Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2014 - II ZB 25/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Wert des Beschwerdeverfahrens: 26.402,75 €
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger nimmt den Beklagten als ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafter der inzwischen insolventen M. GmbH auf Zahlung aus einer Lizenzvereinbarung in Anspruch.
- 2
- Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. Juli 2013 abgewiesen. Gegen das ihm am 10. Juli 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 7. August 2013 fristgerecht Berufung eingelegt. Auf seinen Antrag vom 19. August 2013 verlängerte das Berufungsgericht die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 10. Oktober 2013. Das unterschriebene Original der Berufungsbegründung ist am 14. Oktober 2013 beim Berufungsgericht eingegangen.
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- Mit Verfügung vom 15. Oktober 2013 hat das Berufungsgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei. Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2013, der am 23. Oktober 2013 bei dem Berufungsgericht einging, hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Seinen Wiedereinsetzungsantrag hat er wie folgt begründet:
- 4
- Sein Prozessbevollmächtigter habe am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist , dem 10. Oktober 2013, ab 13.00 Uhr eine Vielzahl von Malen vergeblich versucht, den auf den 9. Oktober 2013 datierenden Berufungsbegründungsschriftsatz an den Faxanschluss des Berufungsgerichts zu faxen. Der Anschluss sei ständig belegt gewesen. Sein Bevollmächtigter habe deshalb im Laufe des Nachmittags des 10. Oktober 2013 auf der Geschäftsstelle des Berufungssenats angerufen, um sich nach einem weiteren Faxanschluss des Berufungsgerichts zu erkundigen. Dort sei ihm von der Mitarbeiterin gesagt worden, dass das Berufungsgericht nur einen Faxanschluss und ein Faxgerät habe, die Mitarbeiterin habe keinen weiteren Faxanschluss nennen können. Weitere konkrete Hilfe sei dem Bevollmächtigten des Klägers von der Geschäftsstelle auf Nachfrage gleichfalls nicht angeboten worden. Danach habe sein Prozessbevollmächtigter mehrmals die Standardnummer (Callcenter) des Gerichts (Justizbehörden Frankfurt) zu erreichen versucht und zwar deutlich mehr als eine Stunde lang, um dort eventuell eine weitere Faxnummer zu erfahren. Diese Nummer sei jedoch überhaupt nicht erreichbar gewesen.
- 5
- Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger acht Faxprotokolle vorgelegt, aus denen sich überwiegend ergibt, dass der Faxanschluss des Berufungsgerichts besetzt war. Das letzte Faxprotokoll datiert von 19.02 Uhr. Die Richtigkeit der weiteren Angaben hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers anwaltlich versichert.
- 6
- Mit Schriftsatz vom 4. November 2013, eingegangen am 6. November 2013, hat der Kläger weiter vorgetragen, es hätten nicht nur die durch die Faxprotokolle belegten Versuche stattgefunden. Sein Prozessbevollmächtigter habe am 10. Oktober 2013 Faxprotokolle zunächst weggeworfen, da er davon ausgegangen sei, dass die Faxsendung sicherlich noch am 10. Oktober 2013 erfolgreich übermittelt werden könne. Insgesamt habe es weit über 20 Versuche gegeben. Mit Schriftsatz vom 14. November 2013, eingegangen am 19. November 2013, hat der Kläger sodann vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter habe Faxversuche bis 21.10 Uhr unternommen.
- 7
- Ebenfalls am 10. Oktober 2013 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den unterschriebenen Berufungsbegründungsschriftsatz als PDF-Anhang zu einer E-Mail an das Berufungsgericht gesandt. Dort ist diese E-Mail um 18.57 Uhr eingegangen, an diesem Tag aber nicht mehr ausgedruckt worden.
- 8
- Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21. November 2013 hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Die Übermittlung der Berufungsbegründung als PDF-Anhang zu der E-Mail am 10. Oktober 2013 sei zur Wahrung der Berufungsbegründungsfrist nicht ausreichend gewesen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei dem Kläger nicht zu gewähren. Der Kläger habe die Frist nicht unverschuldet versäumt , da seinen Prozessbevollmächtigten ein Verschulden an dem Fristversäumnis treffe, weil er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgenutzt habe, die Berufungsbegründung vor Ablauf des 10. Oktober 2013 an das Berufungsgericht zu übermitteln. Der Klägervertreter habe ausweislich der vorgelegten Faxprotokolle nur bis um 19.02 Uhr versucht, den Berufungsbegründungsschriftsatz per Fax an das Gericht zu schicken. Das Faxgerät des Berufungsgerichts sei jedoch bis zum Ende dieses Tages betriebsbereit gewesen. Aus der von Amts wegen eingeholten Übersicht der eingegangenen Faxschreiben ergebe sich, dass am 10. Oktober 2013 zuletzt um 21.38 Uhr ein Fax eingegangen sei und dann erst wieder am 11. Oktober 2013 um 04.37 Uhr. Dass das Faxgerät in der Zwischenzeit an einem technischen Defekt gelitten habe, sei auszuschließen. Der Klägervertreter habe also am 10. Oktober 2013 noch fast drei Stunden lang Zeit gehabt, eine weitere Faxübermittlung zu versuchen. Ab 20.00 Uhr und erst recht nach 21.00 Uhr sei der Faxanschluss faktisch nicht mehr belegt gewesen. Im Übrigen sei eine Übermittlung per Fax nicht die einzige Möglichkeit gewesen, die Berufungsbegründungsfrist zu wahren. Der Klägervertreter hätte noch vor Ablauf des 10. Oktober 2013 vom Kanzleiort M. aus eine Übermittlung des Schriftsatzes per Kurier in den Fristenbriefkasten des Berufungsgerichts in Frankfurt veranlassen können. Selbst wenn man den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstelle, dass er einen letzten Versuch der Faxübermittlung um 21.10 Uhr gemacht habe, wären ihm dafür noch annähernd drei Stunden verblieben und hätte ihm damit - in Anbetracht der Fahrtstrecke zwischen dem Kanzleiort und dem Sitz des Berufungsgerichts von weniger als 90 km - ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden.
- 10
- Gegen den Beschluss des Berufungsgerichts wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.
- 11
- II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
- 12
- 1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde nicht bereits zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich und deshalb zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO), weil der angefochtene Beschluss nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.
- 13
- Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen; anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb aufzuheben (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, VI ZVI ZB 2/11, NJW 2012, 2523 Rn. 3; Beschluss vom 19. März 2013 - VI ZB 68/12, NJW 2013, 1684 Rn. 6; Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4 jew. mwN). Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Enthält der angefochtene Beschluss keine tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht zu einer rechtlichen Prüfung in der Lage (BGH, Beschluss vom 19. März 2013 - VI ZB 68/12, NJW 2013, 1684 Rn. 6; Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4 beide mwN). Wird diesen Anforderungen nicht genügt, liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel vor, der die Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts nach sich zieht (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 - II ZB 7/12, NJW-RR 2014, 315 Rn. 6; Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4 jew. mwN).
- 14
- Dies gilt auch für Beschlüsse, mit denen die Berufung wegen Versäumung der Berufungs- oder der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen und die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist verweigert worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 4; Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, VI ZVI ZB 2/11, NJW 2012, 2523 Rn. 3; Beschluss vom 19. März 2013 - VI ZB 68/12, NJW 2013, 1684 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 – II ZB 7/12, NJW-RR 2014, 315 Rn. 7). Zwingend erforderlich ist insoweit jedenfalls, dass die Beschlussgründe es dem Rechtsbeschwerdegericht gestatten, die prozessualen Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 4; Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, VI ZVI ZB 2/11, NJW 2012, 2523 Rn. 3; Beschluss vom 22. Oktober 2013 – II ZB 7/12, NJW-RR 2014, 315 Rn. 8).
- 15
- Eine gesonderte Sachverhaltsdarstellung ist allerdings ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich der Sachverhalt mit noch hinreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergibt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 7; Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 5 jew. mwN). So liegt der Fall hier. Die zusammenfassende Darstellung im Tatbestand sowie die Entscheidungsgründe enthalten die erforderlichen Angaben, um die Überprüfung der Fristversäumnis ermöglichen. Weiter ergibt sich aus ihnen hinreichend deutlich, dass der Kläger Wiedereinsetzung hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist mit der Begründung beantragt hat, dass sein Bevollmächtigter rechtzeitig mit dem Versuch begonnen habe, die Berufungsbegründung an das Berufungsge- richt zu faxen, dies an dem ständigen Belegtsein des einzig vorhandenen Faxanschlusses gescheitert sei und er außerdem auch telefonischen Kontakt zur Geschäftsstelle des Berufungsgerichts aufgenommen habe.
- 16
- 2. Die Berufungsbegründung ist nach Ablauf der bis zum 10. Oktober 2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO beim Berufungsgericht eingegangen.
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- Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der als PDF-Anhang unterschriebene Berufungsbegründungsschriftsatz, der per E-Mail am 10. Oktober 2013 um 18.57 Uhr beim Berufungsgericht eingegangen ist, die Berufungsbegründungsfrist nicht gewahrt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem als Anhang zu einer elektronischen Nachricht eine Bilddatei übermittelt wird, die die vollständige Berufungsbegründung einschließlich der eigenhändigen Unterschrift des beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalts enthält, die Berufungsbegründungsfrist gewahrt werden, wenn die angehängte Bilddatei noch vor Fristablauf ausgedruckt wird (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649 Rn. 8 ff.; Beschluss vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, WM 2009, 331 Rn. 10; vgl. auch BAG, NZA 2013, 983 Rn. 12). Die E-Mail des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit dem angehängten Schriftsatz ist erst nach Ende der Dienstzeit auf der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts eingegangen und an diesem Tag nicht mehr ausgedruckt worden.
- 18
- 3. Das Berufungsgericht hat zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Der Kläger hat die Berufungsbegründungsfrist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht unverschuldet versäumt. Das Versäumnis beruht auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten, das er sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Sein Prozessbevollmächtigter hat die Versuche , die Berufungsbegründung an das Berufungsgericht zu faxen, nach den im Ergebnis rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts vorschnell aufgegeben.
- 19
- a) Nach gefestigter Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bundesgerichtshofs dürfen die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels Telefax herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Dies gilt insbesondere für Störungen des Empfangsgeräts des Gerichts. In diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristversäumnis in der Sphäre des Gerichts (BVerfG, NJW 1996, 2857 f.; NJW 2001, 3473 f.; BGH, Beschluss vom 6. März 1995 - II ZB 1/95, NJW 1995, 1431, 1432 f.; Beschluss vom 30. September 2003 - X ZB 48/02, NJW-RR 2004, 283, 284; Beschluss vom 21. Juli 2011 - IX ZB 218/10, juris Rn. 2 mwN). Aber auch Störungen der Übermittlungsleitungen sind dem gewählten Übermittlungsmedium immanent, weil ein Telefax nur über sie zum Empfangsgerät gelangt. Auch bei einer Leitungsstörung versagt die von der Justiz angebotene Zugangseinrichtung. Der Nutzer hat mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits zur Fristwahrung Erforderliche getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis zum Ablauf der Frist zu rechnen ist (BVerfG, NJW 1996, 2857 f.; NJW 2001, 3473, 3474; BGH, Beschluss vom 1. Februar 2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916; Beschluss vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, juris Rn. 4; Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, NJW 2011, 1972 Rn. 9). Die Gerichte dürfen die Anforderungen an die den Prozess- bevollmächtigten obliegende Sorgfalt nicht überspannen. Von einem Rechtsanwalt , der sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf eingerichtet hat, einen Schriftsatz weder selbst noch durch Boten oder durch Post, sondern durch Fax zu übermitteln, kann daher beim Scheitern der gewählten Übermittlung infolge eines Defekts des Empfangsgeräts oder wegen Leitungsstörungen nicht verlangt werden, dass er - unter Aufbietung aller nur denkbaren Anstrengungen - innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte Zugangsart sicherstellt (BVerfG, NJW 1996, 2857 f.; NJW 2000, 1636; BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1996 - XII ZB 140/96, NJW-RR 1997, 250; Beschluss vom 20. Februar 2003 - V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861 f.).
- 20
- Demgegenüber stellt die Belegung des Telefaxgerätes durch andere eingehende Sendungen keine technische Störung dar und ist daher grundsätzlich nicht als Wiedereinsetzungsgrund zu qualifizieren (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2838 Rn. 3; BVerfG, Beschluss vom 28. November 2007 - 1 BvR 2755/07, juris Rn. 3; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, juris Rn. 9; Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, NJW 2011, 1972 Rn. 10). Hierbei handelt es sich vielmehr um einen Umstand, dem der Absender zur Vermeidung eines Verschuldensvorwurfs durch geeignete Vorkehrungen, insbesondere durch Einplanung einer gewissen Zeitreserve, Rechnung tragen muss, um gegebenenfalls durch Wiederholung der Übermittlungsvorgänge einen Zugang des zu übermittelnden Schriftsatzes bis zum Fristablauf zu gewährleisten. Es gereicht ihm deshalb zum Verschulden, wenn er seine Übermittlungsversuche vorschnell aufgibt und die für ihn nicht aufklärbare Ursache der Übermittlungsschwierigkeiten dem Empfangsgericht zuschreibt (BVerfG, NJW 2006, 829 Rn. 4; NJW 2006, 1505 Rn. 5 ff.; NJW 2007, 2838 Rn. 3; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, juris Rn. 9; Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, NJW 2011, 1972 Rn. 10).
- 21
- b) Gemessen hieran hat der Prozessbevollmächtigte den Versuch, die Berufungsbegründung an das Berufungsgericht zu faxen, schuldhaft vorschnell aufgegeben. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei dem Faxanschluss des Gerichts keine technische Störung vorlag. Der Anschluss war lediglich in den Nachmittagsstunden, als der Bevollmächtigte des Klägers seine Übermittlungsversuche unternommen hat, nicht hingegen in der Zeit ab 20.00 Uhr häufig belegt. In der Zeit von 20.00 Uhr bis 24.00 Uhr sind nur noch zwei Faxsendungen eingegangen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte in Rechnung stellen müssen, dass das Scheitern der Übermittlungsversuche in der Zeit bis 19.00 Uhr auf einer erhöhten Beanspruchung des Faxanschlusses während der üblichen Bürozeiten beruhte und hätte nach dieser Zeit einen erneuten Versuch unternehmen müssen (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2838 Rn. 3; NJW 2006, 829 Rn. 4). Dass er dies nicht getan hat, ist ihm als schuldhafter Verstoß gegen die ihn treffende erhöhte Sorgfaltspflicht bei Übersendung eines Schriftsatzes am letzten Tag der Frist vorzuwerfen.
- 22
- Den Vortrag, der Prozessbevollmächtigte habe auch um 21.10 Uhr nochmals vergeblich versucht, die Berufungsbegründung zu faxen, hat das Berufungsgericht zu Recht nicht berücksichtigt, da dieser Vortrag erst mit Schriftsatz vom 14. November 2013 und damit nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO gehalten worden ist (vgl. hierzu MünchKommZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 236 Rn. 11). Angesichts dessen kann der Senat auch unentschieden lassen, ob ein Anwalt gehalten ist, die Übermittlungsversuche gegebenenfalls bis 24.00 Uhr fortzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, NJW 2011, 1972 Rn. 14). Jedenfalls die Beendigung der Versuche um 19.02 Uhr ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers als vorschnelles Aufgeben im Sinne der Rechtsprechung anzulasten.
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Gießen, Entscheidung vom 04.07.2013 - 5 O 75/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.11.2013 - 10 U 157/13 -
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Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.