Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 252/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:070618BVZB252.17.0
bei uns veröffentlicht am07.06.2018
vorgehend
Amtsgericht Trier, 5 C 114/15 WEG, 21.11.2016
Landgericht Koblenz, 2 S 70/16 WEG, 08.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 252/17
vom
7. Juni 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:070618BVZB252.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juni 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 1 wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 8. November 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 9.363,76 €.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin machte als (ehemalige) Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft in T. ursprünglich gegen alle Beklagten als Gesamtschuldner rückständige Hausgeldforderungen geltend. Die Beklagte zu 1, eine aus den Beklagten zu 2 und 3 bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, war Teileigentümerin von zu dieser Gemeinschaft gehörenden Gewerbeeinheiten.
2
Das Amtsgericht hat die von den Beklagten zu 2 und 3 jeweils gegen Vollstreckungsbescheide eingelegten Einsprüche durch (zweites) Versäumnisurteil verworfen und der Klage gegenüber der Beklagten zu 1 mit Sachurteil vom 21. Oktober 2016 stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwalt B. , für die Beklagte zu 1 Berufung eingelegt und in der Berufungsbegründung mitgeteilt, dass die Beklagte zu 3 mit notarieller Vereinbarung vom 31. März 2016 ihren Gesellschaftsanteil an der Beklagten zu 1 einschließlich der Miteigentumsanteile an dem betreffenden Grundstück an den Beklagten zu 2 übertragen habe. Zugleich hat er beantragt, das Rubrum auf Seiten der Beklagten und Berufungsklägerin dahin zu berichtigen , dass Partei des Rechtsstreits nunmehr der Beklagte zu 2 sei. Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen und die Kosten des Berufungsverfahrens Rechtsanwalt B. auferlegt. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Beklagte zu 1 die Aufhebung dieses Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht erreichen.

II.


3
Das Berufungsgericht meint, die von Rechtsanwalt B. für die Beklagte zu 1 eingelegte Berufung sei unzulässig, weil dessen Prozessvollmacht mit der Anteilsübertragung von der Beklagten zu 3 auf den Beklagten zu 2 erloschen sei. Diese Abtretung habe zur Vollbeendigung der Beklagten zu 1 geführt , da sich alle Gesellschaftsanteile in einer Hand vereinigt hätten. Die Beklagte zu 1 habe daher zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht mehr existiert. Zwar erlösche eine erteilte Vollmacht nach § 672 BGB nicht automatisch mit dem Tod bzw. der Vollbeendigung des Vollmachtgebers. Diese Auslegungsregel gelte aber nicht, wenn die Besorgung des Geschäfts nur für den lebenden bzw. noch existenten Auftraggeber Bedeutung habe. So liege es hier, weil die anwaltliche Vertretung in dem Rechtsstreit sich für die Beklagte zu 1 mit deren Vollbeendigung erledigt habe. Es stehe fest, dass weitere haftende Gesellschafter nicht hinzutreten würden; gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 lägen rechtskräftige Vollstreckungsbescheide über die gesamte Schuld vor.
4
Selbst wenn der Beklagte zu 2 durch die Anteilsübertragung Gesamtrechtsnachfolger der Beklagten zu 1 geworden sein sollte, ändere dies an der Unzulässigkeit des Rechtsmittels nichts, da dieses ausdrücklich für letztere und nicht für den Beklagten zu 2 eingelegt worden sei.
5
Die Kosten der Berufung seien dem vollmachtlos handelnden Rechtsanwalt B. aufzuerlegen. Ob dieser Regressansprüche gegen die Beklagten zu 2 und 3 geltend machen könne, etwa weil er zu spät über die Vollbeendigung der Beklagten zu 1 informiert worden sein sollte, könne offen bleiben.

III.


6
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Gegen die Zulässigkeit im Übrigen ergeben sich keine Bedenken, weil sich die Beklagte zu 1 gegen die prozessualen Folgerungen wendet, welche das Berufungsgericht aus ihrer fehlenden Parteifähigkeit gezogen hat, und sie für diesen Streit als existent und parteifähig zu behandeln ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - II ZB 9/09, WM 2010, 1719 Rn. 3).
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil die angegriffene Entscheidung von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht.
8
a) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte zu 1 mit der Abtretung sämtlicher Gesellschaftsanteile der Beklagten zu 3 an den Beklagten zu 2 als einzigen weiteren Gesellschafter beendet wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft entsprechend § 142 HGB das Gesellschaftsunternehmen ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven übernehmen und wird hierdurch zum Gesamtrechtsnachfolger der mit der Übernahme aufgelösten Gesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1967 - II ZR 268/64, BGHZ 48, 203, 206; Senat, Urteil vom 9. Juli 1968 - V ZR 80/66, BGHZ 50, 307, 308). Ebenso erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wenn einer von zwei Gesellschaftern aus der Gesellschaft ausscheidet und sein Gesellschaftsanteil dem einzigen verbleibenden Gesellschafter anwächst, der hierdurch zum Rechtsnachfolger der Gesellschaft wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2002 - II ZR 331/00, NJW 2002, 1207 unter 1.; BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - II ZB 9/09, WM 2010, 1719 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn die Gesellschaft - wie hier - Eigentümerin eines Grundstücks ist; zur Umschreibung des Eigentums auf den Gesamtrechtsnachfolger bedarf es in diesem Fall nicht der Auflassung an diesen, sondern nur der Berichtigung des Grundbuchs (vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 1978 - V ZB 24/78, WM 1979, 249).
9
b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, durch die Beendigung der Beklagten zu 1 sei die Vollmacht ihres Prozessbevollmächtigten erloschen. Auf den Übergang des Vermögens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft ohne Liquidation auf den letzten verbliebenen Gesellschafter sind die Regeln der §§ 239 ff., 246 ZPO und des § 86 Halbsatz 1 ZPO sinngemäß anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2002 - II ZR 331/00, NJW 2002, 1207 unter 1. mwN). Danach ist die Rechtsanwalt B. von der Beklagten zu 1 erteilte Prozessvollmacht ungeachtet des zwischenzeitlichen Erlöschens der Beklagten zu 1 und der Rechtsnachfolge des Beklagten zu 2 in ihr Aktiv- und Passivvermögen als fortbestehend anzusehen. Rechtsanwalt B. war damit berechtigt, für die Beklagte zu 1 Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts einzulegen.
10
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere war die Berufung der Beklagten zu 1 nicht deshalb unzulässig, weil diese zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung erloschen war und hierdurch ihre Parteifähigkeit verloren hatte. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Prozesspartei, deren Parteifähigkeit in Streit steht, zur gerichtlichen Klärung dieser Frage als parteifähig zu behandeln ist. Eine nicht existente oder aus anderen Gründen parteiunfähige Partei kann Rechtsmittel einlegen, um ihre Nichtexistenz oder anderweitig fehlende Parteifähigkeit geltend zu machen oder um zu rügen, dass ihre Parteifähigkeit vorinstanzlich zu Unrecht verneint worden ist (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - II ZB 9/09, WM 2010, 1719 Rn. 9 mwN). Ebenso kann sie das Rechtsmittel - wie hier - mit dem Ziel einlegen, ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes Sachurteil zu erreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - II ZB 9/09, aaO Rn. 11).

IV.


11
Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dieses wird nunmehr die von Rechtsanwalt B. beantragte Rubrumsberichtigung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 1. Dezember 2003 - II ZR 161/02, BGHZ 157, 151, 155; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 246 Rn. 2b) vorzunehmen und sodann in der Sache über die von dem Beklagten zu 2 als Rechtsnachfolger der Beklagten zu 1 fortgeführte Berufung zu entscheiden haben.
Stresemann Brückner Weinland
Kazele Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Trier, Entscheidung vom 21.11.2016 - 5 C 114/15 WEG -
LG Koblenz, Entscheidung vom 08.11.2017 - 2 S 70/16 WEG -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 252/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 252/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 252/17 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 86 Fortbestand der Prozessvollmacht


Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Prozessfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er nach Aussetzung des Rechtsstreits für den Nachfo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 672 Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers


Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Erlischt der Auftrag, so hat der Beauftragte, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortz

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 252/17 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 252/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2002 - II ZR 331/00

bei uns veröffentlicht am 18.02.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 331/00 Verkündet am: 18. Februar 2002 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die m

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2003 - II ZR 161/02

bei uns veröffentlicht am 01.12.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 161/02 Verkündet am: 1. Dezember 2003 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja bis S.

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2010 - II ZB 9/09

bei uns veröffentlicht am 31.05.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 9/09 vom 31. Mai 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 50 Abs. 1 Die Berufung einer nicht existenten oder aus anderen Gründen parteiunfähigen Prozesspartei gegen ein
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - V ZB 252/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2019 - V ZB 101/18

bei uns veröffentlicht am 16.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 101/18 vom 16. Mai 2019 in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 109 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 24 Abs. 1; GBO § 22 Abs. 1 Ist eine zweigliedrige Gesellschaft bürgerlichen Rec

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2018 - V ZB 10/18

bei uns veröffentlicht am 05.07.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 10/18 vom 5. Juli 2018 in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GBO § 29 Abs. 1, § 40 Abs. 1 a) Eine die entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO rechtfertigende erbgangsgle

Referenzen

Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Erlischt der Auftrag, so hat der Beauftragte, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Erbe oder der gesetzliche Vertreter des Auftraggebers anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

3
I. Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Gegen die Zulässigkeit im Übrigen ergeben sich auch hinsichtlich der Klägerin zu 1 keine Bedenken, weil sie sich gegen die prozessualen Folgerungen wendet, welche das Berufungsgericht aus ihrer fehlenden Parteifähigkeit gezogen hat, und sie für diesen Streit als existent und parteifähig zu behandeln ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 331/00 Verkündet am:
18. Februar 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

beschlossen:
I. Das Urteil des Senats vom 29. Januar 2001, das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. März 2000 und das Vorbehaltsurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ansbach vom 26. November 1999 werden im Kostenpunkt und hinsichtlich der die Beklagte zu 1 betreffenden Entscheidungen für wirkungslos erklärt.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 2 und 3 ihre eigenen außergerichtlichen Kosten, die Beklagte zu 2 außerdem die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Beklagten zu 2 und 3 jeweils als Gesamtschuldner 75 % der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Klägerin 25 % der Gerichtskosten sowie ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.
Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin und die Beklagte zu 2 die Gerichtskosten und die auûergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte.
Von den Gerichtskosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin 70 % und die Beklagte zu 2 30 % der Gerichtskosten. Die auûergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 2 zu 65 % und die Klägerin zu 35 %.
III. Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: bis zum 3. Dezember 2001: 90.000,00 DM; sodann: 20.985,90 DM.

Gründe:


I.


Die Klägerin klagt im Wechselprozeû auf Zahlung der Wechselsumme von 90.000,00 DM zuzüglich Nebenforderungen gegen die Beklagte zu 1, eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Wechselakzeptantin und die Beklagten zu 2 und 3 als deren Gesellschafterinnen. Die Haftung des Beklagten zu 4 für die Wechselforderung leitet sie aus Rechtsscheinsgesichtspunkten her. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäû gesamtschuldnerisch zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1
und 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 4. April 2000 Revision mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils eingelegt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 8. Januar 2001 war die Beklagte zu 1 trotz ordnungsgemäûer Ladung nicht vertreten. Durch Urteil vom 29. Januar 2001 hat der Senat die Revision der Klägerin betreffend den Beklagten zu 4 zurückgewiesen und in bezug auf die Beklagte zu 1 - insoweit durch Versäumnisurteil - das landgerichtliche Urteil mit der Maûgabe wieder hergestellt, daû die Beklagte zu 1 neben den Beklagten zu 2 und 3 wie eine Gesamtschuldnerin verurteilt wird.
Gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 29. Januar 2001 hat die Beklagte zu 1 Einspruch eingelegt. In der Begründung ihres Einspruches hat die Beklagte zu 1 erstmals darauf hingewiesen, daû sie seit dem 21. August 2000 nicht mehr existiert. An diesem Tage sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 3 eröffnet worden. Nach dem Gesellschaftsvertrag habe dies zur Folge gehabt, daû die Beklagte zu 3 aus der Gesellschaft ausgeschieden und ihr Anteil ohne Übertragung auf die als Gesellschafterin allein übrig gebliebene Beklagte zu 2 übergegangen sei. Im Hinblick darauf haben die Parteien in der auf den Einspruch der Beklagten zu 1 gegen das Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Rechtsstreit - soweit er sich gegen die Beklagte zu 1 richtet - in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.


Nachdem die Parteien den Rechtsstreit, was die gegen die Beklagte zu 1 erhobene Klage angeht, übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nunmehr insoweit im Rahmen der insgesamt neu zu fassenden Kostenentscheidung über die Kosten nach § 91 a ZPO zu entscheiden.
1. Die Erledigungserklärung ist, auch soweit dies die Beklagte zu 1 betrifft , wirksam. Der Prozeûbevollmächtigte der Beklagten zu 1, Rechtsanwalt Dr. B., hat klargestellt, daû er nicht in Vollmacht der Beklagten zu 2 auftrete, der nach dem Ausscheiden der Beklagten zu 3 auch der bis dahin von dieser als Gesamthänderin gehaltene Anteil an der Beklagten zu 1 angewachsen ist, sondern in Ausübung des fortbestehenden Mandats der Beklagten zu 1 verhandele. Dies entspricht der Rechtslage: Auf den Übergang des Vermögens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft ohne Liquidation auf den letzten verbliebenen Gesellschafter sind die Regeln der §§ 239 ff., 246 ZPO sinngemäû anzuwenden (von Gerkan in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB 2. Aufl. 2001 § 124 Rdn. 7; Schlegelberger/K.Schmidt, HGB 5. Aufl. 1992 § 142 Rdn. 33); Entsprechendes gilt infolgedessen auch für § 86 Halbs. 1 ZPO. Danach ist die Rechtsanwalt Dr. B. von der Beklagten zu 1 erteilte Prozeûvollmacht ungeachtet des zwischenzeitlichen Erlöschens der Beklagten zu 1 und der Rechtsnachfolge der Beklagten zu 2 in ihr Aktiv- und Passivvermögen als fortbestehend anzusehen. Rechtsanwalt Dr. B. war damit berechtigt, für die Beklagte zu 1 Einspruch einzulegen und sich der von der Klägerin abgegebenen Erledigungserklärung anzuschlieûen.
2. Nach § 91 a ZPO hat das Gericht über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In Ausübung dieses Ermessens sind die Kosten, soweit sie durch den gegen die Beklagte zu 1 geführten Rechtsstreit veranlaût sind, der Beklagten zu 1 und damit der Beklagten zu 2 als ihrer Rechtsnachfolgerin aufzuerlegen. Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage war ursprünglich zulässig und begründet. Die Tatsache, daû es sich bei der Beklagten zu 1 um eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelte, steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Zur Begründung verweist der Senat zwecks Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf seine Ausführungen in dem in derselben Sache ergangenen Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001, an denen er auch nach erneuter Überprüfung festhält. Ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien wäre der Einspruch der Beklagten zu 1 deshalb ohne Erfolg geblieben. Das Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001 wäre mit der Maûgabe aufrecht zu erhalten gewesen, daû aus dem Urteil die Beklagte zu 2 verpflichtet wäre, auf die die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1 als einzig verbliebene Gesellschafterin ohne Übertragungsakt übergegangen sind.
3. Der II. Zivilsenat ist auch als gesetzlicher Richter berufen, diese Entscheidung zu treffen. Eine vorherige Vorlage an den Groûen Senat für Zivilsachen oder dessen Anrufung war ebensowenig geboten, wie eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes.

a) aa) Für eine Divergenzvorlage im Vorfeld der Entscheidung über den Einspruch der Beklagten zu 1 nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG ist schon deshalb kein Raum, weil auf die an die übrigen Zivilsenate des Bundesgerichtshofs ein-
schlieûlich des Kartellsenats gerichtete Anfrage des Senats keiner der anderen Senate erklärt hat, an einer eventuell abweichenden Rechtsauffassung in früheren Entscheidungen festhalten zu wollen.
bb) Aus denselben Gründen fehlt es auch an den Voraussetzungen für eine Anrufung des Groûen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs nach § 132 Abs. 4 GVG. Zwar ist die Frage nach der Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Zweifel von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 4 GVG. Angesichts des Fehlens divergierender Rechtsauffassungen bei den anderen Senaten des Bundesgerichtshofes ist es nicht ersichtlich, inwiefern eine Vorlage an den Groûen Senat zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sein könnte.

b) Die Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG ist ebenfalls nicht geboten.
Die Anrufung des Gemeinsamen Senats ist nur dann zulässig, wenn ein oberster Gerichtshof des Bundes in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs abweichen will (§ 2 Abs. 1 RsprEinhG) und die Rechtsfrage sowohl für den erkennenden Senat in der anhängigen Sache als auch für den divergierenden Senat in der bereits entschiedenen Sache entscheidungserheblich ist (GmS-OGB 1/83, BGHZ 88, 353, 357; GmS-OGB 2/83 BGHZ 91, 111, 114; GmS-OGB 2/75, BFHE 121, 1, 2; ebenso etwa: Pietzner in Schoch/Schmidt-Aûmann/Pietzner, VwGO Stand: Januar 2001, Anh. "Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes /RsprEinhG" Nr. 13). Ein Divergenzfall in diesem Sinne liegt nicht vor:

aa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Juli 1989 (6 AZR 771/87, NJW 1989, 3034/3035), in der das Bundesarbeitsgericht die Frage, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Arbeitgeber sein kann, verneint hat:
Das Bundesarbeitsgericht hat lediglich über die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entschieden, Vertragspartner eines Arbeitsvertrages , also Arbeitgeber, zu sein. Darin liegt kein Widerspruch zu der Feststellung des Senats, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei rechtsfähig, soweit sie als Folge der ihr schon nach der bisherigen Rechtsprechung zugebilligten Fähigkeit , im Rechtsverkehr grundsätzlich jede Rechtsposition einzunehmen, eigene Rechte und Pflichten begründet. Die Entscheidung des Senats vom 29. Januar 2001 enthält weder eine über die bisherige Rechtsprechung hinausgehende Aussage darüber, wann dies der Fall ist, noch bejaht sie die Fähigkeit der Gesellschaft , die Stellung gerade eines Arbeitgebers einzunehmen. Da der Senat zudem - wie die bisherige zivilrechtliche Rechtsprechung - ausdrücklich daran festhält, daû spezielle Gesichtspunkte, d.h. besondere Rechtsvorschriften und die Eigenart des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses, der Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Einnahme bestimmter Rechtspositionen und damit auch ihrer Fähigkeit, selber Vertragspartnerin zu sein, entgegenstehen können, ergäbe sich selbst dann keine Divergenz, wenn das Bundesarbeitsgericht auch in Zukunft an seiner Auffassung festhielte. Dies gilt um so mehr, als auch das Bundesarbeitsgericht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Fähigkeit , Träger von Rechten und Pflichten und insoweit rechts- und parteifähig zu sein, nicht generell absprechen will, wie allein schon sein Hinweis auf das Steuerrecht und die dort anerkannte Fähigkeit der Gesellschaft, Steuerschuld-
ner zu sein, zeigt. Entsprechendes gilt für die an die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anknüpfende Parteifähigkeit im Zivilprozeû.
bb) Entsprechende Erwägungen gelten im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. November 1986 (Az. 9b RU 8/84, BSGE 61, 15, 17), in dem das Bundessozialgericht in einem Streit um sozialrechtliche Verbindlichkeiten aus einem Maurerbetrieb im Zusammenhang mit der insoweit entscheidungserheblichen Frage, wer im sozialrechtlichen Sinne als Unternehmer des fraglichen Maurerbetriebes angesehen werden muû, in seiner Begründung davon ausgegangen ist, daû eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht Unternehmer im sozialrechtlichen Sinne sein könne. Das Bundessozialgericht ist auch nach der Entscheidung des Senats in Zukunft nicht daran gehindert , den Gesellschaften bürgerlichen Rechts die Fähigkeit, Unternehmer im sozialrechtlichen Sinne zu sein, abzusprechen, wenn sich aus den Besonderheiten des Sozialrechts sowie der Stellung und Verantwortung des Unternehmers im sozialrechtlichen Sinne ergibt, daû Gesellschaften bürgerlichen Rechts diese Rechtsposition nicht einnehmen können.
cc) Eine Abweichung der Entscheidung des Senats von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 1992 (1 C 9.91, DVBl. 1993, 721 ff., 722/723) kommt von vornherein nicht in Betracht. Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bejaht sogar ausdrücklich die Frage, ob mehrere Inhaber von Fahrschulerlaubnissen eine Fahrschule in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreiben können. Sie weist lediglich unter Zurückgreifen auf gewerberechtliche Besonderheiten darauf hin, daû nur die einzelnen Gesellschafter, nicht aber die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst, Inhaber der Fahrschulerlaubnis sein können.

dd) Ein Divergenzfall im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 20. November 1979 (VII R 97/77, BFHE 129, 526, 528/529), in dem der Bundesfinanzhof in den Entscheidungsgründen im Zusammenhang mit einem steuerrechtlichen Erstattungsanspruch auf die nach seiner Begründung nicht entscheidungserhebliche Frage der Beteiligtenfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingegangen ist und diese für den Fall von Erstattungsansprüchen nach unberechtigter Pfändung wegen Steuerforderungen gegen einen Dritten verneint hat. In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof zwar auch die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts angesprochen. Von diesem Urteil weicht der Senat mit seiner Entscheidung jedoch schon deshalb nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG ab, weil die fraglichen Ausführungen des Bundesfinanzhofes in der zitierten Entscheidung nicht zu den tragenden Gründen gehören, sondern im Rahmen eines obiter dictum erfolgt sind und sich überdies der Ansatz des Bundesfinanzhofes, wonach die Gesellschaft bürgerlichen Rechts insoweit beteiligtenfähig ist, wie sie Träger eigener steuerrechtlicher Rechte und Pflichten sein kann, weitestgehend mit der vom Senat in seinem Urteil vom 29. Januar 2001 dargelegten Rechtsauffassung deckt. Zudem hat der Bundesfinanzhof auf Anfrage mitgeteilt, daû er an einer zu derjenigen des Senats in Widerspruch stehenden Rechtsauffassung nicht festhalten würde.
ee) Eine Divergenz in der Frage der Parteifähigkeit scheidet im Verhältnis zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesfinanzhofes und des Bundessozialgerichts von vornherein aus, weil die Entscheidung des Senats ihre Aussage zur Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausdrücklich auf den Zivilprozeû beschränkt.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke
3
I. Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Gegen die Zulässigkeit im Übrigen ergeben sich auch hinsichtlich der Klägerin zu 1 keine Bedenken, weil sie sich gegen die prozessualen Folgerungen wendet, welche das Berufungsgericht aus ihrer fehlenden Parteifähigkeit gezogen hat, und sie für diesen Streit als existent und parteifähig zu behandeln ist.

Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Prozessfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er nach Aussetzung des Rechtsstreits für den Nachfolger im Rechtsstreit auftritt, dessen Vollmacht beizubringen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 331/00 Verkündet am:
18. Februar 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

beschlossen:
I. Das Urteil des Senats vom 29. Januar 2001, das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. März 2000 und das Vorbehaltsurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ansbach vom 26. November 1999 werden im Kostenpunkt und hinsichtlich der die Beklagte zu 1 betreffenden Entscheidungen für wirkungslos erklärt.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 2 und 3 ihre eigenen außergerichtlichen Kosten, die Beklagte zu 2 außerdem die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Beklagten zu 2 und 3 jeweils als Gesamtschuldner 75 % der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Klägerin 25 % der Gerichtskosten sowie ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.
Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin und die Beklagte zu 2 die Gerichtskosten und die auûergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte.
Von den Gerichtskosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin 70 % und die Beklagte zu 2 30 % der Gerichtskosten. Die auûergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 2 zu 65 % und die Klägerin zu 35 %.
III. Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: bis zum 3. Dezember 2001: 90.000,00 DM; sodann: 20.985,90 DM.

Gründe:


I.


Die Klägerin klagt im Wechselprozeû auf Zahlung der Wechselsumme von 90.000,00 DM zuzüglich Nebenforderungen gegen die Beklagte zu 1, eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Wechselakzeptantin und die Beklagten zu 2 und 3 als deren Gesellschafterinnen. Die Haftung des Beklagten zu 4 für die Wechselforderung leitet sie aus Rechtsscheinsgesichtspunkten her. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäû gesamtschuldnerisch zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1
und 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 4. April 2000 Revision mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils eingelegt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 8. Januar 2001 war die Beklagte zu 1 trotz ordnungsgemäûer Ladung nicht vertreten. Durch Urteil vom 29. Januar 2001 hat der Senat die Revision der Klägerin betreffend den Beklagten zu 4 zurückgewiesen und in bezug auf die Beklagte zu 1 - insoweit durch Versäumnisurteil - das landgerichtliche Urteil mit der Maûgabe wieder hergestellt, daû die Beklagte zu 1 neben den Beklagten zu 2 und 3 wie eine Gesamtschuldnerin verurteilt wird.
Gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 29. Januar 2001 hat die Beklagte zu 1 Einspruch eingelegt. In der Begründung ihres Einspruches hat die Beklagte zu 1 erstmals darauf hingewiesen, daû sie seit dem 21. August 2000 nicht mehr existiert. An diesem Tage sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 3 eröffnet worden. Nach dem Gesellschaftsvertrag habe dies zur Folge gehabt, daû die Beklagte zu 3 aus der Gesellschaft ausgeschieden und ihr Anteil ohne Übertragung auf die als Gesellschafterin allein übrig gebliebene Beklagte zu 2 übergegangen sei. Im Hinblick darauf haben die Parteien in der auf den Einspruch der Beklagten zu 1 gegen das Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Rechtsstreit - soweit er sich gegen die Beklagte zu 1 richtet - in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.


Nachdem die Parteien den Rechtsstreit, was die gegen die Beklagte zu 1 erhobene Klage angeht, übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nunmehr insoweit im Rahmen der insgesamt neu zu fassenden Kostenentscheidung über die Kosten nach § 91 a ZPO zu entscheiden.
1. Die Erledigungserklärung ist, auch soweit dies die Beklagte zu 1 betrifft , wirksam. Der Prozeûbevollmächtigte der Beklagten zu 1, Rechtsanwalt Dr. B., hat klargestellt, daû er nicht in Vollmacht der Beklagten zu 2 auftrete, der nach dem Ausscheiden der Beklagten zu 3 auch der bis dahin von dieser als Gesamthänderin gehaltene Anteil an der Beklagten zu 1 angewachsen ist, sondern in Ausübung des fortbestehenden Mandats der Beklagten zu 1 verhandele. Dies entspricht der Rechtslage: Auf den Übergang des Vermögens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft ohne Liquidation auf den letzten verbliebenen Gesellschafter sind die Regeln der §§ 239 ff., 246 ZPO sinngemäû anzuwenden (von Gerkan in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB 2. Aufl. 2001 § 124 Rdn. 7; Schlegelberger/K.Schmidt, HGB 5. Aufl. 1992 § 142 Rdn. 33); Entsprechendes gilt infolgedessen auch für § 86 Halbs. 1 ZPO. Danach ist die Rechtsanwalt Dr. B. von der Beklagten zu 1 erteilte Prozeûvollmacht ungeachtet des zwischenzeitlichen Erlöschens der Beklagten zu 1 und der Rechtsnachfolge der Beklagten zu 2 in ihr Aktiv- und Passivvermögen als fortbestehend anzusehen. Rechtsanwalt Dr. B. war damit berechtigt, für die Beklagte zu 1 Einspruch einzulegen und sich der von der Klägerin abgegebenen Erledigungserklärung anzuschlieûen.
2. Nach § 91 a ZPO hat das Gericht über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In Ausübung dieses Ermessens sind die Kosten, soweit sie durch den gegen die Beklagte zu 1 geführten Rechtsstreit veranlaût sind, der Beklagten zu 1 und damit der Beklagten zu 2 als ihrer Rechtsnachfolgerin aufzuerlegen. Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage war ursprünglich zulässig und begründet. Die Tatsache, daû es sich bei der Beklagten zu 1 um eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelte, steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Zur Begründung verweist der Senat zwecks Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf seine Ausführungen in dem in derselben Sache ergangenen Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001, an denen er auch nach erneuter Überprüfung festhält. Ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien wäre der Einspruch der Beklagten zu 1 deshalb ohne Erfolg geblieben. Das Versäumnisurteil vom 29. Januar 2001 wäre mit der Maûgabe aufrecht zu erhalten gewesen, daû aus dem Urteil die Beklagte zu 2 verpflichtet wäre, auf die die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1 als einzig verbliebene Gesellschafterin ohne Übertragungsakt übergegangen sind.
3. Der II. Zivilsenat ist auch als gesetzlicher Richter berufen, diese Entscheidung zu treffen. Eine vorherige Vorlage an den Groûen Senat für Zivilsachen oder dessen Anrufung war ebensowenig geboten, wie eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes.

a) aa) Für eine Divergenzvorlage im Vorfeld der Entscheidung über den Einspruch der Beklagten zu 1 nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG ist schon deshalb kein Raum, weil auf die an die übrigen Zivilsenate des Bundesgerichtshofs ein-
schlieûlich des Kartellsenats gerichtete Anfrage des Senats keiner der anderen Senate erklärt hat, an einer eventuell abweichenden Rechtsauffassung in früheren Entscheidungen festhalten zu wollen.
bb) Aus denselben Gründen fehlt es auch an den Voraussetzungen für eine Anrufung des Groûen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs nach § 132 Abs. 4 GVG. Zwar ist die Frage nach der Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Zweifel von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 4 GVG. Angesichts des Fehlens divergierender Rechtsauffassungen bei den anderen Senaten des Bundesgerichtshofes ist es nicht ersichtlich, inwiefern eine Vorlage an den Groûen Senat zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sein könnte.

b) Die Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG ist ebenfalls nicht geboten.
Die Anrufung des Gemeinsamen Senats ist nur dann zulässig, wenn ein oberster Gerichtshof des Bundes in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs abweichen will (§ 2 Abs. 1 RsprEinhG) und die Rechtsfrage sowohl für den erkennenden Senat in der anhängigen Sache als auch für den divergierenden Senat in der bereits entschiedenen Sache entscheidungserheblich ist (GmS-OGB 1/83, BGHZ 88, 353, 357; GmS-OGB 2/83 BGHZ 91, 111, 114; GmS-OGB 2/75, BFHE 121, 1, 2; ebenso etwa: Pietzner in Schoch/Schmidt-Aûmann/Pietzner, VwGO Stand: Januar 2001, Anh. "Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes /RsprEinhG" Nr. 13). Ein Divergenzfall in diesem Sinne liegt nicht vor:

aa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Juli 1989 (6 AZR 771/87, NJW 1989, 3034/3035), in der das Bundesarbeitsgericht die Frage, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Arbeitgeber sein kann, verneint hat:
Das Bundesarbeitsgericht hat lediglich über die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entschieden, Vertragspartner eines Arbeitsvertrages , also Arbeitgeber, zu sein. Darin liegt kein Widerspruch zu der Feststellung des Senats, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei rechtsfähig, soweit sie als Folge der ihr schon nach der bisherigen Rechtsprechung zugebilligten Fähigkeit , im Rechtsverkehr grundsätzlich jede Rechtsposition einzunehmen, eigene Rechte und Pflichten begründet. Die Entscheidung des Senats vom 29. Januar 2001 enthält weder eine über die bisherige Rechtsprechung hinausgehende Aussage darüber, wann dies der Fall ist, noch bejaht sie die Fähigkeit der Gesellschaft , die Stellung gerade eines Arbeitgebers einzunehmen. Da der Senat zudem - wie die bisherige zivilrechtliche Rechtsprechung - ausdrücklich daran festhält, daû spezielle Gesichtspunkte, d.h. besondere Rechtsvorschriften und die Eigenart des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses, der Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Einnahme bestimmter Rechtspositionen und damit auch ihrer Fähigkeit, selber Vertragspartnerin zu sein, entgegenstehen können, ergäbe sich selbst dann keine Divergenz, wenn das Bundesarbeitsgericht auch in Zukunft an seiner Auffassung festhielte. Dies gilt um so mehr, als auch das Bundesarbeitsgericht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Fähigkeit , Träger von Rechten und Pflichten und insoweit rechts- und parteifähig zu sein, nicht generell absprechen will, wie allein schon sein Hinweis auf das Steuerrecht und die dort anerkannte Fähigkeit der Gesellschaft, Steuerschuld-
ner zu sein, zeigt. Entsprechendes gilt für die an die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anknüpfende Parteifähigkeit im Zivilprozeû.
bb) Entsprechende Erwägungen gelten im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. November 1986 (Az. 9b RU 8/84, BSGE 61, 15, 17), in dem das Bundessozialgericht in einem Streit um sozialrechtliche Verbindlichkeiten aus einem Maurerbetrieb im Zusammenhang mit der insoweit entscheidungserheblichen Frage, wer im sozialrechtlichen Sinne als Unternehmer des fraglichen Maurerbetriebes angesehen werden muû, in seiner Begründung davon ausgegangen ist, daû eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht Unternehmer im sozialrechtlichen Sinne sein könne. Das Bundessozialgericht ist auch nach der Entscheidung des Senats in Zukunft nicht daran gehindert , den Gesellschaften bürgerlichen Rechts die Fähigkeit, Unternehmer im sozialrechtlichen Sinne zu sein, abzusprechen, wenn sich aus den Besonderheiten des Sozialrechts sowie der Stellung und Verantwortung des Unternehmers im sozialrechtlichen Sinne ergibt, daû Gesellschaften bürgerlichen Rechts diese Rechtsposition nicht einnehmen können.
cc) Eine Abweichung der Entscheidung des Senats von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 1992 (1 C 9.91, DVBl. 1993, 721 ff., 722/723) kommt von vornherein nicht in Betracht. Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bejaht sogar ausdrücklich die Frage, ob mehrere Inhaber von Fahrschulerlaubnissen eine Fahrschule in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreiben können. Sie weist lediglich unter Zurückgreifen auf gewerberechtliche Besonderheiten darauf hin, daû nur die einzelnen Gesellschafter, nicht aber die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst, Inhaber der Fahrschulerlaubnis sein können.

dd) Ein Divergenzfall im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 20. November 1979 (VII R 97/77, BFHE 129, 526, 528/529), in dem der Bundesfinanzhof in den Entscheidungsgründen im Zusammenhang mit einem steuerrechtlichen Erstattungsanspruch auf die nach seiner Begründung nicht entscheidungserhebliche Frage der Beteiligtenfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingegangen ist und diese für den Fall von Erstattungsansprüchen nach unberechtigter Pfändung wegen Steuerforderungen gegen einen Dritten verneint hat. In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof zwar auch die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts angesprochen. Von diesem Urteil weicht der Senat mit seiner Entscheidung jedoch schon deshalb nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG ab, weil die fraglichen Ausführungen des Bundesfinanzhofes in der zitierten Entscheidung nicht zu den tragenden Gründen gehören, sondern im Rahmen eines obiter dictum erfolgt sind und sich überdies der Ansatz des Bundesfinanzhofes, wonach die Gesellschaft bürgerlichen Rechts insoweit beteiligtenfähig ist, wie sie Träger eigener steuerrechtlicher Rechte und Pflichten sein kann, weitestgehend mit der vom Senat in seinem Urteil vom 29. Januar 2001 dargelegten Rechtsauffassung deckt. Zudem hat der Bundesfinanzhof auf Anfrage mitgeteilt, daû er an einer zu derjenigen des Senats in Widerspruch stehenden Rechtsauffassung nicht festhalten würde.
ee) Eine Divergenz in der Frage der Parteifähigkeit scheidet im Verhältnis zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesfinanzhofes und des Bundessozialgerichts von vornherein aus, weil die Entscheidung des Senats ihre Aussage zur Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausdrücklich auf den Zivilprozeû beschränkt.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

3
I. Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Gegen die Zulässigkeit im Übrigen ergeben sich auch hinsichtlich der Klägerin zu 1 keine Bedenken, weil sie sich gegen die prozessualen Folgerungen wendet, welche das Berufungsgericht aus ihrer fehlenden Parteifähigkeit gezogen hat, und sie für diesen Streit als existent und parteifähig zu behandeln ist.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 161/02 Verkündet am:
1. Dezember 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja bis S. 11 oben (ohne IV 2 der Entscheidungsgründe)
BGHR: ja

a) Wird eine durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretene GmbH während
des Rechtsstreits auf eine AG verschmolzen, tritt diese entsprechend § 246
Abs. 1 ZPO ohne Unterbrechung des Verfahrens in den Prozeß ein und wird
entsprechend § 86 ZPO durch den bisherigen Prozeßbevollmächtigten der
GmbH "nach Vorschrift der Gesetze" vertreten (vgl. Senat, BGHZ 121, 263).

b) Die (zulässige) Klage des Geschäftsführers einer GmbH gegen diese wird
nach deren Verschmelzung auf eine AG nicht dadurch unzulässig, daß der
Kläger in seiner Berufungsschrift das Vertretungsorgan der AG falsch bezeichnet.
Auch die Zulässigkeit der Berufung bleibt davon unberührt.

c) Zu den Voraussetzungen des Nachschiebens von Gründen für die fristlose
Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrages (§ 626 BGB).
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2003 - II ZR 161/02 - OLG Naumburg
LG Stendal
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 7. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Kraemer und Dr. Graf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16. April 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war Geschäftsführer der Stadtwerke S. GmbH, die im Verlauf des Rechtsstreits auf die beklagte Aktiengesellschaft verschmolzen worden ist. Sein Anstellungsvertrag war bis 31. Dezember 2001 befristet. Mit Anwaltsschreiben an den Kläger vom 7. August 2000 erklärte die GmbH, vertreten durch den Aufsichtsrat, die außerordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses , weil der Kläger wiederholt Anweisungen der Gesellschafter und des Aufsichtsrats mißachtet und diese durch kritische Äußerungen gegenüber der
Presse in Mißkredit gebracht habe. Mit Anwaltsschreiben vom 17. August 2000 wurde im Namen der GmbH, vertreten durch den Aufsichtsrat, dieser vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, eine abermalige Kündigung ausgesprochen , weil der Kläger auf Vorhalt der betreffenden Presseveröffentlichung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden und Bürgermeister die ihm angelastete Äußerung zunächst wahrheitswidrig in Abrede gestellt habe. Beide Kündigungen wies der Kläger unter Hinweis auf § 174 BGB zurück. Während des Rechtsstreits in erster Instanz erklärte die GmbH mit Anwaltsschreiben vom 9. Mai 2001 unter Hinweis darauf, daß der Aufsichtsrat nicht mehr bestehe und sie deshalb durch die Geschäftsführer vertreten werde, "abermals eine außerordentliche Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses". Eine Überprüfung habe ergeben, daß der Kläger am 22. Juni 2000 ohne die erforderliche Zustimmung des (damaligen) Aufsichtsrats bei der D. Bank ein hoch spekulatives Fremddevisengeschäft in Form eines sog. "Fremdwährungs-Swap" mit einem Volumen von 10 Mio. DM abgeschlossen habe.
Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten Zahlung seines Geschäftsführergehalts für September 2000 bis Januar 2001 in Höhe von insge- ! #" %$'&)( *+$ / 0 21 3 samt 35.294,96 ),.- ndesanstalt für Arbeit zu zahlen sei (§ 115 Abs. 2 SGB X). Die Parteien streiten insbesondere darum, ob der im Schreiben der GmbH vom 9. Mai 2001 genannte Kündigungsgrund (Fremdwährungs-Swap) zur Unterstützung der Kündigung vom 7. August 2000 "nachgeschoben" werden konnte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr entsprochen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Die Zulassung der Revision ist wirksam, obwohl das zweitinstanzliche Verfahren gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO noch den §§ 511 ff. a.F. ZPO unterlag und die Beschwer der Beklagten die Wertgrenze des § 546 a.F. ZPO übersteigt. Denn mit der Zulassung wird über die Statthaftigkeit der Revision entschieden, die sich gemäß § 26 Nr. 7 EGZPO nach den neuen Vorschriften, also nach § 543 Abs. 2 n.F. ZPO beurteilt, wenn die mündliche Verhandlung - auf die das angefochtene Urteil ergangen ist - nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen wurde (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 26 EGZPO Rdn. 6, 8), was hier der Fall war.
II. Die Zulässigkeit der Revision scheitert im Ergebnis nicht daran, daß der in der Revisionsschrift - wie im Rubrum des angefochtenen Urteils - als gesetzlicher Vertreter der Beklagten benannte Vorstand für deren Vertretung in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht zuständig ist.
1. Gemäß § 112 AktG wird eine Aktiengesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten. Das gilt auch gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern, um eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflußte Vertretung der Gesellschaft ihnen gegenüber sicherzustellen (vgl. Senat, BGHZ 130, 108, 111; Urt. v. 22. April 1991 - II ZR 151/90, ZIP 1991, 796 m.w.N.). Gleiches gilt gegenüber dem ehemaligen Geschäftsführer einer in eine Aktiengesellschaft umgewandelten GmbH (Sen.Urt. v. 28. April 1997 - II ZR 282/95, ZIP 1997, 1108), und zwar unabhängig davon, ob die ehemalige GmbH vor der Umwandlung
über einen Aufsichtsrat verfügt hatte. Maßgebend ist vielmehr, daß die GmbH mit der Umwandlung bzw. Verschmelzung erloschen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) und an ihre Stelle die übernehmende Rechtsträgerin mit der ihr eigenen Kompetenzordnung getreten ist.
2. Es ist allerdings anerkannt, daß das Rechtsmittel einer in dem anhängigen Rechtsstreit von Anfang an nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertretenen Partei zum Zwecke der Korrektur dieses - von Amts wegen zu berücksichtigenden - Mangels als zulässig zu behandeln ist und zur Aufhebung eines gegen sie ergangenen Sachurteils sowie zur Abweisung der Klage als unzulässig führt, weil andernfalls - bei Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig - ein vorinstanzliches Sachurteil bestätigt würde, das der Nichtigkeitsklage gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ausgesetzt wäre (vgl. BGHZ 40, 197, 198 f.; 143, 122, 127; vgl. auch Sen.Urt. v. 28. April 1997 aaO). Im vorliegenden Fall war und ist die Klage jedoch nicht wegen eines Vertretungsmangels unzulässig.
Anders als in den von dem Senat bisher entschiedenen Fällen, in denen ein Vertretungsmangel im Sinne von § 112 AktG zur Abweisung der Klage als unzulässig führte (vgl. Sen.Urt. v. 28. April 1997 aaO; v. 26. Juni 1995 - II ZR 122/94, BGHZ 130, 108; v. 22. April 1991 - II ZR 151/90, ZIP 1991, 796; v. 5. März 1990 - II ZR 86/89, WM 1990, 630), war im vorliegenden Fall die ursprünglich gegen die GmbH, vertreten durch ihren damaligen Aufsichtsrat, gerichtete Klage ordnungsgemäß erhoben. Da die GmbH in dem anhängigen Rechtsstreit durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war, trat die Beklagte als Rechtsnachfolgerin gemäß § 246 Abs. 1 ZPO ohne Unterbrechung des Verfahrens (§§ 239, 241 ZPO) kraft Gesetzes in den Prozeß ein (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO 12. Aufl. § 246 Rdn. 11) und wurde in diesem durch den bisherigen Prozeßbevollmächtigten der GmbH aufgrund des Fortbestandes der
von ihr erteilten Prozeßvollmacht entsprechend § 86 ZPO "nach Vorschrift der Gesetze vertreten" (vgl. Senat, BGHZ 121, 263, 265 f.; BFH, Urt. v. 27. April 2000 - I R 65/98, NJW-RR 2001, 244; BAG, Urt. v. 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98, MDR 2000, 781). Trotz der Gesamtrechtsnachfolge kann das Verfahren, wenn der Prozeßbevollmächtigte nicht dessen Aussetzung beantragt (§ 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO), unter der bisherigen Parteibezeichnung fortgesetzt werden; ein entsprechendes Urteilsrubrum - wie hier dasjenige des erstinstanzlichen Urteils, das (trotz der zuvor aktenkundig gemachten Verschmelzung ) noch auf die GmbH als Beklagte lautet - ist gemäß § 319 ZPO zu berichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430 f.), was dann konsequenterweise auch die zutreffende Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters der Nachfolgepartei einschließen muß. Angesichts dieser Rechtslage ist es als unschädliche (und ebenfalls einer Berichtigung zugängliche ) Falschbezeichnung anzusehen, daß der Kläger in seiner Berufungsschrift "die Stadtwerke S. GmbH, vertreten durch deren Geschäftsführer, nunmehr a. AG, vertreten durch den Vorstand" als Beklagte und Berufungsbeklagte benannt hat (zur Unschädlichkeit von Falschangaben bei Identifizierbarkeit des angefochtenen Urteils vgl. auch BGH, Urt. v. 11. Januar 2001 - III ZR 113/00, NJW 2001, 1070). Diese Bezeichnung gab der Klage keine neue Richtung gegen die bereits kraft Gesetzes in den Rechtsstreit eingetretene Beklagte. Der Vertretungszusatz im Passivrubrum der Berufungsschrift ist keine "bestimmende" Bezeichnung wie bei Klageerhebung oder bei einer gewillkürten Parteiänderung und ändert nichts daran, daß die Beklagte in dem Rechtsstreit durch den von ihrer Rechtsvorgängerin (GmbH) mandatierten, auch in zweiter Instanz aufgetretenen Prozeßbevollmächtigten "nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten" war (§§ 86, 246 Abs. 1 ZPO) und deshalb ein Vertretungsmangel im Sinne von §§ 551 Nr. 5, 579 Abs. 1 Nr. 4 a.F. ZPO nicht vorlag (vgl. BGHZ 121, 263, 265 f.).

3. Dahinstehen kann, ob die Wirkung der §§ 86, 246 ZPO mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Bestellung eines Revisionsanwalts durch den vorinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten (§ 81 ZPO) auch noch in die Revisionsinstanz hineinreichte oder die Revision wegen Mandatserteilung durch ein unzuständiges Organ der Beklagten zunächst unzulässig war. Zulässig ist die Revision jedenfalls deshalb, weil der Aufsichtsrat der Beklagten gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Beschluß vom 3. Juli 2003 die bisherige, auf eine sachliche Abweisung der Klage zielende Prozeßführung - wenn auch auf die Revisionsinstanz beschränkt - zulässigerweise rückwirkend genehmigt hat (vgl. Sen.Urt. v. 13. Februar 1989 - II ZR 209/88, ZIP 1989, 497; v. 21. Juni 1999 - II ZR 27/98, ZIP 1999, 1663). Eine willkürliche Beschränkung der Genehmigung, die eventuell zu ihrer Unwirksamkeit führen könnte (vgl. RGZ 110, 228, 230 f.; BGHZ 92, 137, 141), liegt darin nicht, weil die vorinstanzliche Prozeßführung der Beklagten keiner Genehmigung bedarf, wie oben (2.) ausgeführt.
III. In der Sache geht das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil davon aus, daß zwar nicht die in dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 7. August 2000, wohl aber die in ihrem Schreiben vom 9. Mai 2001 genannten Kündigungsgründe geeignet seien, die fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Diese Gründe könnten aber - so meint das Berufungsgericht - der ursprünglichen Kündigung nicht "nachgeschoben" werden und ihr daher nicht zur Wirksamkeit verhelfen, weil sie dadurch einen "völlig anderen Charakter" erhalten würde. Mit den ursprünglichen Kündigungsgründen stehe das "Devisen-Swap-Geschäft" in keinerlei sachlichem Zusammenhang. Es sei von dem Kläger auch nicht verheimlicht worden und hätte von der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Wege einer Überprüfung der Geschäftsführertätig-
keit des Klägers aus Anlaß der ersten Kündigung wesentlich früher entdeckt werden können. Mehr als neun Monate nach Ausspruch der ersten Kündigung habe der Kläger nach Treu und Glauben nicht mehr damit rechnen müssen, daß die Kündigung nachträglich auf den aus seiner Sicht völlig neuartigen Kündigungsgrund gestützt werde.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats hängt die sachliche Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages gemäß § 626 Abs. 1 BGB - von der Wahrung der Frist des Abs. 2 abgesehen - allein davon ab, ob der bei ihrem Ausspruch tatsächlich vorliegende Sachverhalt bei objektiver Würdigung dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unzumutbar macht. Die Angabe eines Kündigungsgrundes gehört nicht zum notwendigen Inhalt der Kündigungserklärung (Senat, BGHZ 27, 220, 225), wie sich auch aus § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB ergibt. Werden Gründe angegeben, können grundsätzlich weitere Gründe auch noch im Rechtsstreit nachgeschoben werden, soweit sie bei Ausspruch der Kündigung objektiv vorlagen (vgl. Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 101/96, DStR 1997, 338 f.; v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, NJW-RR 1998, 1409) und dem kündigenden Gesellschaftsorgan nicht länger als zwei Wochen zuvor bekannt geworden waren (Sen.Urt. v. 11. Juli 1978 - II ZR 266/77, WM 1978, 1123). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dabei ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen und dem nachgeschobenen Kündigungsgrund (hier Swap-Geschäft) nicht erforderlich (vgl. Sen.Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 239/90, ZIP 1992, 32, 35). Auf einen solchen Zusammenhang kommt es nur für die unterstützende Heranziehung von bei Ausspruch der Kündigung bereits gemäß § 626 Abs. 2 BGB verfristeten Gründen an (vgl. Sen.Urt. v.
10. September 2001 - II ZR 14/00, ZIP 2001, 1957, 1958 f.). Daß der Beklagten bzw. dem Aufsichtsrat ihrer Rechtsvorgängerin bei Ausspruch ihrer (ersten) Kündigung vom 7. August 2000 das später als Kündigungsgrund eingeführte und am 22. Juni 2000 von dem Kläger abgeschlossene "Swap-Geschäft" bekannt war, ist nicht ersichtlich.
Ohne Bedeutung ist, ob die Beklagte den erstmals im Schreiben vom 9. Mai 2001 genannten Kündigungsgrund schon früher nach Ausspruch der Kündigung vom 7. August 2000 hätte zu ihrer Kenntnis bringen können. Denn selbst eine entsprechend frühere positive Kenntnis hiervon stünde dem späteren Nachschieben dieses Kündigungsgrundes nicht entgegen, weil § 626 Abs. 2 BGB dadurch nicht berührt würde. Ist bereits eine fristlose Kündigung ausgesprochen , muß der Gekündigte damit rechnen, daß bei Ausspruch der Kündigung bereits bekannte, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht verfristete oder auch bis dahin noch nicht entdeckte Kündigungsgründe nachgeschoben werden (vgl. BAG, Urt. v. 18. Januar 1980 - 7 AZR 260/78, NJW 1980, 2486). Der Kündigende kann u.U. im Interesse seines Unternehmens oder auch des Gekündigten selber gute Gründe haben, einen nachträglich entdeckten Kündigungsgrund erst "im Notfall" heranzuziehen.
2. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung scheidet ein Nachschieben des weiteren Kündigungsgrundes (Swap-Geschäft) nicht deshalb aus, weil die Beklagte hierauf (auch) eine "abermalige" außerordentliche Kündigung (mit Schreiben vom 9. Mai 2001) gestützt hat. Dies ändert nichts daran, daß der hiermit geltend gemachte Kündigungsgrund vor Ausspruch der ersten Kündigung objektiv vorlag und daher zu ihrer Stützung nachgeschoben werden konnte. Anlaß für die erneute Kündigung bestand für die Beklagte deshalb, weil auch schon die formelle Wirksamkeit der früheren Kündigungen im Streit war
und in diesem Punkt der Beklagten ein bloßes Nachschieben von Gründen nichts genützt hätte. Die abermalige Kündigung stellt sich daher ersichtlich als eine Vorsorgemaßnahme dar, die ggf. das Auflaufen weiterer Gehaltsansprüche ab Zugang der Kündigung (bis 31. Dezember 2001) verhindern sollte, ohne ein Nachschieben des betreffenden Kündigungsgrundes im vorliegenden Rechtsstreit auszuschließen. Die entsprechende Absicht der Beklagten hatte mit der erneuten Kündigung nichts zu tun und brauchte mit ihr nicht mitgeteilt zu werden. Vertrauensschutz kann der Kläger insoweit nicht in Anspruch nehmen, weil die Beklagte den Inhalt des Kündigungsschreibens sogleich in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt und damit erkennbar den Zweck verfolgt hat, die ursprüngliche Kündigung zu stützen, auf deren Wirksamkeit es gegenüber den streitigen Gehaltsansprüchen des Klägers für September 2000 bis Januar 2001 allein ankommt.
IV. Eine abschließende Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil es dazu noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf.
1. Offen ist, ob über die Kündigung vom 9. Mai 2001 und über das Nachschieben des dortigen Kündigungsgrundes im vorliegenden Rechtsstreit das damals für eine Kündigung zuständige Organ der Rechtsvorgängerin der Beklagten entschieden hat. Dies war deshalb erforderlich, weil es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als denjenigen handelte, der die Beklagte zu ihrer ursprünglichen Kündigung veranlaßt hatte (vgl. Senat, BGHZ 60, 333, 336; Urt. v. 14. Oktober 1991 aaO). Nach dem von der Revision aufgegriffenen Vortrag der Beklagten soll zwar die nach Wegfall des Aufsichtsrats der GmbH für eine Kündigung zuständige Alleingesellschafterin der GmbH (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG sowie Sen.Urt. v. 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643, 644 f.) - dies war damals die Beklagte - durch einen zur Ausübung ihrer Gesellschafterrechte
Bevollmächtigten über die erneute Kündigung entschieden und die Geschäftsführung der GmbH zu deren Ausspruch ermächtigt haben, was möglicherweise auch das Nachschieben des betreffenden Kündigungsgrundes in dem anhängigen Rechtsstreit deckte. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen.
2. Soweit das Berufungsgericht die - von seinem Rechtsstandpunkt aus unnötige - Feststellung trifft, der nachgeschobene Kündigungsgrund rechtfertige an sich die fristlose Kündigung, erschöpft sich dies in einer Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil, obwohl für die Abfassung des Berufungsurteils § 543 Abs. 2 ZPO a.F. maßgebend war (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO; BGH, Urt. v. 19. Februar 2003 - VIII ZR 205/02, NJW-RR 2003, 1006) und danach eine Bezugnahme nur insoweit zulässig ist, als hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird. Das ist jedoch hier der Fall. Wie auch die Revisionserwiderung zu Recht rügt, hat sich das Berufungsgericht mit dem zweitinstanzlichen Vortrag des Klägers (nebst Beweisantritten) zum Fehlen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB nicht erkennbar auseinandergesetzt, ohne aufzuzeigen, aus welchen Gründen eine solche Auseinandersetzung entbehrlich erschien. Dem Senat obliegt nicht die Prüfung anhand der Akten, ob und inwieweit das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers seinem Inhalt nach bereits von dem Landgericht beurteilt worden ist. Das gilt auch unter Berücksichtigung des gemäß § 26 Nr. 7 EGZPO für das vorliegende Revisionsverfahren maßgebenden § 559 Abs. 1 ZPO n.F., wonach nur das aus dem Berufungsurteil und dem Sitzungsprotokoll ersichtliche Parteivorbringen revisionsrechtlicher Beurteilung unterliegt.
Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit , die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Röhricht Goette Kurzwelly
Kraemer Strohn