Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2012 - V ZB 56/12

bei uns veröffentlicht am19.09.2012
vorgehend
Amtsgericht Marl, 34 C 10/09, 19.08.2011
Landgericht Dortmund, 11 S 13/12, 17.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 56/12
vom
19. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Wert eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs bestimmt
sich grundsätzlich nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach dem
Wert der ursprünglich gestellten Anträge.

b) Das (den Wert des ursprünglichen Rechtsstreits übersteigende) Interesse an der
Wirksamkeit des Vergleichs oder der Wert des Vergleichs ist nur maßgeblich,
wenn neben der Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits nach § 256 Abs. 2
ZPO auch die Feststellung der Wirksamkeit des Vergleichs beantragt worden ist.
BGH, Beschluss vom 19. September 2012 - V ZB 56/12 - LG Dortmund
AG Marl
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts des Rechtsbeschwerdeverfahrens in dem Beschluss des Senats vom 21. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg.
2
1. Sie ist allerdings als Gegenvorstellung statthaft. Gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts des Rechtsbeschwerdeverfahrens durch den Bundesgerichtshof findet nach § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG zwar keine Beschwerde statt. Statthaft ist aber die Gegenvorstellung, wenn, wie hier, der Gegenstandswert nach § 63 Abs. 3 GKG auch von Amts wegen geändert werden könnte (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011, XII ZB 113/11, FamFR 2011, 423 = juris Rn. 3). Als solche ist die eingelegte Beschwerde auszulegen.
3
2. Sie ist indes unbegründet.
4
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist zutreffend festgesetzt. Ein Grund, ihn höher ansetzen als den Wert des erledigten Rechtsstreits , besteht nicht. Er ergibt sich auch nicht daraus, dass der vor dem Amtsgericht geschlossene Vergleich einen beträchtlichen Mehrwert hat.
5
a) Der Wert eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs bestimmt sich grundsätzlich nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach dem Wert der ursprünglich gestellten Anträge (Senat, Beschluss vom 8. Februar 2007 - V ZR 160/06, RVG-Report 2007, 158 [Ls.] = juris; BGH, Beschluss vom 30. September 1964, Ib ZR 215/62, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 119; LAG Düsseldorf, MDR 2000, 1099; Musielak/Heinrich, ZPO, 9. Aufl., § 3 Rn. 32 Stichwort Prozessvergleich; Prütting/Gehrlein/Gehle, ZPO, 4. Aufl., § 3 Rn. 224; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rn. 68 Stichwort Vergleich [Wert bei Fortsetzung des Verfahrens]; wohl auch: Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort Vergleich; offengelassen in BGH, Beschluss vom 14. Februar 2007 - XII ZB 52/03, FamRZ 2007, 630). Etwas anderes gilt nur, wenn die Anfechtung des Vergleichs den Rechtsstreit nicht auf den ursprünglichen Streitstand zurückführt, sondern einen bereits erzielten Teilerfolg bestehen lässt. Dann kommt es auf das noch verbleibende Interesse an (Senat, Beschluss vom 8. Februar 2007 - V ZR 160/06, RVG-Report 2007, 158 [Ls.] = juris). Das (den Wert des ursprünglichen Rechtsstreits übersteigende) Interesse an der Wirksamkeit des Vergleichs (für dessen Relevanz: OLG Saarbrücken, JurBüro 1990, 97; OLG Bamberg, JurBüro 1998, 541; OLG Frankfurt/Main, OLGR 2004, 122) oder der Wert des Vergleichs (so: MünchKomm-ZPO/Wöstmann, 3. Aufl., § 3 Rn. 127) ist nur maßgeblich, wenn neben der Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits nach § 256 Abs. 2 ZPO auch die Feststellung der Wirksamkeit des Vergleichs beantragt wird.
6
b) Hier hing der Ausgang des nach der Anfechtung des Vergleichs fortgesetzten Rechtsstreits zwar inhaltlich von der Frage ab, ob der Vergleich wirksam ist. Gegenstand des fortgesetzten Rechtsstreits war aber nicht ein Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit des Vergleichs, sondern ein Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits durch den Vergleich. Dessen Wert bestimmt sich nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach dem Wert des erledigten Rechtsstreits. Daran orientiert sich die Wertfestsetzung durch den Senat.
7
c) Der Wert erhöht sich auch nicht deshalb, weil der Kläger in der Berufungsbegründung beantragt hat festzustellen, dass der Vergleich unwirksam ist. Bei diesem Antrag handelte es sich um einen Hilfsantrag, der nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zu einer Erhöhung des Gegenstandswerts nur führt, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Daran fehlt es. Das Berufungsgericht hat mit der Verwerfung der Berufung allein die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt, welche nur die Erledigung des Ausgangsrechtsstreits zum Gegenstand hat. Zu einer Entscheidung über den Feststellungsantrag ist es auch im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Senat nicht gekommen. Dessen Gegenstand war nur die Frage, ob die Verwerfung der Berufung durch das Be- rufungsgericht zu beanstanden ist. Auch damit ist über den Hilfsantrag des Klägers , die Unwirksamkeit des Vergleichs festzustellen, nicht entschieden. Stresemann Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Marl, Entscheidung vom 19.08.2011 - 34 C 10/09 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 17.02.2012 - 11 S 13/12 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2012 - V ZB 56/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2012 - V ZB 56/12

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2012 - V ZB 56/12 zitiert 10 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2012 - V ZB 56/12 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2012 - V ZB 56/12 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2007 - V ZR 160/06

bei uns veröffentlicht am 08.02.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 160/06 vom 8. Februar 2007 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsc

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2007 - XII ZB 52/03

bei uns veröffentlicht am 14.02.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 52/03 vom 14. Februar 2007 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2011 - XII ZB 113/11

bei uns veröffentlicht am 29.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 113/11 vom 29. Juni 2011 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer,
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2012 - V ZB 56/12.

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 09. Aug. 2017 - 7 UF 1276/16

bei uns veröffentlicht am 09.08.2017

Tenor 1. Der Antrag des Antragstellers vom 23.5.2017 wird abgewiesen. 2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 10.5.2017 beendet ist. 3. Der Antragsteller trägt die weiteren Kosten des Rechtsstr

Landgericht Hamburg Urteil, 20. Sept. 2017 - 318 S 92/16

bei uns veröffentlicht am 20.09.2017

Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten zu 3) wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 15.09.2016, Az. 303b C 18/13, abgeändert und festgestellt, dass der Rechtsstreit nicht durch den mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 17

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2017 - V ZR 277/16

bei uns veröffentlicht am 17.08.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 277/16 vom 17. August 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:170817BVZR277.16.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinne

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2015 - V ZR 194/14

bei uns veröffentlicht am 10.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 194/14 Verkündet am: 10. Juli 2015 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja WEG § 43 Nr

Referenzen

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

3
1. Gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG ist eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Senats nicht statthaft. Allerdings steht der Beklagten in diesem Fall die Gegenvorstellung offen, soweit diese - wie vorliegend - binnen der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt wird. Jedenfalls in entsprechender Anwendung von §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 5 Satz 1 GKG, 78 Abs. 3 ZPO bedarf die Beklagte hierzu auch keiner anwaltlichen Vertretung (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2007 - XII ZB 99/07 - zitiert nach juris).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 160/06
vom
8. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. Februar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. Mai 2006 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 12.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Kläger haben die Beklagten auf die Vornahme von Sichtschutzmaßnahmen an deren Doppelhaushälfte und darauf in Anspruch genommen, ihr Haus mit Sprossenfenstern zu versehen. Den Wert beider Anträge haben sie mit jeweils 12.000 € angegeben. Nachdem die Beklagten erklärt hatten, sie hätten inzwischen sämtliche Fenster der Nord- und Westfassade mit Ausnahme der Glasfassade im Erdgeschoss der Westseite als weiße Sprossenfenster ausführen lassen, beendeten die Parteien den Rechtsstreit durch einen gerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Beklagten verpflichteten, an ihrer Doppelhaushälfte die im Erdgeschoss und im Obergeschoss an der Ostfassade befindlichen Fenster so auszuführen, dass auf ihrer gesamte Höhe weder das Öffnen noch das Durchblicken möglich ist. Später stellte sich heraus, dass am Haus der Beklagten keine Sprossenfenster eingebaut wurden, sondern lediglich der Beklagten keine Sprossenfenster eingebaut wurden, sondern lediglich Fenster mit Vorsatzsprossen.
2
Daraufhin haben die Kläger die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung erklärt und die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Das Landgericht hat die Erledigung des Verfahrens durch den Vergleich festgestellt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, mit welcher diese ihre ursprünglichen Klageanträge weiter verfolgen möchten.

II.


3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
4
1. Der Wert eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs bestimmt sich grundsätzlich nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach dem Wert der ursprünglich gestellten Anträge (BGH, Beschl. v. 30. September 1964, Ib ZR 215/62, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 119; Musielak /Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 3 Rdn. 32 Stichwort Prozessvergleich; MünchKomm -ZPO/Schwerdtfeger, 2. Aufl., § 3 Rdn. 127; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rdn. 68 Stichwort Vergleich [Wert bei Fortsetzung des Verfahrens ]; wohl auch: Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Stichwort Vergleich). Das gilt aber nur, wenn die Anfechtung des Vergleichs den Rechtsstreit auf den ursprünglichen Streitstand zurückführt.
5
2. So liegt es hier nicht. Die Kläger haben mit dem Vergleich hinsichtlich der Sichtschutzmaßnahmen einen Teilerfolg erzielt, den sie mit der Anfechtung des Vergleichs nicht in Frage stellen wollen. Mehr könnten sie hinsichtlich dieses Teils ihrer Klage auch bei Fortsetzung des Rechtsstreits nicht erreichen. Ziel ihrer Anfechtung ist es, auch bei dem anderen Teil ihrer Klage, nämlich beim Einbau von Sprossenfenstern im Haus der Beklagten, einen Erfolg zu erreichen. Nur insoweit bleibt der Vergleich hinter dem durch eine Fortführung des Rechtsstreits Erreichbaren zurück. In einer solchen Konstellation kann es nur auf das Interesse der anfechtenden Partei ankommen (OLG Bamberg JurBüro 1998, 541; OLG Frankfurt/Main, OLGR 2004, 122). Dessen Wert beträgt nach den Angaben der Kläger selbst nur 12.000 € und erreicht den erforderlichen Beschwerdewert nicht.

III.


6
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 29.12.2004 - 10 O 1342/03 -
OLG München, Entscheidung vom 23.05.2006 - 18 U 1877/05 -

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 52/03
vom
14. Februar 2007
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 31. Januar 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 258 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind zwei inzwischen volljährige Söhne hervorgegangen. Die Klägerin machte mit ihrer Klage - gestützt auf eine mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung, nach der der Sonderbedarf der Söhne von den Eltern jeweils hälftig zu tragen sei - geltend, der Beklagte sei dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, und verlangte Zahlung von 4.692 DM (2.398,89 €) zuzüglich Zinsen.
2
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht schlossen die Parteien folgenden Vergleich: "Der Beklagte zahlt insgesamt 504,50 DM, und zwar jeweils die Hälfte dieses Betrages an den Sohn S. und die andere Hälfte des Betrages an den Sohn J. Im Übrigen sind sich die Parteien darüber einig, dass sie in der Vergangenheit beide mehr für die Kinder getan haben als sie zu tun verpflichtet gewesen sind. Die Parteien sind sich außerdem darüber einig, dass für die Vergangenheit zwischen ihnen in Bezug auf die Kinder keine Unterhaltsforderungen hinüber und herüber mehr bestehen."
3
Der Beklagte erklärte die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung und begehrte die Feststellung, dass dieser unwirksam sei.
4
Das Amtsgericht stellte - dem Antrag der Klägerin folgend - fest, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich beendet sei. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil dessen Beschwer den Betrag von 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.
6
1. Das Oberlandesgericht, das die Beschwer des Beklagten und den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren auf 257,95 € (504,50 DM) festgesetzt hat, hat hierzu ausgeführt: Der Beklagte wolle mit seiner Berufung die Feststellung der Unwirksamkeit des Vergleichs und seine Befreiung von der hierin enthaltenen Pflicht zur Zahlung von insgesamt 504,50 DM Unterhalt als Sonderbedarf erreichen. Darin bestehe sein nach Abschluss des Vergleichs verbliebenes Interesse, so dass bei der Bemessung der Beschwer und des Ge- bührenstreitwerts allein hierauf und nicht auf die ursprüngliche Klageforderung von 4.962 DM abzustellen sei. Die Berufung sei daher gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unzulässig.
7
Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
8
2. Der Streit über die verfahrensrechtliche oder materiell-rechtliche Wirksamkeit eines Prozessvergleichs ist durch Fortsetzung des bisherigen Verfahrens auszutragen (vgl. etwa BGHZ 28, 171, 174 ff.). Die Frage, wie der Streitwert in dem über die Wirksamkeit des Vergleichs fortgesetzten Verfahren zu bemessen ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.
9
Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, der Streitwert des fortgesetzten Verfahrens entspreche demjenigen des bisherigen Verfahrens. Unbeachtlich sei, dass dabei auch inzidenter über die Wirksamkeit des unter Umständen höherwertigen Vergleichs entschieden werde, da der Vergleichsgegenstand nicht zum allein streitwertrechtlich relevanten Streitgegenstand geworden sei (Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 3 Nr. 68 Stichwort: Vergleich [Wert bei Fortsetzung des Verfahrens]; Musielak/Henrich ZPO 5. Aufl. § 3 Rdn. 32; Zöller/Herget ZPO 26. Aufl. § 3 Rdn. 16 Stichwort: Vergleich; Thomas /Putzo/Hüßtege ZPO 27. Aufl. § 3 Rdn. 157; Hk-ZPO/Kayser § 3 Rdn. 15 Stichwort: Vergleich; Anders/Gehle/Kuntze Streitwertlexikon 4. Aufl. S. 315 Rdn. 20; ebenso: LAG Düsseldorf MDR 2000, 1099).
10
Teilweise wird dagegen die Ansicht vertreten, der Wert des Verfahrens bestimme sich nach dem Interesse desjenigen, der die Unwirksamkeit des Vergleichs geltend mache. Allein der Umstand, dass der Streit hierüber durch Fortsetzung des bisherigen Verfahrens geführt werden müsse, rechtfertige keine schematische Gleichsetzung mit dessen Hauptsachewert. Vielmehr entspreche die Situation einem Zwischenstreit. Das nach § 3 ZPO maßgebliche Interesse des "Fortsetzungsklägers" bemesse sich nach der Differenz zwischen seinem Sachantrag in dem bisherigen Verfahren und der mit dem Vergleich übernommenen Verpflichtung. Der Wertbestimmung habe daher eine Saldierung der mit dem Vergleichsabschluss verbundenen vermögensrechtlichen Vor- und Nachteile für den "Fortsetzungskläger" vorauszugehen (Schneider/Herget Streitwertkommentar 12. Aufl. Rdn. 5737; MünchKomm-ZPO/Schwerdtfeger 2. Aufl. § 3 Rdn. 127; OLG Bamberg JurBüro 1998, 541; OLG Frankfurt OLGReport 2004, 122; OLG Stuttgart JurBüro 1978, 1654, 1655).
11
3. Für die Zulässigkeit der Berufung kommt es indessen nicht auf den Gebührenstreitwert, sondern darauf an, ob die Beschwer des Berufungsklägers den Betrag von 600 € übersteigt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Maßgebend hierfür ist allein das Interesse des Beklagten an der Unwirksamkeit des Vergleichs, nachdem durch das angefochtene Urteil die Wirksamkeit und damit die verfahrensbeendende Wirkung des Vergleichs festgestellt worden ist. Insofern ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte im Umfang der von ihm übernommenen Zahlungspflicht, also in Höhe von 504,50 DM (257,95 €), beschwert ist. Eine zusätzliche Beschwer kommt dagegen nicht deshalb in Betracht, weil die Parteien in dem Vergleich außerdem vereinbart haben, "dass für die Vergangenheit zwischen ihnen in Bezug auf die Kinder keine Unterhaltsforderungen hinüber und herüber mehr bestehen", der Beklagte sich solcher Ansprüche aber berühmt.
12
Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall, in dem lediglich ein Teilbetrag eingeklagt, aber über die Gesamtforderung, der sich die klagende Partei berühmt hatte, ein Vergleich geschlossen worden war, die Auffassung vertreten, ein Streitwert - und zugleich wohl auch eine Beschwer - in Höhe der durch den Vergleich begründeten (höheren) Zahlungspflicht lasse sich nicht damit begrün- den, dass auf Antrag des Beklagten über die Wirksamkeit des Vergleichs gestritten werde. Das gelte jedenfalls, wenn der Rechtsstreit mit den ursprünglichen Anträgen fortgesetzt werde, die Parteien also nicht die Möglichkeit ergriffen hätten, eine Entscheidung zu erlangen, deren Rechtskraft auch den Bestand des Vergleichs erfasst hätte (Vollstreckungsgegenklage oder Widerklage auf Feststellung der Wirksamkeit des Vergleichs; BGH Beschluss vom 30. September 1964 - Ib ZR 215/62 - Leitsatz veröffentlicht in KostRspr ZPO § 3 Nr. 119).
13
Daraus ergibt sich, dass bei Fortsetzung des Verfahrens mit den bisherigen Anträgen für einen Vergleich kein höherer Wert anzusetzen ist, wenn dessen - weitergehende - Regelungen nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden. Entsprechendes gilt auch für den vorliegenden Fall, da der Beklagte aus seinen angeblichen Gegenansprüchen keine prozessualen Konsequenzen gezogen und etwa Widerklage erhoben hat. Seine Beschwer entspricht deshalb lediglich dem Betrag von 257,95 €, zu dessen Zahlung er sich verpflichtet hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Lichtenfels, Entscheidung vom 24.10.2002 - 1 F 380/00 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 31.01.2003 - 7 UF 295/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 160/06
vom
8. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. Februar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. Mai 2006 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 12.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Kläger haben die Beklagten auf die Vornahme von Sichtschutzmaßnahmen an deren Doppelhaushälfte und darauf in Anspruch genommen, ihr Haus mit Sprossenfenstern zu versehen. Den Wert beider Anträge haben sie mit jeweils 12.000 € angegeben. Nachdem die Beklagten erklärt hatten, sie hätten inzwischen sämtliche Fenster der Nord- und Westfassade mit Ausnahme der Glasfassade im Erdgeschoss der Westseite als weiße Sprossenfenster ausführen lassen, beendeten die Parteien den Rechtsstreit durch einen gerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Beklagten verpflichteten, an ihrer Doppelhaushälfte die im Erdgeschoss und im Obergeschoss an der Ostfassade befindlichen Fenster so auszuführen, dass auf ihrer gesamte Höhe weder das Öffnen noch das Durchblicken möglich ist. Später stellte sich heraus, dass am Haus der Beklagten keine Sprossenfenster eingebaut wurden, sondern lediglich der Beklagten keine Sprossenfenster eingebaut wurden, sondern lediglich Fenster mit Vorsatzsprossen.
2
Daraufhin haben die Kläger die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung erklärt und die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Das Landgericht hat die Erledigung des Verfahrens durch den Vergleich festgestellt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, mit welcher diese ihre ursprünglichen Klageanträge weiter verfolgen möchten.

II.


3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
4
1. Der Wert eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs bestimmt sich grundsätzlich nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach dem Wert der ursprünglich gestellten Anträge (BGH, Beschl. v. 30. September 1964, Ib ZR 215/62, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 119; Musielak /Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 3 Rdn. 32 Stichwort Prozessvergleich; MünchKomm -ZPO/Schwerdtfeger, 2. Aufl., § 3 Rdn. 127; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rdn. 68 Stichwort Vergleich [Wert bei Fortsetzung des Verfahrens ]; wohl auch: Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Stichwort Vergleich). Das gilt aber nur, wenn die Anfechtung des Vergleichs den Rechtsstreit auf den ursprünglichen Streitstand zurückführt.
5
2. So liegt es hier nicht. Die Kläger haben mit dem Vergleich hinsichtlich der Sichtschutzmaßnahmen einen Teilerfolg erzielt, den sie mit der Anfechtung des Vergleichs nicht in Frage stellen wollen. Mehr könnten sie hinsichtlich dieses Teils ihrer Klage auch bei Fortsetzung des Rechtsstreits nicht erreichen. Ziel ihrer Anfechtung ist es, auch bei dem anderen Teil ihrer Klage, nämlich beim Einbau von Sprossenfenstern im Haus der Beklagten, einen Erfolg zu erreichen. Nur insoweit bleibt der Vergleich hinter dem durch eine Fortführung des Rechtsstreits Erreichbaren zurück. In einer solchen Konstellation kann es nur auf das Interesse der anfechtenden Partei ankommen (OLG Bamberg JurBüro 1998, 541; OLG Frankfurt/Main, OLGR 2004, 122). Dessen Wert beträgt nach den Angaben der Kläger selbst nur 12.000 € und erreicht den erforderlichen Beschwerdewert nicht.

III.


6
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 29.12.2004 - 10 O 1342/03 -
OLG München, Entscheidung vom 23.05.2006 - 18 U 1877/05 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.