Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2018 - IX ZA 14/18
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Schoppmeyer und Röhl
am 22. November 2018
beschlossen:
Der Wert des Verfahrens wird auf 360.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wäre voraussichtlich unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- 1. Zwar kann ein Verschulden des Beklagten an der Versäumung der Einspruchsfrist (§ 339 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 700 Abs. 1 ZPO) entge- gen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht allein darauf gestützt werden, dass ein rechtzeitig eingelegter Widerspruch den Erlass des Vollstreckungsbescheids verhindert hätte oder jedenfalls als Einspruch gewertet worden wäre. Die vom Berufungsgericht herangezogene Entscheidung (BGH, Beschluss vom 14. Juli 1987 - IX ZB 48/87, VersR 1988, 158, 159) ist mit dem Streitfall in einem entscheidenden Punkt nicht vergleichbar, weil dort die Zustellung des Vollstreckungsbescheids bereits neun Tage nach Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgte (ebenso BGH, Beschluss vom 19. Oktober 1983 - VIII ZB 30/83, VersR 1984, 81 für eine Zustellung des Vollstreckungsbescheids sechs Tage nach Ablauf der Widerspruchsfrist). Diese Entscheidungen beruhen mithin darauf, dass eine Partei nach Zustellung eines Mahnbescheids jedenfalls für eine im unmittelbaren Anschluss nach Ablauf der Widerspruchsfrist zu erwartende Zustellung Vorsorge zu treffen hat und dies auch erfolgen kann, indem die Partei Widerspruch einlegt. Im Streitfall liegen zwischen dem Ablauf der Widerspruchsfrist und der Zustellung des Vollstreckungsbescheids jedoch fast drei Monate. Unter diesen Umständen kann ein Verschulden der Partei nicht allein dadurch begründet werden, dass sie bislang keinen Widerspruch eingelegt hätte. Eine solche Begründung liefe darauf hinaus, dass ein Verschulden an der Versäumung einer Einspruchsfrist bereits dann vorliegt, wenn es die Partei zu der mit einem Einspruch anfechtbaren Entscheidung hat kommen lassen. Das trifft nicht zu.
- 3
- 2. Jedoch erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis als richtig. Wiedereinsetzung ist nur zu gewähren, wenn der Beklagte ohne sein Verschulden verhindert war, die Notfrist des § 339 Abs. 1 ZPO einzuhalten (§ 233, Satz 1 ZPO). Die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen hat die Partei darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Ist die Partei bereits an einem gerichtlichen Verfahren beteiligt oder hat sie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein solches gegen sie beginnen und während ihrer Abwesenheit Fristen in Lauf gesetzt oder Termine bestimmt werden , so obliegt es ihr, ihren Posteingang zu kontrollieren und für eine rechtzeitige Erledigung fristwahrender Handlungen zu sorgen (BVerfG, NJW 2007, 3486, 3487 f; Beschluss vom 19. Oktober 1983 - VIII ZB 30/83, VersR 1984, 81, 82 unter 2 a; vom 8. Juni 1988 - IVb ZB 68/88, NJW 1988, 2672, 2673 mwN; vom 21. September 1988 - VIII ZB 26/88, juris Rn. 5; vom 27. November 1991 - IV ZR 237/91, VersR 1992, 1373; vom 19. Dezember 1994 - II ZR 174/94, VersR 1995, 810, 811 unter 2, mwN; vom 24. Juli 2000 - II ZB 22/99, NJW 2000, 3143 mwN; vom 18. Februar 2009 - IV ZR 193/07, NJW 2009, 1608 Rn. 3; ebenso zum Mahnverfahren BGH, Beschluss vom 14. Juli 1987 - IX ZB 48/87, VersR 1988, 158).
- 4
- Nach diesen Maßstäben kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte ohne sein Verschulden verhindert war, die Einspruchsfrist einzuhalten. Unter den Umständen des Streitfalles musste der Beklagte nach der Zustellung des Mahnbescheids, den er unstreitig auch tatsächlich erhalten hat, mit weiteren gerichtlichen Zustellungen rechnen. Insbesondere enthält der Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 4 ZPO den Hinweis, dass ein dem Mahnbescheid entsprechender Vollstreckungsbescheid ergehen kann, aus dem der Antragsteller die Zwangsvollstreckung betreiben kann, falls der Antragsgegner nicht bis zum Fristablauf Widerspruch erhoben hat. Die Zustellung des gerichtlichen Mahnbescheids ermöglichte dem Beklagten, Widerspruch einzulegen; er hat daher einen ersten Zugang zu Gericht erhalten (BGH, Beschluss vom 19. Oktober 1983, aaO). Der Beklagte hat sich innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ausschließlich dazu erklärt, dass er vom 6. Mai bis 24. Mai 2017 ortsabwesend gewesen sei und erst nach seiner Rückkehr von dem am 8. Mai 2017 zugestellten Vollstreckungsbescheid erfahren habe. Mit diesem Vortrag hat der Beklagte nicht ausreichend dargelegt, dass ihn an der Versäumung der Einspruchsfrist kein Verschulden trifft.
- 5
- Dies ergibt sich nicht allein aus der seit der Zustellung des Mahnbescheids verstrichenen Zeit von drei Monaten und fünf Tagen bis zur Zustellung des Vollstreckungsbescheids (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2007 - I ZR 136/05, NJW-RR 2008, 218 Rn. 30 zur Zustellung eines Versäumnisurteils im schriftlichen Verfahren). Der Kläger verfolgte mit dem Mahnbescheid eine erhebliche Forderung über 360.000 €. Unter diesen Umständen muss eine Partei, die keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt, erst ab einer Frist von sechs Monaten ab der Zustellung des Mahnbescheids nicht mehr mit weiteren Zustellungen rechnen (arg. § 701 ZPO, wonach die Wirkung des Mahnbescheids wegfällt, wenn der Antragsteller den Erlass des Vollstreckungsbescheids nicht binnen einer sechsmonatigen Frist beantragt, die mit der Zustellung des Mahnbescheids beginnt). Liegt die Zustellung eines über eine erhebliche Forderung lautenden Mahnbescheids noch keine sechs Monate zurück, muss die Partei in der Regel mit weiteren Zustellungen rechnen. Der Beklagte hat andere Umstände, die dafür sprechen können, dass er Anfang Mai 2017 nicht mehr mit einer weiteren Rechtsverfolgung oder mit weiteren Zustellungen rechnen musste oder welche die unterlassene Vorsorge entschuldigen können, weder dargelegt noch ergeben sie sich sonst aus dem Sachvortrag der Parteien. Insbesondere hat er nicht geltend gemacht, dass er keine außergerichtlichen Mahnungen oder Zahlungsaufforderungen erhalten habe oder dass er aus anderen Gründen annehmen durfte, dem Mahnbescheid werde sich keine weitere gerichtliche Anspruchsverfolgung anschließen.
- 6
- 3. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Schoppmeyer Röhl
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 29.08.2017 - 8 O 124/17 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 24.08.2018 - 24 U 158/17 -
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.
(2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden.
(3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 5, § 697 Abs. 1, 4, § 698 gelten entsprechend. § 340 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.
(4) Bei Eingang der Anspruchsbegründung ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren, wenn der Einspruch nicht als unzulässig verworfen wird. § 276 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
(5) Geht die Anspruchsbegründung innerhalb der von der Geschäftsstelle gesetzten Frist nicht ein und wird der Einspruch auch nicht als unzulässig verworfen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich Termin; § 697 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Der Einspruch darf nach § 345 nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz für ein Versäumnisurteil vorliegen; soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.
(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.
(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.
(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.
(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.
(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.
(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.
(2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden.
(3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 5, § 697 Abs. 1, 4, § 698 gelten entsprechend. § 340 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.
(4) Bei Eingang der Anspruchsbegründung ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren, wenn der Einspruch nicht als unzulässig verworfen wird. § 276 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
(5) Geht die Anspruchsbegründung innerhalb der von der Geschäftsstelle gesetzten Frist nicht ein und wird der Einspruch auch nicht als unzulässig verworfen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich Termin; § 697 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Der Einspruch darf nach § 345 nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz für ein Versäumnisurteil vorliegen; soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.
(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.
(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.
(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.
(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 60.000,-- DM.
Gründe:
I. Das Schlußurteil des Landgerichts München I vom 11. August 1999, durch das die Widerklage der Beklagten auf Auskunft und Zahlung der sich daraus ergebenden Überschußanteile in Zusammenhang mit der Beendigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zwischen den Parteien abgewiesen worden ist, wurde den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 26. August 1999 zugestellt. Diese übersandten der Beklagten unter ihrer M.er Wohnadresse am 22. September 1999 eine Urteilsausfertigung; zugleich erteilten sie ihr in einem Begleitschreiben eine Rechtsmittelbelehrung mit Berechnung der Berufungsfrist und wiesen darauf hin, daß sie ein Rechtsmittel für aussichtslos hielten und es daher nur bei schriftlicher Weisung bis zum 27. September 1999 einlegen würden. Die seit dem 2. September 1999 nach U. v erreiste Beklagte nahm hiervon erst bei ihrer Rückkehr am
10. Oktober 1999 Kenntnis. Die von ihr sodann veranlaßte Berufung ging am 18. Oktober 1999 bei Gericht ein. Mit dem gleichzeitig eingereichten Wiedereinsetzungsgesuch macht die Beklagte geltend, unverschuldet die Berufungseinlegungsfrist versäumt zu haben. Wegen eines am 22. Juli 1999 in U. erlittenen schweren Verkehrsunfalls habe sie sich zunächst dort und anschließend vom 15. August bis 1. September 1999 in M. in stationärer Krankenhausbehandlung befunden; am 2. September 1999 sei sie wieder nach U. gefahren, wo sie sich wegen der Unfallfolgen – unvorhergesehen - erneut in ärztliche Behandlung habe begeben müssen, so daß sie nicht vor dem 10. Oktober 1999 reisefähig gewesen sei. Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch durch Beschluß vom 22. November 1999 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.
II. Das Rechtsmittel der Beklagten hat keinen Erfolg.
Das Oberlandesgericht hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu Recht versagt. Der Sachvortrag der Beklagten ergibt nicht, daß sie ohne ihr Verschulden gehindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO).
Der Beklagten war nach dem rechtkräftigen Teilurteil zur Klage das fortgeschrittene Stadium des Prozesses hinsichtlich der Widerklage bekannt. Nach der Beweisaufnahme durch den beauftragten Richter war in der abschließenden mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 1999 vor der Kammer des Landgerichts Verkündungstermin auf den 11. August 1999 anberaumt worden. Selbst wenn die Beklagte in der Schlußverhandlung nicht persönlich anwesend war, so hat sie doch - nach dem unbestrittenen Klägervortrag - das entspre-
chende Terminsprotokoll mit dem darin ausgewiesenen Verkündungstermin noch vor ihrer erneuten Abreise ins Ausland am 2. September 1999 zur Kenntnisnahme erhalten. Deshalb mußte sie damit rechnen, daß am 11. August 1999 ein - für sie möglicherweise negatives - Urteil ergangen und ihren Prozeßbevollmächtigten alsbald danach zugestellt worden war. Die offenbar im Umgang mit den Gerichten nicht unerfahrene Beklagte hat noch vor ihrer Abreise nach U. am 2. September 1999 dem Landgericht per Fax und Brief eine Stellungnahme in einer Kostenfestsetzungssache bezüglich des landgerichtlichen Teilurteils zukommen lassen. Daher hätte es bei sorgfältiger Beachtung ihrer eigenen prozessualen Belange nahegelegen, sich noch vor der Abreise bei ihren Prozeßbevollmächtigten nach dem für sie wesentlichen Ergebnis des Verkündungstermins vom 11. August 1999 zu erkundigen. Wenn sie aber ohne eine solche - schon zu diesem Zeitpunkt naheliegende - Nachfrage ins Ausland verreiste, so mußte sie zumindest sicherstellen, daß sie für ihre Anwälte erreichbar blieb, oder rechtzeitig von sich aus in der Folgezeit mit ihnen Kontakt wegen der verkündeten Entscheidung und des Laufes der Rechtsmittelfrist aufnehmen (Sen.Beschl. v. 19. Dezember 1994 - II ZR 174/94, VersR 1995, 810, 811 m.w.N.). Dies galt um so mehr, als nach Aktenlage ihre erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten offensichtlich nicht ohne ausdrückliche schriftliche Ermächtigung zur Veranlassung der Einlegung der Berufung im Falle eines die Widerklage abweisenden Urteils bevollmächtigt waren, die Beklagte mithin nicht davon ausgehen konnte, diese würden das Erforderliche von sich aus ohne erneute Rücksprache veranlassen. Daß der Beklagten eine telefonische oder telegrafische Kontaktaufnahme zu ihren erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vor Ablauf der Berufungsfrist aus U. nicht möglich gewesen wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die von der Beklagten vorgetragene Reiseunfähigkeit bis zum 10. Oktober 1999 infolge einer Kniegelenksentzündung mit entsprechender Bewegungseinschränkung hinderte ledig-
lich die vorzeitige Heimkehr, nicht jedoch die zumutbare Erkundigung bei ihren Rechtsanwälten. Der Beklagten war es sogar bei früherer Gelegenheit, als sie sich unmittelbar nach dem erlittenen Verkehrsunfall schwerverletzt in ärztlicher Behandlung in U. befand, ohne weiteres möglich, telefonisch Kontakt mit der Geschäftsstelle des Landgerichts aufzunehmen, um eine Fristverlängerung zur Stellungnahme in der bereits erwähnten Kostenfestsetzungssache zu erreichen. Dann konnte von ihr erst recht erwartet werden, daß sie sich rechtzeitig über den Inhalt der Entscheidung vom 11. August 1999 und eine etwaige Rechtsmittelfrist bei ihren Rechtsanwälten telefonisch oder telegrafisch erkundigte. Blieb sie - wie geschehen - statt dessen untätig, so wendete sie nicht die Sorgfalt auf, die man verständigerweise von ihr erwarten konnte. Damit trifft sie ein Verschulden, das eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt (Sen. aaO, S. 611; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20. März 1991 - XII ZB 129/90, VersR 1992, 119).
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke
(1) Der Mahnbescheid enthält:
- 1.
die in § 690 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Erfordernisse des Antrags; - 2.
den Hinweis, dass das Gericht nicht geprüft hat, ob dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch zusteht; - 3.
die Aufforderung, innerhalb von zwei Wochen seit der Zustellung des Mahnbescheids, soweit der geltend gemachte Anspruch als begründet angesehen wird, die behauptete Schuld nebst den geforderten Zinsen und der dem Betrag nach bezeichneten Kosten zu begleichen oder dem Gericht mitzuteilen, ob und in welchem Umfang dem geltend gemachten Anspruch widersprochen wird; - 4.
den Hinweis, dass ein dem Mahnbescheid entsprechender Vollstreckungsbescheid ergehen kann, aus dem der Antragsteller die Zwangsvollstreckung betreiben kann, falls der Antragsgegner nicht bis zum Fristablauf Widerspruch erhoben hat; - 5.
für den Fall, dass Formulare eingeführt sind, den Hinweis, dass der Widerspruch mit einem Formular der beigefügten Art erhoben werden soll, das auch bei jedem Amtsgericht erhältlich ist und ausgefüllt werden kann, und dass für Rechtsanwälte und registrierte Personen nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes § 702 Absatz 2 Satz 2 gilt; - 6.
für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird, mit dem Hinweis, dass diesem Gericht die Prüfung seiner Zuständigkeit vorbehalten bleibt.
(2) An Stelle einer handschriftlichen Unterzeichnung genügt ein entsprechender Stempelabdruck oder eine elektronische Signatur.
Ist Widerspruch nicht erhoben und beantragt der Antragsteller den Erlass des Vollstreckungsbescheids nicht binnen einer sechsmonatigen Frist, die mit der Zustellung des Mahnbescheids beginnt, so fällt die Wirkung des Mahnbescheids weg. Dasselbe gilt, wenn der Vollstreckungsbescheid rechtzeitig beantragt ist, der Antrag aber zurückgewiesen wird.