Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2012 - XII ZB 389/11

bei uns veröffentlicht am15.02.2012
vorgehend
Landgericht Hannover, 18 T 39/11, 07.07.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 389/11
vom
15. Februar 2012
in der Sache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Im Unterbringungsverfahren ist der Betroffene grundsätzlich erst nach Einholung
des Sachverständigengutachtens und - sofern die Bestellung eines Verfahrenspflegers
erforderlich ist - in Anwesenheit des Verfahrenspflegers anzuhören (im
Anschluss an Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ
2011, 805 Rn. 16 ff.).

b) Hat sich das Rechtsbeschwerdeverfahren erledigt, weil die angefochtene Genehmigung
der Unterbringung des Betroffenen infolge einer Verbesserung seines
Zustandes aufgehoben worden ist, sind im Verfahren nach § 62 FamFG regelmäßig
keine weiteren Ermittlungen mehr darüber anzustellen, ob die
- gegenstandslos gewordene - Genehmigung der Unterbringung auf einer verfahrensfehlerhaften
Anhörung beruht; dies wird vielmehr zugunsten des Betroffenen
unterstellt.

c) Ein Antrag des Verfahrenspflegers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nach
§ 62 FamFG ist unzulässig. Das ihm in Unterbringungssachen gemäß § 335
Abs. 2 FamFG eingeräumte Beschwerderecht umfasst nicht die Antragsbefugnis
BGH, Beschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - LG Hannover
AG Hannover
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke sowie die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 9. Juni 2011 und der Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 7. Juli 2011 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Die Rechtsbeschwerde der Verfahrenspflegerin wird verworfen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 128 b KostO). Die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt (§ 337 Abs. 1 FamFG). Die außergerichtlichen Kosten der Verfahrenspflegerin in der Rechtsbeschwerdeinstanz hat diese selbst zu tragen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Die Rechtsbeschwerde wendet sich gegen die - mittlerweile aufgehobene - Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen.
2
Mit Beschluss vom 9. Juni 2011 hat das Amtsgericht die Unterbringung des Betroffenen bis zum 9. Juni 2012 genehmigt, weil die Gefahr bestehe, dass der Betroffene sich selbst töte. Der Genehmigung lag eine ärztliche Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom 31. Mai 2011 zugrunde, wonach der Betroffene aufgrund jahrzehntelangen Alkoholmissbrauchs an Alkoholfolgekrankheiten wie unter anderem einem Krampfleiden, Magen- und Darmproblemen, einer peripheren Nervenschädigung sowie einer erheblichen organischen Persönlichkeitsstörung infolge eines deutlichen organischen Psychosyndroms leide. In dem Genehmigungsbeschluss hat das Amtsgericht dem Betroffenen, den es zuvor angehört hatte, zugleich eine Verfahrenspflegerin bestellt. Am 15. Juni 2011 hat der Sachverständige sein Gutachten erstellt.
3
Die von der Verfahrenspflegerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen ohne erneute Anhörung des Betroffenen zurückgewiesen.
4
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 hat das Amtsgericht die Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen aufgehoben, da sich sein Zustand soweit gebessert habe, dass er aus der geschlossenen Abteilung habe entlassen werden können.
5
Mit der hiergegen erhobenen Rechtsbeschwerde begehren der Betroffene und seine Verfahrenspflegerin nunmehr die Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat Erfolg. Demgegenüber ist die Rechtsbeschwerde der Verfahrenspflegerin unzulässig.
7
1. Der Antrag der Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist dahin auszulegen , dass sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit sowohl des amtsgerichtlichen als auch des landgerichtlichen Beschlusses begehrt. Die Rechtsbeschwerde hat zwar neben der Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses beantragt, den landgerichtlichen Beschluss aufzuheben. Weil das Verfahren indes erledigt ist und hier eine Zurückverweisung nicht in Betracht kommt, ist eine Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses ausgeschlossen ; andernfalls bliebe die Beschwerde nicht beschieden. Der Antrag kann indes im vorgenannten Sinne umgedeutet werden.
8
2. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist - anders als die der Verfahrenspflegerin - zulässig.
9
a) Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Aufhebung der angefochtenen Unterbringungsgenehmigung in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 488/11 - juris Rn. 8 und vom 8. Juni 2011 - XII ZB 245/10 - FamRZ 2011, 1390 Rn. 8; BGH Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09 - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung ist - neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt.
10
Das Feststellungsinteresse ist in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) oder eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff (Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 488/11 - juris Rn. 9; vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. September 2011 - XII ZB 263/11 - FamRZ 2011, 1864 Rn. 6).
11
Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG nicht.
12
b) Demgegenüber ist der Antrag der Verfahrenspflegerin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit unzulässig.
13
Zwar hat der Verfahrenspfleger gemäß § 335 Abs. 2 FamFG in Unterbringungssachen ein eigenes Beschwerderecht. Dies umfasst im Falle der Erledigung indes nicht die Antragsbefugnis nach § 62 FamFG (aA Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 11). Denn § 62 FamFG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der "Beschwerdeführer" durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. BT-Drucks 16/6308 S. 205). Demgemäß kann auch nur derjenige Beteiligte antragsbefugt sein, dessen Rechtssphäre betroffen ist und der ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 62 Abs. 2 FamFG an der Feststellung hat.
14
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hat den Betroffenen in seinen Rechten verletzt.
15
a) Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung u. a. wie folgt begründet : Aufgrund der von ihm eingeholten, ergänzenden ärztlichen Stellung- nahme wie auch des vorangegangenen Gutachtens vom 15. Juni 2011 sowie des weiteren Akteninhalts stehe fest, dass bei dem Betroffenen eine schwere Alkoholerkrankung vorliege, die bereits zu einem erheblichen hirnorganischen Psychosyndrom geführt habe. Aufgrund dieses Syndroms könne der Betroffene den Gefahren der wiederholten Alkoholintoxikationen nicht selbständig begegnen. Daher bestehe aufgrund der hirnorganischen Defizite weiterhin die Gefahr, dass der Betroffene sich und andere Personen gefährde, wie zuletzt am 19. Mai 2011, als er sich - möglicherweise auch in suizidaler Absicht - alkoholisiert auf Bahngleisen aufgehalten habe. Er bringe damit, wie auch schon zuvor, krankheitsbedingt sich und andere im Bahn- und Straßenverkehr in lebensbedrohliche Gefahren und habe selbst nicht die Möglichkeit, derartige Situationen noch zu vermeiden. Von einer erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen habe die Kammer abgesehen, da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu der hier entscheidenden medizinischen Indikation der Unterbringung zur Vermeidung selbstgefährdender Handlungen zu erwarten seien.
16
b) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie ist - wie die Rechtsbeschwerde im Ergebnis zu Recht rügt - verfahrensfehlerhaft, weil der Betroffene nicht in der gebotenen Weise angehört worden ist.
17
Nach § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich von diesem einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Diese Vorschrift sichert im Unterbringungsverfahren nicht nur den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Durch sie soll auch sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung über den mit einer Unterbringung verbundenen erheblichen Grundrechtseingriff einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, namentlich ein eingeholtes Sachverständigengutachten zu würdigen. Die Pflichten aus § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren (Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 11 mwN).
18
aa) Zwar räumt § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG auch in einem Unterbringungsverfahren dem Beschwerdegericht die Möglichkeit ein, von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen. Im Beschwerdeverfahren kann allerdings nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszuges zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen (Senatsbeschlüsse vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 14 und vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - juris Rn. 24).
19
bb) Die vom Amtsgericht durchgeführte Anhörung war verfahrensfehlerhaft , weshalb das Beschwerdegericht die Anhörung des Betroffenen hätte wiederholen müssen.
20
(1) Das Amtsgericht hätte den Betroffenen erst nach Vorlage des Sachverständigengutachtens anhören dürfen. Wie bereits ausgeführt, soll durch die persönliche Anhörung sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, das eingeholte Sachverständigengutachten zu würdigen. Hier wurde das Sachverständigengutachten indes erst am 15. Juni 2011, also nach Erlass der amtsgerichtlichen Entscheidung, gefertigt. Damit hat das Amtsgericht nicht nur seine Verpflichtung aus § 321 Abs. 1 Satz 1 FamFG verletzt, wonach vor einer Unterbringungsmaßnahme eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens für die Notwendigkeit der Maß- nahme stattzufinden hat. Vielmehr konnte das Amtsgericht deshalb auch das Sachverständigengutachten unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks des Betroffenen nicht hinreichend würdigen. Hinzu kommt der Umstand, dass - was die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt - der Betroffene auch nicht zu der vom Landgericht eingeholten ergänzenden Stellungnahme angehört worden ist.
21
(2) Ferner ist die Anhörung fehlerhaft, weil das Amtsgericht die Verfahrenspflegerin nicht zu ihr hinzugezogen hat.
22
(a) Nach § 317 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht im Unterbringungsverfahren dem Betroffenen einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Unterbringungssache soll die Wahrung der Belange des Betroffenen in dem Verfahren gewährleisten. Er soll bei den besonders schwerwiegenden Eingriffen in das Grundrecht der Freiheit der Person nicht allein stehen, sondern fachkundig beraten und vertreten werden. Der Verfahrenspfleger ist daher vom Gericht im selben Umfang wie der Betroffene an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen. Dies gebietet es zumindest dann, wenn das Betreuungsgericht bereits vor der Anhörung des Betroffenen die Erforderlichkeit einer Verfahrenspflegerbestellung erkennen kann, in Unterbringungssachen regelmäßig den Verfahrenspfleger bereits vor der abschließenden Anhörung des Betroffenen zu bestellen. Das Betreuungsgericht muss durch die rechtzeitige Bestellung eines Verfahrenspflegers und dessen Benachrichtigung zum Anhörungstermin sicherstellen, dass dieser an der Anhörung des Betroffenen teilnehmen kann. Außerdem steht dem Verfahrenspfleger ein eigenes Anhörungsrecht zu. Erfolgt die Anhörung dennoch ohne die Möglichkeit einer Beteiligung des Verfahrenspflegers, ist sie verfahrensfehlerhaft und verletzt den Betroffenen in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 18 f.).
23
(b) Diesen Anforderungen wird das vom Amtsgericht gewählte Verfahren nicht gerecht. Das Amtsgericht hat dem Betroffenen erst mit dem Genehmigungsbeschluss vom 9. Juni 2011 eine Verfahrenspflegerin bestellt, obgleich es bereits vor der diesem Beschluss vorangegangenen Anhörung die Notwendigkeit einer solchen Bestellung erkannt hat, wie sich aus dem Vermerk und dem Protokoll der Anhörung vom 9. Juni 2011 ergibt. Von daher hätte das Amtsgericht die Verfahrenspflegerin zur Anhörung des Betroffenen hinzuziehen müssen.
24
c) Der Betroffene ist durch diesen Verfahrensmangel in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt worden.
25
Die Feststellung, dass der Betroffene durch die angefochtenen Entscheidungen in seinen Rechten verletzt ist, kann grundsätzlich auch auf einer Verletzung des Verfahrensrechts beruhen.
26
aa) Nicht abschließend ist jedoch geklärt, ob Verfahrensfehler die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer sachlich zutreffenden Entscheidung nur insoweit ermöglichen, als sie bis zu dem erledigenden Ereignis nicht geheilt worden sind und auch nicht durch die Entscheidung über das gegebene Rechtsmittel geheilt worden wären (so zur Haftverlängerung BGH Beschluss vom 8. März 2007 - V ZB 149/06 - NJW-RR 2007, 1569, 1570; zweifelnd BVerfG NVwZ 2008, 304, 305 und Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 36 f. - zum Meinungsstand s. Hahne/Munzig/Gutjahr BeckOK FamFG § 62 Rn. 17 [Stand: 1. August 2011] mwN.). Die Streitfrage kann hier jedoch unbeantwortet bleiben.
27
Nach wohl einhelliger Meinung ist die Feststellung nach § 62 FamFG jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Verfahrensfehler entweder so gravierend ist, dass die Entscheidung den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung hat, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist (BGH Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 127/10 - NVwZ 2010, 1318 Rn. 9; Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 28; Hahne/Munzig/Gutjahr BeckOK FamFG § 62 Rn. 17 [Stand: 1. August 2011]) oder wenn eine Heilung im Nachhinein nicht mehr möglich ist, etwa wenn die unterbliebene Anhörung in einer Abschiebehaftsache nicht mehr möglich ist, weil der Betroffene bereits abgeschoben worden ist (BGH Beschluss vom 16. September 2010 - V ZB 120/10 - FGPrax 2010, 290 Rn. 16). In diesen Fällen ist zugunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass die Beschwerdeentscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. BGH aaO).
28
bb) Ob die hier in verfahrensfehlerhafter Weise durchgeführte Anhörung des Betroffenen bereits dazu geeignet ist, der Genehmigung der Unterbringung einen Makel im vorgenannten Sinne zu verleihen, kann dahinstehen. Denn hier scheidet eine etwaige Heilung bereits deshalb aus, weil diese nicht mehr möglich wäre.
29
Wegen des Zeitablaufs und der damit einhergehenden Änderung des Zustandes des Betroffenen kann im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob die Genehmigung der Unterbringung auch bei einer verfahrensgemäßen Anhörung des Betroffenen, also in Kenntnis der gesamten Sachverständigenäußerungen und im Beisein der Verfahrenspflegerin , gerechtfertigt gewesen wäre (vgl. dazu auch Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 36). Ausweislich des Beschlusses vom 14. Dezember 2011, mit dem das Amtsgericht die Genehmigung der Unterbringung aufgehoben hat, hat sich der Zustand des Betroffenen soweit verändert, dass er zwischenzeitlich aus der geschlossenen Abteilung habe entlassen werden können. Von daher lässt eine Anhörung des Betroffenen in seiner jetzigen Situation keine Rückschlüsse mehr auf die Notwendigkeit einer Unterbringung zur damaligen Zeit zu.
30
Hinzu kommt, dass dem Betroffenen erneute Ermittlungen allein zur Klärung der Frage, ob der von den Gerichten zu verantwortende Verfahrensfehler noch zu heilen wäre, nicht zumutbar sind. Denn (auch) diese würden erheblich in die Rechtssphäre des - erst entlassenen - Betroffenen eingreifen und ihn erneut mit der "Akutphase seiner Erkrankung" konfrontieren (s. dazu Keidel/ Budde FamFG 17. Aufl. § 62 Rn. 36).
31
Aus den vorgenannten Gründen erscheint es untunlich, die Entscheidung des Landgerichts auf die Rechtsbeschwerde aufzuheben, um nachträglich im Wege der Tatsachenermittlung festzustellen, ob die Genehmigung der Unterbringung sachlich gerechtfertigt war. Es ist deshalb zugunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass die Beschwerdeentscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. BGH Beschluss vom 16. September 2010 - V ZB 120/10 - FGPrax 2010, 290 Rn. 16).
32
4. Der - nach der Erledigung der Hauptsache im Rechtsbeschwerdeverfahren zulässige - Antrag auf Feststellung, dass der Betroffene bereits durch die Genehmigung der Unterbringung in seinen Rechten verletzt wurde, ist nach dem oben Gesagten ebenfalls begründet, weil der Beschluss des Amtsgerichts auf einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruht hat (vgl. auch BGH Beschluss vom 16. September 2010 - V ZB 120/10 - FGPrax 2010, 290 Rn. 17).
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 09.06.2011 - 666 XVII L 2856 -
LG Hannover, Entscheidung vom 07.07.2011 - 18 T 39/11 -

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(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) In Unterbringungssachen kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Unterbringungsmaßnahme nach § 312 Nummer 1 bis 3 abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet wird.

(2) Wird ein Antrag auf eine Unterbringungsmaßnahme nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker nach § 312 Nummer 4 abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass für die zuständige Verwaltungsbehörde ein begründeter Anlass, den Antrag zu stellen, nicht vorgelegen hat, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

8
1. Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Fristablauf in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 - XII ZB 245/10 - MDR 2011, 935 Rn. 8; BGH Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09 - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung ist - neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt.
8
2. Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (BGH Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09 - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Beschwerdeführer einen entsprechenden Antrag stellt und ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt. Dieses Feststellungsinteresse ist in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) oder eine konkrete Wiederholungsgefahr (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) besteht.
9
Sie ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass sich die Hauptsache mit der Entlassung der Beteiligten zu 1 aus der Haft erledigt hat. Angesichts des Eingriffs in ein besonders bedeutsames Grundrecht durch die Freiheits- entziehung durften bereits die vor dem 1. September 2009 gegebenen Rechtsmittel (§ 7 FEVG i.V.m. §§ 19, 22, 27, 29 FGG) nicht wegen einer im Rechtsmittelverfahren eingetretenen Erledigung als unzulässig verworfen werden (BVerfG NJW 2002, 2456, 2457). Sie blieben wegen des als schutzwürdig anzuerkennenden Interesses des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme zulässig, worüber auf dessen Antrag zu entscheiden war (BVerfG, a.a.O.; Senat BGHZ 153, 18, 20). Die Neugestaltung der Rechtsmittel in §§ 58 ff. FamFG hat daran nichts geändert. Die Vorschrift des § 62 FamFG, die die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags für die Beschwerde ausdrücklich bestimmt, ist auf die Rechtsbeschwerde entsprechend anzuwenden (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl., § 74 Rdn. 9; Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG [2009], § 62 Rdn. 4).

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

8
1. Hat sich die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch Fristablauf in der Hauptsache erledigt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat. Diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 - XII ZB 245/10 - MDR 2011, 935 Rn. 8; BGH Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09 - FGPrax 2010, 150 Rn. 9). Voraussetzung ist - neben einem auf die Feststellung gerichteten Antrag -, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung vorliegt.
6
Das Feststellungsinteresse ist in der Regel anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) oder eine konkrete Wiederholungsgefahr (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) besteht. Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff (vgl. BVerfG NJW 2011, 1931 Rn. 98). Dasselbe gilt für einen Beschluss, der die vorzeitige Aufhebung einer solchen Maßnahme ablehnt und dadurch die Fortdauer des Grundrechtseingriffs bewirkt.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Recht der Beschwerde steht im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen Eltern und Kindern, wenn der Betroffene bei diesen lebt oder bei Einleitung des Verfahrens gelebt hat, den Pflegeeltern,
2.
einer von dem Betroffenen benannten Person seines Vertrauens sowie
3.
dem Leiter der Einrichtung, in der der Betroffene lebt,
zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind.

(2) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.

(3) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen.

(4) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde zu.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

11
a) Nach § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich - gegebenenfalls in der üblichen Umgebung des Betroffenen (Satz 2) - von diesem einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Diese Vorschrift sichert im Unterbringungsverfahren nicht nur den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Durch sie soll auch sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung über den mit einer Unterbringung verbundenen erheblichen Grundrechtseingriff einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, eingeholte Sachverständigengutachten (§ 321 FamFG), ärztliche Stellungnahmen oder sonstige Zeugenaussagen zu würdigen (Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 319 Rn. 1; MünchKommZPO/ Schmidt-Recla 3. Aufl. § 319 FamFG Rn. 1; OLG Hamm FamRZ 2008, 1116, 1117). Die Pflichten aus § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten daher gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren (MünchKommZPO/Schmidt-Recla 3. Aufl. § 319 FamFG Rn. 3; Heiderhoff in Bork/Jacoby/Schwab FamFG § 319 Rn. 8).

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

11
a) Nach § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich - gegebenenfalls in der üblichen Umgebung des Betroffenen (Satz 2) - von diesem einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Diese Vorschrift sichert im Unterbringungsverfahren nicht nur den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Durch sie soll auch sichergestellt werden, dass sich das Gericht vor der Entscheidung über den mit einer Unterbringung verbundenen erheblichen Grundrechtseingriff einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft, durch den es in die Lage versetzt wird, eingeholte Sachverständigengutachten (§ 321 FamFG), ärztliche Stellungnahmen oder sonstige Zeugenaussagen zu würdigen (Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 319 Rn. 1; MünchKommZPO/ Schmidt-Recla 3. Aufl. § 319 FamFG Rn. 1; OLG Hamm FamRZ 2008, 1116, 1117). Die Pflichten aus § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten daher gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren (MünchKommZPO/Schmidt-Recla 3. Aufl. § 319 FamFG Rn. 3; Heiderhoff in Bork/Jacoby/Schwab FamFG § 319 Rn. 8).

(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers stets erforderlich.

(2) Bestellt das Gericht dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger, ist dies in der Entscheidung, durch die eine Unterbringungsmaßnahme genehmigt oder angeordnet wird, zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 346/10
vom
13. Juni 2012
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbem. 3.2.2, Nr. 6300
Die Vergütung des in einer Unterbringungssache im Wege der Verfahrenskostenhilfe
beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach Nummer 6300 RVG VV (im Anschluss
an BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris).
BGH, Beschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 346/10 - LG Lübeck
AG Lübeck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2012 durch die
Richter Dose, Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Die Erinnerung gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat dem Betroffenen für die Rechtsbeschwerde gegen die betreuungsrechtliche Genehmigung der Unterbringung Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm die Erinnerungsführerin als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Nach Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens, das zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führte, hat die Erinnerungsführerin bei dem Bundesgerichtshof beantragt, ihre Vergütung nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG festzusetzen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs hat den Antrag mit Beschluss vom 8. Juli 2011 teilweise zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit der Erinnerung.

II.

2
Die - nicht fristgebundene (vgl. BT-Drucks. 15/4952, S. 51) - Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 RVG zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung der Erinnerungsführerin nach Nr. 6300 RVG in Höhe von 172 € (zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ) festgesetzt.
3
1. Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin bestimmt sich die Vergütung des im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe gemäß § 78 Abs. 1 FamFG beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nicht nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG, sondern nach Nr. 6300 VV RVG.
4
Danach beträgt die Verfahrensgebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG, in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG und bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG für jeden Rechtszug 172 €. Diese Vergütungsregelung ist auch maßgeblich, wenn ein Rechtsanwalt in einer Unterbringungssache für das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof beigeordnet wird.
5
Für Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG hat dies der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Rechtsbeschwerde in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG in der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG nicht erwähnt und insbesondere nicht von Nr. 1 b der Vorbemerkung erfasst werde. Danach sei der Unterabschnitt 2 zwar auch in Verfahren über Rechtsbeschwerden in Familiensachen anzuwenden. Mit dem Begriff "Familiensachen" knüpfe das Gesetz jedoch an § 111 FamFG an, der den Kreis der Familiensachen definiert (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe RVG 19. Aufl. VV Vorb. 3.2.2 Rn. 4). Keine Familiensachen seien deshalb die in Buch 3 bis 8 des FamFG geregelten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit , also auch nicht die in Buch 7 geregelten Freiheitsentziehungssa- chen. Da die Definition des § 111 FamFG auch für andere Gesetze maßgeblich sei, die den Begriff der Familiensache verwenden (BT-Drucks. 16/6308, S. 223), gelte sie ebenfalls im Rahmen der Nr. 1 b der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG. Hätte der Gesetzgeber dort alle Rechtsbeschwerden nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und nicht lediglich die Rechtsbeschwerden in Familiensachen erfassen wollen, hätte es nahe gelegen, dies - ebenso wie in den vergleichbaren Fällen der Nr. 1 c bis 1 e der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG - durch die Formulierung "Rechtsbeschwerden nach dem FamFG" zum Ausdruck zu bringen.
6
2. Dieser Auffassung schließt sich der Senat für die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG an. Für Unterbringungssachen nach § 312 FamFG enthält Teil 6 des Vergütungsverzeichnisses in Nummer 6300 VV RVG eine Sonderregelung. Entgegen der Auffassung der Erinnerung gilt diese Vergütungsregelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Unterbringungssachen (vgl. BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Denn nach der Anmerkung zu Nummer 6300 RVG VV entsteht die dort geregelte Gebühr für jeden Rechtszug. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Rechtsbeschwerde von dieser Vergütungsregelung ausgenommen sein soll, lässt sich der Norm nicht entnehmen (vgl. BGH aaO). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Lübeck, Entscheidung vom 27.05.2010 - 4 XVII H 15914 -
LG Lübeck, Entscheidung vom 30.06.2010 - 7 T 300/10 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 149/06
vom
8. März 2007
in der Abschiebehaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FreihEntzG § 3 Satz 2;
FGG § 25, 27

a) Der nach Eintritt eines erledigenden Ereignisses gestellte Antrag auf Feststellung,
dass die Anordnung oder Verlängerung einer Abschiebehaft rechtswidrig war,
kann nicht auf Verfahrensfehler gestützt werden, die bis zu dem erledigenden Ereignis
geheilt wurden oder durch die Beschwerdeentscheidung geheilt worden wären.

b) Ein in der fehlenden örtlichen Zuständigkeit liegender Verfahrensfehler wird durch
eine Sachentscheidung des Beschwerdegerichts jedenfalls dann geheilt, wenn das
tätig gewordene und das zuständige Gericht zum Bezirk des Beschwerdegerichts
gehören.
BGH, Beschluss vom 8. März 2007 - V ZB 149/06 - OLG München
LG Nürnberg-Fürth
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. März 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Czub

beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

Gründe


I.


1
Der Betroffene wurde am 17. Oktober 2000 aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz mit zunächst unbefristeter Wirkung aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Er reiste im Oktober 2003 freiwillig in die Türkei aus. Von dort betrieb er erfolglos die nachträgliche Befristung des Wiedereinreiseverbots. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitraum reiste er ohne Erlaubnis mit einem gefälschten, auf andere Personalien lautenden türkischen Reisepass erneut in das Bundesgebiet ein, wo er am 30. Dezember 2005 festgenommen wurde.
2
Auf Antrag der beteiligten Ausländerbehörde ordnete das Amtsgericht Erlangen am 30. Dezember 2005 mit sofortiger Wirkung gegen den Betroffenen die Abschiebehaft zur Sicherung seiner Abschiebung bis längstens zum 30. März 2006 an, die in der Justizvollzugsanstalt N. vollzogen wurde. Das Amtsgericht Nürnberg hat am 28. März 2006 die Verlängerung der Abschiebehaft angeordnet. Die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht am 22. Mai 2006 nach Anhördung des Betroffenen und seiner Verfahrensbevollmächtigten zurückgewiesen. Der Betroffene ist am 23. Mai 2006 abgeschoben worden. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde beantragt er die Feststellung , dass die Verlängerung der Abschiebehaft durch das Amtsgericht Nürnberg rechtswidrig war. Das vorlegende Oberlandesgericht möchte das Rechtsmittel zurückweisen. Es sieht sich daran jedoch durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 28. Februar 2006 (InfAuslR 2006, 333) gehindert und hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


3
Die Vorlage ist nicht statthaft. Die Sache ist dem vorlegenden Gericht zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückzugeben
4
1. Der Bundesgerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG zwar an die Auffassung des vorlegenden Gerichts gebunden, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden (Senat, BGHZ 99, 90, 92; Beschl. v. 22. Januar 2004, V ZB 51/03 NJW 2004, 937, 938, insoweit in BGHZ 157, 322, nicht abgedruckt). Auf der Grundlage des in dem Vorlagebeschluss mitgeteilten Sachverhalts und der darin zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Beurteilung des Falls prüft der Senat jedoch, ob eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die das vorlegende Gericht abweichend von der im Verfahren der weiteren Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen OLG oder von einer Entscheidung des BGH beantworten will, für die dieselbe Rechtsfrage ebenfalls erheblich war (Senat, BGHZ 156, 279, 284). Mithin können nur solche Entscheidungen herangezogen werden, die auf einer anderen Beurteilung der Rechtsfrage beruhen. Dies setzt voraus, dass die strittige Rechtsfrage in der Entscheidung des anderen Gerichts erörtert und abweichend beantwortet wurde und das Ergebnis für die Entscheidung von Einfluss war (vgl. Senat, BGHZ 21, 234, 236; Beschl. v. 30. September 2004, V ZB 26/04, NJW 2004, 3339; Beschl. v. 29. September 2005, V ZB 107/05, NZM 2005, 952).
5
2. An einer solchen Divergenz fehlt es hier.
6
a) Das vorlegende Oberlandesgericht ist der Meinung, dass ein Verstoß des Amtsgerichts gegen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht zu der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer in der Sache zu Recht angeordneten Abschiebehaft oder Haftverlängerung führe. An einer entsprechenden Entscheidung sieht es sich durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 28. Februar 2006 (InfAuslR 2006, 333) gehindert. Das ist nicht der Fall.
7
b) Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte zwar zu entscheiden, ob der Verstoß des Amtsgerichts gegen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nach Erledigung der Abschiebehaft zur Feststellung von deren Rechtswidrigkeit führt. Es hat diese Frage auch bejaht und den Zuständigkeitsmangel als nach Erledigung nicht heilbar angesehen. Zu diesem Ergebnis ist es aber deshalb gelangt, weil das bei der Haftverlängerung tätig gewordene Amtsgericht und das zuständige Amtsgericht in dem von ihm zu entscheidenden Fall nicht im selben Landgerichtsbezirk lagen und das für das tätig gewordene Amtsgericht als Beschwerdegericht zuständige Landgericht mangels örtlicher Zuständigkeit keine eigene Entscheidung treffen konnte (InfAuslR 2006, 333, 334).
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c) Diese Besonderheit liegt hier aber gerade nicht vor. Sowohl das zuständige Amtsgericht Erlangen als auch das tätig gewordene Amtsgericht Nürnberg gehören nach Art. 4 Nr. 16 des bayerischen Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte im Freistaat Bayern (BayRS 300-2-2-J) zum Bezirk des Beschwerdegerichts. In einer solchen Konstellation führt ein Verstoß des Amtsgerichts gegen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht zur Rechtswidrigkeit der - in der Sache nicht zu beanstandenden - Haftanordnung oder -verlängerung.
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d) Solche Verfahrensfehler rechtfertigen die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer sachlich gerechtfertigten Haftverlängerung nur, wenn sie bis zu dem erledigenden Ereignis nicht geheilt worden sind und auch nicht durch die Entscheidung über das gegebene Rechtsmittel geheilt worden wären. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag soll dem Betroffenen nämlich nur die Möglichkeit verschaffen, diesen Rechtsbehelf im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes und zur Wahrung seines Rehabilitierungsinteresses auszuschöpfen. Er soll ihm aber keinen zusätzlichen Rechtsschutz eröffnen, der ihm ohne die Erledigung nicht zustand. Hier hatte der Betroffene Beschwerde gegen die Haftverlängerung eingelegt und eine Entscheidung des Beschwerdegerichts über diese Beschwerde erreicht. Durch die Abschiebung ist ihm die Möglichkeit entgangen, mit einer sofortigen weiteren Beschwerde die Aufhebung des Haftbefehls zu erreichen. Deshalb ist die Rechtswidrigkeit der Haftverlängerung nur festzustellen , wenn der Betroffene mit diesem Rechtsmittel eine Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und der Haftverlängerung hätte erreichen können. Dafür kommt es nach § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 FGG nicht darauf an, ob dem Amtsgericht bei der Anordnung Verfahrensfehler unterlaufen sind, sondern darauf, ob das Beschwerdegericht aufgrund solcher Fehler die Haftverlängerung aus Rechtsgründen hätte aufheben müssen.
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e) Das ist bei einem Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation, in der das zuständige und das tätig gewordene Amtsgericht zum Bezirk desselben Beschwerdegerichts gehören, nicht der Fall. Das Beschwerdegericht tritt nämlich in den Grenzen der Beschwerde als Tatsacheninstanz an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts. Das hat zur Folge, dass Fehler des erstinstanzlichen Gerichts grundsätzlich nicht zur Aufhebung seiner Entscheidung und zu einer - in Fällen wie dem vorliegenden nicht mehr möglichen - Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht, sondern dazu führen, dass das Beschwerdegericht selbst die sachlich gebotene Entscheidung trifft. Zu einer solchen eigenen Sachentscheidung ist es auch dann berechtigt, wenn im Einzelfall im Hinblick auf einen Verfahrensfehler ausnahmsweise die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht (dazu: BayObLG NJW-RR 2002, 679, 680 und 1086; OLG Zweibrücken NJW-RR 1993, 649; KG OLGZ 1982, 394, 398; Bassenge/Roth, FGG, 11. Aufl. § 25 Rn. 11; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 25 Rdn. 8; Keidel /Kuntze/Winkler/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25 Rdn. 21; von Schuckmann /Sonnenfeld/Briesemeister, FGG, 3. Aufl., § 25 Rdn. 23) gegeben sein sollten (BayObLG WE 1995, 32).
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f) Hiervon geht auch das Oberlandesgericht Oldenburg in seinem von dem vorlegenden Gericht angeführten Beschluss aus (InfAuslR 2006, 333, 334). Damit fehlt es an einer Divergenz.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Czub
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 22.05.2006 - 18 T 2729/06 -
OLG München, Entscheidung vom 19.09.2006 - 34 Wx 80/06 -

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

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bb) Ein Verstoß gegen die Pflicht zur vorherigen Anhörung drückt der gleichwohl angeordneten Sicherungshaft den Makel einer rechtswidrigen Frei- heitsentziehung auf, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist (Senat, Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 184/09, Rdn. 12, juris; BVerfG InfAuslR 1996, aaO S. 201). Dieser Fehler ist nicht heilbar. Deshalb kommt es bei der späteren Überprüfung der Haftanordnung im Rahmen von § 62 FamFG weder auf eine Nachholung der Anhörung noch darauf an, ob die Freiheitsentziehung in der Sache zu Recht angeordnet worden war (Senat, Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 184/09, juris Rdn. 12; BVerfG InfAuslR 2009, 164; 2006, 462, 464).

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

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b) Die Betroffene ist durch den Verfahrensmangel auch in ihrem Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) verletzt worden. Ob der auf der Verletzung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG beruhende Verfahrensfehler im Beschwerdeverfahren noch geheilt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung, weil das Beschwerdegericht die gebotene Anhörung der Betroffenen unterlassen hat und diese auf Grund der Abschiebung auch nicht mehr durchgeführt werden kann. Es ist deshalb zu Gunsten der Betroffenen davon auszugehen, dass die Beschwerdeentscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht, und die Rechtswidrigkeit der Beschwerdeentscheidung festzustellen (OLG Hamburg, InfAuslR 2007, 74, 76; OLG München, InfAuslR 2008, 87, 88), weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Beschwerdegericht nach einer Anhörung zu einer für die Betroffene günstigeren Entscheidung gelangt wäre (vgl. BVerfGE 62, 392, 396; 89, 381, 392 f.).