Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2011 - IX ZB 218/10
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 300 Abs. 3 Satz 2, §§ 4, 6, 7 InsO, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft, sie ist jedoch gemäß § 574 Abs. 2 ZPO im Übrigen unzulässig. Sie deckt keinen Zulässigkeitsgrund auf. Weder weicht das Beschwerdegericht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab noch verletzt sie verfassungsmäßige Rechte des Schuldners.
- 2
- 1. Nach gefestigter Rechtsprechung dürfen die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels Telefax herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Dies gilt ins- besondere für Störungen des Empfangsgeräts des Gerichts. In diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristsäumnis in der Sphäre des Gerichts (BVerfG, NJW 2001, 3473 f; BGH, Beschluss vom 6. März 1995 - II ZB 1/95, NJW 1995, 1431, 1432 f; vom 30. September 2003 - X ZB 48/02, NJW-RR 2004, 283, 284). Auch vorliegend lag die Übermittlungsstörung in der Sphäre des Insolvenzgerichts, weil nach den Feststellungen der angefochtenen Entscheidung das angewählte Faxgerät auf der Insolvenzgeschäftsstelle des Amtsgerichts Nordenham am 2. September 2010 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anwählbar war. Dies befreit den Bevollmächtigten eines Verfahrensbeteiligten indessen nicht davon, alle noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, wenn sich herausstellt, dass aus von ihm nicht zu vertretenen Gründen wegen einer technischen Störung eine Telefaxverbindung nicht zustande kommt (BGH, Beschluss vom 6. März 1995 aaO). Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Beschwerdegericht festgestellt, dass die Möglichkeit bestanden hätte, die Beschwerde an das einsatzbereite Hauptfaxgerät des Amtsgerichts Nordenham zu versenden oder aber an das Faxgerät des Landgerichts Oldenburg.
- 3
- Mit dieser Bewertung setzt sich das Beschwerdegericht nicht in Widerspruch zu dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2003 (V ZB 60/02, VersR 2004, 492), wie die Rechtsbeschwerdebegründung meint. Der Bundesgerichtshof ist in dieser Entscheidung nur der Auffassung des Berufungsgerichts entgegengetreten, der Rechtsanwalt habe ein Blitztelegramm aufgeben, einen Kurierdienst mit 24 Stunden-Service oder ein am Sitz des Berufungsgerichts residierendes Rechtsanwaltsbüro beauftragen müssen, den Schriftsatz in den Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts einzuwerfen, oder aber selbst mit dem Auto zum Berufungsgericht fahren müssen. Er hat jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass anders zu entscheiden wäre, wenn der fristwahrende Schriftsatz einer anderen Stelle des Rechtsmittelgerichts per Fax hätte übermittelt werden können.
- 4
- Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, NJW 1996, 2857, 2858) steht dem nicht entgegen. Nach ihr kann von einem Rechtsanwalt , der sich darauf eingerichtet hat, einen Schriftsatz durch Fax zu übermitteln , beim Scheitern der gewählten Übermittlung infolge eines Defekts des Empfangsgeräts nicht verlangt werden, dass er innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte, vom Gericht offiziell eröffnete Zugangsart sicherstellt. Das Beschwerdegericht hat jedoch vom Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners nicht verlangt, eine andere als die von ihm gewählte Telefaxübermittlung zu wählen, es hat von ihm nur gefordert, das Hauptfaxgerät des Amtsgerichts Nordenham anzuwählen. Dies ist einem Verfahrensbevollmächtigten auch von Verfassungs wegen zumutbar. Denn er soll nicht untererheblichem Zeit- und Kostenaufwand alle nur denkbaren Anstrengungen unternehmen, um einen fristgerechten Eingang beim Gericht doch noch sicherzustellen, sondern nur einen naheliegenden, kaum zusätzlicher Mühe erfordernden Übermittlungsversuch. Deswegen kann auch nicht gesagt werden, dass eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte vorliege, weil ein Rechtsanwalt, der seinen Schriftsatz erst kurz vor Fristablauf fertige, ohne weiteres Wiedereinsetzung erhalte, sofern er nur einen fehlgeschlagenen Übermittlungsversuch so zeitig begonnen habe, dass er unter normalen Umständen bis 24 Uhr abgeschlossen worden wäre (vgl. BVerfG, NJW 1996, 2857, 2858).
- 5
- 2. Der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners hätte auch bemerken müssen, dass der Übermittlungsversuch des Schriftsatzes durch Telefax erfolglos war, wenn er die erforderliche Ausgangskontrolle vorgenommen hätte (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2006 - XI ZB 4/05, NJW 2006, 1518 Rn. 15; vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11 f; vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12; vom 22. September 2010 - XII ZB 117/10, NJW-RR 2011, 138 Rn. 11). Die Ausgangskontrolle anhand des Sendeberichts dient nicht nur dazu, Fehler bei der Übermittlung auszuschließen. Vielmehr soll damit ebenso die Feststellung ermöglicht werden, ob der Schriftsatz überhaupt übermittelt worden ist (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2010, aaO Rn. 14).
- 6
- 3. Selbst wenn den Rechtsbeschwerdeführer an der Versäumung der Beschwerdefrist kein Verschulden träfe, wäre die angefochtene Entscheidung im Ergebnis dennoch richtig, weil der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners die Wiedereinsetzungsfrist (§ 238 Abs. 2 ZPO) nicht gewahrt hat. Er hätte innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist spätestens bis zum 17. September 2010 Wiedereinsetzung beantragen müssen (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2004 - X ZB 3/03, NJW-RR 2005, 923; vom 23. November 2004 - XI ZB 4/04, MDR 2005, 526, 527). Demgegenüber ist der Antrag auf Wiedereinsetzung beim Amtsgericht erst am 21. September 2010 eingegangen.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Nordenham, Entscheidung vom 16.08.2010 - 6 IN 15/04 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 05.10.2010 - 6 T 756/10 -
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(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.
(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.
(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.
(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht Oldenburg zurückverwiesen.
Gründe:
I. Der Beklagte ist vom Landgericht Aurich zur Zahlung eines Geldbetrages an den Kläger verurteilt worden. Seine Berufungsschrift ist erst nach Ablauf der Berufungsfrist beim Berufungsgericht eingegangen. Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist hat das Berufungsgericht zurückgewiesen ; zugleich hat es die Berufung durch Beschluß als unzulässig verworfen.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Urteils, Gewährung der Wiedereinsetzung
und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht begehrt. Die Klägerin tritt dem Rechtsbehelf entgegen.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO), da jedenfalls die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kommt nämlich dann in Frage, wenn das Berufungsgericht seiner Entscheidung einen zu strengen Sorgfaltsmaßstab zugrunde gelegt und die besonderen Umstände des Falles nicht hinreichend berücksichtigt hat (BGH, Beschl. v. 5.11.2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437). So liegt die Sache hier.
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
a) Nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt hat die erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Beklagten versucht, die von einem anderen Rechtsanwalt verfaßte Berufungsschrift am letzten Tag der Berufungsfrist zwischen 20.43 Uhr und 24.00 Uhr mittels Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln, was ihr nicht gelungen sei, weil das Telefaxgerät des Berufungsgerichts nicht empfangsbereit gewesen sei.
b) Das Berufungsgericht hat gleichwohl die Fristversäumnis als verschuldet angesehen, weil derjenige, der sich des risikobehafteten Telefax -Übertragungswegs bediene, gehalten sei, dies so rechtzeitig zu tun, daß notfalls noch eine anderweitige Übermittlung möglich sei, und er alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen müsse, wenn sich herausstelle, daß die Übermittlung nicht gelungen sei. Hiergegen sei verstoßen worden. Jedenfalls nach einem laut Sendebericht um 22.52 Uhr wiederum gescheiterten Übermitt-
lungsversuch habe für eine Übermittlung auf anderem Weg gesorgt werden müssen, wofür sich in erster Linie eine Fahrt von Leer nach Oldenburg, für die hinreichend Zeit zur Verfügung gestanden habe, aber auch der Versuch, einen in Oldenburg tätigen Rechtsanwalt zu erreichen, oder telegraphische Übermittlung angeboten hätten, wovon kein Gebrauch gemacht worden sei.
c) Diese Ausführungen greift die Rechtsbeschwerde mit Erfolg als von Rechtsfehlern beeinflußt an.
Wie der Bundesgerichtshof im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE NJW 1996, 2857) bereits entschieden hat, ist mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn so rechtzeitig mit der Übermittlung begonnen wird, daß unter normalen Umständen mit deren Abschluß bis 24.00 Uhr zu rechnen ist (BGH, Beschl. v. 1.2.2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916). Daß eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen sei, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die zu unterstellende Funktionsunfähigkeit des Telefaxgeräts des Berufungsgerichts kann dem Beklagten nicht angelastet werden.
War auf seiten des Beklagten alles Erforderliche unternommen worden, so kann ein Verschulden der Beklagtenvertreter nicht daraus abgeleitet werden, daß diese ihnen vielleicht noch mögliche weitere Schritte nicht eingeleitet haben , nachdem sie das Fehlschlagen des von ihnen zulässigerweise gewählten Übermittlungswegs erkannt hatten. Von einem Rechtsanwalt, der sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf eingestellt hat, einen Schriftsatz mittels Telefax zu übermitteln, kann nämlich beim Scheitern der gewählten
Übermittlung infolge eines Defekts im Empfangsgerät oder wegen Leitungsstörungen nicht verlangt werden, daß er unter Aufbietung aller nur denkbarer Anstrengungen innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte, vom Gericht offiziell eröffnete Zugangsart sicherstellt (BVerfGE aaO). Dies hat das Berufungsgericht bereits im Ansatz verkannt.
3. Demnach kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Da die Sache auch hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags nicht entscheidungsreif ist, sind der angefochtene Beschluß insgesamt aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu übertragen ist.
Jestaedt Scharen Keukenschrijver
Mühlens Asendorf
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Den Beklagten zu 1 und 2 wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 2.000
Gründe:
I.
Mit am 25. Juni 2002 den Beklagten zugestelltem Teilurteil vom 21. Juni 2002 hat das Landgericht Chemnitz zum Nachteil der Beklagten zu 1 und 2 entschieden. Hiergegen haben die Beklagten zu 1 bis 3 am 9. Juli 2002 bei dem Oberlandesgericht Dresden Berufung eingelegt. Die Begründung der für
die Beklagten zu 1 und 2 (im folgenden: Beklagte) eingelegten Berufung ist mit am 9. September 2002 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz erfolgt.
Mit Schriftsatz vom 27. August 2002 haben die Beklagten Wiedereinset- zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung ihres Antrags haben sie ausgeführt, ihr sachbearbeitender Prozeßbevollmächtigter sei in Urlaub gewesen. Wegen der hiermit verbundenen Überlastung habe sein Vertreter die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um 14 Tage herbeiführen wollen. Er habe am Montag, dem 26. August 2002, ab 19.44 Uhr vergeblich versucht, von dem Büro ihrer Bevollmächtigten in C. aus den zur Fristverlängerung notwendigen Antrag per Fax an das Oberlandesgericht zu versenden.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II.
Das Berufungsgericht meint, die Berufungsbegründungsfrist sei nicht ohne Verschulden der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten versäumt worden. Nachdem der antragstellende Bevollmächtigte sich mehr als eine Stunde lang vergeblich bemüht habe, den Antrag auf Verlängerung der Frist per Fax an das Berufungsgericht zu versenden, habe ihm klar sein müssen, daß der Antrag auf diesem Wege nicht fristgerecht gestellt werden konnte. Er habe da-
her eine andere zumutbare Möglichkeit, wie die Aufgabe eines Blitztelegramms , die Beauftragung eines Kurierdienstes mit 24-Stunden-Service oder die Übersendung des Faxes an ein in Dresden residierendes Rechtsanwaltsbüro mit der Bitte um Einwurf in den Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts, ergreifen müssen, um den Antrag bis 24.00 Uhr zu übermitteln, oder aber selbst mit dem Auto von Chemnitz nach Dresden fahren müssen.
III.
Die Beschwerde der Beklagten ist gemäß § 574 Abs. 1, 2 ZPO zulässig. Sie hat schon deshalb Erfolg, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 20 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt. Die Voraussetzungen für die beantragte Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist liegen vor.
1. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 69, 381, 385; 88, 118, 123 ff). Die Gerichte dürfen daher bei der Auslegung der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelnden Vorschriften die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlaßt haben muß, um Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannen (BVerfGE 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; BVerfG NJW 1996, 2857; 2000, 1636). Die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig. Zwar sind die nach der jeweili-
gen prozessualen Lage gegebenen und zumutbaren Anstrengungen zur Wah- rung des rechtlichen Gehörs auch insoweit zu verlangen (vgl. BVerfGE 74, 220, 225); die aus der Wahl des Übermittlungsweges per Telefax herrührenden besonderen Risiken der technischen Gegebenheiten des gewählten Kommunikationsmittels dürfen aber nicht auf den Nutzer des Mediums abgewälzt werden , wenn die entscheidende Ursache für die Fristversäumung in der Sphäre des Gerichts liegt (BVerfG NJW 1996, 2857; 2001, 3473).
So liegt der Fall hier: Nach Auskunft der Geschäftsstellenverwalterin des Berufungsgerichts vom 5. September 2002 beruht die Unmöglichkeit, am Abend des 26. August 2002 einen Schriftsatz per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln, darauf, daß in beide Faxgeräte des Berufungsgerichts nicht genügend Papier eingelegt war. Dieses Versäumnis des Gerichts kann nicht dazu führen, den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten den für die Übermittlung des Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist eröffneten Weg zu versagen. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der Verlängerungsantrag einer anderen Stelle des Oberlandesgerichts fristwahrend per Fax hätte übermittelt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 6. März 1995, II ZB 1/95, NJW 1995, 1431). So verhält es sich bei dem Oberlandesgericht Dresden nicht.
2. Das Vorbringen der Beklagten zur Begründung des Antrags auf Fristverlängerung bedeutete einen erheblichen Grund im Sinne von § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Die Beklagten konnten daher darauf vertrauen, daß ihrem Antrag stattgegeben würde (BGH, Beschl. v. 5. Juli 1989, IVb ZB 53/89, BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 3; v. 2. November 1989, III ZB 49/89, BGHR ZPO
§ 233 Fristverlängerung 4; v. 23. Juni 1994, VII ZB 5/94 NJW 1994, 2957; u. v. 24. Oktober 1996, VII ZB 25/96, NJW 1997, 400).
Damit war dem Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten stattzugeben.
Tropf Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.