § 61 eine Bestimmung zu Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge. Nach § 61 Abs. 1 JVollzGB BW II sind medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung zwangsweise bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit von Untersuchungsgefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen zulässig; die Maßnahmen müssen für die Beteiligten zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit der Untersuchungsgefangenen verbunden sein. Zur Durchführung der Maßnahmen ist die Justizvollzugsanstalt nicht verpflichtet, solange von einer freien Willensbestimmung des Untersuchungsgefangenen ausgegangen werden kann. Gemäß § 61 Abs. 3 JVollzGB BW II dürfen die Maßnahmen nur auf Anordnung und unter Leitung einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist.
20
Damit stellt das Gesetz grundsätzlich einen - zu anderen als den betreuungsgerichtlichen Zuständigkeiten führenden - rechtlichen Weg zur Verfügung, um die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende staatliche Schutzpflicht für in Untersuchungshaft befindliche Betroffene zu erfüllen. Ob die landesrechtliche Vorschrift des § 61 JVollzGB BW II den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelung einer Zwangsbehandlung genügt (vgl. zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug etwa BVerfGE 128, 282 = FamRZ 2011, 1128 Rn. 45 ff.; zur Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung BVerfG NJW 2017, 2982 Rn. 32 ff.; zur Zwangsbehandlung eines zivilrechtlich Untergebrachten etwa Senatsbeschluss BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 30 ff.) und ob, sollte dies nicht der Fall sein, für den unter Betreuung stehenden Betroffenen der Anwendungsbereich des § 1906 Abs. 3 und 3a BGB aF nach Maßgabe der verfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 26. Juli 2016 eröffnet war, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung.
21
b) Denn weder das Amts- noch das Landgericht haben das Vorliegen der Voraussetzungen für die Genehmigung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme nach § 1906 Abs. 3 und 3a BGB aF festgestellt.
22
aa) Die Anwendung einer ärztlichen Zwangsbehandlung als ultima ratio kommt insbesondere in Situationen drohender erheblicher Selbstgefährdung und nur bei Betroffenen in Betracht, die aufgrund psychischer Krankheit oder geistiger oder seelischer Behinderung selbst einwilligungsunfähig sind. In eine ärztliche Zwangsmaßnahme, also in die Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen, konnte der Betreuer nach § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB aF (jetzt: § 1906 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) nur einwilligen, wenn es dem Betroffenen krankheits- oder behinderungsbedingt an der Fähigkeit fehlte, die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu erkennen, oder wenn er trotz Vorliegens einer solchen Einsicht krankheits- oder behinderungsbedingt nicht nach dieser Einsicht handeln konnte (Senatsbeschluss BGHZ 201, 324 = FamRZ 2014, 1358 Rn. 10 f.).
23
Mithin setzt die Genehmigung der Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme die Feststellung voraus, dass der Betroffene unter einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung leidet, aufgrund derer es ihm an einem freien Willen hinsichtlich der erforderlichen Behandlung fehlt.
24
bb) Diese Feststellung lässt sich den tatrichterlichen Entscheidungen nicht entnehmen.
25
Das Amtsgericht kommt im Gegenteil zu dem Ergebnis, eine gravierende geistig-seelische Erkrankung des Betroffenen sei ebenso unwahrscheinlich wie eine psychische Störung oder eine Beeinträchtigung des intellektuellen Leistungsvermögens. Der Betroffene könne auch einen freien Willen bilden. Damit handelte es sich bei der vom Amtsgericht ausgesprochenen Genehmigung aber um einen unzulässigen Vorratsbeschluss (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 38 und vom 22. September 2010 - XII ZB 135/10 - FamRZ 2010, 1976 Rn. 11).
26
Das Landgericht wiederum ist ohne ausreichende Tatsachengrundlage von einer psychischen Krankheit und dem Fehlen des freien Willens ausgegangen. Wie seinen Ausführungen zu entnehmen ist, hat es das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale "zugunsten des Betroffenen" unterstellt, obwohl der gerichtliche Sachverständige - ebenso wie der vom Landgericht ergänzend gehörte ärztliche Direktor des Justizkrankenhauses - sich zu einer abschließenden medizinischen Beurteilung nicht imstande gesehen hat. Damit verkennt das Landgericht, dass die Genehmigung nach § 1906 Abs. 3a BGB aF (jetzt: § 1906 a Abs. 2 BGB) nur dann erteilt werden darf, wenn der Tatrichter vom Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen überzeugt ist. Diese Überzeugung lässt sich durch dem Betroffenen vermeintlich günstige, den staatlichen Eingriff in seine Grundrechte aber erst ermöglichende Annahmen nicht ersetzen.
27
cc) Nachdem es bereits an tragfähigen Feststellungen zur Krankheit /Behinderung und zum freien Willen des Betroffenen fehlt, bedarf zum einen keiner Erörterung, inwieweit im Rahmen eines Hungerstreiks eines Gefangenen der ursprünglich frei gebildete Wille, keine Ernährung zu wünschen, auch über den Zeitpunkt fortwirkt, ab dem der Betroffene zu einer freien Willensbildung nicht mehr in der Lage ist (vgl. dazu etwa AK-StVollzG/Lesting 7. Aufl. Teil II § 67 LandesR Rn. 56 ff. mwN; Verrel in LNNV 12. Aufl. Abschn. M Rn. 151 mwN). Zum anderen kann dahinstehen, dass das Amtsgericht für den Betroffenen ersichtlich schon keine Betreuung hätte anordnen dürfen, weil die Tatbestandsvoraussetzungen von § 1896 Abs. 1 und 1a BGB nicht vorlagen.
28
dd) Die hier angefochtene Genehmigung der Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme ist auch nicht durch § 61 JVollzGB BW II gedeckt. Denn diese Vorschrift kann unabhängig von der Frage ihrer Verfassungsmäßigkeit nicht die gesetzliche Grundlage für das Tätigwerden eines Betreuers darstellen, dessen Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme hier allein genehmigt wurde. Sie kann damit auch nicht als materiell-rechtliche Entscheidungsgrundlage für das Betreuungsgericht dienen, das sich vorliegend zudem genauso wenig wie das Landgericht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind.
29
c) Der Betroffene ist durch die mit den angegriffenen Entscheidungen erteilte Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme in seiner durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten körperlichen Integrität und dem vom Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG mitumfassten Recht auf Selbstbestimmung hinsichtlich seiner körperlichen Integrität verletzt worden.
30
Für den amtsgerichtlichen Beschluss, dessen Rechtswidrigkeit durch das Landgericht nicht - auch nicht inzident - festgestellt worden ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - XII ZB 226/15 - FamRZ 2015, 2050 Rn. 13 f.), folgt das schon daraus, dass im Entscheidungszeitpunkt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1906 Abs. 3 und 3a BGB aF unzweifelhaft nicht vorlagen. Aber auch hinsichtlich des Landgerichtsbeschlusses kommt eine Aufhebung und Zurückverweisung zur Nachholung bislang fehlender Feststellungen nicht in Betracht. Unabhängig davon, ob solche jetzt tatsächlich noch mög- lich sind, ist dem Betroffenen die Verfahrensfortsetzung nicht zumutbar (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 201, 324 = FamRZ 2014, 1358 Rn. 36).
31
Das nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse des Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der - hier durch Zeitablauf erledigten - Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme feststellen zu lassen, liegt vor. Die gerichtliche Genehmigung der Einwilligung in eine Zwangsbehandlung bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 201, 324 = FamRZ 2014, 1358 Rn. 37).
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 17.02.2017 - 4 XVII 94/17 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.03.2017 - 2 T 87/17 -

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(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

6
Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 8 mwN) zulässigerweise auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der durch Zeitablauf erledigten Gerichtsbeschlüsse gerichtet.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

3
Zwar hat der Verfahrenspfleger gemäß § 335 Abs. 2 FamFG in Unterbringungssachen ein eigenes Beschwerderecht. Dies umfasst im Falle der Erledigung indes nicht die Antragsbefugnis nach § 62 FamFG. Denn § 62 FamFG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der "Beschwerdeführer" durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. BTDrucks 16/6308 S. 205). Demgemäß kann auch nur derjenige Beteiligte antragsbefugt sein, dessen Rechtssphäre betroffen ist und der ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 62 Abs. 2 FamFG an der Feststellung hat (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 13).
13
Zwar hat der Verfahrenspfleger gemäß § 335 Abs. 2 FamFG in Unterbringungssachen ein eigenes Beschwerderecht. Dies umfasst im Falle der Erledigung indes nicht die Antragsbefugnis nach § 62 FamFG (aA Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 11). Denn § 62 FamFG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der "Beschwerdeführer" durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. BT-Drucks 16/6308 S. 205). Demgemäß kann auch nur derjenige Beteiligte antragsbefugt sein, dessen Rechtssphäre betroffen ist und der ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 62 Abs. 2 FamFG an der Feststellung hat.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB89/15
vom
1. Juli 2015
in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage eingeholt,
ob § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen
Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013
(BGBl. I S. 266) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit er für die Einwilligung des
Betreuers in eine stationär durchzuführende ärztliche Zwangsmaßnahme auch bei
Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu
körperlich nicht in der Lage sind, voraussetzt, dass die Behandlung im Rahmen einer
Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt.
BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 - LG Stuttgart
AG Stuttgart
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juli 2015 durch den Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Guhling

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu folgender Frage eingeholt: Ist § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl. I S. 266) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, soweit er für die Einwilligung des Betreuers in eine stationär durchzuführende ärztliche Zwangsmaßnahme auch bei Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind, voraussetzt, dass die Behandlung im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt ?

Gründe:

A.

1
Die 63-jährige Betroffene leidet unter einer schizoaffektiven Psychose. Sie steht deswegen seit Ende April 2014 unter Betreuung. Der Aufgabenkreis der Berufsbetreuerin (Beteiligte zu 1) umfasst unter anderem die Sorge für die Pflege und Gesundheit einschließlich der Zustimmung zu ärztlichen Maßnahmen und Behandlungen sowie die Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahme.
2
Im August 2014 wurde bei der Betroffenen im Rahmen einer stationären Behandlung eine Dermatomyositis, eine Autoimmunkrankheit, diagnostiziert, die zu großflächigen Hautausschlägen und massiver Muskelschwäche mit akuten Schluckstörungen führte. Im Zuge der Behandlung ergab sich auch der Verdacht auf Brustkrebs, wobei die Betroffene weitere Untersuchungen ablehnte. Anfang September 2014 wurde sie nochmals kurzzeitig in einer Pflegeeinrichtung aufgenommen, wo sie die Einnahme der zur Behandlung der Dermatomyositis benötigten Medikamente ablehnte und die Essensaufnahme verweigerte sowie Suizidabsichten äußerte. Ab Mitte September 2014 befand sich die Betroffene mit richterlicher Genehmigung auf einer geschlossenen Demenzstation des Klinikums S. Auf der Grundlage mehrerer betreuungsgerichtlicher Beschlüsse wurden im Wege ärztlicher Zwangsmaßnahmen zum einen sowohl die Dermatomyositis und eine Schilddrüsenunterfunktion als auch die psychische Krankheit medikamentös behandelt, wobei die Medikation - ebenso wie die Nahrung - über eine ebenfalls als ärztliche Zwangsmaßnahme gelegte Magensonde verabreicht wurde; zum anderen wurden weitere Untersuchungen (Stanzbiopsie) hinsichtlich der Krebserkrankung durchgeführt. Letztere bestätigten den Verdacht eines - noch nicht durchgebrochenen - Mammakarzinoms rechts. Aufgrund ihrer Erkrankung ist die Betroffene inzwischen körperlich stark geschwächt und kann weder gehen noch sich selbst mittels eines Rollstuhls fortbewegen. Sie hat einer Behandlung der Krebserkrankung widersprochen.
3
Mit Schreiben vom 20. Januar 2015 hat die Betreuerin beantragt, die Unterbringungsgenehmigung zu verlängern und ärztliche Zwangsmaßnahmen insbesondere zur Behandlung des Brustkrebses (Brustektomie, Brustbestrahlung, Knochenmarkspunktion zur weiteren Diagnostik), aber auch zur Fortsetzung der medikamentösen Therapie der weiteren Erkrankungen zu genehmigen. Zur Begründung hat sie unter anderem ausgeführt, die Tumorerkrankung werde im Falle der Nichtbehandlung rasch fortschreiten und unausweichlich zu Pflegebedürftigkeit , Schmerzen und letztlich zum Tod der Betroffenen führen. Diese könne aufgrund ihrer psychischen Erkrankung die Notwendigkeit von Unterbringung und Behandlung nicht erkennen und nicht nach dieser Einsicht handeln.
4
Das Amtsgericht hat die beantragten Genehmigungen verweigert, das Landgericht hat die von der Betreuerin namens der Betroffenen hiergegen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betreuerin namens der Betroffenen die Anträge auf Genehmigung der Unterbringung und der Einwilligung in die ärztlichen Zwangsmaßnahmen weiter.

B.

5
Das Verfahren ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen. Nach Überzeugung des Senats ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, dass § 1906 Abs. 3 BGB eine in stationärem Rahmen erfolgende ärztliche Maßnahme nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Untersuchung des Gesundheitszustands, Heilbehandlung oder ärztlicher Eingriff) gegen den natürlichen Willen des Betroffenen - bei Vorliegen der sonstigen materiell- und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen - nur als möglich vorsieht, wenn der Betroffene zivilrechtlich untergebracht ist, nicht jedoch für Fälle, in denen eine freiheitsentziehende Unterbrin- gung ausscheidet, weil der Betroffene sich der Behandlung räumlich nicht entziehen will und/oder aus körperlichen Gründen nicht kann. Zur Verfassungsmäßigkeit ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
6
Die Richtervorlage ist eröffnet, obwohl die Vorlagefrage gesetzgeberisches Unterlassen betrifft. Zwar kann schlichtes gesetzgeberisches Unterlassen nicht Gegenstand einer Vorlage sein. Ist der Gesetzgeber aber auf einem Gebiet - wie hier dem der ärztlichen Zwangsmaßnahmen - bereits tätig geworden und hält ein Gericht die geschaffenen Vorschriften angesichts einer grundrechtlichen Schutzpflicht für unzureichend oder das Unterlassen der Einbeziehung weiterer Tatbestände in eine begünstigende Regelung für nicht gerechtfertigt, ist eine Vorlage möglich (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 605 Rn. 21 mwN).

I.

7
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts kann weder die Unterbringung der Betroffenen noch die Einwilligung der Betreuerin in die beabsichtigten ärztlichen Zwangsmaßnahmen betreuungsgerichtlich genehmigt werden.
8
Es könne unterstellt werden, dass die von der Betreuerin genannten Eingriffe und Untersuchungen zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens notwendig seien und die Betroffene wegen psychischer Krankheit oder geistiger oder seelischer Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln könne. Das Amtsgericht habe gleichwohl zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Genehmigung der Unterbringung verneint, weil alle diese ärztlichen Maßnahmen auch ohne eine Unterbringung in geschlossener Einrichtung durchgeführt werden könnten. Auszugehen sei von einem engen Begriff der mit der Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung, wonach eine Freiheitsentziehung nur dann notwendig und damit erforderlich sei, wenn sich der Betroffene ohne die Freiheit einschränkende Vorkehrungen der Örtlichkeit räumlich entziehen könne. Das sei hier nicht der Fall. Die Betroffene sei bettlägerig und nicht in der Lage, sich selbständig aus dem Bett zu bewegen, geschweige denn zu gehen. Auch mit dem Liegerollstuhl, in den sie regelmäßig verlegt werde, könne sie sich nicht selbständig fortbewegen. Sie zeige zudem keinerlei Weglauftendenzen dahingehend, dass sie andere Personen damit beauftragen könnte oder würde, sie aus der Klinik abzuholen und an einen anderen Ort zu bringen. Daher sei es aus tatsächlichen Gründen nicht notwendig, sie in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen.
9
Eine solche Notwendigkeit ergebe sich auch nicht aus der - unterstellten - Notwendigkeit der zwangsweisen Durchführung ärztlicher Maßnahmen. Aus dem Umstand, dass deren Erzwingung gegen den Widerstand eines Betroffenen nur im Rahmen einer vom Betreuungsgericht genehmigten freiheitsentziehenden Unterbringung zulässig sei, dürfe nicht gefolgert werden, dass eine Unterbringung immer schon dann genehmigt werden dürfe, wenn die medizinische Maßnahme notwendig sei, aber nur gegen den Widerstand des Betroffenen durchgeführt werden könne. Vielmehr müsse gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Unterbringung auch ihrerseits - und zwar tatsächlich - erforderlich sein, um die medizinische Maßnahme durchzuführen. Sie sei in diesem Sinne erforderlich, wenn zu erwarten sei, dass der Betroffene sich ohne die Unterbringung der medizinischen Maßnahme räumlich entziehen werde. Daran habe sich auch durch die Einfügung des § 1906 Abs. 3 BGB als gesetzlicher Grundlage für eine Zwangsbehandlung nichts geändert.
10
Ohne eine genehmigte freiheitsentziehende Unterbringung sei die Zwangsbehandlung aber nicht zulässig. Die beantragten Maßnahmen wider- sprächen dem natürlichen Willen der Betroffenen. Die damit erforderliche gerichtliche Genehmigung sei ausschließlich im Rahmen einer genehmigten Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB möglich. Das ergebe sich aus Systematik, Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Eine andere Entscheidung rechtfertige auch nicht die UN-Behindertenrechtskonvention vom 13. Dezember 2006. Die Auffassung der Betreuerin, die Nichtgenehmigung benachteilige die immobile Betroffene gegenüber einem noch körperlich mobilen Betreuten, der zum Weglaufen in der Lage sei, treffe nicht zu. Die Genehmigung eines so schwerwiegenden Grundrechtseingriffs wie der hier beantragten ärztlichen Zwangsmaßnahme sei keine Bevorzugung und damit die Nichtgenehmigung auch keine Benachteiligung. Eine Gleichbehandlung im Rahmen staatlicher Grundrechtseingriffe im negativen Sinn sei nicht Ziel der UNBehindertenrechtskonvention.
11
Eine Genehmigung der Zwangsbehandlung sei ferner nicht nach § 1904 BGB zu erteilen. Zum einen sei der Antrag der Betreuerin nicht auf eine solche Genehmigung gerichtet. Zum anderen könne eine solche lediglich die rechtsgeschäftliche Einwilligung der nicht einwilligungsfähigen Betroffenen ersetzen, nicht aber ihren entgegenstehenden natürlichen Willen überwinden.

II.

12
Die Frage, ob § 1906 Abs. 3 BGB verfassungsgemäß ist, ist für die Entscheidung über die zulässig eingelegte Rechtsbeschwerde erheblich (vgl. hierzu Ulsamer in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge BVerfGG [Stand: Dezember 2014] § 80 Rn. 248a mwN). Würde die Bestimmung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wäre der Senat jedenfalls teilweise - nämlich soweit es um ärztliche Zwangsmaßnahmen hinsichtlich der Krebserkrankung geht - an einer Entschei- dung gehindert, während bei Annahme der Verfassungsmäßigkeit der Regelung die Rechtsbeschwerde insgesamt zurückzuweisen wäre.
13
1. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist mit dem Beschwerdegericht davon auszugehen, dass die ärztlichen Eingriffe und Untersuchungen, für die die Betreuerin um eine Genehmigung gemäß § 1906 Abs. 3a BGB nachgesucht hat, erforderlich sind, einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB) und die Betroffene aufgrund ihrer psychischen Erkrankung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahmen nicht erkennen bzw. nicht nach dieser Einsicht handeln kann (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB).
14
Dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit nach einer weiteren Sachaufklärung , die im vorliegenden Fall von den Vorinstanzen noch nicht abschließend durchgeführt worden ist, möglicherweise nicht beantwortet werden müsste, hindert die Vorlage durch den Senat nicht. Denn anders als Tatsachengerichte, denen vor der Klärung des Sachverhalts eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht eröffnet ist (vgl. BVerfGE 11, 330, 334 f.), ist der Bundesgerichtshof als Rechtsbeschwerdegericht nicht in der Lage, die gebotenen Ermittlungen selbst durchzuführen. Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist vielmehr dem Tatrichter vorbehalten. Der die Rechtsbeschwerdeinstanz abschließende Beschluss entscheidet auch dann, wenn er das Gesamtverfahren nicht beendet, sondern die Sache zurückverweist, über Rechtsfragen, hebt die bis dahin gültige Sachentscheidung auf und bindet das untere Gericht im Rahmen der für die Aufhebung maßgebenden Begründung. Vor allem aber stellt sich die Frage der Verfahrensökonomie bei einer Zurückverweisung anders als bei der Entscheidung über die Durchführung einer Beweisaufnahme zur Sachverhaltsermittlung innerhalb ein- und derselben Instanz. Der Gesichtspunkt, das Bundesverfassungsgericht vor einer Überlastung mit Verfahren der konkreten Normenkontrolle zu bewahren, tritt in diesem Fall nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinter dem berechtigten Interesse der Verfahrensbeteiligten und der Gerichte, ein erneutes Durchlaufen des Instanzenzuges nach Möglichkeit zu vermeiden, zurück (vgl. BVerfGE 24, 119, 133 f.; vgl. auch Senatsbeschluss vom 27. Juni 2012 - XII ZR 89/10 - FamRZ 2012, 1489 Rn. 32).
15
Rechtsbeschwerderechtlich ist zudem zu unterstellen, dass der erhebliche gesundheitliche Schaden - hinsichtlich der Krebserkrankung der letztlich tödliche Verlauf - durch keine andere der Betroffenen zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BGB) und der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartende Beeinträchtigung deutlich überwiegt (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BGB). Den tatrichterlichen Feststellungen lässt sich allerdings nur entnehmen, dass die Betroffene den krebsbehandelnden Maßnahmen widersprochen hat. Für diese ist rechtsbeschwerderechtlich wiederum davon auszugehen, dass erfolglos versucht wurde, die Betroffene von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahmen zu überzeugen (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB).
16
2. Das Beschwerdegericht hat jedoch mit Recht das Vorliegen der Voraussetzungen einer Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB verneint.
17
a) Die Vorschrift des § 1906 Abs. 1 BGB geht von einem engen Begriff der mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung aus und erfasst nur solche Maßnahmen, die die persönliche Bewegungsfreiheit des Betroffenen nicht nur kurzfristig auf einen bestimmten räumlichen Lebensbereich begrenzen (Senatsbeschlüsse vom 7. Januar 2015 - XII ZB 395/14 - FamRZ 2015, 567 Rn. 12; vom 7. August 2013 - XII ZB 559/11 - FamRZ 2013, 1646 Rn. 12; vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 Rn. 19 und BGHZ 145, 297 = FamRZ 2001, 149 f.).
18
Die Unterbringung zur Durchführung einer Untersuchung des Gesundheitszustands , einer Heilbehandlung oder eines ärztlichen Eingriffs gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlangt nicht nur, dass die medizinische Maßnahme als solche notwendig ist. Die freiheitsentziehende Unterbringung muss vielmehr auch ihrerseits erforderlich sein, damit die medizinische Maßnahme durchgeführt werden kann. Sie ist in diesem Sinne erforderlich, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene sich ohne die freiheitsentziehende Unterbringung der erforderlichen medizinischen Maßnahme räumlich - also etwa durch Fernbleiben oder "Weglaufen" - entzieht. Umgekehrt begründet die Erforderlichkeit der medizinischen Maßnahme ebenso wie die Erforderlichkeit, den dieser Maßnahme entgegenstehenden Willen des Betroffenen zu brechen, für sich genommen noch keine Notwendigkeit, den Betroffenen freiheitsentziehendunterzubringen. Dies gilt etwa dann, wenn der Betroffene sich der Maßnahme zwar physisch widersetzt, sich ihr aber nicht räumlich entzieht. Die gegenteilige Argumentation würde dazu führen, bereits aus der Notwendigkeit einer Behandlung die Zulässigkeit einer freiheitsentziehenden Unterbringung herzuleiten. Ein solches Verständnis ist mit dem Wortlaut der Regelung, der die Zulässigkeit einer freiheitsentziehenden Unterbringung an ein doppeltes Notwendigkeitskriterium knüpft, nicht vereinbar. Es widerspricht auch dem Schutzzweck der Norm, die eine freiheitsentziehende Unterbringung dann nicht eröffnen will, wenn diese - etwa mangels jeder "Weglaufgefahr" - unnötig ist (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 Rn. 23).
19
b) Dass das Gesetz durch § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB die Möglichkeit einer ärztlichen Zwangsmaßnahme nur dann eröffnet, wenn diese im Rahmen der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt, führt zu keiner ande- ren Beurteilung. Insbesondere hat es nicht zur Folge, dass als freiheitsentziehende Unterbringung etwa auch der Aufenthalt in einer nicht geschlossenen Einrichtung angesehen werden kann, solange dort eine ärztliche Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchgeführt wird.
20
aa) Der Senat hat in seiner früheren Rechtsprechung der Vorschrift des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Rechtsgrundlage für die Durchführung notwendiger medizinischer Maßnahmen auch gegen den natürlichen Willen des Betroffenen entnommen. Dabei hat er den dargestellten engen Unterbringungsbegriff zugrunde gelegt und daher nicht die erzwungene Einnahme von Medikamenten losgelöst von der Frage, wo sich diese Zwangsbehandlung vollzieht, rechtlich als eine freiheitsentziehende Unterbringung angesehen. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, dass eine derart extensive Auslegung mit dem Wortlaut des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vereinbar und auch vom Zweck dieser Vorschrift nicht gedeckt sei. Die sich aus dem Bemühen, den Anwendungsbereich des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB auszuweiten, um auf diese Weise der Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung Betroffener in deren wohlverstandenem Eigeninteresse größeren Raum zu schaffen, erklärbare andere Auffassung hat der Senat als methodisch nicht akzeptabel und wegen des Eingriffs in die durch Gesetzesvorbehalt gesicherten Grundrechte des Betroffenen auch als verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar eingestuft (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 Rn. 22 ff. mwN).
21
Dabei hat der Senat nicht nur wiederholt darauf hingewiesen, dass die von ihm vertretene enge Auslegung des Begriffs der mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung zu einer Begrenzung der Möglichkeit führe, einen Betroffenen gegen seinen Willen einer medizinischen Behandlung zu unterziehen. Er hat auch deutlich gemacht, dass das Fehlen von Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen außerhalb einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung dazu führen könne, dass ein Betroffener aufgrund des Unterbleibens einer von ihm verweigerten medizinischen Maßnahme einen erneuten Krankheitsschub erleide und dann möglicherweise für längere Zeit untergebracht werden müsse, oder dass er in sonstiger Weise erheblichen Schaden nehme (Senatsbeschlüsse vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 Rn. 25 und BGHZ 145, 297, 310 = FamRZ 2001, 149, 152; vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 48).
22
bb) Nachdem der Senat mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug (BVerfG FamRZ 2011, 1128 und 2011, 1927) seine Auffassung, wonach Zwangsbehandlungen im Rahmen des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich genehmigungsfähig seien, aufgegeben und auf das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage hingewiesen hatte (Senatsbeschlüsse BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 25 ff.; vom 20. Juni 2012 - XII ZB 130/12 - juris Rn. 28 ff.; vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 12 und vom 5. Dezember2012 - XII ZB 665/11 - FamRZ 2013, 289 Rn. 13), hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl. I S. 266) mit Wirkung vom 26. Februar 2013 in die Vorschrift des § 1906 BGB die neuen Absätze 3 und 3a eingefügt. Mit diesen hat er die Voraussetzungen der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme sowie das gerichtliche Genehmigungserfordernis geregelt und dabei in Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 das Erfordernis normiert, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen einer Unterbringung nach Absatz 1 zu erfolgen hat (vgl. auch BT-Drucks. 17/11513 S. 5, 6 und 7; 17/12086 S. 1). Inhaltliche Änderungen an § 1906 Abs. 1 BGB hat er - bis auf die klarstellende Einfügung in Nr. 2, dass die ärztliche Maßnahme "zur Abwen- dung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens" notwendig sein muss - jedoch nicht vorgenommen.
23
Im Gegenteil wollte der Gesetzgeber ausdrücklich lediglich die bis zur Rechtsprechungsänderung des Senats bestehende Rechtslage möglichst nah abbilden (BT-Drucks. 17/11513 S. 5; vgl. auch Knittel Betreuungsrecht [Stand: 15. Juli 2013] § 1906 BGB Rn. 121) und eine Rechtsgrundlage für die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB schaffen (BT-Drucks. 17/11513 S. 5; ebenso S. 6, 7).
24
Dies lässt allein den Schluss zu, dass die gesetzliche Regelung der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen nicht zu Änderungen an dem § 1906 Abs. 1 BGB zugrunde liegenden engen Unterbringungsbegriff führen sollte, sondern dieser nach wie vor für die Anwendung der Vorschrift maßgeblich ist.
25
c) Bei Anwendung dieses Maßstabs hat das Beschwerdegericht rechtlich zutreffend die beantragte Unterbringungsgenehmigung versagt. Nach den von den Tatsacheninstanzen rechtlich beanstandungsfrei getroffenen Feststellungen ist die Betroffene körperlich nicht in der Lage, ihren Aufenthaltsort zu ändern und sich eventuellen Behandlungsmaßnahmen räumlich zu entziehen. Sie zeigt auch keinerlei Tendenzen, Dritte damit zu beauftragen, sie aus dem Klinikum wegzubringen. Mithin fehlt es an der Erforderlichkeit einer freiheitsentziehenden Unterbringung.
26
3. Damit kommen aber gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB weder die Einwilligung der Betreuerin in ärztliche Zwangsmaßnahmen noch deren gerichtliche Genehmigung in Betracht.
27
a) Nach dieser Bestimmung eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, ärztliche Maßnahmen zwangsweise gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchzusetzen, ausschließlich im Rahmen einer - hier nicht genehmigungsfähigen - geschlossenen Unterbringung.
28
aa) Streitig ist dabei, ob die Zwangsbehandlung auch bei einer allein nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfolgenden Unterbringung zulässig ist (so LG Augsburg Beschluss vom 12. September 2013 - 51 T 2592/13 - juris Rn. 16 ff.; HK-BUR/Bauer/Braun [Stand: August 2014] § 1906 BGB Rn. 245) oder zwingend eine Unterbringung auf der Grundlage des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraussetzt (so etwa LG Lübeck BtPrax 2014, 282, 284 mwN; Grotkopp BtPrax 2013, 83, 86, 90; Lipp FamRZ 2013, 913, 920). In § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB ist zwar lediglich von "der Unterbringung nach Absatz 1" die Rede. Auch könnte die Wiederholung der Abwendung des "drohenden gesundheitlichen erheblichen" Schadens in Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 darauf hindeuten , dass auch eine Unterbringung nach Absatz 1 Nr. 1 ausreichend sein soll. Gleichwohl dürfte der sich aus den Gesetzesmaterialien ergebende gesetzgeberische Wille (BT-Drucks. 17/11513 S. 5, 6, 7) für die strengere zweite Auffassung sprechen.
29
Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall allerdings keiner abschließenden Entscheidung. Denn eine Unterbringung der Betroffenen auf der Grundlage des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB steht nicht im Raum - insbesondere ist eine aktuelle Selbsttötungsabsicht nicht festgestellt - und würde zudem aus den Gründen ausscheiden, die auch einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB entgegenstehen.
30
bb) Im Rahmen von Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB, bei denen einem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen , Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll, sind ärztliche Zwangsmaßnahmen nicht zulässig. Die Vorschrift verweist nicht auf die Regelungen in § 1906 Abs. 3 und 3a BGB.
31
cc) Wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, betrifft die Vorschrift des § 1904 BGB die Ersetzung der rechtsgeschäftlichen Einwilligung des nicht einwilligungsfähigen Betroffenen, nicht aber die zwangsweise Überwindung von dessen einer ärztlichen Maßnahme entgegenstehendem natürlichen Willen. Eine gesetzliche Grundlage für die Genehmigung einer Zwangsbehandlung enthält diese Vorschrift nicht. Dementsprechend richtet sich der Antrag der Betreuerin auch nicht auf eine Genehmigung nach § 1904 BGB (vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 145, 297 = FamRZ 2001, 149, 152 sowie BVerfG Beschluss vom 10. Juni 2015 - 2 BvR 1967/12 - juris Rn. 19).
32
b) Die entsprechende Anwendung der Bestimmungen zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen nach § 1906 Abs. 3 und 3a BGB auf nicht geschlossen untergebrachte Betroffene scheidet schon wegen Fehlens einer planwidrigen Regelungslücke aus (Dodegge NJW 2013, 1965, 1970; Grotkopp BtPrax 2013, 83, 86; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 15. Juli 2013] § 1906 Rn. 122; Lipp FamRZ 2013, 913, 920).
33
Wie bereits ausgeführt, hatte der Senat zur alten Rechtslage wiederholt darauf hingewiesen, dass aufgrund der Koppelung der Zwangsbehandlung an die Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB und des engen Unterbringungsbegriffs ein großer Anteil objektiv behandlungsbedürftiger Betroffener nicht ärztlichen Zwangsmaßnahmen zugeführt werden und allein deswegen in ganz erheblicher Weise gesundheitlichen Schaden nehmen kann. Dies hat den Gesetzgeber jedoch nicht dazu veranlasst, der Zwangsbehandlung einen weiter gefassten Anwendungsbereich zu eröffnen. Vielmehr hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens für das Zweite Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts (Zweites Betreuungsrechtsänderungsgesetz - 2. BtÄndG) vom 21. April 2005 (BGBl. I S. 1073) den noch im ersten Gesetzesentwurf als neuer § 1906 a BGB vorgesehenen Vorschlag, eine ambulante Zwangsbehandlung zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 15/2494 S. 7, 30), im weiteren Fortgang verworfen (vgl. BT-Drucks. 15/4874 S. 8, 25 f., 27).
34
Indem er ärztliche Zwangsmaßnahmen nur im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB für zulässig erklärt hat, ist dem Gesetzgeber mithin nicht ein Versehen unterlaufen. Vielmehr handelt es sich dabei um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, die die Rechtsprechung zu akzeptieren hat (vgl. auch Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 Rn. 25) und nicht im Wege der Rechtsfortbildung überwinden darf.
35
c) Aus den vorstehenden Gründen kommt eine verfassungskonforme Auslegung von § 1906 Abs. 3 BGB dahingehend, dass auch außerhalb geschlossener Unterbringung ärztliche Zwangsmaßnahmen (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) möglich sind, wenn der Unterbringungsgenehmigung "nur" das Fehlen jeder "Weglaufgefahr" entgegensteht, nicht inBetracht. Denn die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (BVerfG NJW 2015, 1359 Rn. 132 mwN).
36
d) Schließlich macht die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg geltend, die Auffassung des Beschwerdegerichts verstoße gegen das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 (UN-Behindertenrechtskonvention; BGBl. 2008 II S. 1420), das aufgrund des Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (BGBl. II S. 1419) in Deutschland Gesetzeskraft hat.
37
Dies gilt schon deswegen, weil (auch) die UNBehindertenrechtskonvention nicht die für die Rechtmäßigkeit einer ärztlichen Zwangsmaßnahme bei Betroffenen unabdingbare, die Voraussetzungen der Zulässigkeit des Eingriffs bestimmende Gesetzesgrundlage enthält. Darüber hinaus sind die Regelungen der Konvention - insbesondere deren Art. 12 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 - vor allem auf Sicherung und Stärkung der Autonomie behinderter Menschen und damit gerade nicht positiv auf die Ermöglichung ärztlicher Zwangsmaßnahmen gerichtet (vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 53).
38
4. Für die vom Senat zu treffende Entscheidung kommt es mithin jedenfalls insoweit, als es um die Genehmigung der Einwilligung in die stationär durchzuführenden ärztlichen Zwangsmaßnahmen zur Behandlung der bei der Betroffenen vorliegenden Brustkrebserkrankung geht, darauf an, ob die strikte Koppelung der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen an das Vorliegen einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB verfassungsgemäß ist.

III.

39
Der Senat ist davon überzeugt, dass es gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, diese strikte Koppelung der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen an eine freiheitsentziehende Unterbringung auch für Fallgestaltungen gesetzlich vorzuschreiben , in denen sich Betroffene einer stationär durchzuführenden ärztlichen Maßnahme räumlich nicht entziehen wollen oder können.
40
1. Darin, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer ärztlichen Zwangsbehandlung nicht auch für solche Fälle geregelt hat, liegt ein gesetzgeberisches Unterlassen.
41
Ein solches kann einen Grundrechtsverstoß zum einen dann darstellen, wenn die Verfassung einen ausdrücklichen Gesetzgebungsauftrag enthält, der Inhalt und Umfang der Gesetzgebungspflicht im Wesentlichen umgrenzt (vgl. etwa BVerfGE 12, 139, 142 mwN; 23, 242, 249; Höfling in Sachs Grundgesetz 7. Aufl. Art. 1 Rn. 102; Dreier in Dreier Grundgesetz-Kommentar 3. Aufl. Art. 1 III Rn. 54; Leibholz/Rinck GG [Stand: März 2013] Art. 3 Rn. 136). Zum anderen sind grundrechtswidrige Unterlassungen des Gesetzgebers dort denkbar , wo eine staatliche Schutzpflicht zugunsten der grundrechtlich geschützten Rechtsgüter oder eine Pflicht zu grundrechtsfördernder Ausgestaltung der Rechtsordnung missachtet wird (Dreier in Dreier Grundgesetz-Kommentar 3. Aufl. Vorb. Rn. 101 ff. mwN und Art. 1 III Rn. 54; Höfling in Sachs Grundgesetz 7. Aufl. Art. 1 Rn. 102).
42
Darüber hinaus kann die Nichtberücksichtigung einer bestimmten Gruppe im Rahmen einer begünstigenden Vorschrift als teilweises gesetzgeberisches Unterlassen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, wenn zur begünstigten Gruppe keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st.
Rspr., vgl. etwa BVerfG NJW 1987, 2919, 2920; 1998, 2269, 2271; FamRZ 1998, 890, 892; vgl. auch Dreier in Dreier Grundgesetz-Kommentar 3. Aufl. Art. 1 III Rn. 54; Leibholz/Rinck GG [Stand: März 2013] Art. 3 Rn. 137).
43
2. Ein ausdrücklicher Regelungsauftrag ist dem Grundgesetz in Bezug auf die Ermöglichung ärztlicher Zwangsmaßnahmen nicht zu entnehmen.
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Allerdings trifft den Staat zum einen die Pflicht, sich schützend und fördernd vor die von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG genannten Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen und entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Bei der Erfüllung solcher Schutzpflichten kommt dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, wobei er das sog. Untermaßverbot zu beachten hat (BVerfG NVwZ 2011, 991 Rn. 37 f.). Zum anderen ist der Staat verpflichtet, einen Menschen, der nicht in der Lage ist, eine selbstbestimmte und eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen, vor sich selbst zu schützen (vgl. BVerfGE 58, 208, 225 f.; Lipp FamRZ 2013, 913, 915). Allgemein gilt, dass er einen Betroffenen nicht mit seiner Krankheit allein lassen darf (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 147).
45
Wie der Gesetzgeber ausdrücklich anerkennt, gehören zum Wohl eines Betroffenen auch die Erhaltung seiner Gesundheit und die Verringerung und Beseitigung von Krankheiten. Der Ausschluss von ärztlichen Zwangsmaßnahme birgt die Gefahr, dass Betroffene aufgrund ihrer psychischen Erkrankung oder geistigen oder seelischen Behinderung ihre Behandlungsbedürftigkeit nicht erkennen bzw. krankheitsbedingt nicht entsprechend einer vorhandenen Erkenntnis handeln können und eine Behandlung deshalb ablehnen; auch nach Auffassung des Gesetzgebers darf daran aber etwa eine lebensnotwendige Operation nicht scheitern (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 72, 141; 17/11513 S. 5).
46
Ob aus diesen Erwägungen überhaupt eine Verpflichtung des Gesetzgebers folgt, die gesetzlichen Voraussetzungen für ärztliche Zwangsmaßnahmen bei Betroffenen zu schaffen - und wenn ja, für welche Konstellationen -, hat der Senat bislang offen gelassen (BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 47). Dies bedarf auch hier keiner Entscheidung.
47
3. Denn der Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen, ärztliche Zwangsmaßnahmen bei Betroffenen zu ermöglichen und die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür zu bestimmen. Die entsprechende Regelung in § 1906 Abs. 3 BGB bildet nicht nur die Grundlage für den mit der Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen. Sie stellt sich vielmehr als Bestandteil des staatlichen Erwachsenenschutzes ebenso als Begünstigung dar. Von dieser Begünstigung die Betroffenen auszunehmen, bei denen es einer stationär durchzuführenden ärztlichen Maßnahme bedarf, der sie sich (rein) räumlich nicht entziehen wollen und/oder können, fehlt es jedoch an einer hinreichenden Rechtfertigung, so dass das Gesetz insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
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a) Bei § 1906 Abs. 3 BGB handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine den Betroffenen jedenfalls auch begünstigende Vorschrift.
49
Die Regelungen der §§ 1896 ff. BGB zur rechtlichen Betreuung, die auch die Bestimmungen über die zivilrechtliche Unterbringung und die ärztlichen Zwangsmaßnahmen umfassen, normieren in ihrer Gesamtheit zwar die Voraussetzungen, unter denen zum Wohl eines Betroffenen in sein Selbstbestimmungsrecht , seine Fortbewegungsfreiheit sowie seine körperliche Unversehrtheit eingegriffen werden kann.
50
Dieser staatliche Eingriffe beschränkende Inhalt ist aber nur Ausfluss der eigentlichen Normfunktion. Denn bei dem gesamten Betreuungsrecht handelt es sich um ein Institut des Erwachsenenschutzes als Ausdruck der staatlichen Wohlfahrtspflege, deren Anlass und Grundlage das öffentliche Interesse an der Fürsorge für den schutzbedürftigen Einzelnen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. März 2015 - XII ZA 12/15 - FamRZ 2015, 1017 Rn. 8 und vom 28. Januar 2015 - XII ZB 520/14 - FamRZ 2015, 650 Rn. 13 mwN; vgl. auch BVerfG Beschluss vom 10. Juni 2015 - 2 BvR 1967/12 - juris Rn. 16 sowie BVerfG NJW 1980, 2179 zum früheren Vormundschaftsrecht für Volljährige). Mithin haben die §§ 1896 ff. BGB nicht nur einen in die Grundrechte eingreifenden Gehalt, sondern dienen insbesondere der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts und der Menschenwürde des Betroffenen, der wegen seiner Krankheit oder Behinderung nicht eigenverantwortlich entscheiden kann (vgl. Lipp FamRZ 2013, 913, 915 f.), sowie dem Schutz seines Lebens und seiner Gesundheit.
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Dementsprechend stellen sich zivilrechtliche Unterbringungen und ärztliche Zwangsmaßnahmen nicht nur als Grundrechtseingriffe, sondern vor allem auch als den Betroffenen begünstigende Maßnahmen der staatlichen Fürsorge dar. Ihr Zweck besteht neben ihrer die Eingriffsvoraussetzungen festlegenden und damit Grundrechtseingriffe beschränkenden Funktion insbesondere darin, den Anspruch des Betroffenen auf Schutz und Behandlung umzusetzen, wenn er krankheitsbedingt keinen freien Willen bilden kann und sich dadurch erheblich schädigen würde (vgl. Lipp FamRZ 2013, 913, 919). Dass dies nur mittels schwerwiegender Eingriffe in die Grundrechte des Betroffenen möglich ist, ändert an diesem begünstigenden Charakter nichts.
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b) Ein hinreichender Grund, untergebrachten Betroffenen diese Fürsorge zuteilwerden zu lassen, hingegen von vorneherein andere Betroffene hiervon auszuschließen, die sich einer dringend erforderlichen stationären Behandlung zwar verweigern, aber räumlich nicht entziehen wollen und/oder können, besteht nicht.
53
aa) Ein solcher liegt zum einen nicht in den Erwägungen, die den Gesetzgeber ersichtlich dazu bewogen haben, im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens für das Zweite Betreuungsrechtsänderungsgesetz von der Regelung einer ambulanten Heilbehandlung abzusehen.
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(1) Der erste Gesetzesentwurf sah einen § 1906 a BGB vor, mit dem die zwangsweise Zuführung des Betroffenen zur ambulanten ärztlichen Heilbehandlung durch den Betreuer geregelt werden sollte (BT-Drucks. 15/2494 S. 7, 30). Die Frage wurde im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags intensiv mit Sachverständigen erörtert, die auch schriftlich hierzu Stellung nahmen (vgl. das Protokoll der 49. Sitzung des Rechtsausschusses vom 26. Mai 2004 S. 69, 72, 74-76, 86, 98 f., 123, 131, 147-149, 157-159; Protokoll der 51. Sitzung des Rechtsausschusses vom 16. Juni 2004 S. 113, 129 f.).
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Dabei wurden allgemeine Einwände gegen jede Art von Zwangsbehandlungen geltend gemacht. Wenn eine solche aber unbedingt erforderlich sei, dann solle sie in stationärem Rahmen erfolgen.
56
Gegen die ambulante Zwangsbehandlung selbst wurde vor allem angeführt , dass die zwangsweise Verbringung des Betroffenen zu einem niedergelassenen Arzt oder einer Krankenhausambulanz praktisch kaum umsetzbar sei. Die vorgesehene Vorschrift helfe ohnedies nicht, wenn der Betroffene niemanden in seine Wohnung lasse. Die ambulante Zwangsbehandlung stelle zudem sowohl für den Betroffenen als auch für den Behandler eine extreme Belastung dar und übertreffe für einzelne Betroffene die Belastung durch eine geschlossene Unterbringung. Für den Betroffenen sei sie darüber hinaus mit einer nach außen hervortretenden Diskriminierung verbunden. Auch habe sie massiv negative Auswirkungen auf dessen Beziehung zum Betreuer. Schließlich wurde die Gefahr gesehen, dass zu einer solchen Möglichkeit aus Bequemlichkeitsgründen öfter gegriffen werde, als es zur Behandlung notwendig wäre.
57
Der Rechtsausschuss kam daraufhin zu der Empfehlung, diese Vorschrift zu streichen (BT-Drucks. 15/4874 S. 8, 25 f.). In der anschließenden Bundestagsdebatte wurde ausgeführt, die ambulante Zwangsbehandlung widerspreche allen Ansätzen einer modernen Psychiatrie, die auf ein kooperatives Patientenverhältnis setze. Gerade in ihrem Zuhause bräuchten psychisch Kranke vertrauensvolle Unterstützung und Hilfe, nicht staatlich verordneten Zwang (BTPlenarprotokoll 15/158 S. 14830 A). Der Deutsche Bundestag ist dem Vorschlag des Rechtsausschusses gefolgt.
58
(2) Ein durchgreifender Grund, die Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen ausschließlich im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB zuzulassen und so auch die Fälle einer stationären Behandlung auszunehmen , in denen sich der Betroffene dieser räumlich nicht entziehen kann oder will, ist dem nicht zu entnehmen.
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Die allgemein gegen Zwangsbehandlungen gerichteten Einwendungen haben den Gesetzgeber nicht von der aktuellen gesetzlichen Regelung abgehalten. Die übrigen angeführten Gründe beziehen sich speziell auf ambulante Zwangsmaßnahmen und greifen allesamt nicht für einen Betroffenen, der sich bereits im stationären Umfeld befindet, ohne sich aus diesem entfernen zu wollen oder zu können. Ein solcher Betroffener ist nicht der Situation einer zwangsweisen Verbringung in eine Arztpraxis oder Krankenhausambulanz ausgesetzt , die eine ambulante Zwangsbehandlung nicht als den regelmäßig gegenüber der Unterbringung weniger schwer wiegenden Grundrechtseingriff erscheinen lässt (vgl. dazu auch Senatsbeschluss BGHZ 145, 297 = FamRZ 2001, 149, 151).
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bb) Nichts anderes gilt für das vom Gesetzgeber im Lauf des Verfahrens zum Erlass des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme berücksichtigte Argument, nach Auskunft der ärztlichen Praxis werde bei einer Unterbringung in der überwiegenden Anzahl der Fälle mit den Betroffenen ein einvernehmliches Zusammenwirken zur Behandlung erzielt, während sich der Betroffene nach erfolgter Unterbringung lediglich in einer geringen Zahl der Fälle gegen eine Behandlung wende (BTDrucks. 17/11513 S. 7).
61
Dafür, dass dies bei Betroffenen anders wäre, die zwar nicht untergebracht , aber bereits stationär aufgenommen sind, ist nichts ersichtlich. Vielmehr besteht dann in gleicher Weise die Möglichkeit der die Behandlung beabsichtigenden Ärzte, im Rahmen des Arzt-Patienten-Verhältnisses den Betroffenen von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen und seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen (vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 201, 324 = FamRZ 2014, 1358 Rn. 15).
62
cc) Sonstige Gründe für die bei der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen bestehende Ungleichbehandlung von untergebrachten und solchen Betroffenen, die sich dem stationären Rahmen nicht räumlich entziehen wollen oder können, sind nicht erkennbar. Im Gegenteil spricht nach Auffassung des Senats alles dafür, insoweit von einer jedenfalls identischen Schutzbedürftigkeit beider Gruppen auszugehen. Die Gesetz gewordene gegenteilige Meinung läuft - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht - unter anderem darauf hinaus, dass dem noch zum "Weglaufen" Fähigen (und Willigen) geholfen werden kann, während etwa derjenige, der aufgrund der Krankheit schon zu schwach für ein räumliches Entfernen ist, auch bei schwersten Erkrankungen seiner Krankheit überlassen bleiben muss. Dies ist ein Ergebnis, das auch durch die psychisch Kranken zuzugestehende "Freiheit zur Krankheit" (vgl. et- wa Senatsbeschlüsse BGHZ 166, 141 = FamRZ 2006, 615, 616 und BGHZ 145, 297 = FamRZ 2001, 149, 151; BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 48; BVerfGE 58, 208, 226) in keiner Weise vorgezeichnet ist.
63
dd) Diese durch die Ungleichbehandlung verursachte Schutzlücke wird nicht durch andere vom Gesetz eröffnete Möglichkeiten aufgefangen.
64
(1) Das hier einschlägige Landesrecht - das baden-württembergische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz - PsychKHG) vom 25. November 2014 (GBl. 2014, 534) - greift schon deshalb nicht zu Gunsten von Betroffenen ein, die sich räumlich nicht aus dem stationären Rahmen entfernen wollen oder können, weil es eine Zwangsbehandlung nach § 20 Abs. 3 PsychKHG ebenfalls nur bei einer geschlossenen Unterbringung vorsieht.
65
(2) Auch der rechtfertigende Notstand des § 34 StGB, der einer ohne die Einwilligung des Patienten oder gar gegen dessen Willen erfolgenden ärztlichen Behandlung gegebenenfalls die Rechtswidrigkeit nehmen kann, lässt die Notwendigkeit der Aufnahme von Betroffenen, die sich räumlich nicht aus dem stationären Rahmen entfernen wollen oder können, in den Anwendungsbereich des § 1906 Abs. 3 BGB nicht entfallen. Dies gilt unabhängig von der Frage, inwieweit angesichts der konkreten gesetzlichen Festlegung derjenigen Fälle, in denen ärztliche Zwangsmaßnahmen zulässig sind, von der Bestimmung nicht erfasste Fälle überhaupt notstandsfähig sein können. Denn die vom ärztlichen Behandler in jedem Einzelfall vorzunehmende schwierige Interessenabwägung zu § 34 StGB (vgl. dazu allgemein etwa Lackner/Kühl StGB 28. Aufl. § 34 Rn. 6 ff.; Schönke/Schröder/Perron StGB 29. Aufl. § 34 Rn. 22 ff.; jeweils mwN) kann die vom Gesetzgeber vorzunehmende Festlegung der Voraussetzungen, unter denen eine ärztliche Zwangsmaßnahme zulässig ist, nicht ersetzen. Sie bietet nicht annähernd die angesichts der betroffenen grundrechtlichen Belange gebotene Rechtssicherheit einerseits gegen ungerechtfertigte, regelmäßig schwerwiegende Grundrechtseingriffe, andererseits aber vor allem auch für den im Wege der ärztlichen Zwangsmaßnahmen vorzunehmenden Schutz der Grundrechte von Betroffenen. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Guhling
Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 21.01.2015 - 3 XVII 29/15 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 09.02.2015 - 19 T 38/15 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

6
Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 8 mwN) zulässigerweise auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der durch Zeitablauf erledigten Gerichtsbeschlüsse gerichtet.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.