vorgehend
Landgericht Heilbronn, 1 OH 5/14, 25.02.2015
Oberlandesgericht Stuttgart, 1 W 11/15, 30.03.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 11/15
vom
10. November 2015
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das geforderte minimale Maß an Substantiierung hinsichtlich der gemäß § 487 Nr.
2 ZPO zu bezeichnenden Beweistatsachen ist jedenfalls dann nicht erreicht, wenn
der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen
aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung
zu setzen.
BGH, Beschluss vom 10. November 2015 - VI ZB 11/15 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2015 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterinnen Diederichsen und von Pentz,
den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Roloff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2015 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 200.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin begehrt im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung von elf im Zeitraum vom 15. September 2009 bis 7. März 2013 durchgeführten Operationen ihres rechten Knies. Zu jeder dieser elf Operationen stellt sie die folgenden Fragen: 1. a) War die Operation indiziert? Wenn ja, welche Indikation lag der Operation zugrunde? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
b) Gab es andere Möglichkeiten der Therapie, konnte die Operation vermieden werden? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
c) Über welche Behandlungsmöglichkeiten ist aufzuklären? Ist über diese Behandlungsmöglichkeit aufgeklärt worden; wenn ja, wie? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
d) Über welche Risiken ist aufzuklären? Ist über diese Risiken aufgeklärt worden; wenn ja, wie? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
e) Welche Diagnostik ist erforderlich, um die Indikation/Diagnose abzuklären ? Welche Diagnostik ist durchgeführt/unterlassen worden? Sind Röntgenaufnahmen erforderlich; sind diese ausreichend? Ist die durchgeführte Diagnostik ausreichend, insbesondere hinsichtlich der gewählten Technik und der Qualität der Aufnahmen? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
f) Welche Diagnostik ist erforderlich, um die Operation vorzubereiten/ durchführen zu können? Welche Diagnostik ist durchgeführt/unterlassen worden? Sind Röntgenaufnahmen erforderlich; sind diese ausreichend? Ist die durchgeführte Diagnostik ausreichend, insbesondere hinsichtlich der gewählten Technik und der Qualität der Aufnahmen? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
g) War abzusehen, dass sich durch die Operation die Schmerzen nicht verbessern oder gar verschlimmern? Hätten der Patientin die Schmerzhaftigkeit der Operation und ihre Folgen verdeutlich werden müssen?
h) Ist die Operation fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
i) Hätte die Operation verschoben werden sollen, insbesondere wegen erhöhter Entzündungsparameter unklarer Ursache?
j) War die Nachsorge der Operation fachgerecht und ordnungsgemäß dokumentiert ? War die Wundheilung gesichert? Mussten Rehabilitationsmaßnahmen veranlasst werden; sind diese rechtzeitig veranlasst worden?
k) War der mit der Operation verbundene Krankenhausaufenthalt notwendig oder zu lange? War die Entlassung aus dem Krankenhaus verfrüht? 2. Waren die Entzündungsparameter erhöht, wenn ja, wie oft bzw. wann und wie lässt sich die Erhöhung der Entzündungsparameter im Einzelnen erklären ?
a) Gibt es dafür Beweise? Wenn ja, welche?
b) Hätte der Ursache nachgegangen werden müssen? Wie wäre das möglich gewesen?
c) Welche Befunde hätten weiter erhoben werden müssen? Hätte insbesondere eine bakteriologische Untersuchung erfolgen müssen?
d) Welche Aufklärung und Dokumentation wäre erforderlich gewesen? Hätte die Patientin auf die unklare Ursache und die damit einhergehenden Risiken für die Operation und/oder Wundheilung hingewiesen werden müssen?
e) War eine (symptomatische) Therapie angezeigt? Ist eine solche fachgerecht durchgeführt worden - war insbesondere die perioperative AntibiotikaProphylaxe angezeigt und regelgerecht? Welche Aufklärung hinsichtlich Alternativen und Risiken hätte erfolgen müssen - ist diese erfolgt und dokumentiert ? 3. Zur radiologischen Beurteilung:
a) Ist die Diagnose "symptomatische Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk" aus radiologischer Sicht richtig gestellt worden?
b) Rechtfertigen die erhobenen radiologischen Befunde die Diagnose einer "symptomatischen Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk"?
c) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Abklärung der Diagnose "symptomatische Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk" erforderlich gewesen ?
d) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Vorbereitung der vorstehenden Operationen erforderlich gewesen?
e) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Nachbereitung der vorstehenden Operationen erforderlich gewesen?
f) Erklären die radiologischen Befunde die Schmerzen der Patientin? 4. Zur Allergie der Patientin:
a) Sind Allergien gegen Prothesen üblich? Wenn nein: Hätte frühzeitiger eine Allergie auf die Prothese in Betracht gezogen werden müssen?
b) Ist vorab auf Allergien zu testen? Wenn ja, ist ein solcher Test fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
c) Erklären sich die Fragen zu Nr. 2 (Entzündungsparameter) insbesondere aus allergologischer Sicht?
d) Ist gegen eindeutig bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und ein Fehler begangen worden , der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf, als die Erhöhung der Entzün- dungsparameter ignoriert und nicht dem Verdacht hinsichtlich einer etwaigen Allergie gegen die Prothese nachgegangen worden ist? 5. Zur Rehabilitation der Patientin:
a) Sind nach den einzelnen Operationen die notwendigen Rehabilitationstherapien verordnet worden? Sind diese fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
b) Sind die Rehabilitationsmaßnahmen verfrüht begonnen worden?
c) War die Dauer der Rehabilitation und/oder der Aufenthalt in den Rehabilitationseinrichtungen zu kurz oder zu lang?
d) Ist die Patientin heute noch rehabilitationsfähig? Wenn ja, welche Rehabilitationsleistungen sollten durchgeführt werden? 6. Zur Psyche der Patientin:
a) Können die Schmerzen im Knie eine andere Ursache gehabt haben, zum Beispiel eine psychosomatische? Wenn ja, ist dies vorab abgeklärt worden ?
b) Ist die Patientin durch die zahlreichen Operationen und ihre Folgen psychisch beeinträchtigt oder erkrankt?
c) Wenn ja, wie erheblich ist die Beeinträchtigung oder Erkrankung, wie wirkt diese sich auf den Alltag und die Erwerbsfähigkeit aus?
d) Bedarf die Patientin einer psychotherapeutischen oder psychiatrischen Behandlung aufgrund der Operationen bzw. ihrer Folgen?
2
Das Landgericht hat den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.

II.

3
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt, zwar könne die Behauptung, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliege, Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein. Dazu müsse der Antragsteller aber unter Bezeichnung gewisser Anhaltspunkte die Behauptung eines Behandlungsfehlers aufstellen. Eine Ausforschung sei unzulässig.
4
Nach diesen Grundsätzen seien die allgemein gehaltenen Fragen - wie beispielsweise, ob Allergien gegen Prothesen üblich seien - unzulässig. Insoweit behaupte die Antragstellerin schon keinen Behandlungsfehler. Ferner sei es nicht Aufgabe des selbständigen Beweisverfahrens, die weiteren Folgen für die Lebensführung eines Antragstellers festzustellen. Dem Senat sei es aber angesichts der Vielzahl der unzulässigen Fragen verwehrt, die Beweisfragen inhaltlich zu verändern und so umzuformulieren, dass sie sich im Rahmen des Zulässigen bewegten.
5
Unzulässig seien aber nicht nur einzelne Beweisfragen, sondern der Antrag insgesamt. Denn soweit die Antragstellerin überhaupt einen Behandlungsfehler behaupte, seien Anhaltspunkte dafür nicht dargetan. Der - lediglich konkret erscheinende - Vortrag zu allen Operationen sei nahezu identisch. Eine konkrete Darstellung, welche der Antragsgegnerinnen die Antragstellerin in welcher Weise behandelt habe, fehle. Die Beweisfragen zielten vielmehr in unzulässiger Weise auf die umfassende Klärung der Frage ab, ob möglicherweise die Voraussetzungen für eine Klage gegen eine oder mehrere der Antragsgegnerinnen vorliegen könnten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Informationsgewinnung und -filterung auf andere Weise nicht erreichbar sei. Die Ziele des selbständigen Beweisverfahrens, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer schnellen und kosten- sparenden Einigung zu bringen, seien durch eine ungefilterte Überprüfung der gesamten Krankengeschichte der Antragstellerin aufgrund von insgesamt 374 Beweisfragen durch Sachverständige sechs verschiedener Fachrichtungen schlechterdings nicht zu erreichen.
6
2. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, im Streitfall bestehe kein Anspruch auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens, hält den Rügen der Rechtsbeschwerde stand.
7
a) Es kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens im vorliegenden Fall gemäß § 485 ZPO statthaft ist (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302, 306 f.; vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 6; vom 24. September 2013 - VI ZB 12/13, BGHZ 198, 237 Rn. 18). Denn das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der auf ein selbständiges Beweisverfahren gerichtete Antrag jedenfalls deshalb unzulässig ist, weil die Antragstellerin die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, nicht bezeichnet hat, § 487 Nr. 2 ZPO.
8
aa) In einem selbständigen Beweisverfahren bestimmt der Antragsteller durch seinen Antrag auf Einleitung dieses Verfahrens den Gegenstand der Beweisaufnahme und die Beweismittel in eigener Verantwortung (BGH, Beschluss vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99, NJW 2000, 960, 961). Die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, bestimmen den Umfang der Beweisergebnisse , die nach § 493 ZPO später vor dem Prozessgericht verwertet werden können.
9
Auch wenn man berücksichtigt, dass sich aus dem besonderen Charakter des selbständigen Beweisverfahrens und dem mit ihm verfolgten Zweck, einen Rechtsstreit zu vermeiden, möglicherweise niedrigere Anforderungen an die Darlegungslast ergeben und deshalb die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen ausreichen soll, ist jedenfalls ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern. Nur so ist der Verfahrensgegenstand zweifelsfrei abgrenzbar und hat der Sachverständige eine Grundlage für die ihm übertragene Tätigkeit (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 10; BAG, EzA § 485 ZPO 2002 Nr. 1 Rn. 28). Daher sind die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
10
bb) So liegt es indes hier. Der Senat hat bei der Durchsicht des von dem Beschwerdegericht in Bezug genommenen Schriftsatzes der Antragstellerin vom 27. Oktober 2014 bestätigt gefunden, dass die darin zu jeder der elf Operationen aufgestellten Behauptungen jeweils wortgleich, ohne Einzelfallbezug, formelhaft und zudem so formuliert sind, dass sie jedes mögliche Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Behandlung der Antragstellerin erfassen sollen.
11
(1) Es trifft entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu, dass die inhaltlichen Wiederholungen (lediglich) durch die Vielzahl der Operationen bedingt sind. Denn aus dem eigenen Vortrag der Antragstellerin ergibt sich, dass die verschiedenen Operationen aus unterschiedlichen Gründen erfolgt sind, ohne dass die formelhaften Behauptungen der Antragstellerin dies berücksichtigen würden.
12
So behauptet sie wortgleich zu allen Operationen - auch zu den Operationen vom 20. Oktober 2011, 14. Juni 2012, 13. Dezember 2012, 24. Januar 2013 und 7. März 2013 - diese seien nicht indiziert gewesen und hätten bei der Antragstellerin eine Allergie ausgelöst. Eine solche Allergie habe bereits vor der Operation in Betracht gezogen werden müssen, denn nur so habe über die verwendeten Materialien entschieden werden können. Über 13 % der deutschen Bevölkerung hätten eine Nickel-Allergie. Vor dem Hintergrund dieser Häufigkeit habe der Test in jedem Falle durchgeführt werden müssen.
13
Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu dem von der Rechtsbeschwerde wiedergegebenen Vortrag der Antragstellerin, eine Allergie sei bei ihr im Laufe der Krankengeschichte festgestellt worden, was zu Revisionsoperationen geführt habe. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Anlagen ergibt sich zudem, dass vor der Operation am 20. Oktober 2011 bei der Antragstellerin eine fulminante Nickelallergie diagnostiziert worden war und aus diesem Grund die Knieendoprothese gegen eine nickelfreie Bioprothese ausgewechselt wurde. Bei den Operationen vom 14. Juni 2012 und 7. März 2013 wurde jeweils eine hypoallergen beschichtete Prothese verwendet; am 24. Januar 2013 wurde eine Prothese gar nicht eingebracht.
14
(2) Die Bezugnahme auf die dem Antrag beigefügten umfangreichen Krankenunterlagen reicht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde für die geforderte Substantiierung nicht aus. Anlagen können nur der Erläuterung des schriftsätzlichen Vorbringens oder dem urkundlichen Beweis von Behauptungen dienen. Ersetzen können Anlagen schriftsätzliches Vorbringen nicht (BGH, Beschluss vom 27. September 2001 - V ZB 29/01, BGH-Report 2002, 257 Rn. 6; BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Rn. 25). Das Beschwerdegericht war insbesondere nicht gehalten, die in sieben Anlage- bänden enthaltenen Behandlungsunterlagen daraufhin durchzusehen, ob sich ihnen ausreichende Beweistatsachen entnehmen lassen.
15
(3) Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen , dass das geforderte minimale Maß an Substantiierung hinsichtlich der gemäß § 487 Nr. 2 ZPO anzugebenden Beweistatsachen vorliegend nicht erreicht ist. Die Antragstellerin hat noch nicht einmal den Versuch unternommen, die ihr bekannte Krankengeschichte unter Zuhilfenahme der Krankenunterlagen konkret darzustellen und auf dieser Grundlage bestimmte Beweistatsachen zu bezeichnen. Die formelhaften Behauptungen der Antragstellerin sind daher zur Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes insgesamt nicht geeignet. Die nach der Zählung des Beschwerdegerichts 374, nach der Zählung der Antragstellerin 121 Beweisfragen bezeichnen keine Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO, sondern zielen, wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat, auf eine umfassende Überprüfung der Krankengeschichte der Antragstellerin, durch die der maßgebliche Sachverhalt erst ermittelt werden soll.
16
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht habe seine aus § 139 Abs. 1 ZPO folgende Hinweispflicht verletzt, bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil die Rechtsbeschwerde keine Beweistatsachen angibt, die die Antragstellerin nach dem von ihr vermissten Hinweis bezeichnet hätte (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, NJW-RR 1988, 208, 209; vom 9. Dezember 1987 - VIII ZR 374/86, NJW-RR 1988, 477, 478; vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94, NJW-RR 1996, 949, 950; vom 6. Mai 1999 - IX ZR 430/97, NJW 1999, 2113, 2114; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 575 Rn. 6, § 551 Rn. 11).
Galke Diederichsen v. Pentz
Offenloch Roloff

Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 25.02.2015 - 1 OH 5/14 Ri -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.03.2015 - 1 W 11/15 -

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Der Antrag muss enthalten:1.die Bezeichnung des Gegners;2.die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll;3.die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel;4.die Glaubhaftmachung der Tat

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Der Antrag muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Gegners;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll;
3.
die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel;
4.
die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 51/02
vom
21. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens
nach § 485 Abs. 2 ZPO kann bei Arzthaftungsansprüchen nicht aus grundsätzlichen
Erwägungen ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles verneint werden.
BGH, Beschluß vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02 - OLG Köln
LG Aachen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Januar 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richterin Diederichsen und die Richter
Pauge, Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Juli 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 30.000,- Euro

Gründe:

I.

Die Antragstellerin verlangt materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen einer Funktionseinschränkung an ihrer rechten Hand nach einer Behandlung durch den Antragsgegner. Sie behauptet, es seien bei einem operativen Eingriff vom Antragsgegner behandlungsfehlerhaft Nerven durchtrennt worden. Der Haftpflichtversicherer des Antragsgegners erklärte sich auf die entsprechende Anfrage der Antragstellerin grundsätzlich mit der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens einverstanden, erbat aber im selben Schreiben Kopien von ärztlichen Befundberichten der nachbehandelnden Ärzte
oder Krankenhäuser und kündigte an, nach Vorliegen sämtlicher Unterlagen unter Auswertung einer Stellungnahme des Versicherungsnehmers umgehend wieder auf die Angelegenheit zurückzukommen. Die Antragstellerin hat am 11. April 2002 beim Landgericht A. die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob die Nervenverletzung durch einen Behandlungsfehler des Antragsgegners verursacht worden sei, beantragt. Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt, weil eine Zustimmung des Antragsgegners fehle und die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise in Arzthaftungsstreitigkeiten ein selbständiges Beweisverfahren in Frage komme, nicht vorlägen. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Anordnung des selbständigen Beweisverfahrens weiter.

II.

1. Das Oberlandesgericht hat übereinstimmend mit dem Landgericht das Vorliegen einer Zustimmung des Antragsgegners zur Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 1 ZPO verneint. Es hat die Anordnung eines Verfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO abgelehnt, weil ein rechtliches Interesse an der beabsichtigten Feststellung nicht hinreichend dargelegt sei. Die vorprozessuale Beweissicherung komme in Arzthaftungssachen unabhängig von der Zustimmung des Antragsgegners nur bei drohendem Beweismittelverlust in Betracht. Im vorliegenden Fall habe aber die Antragstellerin selbst vorgetragen, daß bereits irreparable Dauerschäden eingetreten seien. Im übrigen komme die streitschlichtende Funktion, wie sie dem Gesetzgeber bei
der Fassung des § 485 Abs. 2 ZPO vorgeschwebt habe, in Arzthaftungsstreitigkeiten jedenfalls dann nicht zum Tragen, wenn nicht nur ein Behandlungsfehler streitig sei, sondern auch, ob und inwieweit dieser für die eingetretenen Gesundheitsschäden kausal geworden sei. Ein Beweissicherungsverfahren führe, wenn es - wie im vorliegenden Fall - erst mehrere Jahre nach einer als fehlerhaft angesehenen ärztlichen Behandlung und nach weitgehender Manifestation der gesundheitlichen Schäden durchgeführt werde, in der Regel nur zu weiteren Verzögerungen bei der abschließenden Klärung der Haftungsfragen. 2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Sie ist im übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde , daß das Beschwerdegericht in dem Schreiben des Haftpflichtversicherers des Antragsgegners vom 2. Oktober 2001 keine bindende Zustimmung zum konkreten Beweisverfahren gesehen hat. Anders als bei der Auslegung einer privatrechtlichen Willenserklärung ist, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, der Senat bei der Überprüfung einer verfahrensrechtlichen Erklärung, um die es sich bei der Zustimmung im Sinne des § 485 Abs. 1 ZPO handelt, zwar nicht eingeschränkt (vgl. Senatsurteile vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95 - NJW-RR 1996, 1210 f. und vom 30. Januar 1979 - VI ZR 45/78 - VersR 1979, 373 f.; BGH, Urteil vom 27. März 1996 - XII ZR 83/95 - NJW-RR 1996, 833 ff.; Zöller/Gummer ZPO, 23. Aufl., § 546 Rdn. 11). Das Beschwerdegericht hat aber im vorliegenden Fall aus dem Inhalt des Schreibens des Haftpflichtversicherers des Antragsgegners vom 2. Oktober 2001 den naheliegenden Schluß gezogen, daß die Zustimmung zu einer Beweissicherung nicht von vornherein versagt werden sollte, aber auch noch nicht bindend erteilt worden ist. Der Haftpflichtversicherer wollte zunächst in die eigene Sachprüfung ein-
treten. Das Beschwerdegericht mußte deshalb dem Antrag nicht schon nach § 485 Abs. 1 ZPO stattgeben.
b) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Erfolg, daß das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen hat, weil nach seiner Auffassung in Arzthaftungssachen grundsätzlich ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO an einer vorprozessualen Beweissicherung nicht bestehe. Die Frage ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. aa) Die ablehnende Meinung, die auch vom Beschwerdegericht vertreten wird, hält das selbständige Beweisverfahren in Arzthaftungssachen für nicht geeignet, einen Rechtsstreit zu vermeiden, wenn nicht nur das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, sondern auch die Kausalität der fehlerhaften Behandlung für die eingetretenen Gesundheitsschäden und das Ausmaß der Schäden streitig seien. Es fehle dem Gericht die Möglichkeit, den Sachverhalt den besonderen Erfordernissen des Arzthaftungsprozesses entsprechend unter weitgehender Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes aufzuklären. Einer sachgerechten Beweiserhebung müsse eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung durch das Gericht vorhergehen. Da der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren die Beweisfragen vorgebe und der Gegner nur das Recht zur Stellung des Gegenantrages habe (vgl. BGH, Beschluß vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99 - NJW 2000, 960, 961), könne von Seiten des Gerichts nicht auf eine Präzisierung der Beweisfragen hingewirkt werden (vgl. OLG Köln, VersR 1998, 1420 f. = MDR 1998, 224 f.; OLG Nürnberg, MDR 1997, 501; Rehborn, MDR 1998, 16 ff.; Schinnenburg in MedR 2000, 185, 187 f. für die zahnärztliche Haftung

).

bb) Dagegen führen die Befürworter eines selbständigen Beweisverfahrens auch bei Arzthaftungsansprüchen an, daß der Wortlaut des § 485 Abs. 2
ZPO eine grundsätzliche Ausklammerung der Arzthaftungssachen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift nicht zulasse. Das rechtliche Interesse als Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 485 Abs. 2 ZPO sei generell weit auszulegen (so MünchKomm/Schreiber, ZPO, 2. Aufl., § 485 Rdn. 13; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 485 Rdn. 7; Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 485 Rdn. 13; Zöller/Herget, aaO, § 485 Rdn. 7a m.w.N.). Auch wenn sich das Ergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens in Arzthaftungssachen häufig als unzureichend oder gar unerheblich erweise, sei das Risiko, daß das Gutachten auf einer ungesicherten tatsächlichen Grundlage erstattet werde, vom Antragsteller zu tragen und über die Kostenfolge des § 96 ZPO zu regeln. Dem Patienten stehe zwar auch das außergerichtliche Schlichtungsverfahren vor den Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern zur Verfügung. Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, daß dieses den Vorrang habe und das selbständige Beweisverfahren verdränge (vgl. OLG Koblenz, MDR 2002, 352 f.; OLG Saarbrücken, VersR 2000, 891 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2000, 3438 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1999, 887 f.; OLG Düsseldorf, MDR 1998, 1241 f.; OLG Stuttgart, NJW 1999, 874 f.; OLG Schleswig, OLGR 2001, 279 f; Mohr in MedR 1996, 454 f.; Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rdn. 232; Stegers, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, Bd. 3, 2001, 11 ff.; befürwortend für Indikationsbewertungen bei zahnprothetischen Leistungen Rinke/Balser in MedR 1999, 398 ff.). cc) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Wortlaut des § 485 Abs. 2 ZPO läßt eine Ausnahme für Ansprüche aus dem Arzthaftungsrecht nicht zu. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts sind nicht gegeben. Weder die Entstehungsgeschichte des § 485 Abs. 2 ZPO noch sein Sinn und Zweck oder der Gesamtzusammenhang mit der Regelung in § 485 Abs. 1 ZPO sprechen gegen eine generelle Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens bei Arzthaftungsansprüchen.
In der Begründung des Entwurfs für das Rechtspflegevereinfachungsgesetz (BT-Drucks. 11/3621 vom 1. Dezember 1988, S. 23) heißt es: "Insbesondere, wenn der Streit der Parteien nur von der Entscheidung tatsächlicher Fragen abhängt, wird die vor- oder außergerichtliche Beweisaufnahme als zweckmäßig angesehen. U.a. für Bauprozesse (Punktesachen), Kraftfahrzeug- und Arzthaftungsprozesse wird angenommen , daß die gesonderte Begutachtung durch einen Sachverständigen häufig zu einer die Parteien zufriedenstellenden Klärung und damit eher zum Vergleich als in einen Prozeß führen würde. (...). Der Entwurf (...) schlägt vor, das bisherige Beweissicherungsverfahren zu erweitern und auf den Sicherungszweck für das schriftliche Sachverständigengutachten ganz, im Übrigen bei Zustimmung des Gegners zu verzichten. Das Verfahren der §§ 485 ff. ZPO wird als selbständiges Beweisverfahren bezeichnet." Schon diese Erwägung des Gesetzgebers legt eine Zulässigkeit des Verfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO nahe. Im übrigen sind dessen Ziele bei Ausschöpfung der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Sachaufklärung und zur vorprozessualen Einigung zwischen den Parteien grundsätzlich auch in Arzthaftungssachen zu erreichen. Sinn und Zweck der vorprozessualen Beweissicherung nach § 485 Abs. 2 ZPO ist es nämlich, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer raschen und kostensparenden Einigung zu bringen (vgl. Zöller/Herget, aaO, vor § 485 Rdnr. 2; Reichold in Thomas/Putzo, aaO, Vorbem. vor § 485 Rdnr. 2; Musielak/Huber, aaO, § 485 Rdnr. 2). Der Senat verkennt nicht, daß sich das selbständige Beweisverfahren bei der Verletzung einer Person, um die es regelmäßig in Arzthaftungsverfahren geht, darauf beschränkt, den Zustand
dieser Person, die hierfür maßgeblichen Gründe und die Wege zur Beseitigung des Schadens festzustellen (§ 485 Abs. 2 ZPO). Deshalb ist es zwar richtig, daß sich mit den möglichen tatsächlichen Feststellungen ein Arzthaftpflichtprozeß häufig nicht entscheiden lassen wird, weil damit noch nicht die rechtlichen Fragen des Verschuldens des Arztes und der Kausalität der Verletzung für den geltend gemachten Schaden geklärt sind. In der Rechtspraxis wird sich jedoch bei Feststellung des Gesundheitsschadens und der hierfür maßgeblichen Gründe nicht selten erkennen lassen, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Deshalb kann die vorprozessuale Klärung eines Gesundheitsschadens und seiner Gründe durchaus prozeßökonomisch sein. Hiergegen spricht auch nicht zwingend, daß dem Gutachten unter Umständen ein geringer Beweiswert zukommen kann, weil der Antragsteller ohne Hilfe durch das Gericht die Beweisfragen vorgibt oder wesentliche Unterlagen fehlen, zumal der Antragsteller in der Regel anwaltlich vertreten sein wird. Im übrigen hat das Gericht auch in einem solchen Verfahren eigene Möglichkeiten den Sachverhalt weiter aufzuklären und zu versuchen, die Parteien zu einer vergleichsweisen Einigung zu führen oder den Patienten zu veranlassen, von der Weiterverfolgung der Ansprüche abzusehen. Es kann hierzu den Sachverständigen zur Anhörung laden, zur Ergänzung des Gutachtens auffordern, ein weiteres Gutachten einholen oder die Parteien zur Erörterung laden (§§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 3, § 412 Abs. 1 ZPO; § 492 Abs. 3 ZPO). Insofern stellt sich die Rechtslage nicht anders dar als beim Verfahren nach § 485 Abs. 1 ZPO. Auch dort ist das Gericht an die Formulierung der Beweisfragen durch den Antragsteller gebunden (vgl. Musielak/Huber, aaO, Rdn. 7; Zöller/Herget, aaO, § 485 Rdn. 4). 3. Kann hiernach ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO auch bei Arzthaf-
tungsansprüchen nicht aus grundsätzlichen Erwägungen ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles verneint werden, wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, ob im vorliegenden Fall die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung der Begutachtung nach § 485 Abs. 2 ZPO gegeben sind.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
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1. Im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO ist es allerdings grundsätzlich möglich, nach einem Personenschaden den entgangenen Gewinn mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens ermitteln zu lassen. § 485 Abs. 2 ZPO hat eine Sonderregelung für Fälle geschaffen, in denen ein selbständiges Beweisverfahren unabhängig vom drohenden Verlust eines Beweismittels zweckmäßig erscheint, weil es eine vorprozessuale Einigung der Parteien erleichtert. Dies sind Fälle, in denen es in erster Linie auf die Feststellung tatsächlicher Umstände durch eine schriftliche Begutachtung durch Sachverständige ankommt. Gegenstand des Gutachtens kann der Zustand einer Person , der Wert einer Sache, die Ursache eines Personen- oder Sachschadens oder Sachmangels und der Aufwand für die Beseitigung solcher Schäden und Mängel sein, ohne dass ein Sicherungszweck erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 11/3621 vom 1. Dezember 1988, S. 23, 41 f.). Voraussetzung ist lediglich, dass der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der zu treffenden Feststellung hat; ein solches ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann (§ 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Begriff des "rechtlichen Interesses" ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse nur in völlig eindeutigen Fällen verneint werden, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2004 - III ZB 33/04 - NJW 2004, 3488).
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Die Rechtsbeschwerde beanstandet mit Erfolg, dass das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen hat, weil in Arzthaftungssachen grundsätzlich ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO an einer vorprozessualen Beweissicherung hinsichtlich der Feststellung eines Behandlungsfehlers nicht bestehe. Ein rechtliches Interesse ist bereits dann nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, auch wenn möglicherweise eine abschließende Klärung durch das einzuholende Sachverständigengutachten nicht möglich ist und weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302 ff.). Diese Voraussetzung liegt hier vor.

Der Antrag muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Gegners;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll;
3.
die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel;
4.
die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.

(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.

(2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen Beweisverfahren nicht erschienen, so kann das Ergebnis nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.

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1. Im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO ist es allerdings grundsätzlich möglich, nach einem Personenschaden den entgangenen Gewinn mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens ermitteln zu lassen. § 485 Abs. 2 ZPO hat eine Sonderregelung für Fälle geschaffen, in denen ein selbständiges Beweisverfahren unabhängig vom drohenden Verlust eines Beweismittels zweckmäßig erscheint, weil es eine vorprozessuale Einigung der Parteien erleichtert. Dies sind Fälle, in denen es in erster Linie auf die Feststellung tatsächlicher Umstände durch eine schriftliche Begutachtung durch Sachverständige ankommt. Gegenstand des Gutachtens kann der Zustand einer Person , der Wert einer Sache, die Ursache eines Personen- oder Sachschadens oder Sachmangels und der Aufwand für die Beseitigung solcher Schäden und Mängel sein, ohne dass ein Sicherungszweck erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 11/3621 vom 1. Dezember 1988, S. 23, 41 f.). Voraussetzung ist lediglich, dass der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der zu treffenden Feststellung hat; ein solches ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann (§ 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Begriff des "rechtlichen Interesses" ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse nur in völlig eindeutigen Fällen verneint werden, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2004 - III ZB 33/04 - NJW 2004, 3488).

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

Der Antrag muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Gegners;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll;
3.
die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel;
4.
die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 29/01
vom
27. September 2001
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. September 2001 durch
die Richter Tropf, Dr. Lambert-Lang, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 23. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 11. Juli 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 327.121,99 DM

Gründe:


I.


Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 327.121,99 DM Aufwendungsersatz an die Klägerin verurteilt. Es hat das Vorbringen der Beklagten aus Rechtsgründen als nicht geeignet angesehen, den geltend gemachten Anspruch zu verneinen. So verhalte es sich auch insoweit, als die Beklagten einzelne Rechnungen angriffen, die nicht vorgelegt seien.
Die Begründung der Berufung der Beklagten beschränkt sich auf die Ankündigung eines Antrags und die Sätze "Wir überreichen anliegend einen Leitz-Ordner, in dem die streitgegenständlichen Rechnungen enthalten sind. In der Sache verbleibt es bei unserem Vortrag erster Instanz".
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, weil es an der zur Zulässigkeit notwendigen Begründung fehle. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muß eine Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie gegebenenfalls der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten. Die Berufungsbegründung muß auf den Streitfall zugeschnitten sein und erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angegriffene Urteil für unrichtig hält. Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 9. März 1995, IX ZR 142/94, NJW 1995, 1559, 1560; Urt. v. 6. Mai 1999, III ZR 265/98, NJW 1999, 3126).
So verhält es sich hier. Die Berufungsbegründung muß durch einen Schriftsatz erfolgen (§ 519 Abs. 1 ZPO). Die Vorlage eines Leitz-Ordners ändert hieran nichts. Anlagen können nur der Erläuterung des schriftsätzlichen Vorbringens (vgl. Schreiber, Die Urkunde im Zivilprozeß, § 11 IV, V 3; Michel; Der Schriftsatz im Anwaltsprozeß, 5. Aufl., § 3 Nr. 3 b) oder dem urkundlichen Beweis von Behauptungen dienen (§ 131 ZPO). Ersetzen können Anlagen
schriftsätzliches Vorbringen nicht (vgl. Stein/Jonas/Schumann, ZPO 21. Aufl., § 253 Rdn. 19).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Lambert-Lang Schneider Klein Lemke
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2. Ferner war das Kammergericht entgegen der Auffassung der Revision der Kläger nicht gehalten, von sich aus die vorgelegten umfangreichen Ordner auf für die Frage eines Treuhandverhältnisses möglicherweise erhebliche Tatsachen durchzusehen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nie ersetzen (BGH, Urt. v. 27. September 2001 - V ZB 29/01, BGH-Report 2002, 257; vgl. Sen.Urt. v.

Der Antrag muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Gegners;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll;
3.
die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel;
4.
die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.