Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2009 - VI ZB 69/08

bei uns veröffentlicht am24.11.2009
vorgehend
Landgericht Hamburg, 331 O 45/04, 29.04.2008
Hanseatisches Oberlandesgericht, 10 U 28/08, 29.08.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 69/08
vom
24. November 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Überwachung des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, wenn ein Verlängerungsantrag
gestellt wird.
BGH, Beschluss vom 24. November 2009 - VI ZB 69/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. November 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin
Diederichsen und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. August 2008 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 86.669,71 €

Gründe:

I.

1
Der Beklagte hat gegen das ihm am 31. März 2008 zugestellte Urteil des Landgerichts am 29. April 2008 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist lief am 2. Juni 2008 (Montag) ab. Die Berufungsbegründung ist beim Berufungsgericht am 11. Juni 2008 eingegangen. Mit Schreiben vom 27. Juni 2008 hat das Berufungsgericht auf die Unzulässigkeit der Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO wegen Nichteinhaltung der Berufungsbegründungsfrist hingewiesen. Daraufhin hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 4. Juli 2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er hat geltend gemacht, sein Prozessbevollmächtigter habe am 26. Mai 2008 einen Fristverlängerungsantrag zur Post gegeben, der verloren gegangen sein müsse. Nach Postversendung des Fristverlängerungsantrages und Abheften einer Fotokopie davon in der Handakte habe die Kanzleiangestellte M. die Frist bis 2. Juni 2008 im Terminkalender gestrichen und als neue Frist für die Berufungsbegründung den 13. Juni 2008 notiert.
2
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht.
4
1. Das Berufungsgericht hat die Versagung der Wiedereinsetzung wie folgt begründet: Aus dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag ergebe sich ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten dahin gehend, dass die gerichtliche Fristverlängerung nicht kontrolliert werde. Dazu habe er ausgeführt, er habe angesichts der Begründung des Antrags darauf vertrauen dürfen, dass die Fristverlängerung antragsgemäß bewilligt werde. Allerdings sei er grundsätzlich gehalten, zunächst das hypothetische Ende der Fristverlängerung einzutragen und nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung zu überprüfen. Eine gerichtliche Mitteilung sei offenbar nicht erwartet worden, eine entsprechende Kontrolle sei deshalb nicht erfolgt. Durch die Formulierung des letzten Absatzes des Fristverlängerungsantrages werde auf eine gerichtliche Mitteilung verzichtet. Die erforderliche Kontrolle könne unter diesen Umständen nicht er- folgen. Wäre im Büro des Prozessbevollmächtigten die Anweisung erteilt wor- den, die hypothetische Frist nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung zu kontrollieren , so wäre noch während der bis zum 2. Juni 2008 laufenden Berufungsbegründungsfrist festgestellt worden, dass der Verlängerungsantrag bei Gericht nicht angekommen sei.
5
2. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil ein dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Organisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten vorliegt.
6
a) Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der Fristverlängerungsantrag wie vorgetragen zur Post gegeben wurde, dann aber verloren ging. Insoweit weist die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf hin, dass dem Prozessbevollmächtigten einer Partei der Verlust eines fristwahrenden Schriftsatzes auf dem Postweg nicht anzulasten sei, dass er auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten vertrauen dürfe und dass er grundsätzlich nicht verpflichtet sei, sich bei Gericht nach dem Eingang eines Schriftsatzes telefonisch zu erkundi- gen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - VersR 2008, 234, 235, m.w.N.). Ferner ist davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte mit einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch das Gericht rechnen durfte. Denn ein Rechtsanwalt darf regelmäßig erwarten, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen wird, wenn er einen erheblichen Grund - hier: ständiger Auslandsaufenthalt des Beklagten sowie Auslandsaufenthalte und Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten wegen vorrangiger Fristsachen - vorträgt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - Juris Rn. 6; vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - aaO).
7
b) Es ist aber weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in seiner Kanzlei dafür Sorge getragen hat, dass nach einem Fristverlängerungsantrag die Frist nicht versäumt wird.
8
aa) Bei Zustellung des Urteils sind die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender einzutragen. Wird die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt, darf sie nicht in der Weise vorgemerkt werden, dass schon mit der Antragstellung der Endpunkt der Frist im Kalender eingetragen wird, als ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt bewilligt worden sei. Es handelt sich nämlich zunächst um eine hypothetische Frist, da der Vorsitzende die Frist auch auf einen kürzeren Zeitraum als beantragt bewilligen kann. Der Eintrag des endgültigen Fristablaufs ist deshalb erst dann zulässig, wenn die Verlängerung tatsächlich gewährt worden ist. In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem Ablauf der Frist, deren Verlängerung beantragt worden ist, das wirkliche Ende der Frist - gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht - festgestellt wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - Juris Rn. 7; vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - aaO; BGH, Beschluss vom 26. Juni 2006 - II ZB 26/05 - VersR 2007, 713, jeweils m.w.N.). Das gilt auch, wenn die Fristverlängerung bereits einige Tage vor Fristablauf beantragt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663).
9
bb) Weder die Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs noch die Rechtsbeschwerde enthalten Vortrag dazu, dass im Büro des Prozessbevollmächtigten des Beklagten die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen vorgesehen waren. Dieser durfte auf die Gewährung der beantragten Fristverlängerung nicht so lange vertrauen, wie er keine anders lautende Nachricht vom Gericht erhielt. Er hätte sich vielmehr rechtzeitig über das wirkliche Ende der Frist, gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht, Gewissheit verschaffen müssen, nachdem keine entsprechende Verfügung zugegangen war (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - Juris Rn. 8; vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - aaO).
10
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war dieses Versäumnis kausal für die Fristversäumung. Da die Kanzleiangestellte M. die Frist bis 2. Juni 2008 im Terminkalender gestrichen und als neue Frist für die Berufungsbegründung den 13. Juni 2008 notiert hatte, wurde die Akte dem Prozessbevollmächtigten nicht mehr im Hinblick auf die möglicherweise bereits am 2. Juni 2008 ablaufende Frist vorgelegt. Wäre diese Frist nicht gelöscht, son- dern lediglich bei ihr der Verlängerungsantrag vermerkt worden, hätte eine solche Vorlage erfolgen müssen. Es hätte sich dann herausgestellt, dass auf den bereits am 26. Mai 2008 abgesandten Fristverlängerungsantrag noch keine Reaktion des Gerichts vorlag. Eine Nachfrage bei Gericht hätte sodann ergeben , dass der Antrag dort nicht eingegangen war, so dass noch am 2. Juni 2008 entweder ein erneuter Verlängerungsantrag hätte gestellt oder aber die Berufungsbegründung hätte eingereicht werden können.
11
Unter diesen Umständen ist es im Ergebnis unerheblich, ob das Berufungsgericht dem letzten Absatz des Fristverlängerungsantrags eine unrichtige Bedeutung beigemessen hat. Dort heißt es: "Sollte ich keine anders lautende Nachricht erhalten, gehe ich davon aus, dass die beantragte Fristverlängerung gewährt wird". Die Rechtsbeschwerde führt aus, diese Formulierung enthalte keinen Verzicht auf die Mitteilung der bewilligten Verlängerung und damit auf die Feststellung der wirklichen Frist, sondern solle nur der Erwartung des Anwalts Ausdruck verleihen, dass sein erster, ordnungsgemäß begründeter Verlängerungsantrag nicht ohne "Vorwarnung" abgelehnt werde; als Verzicht auf die Mitteilung der Bewilligung der Verlängerung könne die Formu- lierung nicht aufgefasst werden, weil es dieser Mitteilung für den Anwalt bedürfe , um die Abgleichung der zunächst nur hypothetischen (beantragten) Frist mit der wirklichen (bewilligten) Frist zu ermöglichen. Dies ist im Ansatz zutreffend. Allerdings hat die Abgleichung mit dem Ziel der Einhaltung der tatsächlich laufenden Frist zu erfolgen, bei der es sich auch um die ursprüngliche Frist handeln kann, wenn eine Verlängerung - aus welchen Gründen auch immer - nicht erfolgt. Dies ist ersichtlich nur dann möglich, wenn die ursprüngliche Frist nicht bereits bei Absendung des Verlängerungsantrags gestrichen wird. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.04.2008 - 331 O 45/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.08.2008 - 10 U 28/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 65/06
vom
16. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei Beschlüssen, die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder
von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der
Urschrift ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen ist.

b) Der Eintrag des endgültigen Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender
ist erst zulässig, wenn eine beantragte Fristverlängerung tatsächlich gewährt
worden ist.
BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - LG München I
AG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2007 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. August 2006 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.230 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen eines Verkehrsunfalls geltend. Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 13. März 2006 zugestellte Urteil des Amtsgerichts, mit dem die Klage abgewiesen wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 13. April 2006 Berufung eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Mai 2006, der am selben Tage bei dem Berufungsgericht eingegangen ist, hat sie um "Fristverlängerung um einen Monat, bis zum 15. Juni 2006" zur Berufungsbegründung gebeten. Eine Einwilligung des Prozessgegners hat sie nicht vorgetragen.
2
Am 16. Mai 2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. Juni 2006 verlängert, weil die Zustellung des Urteils am 13. März 2006 erfolgt sei, und eine Mitteilung an die Parteivertreter per Telefax verfügt. Ausweislich eines Vermerks in den Akten wurde diese Verfügung am 23. Mai 2006 ausgeführt.
3
Die Berufungsbegründung ging am 16. Juni 2006 (dem Tag nach Fronleichnam ) bei dem Berufungsgericht ein. Nach dem Hinweis, dass die Berufungsbegründung verspätet eingegangen sei, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, sie hätten die Fristverlängerung bis zum 15. Juni 2006 beantragt, weil der 13. Mai 2006 ein Samstag gewesen sei. Dass die Berufungsbegründungsfrist nur bis 13. Juni 2006 verlängert worden sei, sei nicht mitgeteilt worden. Sie hätten daher davon ausgehen können, dass die Fristverlängerung , wie beantragt, bis zum 15. Juni 2006 gewährt worden sei. Vorsorglich haben sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Ohne Einwilligung des Gegners habe die Begründungsfrist um einen Monat , also bis 13. Juni 2006, verlängert werden können. Diese rechtlichen Erwägungen ergäben sich aus dem Gesetz. Die Nichtkenntnis von einer gerichtlichen Entscheidung fingiere keine antragsgemäße Entscheidung. Die Klägervertreter seien daher verpflichtet gewesen, sich innerhalb der Begründungsfrist nach der beantragten Entscheidung zu erkundigen.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht.
6
a) Die angefochtene Entscheidung ist nicht bereits deswegen aufzuheben , weil aus ihrer Urschrift die Parteien des Rechtsstreits nicht ersichtlich sind. Zwar ist der Beschluss formell fehlerhaft zustande gekommen, weil ein vollständiges Rubrum entsprechend § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlt. Bei Beschlüssen , die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der Urschrift selbst ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen sein soll. Auch wenn § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht auf § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verweist, ist allgemein anerkannt, dass auch für Beschlüsse die letztgenannte Vorschrift entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2001 - XII ZB 75/00 - VersR 2002, 464; vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 72/03 - NJW 2003, 3136, 3137; OLG Köln BB 2001, 1498; OLG Jena, OLGR 2003, 122). Trotz dieses Rechtsmangels liegt aber ein wirksamer Beschluss vor, bei dem unter Berücksichtigung des Urteils erster Instanz sowie des Berufungsverfahrens ohne weiteres ersichtlich ist, zwischen welchen Parteien der Rechtsstreit stattgefunden hat und hinsichtlich welcher Parteien der angefochtene Beschluss erlassen ist. Besondere Umstände, die hier eine Feststellung der Parteien erschweren würde, liegen nicht vor. Deshalb ist nicht allein wegen des fehlerhaften Rubrums eine Aufhebung des Beschlusses erforderlich.
7
b) Wie vom Berufungsgericht angenommen, lief die Berufungsbegründungsfrist mit dem 13. Juni 2006 ab, weil die Frist nur bis zu diesem Zeitpunkt verlängert worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 8). Die Verfügung vom 16. Mai 2006 ist kein gerichtsinterner Vor- gang geblieben, auch wenn die Klägerin geltend macht, diese Verfügung sei ihren Prozessbevollmächtigten nicht zugegangen. Ausweislich seines Schriftsatzes vom 10. August 2006 wurde die Verfügung jedenfalls dem Beklagtenvertreter per Fax zugeleitet. Die Verlängerung bedurfte, auch soweit sie hinter dem Antrag der Klägervertreter zurückblieb, keiner förmlichen Zustellung, weil sie keine Frist in Lauf setzte (BGHZ 93, 300, 305), so dass nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO die formlose Mitteilung genügte. Die Teilablehnung der Fristverlängerung kann außerdem nach § 225 Abs. 3 ZPO nicht angefochten werden.
8
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin sind keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie bzw. ihre Prozessbevollmächtigten, deren Verschulden ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (vgl. §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO).
9
aa) Zwar kann der Klägerin kein Verschulden ihrer Prozessvertreter insoweit angelastet werden, als diese auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertrauten, nachdem sie einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579, 1580; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Demgemäß waren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin grundsätzlich auch nicht verpflichtet, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 12. März 1986 - VIII ZB 6/86 - VersR 1986, 787, 788; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560).
10
bb) Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben aber weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass sie durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen haben, dass nach einem Fristverlängerungsantrag die Frist nicht versäumt wird.
11
Für die Kontrolle von Fristen bei Fristverlängerungsanträgen gelten grundsätzlich entsprechende Voraussetzungen wie für die unmittelbare Fristenkontrolle von Berufung und Berufungsbegründung. Danach ist es erforderlich, das mutmaßliche Ende einer Berufungsbegründungsfrist bei oder alsbald nach Einreichung einer Berufungsschrift im Fristenkalender einzutragen. Dieser Vermerk muss später anhand der gerichtlichen Eingangsbestätigung überprüft werden, damit sichergestellt ist, dass keine hypothetische, sondern die wirkliche Frist eingetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 7; BGH, Beschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663 m.w.N.). Die Eintragung nur vorläufig berechneter bzw. hypothetischer Fristen birgt nämlich eine Gefahrenquelle, weil sie leicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das wirkliche Fristende auf einen anderen Tag als angenommen fällt. Dementsprechend darf eine beantragte Fristverlängerung nicht in der Weise vorgemerkt werden, dass schon mit der Antragstellung der Endpunkt der Frist im Kalender eingetragen wird, als ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt bewilligt worden sei. Auch hierbei handelt es sich nämlich zunächst um eine hypothetische Frist, da der Vorsitzende die Frist auch auf einen kürzeren Zeitraum als beantragt bewilligen kann. Der Eintrag des endgültigen Fristablaufs ist deshalb erst dann zulässig, wenn die Verlängerung tatsächlich gewährt worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - BGH-Report 2001, 483, 484; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - BGH-Report 2002, 246, 247). In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist - gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht - festgestellt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - aaO; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - aaO; vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 16).
12
Die Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs enthält keinen Vortrag dazu, dass im Büro der Prozessbevollmächtigten der Klägerin solche organisatorischen Maßnahmen vorgesehen waren. Diese durften aber entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auf die Gewährung der beantragten Fristverlängerung nicht so lange vertrauen, wie sie keine anders lautende Nachricht von dem Gericht erhielten (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 8). Sie hätten sich vielmehr rechtzeitig über das wirkliche Ende der Frist, gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht, Gewissheit verschaffen müssen, nachdem keine entsprechende Verfügung zugegangen war. Der Umstand , dass nach § 224 Abs. 3 ZPO entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet wird, hier also von dem Tag an, an dem die gesetzliche Berufungsbegründungsfrist unter Berücksichtigung des ursprünglichen Fristendes an einem Sonnabend abgelaufen wäre (§ 222 Abs. 2 ZPO), ändert hieran nichts. Diese Besonderheit hätte die Prozessbevollmächtigten allenfalls zu einer besonderen Sorgfalt bei der Fristenkontrolle veranlassen können.
13
d) Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.
14
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 16.02.2006 - 332 C 10492/05 -
LG München I, Entscheidung vom 17.08.2006 - 17 S 7048/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 52/05
vom
13. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge,
Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 4. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 802,50 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat gegen das seine Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts vom 22. März 2005, das seinem Prozessbevollmächtigten am 24. März 2005 zugestellt worden ist, am Montag, dem 25. April 2005, Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 25. Mai 2005 wies der Vorsitzende der Berufungskammer den Kläger darauf hin, dass die Berufung nicht innerhalb der am 24. Mai 2005 endenden Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei. Mit einem am 6. Juni 2005 bei Gericht eingegangenen Schreiben berief sich der Klägervertreter darauf, dass er am 20. Mai 2005 einen Antrag auf Verlängerung der Beru- fungsbegründungsfrist um einen Monat gestellt habe. Er beantragte außerdem vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches trug er unter anwaltlicher Versicherung vor, dass er am 20. Mai 2005 den Antrag auf Fristverlängerung zusammen mit anderer Geschäftspost zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr in den Briefkasten eingeworfen habe. Der Verlängerungsantrag müsse bei der Post oder im Bereich des Gerichts abhanden gekommen sein. Einer Rückfrage bei Gericht, ob die Verlängerung bewilligt werde, habe es nicht bedurft, da darauf bei einem begründeten ersten Antrag ohne weiteres vertraut werden dürfe. Dem Schreiben war in der Anlage ein Fristverlängerungsantrag vom 20. Mai 2005 beigefügt, in dem der Klägervertreter wegen der derzeitigen Arbeitsüberlastung infolge einer Häufung von Gerichtsterminen und Fristsachen die Verlängerung der am 24. Mai 2005 ablaufenden Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt hat. Die Berufungsbegründungsschrift ging am 8. Juni 2005 beim Landgericht ein.
2
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 4. Juli 2005 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldhafter Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe, nachdem er an einem Freitagabend den Schriftsatz zur Post gebracht habe, gewusst, dass am Montag, dem 23. Mai 2005 eine Sachbearbeitung beim Rechtsmittelgericht faktisch ausgeschlossen sei. Damit sei der vorletzte Tag der Frist erreicht worden. Da gegen Fristende die Sorgfaltspflichten des Anwalts zunähmen, hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers spätestens am Morgen des 24. Mai 2005 beim Prozessgericht nachfragen müssen, ob sein Antrag vorliege und ob er bearbeitet werde. Den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hat das Berufungsgericht mit Verfügung vom 22. Juni 2005 als unzulässig verworfen.
3
Der Beschluss vom 4. Juli 2005 ist dem Klägervertreter am 7. Juli 2005 zugestellt worden. Der Kläger hat dagegen am 3. August 2005 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Monate mit Schriftsatz vom 16. September 2005, eingegangen am 21. September 2005, begründet.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß den §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. §§ 574 ff. ZPO). Sie ist auch begründet und führt zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 577 Abs. 4 ZPO).
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Zugang zu den in den Gerichtsordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise, erschwert werden. Eine solche unzumutbare Erschwerung liegt vor, wenn Gerichte bei der Entscheidung über Verlängerungsanträge und über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein Verhalten als schuldhaft ansehen, das nach der Rechtsprechung eines Obersten Bundesgerichts eindeutig nicht zu beanstanden ist. Nur wenn dem betroffenen Rechtsanwalt bekannt sein muss, dass bei dem angerufenen Gericht eine strengere Handhabung von Verfahrensvorschriften zu erwarten ist, kann eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein (BVerfGE 79, 372, 376; BVerfG, NJW 2000, 1634 und NJW 1998, 3703 m.w.N.).
6
2. Im vorliegenden Fall durfte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Entscheidung über seinen Berufungsbegründungsfristverlänge- rungsantrag auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlassen , wonach seinem Verlängerungsantrag hätte stattgegeben werden müssen. Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund vorgetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99 - VersR 2000, 1433 und vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - VersR 2002, 1576; v. Pentz, NJW 2003, 858, 865; Born, NJW 2005, 2042, 2047). Vorliegend handelte es sich um die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist; nach dem Inhalt des Antrags war er nach üblicher Praxis ausreichend mit dem Hinweis auf die Arbeitsüberlastung durch eine Vielzahl von Terminen begründet worden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991 - XII ZB 48/91 - NJW 1991, 2080, 2081 und vom 5. Juli 1989 - IVb ZB 53/89 - NJW-RR 1989, 1280). Durfte der Klägervertreter hiernach die Bewilligung eines erstmals gestellten und ausreichend begründeten Gesuchs auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erwarten, so ist ihm kein Vorwurf daraus zu machen, dass er sich nicht innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist erkundigt hat, ob dem Verlängerungsantrag stattgegeben wurde.
7
Auch im Übrigen traf den Prozessbevollmächtigten keine Erkundigungspflicht , da er auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten vertrauen durfte und deshalb damit rechnen konnte, dass sein Verlängerungsantrag rechtzeitig bei Gericht einging (vgl. Senatsbeschluss vom 30. September 2003 - VI ZB 60/02 - VersR 2004, 354). Über einen rechtzeitig bei Gericht eingegangen Fristverlängerungsantrag kann im Übrigen - was auch das Berufungs- gericht annimmt - auch noch nach Ablauf der Frist entschieden werden (BGHZ 83, 217, 219 ff.), so dass nicht entscheidend ist, ob der Antrag am letzten Tag der Frist tatsächlich bearbeitet worden wäre.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Riedlingen, Entscheidung vom 22.03.2005 - 1 C 392/04 -
LG Ravensburg, Entscheidung vom 04.07.2005 - 6 S 15/05 -
6
Zwar kann dem Beklagten kein Verschulden seines Prozessvertreters insoweit angelastet werden, als dieser auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertraute, nachdem er einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03 - VersR 2004, 1288 und Beschluss vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560). Dies zieht auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel. Mit Recht nimmt es jedoch an, dass die Fristversäumnis durch die mangelhafte Organisation der Fristenkontrolle durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten verschuldet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 65/06
vom
16. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei Beschlüssen, die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder
von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der
Urschrift ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen ist.

b) Der Eintrag des endgültigen Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender
ist erst zulässig, wenn eine beantragte Fristverlängerung tatsächlich gewährt
worden ist.
BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - LG München I
AG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2007 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. August 2006 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.230 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen eines Verkehrsunfalls geltend. Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 13. März 2006 zugestellte Urteil des Amtsgerichts, mit dem die Klage abgewiesen wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 13. April 2006 Berufung eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Mai 2006, der am selben Tage bei dem Berufungsgericht eingegangen ist, hat sie um "Fristverlängerung um einen Monat, bis zum 15. Juni 2006" zur Berufungsbegründung gebeten. Eine Einwilligung des Prozessgegners hat sie nicht vorgetragen.
2
Am 16. Mai 2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. Juni 2006 verlängert, weil die Zustellung des Urteils am 13. März 2006 erfolgt sei, und eine Mitteilung an die Parteivertreter per Telefax verfügt. Ausweislich eines Vermerks in den Akten wurde diese Verfügung am 23. Mai 2006 ausgeführt.
3
Die Berufungsbegründung ging am 16. Juni 2006 (dem Tag nach Fronleichnam ) bei dem Berufungsgericht ein. Nach dem Hinweis, dass die Berufungsbegründung verspätet eingegangen sei, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, sie hätten die Fristverlängerung bis zum 15. Juni 2006 beantragt, weil der 13. Mai 2006 ein Samstag gewesen sei. Dass die Berufungsbegründungsfrist nur bis 13. Juni 2006 verlängert worden sei, sei nicht mitgeteilt worden. Sie hätten daher davon ausgehen können, dass die Fristverlängerung , wie beantragt, bis zum 15. Juni 2006 gewährt worden sei. Vorsorglich haben sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Ohne Einwilligung des Gegners habe die Begründungsfrist um einen Monat , also bis 13. Juni 2006, verlängert werden können. Diese rechtlichen Erwägungen ergäben sich aus dem Gesetz. Die Nichtkenntnis von einer gerichtlichen Entscheidung fingiere keine antragsgemäße Entscheidung. Die Klägervertreter seien daher verpflichtet gewesen, sich innerhalb der Begründungsfrist nach der beantragten Entscheidung zu erkundigen.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht.
6
a) Die angefochtene Entscheidung ist nicht bereits deswegen aufzuheben , weil aus ihrer Urschrift die Parteien des Rechtsstreits nicht ersichtlich sind. Zwar ist der Beschluss formell fehlerhaft zustande gekommen, weil ein vollständiges Rubrum entsprechend § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlt. Bei Beschlüssen , die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der Urschrift selbst ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen sein soll. Auch wenn § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht auf § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verweist, ist allgemein anerkannt, dass auch für Beschlüsse die letztgenannte Vorschrift entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2001 - XII ZB 75/00 - VersR 2002, 464; vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 72/03 - NJW 2003, 3136, 3137; OLG Köln BB 2001, 1498; OLG Jena, OLGR 2003, 122). Trotz dieses Rechtsmangels liegt aber ein wirksamer Beschluss vor, bei dem unter Berücksichtigung des Urteils erster Instanz sowie des Berufungsverfahrens ohne weiteres ersichtlich ist, zwischen welchen Parteien der Rechtsstreit stattgefunden hat und hinsichtlich welcher Parteien der angefochtene Beschluss erlassen ist. Besondere Umstände, die hier eine Feststellung der Parteien erschweren würde, liegen nicht vor. Deshalb ist nicht allein wegen des fehlerhaften Rubrums eine Aufhebung des Beschlusses erforderlich.
7
b) Wie vom Berufungsgericht angenommen, lief die Berufungsbegründungsfrist mit dem 13. Juni 2006 ab, weil die Frist nur bis zu diesem Zeitpunkt verlängert worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 8). Die Verfügung vom 16. Mai 2006 ist kein gerichtsinterner Vor- gang geblieben, auch wenn die Klägerin geltend macht, diese Verfügung sei ihren Prozessbevollmächtigten nicht zugegangen. Ausweislich seines Schriftsatzes vom 10. August 2006 wurde die Verfügung jedenfalls dem Beklagtenvertreter per Fax zugeleitet. Die Verlängerung bedurfte, auch soweit sie hinter dem Antrag der Klägervertreter zurückblieb, keiner förmlichen Zustellung, weil sie keine Frist in Lauf setzte (BGHZ 93, 300, 305), so dass nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO die formlose Mitteilung genügte. Die Teilablehnung der Fristverlängerung kann außerdem nach § 225 Abs. 3 ZPO nicht angefochten werden.
8
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin sind keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie bzw. ihre Prozessbevollmächtigten, deren Verschulden ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (vgl. §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO).
9
aa) Zwar kann der Klägerin kein Verschulden ihrer Prozessvertreter insoweit angelastet werden, als diese auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertrauten, nachdem sie einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579, 1580; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Demgemäß waren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin grundsätzlich auch nicht verpflichtet, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 12. März 1986 - VIII ZB 6/86 - VersR 1986, 787, 788; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560).
10
bb) Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben aber weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass sie durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen haben, dass nach einem Fristverlängerungsantrag die Frist nicht versäumt wird.
11
Für die Kontrolle von Fristen bei Fristverlängerungsanträgen gelten grundsätzlich entsprechende Voraussetzungen wie für die unmittelbare Fristenkontrolle von Berufung und Berufungsbegründung. Danach ist es erforderlich, das mutmaßliche Ende einer Berufungsbegründungsfrist bei oder alsbald nach Einreichung einer Berufungsschrift im Fristenkalender einzutragen. Dieser Vermerk muss später anhand der gerichtlichen Eingangsbestätigung überprüft werden, damit sichergestellt ist, dass keine hypothetische, sondern die wirkliche Frist eingetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 7; BGH, Beschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663 m.w.N.). Die Eintragung nur vorläufig berechneter bzw. hypothetischer Fristen birgt nämlich eine Gefahrenquelle, weil sie leicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das wirkliche Fristende auf einen anderen Tag als angenommen fällt. Dementsprechend darf eine beantragte Fristverlängerung nicht in der Weise vorgemerkt werden, dass schon mit der Antragstellung der Endpunkt der Frist im Kalender eingetragen wird, als ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt bewilligt worden sei. Auch hierbei handelt es sich nämlich zunächst um eine hypothetische Frist, da der Vorsitzende die Frist auch auf einen kürzeren Zeitraum als beantragt bewilligen kann. Der Eintrag des endgültigen Fristablaufs ist deshalb erst dann zulässig, wenn die Verlängerung tatsächlich gewährt worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - BGH-Report 2001, 483, 484; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - BGH-Report 2002, 246, 247). In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist - gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht - festgestellt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - aaO; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - aaO; vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 16).
12
Die Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs enthält keinen Vortrag dazu, dass im Büro der Prozessbevollmächtigten der Klägerin solche organisatorischen Maßnahmen vorgesehen waren. Diese durften aber entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auf die Gewährung der beantragten Fristverlängerung nicht so lange vertrauen, wie sie keine anders lautende Nachricht von dem Gericht erhielten (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 8). Sie hätten sich vielmehr rechtzeitig über das wirkliche Ende der Frist, gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht, Gewissheit verschaffen müssen, nachdem keine entsprechende Verfügung zugegangen war. Der Umstand , dass nach § 224 Abs. 3 ZPO entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet wird, hier also von dem Tag an, an dem die gesetzliche Berufungsbegründungsfrist unter Berücksichtigung des ursprünglichen Fristendes an einem Sonnabend abgelaufen wäre (§ 222 Abs. 2 ZPO), ändert hieran nichts. Diese Besonderheit hätte die Prozessbevollmächtigten allenfalls zu einer besonderen Sorgfalt bei der Fristenkontrolle veranlassen können.
13
d) Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.
14
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 16.02.2006 - 332 C 10492/05 -
LG München I, Entscheidung vom 17.08.2006 - 17 S 7048/06 -
6
Zwar kann dem Beklagten kein Verschulden seines Prozessvertreters insoweit angelastet werden, als dieser auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertraute, nachdem er einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03 - VersR 2004, 1288 und Beschluss vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560). Dies zieht auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel. Mit Recht nimmt es jedoch an, dass die Fristversäumnis durch die mangelhafte Organisation der Fristenkontrolle durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten verschuldet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 65/06
vom
16. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei Beschlüssen, die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder
von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der
Urschrift ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen ist.

b) Der Eintrag des endgültigen Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender
ist erst zulässig, wenn eine beantragte Fristverlängerung tatsächlich gewährt
worden ist.
BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - LG München I
AG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2007 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. August 2006 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.230 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen eines Verkehrsunfalls geltend. Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 13. März 2006 zugestellte Urteil des Amtsgerichts, mit dem die Klage abgewiesen wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 13. April 2006 Berufung eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Mai 2006, der am selben Tage bei dem Berufungsgericht eingegangen ist, hat sie um "Fristverlängerung um einen Monat, bis zum 15. Juni 2006" zur Berufungsbegründung gebeten. Eine Einwilligung des Prozessgegners hat sie nicht vorgetragen.
2
Am 16. Mai 2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. Juni 2006 verlängert, weil die Zustellung des Urteils am 13. März 2006 erfolgt sei, und eine Mitteilung an die Parteivertreter per Telefax verfügt. Ausweislich eines Vermerks in den Akten wurde diese Verfügung am 23. Mai 2006 ausgeführt.
3
Die Berufungsbegründung ging am 16. Juni 2006 (dem Tag nach Fronleichnam ) bei dem Berufungsgericht ein. Nach dem Hinweis, dass die Berufungsbegründung verspätet eingegangen sei, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, sie hätten die Fristverlängerung bis zum 15. Juni 2006 beantragt, weil der 13. Mai 2006 ein Samstag gewesen sei. Dass die Berufungsbegründungsfrist nur bis 13. Juni 2006 verlängert worden sei, sei nicht mitgeteilt worden. Sie hätten daher davon ausgehen können, dass die Fristverlängerung , wie beantragt, bis zum 15. Juni 2006 gewährt worden sei. Vorsorglich haben sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Ohne Einwilligung des Gegners habe die Begründungsfrist um einen Monat , also bis 13. Juni 2006, verlängert werden können. Diese rechtlichen Erwägungen ergäben sich aus dem Gesetz. Die Nichtkenntnis von einer gerichtlichen Entscheidung fingiere keine antragsgemäße Entscheidung. Die Klägervertreter seien daher verpflichtet gewesen, sich innerhalb der Begründungsfrist nach der beantragten Entscheidung zu erkundigen.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht.
6
a) Die angefochtene Entscheidung ist nicht bereits deswegen aufzuheben , weil aus ihrer Urschrift die Parteien des Rechtsstreits nicht ersichtlich sind. Zwar ist der Beschluss formell fehlerhaft zustande gekommen, weil ein vollständiges Rubrum entsprechend § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlt. Bei Beschlüssen , die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der Urschrift selbst ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen sein soll. Auch wenn § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht auf § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verweist, ist allgemein anerkannt, dass auch für Beschlüsse die letztgenannte Vorschrift entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2001 - XII ZB 75/00 - VersR 2002, 464; vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 72/03 - NJW 2003, 3136, 3137; OLG Köln BB 2001, 1498; OLG Jena, OLGR 2003, 122). Trotz dieses Rechtsmangels liegt aber ein wirksamer Beschluss vor, bei dem unter Berücksichtigung des Urteils erster Instanz sowie des Berufungsverfahrens ohne weiteres ersichtlich ist, zwischen welchen Parteien der Rechtsstreit stattgefunden hat und hinsichtlich welcher Parteien der angefochtene Beschluss erlassen ist. Besondere Umstände, die hier eine Feststellung der Parteien erschweren würde, liegen nicht vor. Deshalb ist nicht allein wegen des fehlerhaften Rubrums eine Aufhebung des Beschlusses erforderlich.
7
b) Wie vom Berufungsgericht angenommen, lief die Berufungsbegründungsfrist mit dem 13. Juni 2006 ab, weil die Frist nur bis zu diesem Zeitpunkt verlängert worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 8). Die Verfügung vom 16. Mai 2006 ist kein gerichtsinterner Vor- gang geblieben, auch wenn die Klägerin geltend macht, diese Verfügung sei ihren Prozessbevollmächtigten nicht zugegangen. Ausweislich seines Schriftsatzes vom 10. August 2006 wurde die Verfügung jedenfalls dem Beklagtenvertreter per Fax zugeleitet. Die Verlängerung bedurfte, auch soweit sie hinter dem Antrag der Klägervertreter zurückblieb, keiner förmlichen Zustellung, weil sie keine Frist in Lauf setzte (BGHZ 93, 300, 305), so dass nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO die formlose Mitteilung genügte. Die Teilablehnung der Fristverlängerung kann außerdem nach § 225 Abs. 3 ZPO nicht angefochten werden.
8
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin sind keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie bzw. ihre Prozessbevollmächtigten, deren Verschulden ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (vgl. §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO).
9
aa) Zwar kann der Klägerin kein Verschulden ihrer Prozessvertreter insoweit angelastet werden, als diese auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertrauten, nachdem sie einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579, 1580; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Demgemäß waren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin grundsätzlich auch nicht verpflichtet, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 12. März 1986 - VIII ZB 6/86 - VersR 1986, 787, 788; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560).
10
bb) Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben aber weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass sie durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen haben, dass nach einem Fristverlängerungsantrag die Frist nicht versäumt wird.
11
Für die Kontrolle von Fristen bei Fristverlängerungsanträgen gelten grundsätzlich entsprechende Voraussetzungen wie für die unmittelbare Fristenkontrolle von Berufung und Berufungsbegründung. Danach ist es erforderlich, das mutmaßliche Ende einer Berufungsbegründungsfrist bei oder alsbald nach Einreichung einer Berufungsschrift im Fristenkalender einzutragen. Dieser Vermerk muss später anhand der gerichtlichen Eingangsbestätigung überprüft werden, damit sichergestellt ist, dass keine hypothetische, sondern die wirkliche Frist eingetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 7; BGH, Beschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663 m.w.N.). Die Eintragung nur vorläufig berechneter bzw. hypothetischer Fristen birgt nämlich eine Gefahrenquelle, weil sie leicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das wirkliche Fristende auf einen anderen Tag als angenommen fällt. Dementsprechend darf eine beantragte Fristverlängerung nicht in der Weise vorgemerkt werden, dass schon mit der Antragstellung der Endpunkt der Frist im Kalender eingetragen wird, als ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt bewilligt worden sei. Auch hierbei handelt es sich nämlich zunächst um eine hypothetische Frist, da der Vorsitzende die Frist auch auf einen kürzeren Zeitraum als beantragt bewilligen kann. Der Eintrag des endgültigen Fristablaufs ist deshalb erst dann zulässig, wenn die Verlängerung tatsächlich gewährt worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - BGH-Report 2001, 483, 484; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - BGH-Report 2002, 246, 247). In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist - gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht - festgestellt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - aaO; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - aaO; vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 16).
12
Die Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs enthält keinen Vortrag dazu, dass im Büro der Prozessbevollmächtigten der Klägerin solche organisatorischen Maßnahmen vorgesehen waren. Diese durften aber entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auf die Gewährung der beantragten Fristverlängerung nicht so lange vertrauen, wie sie keine anders lautende Nachricht von dem Gericht erhielten (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 8). Sie hätten sich vielmehr rechtzeitig über das wirkliche Ende der Frist, gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht, Gewissheit verschaffen müssen, nachdem keine entsprechende Verfügung zugegangen war. Der Umstand , dass nach § 224 Abs. 3 ZPO entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet wird, hier also von dem Tag an, an dem die gesetzliche Berufungsbegründungsfrist unter Berücksichtigung des ursprünglichen Fristendes an einem Sonnabend abgelaufen wäre (§ 222 Abs. 2 ZPO), ändert hieran nichts. Diese Besonderheit hätte die Prozessbevollmächtigten allenfalls zu einer besonderen Sorgfalt bei der Fristenkontrolle veranlassen können.
13
d) Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.
14
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 16.02.2006 - 332 C 10492/05 -
LG München I, Entscheidung vom 17.08.2006 - 17 S 7048/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 26/05
vom
26. Juni 2006
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Rechtsanwalt hat durch seine Büroorganisation dafür Sorge zu tragen,
dass Fristen erst dann im Fristenbuch als erledigt gekennzeichnet werden,
wenn der fristgebundene Schriftsatz zumindest postfertig gemacht ist.

b) Die - noch nicht ausgeschöpfte - Berufungsbegründungsfrist darf nicht schon
mit der Einreichung des Fristverlängerungsantrags, sondern erst nach Bewilligung
der Fristverlängerung im Fristenkalender gelöscht werden.
BGH, Beschluss vom 26. Juni 2006 - II ZB 26/05 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. Juni 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Dr. Reichart

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 11. Zivilsenat, vom 17. Oktober 2005 wird auf Kosten der Klägerin zu 12 als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 250.000,00 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat die Anfechtungsklagen der Kläger zu 1 bis 13 gegen einen Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 7. April 2004 abgewiesen. Die Klägerin zu 12 hat gegen das ihr am 3. Juni 2005 zugestellte Urteil des Landgerichts am 28. Juni 2005 Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Klägerin zu 12 mit Verfügung vom 8. August 2005 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung als unzulässig zu verwerfen , weil sie nicht innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist begründet worden sei. Mit Schriftsatz vom 4. August 2005 hat auch die Beklagte auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist aufmerksam gemacht. Die Klägerin zu 12 hat am 22. August 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und am 24. August 2005 die Berufung begründet.
2
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Klägerin zu 12 vorgetragen:
3
Die zuständige, bisher fehlerfrei arbeitende Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellte Frau L. , die über eine langjährige Berufserfahrung verfüge , habe die Berufungsbegründungsfrist mit Vorfrist ordnungsgemäß im Fristenkalender notiert, bei Eintritt der Vorfrist am 20. Juli 2005 die Akten mit einem Fristverlängerungsantrag zur Vorlage an den Rechtsanwalt vorbereitet und in einem Regal abgelegt. Hierbei sei sie durch mehrere Anrufe unterbrochen worden , die zu Folgetätigkeiten geführt hätten. Während eines Telefongesprächs habe sie im Fristenbuch die Erledigung von Vorfrist und Frist vermerkt, weil sie davon ausgegangen sei, den Vorgang nach diesem Anruf dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 12 vorlegen zu können, und dieser Anträge auf Fristverlängerung in der Regel sofort unterzeichne. Danach wie auch in den folgenden Tagen habe sie wegen Arbeitsüberlastung vergessen, die Akten in sein Büro zu bringen. Weil sie die beide Fristen im Fristenbuch als erledigt vermerkt habe, habe sie auch durch das Fristenbuch nicht mehr an die Vorlage der Akten erinnert werden können.
4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin zu 12 als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin zu 12 mit der Rechtsbeschwerde.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Sie ist zwar statthaft, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO, aber unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordern weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Wahrung des Rechtsstaatsprinzips eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
6
1. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung liegt nicht vor, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Einklang steht.
7
Der Klägerin zu 12 konnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden, weil sie nicht ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO).
8
Die von der Klägerin zu 12 dargelegte Büroorganisation ihres Prozessbevollmächtigten genügt den an eine ordnungsgemäße Fristenkontrolle zu stellenden Anforderungen nicht. Es fehlt nämlich schon nach dem eigenen glaubhaft gemachten Vortrag der Klägerin zu 12 an einer effektiven Ausgangskontrolle , wie sie nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erforderlich ist (vgl. nur BGH, Beschl. v. 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688 f.; v. 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957; v. 9. Juni 1992 - VI ZB 9/92, NJW-RR 1992, 1277). Die von ihrem Prozessbevollmächtigten für die Bearbeitung von Fristsachen erteilte Anweisung, "die Erledigung der Einhaltung von Frist und Vorfrist im Fristenbuch zu vermerken", ist völlig unzureichend. Durch sie wird nicht sichergestellt, dass eine Frist im Kalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der fristgebundene Schriftsatz zumin- dest postfertig gemacht und die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet ist. In dem entschiedenen Fall hat sich gerade die Gefahr verwirklicht, der durch die genannten organisatorischen Vorkehrungen begegnet werden soll, dass nämlich Mitarbeiter der Kanzlei, abgelenkt durch andere Aufgaben, Fristen löschen, obwohl die zu erledigenden Aufgaben nicht erfüllt sind.
9
2. Aus der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ergibt sich ferner ein weiteres organisatorisches Versagen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 12. Denn selbst nach Unterzeichnung und Absendung des vorbereiteten Schriftsatzes hätte die Berufungsbegründungsfrist auch deshalb nicht gestrichen werden dürfen, weil nicht schon die Berufungsbegründung, sondern nur ein Fristverlängerungsantrag bei Gericht eingereicht werden sollte. In einem solchen Fall darf die bisherige - noch nicht ausgeschöpfte - Frist erst nach Bewilligung der Fristverlängerung gelöscht werden (BGH, Beschl. v. 25. Januar 1984 - IVa ZB 11/83, VersR 1984, 336; Beschl. v. 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99, NJW-RR 1999, 1663). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 12 hat nicht vorgetragen, dass er durch eine entsprechende Arbeitsanweisung Vorkehrungen dagegen getroffen hat, dass es zu einer solchen fehlerhaften vorzeitigen Löschung der Frist kommen kann.
10
3. Die angefochtene Entscheidung verletzt die Klägerin zu 12 nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör oder auf wirkungsvollen Rechtsschutz.
11
Anders als die Klägerin zu 12 meint, hat das Berufungsgericht nicht ihren Vortrag übersehen, dass ihr Prozessbevollmächtigter sogar für eine wirksame Eingangskontrolle bei Gericht gesorgt habe, indem er die Anweisung erteilt habe , dass "der Eingang der Schriftsätze bei Gericht zu kontrollieren" sei. Ob eine solche Anweisung im Wiedereinsetzungsverfahren ordnungsgemäß vorgetragen wurde, kann offen bleiben. Es ist zu unterstellen, dass diese Anweisung erteilt ist. Sie genügt aber nicht den - von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten - Anforderungen an eine wirksame Fristenkontrolle, weil nicht sichergestellt ist, dass die Kontrolle des Eingangs vor Ablauf der Frist stattfindet und damit genügend Zeit für eine "Reparatur" bleibt.
Goette Kurzwelly Gehrlein Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 13.05.2005 - 420 O 53/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.10.2005 - 11 U 149/05 -
6
Zwar kann dem Beklagten kein Verschulden seines Prozessvertreters insoweit angelastet werden, als dieser auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertraute, nachdem er einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03 - VersR 2004, 1288 und Beschluss vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560). Dies zieht auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel. Mit Recht nimmt es jedoch an, dass die Fristversäumnis durch die mangelhafte Organisation der Fristenkontrolle durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten verschuldet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 65/06
vom
16. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei Beschlüssen, die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder
von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der
Urschrift ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen ist.

b) Der Eintrag des endgültigen Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender
ist erst zulässig, wenn eine beantragte Fristverlängerung tatsächlich gewährt
worden ist.
BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06 - LG München I
AG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2007 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. August 2006 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.230 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen eines Verkehrsunfalls geltend. Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 13. März 2006 zugestellte Urteil des Amtsgerichts, mit dem die Klage abgewiesen wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 13. April 2006 Berufung eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Mai 2006, der am selben Tage bei dem Berufungsgericht eingegangen ist, hat sie um "Fristverlängerung um einen Monat, bis zum 15. Juni 2006" zur Berufungsbegründung gebeten. Eine Einwilligung des Prozessgegners hat sie nicht vorgetragen.
2
Am 16. Mai 2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. Juni 2006 verlängert, weil die Zustellung des Urteils am 13. März 2006 erfolgt sei, und eine Mitteilung an die Parteivertreter per Telefax verfügt. Ausweislich eines Vermerks in den Akten wurde diese Verfügung am 23. Mai 2006 ausgeführt.
3
Die Berufungsbegründung ging am 16. Juni 2006 (dem Tag nach Fronleichnam ) bei dem Berufungsgericht ein. Nach dem Hinweis, dass die Berufungsbegründung verspätet eingegangen sei, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, sie hätten die Fristverlängerung bis zum 15. Juni 2006 beantragt, weil der 13. Mai 2006 ein Samstag gewesen sei. Dass die Berufungsbegründungsfrist nur bis 13. Juni 2006 verlängert worden sei, sei nicht mitgeteilt worden. Sie hätten daher davon ausgehen können, dass die Fristverlängerung , wie beantragt, bis zum 15. Juni 2006 gewährt worden sei. Vorsorglich haben sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Ohne Einwilligung des Gegners habe die Begründungsfrist um einen Monat , also bis 13. Juni 2006, verlängert werden können. Diese rechtlichen Erwägungen ergäben sich aus dem Gesetz. Die Nichtkenntnis von einer gerichtlichen Entscheidung fingiere keine antragsgemäße Entscheidung. Die Klägervertreter seien daher verpflichtet gewesen, sich innerhalb der Begründungsfrist nach der beantragten Entscheidung zu erkundigen.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht.
6
a) Die angefochtene Entscheidung ist nicht bereits deswegen aufzuheben , weil aus ihrer Urschrift die Parteien des Rechtsstreits nicht ersichtlich sind. Zwar ist der Beschluss formell fehlerhaft zustande gekommen, weil ein vollständiges Rubrum entsprechend § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlt. Bei Beschlüssen , die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen oder von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aus der Urschrift selbst ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen sein soll. Auch wenn § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht auf § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verweist, ist allgemein anerkannt, dass auch für Beschlüsse die letztgenannte Vorschrift entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2001 - XII ZB 75/00 - VersR 2002, 464; vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 72/03 - NJW 2003, 3136, 3137; OLG Köln BB 2001, 1498; OLG Jena, OLGR 2003, 122). Trotz dieses Rechtsmangels liegt aber ein wirksamer Beschluss vor, bei dem unter Berücksichtigung des Urteils erster Instanz sowie des Berufungsverfahrens ohne weiteres ersichtlich ist, zwischen welchen Parteien der Rechtsstreit stattgefunden hat und hinsichtlich welcher Parteien der angefochtene Beschluss erlassen ist. Besondere Umstände, die hier eine Feststellung der Parteien erschweren würde, liegen nicht vor. Deshalb ist nicht allein wegen des fehlerhaften Rubrums eine Aufhebung des Beschlusses erforderlich.
7
b) Wie vom Berufungsgericht angenommen, lief die Berufungsbegründungsfrist mit dem 13. Juni 2006 ab, weil die Frist nur bis zu diesem Zeitpunkt verlängert worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 8). Die Verfügung vom 16. Mai 2006 ist kein gerichtsinterner Vor- gang geblieben, auch wenn die Klägerin geltend macht, diese Verfügung sei ihren Prozessbevollmächtigten nicht zugegangen. Ausweislich seines Schriftsatzes vom 10. August 2006 wurde die Verfügung jedenfalls dem Beklagtenvertreter per Fax zugeleitet. Die Verlängerung bedurfte, auch soweit sie hinter dem Antrag der Klägervertreter zurückblieb, keiner förmlichen Zustellung, weil sie keine Frist in Lauf setzte (BGHZ 93, 300, 305), so dass nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO die formlose Mitteilung genügte. Die Teilablehnung der Fristverlängerung kann außerdem nach § 225 Abs. 3 ZPO nicht angefochten werden.
8
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin sind keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie bzw. ihre Prozessbevollmächtigten, deren Verschulden ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (vgl. §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO).
9
aa) Zwar kann der Klägerin kein Verschulden ihrer Prozessvertreter insoweit angelastet werden, als diese auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in der beantragten Weise vertrauten, nachdem sie einen ersten Verlängerungsantrag unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellt hatten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579, 1580; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568; vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Demgemäß waren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin grundsätzlich auch nicht verpflichtet, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 12. März 1986 - VIII ZB 6/86 - VersR 1986, 787, 788; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559, 1560).
10
bb) Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben aber weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass sie durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen haben, dass nach einem Fristverlängerungsantrag die Frist nicht versäumt wird.
11
Für die Kontrolle von Fristen bei Fristverlängerungsanträgen gelten grundsätzlich entsprechende Voraussetzungen wie für die unmittelbare Fristenkontrolle von Berufung und Berufungsbegründung. Danach ist es erforderlich, das mutmaßliche Ende einer Berufungsbegründungsfrist bei oder alsbald nach Einreichung einer Berufungsschrift im Fristenkalender einzutragen. Dieser Vermerk muss später anhand der gerichtlichen Eingangsbestätigung überprüft werden, damit sichergestellt ist, dass keine hypothetische, sondern die wirkliche Frist eingetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 7; BGH, Beschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663 m.w.N.). Die Eintragung nur vorläufig berechneter bzw. hypothetischer Fristen birgt nämlich eine Gefahrenquelle, weil sie leicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das wirkliche Fristende auf einen anderen Tag als angenommen fällt. Dementsprechend darf eine beantragte Fristverlängerung nicht in der Weise vorgemerkt werden, dass schon mit der Antragstellung der Endpunkt der Frist im Kalender eingetragen wird, als ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt bewilligt worden sei. Auch hierbei handelt es sich nämlich zunächst um eine hypothetische Frist, da der Vorsitzende die Frist auch auf einen kürzeren Zeitraum als beantragt bewilligen kann. Der Eintrag des endgültigen Fristablaufs ist deshalb erst dann zulässig, wenn die Verlängerung tatsächlich gewährt worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - BGH-Report 2001, 483, 484; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - BGH-Report 2002, 246, 247). In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist - gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht - festgestellt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - aaO; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00 - aaO; vom 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01 - aaO; vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - Rn. 16).
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Die Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs enthält keinen Vortrag dazu, dass im Büro der Prozessbevollmächtigten der Klägerin solche organisatorischen Maßnahmen vorgesehen waren. Diese durften aber entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auf die Gewährung der beantragten Fristverlängerung nicht so lange vertrauen, wie sie keine anders lautende Nachricht von dem Gericht erhielten (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06 - aaO Rn. 8). Sie hätten sich vielmehr rechtzeitig über das wirkliche Ende der Frist, gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht, Gewissheit verschaffen müssen, nachdem keine entsprechende Verfügung zugegangen war. Der Umstand , dass nach § 224 Abs. 3 ZPO entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet wird, hier also von dem Tag an, an dem die gesetzliche Berufungsbegründungsfrist unter Berücksichtigung des ursprünglichen Fristendes an einem Sonnabend abgelaufen wäre (§ 222 Abs. 2 ZPO), ändert hieran nichts. Diese Besonderheit hätte die Prozessbevollmächtigten allenfalls zu einer besonderen Sorgfalt bei der Fristenkontrolle veranlassen können.
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d) Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 16.02.2006 - 332 C 10492/05 -
LG München I, Entscheidung vom 17.08.2006 - 17 S 7048/06 -