Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZB 148/11

bei uns veröffentlicht am06.10.2011
vorgehend
Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt, 2 C 241/10, 28.09.2010
Landgericht Stuttgart, 5 S 270/10, 16.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 148/11
vom
6. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil kann nicht auf den Restitutionsgrund
des nachträglichen Auffindens einer Urkunde (§ 580 Nr. 7b ZPO) gestützt
werden.
BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 148/11 - LG Stuttgart
AG Stuttgart-Bad Cannstatt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 6. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.650,63 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Zahlung von 1.650,63 € nebst Zinsen, hilfsweise im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Betrages in Anspruch. Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Versäumnisurteil vom 4. Mai 2010 antragsgemäß verurteilt. Den Einspruch des Beklagten hat es durch Versäumnisurteil vom 28. September 2010 verworfen. Die ausschließlich auf den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b ZPO - nachträgliches Auffinden mehrerer Urkunden - gestützte Berufung des Beklagten ist als unzulässig verworfen worden.
Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Beklagte die Aufhebung dieses Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erreichen.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
3
1. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten für unzulässig gehalten, weil keine Tatsachen vorgetragen worden seien, aus denen sich ergebe , dass ein Fall der schuldhaften Säumnis im Einspruchstermin nicht vorgelegen habe (§ 514 Abs. 2 ZPO). Die Urkunden, welche der Beklagte mit der Berufungsbegründung vorgelegt habe, führten zu keinem anderen Ergebnis. Die Berufung sei unabhängig vom Vorliegen eines Restitutionsgrundes unzulässig. Außerdem bestehe keine Kausalität zwischen der angegriffenen Entscheidung und dem geltend gemachten Restitutionsgrund. Das zweite Versäumnisurteil beruhe auf der Säumnis der Beklagten und nicht darauf, dass er gehindert gewesen sei, die jetzt beigebrachten Urkunden vorzulegen.
4
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
5
a) Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein zweites Versäumnisurteil , gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist (§ 345 ZPO), der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass ein Fall der Versäumung nicht vorgelegen habe. Eine zulässige Berufung setzt also die schlüssige Darlegung voraus, dass der Termin nicht schuldhaft versäumt worden sei (BGH, Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98, NJW 1999, 724; Beschluss vom 20. Dezember 2010 - VII ZB 72/09, NJW 2011, 928 Rn. 9). Wird die fehlende oder unverschuldete Säumnis nicht schlüssig dargelegt, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
6
b) Die Rechtsbeschwerde verkennt dies nicht. Sie meint jedoch, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Vorbringen eines Restitutionsgrundes im Revisionsverfahren trotz der neuen Vortrag grundsätzlich ausschließenden Vorschrift des § 559 ZPO sei auf die ebenfalls das zulässige Vorbringen und den Prüfungsumfang einschränkende Vorschrift des § 514 Abs. 2 ZPO zu übertragen. Dies trifft indes nicht zu.
7
aa) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt dasjenige Parteivorbringen , das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist oder auf die der Revisionskläger eine Verfahrensrüge stützt (§ 559 Abs. 1 ZPO). Trotz dieser ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darüber hinaus tatsächliches Vorbringen zu den in § 580 ZPO angeführten Restitutionsgründen zu berücksichtigen sein. Dabei ist zu unterscheiden: Soweit die Restitutionsgründe auf einer strafbaren Handlung beruhen (§ 580 Nr. 1 bis 5 ZPO), können sie in der Revisionsinstanz geltend gemacht werden, wenn deswegen, wie § 581 Abs. 1 ZPO es verlangt, eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1 unter II 4a aa). Entsprechendes gilt für den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 6 ZPO, der ebenfalls ein rechtskräftiges Urteil voraussetzt (BGH, Urteil vom 23. November 2006 - IX ZR 141/04, ZIP 2007, 697 Rn. 14 a.E.). Beruft sich der Revisionskläger in der Revisionsinstanz dagegen auf einen der Tatbestände des § 580 Nr. 7b ZPO (Wiederauffinden einer Urkunde oder Möglichkeit, diese zu gebrauchen), kann das neue tatsächliche Vorbringen zugelassen werden, wenn anderenfalls in dem anhängigen Verfahren noch weitere unrichtige Urteile ergehen, die nur durch eine Restitutionsklage beseitigt werden können. Wird der Rechtsstreit durch das Urteil des Revisionsgerichts insgesamt beendet, können dagegen neue Tatsachen und Beweismittel, die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7b ZPO darstellen, grundsätzlich nicht entgegen § 559 Abs. 1 ZPO561 ZPO a.F.) vom Revisionsgericht berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000, aaO unter II. 4 a bb).
8
bb) Die Zulassung des vorweggenommenen Restitutionsgrundes des § 580 Nr. 7b ZPO steht im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Vorschriften über die Folgen der Säumnis, insbesondere der §§ 345, 514 Abs. 2 ZPO.
9
(1) Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 22. Aufl., vor § 330 Rn. 1). Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren, wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Rechtsfolgen an die Säumnis. Ist der Kläger säumig, ist die Klage ohne Sachprüfung abzuweisen (§ 330 ZPO). Ist der Beklagte säumig, hat das Gericht neben der Säumnis die Zulässigkeit und die Schlüssigkeit der Klage zu prüfen (§ 331 Abs. 1 und 2 ZPO). Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden. Ist der Einspruch zulässig, wird der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO). Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt (Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Band 2, Neudruck 1983, S. 298 zu § 300). Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Ein- spruch gegen das (erste) Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2010, aaO Rn. 11), zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO). Ein weiterer Einspruch findet nicht statt.
10
(2) Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil kann - ebenfalls folgerichtig - nur die Zulässigkeit des Versäumnisurteils betreffen (Hahn, aaO S. 359 zu § 479). Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hat der Bundesgerichtshof, anders als bei § 559 ZPO (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 559 Rn. 7; Prütting/Gehrlein/Ackermann, ZPO, 3. Aufl., § 559 Rn. 5 ff), wiederholt abgelehnt. Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil kann nicht darauf gestützt werden, dass bei Erlass des ersten Versäumnisurteils ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe (BGH, Beschluss vom 16. April 1986 - VIII ZB 26/85, BGHZ 97, 341). Sie kann auch nicht auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage gestützt werden (BGH, Beschluss vom 6. Mai 1999 - V ZB 1/99, BGHZ 141, 351). Die an die wiederholte Säumnis einer Partei geknüpfte Sanktion des § 514 Abs. 2 ZPO513 Abs. 2 ZPO a.F.) steht in einer Reihe mit weiteren gesetzlichen Regelungen im Versäumnisverfahren (§ 708 Nr. 2 ZPO, § 340 Abs. 3 ZPO; § 341 Abs. 1 ZPO), die sämtlich darauf hinauslaufen, eine Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, im Interesse der Prozessbeschleunigung zu besonders sorgfältiger Prozessführung zu veranlassen. Bleibt die Partei erneut schuldhaft säumig, ist es nur konsequent, an dieses Fehlverhalten die schärfere Sanktion des endgültigen Prozessverlustes zu knüpfen (BGH, Beschluss vom 16. April 1986, aaO S. 345 f).
11
(3) Eine Ausnahme hiervon hat der Bundesgerichtshof nur für den Fall angenommen, dass sich der Einspruch nicht gegen ein Versäumnisurteil, sondern gegen einen Vollstreckungsbescheid richtete, der gemäß § 700 Abs. 1 ZPO einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichsteht (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990 - IX ZR 62/90, BGHZ 112, 367). Grund hierfür ist jedoch, dass ein Vollstreckungsbescheid anders als ein (erstes) Versäumnisurteil nicht auf einer richterlichen Prüfung der Zulässigkeit und der Schlüssigkeit der Klage beruht. Das Gericht, das über den Einspruch befindet, hat bei Säumnis des Einspruchsführers gemäß § 700 Abs. 6 ZPO die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz ZPO zu prüfen, bevor es den Einspruch gemäß § 345 ZPO verwerfen kann. Auch hier gilt also, dass der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts demjenigen des Einspruchsgerichts entspricht. Der Gegenstand des Rechtsstreits ändert sich nicht (vgl. hierzu Hahn, aaO; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990, aaO S. 371).
12
(4) Der Grundsatz des Gleichlaufs der Prüfungskompetenz von Einspruchs - und Berufungsgericht würde durchbrochen, wollte man dem Berufungskläger gestatten, sich auf "vorweggenommene" Restitutionsgründe zu berufen. Es handelt sich ausnahmslos um Einwendungen, die das Gericht, das über den Einspruch zu befinden hatte, wegen der Säumnis der Partei nicht prüfen konnte und auch nicht zu prüfen hatte.
13
Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit allein vermögen ein anderes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Soweit der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren neues Vorbringen zu den Restitutionsgründen des § 580 Nr. 1-6 ZPO zugelassen hat, liegt der Grund für die Abweichung von dem Grundsatz des § 559 Abs. 1 ZPO561 ZPO a.F.) gerade nicht im Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit , sondern darin, dass das in der Revisionsinstanz ohne Berücksichtigung des neuen Vorbringens ergehende Urteil sich unter Umständen mit dem Inhalt des rechtskräftigen Urteils eines anderen Gerichts in Widerspruch setzen oder doch dieses Urteil unbeachtet lassen würde. Daraus ergäben sich für die Einheitlichkeit und das Ansehen der Rechtsprechung in hohem Maße abträgliche Folgen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1 unter II 4a aa; Urteil vom 23. November 2006 - IX ZR 141/04, ZIP 2007, 697 Rn. 14). Darum geht es hier nicht. Die in § 580 Nr. 7b ZPO zusammengefassten Restitutionsgründe betreffen eine Urkunde, die noch nicht Gegenstand einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung war.
14
Soweit der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen auch neuen Vortrag zu den Restitutionsgründen des § 580 Nr. 7b ZPO zugelassen hat, hat er ebenfalls betont, dass Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit nicht ausreichten, sondern höhere Belange der Allgemeinheit und der ihr dienenden Rechtspflege die Abweichung von der zwingenden Vorschrift des § 559 ZPO561 ZPO a.F.) rechtfertigen müssten (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1 unter II 4a bb). Im hier fraglichen Fall der Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil gilt das in noch höherem Maße, weil die Vorschriften über das Säumnisverfahren nicht nur der Konzentration des Rechtsstreits auf Rechtsfragen dienen, sondern weitergehend einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen sollen. Die Zulassung der Restitutionsgründe des § 580 Nr. 7b ZPO steht diesem Ziel entgegen. Die erstmalige Prüfung neuer Tatsachen im Berufungsverfahren würde fast immer zu Verfahrensverzögerungen führen. Gründe des Allgemeinwohls, die es rechtfertigen würden, diesen Nachteil in Kauf zu nehmen, sind nicht ersichtlich. Das zweite Versäumnisurteil, das die säumige Partei unter Vorlage von nachträglich aufgefundenen Urkunden im Wege der Berufung angreifen will, kann durch diese Urkunden nicht einmal "unrichtig" geworden sein, weil es ausschließlich auf dem gemäß § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO als zugestanden geltenden Vorbringen des Klägers beruht und den Vortrag des Beklagten nicht zu berücksichtigen hat. Darauf hat schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Entscheidung vom 28.09.2010 - 2 C 241/10 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 16.02.2011 - 5 S 270/10 -

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

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(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

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Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

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(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständ

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(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

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Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 341 Einspruchsprüfung


(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. (2) Das Urteil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 514 Versäumnisurteile


(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden. (2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 700 Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid


(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich. (2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden. (3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Geric

Zivilprozessordnung - ZPO | § 330 Versäumnisurteil gegen den Kläger


Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist auf Antrag das Versäumnisurteil dahin zu erlassen, dass der Kläger mit der Klage abzuweisen sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 581 Besondere Voraussetzungen der Restitutionsklage


(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphen Nummern 1 bis 5 findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus andere

Zivilprozessordnung - ZPO | § 345 Zweites Versäumnisurteil


Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäum

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(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

9
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend und insoweit auch von der Rechtsbeschwerde nicht beanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 514 Abs. 2 ZPO die schlüssige Darlegung voraussetzt, ein Fall der Säumnis habe nicht vorgelegen (BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687, Rn. 6; Urteil vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06, NJW 2007, 2047 jeweils m.w.N.).

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphen Nummern 1 bis 5 findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.

(2) Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, kann durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 3/99
vom
13. Januar 2000
in dem Rückerstattungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ÜberlG §§ 1, 2; ZPO §§ 561, 580 ff; BRüG §§ 6a, 43a

a) Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung tatsächlichen
Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz gilt grundsätzlich
auch im Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen.

b) Der im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, Behauptungen
zu Restitutionsgründen, mit denen einem unlauteren Verhalten
des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren
Beschwerde zuzulassen.
BGH, Beschluß vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer
am 13. Januar 2000

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragsgegners werden die Beschlüsse des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Dezember 1998 und der Zivilkammer 150 des Landgerichts Berlin vom 11. Juli 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:


I.


Die 1934 aus Deutschland ausgewanderte Antragstellerin hat als Alleinerbin ihrer am 10. April 1935 in Berlin als Witwe verstorbenen Mutter B. M.
geb. Ma. rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen Entziehung von Schmuck, Hausratssilber und einer Münzsammlung im Wiederbeschaffungswert von insgesamt 234.778,40 DM begehrt. Die Anspruchsanmeldung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13. April 1960 zurückgenommen, "da anzunehmen ist, dass seitens der oder des Testamentsvollstreckers eine Regelung durchgeführt wurde". Mit Schriftsatz vom 8. August 1960 hat die Antragstellerin beantragt, den Schriftsatz vom 13. April 1960 als unwirksam anzusehen, hilfsweise , ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ihr sei zur Zeit der Rücknahme nicht bekannt gewesen , daß tatsächlich noch Beweisunterlagen existiert hätten. Im Sommer dieses Jahres (1960) habe sie unter ihren vielen Papieren zufällig einen Brief ihres Onkels - des am 10. Januar 1941 verstorbenen Justizrats S. Ma., eines Bruders ihrer Mutter - vom 15. November 1938 gefunden. Danach stehe fest, daß die Schmucksachen zugunsten des Deutschen Reiches hätten abgeliefert werden müssen. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1960 hat die Antragstellerin weiter hilfsweise beantragt, das Verfahren mit Rücksicht auf die Urkunde vom 15. November 1938 wieder aufzunehmen. Der vorgedruckte Briefkopf dieses Schreibens weist unter anderem den Namen "Justizrat S. Ma." auf. Der mit Schreibmaschine geschriebene Text hat folgenden Wortlaut:
"Liebe T., Du musst die Anträge bei der Devisenstelle dringend stellen, da mir Israel wieder eine Rechnung geschickt hat. Ich glaube, dass die Wohnungseinrichtung Deiner lieben Mutter dort noch am sichersten untergebracht ist, wenn man in Betracht zieht, unter welch schwierigen Umständen ich und Onkel W. die Sachen zu Israel transportieren liessen. Wie ich Dir schon beschrieb, musste ich die Schmucksachen Deiner lieben Eltern bei einer dafür besonders eingerichteten amtlichen
Stelle abliefern. Das ist eine allgemeine Bestimmung und kann mann nur hoffen, dass Du sie zurück erhältst, wenn erst wieder normale Zeiten sind. Lass bald wieder von Dir hören und sei herzlichst gegrüsst von Deinem" Danach folgt in Handschrift das Wort "S.".
Die Antragstellerin hat behauptet, ihre Mutter sei vor ihrem Tode eine Woche bettlägerig krank gewesen. Als der Arzt zur Operation geraten habe, habe die Mutter ihren Schmuck und die Münzsammlung dem Justizrat Ma. zur Aufbewahrung übergeben. Dieser habe die Sachen im Jahre 1938 an eine amtliche Stelle abliefern müssen. Dazu hat die Antragstellerin ein undatiertes, auf einem Blatt mit dem Briefkopf "Justizrat S. Ma." enthaltenes und ebenfalls mit "S." unterzeichnetes Schreiben sowie eine elfseitige Wertsachenaufstellung vorgelegt. Der maschinengeschriebene Text dieses Schreibens lautet:
"Liebe T., Mein Mandant, Herr Sch., hat sich freundlicher Weise bereit erklärt, Dir die Aufstellung der abgelieferten Wertsachen zu übergeben und Dir die diesbezüglichen näheren Umstände zu schildern. Entgelt wurde nicht gezahlt, da die Konfiszierung nur eine vorübergehende Sicherheitsmassnahme darstellt. Auf baldiges Wiedersehen, Dein",
Am Ende der Wertsachenaufstellung heißt es:
"Abgeliefert nach amtlicher Aufforderung November 1938."
Danach folgt die Unterschrift "S. Ma.".
Das Landgericht hat den Rückerstattungsanspruch mit Beschluß vom 13. Februar 1969 zurückgewiesen, weil das Verfahren durch die Rücknahme des Anspruchs beendet worden sei. Die sofortige Beschwerde zum Kammergericht ist erfolglos geblieben. Die Entscheidungen wurden durch Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin vom 24. Februar 1972 mit der Begründung aufgehoben, eine an sich unwiderrufliche Prozeßhandlung wie die Rücknahme des Rückerstattungsantrags könne bei Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes widerrufen werden. Ein solcher Wiederaufnahmegrund sei hier in Gestalt des Schreibens des Justizrats Ma. gegeben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Die Existenz des Schreibens sei der Antragstellerin bis zum Sommer 1960 unbekannt gewesen, und es könne festgestellt werden, daß die auf diese Unkenntnis zurückzuführende Unmöglichkeit, das Schreiben schon früher vorzulegen , nicht auf Verschulden beruhe.
Mit Beschluß vom 4. September 1980 hat das Landgericht den Rückerstattungsanspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe die Ablieferung von Wertgegenständen im Jahre 1938 durch Justizrat Ma. - dieser hatte aus rassischen Gründen im Jahre 1933 sein Notariat und im Jahre 1937 seine Anwaltspraxis verloren und sich von da an im Jüdischen Altersheim aufgehalten - nicht beweisen können. Das undatierte Schreiben und die
Wertsachenaufstellung seien nicht vor 1950 gefertigt und schieden deshalb als Entziehungsnachweis aus.
Diesen Beschluß hat das Kammergericht mit Beschluß vom 15. April 1985 aufgehoben, weil das Landgericht nicht alle Möglichkeiten zur Aufklärung erschöpft habe. Insbesondere müsse ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt werden, ob ausgeschlossen werden könne, daß das undatierte, mit "S." unterzeichnete Schreiben und die Wertsachenaufstellung bereits um die Jahreswende 1938/39 angefertigt worden seien. Bejahendenfalls hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. (früher: Sch.) unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt.
Mit Beschluß vom 11. Juli 1990 hat das Landgericht den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Rückerstattungsantrags verurteilt, an die Antragstellerin 43.310 DM nach Maßgabe der §§ 34 ff BRüG zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Entziehung der in der Wertsachenaufstellung aufgelisteten Gegenstände könne - soweit nicht entsprechende Zeugenaussagen vorlägen - weder ihrem Umfang noch den darin näher bezeichneten Wertmaßstäben nach als glaubhaft gemacht angesehen werden. Auch nach dem ergänzend eingeholten Gutachten des FBI-Laboratoriums seien das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung mit einer Schreibmaschine beschriftet worden, deren Schrifttypen erst 1950 in den Handel gekommen seien. Gleichwohl sei der Antragstellerin der Anspruch nicht gemäß § 6a BRüG zu versagen, weil ihr der subjektive Tatbestand nicht nachgewiesen werden könne. Es sei nicht auszuschließen , daß die Antragstellerin in dem guten Glauben gewesen sei, die von
dem Zeugen Sh. gefertigte Aufstellung sei diesem von ihrem Onkel übergeben worden. Die Antragstellerin selbst habe sich bei der Beschreibung des Schmucks ihrer Mutter deutlich zurückgehalten und erklärt, ihn nicht näher beschreiben zu können. Abgesehen von drei Skizzen habe die Antragstellerin sich nur auf die überreichte Aufstellung und die im Hausratsverfahren eingereichten eidesstattlichen Erklärungen der Zeugen K., E., F. und Schl berufen. Übertriebene Wertangaben allein seien kein Versagungsgrund. Über den Rükkerstattungsanspruch sei daher unter Außerachtlassung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Schreibens, aber unter Zugrundelegung des Schreibens des Onkels der Antragstellerin vom 15. November 1938 zu entscheiden. Danach sei der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen der Entziehung bestimmter, im Gutachten des Sachverständigen C. vom 27. Oktober 1964 aufgeführter Edelmetall - und Schmuckgegenstände, ferner wegen zwei viereckiger Goldmünzen zu leisten. Bei diesen Gegenständen handele es sich um solche, die auf den Fotografien, vornehmlich von der Mutter der Antragstellerin, erkennbar seien, und um solche, deren Existenz die Zeugen K., E. und Schl. in ihren eidesstattlichen Versicherungen vom 3. Juli 1962, 8. Juni 1962 und 22. Dezember 1961 bekundet hätten. Es könne durchaus sein, daß der Justizrat Ma. entsprechend seinem Schreiben vom 15. November 1938 schon zu dieser Zeit zur Ablieferung der Edelmetallgegenstände aufgefordert worden sei. Es sei anzunehmen, daß er sie abgeliefert habe und daß die Einziehung und Verwertung nach der Ablieferungsverordnung vom 21. März 1939 erfolgt sei.
Mit seiner gegen diesen Beschluß eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Antragsgegner geltend gemacht, das Landgericht habe sich über die rechtliche Bindung an den Beschluß des Kammergerichts vom 15. April 1985
hinweggesetzt. Das Kammergericht habe festgestellt, daß im Falle einer nachgewiesenen Fälschung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Begleitschreibens die Versagungsgründe nach § 6a BRüG gegeben seien. Da eine Fälschung nach dem Gutachten des FBI vom 26. August 1988 zu bejahen sei, hätte das Landgericht die Ansprüche nach dieser Vorschrift versagen müssen.
Mit Beschluß vom 1. Dezember 1998 hat das Kammergericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einem Rechtsfehler beruhe. Die Rücknahme der Anmeldung mit Schriftsatz vom 8. August 1960 stehe der Durchführung des Rückerstattungsverfahrens nicht entgegen, weil die Beweisaufnahme nicht ergeben habe, daß das nachträglich aufgefundene Schreiben vom 15. November 1938 später angefertigt worden sei. Nach dem Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes vom 23. September 1976 sei dieses Schreiben mit einer Adler-Schreibmaschine gefertigt worden, die am 15. November 1938 bereits im Handel gewesen sei. Die Untersuchungen des FBI hätten zum selben Ergebnis geführt. Allein deshalb , weil das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung nicht schon 1938/39, sondern erst 1950 oder danach gefertigt worden seien, habe das Landgericht nicht nach § 6a BRüG den Anspruch versagen müssen. Die Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 stehe dem nicht entgegen. Die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses vom 4. September 1980 durch diese Entscheidung beruhe allein auf einer angenommenen Verletzung von § 12 FGG, nicht aber auf Ausführungen zu § 6a BRüG. Das Landgericht habe daher in eigener Verantwortung prüfen müssen, ob die Voraussetzungen dieser Norm vorgelegen hätten. Die Annahme des Landgerichts , in der Person der Antragstellerin seien die subjektiven Voraussetzungen
für eine Anwendung dieser Vorschrift nicht feststellbar, sei zumindest vertretbar. Daß der Mutter der Antragstellerin Wertsachen entzogen worden seien, habe das Landgericht zutreffend aufgrund des Schreibens des Justizrats Ma. vom 15. November 1938 festgestellt. Die Schadenshöhe habe das Landgericht im Wege der Schätzung bestimmt. Insoweit seien Rechtsfehler nicht zu erkennen und mit der sofortigen Beschwerde auch nicht aufgezeigt worden.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Begehren auf Abweisung des Antrags auf Rückerstattung weiter. Er hält die Rüge einer Verletzung von §§ 565 Abs. 2, 318 ZPO aufrecht. Aber auch unabhängig davon sei der Anspruch nach § 6a BRüG zu versagen, weil die Antragstellerin sich unlauterer Mittel zur Durchsetzung ihrer Ansprüche bedient habe. Im übrigen sei (auch) die Urkunde vom 15. November 1938 nicht echt. Die erst am 6. Januar 1999 von dem Antragsgegner aufgefundene JuVA-Akte (betreffend die Vermögensabgabe von Juden) des Finanzamtes Moabit-West - ........ - über die Antragstellerin enthalte eine von Justizrat Ma. unter dem Datum vom 24. Juni 1940 unterschriebene Urkunde über die Erteilung einer Prozeßvollmacht und ein eigenhändiges Schreiben des Justizrats mit demselben Datum. Beide Unterschriften ähnelten nicht der Unterschrift unter dem Schreiben vom 15. November 1938. Diese gleiche vielmehr derjenigen auf dem unechten undatierten Begleitschreiben zu der Wertsachenaufstellung. Daraus sei der Schluß zu ziehen , daß beide Schreiben von derselben Person, die nicht S. Ma. gewesen sein könne, unterfertigt worden seien. Weiter folge daraus, daß die Behauptungen der Antragstellerin, das Schreiben vom 15. November 1938 sei ihr während ihrer Flucht aus Italien nachgesandt worden und sie habe es jahrelang in ihrem Gepäck gehabt, bevor sie es im Sommer 1960 wiedergefunden habe, unrichtig seien; denn das Schreiben vom 15. November 1938 könne dann auch
nur im Zusammenhang mit der Herstellung der Wertsachenaufstellung und dem Begleitschreiben angefertigt worden sein, mithin nach 1950.

II.


1. Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß § 1 des Gesetzes zur Überleitung der Zuständigkeit der Obersten Rückerstattungsgerichte auf den Bundesgerichtshof (Art. 9 Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2847, 2862 - fortan: ÜberlG) i.V.m. § 11 Nr. 1 Buchst. d BRüG, Art. 62 Abs. 2 REAO statthaft und nach §§ 2 ff ÜberlG auch im übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse vom 11. Juli 1990 und 1. Dezember 1998 und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
2. Ohne Rechtsverstoß haben Land- und Kammergericht angenommen, die Ansprüche seien nicht allein wegen der Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 gemäß § 6a BRüG zurückzuweisen. Mit den Bemerkungen auf Bl. 9 des Umdrucks dieses Beschlusses, wenn die Wertsachenaufstellung und das undatierte Schreiben nicht aus der Verfolgungszeit stammten, hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt, wollte das Kammergericht nicht zum Ausdruck bringen, daß im Fall der Feststellung einer Fälschung der genannten Unterlagen der Anspruch ohne weitere Prüfung nach § 6a BRüG zu versagen sei. Schon der Wortlaut dieser Ausführungen - die Antragstellerin hätte sich einer
Versagung ihres Anspruchs "ausgesetzt" - zwingt nicht zu einem anderen Verständnis. Dafür spricht auch, daß das Landgericht sich im Beschluß vom 4. September 1980 jedes Hinweises auf § 6a BRüG enthalten hat. Auch wenn das Kammergericht im folgenden annahm, das Landgericht habe "tatsächlich den Vorwurf der Unlauterkeit jedenfalls erhoben", indem es zu dem Schluß gekommen sei, daß die beiden Schriftstücke erst nachträglich angefertigt seien und deshalb als Entziehungsnachweis ausschieden, fehlte es jedenfalls an einer Feststellung der erforderlichen subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin. Da nicht davon auszugehen ist, das Kammergericht habe diesen Umstand übersehen, sind seine Ausführungen allenfalls dahin zu verstehen, daß bei einem Nachweis der Fälschung die Versagung des Anspruchs nach § 6a BRüG naheliege und geprüft werden müsse. Dieses Verständnis wird durch die Ausführungen auf Bl. 15 des Beschlußumdrucks bestätigt, wo es heißt, ob das Schreiben vom 15. November 1938 als Beweis für eine Entziehung von "Schmucksachen" jedenfalls dem Grunde nach ausreiche, selbst wenn nach Abschluß der noch notwendigen weiteren Ermittlungen ausgeschlossen werden könne, daß die Wertsachenaufstellung und das undatierte Begleitschreiben ebenfalls um die Jahreswende 1938/39 geschrieben worden seien, müsse das Landgericht zu gegebener Zeit entscheiden ; anders dürfte es sein, wenn die Voraussetzungen des § 6a BRüG festgestellt werden sollten. Geschehe das nicht, müßten (zugunsten der Antragstellerin ) weitere Umstände berücksichtigt werden. Diese Ausführungen belegen mit hinreichender Klarheit, daß das Kammergericht ungeachtet der wiedergegebenen mißverständlichen Wendungen auf Bl. 9 des Beschlußumdrucks die Voraussetzungen des § 6a BRüG keineswegs mit bindender Wirkung bejahen, sondern deren Feststellung - wie prozessual geboten - dem Landgericht als Tatrichter überlassen wollte.

3. Der Antragsgegner macht mit der weiteren Beschwerde ferner geltend , das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 6a BRüG rechtsfehlerhaft verneint.

a) Zur Begründung führt er aus, das Landgericht habe nicht s ämtliche bekannten Umstände berücksichtigt, die dafür sprächen, die Antragstellerin habe sich unlauterer Mittel bedient oder vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben über Grund oder Höhe des Anspruchs gemacht , veranlaßt oder zugelassen. Im gegenwärtigen Verfahrensstand bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob diese Rüge für sich genommen die Annahme begründen könnte, die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts, die subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin ließen sich nicht feststellen, beruhe auf Rechtsfehlern. Ein Erfolg dieser Rüge könnte allenfalls zu einer Zurückverweisung an das Landgericht zur weiteren Prüfung dieser Frage führen. Das gleiche Ergebnis wird aber bereits mit dem Vorbringen des Antragsgegners zu den nach Erlaß der landgerichtlichen Entscheidung während des Verfahrens der weiteren Beschwerde aufgefundenen Urkunden vom 24. Juni 1940 erreicht.

b) Läßt sich - was aufgrund der eingehenden Ausführungen des Antragsgegners möglich erscheint - anhand eines Schriftvergleichs nachweisen, daß die Urkunde vom 15. November 1938 gefälscht ist und in Wahrheit nicht von S. Ma. unterschrieben wurde, läge darin nicht nur ein erhebliches Beweisanzeichen dafür, daß die Antragstellerin sich zur Durchsetzung eines rükkerstattungsrechtlichen Anspruchs vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig unlauterer Mittel bedient hätte. Vielmehr würde darüber hinaus die Zulässigkeit
des vorliegenden Rückerstattungsverfahrens in Frage gestellt. Das Oberste Rückerstattungsgericht für Berlin hat in seinem Beschluß vom 24. Februar 1972 den Widerruf der Rücknahme des Rückerstattungsantrages nur mit Rücksicht auf die von der Antragstellerin vorgelegte Urkunde vom 15. November 1938 aus dem Gesichtspunkt der Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig gehalten. Wäre die Urkunde gefälscht, fehlte es insoweit an einem Wiederaufnahmegrund, denn dann würde die Urkunde schwerlich zu einer der Antragstellerin günstigen Entscheidung geführt haben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Dies könnte ungeachtet der dem Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin entsprechend § 565 Abs. 2 ZPO zukommenden Bindungswirkung berücksichtigt werden, weil ein anderer Sachverhalt zugrunde zu legen wäre, für den die bisherige rechtliche Beurteilung nicht zuträfe (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1983 - VIII ZR 331/81, NJW 1983, 1496, 1497; v. 3. April 1985 - IVb ZR 18/84, NJW 1985, 2029, 2030).
4. Mit seinem Vorbringen zu den Urkunden vom 24. Juni 1940 trägt der Antragsgegner Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 und 7b ZPO vor. Dieser Vortrag ist im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen, auf das gemäß § 2 ÜberlG die Vorschriften der §§ 545 bis 566a ZPO grundsätzlich entsprechende Anwendung finden.

a) Im Revisionsverfahren kann tatsächliches Vorbringen zu den in § 580 Nr. 1 bis 7 ZPO angeführten Restitutionsgründen zu berücksichtigen sein.
aa) Soweit die Restitutionsgründe auf einer strafbaren Handlung beruhen (§ 580 Nr. 1 bis 5 ZPO), können sie in der Revisionsinstanz geltend gemacht werden, wenn deswegen eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist
(§ 581 Abs. 1 ZPO; BGHZ 3, 65, 68; 5, 240, 247). Der Grund für diese Abweichung von dem Grundsatz des § 561 ZPO liegt hier in erster Linie nicht im Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit, sondern vornehmlich darin, daß das in der Revisionsinstanz ohne Berücksichtigung des neuen Vorbringens ergehende Urteil sich unter Umständen mit dem Inhalt eines bereits vorliegenden rechtskräftigen Erkenntnisses eines anderen Gerichts in Widerspruch setzen oder doch dieses Erkenntnis unbeachtet lassen würde. Daraus ergäben sich für die Einheitlichkeit und das Ansehen der Rechtsprechung in hohem Maße abträgliche Folgen. Demgegenüber ist eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Restitutionsgründe in der Revisionsinstanz ausgeschlossen, wenn nach der Überzeugung des Revisionsgerichts ein Zusammenhang des Geschehens , das den Gegenstand des neuen Vorbringens und des neu vorgebrachten rechtskräftigen Urteils bildet, mit dem Berufungsurteil des anhängigen Verfahrens nicht bestehen kann. Damit soll die mit der Zulassung des neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz an sich verbundene Gefahr einer mißbräuchlichen Hemmung des Eintritts der Rechtskraft oder der Vollstreckung eines in der Berufungsinstanz ergangenen Urteils auf ein Mindestmaß begrenzt werden, das im Interesse der Wirtschaftlichkeit, der Einheitlichkeit und des Ansehens der Rechtsprechung in Kauf genommen werden muß (BGHZ 3, 65, 68 f; 5, 240, 247 f). Ob auch in solchen Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO das neue Vorbringen in der Revisionsinstanz zuzulassen ist, in denen es an einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der strafbaren Handlung fehlt und die Begrenzung der erwähnten Gefahr deshalb erhöhten Schwierigkeiten begegnet, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen (BGHZ 3, 65, 69).
bb) Beruft sich der Revisionskläger in der Revisionsinstanz auf einen Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO, hängt es von der jeweiligen verfahrens-
rechtlichen Lage des anhängigen Rechtsstreits ab, ob die aufgezeigte Gefahr in Kauf genommen und das neue tatsächliche Vorbringen zugelassen werden kann. Das trifft etwa zu, wenn das Urteil des Revisionsgerichts ohne Berücksichtigung der neuen Tatsachen zur Folge haben würde, daß in dem anhängigen Verfahren noch weitere unrichtige Urteile ergehen, die nur durch eine Restitutionsklage beseitigt werden können (BGHZ 5, 240, 248 f). Wird der Rechtsstreit durch das Urteil des Revisionsgerichts insgesamt beendet, können neue Tatsachen und Beweismittel, die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7b ZPO darstellen, grundsätzlich nicht entgegen § 561 ZPO vom Revisionsgericht berücksichtigt werden. Diese Norm dient dem Zweck, jeden Rechtsstreit möglichst schnell beizulegen und die rechtliche Ungewißheit bald zu klären. Sie darf daher nur in solchen Fällen durchbrochen werden, in denen höhere Belange der Allgemeinheit und der ihr dienenden Rechtspflege dies fordern. Gründe der Prozeßwirtschaftlichkeit allein genügen dazu nicht (BGHZ 15, 59,

60).



b) Im Rückerstattungsverfahren sind die Vorschriften der §§ 578 ff ZPO über die Wiederaufnahme des Verfahrens grundsätzlich entsprechend anwendbar (ORG/II/695 v. 13. Dezember 1957, ORGE Zweiter Senat Bd. II, 205, 206 = RzW 1958, 136, 137; ORG/II/639 v. 26. September 1958, RzW 1959, 17; ORG/III/747 v. 10. Dezember 1965, ORGE Dritter Senat Bd. XII, 111, 118 f; ORG/A/1800 v. 24. Juni 1960, ORGE für Berlin Bd. XIV, 132, 137; Marsden, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz Bd. II Das Bundesrückerstattungsgesetz S. 465). Eine Ausnahme gilt freilich insoweit, als Wiederaufnahmegründe mit solchen Gründen übereinstimmen, die gemäß § 43a BRüG zur Aufhebung ei-
ner rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellung eines rückerstattungsrechtlichen Anspruchs führen können. Dies trifft für die Fälle des § 580 Nr. 3 und 4 ZPO zu. Diese Normen treten hinter der Sonderregelung des § 43a BRüG zurück (ORG/A/5894 v. 16. Dezember 1971, ORGE für Berlin Bd. 29, 116, 120; ORG/A/6920 v. 25. August 1976, ORGE für Berlin Bd. 32, 183, 188; Marsden aaO S. 467).
Es bestehen keine Bedenken, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit tatsächlichen Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz auf das Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen zu übertragen (vgl. auch ORG/III/747 aaO S. 119). Soweit § 580 ZPO durch § 43a BRüG verdrängt wird, ist das Vorbringen zu dieser Norm im Verfahren der weiteren Beschwerde unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Vorbringen zu § 580 ZPO zu berücksichtigen.

c) Im Streitfall kommt im Hinblick auf die von dem Antragsgegner geltend gemachten Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 ZPO die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens wegen fälschlicher Anfertigung oder Verfälschung einer Urkunde oder wegen einer in Beziehung auf den Rechtsstreit verübten Straftat (etwa § 263 StGB) weder gegen den Zeugen Sh. noch gegen die Antragstellerin in Betracht. Der Zeuge ist am 28. Februar 1983 verstorben , die Antragstellerin lebt in den Vereinigten Staaten von Amerika und ist nahezu 100 Jahre alt. Gemäß § 581 Abs. 1 Fall 2 ZPO kann in einem solchen Fall die Restitutionsklage auch ohne eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung stattfinden.
Der Antragsgegner war ohne sein Verschulden außerstande, die Restitutionsgründe früher, insbesondere in der durch Beschluß des Landgerichts vom 11. Juli 1990 abgeschlossenen Tatsacheninstanz geltend zu machen (vgl. § 582 ZPO). Er hat glaubhaft gemacht, daß er im vorliegenden Rückerstattungsverfahren erst am 6. Januar 1999 auf die JuVA-Akten über die Antragstellerin gestoßen ist und in ihnen die von S. Ma. unterschriebenen Urkunden vom 24. Juni 1940 gefunden hat. Daß der Antragsgegner nicht früher nach diesen Akten geforscht und deshalb erst im Verfahren der weiteren Beschwerde Zugang zu den Urkunden erlangt hat, ist ihm wegen der von ihm geschilderten Besonderheiten nicht vorzuwerfen. Insbesondere gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sich in den JuVA-Akten der Antragstellerin diese Urkunden befinden könnten.
Im Streitfall fordern überwiegende Belange der Allgemeinheit, die vorgebrachten Restitutionsgründe im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen. Schon das Landgericht hat § 6a BRüG ungeachtet einiger nachgewiesener Unwahrheiten im Vorbringen der Antragstellerin deshalb nicht angewendet , weil sich der subjektive Tatbestand nicht mehr nachweisen lasse. Der Antragsgegner hat mit der weiteren Beschwerde auf zusätzliche Umstände hingewiesen, welche geeignet sind, die Wahrheitsliebe der Antragstellerin in Frage zu stellen. Diese Umstände allein mögen - was hier offenbleiben kann - für eine Anwendung des § 6a BRüG nicht ausreichen. Sollte sich aber erweisen , daß die Unterschrift unter der Urkunde vom 15. November 1938 nicht von S. Ma. stammt, sondern daß auch diese Urkunde gefälscht ist, dürfte sich der Vortrag der Antragstellerin, mit der sie den Widerruf der Rücknahme des Rükkerstattungsanspruchs begründet hat, in einem entscheidenden Punkt als unrichtig erweisen. In diesem Fall erscheint es entgegen ihrem Vorbringen aus-
geschlossen, daß ihr das Schreiben seinerzeit an ihren damaligen Wohnsitz in Neuseeland nachgesandt wurde. Vielmehr dürfte jedenfalls auf der Grundlage des gegenwärtigen Sachstandes dann alles dafür sprechen, daß die Antragstellerin das Schreiben in Kenntnis einer Fälschung vorgelegt hat. Damit hätte sie nicht nur zu Unrecht bewirkt, daß der Widerruf der Rücknahme ihres Rückerstattungsantrags für zulässig erklärt wurde, sondern sie hätte zugleich vorsätzlich unrichtige Angaben über den Grund des Schadens gemacht, so daß ein rückerstattungsrechtlicher Schadensersatzanspruch aller Voraussicht nach auch aus Sachgründen keinen Erfolg haben könnte.
§ 6a BRüG dient wie § 7 BEG und vergleichbare Vorschriften dem Zweck einer wirksamen Bekämpfung von Verstößen gegen die Wahrheitspflicht. Seine besondere Bedeutung liegt darin, daß den Angaben des Berechtigten im Rückerstattungs- wie im Entschädigungsverfahren bei der Ermittlung des Sachverhalts ein erhöhtes Gewicht zukommt (vgl. Art. 42 REAO, § 176 Abs. 2 BEG) und eine strafrechtliche Ahndung unrichtiger Angaben vielfach ausscheidet (vgl. Regierungsbegründung zu § 6a BRüG, BT-Drucks. IV/1549 S. 6; Boerner RzW 1964, 435; zum BEG: BGH, Urt. v. 11. März 1964 - IV ZR 74/63, RzW 1964, 408, 409; Brunn RzW 1964, 193). Dieser im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, tatsächliches Vorbringen jedenfalls zu solchen Restitutionsgründen, mit denen einem fraudulösen Verhalten des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren Beschwerde zuzulassen.

d) Die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Restitutionsgründe und/oder des § 43a BRüG ist der Tatsacheninstanz vorzubehalten (vgl. BGHZ 5, 240, 249; 104, 215, 222; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1976
- IV ZR 147/75, NJW 1977, 498, 499; v. 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, NJW 1999, 1261, 1262).
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist auf Antrag das Versäumnisurteil dahin zu erlassen, dass der Kläger mit der Klage abzuweisen sei.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.

Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

(2) Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.

(2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden.

(3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 5, § 697 Abs. 1, 4, § 698 gelten entsprechend. § 340 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.

(4) Bei Eingang der Anspruchsbegründung ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren, wenn der Einspruch nicht als unzulässig verworfen wird. § 276 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(5) Geht die Anspruchsbegründung innerhalb der von der Geschäftsstelle gesetzten Frist nicht ein und wird der Einspruch auch nicht als unzulässig verworfen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich Termin; § 697 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Der Einspruch darf nach § 345 nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz für ein Versäumnisurteil vorliegen; soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.

Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 3/99
vom
13. Januar 2000
in dem Rückerstattungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ÜberlG §§ 1, 2; ZPO §§ 561, 580 ff; BRüG §§ 6a, 43a

a) Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung tatsächlichen
Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz gilt grundsätzlich
auch im Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen.

b) Der im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, Behauptungen
zu Restitutionsgründen, mit denen einem unlauteren Verhalten
des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren
Beschwerde zuzulassen.
BGH, Beschluß vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer
am 13. Januar 2000

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragsgegners werden die Beschlüsse des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Dezember 1998 und der Zivilkammer 150 des Landgerichts Berlin vom 11. Juli 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:


I.


Die 1934 aus Deutschland ausgewanderte Antragstellerin hat als Alleinerbin ihrer am 10. April 1935 in Berlin als Witwe verstorbenen Mutter B. M.
geb. Ma. rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen Entziehung von Schmuck, Hausratssilber und einer Münzsammlung im Wiederbeschaffungswert von insgesamt 234.778,40 DM begehrt. Die Anspruchsanmeldung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13. April 1960 zurückgenommen, "da anzunehmen ist, dass seitens der oder des Testamentsvollstreckers eine Regelung durchgeführt wurde". Mit Schriftsatz vom 8. August 1960 hat die Antragstellerin beantragt, den Schriftsatz vom 13. April 1960 als unwirksam anzusehen, hilfsweise , ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ihr sei zur Zeit der Rücknahme nicht bekannt gewesen , daß tatsächlich noch Beweisunterlagen existiert hätten. Im Sommer dieses Jahres (1960) habe sie unter ihren vielen Papieren zufällig einen Brief ihres Onkels - des am 10. Januar 1941 verstorbenen Justizrats S. Ma., eines Bruders ihrer Mutter - vom 15. November 1938 gefunden. Danach stehe fest, daß die Schmucksachen zugunsten des Deutschen Reiches hätten abgeliefert werden müssen. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1960 hat die Antragstellerin weiter hilfsweise beantragt, das Verfahren mit Rücksicht auf die Urkunde vom 15. November 1938 wieder aufzunehmen. Der vorgedruckte Briefkopf dieses Schreibens weist unter anderem den Namen "Justizrat S. Ma." auf. Der mit Schreibmaschine geschriebene Text hat folgenden Wortlaut:
"Liebe T., Du musst die Anträge bei der Devisenstelle dringend stellen, da mir Israel wieder eine Rechnung geschickt hat. Ich glaube, dass die Wohnungseinrichtung Deiner lieben Mutter dort noch am sichersten untergebracht ist, wenn man in Betracht zieht, unter welch schwierigen Umständen ich und Onkel W. die Sachen zu Israel transportieren liessen. Wie ich Dir schon beschrieb, musste ich die Schmucksachen Deiner lieben Eltern bei einer dafür besonders eingerichteten amtlichen
Stelle abliefern. Das ist eine allgemeine Bestimmung und kann mann nur hoffen, dass Du sie zurück erhältst, wenn erst wieder normale Zeiten sind. Lass bald wieder von Dir hören und sei herzlichst gegrüsst von Deinem" Danach folgt in Handschrift das Wort "S.".
Die Antragstellerin hat behauptet, ihre Mutter sei vor ihrem Tode eine Woche bettlägerig krank gewesen. Als der Arzt zur Operation geraten habe, habe die Mutter ihren Schmuck und die Münzsammlung dem Justizrat Ma. zur Aufbewahrung übergeben. Dieser habe die Sachen im Jahre 1938 an eine amtliche Stelle abliefern müssen. Dazu hat die Antragstellerin ein undatiertes, auf einem Blatt mit dem Briefkopf "Justizrat S. Ma." enthaltenes und ebenfalls mit "S." unterzeichnetes Schreiben sowie eine elfseitige Wertsachenaufstellung vorgelegt. Der maschinengeschriebene Text dieses Schreibens lautet:
"Liebe T., Mein Mandant, Herr Sch., hat sich freundlicher Weise bereit erklärt, Dir die Aufstellung der abgelieferten Wertsachen zu übergeben und Dir die diesbezüglichen näheren Umstände zu schildern. Entgelt wurde nicht gezahlt, da die Konfiszierung nur eine vorübergehende Sicherheitsmassnahme darstellt. Auf baldiges Wiedersehen, Dein",
Am Ende der Wertsachenaufstellung heißt es:
"Abgeliefert nach amtlicher Aufforderung November 1938."
Danach folgt die Unterschrift "S. Ma.".
Das Landgericht hat den Rückerstattungsanspruch mit Beschluß vom 13. Februar 1969 zurückgewiesen, weil das Verfahren durch die Rücknahme des Anspruchs beendet worden sei. Die sofortige Beschwerde zum Kammergericht ist erfolglos geblieben. Die Entscheidungen wurden durch Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin vom 24. Februar 1972 mit der Begründung aufgehoben, eine an sich unwiderrufliche Prozeßhandlung wie die Rücknahme des Rückerstattungsantrags könne bei Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes widerrufen werden. Ein solcher Wiederaufnahmegrund sei hier in Gestalt des Schreibens des Justizrats Ma. gegeben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Die Existenz des Schreibens sei der Antragstellerin bis zum Sommer 1960 unbekannt gewesen, und es könne festgestellt werden, daß die auf diese Unkenntnis zurückzuführende Unmöglichkeit, das Schreiben schon früher vorzulegen , nicht auf Verschulden beruhe.
Mit Beschluß vom 4. September 1980 hat das Landgericht den Rückerstattungsanspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe die Ablieferung von Wertgegenständen im Jahre 1938 durch Justizrat Ma. - dieser hatte aus rassischen Gründen im Jahre 1933 sein Notariat und im Jahre 1937 seine Anwaltspraxis verloren und sich von da an im Jüdischen Altersheim aufgehalten - nicht beweisen können. Das undatierte Schreiben und die
Wertsachenaufstellung seien nicht vor 1950 gefertigt und schieden deshalb als Entziehungsnachweis aus.
Diesen Beschluß hat das Kammergericht mit Beschluß vom 15. April 1985 aufgehoben, weil das Landgericht nicht alle Möglichkeiten zur Aufklärung erschöpft habe. Insbesondere müsse ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt werden, ob ausgeschlossen werden könne, daß das undatierte, mit "S." unterzeichnete Schreiben und die Wertsachenaufstellung bereits um die Jahreswende 1938/39 angefertigt worden seien. Bejahendenfalls hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. (früher: Sch.) unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt.
Mit Beschluß vom 11. Juli 1990 hat das Landgericht den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Rückerstattungsantrags verurteilt, an die Antragstellerin 43.310 DM nach Maßgabe der §§ 34 ff BRüG zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Entziehung der in der Wertsachenaufstellung aufgelisteten Gegenstände könne - soweit nicht entsprechende Zeugenaussagen vorlägen - weder ihrem Umfang noch den darin näher bezeichneten Wertmaßstäben nach als glaubhaft gemacht angesehen werden. Auch nach dem ergänzend eingeholten Gutachten des FBI-Laboratoriums seien das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung mit einer Schreibmaschine beschriftet worden, deren Schrifttypen erst 1950 in den Handel gekommen seien. Gleichwohl sei der Antragstellerin der Anspruch nicht gemäß § 6a BRüG zu versagen, weil ihr der subjektive Tatbestand nicht nachgewiesen werden könne. Es sei nicht auszuschließen , daß die Antragstellerin in dem guten Glauben gewesen sei, die von
dem Zeugen Sh. gefertigte Aufstellung sei diesem von ihrem Onkel übergeben worden. Die Antragstellerin selbst habe sich bei der Beschreibung des Schmucks ihrer Mutter deutlich zurückgehalten und erklärt, ihn nicht näher beschreiben zu können. Abgesehen von drei Skizzen habe die Antragstellerin sich nur auf die überreichte Aufstellung und die im Hausratsverfahren eingereichten eidesstattlichen Erklärungen der Zeugen K., E., F. und Schl berufen. Übertriebene Wertangaben allein seien kein Versagungsgrund. Über den Rükkerstattungsanspruch sei daher unter Außerachtlassung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Schreibens, aber unter Zugrundelegung des Schreibens des Onkels der Antragstellerin vom 15. November 1938 zu entscheiden. Danach sei der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen der Entziehung bestimmter, im Gutachten des Sachverständigen C. vom 27. Oktober 1964 aufgeführter Edelmetall - und Schmuckgegenstände, ferner wegen zwei viereckiger Goldmünzen zu leisten. Bei diesen Gegenständen handele es sich um solche, die auf den Fotografien, vornehmlich von der Mutter der Antragstellerin, erkennbar seien, und um solche, deren Existenz die Zeugen K., E. und Schl. in ihren eidesstattlichen Versicherungen vom 3. Juli 1962, 8. Juni 1962 und 22. Dezember 1961 bekundet hätten. Es könne durchaus sein, daß der Justizrat Ma. entsprechend seinem Schreiben vom 15. November 1938 schon zu dieser Zeit zur Ablieferung der Edelmetallgegenstände aufgefordert worden sei. Es sei anzunehmen, daß er sie abgeliefert habe und daß die Einziehung und Verwertung nach der Ablieferungsverordnung vom 21. März 1939 erfolgt sei.
Mit seiner gegen diesen Beschluß eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Antragsgegner geltend gemacht, das Landgericht habe sich über die rechtliche Bindung an den Beschluß des Kammergerichts vom 15. April 1985
hinweggesetzt. Das Kammergericht habe festgestellt, daß im Falle einer nachgewiesenen Fälschung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Begleitschreibens die Versagungsgründe nach § 6a BRüG gegeben seien. Da eine Fälschung nach dem Gutachten des FBI vom 26. August 1988 zu bejahen sei, hätte das Landgericht die Ansprüche nach dieser Vorschrift versagen müssen.
Mit Beschluß vom 1. Dezember 1998 hat das Kammergericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einem Rechtsfehler beruhe. Die Rücknahme der Anmeldung mit Schriftsatz vom 8. August 1960 stehe der Durchführung des Rückerstattungsverfahrens nicht entgegen, weil die Beweisaufnahme nicht ergeben habe, daß das nachträglich aufgefundene Schreiben vom 15. November 1938 später angefertigt worden sei. Nach dem Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes vom 23. September 1976 sei dieses Schreiben mit einer Adler-Schreibmaschine gefertigt worden, die am 15. November 1938 bereits im Handel gewesen sei. Die Untersuchungen des FBI hätten zum selben Ergebnis geführt. Allein deshalb , weil das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung nicht schon 1938/39, sondern erst 1950 oder danach gefertigt worden seien, habe das Landgericht nicht nach § 6a BRüG den Anspruch versagen müssen. Die Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 stehe dem nicht entgegen. Die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses vom 4. September 1980 durch diese Entscheidung beruhe allein auf einer angenommenen Verletzung von § 12 FGG, nicht aber auf Ausführungen zu § 6a BRüG. Das Landgericht habe daher in eigener Verantwortung prüfen müssen, ob die Voraussetzungen dieser Norm vorgelegen hätten. Die Annahme des Landgerichts , in der Person der Antragstellerin seien die subjektiven Voraussetzungen
für eine Anwendung dieser Vorschrift nicht feststellbar, sei zumindest vertretbar. Daß der Mutter der Antragstellerin Wertsachen entzogen worden seien, habe das Landgericht zutreffend aufgrund des Schreibens des Justizrats Ma. vom 15. November 1938 festgestellt. Die Schadenshöhe habe das Landgericht im Wege der Schätzung bestimmt. Insoweit seien Rechtsfehler nicht zu erkennen und mit der sofortigen Beschwerde auch nicht aufgezeigt worden.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Begehren auf Abweisung des Antrags auf Rückerstattung weiter. Er hält die Rüge einer Verletzung von §§ 565 Abs. 2, 318 ZPO aufrecht. Aber auch unabhängig davon sei der Anspruch nach § 6a BRüG zu versagen, weil die Antragstellerin sich unlauterer Mittel zur Durchsetzung ihrer Ansprüche bedient habe. Im übrigen sei (auch) die Urkunde vom 15. November 1938 nicht echt. Die erst am 6. Januar 1999 von dem Antragsgegner aufgefundene JuVA-Akte (betreffend die Vermögensabgabe von Juden) des Finanzamtes Moabit-West - ........ - über die Antragstellerin enthalte eine von Justizrat Ma. unter dem Datum vom 24. Juni 1940 unterschriebene Urkunde über die Erteilung einer Prozeßvollmacht und ein eigenhändiges Schreiben des Justizrats mit demselben Datum. Beide Unterschriften ähnelten nicht der Unterschrift unter dem Schreiben vom 15. November 1938. Diese gleiche vielmehr derjenigen auf dem unechten undatierten Begleitschreiben zu der Wertsachenaufstellung. Daraus sei der Schluß zu ziehen , daß beide Schreiben von derselben Person, die nicht S. Ma. gewesen sein könne, unterfertigt worden seien. Weiter folge daraus, daß die Behauptungen der Antragstellerin, das Schreiben vom 15. November 1938 sei ihr während ihrer Flucht aus Italien nachgesandt worden und sie habe es jahrelang in ihrem Gepäck gehabt, bevor sie es im Sommer 1960 wiedergefunden habe, unrichtig seien; denn das Schreiben vom 15. November 1938 könne dann auch
nur im Zusammenhang mit der Herstellung der Wertsachenaufstellung und dem Begleitschreiben angefertigt worden sein, mithin nach 1950.

II.


1. Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß § 1 des Gesetzes zur Überleitung der Zuständigkeit der Obersten Rückerstattungsgerichte auf den Bundesgerichtshof (Art. 9 Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2847, 2862 - fortan: ÜberlG) i.V.m. § 11 Nr. 1 Buchst. d BRüG, Art. 62 Abs. 2 REAO statthaft und nach §§ 2 ff ÜberlG auch im übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse vom 11. Juli 1990 und 1. Dezember 1998 und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
2. Ohne Rechtsverstoß haben Land- und Kammergericht angenommen, die Ansprüche seien nicht allein wegen der Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 gemäß § 6a BRüG zurückzuweisen. Mit den Bemerkungen auf Bl. 9 des Umdrucks dieses Beschlusses, wenn die Wertsachenaufstellung und das undatierte Schreiben nicht aus der Verfolgungszeit stammten, hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt, wollte das Kammergericht nicht zum Ausdruck bringen, daß im Fall der Feststellung einer Fälschung der genannten Unterlagen der Anspruch ohne weitere Prüfung nach § 6a BRüG zu versagen sei. Schon der Wortlaut dieser Ausführungen - die Antragstellerin hätte sich einer
Versagung ihres Anspruchs "ausgesetzt" - zwingt nicht zu einem anderen Verständnis. Dafür spricht auch, daß das Landgericht sich im Beschluß vom 4. September 1980 jedes Hinweises auf § 6a BRüG enthalten hat. Auch wenn das Kammergericht im folgenden annahm, das Landgericht habe "tatsächlich den Vorwurf der Unlauterkeit jedenfalls erhoben", indem es zu dem Schluß gekommen sei, daß die beiden Schriftstücke erst nachträglich angefertigt seien und deshalb als Entziehungsnachweis ausschieden, fehlte es jedenfalls an einer Feststellung der erforderlichen subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin. Da nicht davon auszugehen ist, das Kammergericht habe diesen Umstand übersehen, sind seine Ausführungen allenfalls dahin zu verstehen, daß bei einem Nachweis der Fälschung die Versagung des Anspruchs nach § 6a BRüG naheliege und geprüft werden müsse. Dieses Verständnis wird durch die Ausführungen auf Bl. 15 des Beschlußumdrucks bestätigt, wo es heißt, ob das Schreiben vom 15. November 1938 als Beweis für eine Entziehung von "Schmucksachen" jedenfalls dem Grunde nach ausreiche, selbst wenn nach Abschluß der noch notwendigen weiteren Ermittlungen ausgeschlossen werden könne, daß die Wertsachenaufstellung und das undatierte Begleitschreiben ebenfalls um die Jahreswende 1938/39 geschrieben worden seien, müsse das Landgericht zu gegebener Zeit entscheiden ; anders dürfte es sein, wenn die Voraussetzungen des § 6a BRüG festgestellt werden sollten. Geschehe das nicht, müßten (zugunsten der Antragstellerin ) weitere Umstände berücksichtigt werden. Diese Ausführungen belegen mit hinreichender Klarheit, daß das Kammergericht ungeachtet der wiedergegebenen mißverständlichen Wendungen auf Bl. 9 des Beschlußumdrucks die Voraussetzungen des § 6a BRüG keineswegs mit bindender Wirkung bejahen, sondern deren Feststellung - wie prozessual geboten - dem Landgericht als Tatrichter überlassen wollte.

3. Der Antragsgegner macht mit der weiteren Beschwerde ferner geltend , das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 6a BRüG rechtsfehlerhaft verneint.

a) Zur Begründung führt er aus, das Landgericht habe nicht s ämtliche bekannten Umstände berücksichtigt, die dafür sprächen, die Antragstellerin habe sich unlauterer Mittel bedient oder vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben über Grund oder Höhe des Anspruchs gemacht , veranlaßt oder zugelassen. Im gegenwärtigen Verfahrensstand bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob diese Rüge für sich genommen die Annahme begründen könnte, die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts, die subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin ließen sich nicht feststellen, beruhe auf Rechtsfehlern. Ein Erfolg dieser Rüge könnte allenfalls zu einer Zurückverweisung an das Landgericht zur weiteren Prüfung dieser Frage führen. Das gleiche Ergebnis wird aber bereits mit dem Vorbringen des Antragsgegners zu den nach Erlaß der landgerichtlichen Entscheidung während des Verfahrens der weiteren Beschwerde aufgefundenen Urkunden vom 24. Juni 1940 erreicht.

b) Läßt sich - was aufgrund der eingehenden Ausführungen des Antragsgegners möglich erscheint - anhand eines Schriftvergleichs nachweisen, daß die Urkunde vom 15. November 1938 gefälscht ist und in Wahrheit nicht von S. Ma. unterschrieben wurde, läge darin nicht nur ein erhebliches Beweisanzeichen dafür, daß die Antragstellerin sich zur Durchsetzung eines rükkerstattungsrechtlichen Anspruchs vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig unlauterer Mittel bedient hätte. Vielmehr würde darüber hinaus die Zulässigkeit
des vorliegenden Rückerstattungsverfahrens in Frage gestellt. Das Oberste Rückerstattungsgericht für Berlin hat in seinem Beschluß vom 24. Februar 1972 den Widerruf der Rücknahme des Rückerstattungsantrages nur mit Rücksicht auf die von der Antragstellerin vorgelegte Urkunde vom 15. November 1938 aus dem Gesichtspunkt der Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig gehalten. Wäre die Urkunde gefälscht, fehlte es insoweit an einem Wiederaufnahmegrund, denn dann würde die Urkunde schwerlich zu einer der Antragstellerin günstigen Entscheidung geführt haben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Dies könnte ungeachtet der dem Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin entsprechend § 565 Abs. 2 ZPO zukommenden Bindungswirkung berücksichtigt werden, weil ein anderer Sachverhalt zugrunde zu legen wäre, für den die bisherige rechtliche Beurteilung nicht zuträfe (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1983 - VIII ZR 331/81, NJW 1983, 1496, 1497; v. 3. April 1985 - IVb ZR 18/84, NJW 1985, 2029, 2030).
4. Mit seinem Vorbringen zu den Urkunden vom 24. Juni 1940 trägt der Antragsgegner Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 und 7b ZPO vor. Dieser Vortrag ist im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen, auf das gemäß § 2 ÜberlG die Vorschriften der §§ 545 bis 566a ZPO grundsätzlich entsprechende Anwendung finden.

a) Im Revisionsverfahren kann tatsächliches Vorbringen zu den in § 580 Nr. 1 bis 7 ZPO angeführten Restitutionsgründen zu berücksichtigen sein.
aa) Soweit die Restitutionsgründe auf einer strafbaren Handlung beruhen (§ 580 Nr. 1 bis 5 ZPO), können sie in der Revisionsinstanz geltend gemacht werden, wenn deswegen eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist
(§ 581 Abs. 1 ZPO; BGHZ 3, 65, 68; 5, 240, 247). Der Grund für diese Abweichung von dem Grundsatz des § 561 ZPO liegt hier in erster Linie nicht im Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit, sondern vornehmlich darin, daß das in der Revisionsinstanz ohne Berücksichtigung des neuen Vorbringens ergehende Urteil sich unter Umständen mit dem Inhalt eines bereits vorliegenden rechtskräftigen Erkenntnisses eines anderen Gerichts in Widerspruch setzen oder doch dieses Erkenntnis unbeachtet lassen würde. Daraus ergäben sich für die Einheitlichkeit und das Ansehen der Rechtsprechung in hohem Maße abträgliche Folgen. Demgegenüber ist eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Restitutionsgründe in der Revisionsinstanz ausgeschlossen, wenn nach der Überzeugung des Revisionsgerichts ein Zusammenhang des Geschehens , das den Gegenstand des neuen Vorbringens und des neu vorgebrachten rechtskräftigen Urteils bildet, mit dem Berufungsurteil des anhängigen Verfahrens nicht bestehen kann. Damit soll die mit der Zulassung des neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz an sich verbundene Gefahr einer mißbräuchlichen Hemmung des Eintritts der Rechtskraft oder der Vollstreckung eines in der Berufungsinstanz ergangenen Urteils auf ein Mindestmaß begrenzt werden, das im Interesse der Wirtschaftlichkeit, der Einheitlichkeit und des Ansehens der Rechtsprechung in Kauf genommen werden muß (BGHZ 3, 65, 68 f; 5, 240, 247 f). Ob auch in solchen Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO das neue Vorbringen in der Revisionsinstanz zuzulassen ist, in denen es an einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der strafbaren Handlung fehlt und die Begrenzung der erwähnten Gefahr deshalb erhöhten Schwierigkeiten begegnet, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen (BGHZ 3, 65, 69).
bb) Beruft sich der Revisionskläger in der Revisionsinstanz auf einen Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO, hängt es von der jeweiligen verfahrens-
rechtlichen Lage des anhängigen Rechtsstreits ab, ob die aufgezeigte Gefahr in Kauf genommen und das neue tatsächliche Vorbringen zugelassen werden kann. Das trifft etwa zu, wenn das Urteil des Revisionsgerichts ohne Berücksichtigung der neuen Tatsachen zur Folge haben würde, daß in dem anhängigen Verfahren noch weitere unrichtige Urteile ergehen, die nur durch eine Restitutionsklage beseitigt werden können (BGHZ 5, 240, 248 f). Wird der Rechtsstreit durch das Urteil des Revisionsgerichts insgesamt beendet, können neue Tatsachen und Beweismittel, die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7b ZPO darstellen, grundsätzlich nicht entgegen § 561 ZPO vom Revisionsgericht berücksichtigt werden. Diese Norm dient dem Zweck, jeden Rechtsstreit möglichst schnell beizulegen und die rechtliche Ungewißheit bald zu klären. Sie darf daher nur in solchen Fällen durchbrochen werden, in denen höhere Belange der Allgemeinheit und der ihr dienenden Rechtspflege dies fordern. Gründe der Prozeßwirtschaftlichkeit allein genügen dazu nicht (BGHZ 15, 59,

60).



b) Im Rückerstattungsverfahren sind die Vorschriften der §§ 578 ff ZPO über die Wiederaufnahme des Verfahrens grundsätzlich entsprechend anwendbar (ORG/II/695 v. 13. Dezember 1957, ORGE Zweiter Senat Bd. II, 205, 206 = RzW 1958, 136, 137; ORG/II/639 v. 26. September 1958, RzW 1959, 17; ORG/III/747 v. 10. Dezember 1965, ORGE Dritter Senat Bd. XII, 111, 118 f; ORG/A/1800 v. 24. Juni 1960, ORGE für Berlin Bd. XIV, 132, 137; Marsden, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz Bd. II Das Bundesrückerstattungsgesetz S. 465). Eine Ausnahme gilt freilich insoweit, als Wiederaufnahmegründe mit solchen Gründen übereinstimmen, die gemäß § 43a BRüG zur Aufhebung ei-
ner rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellung eines rückerstattungsrechtlichen Anspruchs führen können. Dies trifft für die Fälle des § 580 Nr. 3 und 4 ZPO zu. Diese Normen treten hinter der Sonderregelung des § 43a BRüG zurück (ORG/A/5894 v. 16. Dezember 1971, ORGE für Berlin Bd. 29, 116, 120; ORG/A/6920 v. 25. August 1976, ORGE für Berlin Bd. 32, 183, 188; Marsden aaO S. 467).
Es bestehen keine Bedenken, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit tatsächlichen Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz auf das Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen zu übertragen (vgl. auch ORG/III/747 aaO S. 119). Soweit § 580 ZPO durch § 43a BRüG verdrängt wird, ist das Vorbringen zu dieser Norm im Verfahren der weiteren Beschwerde unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Vorbringen zu § 580 ZPO zu berücksichtigen.

c) Im Streitfall kommt im Hinblick auf die von dem Antragsgegner geltend gemachten Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 ZPO die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens wegen fälschlicher Anfertigung oder Verfälschung einer Urkunde oder wegen einer in Beziehung auf den Rechtsstreit verübten Straftat (etwa § 263 StGB) weder gegen den Zeugen Sh. noch gegen die Antragstellerin in Betracht. Der Zeuge ist am 28. Februar 1983 verstorben , die Antragstellerin lebt in den Vereinigten Staaten von Amerika und ist nahezu 100 Jahre alt. Gemäß § 581 Abs. 1 Fall 2 ZPO kann in einem solchen Fall die Restitutionsklage auch ohne eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung stattfinden.
Der Antragsgegner war ohne sein Verschulden außerstande, die Restitutionsgründe früher, insbesondere in der durch Beschluß des Landgerichts vom 11. Juli 1990 abgeschlossenen Tatsacheninstanz geltend zu machen (vgl. § 582 ZPO). Er hat glaubhaft gemacht, daß er im vorliegenden Rückerstattungsverfahren erst am 6. Januar 1999 auf die JuVA-Akten über die Antragstellerin gestoßen ist und in ihnen die von S. Ma. unterschriebenen Urkunden vom 24. Juni 1940 gefunden hat. Daß der Antragsgegner nicht früher nach diesen Akten geforscht und deshalb erst im Verfahren der weiteren Beschwerde Zugang zu den Urkunden erlangt hat, ist ihm wegen der von ihm geschilderten Besonderheiten nicht vorzuwerfen. Insbesondere gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sich in den JuVA-Akten der Antragstellerin diese Urkunden befinden könnten.
Im Streitfall fordern überwiegende Belange der Allgemeinheit, die vorgebrachten Restitutionsgründe im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen. Schon das Landgericht hat § 6a BRüG ungeachtet einiger nachgewiesener Unwahrheiten im Vorbringen der Antragstellerin deshalb nicht angewendet , weil sich der subjektive Tatbestand nicht mehr nachweisen lasse. Der Antragsgegner hat mit der weiteren Beschwerde auf zusätzliche Umstände hingewiesen, welche geeignet sind, die Wahrheitsliebe der Antragstellerin in Frage zu stellen. Diese Umstände allein mögen - was hier offenbleiben kann - für eine Anwendung des § 6a BRüG nicht ausreichen. Sollte sich aber erweisen , daß die Unterschrift unter der Urkunde vom 15. November 1938 nicht von S. Ma. stammt, sondern daß auch diese Urkunde gefälscht ist, dürfte sich der Vortrag der Antragstellerin, mit der sie den Widerruf der Rücknahme des Rükkerstattungsanspruchs begründet hat, in einem entscheidenden Punkt als unrichtig erweisen. In diesem Fall erscheint es entgegen ihrem Vorbringen aus-
geschlossen, daß ihr das Schreiben seinerzeit an ihren damaligen Wohnsitz in Neuseeland nachgesandt wurde. Vielmehr dürfte jedenfalls auf der Grundlage des gegenwärtigen Sachstandes dann alles dafür sprechen, daß die Antragstellerin das Schreiben in Kenntnis einer Fälschung vorgelegt hat. Damit hätte sie nicht nur zu Unrecht bewirkt, daß der Widerruf der Rücknahme ihres Rückerstattungsantrags für zulässig erklärt wurde, sondern sie hätte zugleich vorsätzlich unrichtige Angaben über den Grund des Schadens gemacht, so daß ein rückerstattungsrechtlicher Schadensersatzanspruch aller Voraussicht nach auch aus Sachgründen keinen Erfolg haben könnte.
§ 6a BRüG dient wie § 7 BEG und vergleichbare Vorschriften dem Zweck einer wirksamen Bekämpfung von Verstößen gegen die Wahrheitspflicht. Seine besondere Bedeutung liegt darin, daß den Angaben des Berechtigten im Rückerstattungs- wie im Entschädigungsverfahren bei der Ermittlung des Sachverhalts ein erhöhtes Gewicht zukommt (vgl. Art. 42 REAO, § 176 Abs. 2 BEG) und eine strafrechtliche Ahndung unrichtiger Angaben vielfach ausscheidet (vgl. Regierungsbegründung zu § 6a BRüG, BT-Drucks. IV/1549 S. 6; Boerner RzW 1964, 435; zum BEG: BGH, Urt. v. 11. März 1964 - IV ZR 74/63, RzW 1964, 408, 409; Brunn RzW 1964, 193). Dieser im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, tatsächliches Vorbringen jedenfalls zu solchen Restitutionsgründen, mit denen einem fraudulösen Verhalten des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren Beschwerde zuzulassen.

d) Die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Restitutionsgründe und/oder des § 43a BRüG ist der Tatsacheninstanz vorzubehalten (vgl. BGHZ 5, 240, 249; 104, 215, 222; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1976
- IV ZR 147/75, NJW 1977, 498, 499; v. 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, NJW 1999, 1261, 1262).
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 3/99
vom
13. Januar 2000
in dem Rückerstattungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ÜberlG §§ 1, 2; ZPO §§ 561, 580 ff; BRüG §§ 6a, 43a

a) Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung tatsächlichen
Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz gilt grundsätzlich
auch im Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen.

b) Der im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, Behauptungen
zu Restitutionsgründen, mit denen einem unlauteren Verhalten
des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren
Beschwerde zuzulassen.
BGH, Beschluß vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer
am 13. Januar 2000

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragsgegners werden die Beschlüsse des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Dezember 1998 und der Zivilkammer 150 des Landgerichts Berlin vom 11. Juli 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:


I.


Die 1934 aus Deutschland ausgewanderte Antragstellerin hat als Alleinerbin ihrer am 10. April 1935 in Berlin als Witwe verstorbenen Mutter B. M.
geb. Ma. rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen Entziehung von Schmuck, Hausratssilber und einer Münzsammlung im Wiederbeschaffungswert von insgesamt 234.778,40 DM begehrt. Die Anspruchsanmeldung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13. April 1960 zurückgenommen, "da anzunehmen ist, dass seitens der oder des Testamentsvollstreckers eine Regelung durchgeführt wurde". Mit Schriftsatz vom 8. August 1960 hat die Antragstellerin beantragt, den Schriftsatz vom 13. April 1960 als unwirksam anzusehen, hilfsweise , ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ihr sei zur Zeit der Rücknahme nicht bekannt gewesen , daß tatsächlich noch Beweisunterlagen existiert hätten. Im Sommer dieses Jahres (1960) habe sie unter ihren vielen Papieren zufällig einen Brief ihres Onkels - des am 10. Januar 1941 verstorbenen Justizrats S. Ma., eines Bruders ihrer Mutter - vom 15. November 1938 gefunden. Danach stehe fest, daß die Schmucksachen zugunsten des Deutschen Reiches hätten abgeliefert werden müssen. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1960 hat die Antragstellerin weiter hilfsweise beantragt, das Verfahren mit Rücksicht auf die Urkunde vom 15. November 1938 wieder aufzunehmen. Der vorgedruckte Briefkopf dieses Schreibens weist unter anderem den Namen "Justizrat S. Ma." auf. Der mit Schreibmaschine geschriebene Text hat folgenden Wortlaut:
"Liebe T., Du musst die Anträge bei der Devisenstelle dringend stellen, da mir Israel wieder eine Rechnung geschickt hat. Ich glaube, dass die Wohnungseinrichtung Deiner lieben Mutter dort noch am sichersten untergebracht ist, wenn man in Betracht zieht, unter welch schwierigen Umständen ich und Onkel W. die Sachen zu Israel transportieren liessen. Wie ich Dir schon beschrieb, musste ich die Schmucksachen Deiner lieben Eltern bei einer dafür besonders eingerichteten amtlichen
Stelle abliefern. Das ist eine allgemeine Bestimmung und kann mann nur hoffen, dass Du sie zurück erhältst, wenn erst wieder normale Zeiten sind. Lass bald wieder von Dir hören und sei herzlichst gegrüsst von Deinem" Danach folgt in Handschrift das Wort "S.".
Die Antragstellerin hat behauptet, ihre Mutter sei vor ihrem Tode eine Woche bettlägerig krank gewesen. Als der Arzt zur Operation geraten habe, habe die Mutter ihren Schmuck und die Münzsammlung dem Justizrat Ma. zur Aufbewahrung übergeben. Dieser habe die Sachen im Jahre 1938 an eine amtliche Stelle abliefern müssen. Dazu hat die Antragstellerin ein undatiertes, auf einem Blatt mit dem Briefkopf "Justizrat S. Ma." enthaltenes und ebenfalls mit "S." unterzeichnetes Schreiben sowie eine elfseitige Wertsachenaufstellung vorgelegt. Der maschinengeschriebene Text dieses Schreibens lautet:
"Liebe T., Mein Mandant, Herr Sch., hat sich freundlicher Weise bereit erklärt, Dir die Aufstellung der abgelieferten Wertsachen zu übergeben und Dir die diesbezüglichen näheren Umstände zu schildern. Entgelt wurde nicht gezahlt, da die Konfiszierung nur eine vorübergehende Sicherheitsmassnahme darstellt. Auf baldiges Wiedersehen, Dein",
Am Ende der Wertsachenaufstellung heißt es:
"Abgeliefert nach amtlicher Aufforderung November 1938."
Danach folgt die Unterschrift "S. Ma.".
Das Landgericht hat den Rückerstattungsanspruch mit Beschluß vom 13. Februar 1969 zurückgewiesen, weil das Verfahren durch die Rücknahme des Anspruchs beendet worden sei. Die sofortige Beschwerde zum Kammergericht ist erfolglos geblieben. Die Entscheidungen wurden durch Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin vom 24. Februar 1972 mit der Begründung aufgehoben, eine an sich unwiderrufliche Prozeßhandlung wie die Rücknahme des Rückerstattungsantrags könne bei Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes widerrufen werden. Ein solcher Wiederaufnahmegrund sei hier in Gestalt des Schreibens des Justizrats Ma. gegeben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Die Existenz des Schreibens sei der Antragstellerin bis zum Sommer 1960 unbekannt gewesen, und es könne festgestellt werden, daß die auf diese Unkenntnis zurückzuführende Unmöglichkeit, das Schreiben schon früher vorzulegen , nicht auf Verschulden beruhe.
Mit Beschluß vom 4. September 1980 hat das Landgericht den Rückerstattungsanspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe die Ablieferung von Wertgegenständen im Jahre 1938 durch Justizrat Ma. - dieser hatte aus rassischen Gründen im Jahre 1933 sein Notariat und im Jahre 1937 seine Anwaltspraxis verloren und sich von da an im Jüdischen Altersheim aufgehalten - nicht beweisen können. Das undatierte Schreiben und die
Wertsachenaufstellung seien nicht vor 1950 gefertigt und schieden deshalb als Entziehungsnachweis aus.
Diesen Beschluß hat das Kammergericht mit Beschluß vom 15. April 1985 aufgehoben, weil das Landgericht nicht alle Möglichkeiten zur Aufklärung erschöpft habe. Insbesondere müsse ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt werden, ob ausgeschlossen werden könne, daß das undatierte, mit "S." unterzeichnete Schreiben und die Wertsachenaufstellung bereits um die Jahreswende 1938/39 angefertigt worden seien. Bejahendenfalls hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. (früher: Sch.) unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt.
Mit Beschluß vom 11. Juli 1990 hat das Landgericht den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Rückerstattungsantrags verurteilt, an die Antragstellerin 43.310 DM nach Maßgabe der §§ 34 ff BRüG zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Entziehung der in der Wertsachenaufstellung aufgelisteten Gegenstände könne - soweit nicht entsprechende Zeugenaussagen vorlägen - weder ihrem Umfang noch den darin näher bezeichneten Wertmaßstäben nach als glaubhaft gemacht angesehen werden. Auch nach dem ergänzend eingeholten Gutachten des FBI-Laboratoriums seien das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung mit einer Schreibmaschine beschriftet worden, deren Schrifttypen erst 1950 in den Handel gekommen seien. Gleichwohl sei der Antragstellerin der Anspruch nicht gemäß § 6a BRüG zu versagen, weil ihr der subjektive Tatbestand nicht nachgewiesen werden könne. Es sei nicht auszuschließen , daß die Antragstellerin in dem guten Glauben gewesen sei, die von
dem Zeugen Sh. gefertigte Aufstellung sei diesem von ihrem Onkel übergeben worden. Die Antragstellerin selbst habe sich bei der Beschreibung des Schmucks ihrer Mutter deutlich zurückgehalten und erklärt, ihn nicht näher beschreiben zu können. Abgesehen von drei Skizzen habe die Antragstellerin sich nur auf die überreichte Aufstellung und die im Hausratsverfahren eingereichten eidesstattlichen Erklärungen der Zeugen K., E., F. und Schl berufen. Übertriebene Wertangaben allein seien kein Versagungsgrund. Über den Rükkerstattungsanspruch sei daher unter Außerachtlassung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Schreibens, aber unter Zugrundelegung des Schreibens des Onkels der Antragstellerin vom 15. November 1938 zu entscheiden. Danach sei der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen der Entziehung bestimmter, im Gutachten des Sachverständigen C. vom 27. Oktober 1964 aufgeführter Edelmetall - und Schmuckgegenstände, ferner wegen zwei viereckiger Goldmünzen zu leisten. Bei diesen Gegenständen handele es sich um solche, die auf den Fotografien, vornehmlich von der Mutter der Antragstellerin, erkennbar seien, und um solche, deren Existenz die Zeugen K., E. und Schl. in ihren eidesstattlichen Versicherungen vom 3. Juli 1962, 8. Juni 1962 und 22. Dezember 1961 bekundet hätten. Es könne durchaus sein, daß der Justizrat Ma. entsprechend seinem Schreiben vom 15. November 1938 schon zu dieser Zeit zur Ablieferung der Edelmetallgegenstände aufgefordert worden sei. Es sei anzunehmen, daß er sie abgeliefert habe und daß die Einziehung und Verwertung nach der Ablieferungsverordnung vom 21. März 1939 erfolgt sei.
Mit seiner gegen diesen Beschluß eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Antragsgegner geltend gemacht, das Landgericht habe sich über die rechtliche Bindung an den Beschluß des Kammergerichts vom 15. April 1985
hinweggesetzt. Das Kammergericht habe festgestellt, daß im Falle einer nachgewiesenen Fälschung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Begleitschreibens die Versagungsgründe nach § 6a BRüG gegeben seien. Da eine Fälschung nach dem Gutachten des FBI vom 26. August 1988 zu bejahen sei, hätte das Landgericht die Ansprüche nach dieser Vorschrift versagen müssen.
Mit Beschluß vom 1. Dezember 1998 hat das Kammergericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einem Rechtsfehler beruhe. Die Rücknahme der Anmeldung mit Schriftsatz vom 8. August 1960 stehe der Durchführung des Rückerstattungsverfahrens nicht entgegen, weil die Beweisaufnahme nicht ergeben habe, daß das nachträglich aufgefundene Schreiben vom 15. November 1938 später angefertigt worden sei. Nach dem Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes vom 23. September 1976 sei dieses Schreiben mit einer Adler-Schreibmaschine gefertigt worden, die am 15. November 1938 bereits im Handel gewesen sei. Die Untersuchungen des FBI hätten zum selben Ergebnis geführt. Allein deshalb , weil das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung nicht schon 1938/39, sondern erst 1950 oder danach gefertigt worden seien, habe das Landgericht nicht nach § 6a BRüG den Anspruch versagen müssen. Die Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 stehe dem nicht entgegen. Die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses vom 4. September 1980 durch diese Entscheidung beruhe allein auf einer angenommenen Verletzung von § 12 FGG, nicht aber auf Ausführungen zu § 6a BRüG. Das Landgericht habe daher in eigener Verantwortung prüfen müssen, ob die Voraussetzungen dieser Norm vorgelegen hätten. Die Annahme des Landgerichts , in der Person der Antragstellerin seien die subjektiven Voraussetzungen
für eine Anwendung dieser Vorschrift nicht feststellbar, sei zumindest vertretbar. Daß der Mutter der Antragstellerin Wertsachen entzogen worden seien, habe das Landgericht zutreffend aufgrund des Schreibens des Justizrats Ma. vom 15. November 1938 festgestellt. Die Schadenshöhe habe das Landgericht im Wege der Schätzung bestimmt. Insoweit seien Rechtsfehler nicht zu erkennen und mit der sofortigen Beschwerde auch nicht aufgezeigt worden.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Begehren auf Abweisung des Antrags auf Rückerstattung weiter. Er hält die Rüge einer Verletzung von §§ 565 Abs. 2, 318 ZPO aufrecht. Aber auch unabhängig davon sei der Anspruch nach § 6a BRüG zu versagen, weil die Antragstellerin sich unlauterer Mittel zur Durchsetzung ihrer Ansprüche bedient habe. Im übrigen sei (auch) die Urkunde vom 15. November 1938 nicht echt. Die erst am 6. Januar 1999 von dem Antragsgegner aufgefundene JuVA-Akte (betreffend die Vermögensabgabe von Juden) des Finanzamtes Moabit-West - ........ - über die Antragstellerin enthalte eine von Justizrat Ma. unter dem Datum vom 24. Juni 1940 unterschriebene Urkunde über die Erteilung einer Prozeßvollmacht und ein eigenhändiges Schreiben des Justizrats mit demselben Datum. Beide Unterschriften ähnelten nicht der Unterschrift unter dem Schreiben vom 15. November 1938. Diese gleiche vielmehr derjenigen auf dem unechten undatierten Begleitschreiben zu der Wertsachenaufstellung. Daraus sei der Schluß zu ziehen , daß beide Schreiben von derselben Person, die nicht S. Ma. gewesen sein könne, unterfertigt worden seien. Weiter folge daraus, daß die Behauptungen der Antragstellerin, das Schreiben vom 15. November 1938 sei ihr während ihrer Flucht aus Italien nachgesandt worden und sie habe es jahrelang in ihrem Gepäck gehabt, bevor sie es im Sommer 1960 wiedergefunden habe, unrichtig seien; denn das Schreiben vom 15. November 1938 könne dann auch
nur im Zusammenhang mit der Herstellung der Wertsachenaufstellung und dem Begleitschreiben angefertigt worden sein, mithin nach 1950.

II.


1. Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß § 1 des Gesetzes zur Überleitung der Zuständigkeit der Obersten Rückerstattungsgerichte auf den Bundesgerichtshof (Art. 9 Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2847, 2862 - fortan: ÜberlG) i.V.m. § 11 Nr. 1 Buchst. d BRüG, Art. 62 Abs. 2 REAO statthaft und nach §§ 2 ff ÜberlG auch im übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse vom 11. Juli 1990 und 1. Dezember 1998 und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
2. Ohne Rechtsverstoß haben Land- und Kammergericht angenommen, die Ansprüche seien nicht allein wegen der Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 gemäß § 6a BRüG zurückzuweisen. Mit den Bemerkungen auf Bl. 9 des Umdrucks dieses Beschlusses, wenn die Wertsachenaufstellung und das undatierte Schreiben nicht aus der Verfolgungszeit stammten, hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt, wollte das Kammergericht nicht zum Ausdruck bringen, daß im Fall der Feststellung einer Fälschung der genannten Unterlagen der Anspruch ohne weitere Prüfung nach § 6a BRüG zu versagen sei. Schon der Wortlaut dieser Ausführungen - die Antragstellerin hätte sich einer
Versagung ihres Anspruchs "ausgesetzt" - zwingt nicht zu einem anderen Verständnis. Dafür spricht auch, daß das Landgericht sich im Beschluß vom 4. September 1980 jedes Hinweises auf § 6a BRüG enthalten hat. Auch wenn das Kammergericht im folgenden annahm, das Landgericht habe "tatsächlich den Vorwurf der Unlauterkeit jedenfalls erhoben", indem es zu dem Schluß gekommen sei, daß die beiden Schriftstücke erst nachträglich angefertigt seien und deshalb als Entziehungsnachweis ausschieden, fehlte es jedenfalls an einer Feststellung der erforderlichen subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin. Da nicht davon auszugehen ist, das Kammergericht habe diesen Umstand übersehen, sind seine Ausführungen allenfalls dahin zu verstehen, daß bei einem Nachweis der Fälschung die Versagung des Anspruchs nach § 6a BRüG naheliege und geprüft werden müsse. Dieses Verständnis wird durch die Ausführungen auf Bl. 15 des Beschlußumdrucks bestätigt, wo es heißt, ob das Schreiben vom 15. November 1938 als Beweis für eine Entziehung von "Schmucksachen" jedenfalls dem Grunde nach ausreiche, selbst wenn nach Abschluß der noch notwendigen weiteren Ermittlungen ausgeschlossen werden könne, daß die Wertsachenaufstellung und das undatierte Begleitschreiben ebenfalls um die Jahreswende 1938/39 geschrieben worden seien, müsse das Landgericht zu gegebener Zeit entscheiden ; anders dürfte es sein, wenn die Voraussetzungen des § 6a BRüG festgestellt werden sollten. Geschehe das nicht, müßten (zugunsten der Antragstellerin ) weitere Umstände berücksichtigt werden. Diese Ausführungen belegen mit hinreichender Klarheit, daß das Kammergericht ungeachtet der wiedergegebenen mißverständlichen Wendungen auf Bl. 9 des Beschlußumdrucks die Voraussetzungen des § 6a BRüG keineswegs mit bindender Wirkung bejahen, sondern deren Feststellung - wie prozessual geboten - dem Landgericht als Tatrichter überlassen wollte.

3. Der Antragsgegner macht mit der weiteren Beschwerde ferner geltend , das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 6a BRüG rechtsfehlerhaft verneint.

a) Zur Begründung führt er aus, das Landgericht habe nicht s ämtliche bekannten Umstände berücksichtigt, die dafür sprächen, die Antragstellerin habe sich unlauterer Mittel bedient oder vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben über Grund oder Höhe des Anspruchs gemacht , veranlaßt oder zugelassen. Im gegenwärtigen Verfahrensstand bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob diese Rüge für sich genommen die Annahme begründen könnte, die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts, die subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin ließen sich nicht feststellen, beruhe auf Rechtsfehlern. Ein Erfolg dieser Rüge könnte allenfalls zu einer Zurückverweisung an das Landgericht zur weiteren Prüfung dieser Frage führen. Das gleiche Ergebnis wird aber bereits mit dem Vorbringen des Antragsgegners zu den nach Erlaß der landgerichtlichen Entscheidung während des Verfahrens der weiteren Beschwerde aufgefundenen Urkunden vom 24. Juni 1940 erreicht.

b) Läßt sich - was aufgrund der eingehenden Ausführungen des Antragsgegners möglich erscheint - anhand eines Schriftvergleichs nachweisen, daß die Urkunde vom 15. November 1938 gefälscht ist und in Wahrheit nicht von S. Ma. unterschrieben wurde, läge darin nicht nur ein erhebliches Beweisanzeichen dafür, daß die Antragstellerin sich zur Durchsetzung eines rükkerstattungsrechtlichen Anspruchs vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig unlauterer Mittel bedient hätte. Vielmehr würde darüber hinaus die Zulässigkeit
des vorliegenden Rückerstattungsverfahrens in Frage gestellt. Das Oberste Rückerstattungsgericht für Berlin hat in seinem Beschluß vom 24. Februar 1972 den Widerruf der Rücknahme des Rückerstattungsantrages nur mit Rücksicht auf die von der Antragstellerin vorgelegte Urkunde vom 15. November 1938 aus dem Gesichtspunkt der Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig gehalten. Wäre die Urkunde gefälscht, fehlte es insoweit an einem Wiederaufnahmegrund, denn dann würde die Urkunde schwerlich zu einer der Antragstellerin günstigen Entscheidung geführt haben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Dies könnte ungeachtet der dem Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin entsprechend § 565 Abs. 2 ZPO zukommenden Bindungswirkung berücksichtigt werden, weil ein anderer Sachverhalt zugrunde zu legen wäre, für den die bisherige rechtliche Beurteilung nicht zuträfe (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1983 - VIII ZR 331/81, NJW 1983, 1496, 1497; v. 3. April 1985 - IVb ZR 18/84, NJW 1985, 2029, 2030).
4. Mit seinem Vorbringen zu den Urkunden vom 24. Juni 1940 trägt der Antragsgegner Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 und 7b ZPO vor. Dieser Vortrag ist im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen, auf das gemäß § 2 ÜberlG die Vorschriften der §§ 545 bis 566a ZPO grundsätzlich entsprechende Anwendung finden.

a) Im Revisionsverfahren kann tatsächliches Vorbringen zu den in § 580 Nr. 1 bis 7 ZPO angeführten Restitutionsgründen zu berücksichtigen sein.
aa) Soweit die Restitutionsgründe auf einer strafbaren Handlung beruhen (§ 580 Nr. 1 bis 5 ZPO), können sie in der Revisionsinstanz geltend gemacht werden, wenn deswegen eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist
(§ 581 Abs. 1 ZPO; BGHZ 3, 65, 68; 5, 240, 247). Der Grund für diese Abweichung von dem Grundsatz des § 561 ZPO liegt hier in erster Linie nicht im Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit, sondern vornehmlich darin, daß das in der Revisionsinstanz ohne Berücksichtigung des neuen Vorbringens ergehende Urteil sich unter Umständen mit dem Inhalt eines bereits vorliegenden rechtskräftigen Erkenntnisses eines anderen Gerichts in Widerspruch setzen oder doch dieses Erkenntnis unbeachtet lassen würde. Daraus ergäben sich für die Einheitlichkeit und das Ansehen der Rechtsprechung in hohem Maße abträgliche Folgen. Demgegenüber ist eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Restitutionsgründe in der Revisionsinstanz ausgeschlossen, wenn nach der Überzeugung des Revisionsgerichts ein Zusammenhang des Geschehens , das den Gegenstand des neuen Vorbringens und des neu vorgebrachten rechtskräftigen Urteils bildet, mit dem Berufungsurteil des anhängigen Verfahrens nicht bestehen kann. Damit soll die mit der Zulassung des neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz an sich verbundene Gefahr einer mißbräuchlichen Hemmung des Eintritts der Rechtskraft oder der Vollstreckung eines in der Berufungsinstanz ergangenen Urteils auf ein Mindestmaß begrenzt werden, das im Interesse der Wirtschaftlichkeit, der Einheitlichkeit und des Ansehens der Rechtsprechung in Kauf genommen werden muß (BGHZ 3, 65, 68 f; 5, 240, 247 f). Ob auch in solchen Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO das neue Vorbringen in der Revisionsinstanz zuzulassen ist, in denen es an einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der strafbaren Handlung fehlt und die Begrenzung der erwähnten Gefahr deshalb erhöhten Schwierigkeiten begegnet, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen (BGHZ 3, 65, 69).
bb) Beruft sich der Revisionskläger in der Revisionsinstanz auf einen Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO, hängt es von der jeweiligen verfahrens-
rechtlichen Lage des anhängigen Rechtsstreits ab, ob die aufgezeigte Gefahr in Kauf genommen und das neue tatsächliche Vorbringen zugelassen werden kann. Das trifft etwa zu, wenn das Urteil des Revisionsgerichts ohne Berücksichtigung der neuen Tatsachen zur Folge haben würde, daß in dem anhängigen Verfahren noch weitere unrichtige Urteile ergehen, die nur durch eine Restitutionsklage beseitigt werden können (BGHZ 5, 240, 248 f). Wird der Rechtsstreit durch das Urteil des Revisionsgerichts insgesamt beendet, können neue Tatsachen und Beweismittel, die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7b ZPO darstellen, grundsätzlich nicht entgegen § 561 ZPO vom Revisionsgericht berücksichtigt werden. Diese Norm dient dem Zweck, jeden Rechtsstreit möglichst schnell beizulegen und die rechtliche Ungewißheit bald zu klären. Sie darf daher nur in solchen Fällen durchbrochen werden, in denen höhere Belange der Allgemeinheit und der ihr dienenden Rechtspflege dies fordern. Gründe der Prozeßwirtschaftlichkeit allein genügen dazu nicht (BGHZ 15, 59,

60).



b) Im Rückerstattungsverfahren sind die Vorschriften der §§ 578 ff ZPO über die Wiederaufnahme des Verfahrens grundsätzlich entsprechend anwendbar (ORG/II/695 v. 13. Dezember 1957, ORGE Zweiter Senat Bd. II, 205, 206 = RzW 1958, 136, 137; ORG/II/639 v. 26. September 1958, RzW 1959, 17; ORG/III/747 v. 10. Dezember 1965, ORGE Dritter Senat Bd. XII, 111, 118 f; ORG/A/1800 v. 24. Juni 1960, ORGE für Berlin Bd. XIV, 132, 137; Marsden, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz Bd. II Das Bundesrückerstattungsgesetz S. 465). Eine Ausnahme gilt freilich insoweit, als Wiederaufnahmegründe mit solchen Gründen übereinstimmen, die gemäß § 43a BRüG zur Aufhebung ei-
ner rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellung eines rückerstattungsrechtlichen Anspruchs führen können. Dies trifft für die Fälle des § 580 Nr. 3 und 4 ZPO zu. Diese Normen treten hinter der Sonderregelung des § 43a BRüG zurück (ORG/A/5894 v. 16. Dezember 1971, ORGE für Berlin Bd. 29, 116, 120; ORG/A/6920 v. 25. August 1976, ORGE für Berlin Bd. 32, 183, 188; Marsden aaO S. 467).
Es bestehen keine Bedenken, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit tatsächlichen Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz auf das Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen zu übertragen (vgl. auch ORG/III/747 aaO S. 119). Soweit § 580 ZPO durch § 43a BRüG verdrängt wird, ist das Vorbringen zu dieser Norm im Verfahren der weiteren Beschwerde unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Vorbringen zu § 580 ZPO zu berücksichtigen.

c) Im Streitfall kommt im Hinblick auf die von dem Antragsgegner geltend gemachten Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 ZPO die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens wegen fälschlicher Anfertigung oder Verfälschung einer Urkunde oder wegen einer in Beziehung auf den Rechtsstreit verübten Straftat (etwa § 263 StGB) weder gegen den Zeugen Sh. noch gegen die Antragstellerin in Betracht. Der Zeuge ist am 28. Februar 1983 verstorben , die Antragstellerin lebt in den Vereinigten Staaten von Amerika und ist nahezu 100 Jahre alt. Gemäß § 581 Abs. 1 Fall 2 ZPO kann in einem solchen Fall die Restitutionsklage auch ohne eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung stattfinden.
Der Antragsgegner war ohne sein Verschulden außerstande, die Restitutionsgründe früher, insbesondere in der durch Beschluß des Landgerichts vom 11. Juli 1990 abgeschlossenen Tatsacheninstanz geltend zu machen (vgl. § 582 ZPO). Er hat glaubhaft gemacht, daß er im vorliegenden Rückerstattungsverfahren erst am 6. Januar 1999 auf die JuVA-Akten über die Antragstellerin gestoßen ist und in ihnen die von S. Ma. unterschriebenen Urkunden vom 24. Juni 1940 gefunden hat. Daß der Antragsgegner nicht früher nach diesen Akten geforscht und deshalb erst im Verfahren der weiteren Beschwerde Zugang zu den Urkunden erlangt hat, ist ihm wegen der von ihm geschilderten Besonderheiten nicht vorzuwerfen. Insbesondere gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sich in den JuVA-Akten der Antragstellerin diese Urkunden befinden könnten.
Im Streitfall fordern überwiegende Belange der Allgemeinheit, die vorgebrachten Restitutionsgründe im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen. Schon das Landgericht hat § 6a BRüG ungeachtet einiger nachgewiesener Unwahrheiten im Vorbringen der Antragstellerin deshalb nicht angewendet , weil sich der subjektive Tatbestand nicht mehr nachweisen lasse. Der Antragsgegner hat mit der weiteren Beschwerde auf zusätzliche Umstände hingewiesen, welche geeignet sind, die Wahrheitsliebe der Antragstellerin in Frage zu stellen. Diese Umstände allein mögen - was hier offenbleiben kann - für eine Anwendung des § 6a BRüG nicht ausreichen. Sollte sich aber erweisen , daß die Unterschrift unter der Urkunde vom 15. November 1938 nicht von S. Ma. stammt, sondern daß auch diese Urkunde gefälscht ist, dürfte sich der Vortrag der Antragstellerin, mit der sie den Widerruf der Rücknahme des Rükkerstattungsanspruchs begründet hat, in einem entscheidenden Punkt als unrichtig erweisen. In diesem Fall erscheint es entgegen ihrem Vorbringen aus-
geschlossen, daß ihr das Schreiben seinerzeit an ihren damaligen Wohnsitz in Neuseeland nachgesandt wurde. Vielmehr dürfte jedenfalls auf der Grundlage des gegenwärtigen Sachstandes dann alles dafür sprechen, daß die Antragstellerin das Schreiben in Kenntnis einer Fälschung vorgelegt hat. Damit hätte sie nicht nur zu Unrecht bewirkt, daß der Widerruf der Rücknahme ihres Rückerstattungsantrags für zulässig erklärt wurde, sondern sie hätte zugleich vorsätzlich unrichtige Angaben über den Grund des Schadens gemacht, so daß ein rückerstattungsrechtlicher Schadensersatzanspruch aller Voraussicht nach auch aus Sachgründen keinen Erfolg haben könnte.
§ 6a BRüG dient wie § 7 BEG und vergleichbare Vorschriften dem Zweck einer wirksamen Bekämpfung von Verstößen gegen die Wahrheitspflicht. Seine besondere Bedeutung liegt darin, daß den Angaben des Berechtigten im Rückerstattungs- wie im Entschädigungsverfahren bei der Ermittlung des Sachverhalts ein erhöhtes Gewicht zukommt (vgl. Art. 42 REAO, § 176 Abs. 2 BEG) und eine strafrechtliche Ahndung unrichtiger Angaben vielfach ausscheidet (vgl. Regierungsbegründung zu § 6a BRüG, BT-Drucks. IV/1549 S. 6; Boerner RzW 1964, 435; zum BEG: BGH, Urt. v. 11. März 1964 - IV ZR 74/63, RzW 1964, 408, 409; Brunn RzW 1964, 193). Dieser im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, tatsächliches Vorbringen jedenfalls zu solchen Restitutionsgründen, mit denen einem fraudulösen Verhalten des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren Beschwerde zuzulassen.

d) Die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Restitutionsgründe und/oder des § 43a BRüG ist der Tatsacheninstanz vorzubehalten (vgl. BGHZ 5, 240, 249; 104, 215, 222; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1976
- IV ZR 147/75, NJW 1977, 498, 499; v. 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, NJW 1999, 1261, 1262).
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.