Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2018 - XI ZR 549/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:231018BXIZR549.17.0
bei uns veröffentlicht am23.10.2018
vorgehend
Landgericht Bamberg, 2 O 49/16, 20.09.2016
Oberlandesgericht Bamberg, 8 U 120/16, 09.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 549/17
vom
23. Oktober 2018
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher
Verträge keine Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten ist,
greift im Verhältnis zum Königreich Saudi-Arabien nicht ein.
BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - XI ZR 549/17 - OLG Bamberg
LG Bamberg
ECLI:DE:BGH:2018:231018BXIZR549.17.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Oktober 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

beschlossen:
Es wird angeordnet, dass die Klägerin wegen der Prozesskosten der Beklagten bis zum 31. Dezember 2018 eine weitere Sicherheit in Höhe von 18.622,79 € zu erbringen hat.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin, eine saudi-arabische Handelsgesellschaft, nimmt die Beklagte aus einer Bankgarantie in Anspruch. Auf Antrag der Beklagten ist der Klägerin durch Zwischenurteil des Landgerichts vom 7. Juni 2016 (LG Bamberg , 2 O 49/16, veröffentlicht bei juris) die Erbringung einer Prozesskostensicherheit für die Kosten erster und zweiter Instanz und durch Beschluss des Berufungsgerichts vom 31. Juli 2017 die Erbringung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit für die Kosten zweiter Instanz aufgegeben worden.
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Beklagte die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit für die Kosten der dritten Instanz.

II.

3
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit nach § 112 Abs. 3 ZPO sind gegeben.
4
1. Die Beklagte ist mit dem Verlangen nach weiterer Sicherheitsleistung nicht nach §§ 565, 532 Satz 2 ZPO ausgeschlossen. Die Rüge der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten gehört zu den die Zulässigkeit der Klage betreffenden verzichtbaren Rügen, die gem. § 282 Abs. 3 ZPO grundsätzlich vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache, und zwar für alle Rechtszüge , erhoben werden müssen (BGH, Urteile vom 1. April 1981 - VIII ZR 159/80, NJW 1981, 2646, vom 23. November 1989 - IX ZR 23/89, WM 1990, 373, 374, vom 15. Mai 2001 - XI ZR 243/00, NJW 2001, 3630 f. und vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148; Beschlüsse vom 21. Februar 2014 - IV ZR 350/13, juris Rn. 1 und vom 20. Februar 2017- IX ZR 195/16, juris Rn. 1). Da das erstinstanzliche Verlangen der Beklagten nach Sicherheitsleistung nicht eingeschränkt war, gilt es für die Kosten des gesamten Rechtsstreits einschließlich etwaiger Rechtsmittelzüge (BGH, Urteil vom 23. November 1989 - IX ZR 23/89, WM 1990, 373, 374). Überdies hat die Beklagte erklärt, dass sie sich die Nachforderung einer weiteren Sicherheit nach § 112 Abs. 3 ZPO vorbehalte, sollte der Rechtsstreit über mehr als zwei Instanzen ausgetragen werden. Damit hat sie die Rüge ausdrücklich unbeschränkt erhoben.
5
Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist über die Rüge durch Beschluss zu entscheiden, auch wenn die Pflicht zur Sicherheitsleistung oder deren Höhe in Streit steht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 2014 - IV ZR 350/13, juris Rn. 1 und vom 23. August 2017 - IV ZR 93/17, WM 2017, 1944 ff.; siehe ferner BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZR 204/12, WM 2012, 2289 Rn. 5 für die auf den Antrag nach § 250 ZPO ergehende streitige Zwischenentscheidung ).
6
2. Die Klägerin ist zur weiteren Sicherheitsleistung verpflichtet. Insoweit hat der Senat die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 und 2 ZPO ohne Bindung an das Zwischenurteil des Landgerichts selbstständig zu prüfen, weil darin - wie auch in dem Nachforderungsbeschluss des Berufungsgerichts - über eine Prozesskostensicherheit , die auch die dritte Instanz abdeckt, nicht entschieden worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148 f.; Beschluss vom 23. August 2017 - IV ZR 93/17, WM 2017, 1944 Rn. 5).
7
a) Die Klägerin als saudi-arabische Handelsgesellschaft hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt, d.h. ihren Sitz, nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.
8
b) Die Verpflichtung der Klägerin zur Leistung weiterer Prozesskostensicherheit ist nicht gem. § 110 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann, greift im Verhältnis zum Königreich Saudi-Arabien nicht ein.
9
Der Freundschaftsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich des Hedjas, Nedjd und der zugehörigen Gebiete vom 26. April 1929 (RGBl. 1930 II S. 1063 ff. - nachfolgend: deutsch-saudischer Freundschaftsvertrag ), der auch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien gilt (Bekanntmachung über die Wiederanwendung des Freundschaftsvertrages vom 31. Juli 1952 - BGBl. 1952 II S. 724), sieht eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Prozesskostensicherheit nicht vor.
10
aa) Allerdings bestimmt Art. 3 des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages : "Die Angehörigen des einen vertragschließenden Staates werden in dem Gebiet des anderen Staates nach den Grundsätzen und der Übung des allgemeinen Völkerrechts aufgenommen und genießen hinsichtlich ihrer Person und ihrer Güter die gleiche Behandlung wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation". Dieser Regelung entnehmen Teile der Literatur eine Befreiung von der Pflicht zur Leistung einer Prozesskostensicherheit (Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, 76. Aufl., Anh. § 110 Rn. 22; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 110 Rn. 44 Stichwort: Saudi-Arabien mit Fn. 241; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Anhang II - Stichwort: Saudi-Arabien; Nerz, Probleme der Streitbeilegung im Verhältnis zu China und Saudi-Arabien, 2. Aufl., S. 47; vgl. auch Dilger, ZZP 85 (1972), 408, 411).
11
bb) Nach anderer Auffassung enthält Art. 3 des Freundschaftsvertrages keine Befreiung von der Pflicht, Prozesskostensicherheit zu leisten. Es handele sich lediglich um eine allgemeine Meistbegünstigungs- (so Muthorst in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 110 Rn. 40 Stichwort: Saudi-Arabien) oder Inländergleichbehandlungsklausel (so - neben dem Landgericht in vorliegender Sache - auch LG Dortmund, Urteil vom 8. März 2017 - 10 O 94/16, juris Rn. 20 ff.; siehe ferner - allerdings ohne Qualifikation der Klausel - Jaspersen in Vorwerk /Wolf, BeckOK ZPO, 29. Edition, § 110 Rn. 25.7).
12
cc) Im Ergebnis zutreffend ist die letztgenannte Auffassung.
13
(1) Wenn Art. 3 des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages in Bezug auf den Rechtsweg den Grundsatz der Inländergleichbehandlung enthält, befreit dieser für sich schon deswegen nicht von der Verpflichtung zur Prozesskostensicherheit , weil § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht auf die Staatsbürgerschaft, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstellt, mithin auch der im Ausland ansässige Inländer der Sicherheitsleistungspflicht unterliegen kann (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2005, 724 f.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Anhang II; Falck/Rinnert, GRUR 2005, 225 f.; Schütze, IPrax 2002, 207, 208).
14
(2) Art. 3 des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages, der jedenfalls den Grundsatz der Meistbegünstigung enthält, kann auch nicht im Wege der Auslegung eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit entnommen werden. Die nach 1920 geschlossenen völkerrechtlichen Verträge des Deutschen Reiches, die sich - anders als der deutschsaudische Freundschaftsvertrag - ausdrücklich mit dem freien Zugang zu den Gerichten befassten, enthielten zum Teil Klauseln über die Befreiung von der Pflicht zur Sicherheitsleistung und beschränkten sich im Übrigen auf die Gewährleistung des Rechtswegs, teils verbunden mit einer rechtswegbezogenen Gleichbehandlungsklausel (RGZ 146, 8, 18 ff.). Dies zeigt, dass die beiden letztgenannten Klauseltypen allein eine Befreiung von der Pflicht zur Leistung einer Prozesskostensicherheit nicht bewirken (Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 110 Rn. 5; MünchKommZPO/Schulz, 5. Aufl., § 110 Rn. 20; Schmidt in Prütting/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 110 Rn. 14; Goldbeck in Kern/ Diehm, ZPO, § 110 Rn. 17), da es andernfalls der spezifischen Befreiungsklauseln neben der Gewährleistung des freien und gleichen Gerichtszugangs nicht bedurft hätte (vgl. RGZ 146, 8, 25 f.; Muthorst in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 110 Rn. 23; a.A. Kößler, JW 1930, 1802, 1804 f.; vgl. auch Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 1949, S. 437 f. mit Nachweisen zur damaligen österreichischen , französischen und russischen Position). Nichts anderes gilt, wenn der Grundsatz der Meistbegünstigung verbürgt ist (Nußbaum, Deutsches Internationales Privatrecht, 1932, S. 407 Fn. 4), jedenfalls wenn dies - wie bei Art. 3 des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages - ohne spezifischen Rechtswegbezug erfolgt (letzteres übersehen von Dilger, ZZP 85 (1972), 408, 411).
15
(3) Auch im Rahmen der Wiederinkraftsetzung des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages haben die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich Saudi-Arabien weder die geschilderte Vertragspraxis noch die vorzitierte Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 146, 8, 18 ff.) zum Anlass genommen, ergänzende Regelungen oder Erklärungen zur Befreiung von der Pflicht zur Leistung einer Prozesskostensicherheit aufzunehmen, obwohl die Wiederanwendungserklärung - wie die dort erstmals vorgesehene Beendigungsmöglichkeit belegt - Raum für ergänzende Regelungen bot.
16
3. Die Höhe der weiteren Sicherheit bemisst der Senat auf Grundlage eines Streitwerts von bis zu 800.000 € nach den möglichen Anwaltskosten für die dritte Instanz (für die Nichtzulassungsbeschwerde mit möglicher anschließender Revision: 2,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 9.459,90 €, 1,5 Terminsgebühr in Höhe von 6.169,50 €, Auslagenpauschale in Höhe von 20 €, zzgl. Umsatzsteuer 2.973,39 €, insgesamt 18.622,79 €).
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 20.09.2016 - 2 O 49/16 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 09.08.2017 - 8 U 120/16 -

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Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

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Die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens und die in diesem Titel erwähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 112 Höhe der Prozesskostensicherheit


(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. (2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Bek

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Verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und die entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Dasselbe gilt für verzichtbare ne

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Tenor Es wird angeordnet, dass die Klägerin wegen der Prozesskosten der Beklagten bis zum 28. März 2014 eine weitere Sicherheit in Höhe von 7.356,94 € zu leisten hat.

Referenzen

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

Tenor

1. Die Klägerin hat bis zum 26.07.2016 eine Prozesskostensicherheit durch Hinterlegung in Höhe von 32.000,00 € oder in Form einer schriftlichen, unbedingten und unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts oder inländischen Kautionsversicherers, gemäß §§ 232, 239 BGB, in gleicher Höhe (32.000,00 €) erbringen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Garantievertrag mit Klageschrift vom 29.01.2016 geltend.

Die in Saudi-Arabien ansässige Klägerin, die am Bau des Flughafens „King Abdulaziz International Airport“ in Jeddah, Saudi-Arabien beteiligt war, beauftragte die Firma ... dazu, die Stahlrahmenkonstruktion des Flughafengebäudes zu liefern und zu montieren. Zwischen der Klägerin und ... wurden am 22.02.2012 diesbezüglich zwei getrennte Verträge geschlossen: Liefervertrag und Montagevertrag über die Stahlrahmenkonstruktion. Diese Verträge wurden derart miteinander verknüpft, dass ein Verstoß gegen einen Vertrag in jedem Fall auch einen Verstoß gegen den anderen Vertrag darstellt. Die Beklagte gab dafür, dass ... die vertraglichen Vereinbarungen einhält, der Klägerin gegenüber zwei getrennte Garantien auf erstes Anfordern in Höhe von zunächst 10%, nach vorgesehener Reduzierung des Garantiebetrages auf später 5% des jeweiligen Vertragsvolumens, mit Laufzeit bis 13.08.2014, ab. Die Klägerin machte auch beide Garantien geltend.

Streitig ist diesbezüglich nur die Gewährung eines Anspruchs aus einem der Garantieverträge (Liefervertrag); die Beklagte lehnt diesen aufgrund u. a. rechtsmissbräuchlichen Verhalten der Klägerin ab.

In dem hier zu entscheidenden Zwischenstreit ist zunächst nur die Verpflichtung der Klägerin zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 1 ZPO gegenständlich.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Auferlegung der Prozesskostensicherheit vorliegen, da die Klägerin Ihren Sitz nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum habe, sondern in Saudi-Arabien. Des Weiteren bestünden zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien keine bilateralen Verträge, welche die Befreiung von der Prozesskostensicherheitspflicht gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zum Gegenstand hätten.

Die Beklagte beantragt,

Der Klägerin wird auferlegt, Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 1 ZPO für die Rechtsanwaltsgebühren erster und zweiter Instanz in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts oder inländischen Kautionsversicherers, gemäß §§ 232, 239 BGB, in Höhe von 31.478,85 € zu leisten.

Der Klägerin beantragt,

Der Antrag der Beklagten ist zurückzuweisen.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, sie sei nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht verpflichtet, der Beklagten Prozesskostensicherheit zu leisten. Dies ergebe sich aus Art. 3 des deutsch-saudi-arabischen Freundschaftsvertrages vom 26.04.1929 in welchem die gegenseitige Befreiung von Sicherheitsleistungen vereinbart wurde.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 13.05.2016 wurde mit Zustimmung beider Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet; der 03.06.2016 wurde als Termin bestimmt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

Gründe

I.

Der Kläger ist zur Hinterlegung oder Beibringung einer Bankbürgschaft verpflichtet, da die staatsvertragliche Regelung zwischen Deutschland und Saudi-Arabien keine ausdrückliche Befreiung zur Prozesskostensicherheit enthält und lediglich den Rechtsweg garantiert. Der Streit der Parteien über die Verpflichtung gemäß § 110 ZPO Prozesskostensicherheit zu leisten, ist durch Zwischenurteil zu entscheiden (BGH, NJW-RR 1990, 378; BGH, NJW 1974, 238).

1. Zulässigkeit

Der zulässige, insbesondere rechtzeitig im Sinne von § 282 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestellte Antrag der Beklagten auf Leistung einer Prozesskostensicherheit durch die Klägerin ist begründet, weil die Voraussetzungen des § 110 ZPO Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

2. Aufenthalt des Klägers

Gemäß § 110 Abs. 1 ZPO muss ein Kläger, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten. Bei Gesellschaften gilt als gewöhnlicher Aufenthalt deren Sitz im Sinne von § 17 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat Ihren Sitz in Jeddah, Saudi-Arabien, also nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

3. staatsvertragliche Regelung

Nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO tritt die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung wegen der Prozesskosten jedoch dann nicht ein, wenn aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien besteht der deutsch-saudi-arabische Freundschaftsvertrages vom 26.04.1929. Die Klägerin verweist insofern auf Art. 3 dieses Vertrages und ist der Ansicht, dass Sie aufgrund dessen keine Sicherheit zu leisten braucht (so auch Nerz, Probleme der Streitbeilegung im Verhältnis zu China und Saudi-Arabien, April 2011, S. 47).

Art. 3 lautet: „Die Angehörigen des einen vertragschließenden Staates werden in dem Gebiet des anderen Staates nach den Grundsätzen und der Übung des allgemeinen Völkerrechts aufgenommen und genießen hinsichtlich ihrer Person und ihrer Güter die gleiche Behandlung wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation. (...)“. Gemäß des Bundesgesetzblattes vom 31.07.1952 ist dieser Freundschaftsvertrag auch wiederanzuwenden (Bundesgesetzblatt 1952, Teil II, vom 31.07.1952, S. 724; der Vertrag wurde durch die BRD mit dem Rechtsvorgänger (Königreich des Hedjas, Nedjd und der zugehörigen Gebiete) geschossen und für wiederanwendbar erklärt).

Der angegebene Artikel des von der Klägerin zitierten Vertrages ist indes nicht ausreichend, um die Klägerin von der Pflicht zur Sicherheitsleitung zu befreien. Voraussetzung einer Befreiung aufgrund eines Staatsvertrages ist vielmehr, dass es sich um eine ausdrückliche staatsvertragliche Regelung diesbezüglich handelt.

Nicht ausreichend sind dagegen Klauseln (wie in Art. 3 des Freundschaftsvertrages enthalten) welche lediglich den freien und ungehinderten Zutritt zu den Gerichten gewähren oder Aus- und Inländern bei gerichtlicher Geltendmachung ihrer Rechte gleichstellen (vgl. Münchner Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage, 2008, § 110, Rn. 17 m.w.N.).

Zweck solcher Klauseln ist lediglich, den Rechtsweg zu garantieren (Giebel, MüKo, § 110, Rn. 17).

Diese Voraussetzung liegt im Rechtsverhältnis zu Saudi-Arabien also nicht vor, da eine ausdrückliche Befreiung der Pflicht zur Sicherheitsleistung im Vertrag nicht geregelt ist.

So wird Saudi-Arabien auch an anderer Stelle nicht unter den Staaten aufgeführt, deren Staatsangehörige von der Erbringung einer Sicherheitsleistung befreit sind (Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Anhang II; Zöller/Geimer, ZPO, Anhang IV).

Es fehlt insoweit an der Verbürgung der Gegenseitigkeit im deutsch-saudi-arabischen Verhältnis und der ausdrücklichen Befreiung von der Prozesskostensicherheit (vgl. so auch Krüger, IPRax 2005, 386; sowie weiter: Schütze, Probleme des Internationalen Zivilprozessrechts in der ZPO, § 328, S. 157f und S. 163, ebenso: Zöller-Geimer Anhang IV zur Zivilprozessordnung, ab S. 3394 (S. 3401: Saudi-Arabien, § 110 II Nr. 1 und 2 „Nein“), ebenso: Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Auflage 2015, Anhang II S. 9, a.A. lediglich (ohne Begründung) Baumbach/Lauterbach 74. Auflage 2016, Anhang zu § 110, Rn. 22 und Nerz, Probleme der Streitbeilegung im Verhältnis zu China und Saudi-Arabien, April 2011, S. 47).

4. Höhe der Sicherheit

Die Höhe der Sicherheit war nach § 112 ZPO nach freiem Ermessen des Gerichts festzusetzen. Die fremden Anwaltskosten für zwei Instanzen belaufen sich auf ca. 32.500,00 € (außergerichtliche Kosten des Gegners ca. 6.400,00 €, Kosten 1. Instanz für den gegnerischen Anwalt ca. 12.300,00 € und der 2. Instanz ca. 13.800,00 €). Somit war die Sicherheit auf ca. 32.000,00 € für die fremden Anwaltskosten über zwei Instanzen festzusetzen. An den Antrag der beklagten Partei war das Gericht nicht gebunden.

5. Art der Sicherheit und Frist

Die Art der Sicherheit war nach § 108 Abs. I ZPO zu bestimmen. Die Fristsetzung folgt aus § 113 Abs. I ZPO.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten (Bacher, Beck'scher Online-Kommentar ZPO, 20. Edition, Rn. 19).

(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.

(2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Beklagten durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

Verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und die entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Dasselbe gilt für verzichtbare neue Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, wenn die Partei sie im ersten Rechtszug hätte vorbringen können. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

Tenor

Es wird angeordnet, dass die Klägerin wegen der Prozesskosten der Beklagten bis zum 28. März 2014 eine weitere Sicherheit in Höhe von 7.356,94 € zu leisten hat.

Gründe

1

Die Voraussetzungen für die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit sind nach § 112 Abs. 3 ZPO gegeben. Die Beklagten haben die Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten mit ihrer Klageerwiderung vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache rechtzeitig und uneingeschränkt für alle Rechtszüge erhoben (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148 unter 1 m.w.N.). Das Landgericht hat mit Zwischenurteil vom 31. Juli 2012 die Sicherheit nach den voraussichtlichen Anwaltskosten der Beklagten für die ersten beiden Rechtszüge und den Gerichtskosten der Berufungsinstanz berechnet. Da nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten die angeordnete Sicherheit die Verfahrensgebühren des dritten Rechtszuges nicht abdeckt und die Klägerin weiterhin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Südafrika hat, können die Beklagten eine weitere Sicherheit verlangen. Die Klägerin kann von der Pflicht zur Sicherheitsleistung nicht deshalb befreit werden, weil ihre Rechtsschutzversicherung für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Deckung zugesagt hat. Die Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung gehört nicht zu den Befreiungstatbeständen gemäß § 110 Abs. 2 ZPO. Der Antrag auf Stellung einer weiteren Prozesskostensicherheit ist auch nicht treuwidrig.

2

Die Höhe der weiteren Sicherheit bemisst der Senat auf der Grundlage des Streitwerts von 102.537,18 € nach den möglichen Anwaltskosten für die dritte Instanz (für die Nichtzulassungsbeschwerde mit möglicher anschließender Revision: 2,3-Verfahrensgebühr in Höhe von 3.456,90 €, 0,3-Erhöhungsgebühr in Höhe von 450,90 €, 1,5-Terminsgebühr in Höhe von 2.254,50 €, Auslagenpauschale in Höhe von 20 €, zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 1.174,64 €, insgesamt 7.356,94 €).

Mayen                               Felsch                                   Harsdorf-Gebhardt

              Dr. Karczewski                     Dr. Brockmöller

1
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit sind nach § 112 Abs. 3 ZPO gegeben. Die Beklagte hat die Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten nach § 110 ZPO mit ihrer Klageerwiderung vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache rechtzeitig und uneingeschränkt für alle Rechtszüge erhoben (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148 mwN). Das Landgericht hat mit Beschluss vom 31. März 2011 die Sicherheit nach den voraussichtlich in erster Instanz entstehenden Kosten der Beklagten berechnet, das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2013 eine weitere Sicherheit nach den Gerichtskosten und den Kosten der Beklagten für die zweite Instanz. Da die bisher angeordnete Sicherheit die Verfahrensgebühren des dritten Rechtszuges nicht abdeckt und die Klägerin weiterhin ihren Sitz auf den Britischen Jungferninseln (Virgin Islands) hat, kann die Beklagte eine weitere Sicherheit verlangen.

(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.

(2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Beklagten durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.

Tenor

Es wird angeordnet, dass die Klägerin wegen der Prozesskosten der Beklagten bis zum 28. März 2014 eine weitere Sicherheit in Höhe von 7.356,94 € zu leisten hat.

Gründe

1

Die Voraussetzungen für die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit sind nach § 112 Abs. 3 ZPO gegeben. Die Beklagten haben die Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten mit ihrer Klageerwiderung vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache rechtzeitig und uneingeschränkt für alle Rechtszüge erhoben (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148 unter 1 m.w.N.). Das Landgericht hat mit Zwischenurteil vom 31. Juli 2012 die Sicherheit nach den voraussichtlichen Anwaltskosten der Beklagten für die ersten beiden Rechtszüge und den Gerichtskosten der Berufungsinstanz berechnet. Da nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten die angeordnete Sicherheit die Verfahrensgebühren des dritten Rechtszuges nicht abdeckt und die Klägerin weiterhin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Südafrika hat, können die Beklagten eine weitere Sicherheit verlangen. Die Klägerin kann von der Pflicht zur Sicherheitsleistung nicht deshalb befreit werden, weil ihre Rechtsschutzversicherung für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Deckung zugesagt hat. Die Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung gehört nicht zu den Befreiungstatbeständen gemäß § 110 Abs. 2 ZPO. Der Antrag auf Stellung einer weiteren Prozesskostensicherheit ist auch nicht treuwidrig.

2

Die Höhe der weiteren Sicherheit bemisst der Senat auf der Grundlage des Streitwerts von 102.537,18 € nach den möglichen Anwaltskosten für die dritte Instanz (für die Nichtzulassungsbeschwerde mit möglicher anschließender Revision: 2,3-Verfahrensgebühr in Höhe von 3.456,90 €, 0,3-Erhöhungsgebühr in Höhe von 450,90 €, 1,5-Terminsgebühr in Höhe von 2.254,50 €, Auslagenpauschale in Höhe von 20 €, zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 1.174,64 €, insgesamt 7.356,94 €).

Mayen                               Felsch                                   Harsdorf-Gebhardt

              Dr. Karczewski                     Dr. Brockmöller

5
1. Insoweit hat der Senat selbständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO (noch) gegeben sind. Dem steht entgegen der Auffassung der Beklagten keine Bindungswirkung des Zwischenurteils des Landgerichts entgegen, weil darin über eine Prozesskostensicherheit , die auch die dritte Instanz abdeckt, nicht entschieden worden ist (vgl. auch BGH, Zwischenurteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148, wo die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO in einem gleichgelagerten Fall ebenfalls selbständig geprüft worden sind).
5
1. Der Antrag der Streithelferin der Beklagten ist zulässig. Sie und die Klägerin streiten über die Frage, ob das vor dem Senat anhängige, gemäß § 240 ZPO unterbrochene Verfahren über die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts vom 24. Februar 2009 mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 25. Juni 2012 gegen die Streithelferin aufgenommen werden konnte und damit fortzusetzen ist. Es handelt sich somit um einen Zwischenstreit über die Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Aufnahme, über den im Beschwerdeverfahren entsprechend § 303 ZPO durch Beschluss zu entscheiden ist (zum Zwischenurteil über die Fortsetzung des Revisionsverfahrens vgl. BGH, Urteil vom 24.September 1982 - V ZR 188/79, WM 1982, 1170; zur Entscheidung durch Zwischenurteil bei Streit über die Wirksamkeit der Aufnahme gemäß § 250 ZPO vgl. Musielak/ Stadler, ZPO, 9. Aufl., § 250 Rn. 2 mwN; zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 303 ZPO im Beschwerdeverfahren vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 303 Rn. 2).

Die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens und die in diesem Titel erwähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

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1. Insoweit hat der Senat selbständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO (noch) gegeben sind. Dem steht entgegen der Auffassung der Beklagten keine Bindungswirkung des Zwischenurteils des Landgerichts entgegen, weil darin über eine Prozesskostensicherheit , die auch die dritte Instanz abdeckt, nicht entschieden worden ist (vgl. auch BGH, Zwischenurteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148, wo die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO in einem gleichgelagerten Fall ebenfalls selbständig geprüft worden sind).

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.