Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2013 - IV ZR 307/12

bei uns veröffentlicht am30.10.2013
vorgehend
Landgericht Bremen, 6 O 311/11, 26.04.2012
Landgericht Bremen, 3 U 32/12, 27.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 307/12
vom
30. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 402; ZPO § 397; AVB private Krankenversicherung
(hier MB/KK 2009) § 1 Teil I (2)
1. Hat das Gericht erster Instanz dem Antrag einer Partei auf Ladung des
Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens in mündlicher Verhandlung
zu Unrecht nicht entsprochen, muss das Berufungsgericht dem im
zweiten Rechtszug wiederholten Antrag stattgeben. Anderenfalls verletzt es
den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör (Fortführung des Senatsbeschlusses
vom 15. März 2006 - IV ZR 182/05, VersR 2006, 950 Rn. 6-8).
2. Zu den Anforderungen an die Erfolgsaussichten einer alternativen Behandlungsmethode
für die Beurteilung ihrer medizinischen Notwendigkeit bei unheilbarer
, lebenszerstörender Krankheit des Versicherungsnehmers (hier:
Immunbehandlung eines metastasierenden Prostatakarzinoms mit dendritischen
Zellen).
BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - IV ZR 307/12 - OLG Bremen
LG Bremen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die
Richterin Dr. Brockmöller
am 30. Oktober 2013

beschlossen:
Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 27. August 2012 zugelassen.
Der vorbezeichnete Beschluss wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: bis 45.000 €.

Gründe:


1
I. Der an einem Prostatakarzinom im fortgeschrittenen Stadium (u.a. mit Skelettmetastasierung) erkrankte Kläger, der bei der Beklagten eine private Krankenversicherung unterhält, begehrt die Feststellung, die Beklagte müsse ihm die Kosten für eine Immuntherapie mit autologen Tumor-Antigen-geprimten dendritischen Zellen erstatten.
2
Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Musterbedingungen (MB/KK 2009) bestimmen unter anderem: "§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes Teil I (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten , Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er erbringt, sofern vereinbart, damit unmittelbar zusammenhängende zusätzliche Dienstleistungen. Im Versicherungsfall erbringt der Versicherer
a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen, (...) (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. (...) (…) § 4 Umfang der Leistungspflicht Teil I (...) (6) Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs - oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel , die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso Erfolg versprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre."
3
Vom Klinikum für angewandte Zelltherapie der Universitätsklinik Schleswig-Holstein (UKSH) wurde dem Kläger als Behandlungs-Option eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen (sog. Kieler Impfstoff ) angeboten. Bei dieser neuen, schulmedizinisch noch nicht etablierten und auch noch nicht vollständig erforschten Behandlungsmethode werden aus dem Blut des Patienten Monozyten entnommen, mit einer Karzinomzelllinie stimuliert und nach sechstägiger Kultivierung wieder zurückgeimpft. Ziel ist es dabei, eine Immunreaktion gegen die Tumorzellen zu induzieren und so einen Tumorregress mit fallenden Tumormarkern zu bewirken.
4
Die vom Kläger unter Vorlage eines Behandlungsplans und eines Kostenvoranschlags über 53.400 € für eine einjährige Therapie beantrag- te Kostenübernahme lehnte die Beklagte ab, weil diese Behandlung medizinisch nicht notwendig sei.

5
Der Kläger verweist auf erste in klinischen Studien beschriebene Erfolge der von ihm gewünschten Therapie und darauf, dass sich bisher angewendete konservative Behandlungsmaßnahmen als ungeeignet erwiesen hätten, das Fortschreiten seiner Krebserkrankung einzudämmen. Die neue Immuntherapie sei mithin ungeachtet dessen, dass sie noch nicht schulmedizinisch etabliert sei, als medizinisch notwendige Heilbehandlung anzusehen.
6
Das Landgericht hat die Klage ab-, das Berufungsgericht die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und darin ausgeführt, der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die gewünschte Behandlung medizinisch notwendig sei. Der vom Landgericht beauftragte medizinische Sachverständige habe überzeugend dargelegt , dass ihre Wirksamkeit ungeachtet des hoffnungsvollen wissenschaftlichen Ansatzes medizinisch bisher nicht belegt sei. Es fehle noch an ausreichenden Daten, die eine Aussage darüber zuließen, ob sich die Methode in der Praxis ebenso bewährt habe wie schulmedizinisch anerkannte Behandlungsmethoden. Der Sachverständige habe im Übrigen festgestellt, dass letztere beim Kläger noch nicht ausgeschöpft seien.
7
Soweit sich der Kläger in seiner Stellungnahme vom 21. November 2011, mit welcher er auch die Anhörung des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht beantragt hatte, auf zwei behandelnde Ärzte als Zeugen berufen habe, fehle es mit Blick auf § 411 Abs. 4 ZPO bereits an der Benennung eines konkreten Beweisthemas und einem substantiierten Angriff auf die Feststellungen des Sachverständigen. Der Beweisantritt ziele auf einen reinen Ausforschungsbeweis , weshalb es das Landgericht zu Recht abgelehnt habe, die genannten Zeugen zu hören und den Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung anzuhören.
8
II. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisenden Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Kläger schon deshalb in entscheidungserheblicher Weise in seinem Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), weil weder das Landgericht noch das Berufungsgericht dem Antrag des Klägers auf Anhörung des Sachverständigen in mündlicher Verhandlung stattgegeben haben.
9
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob zu erwarten ist, dass der Gutachter seine Auffassung ändert. Weiter ist unerheblich, ob das schriftliche Gutachten Mängel aufweist. Die Parteien haben zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für wesentlich erachten, in einer mündlichen Anhörung stellen können. Dieses Antragsrecht der Parteien besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (BGH, Beschlüsse vom 15. März 2006 - IV ZR 182/05, VersR 2006, 950 Rn. 6 m.w.N.; vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04, VersR 2005, 1555 unter 2 a m.w.N. und ständig). Hat das Gericht erster Instanz einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung nicht entsprochen, so muss das Berufungsgericht dem im zweiten Rechtszug wiederholten Antrag stattgeben (BGH, Beschluss vom 15. März 2006 aaO; Urteil vom 24. Oktober 1995 - VI ZR 13/95, VersR 1996, 211 f.). Dabei kann von der Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht.
10
2. Anders als das Berufungsgericht meint, bot der mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 21. November 2011 gestellte Antrag, den Sachverständigen in mündlicher Verhandlung anzuhören, nach den vorgenannten Maßstäben ausreichenden Anlass, den Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung zu laden. Der Kläger hat darin zu erkennen gegeben , dass er den Sachverständigen ergänzend zu den Erfolgsaussichten der aufgezeigten schulmedizinischen Behandlungsalternativen und zu seiner Befähigung, die Erfolgsaussichten der Behandlung mit dendritischen Zellen einzuschätzen, befragen wollte. Der Sachverständige sollte sich ferner dazu äußern, inwieweit die in den Vereinigten Staaten von Amerika mit einem ähnlichen - älteren - Impfstoff gewonnenen Erfahrungen im Rahmen der Erfolgsprognose zu bewerten seien.
11
3. Der Kläger hat im Berufungsverfahren nicht wirksam auf die Anhörung des Sachverständigen verzichtet. Zwar hat sein Prozessbevollmächtigter in einem mit dem Berichterstatter des Berufungsgerichts geführten Telefonat unstreitig geäußert, der Kläger habe eine Therapie begonnen und lege auf eine mündliche Verhandlung keinen großen Wert; der nachfolgenden schriftlichen Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 17. Juli 2012 war jedoch zu entnehmen, dass an dem Antrag, den Sachverständigen in mündlicher Verhandlung anzuhören, festgehalten worden ist.
12
III. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
13
1. Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, knüpft § 1 Teil I (2) MB/KK 2009 bei der Beschreibung des Versicherungsfalls mit dem Begriff "medizinisch notwendige Heilbehandlung" - auch für den Versicherungsnehmer erkennbar - nicht an den Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem behandelnden Arzt und die nach diesem Vertrag geschuldete medizinische Heilbehandlung an. Vielmehr wird damit ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt (Senatsurteile vom 10. Juli 1996 - IV ZR 133/95, BGHZ 133, 208, 212 zu den insoweit gleichlautenden Bestimmungen der MB/KK 76; vom 14. Dezember 1977 - IV ZR 12/76, VersR 1978, 271 unter II 1). Diese objektive Anknüpfung bedeutet zugleich , dass es für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht auf die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht allein auf die seines behandelnden Arztes ankommen kann (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 aaO S. 212 f. m.w.N.). Gegenstand der Beurteilung können nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Demgemäß liegt eine "medizinisch notwendige" Heilbehandlung i.S. des § 1 Teil I (2) MB/KK 76 jedenfalls dann vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (Senatsurteile vom 10. Juli 1996 aaO, vom 29. November 1978 - IV ZR 175/77, VersR 1979, 221 unter III; vom 29. Mai 1991 - IV ZR 151/90, VersR 1991, 987 unter 2 a und ständig).
14
a) Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung ist im Allgemeinen dann auszugehen, wenn sich eine Behandlungsmethode dazu eignet, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 1996 aaO S. 214; vom 17. Dezember 1986 - IVa ZR 78/85, BGHZ 99, 228, 233 f.). Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, ist der Versicherer eintrittspflichtig.
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b) Leidet der Versicherungsnehmer an einer unheilbaren Krankheit , bei der es selbst für eine auf die Verhinderung einer Verschlimmerung abzielende Heilbehandlung keine in der Praxis angewandte Behandlungsmethode gibt, die sich nach medizinischen Erkenntnissen zur Herbeiführung wenigstens dieses Behandlungszieles eignet, kommt jeder gleichwohl durchgeführten Behandlung zwangsläufig Versuchscharakter zu und kann der Nachweis medizinischer Eignung naturgemäß nicht geführt werden (vgl. zur Behandlung multipler Sklerose, Senatsurteil vom 2. Dezember 1981 - IVa ZR 206/80, VersR 1982, 285 unter III, 4). Das schließt indessen die Annahme der medizinischen Notwendigkeit einer solchen Behandlung jedenfalls dann nicht aus, wenn die Behandlung auf eine schwere, lebensbedrohende oder gar lebenszerstörende Krankheit zielt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird § 1 Teil I (2) MB/KK 2009 einen solchen Ausschluss nicht entnehmen, sondern die Klausel dahin verstehen, dass bei einer unheilbaren, lebenszerstörenden Krankheit auch eine Heilbehandlung als notwendig anzusehen ist, der zwar noch Versuchscharakter anhaftet, die aber jedenfalls - medizinisch begründbar - Aussicht auf Heilung oder Linderung verspricht (vgl. zu § 1 Abs. 2 MB/KK 76; Senatsurteil vom 10. Juli 1996 aaO S. 214 f.).
16
In diesem Verständnis bestärkt ihn die in § 4 Teil I (6) MB/KK 2009 getroffene Regelung über den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers. Danach leistet dieser nicht nur für Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind oder sich in der Praxis als ebenso Erfolg versprechend bewährt haben, sondern auch für Methoden oder Arzneimittel, die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen (§ 4 Teil I (6), Satz 2 Halbsatz 1, letzte Alternative MB/KK 2009).
17
c) Demgemäß kann bei einer lebensbedrohenden oder gar lebenszerstörenden , unheilbaren Erkrankung des Versicherungsnehmers nicht mehr darauf abgestellt werden, ob sich die gewünschte Behandlung zur Erreichung des vorgegebenen Behandlungsziels tatsächlich eignet. Vielmehr ist in solchen Fällen die objektive Vertretbarkeit der Behandlung bereits dann zu bejahen, wenn sie nach medizinischen Erkenntnissen im Zeitpunkt ihrer Vornahme als wahrscheinlich geeignet angesehen werden konnte, auf eine Verhinderung der Verschlimmerung der Erkrankung oder zumindest auf ihre Verlangsamung hinzuwirken. Dabei ist nicht einmal zu fordern, dass der Behandlungserfolg näher liegt als sein Ausbleiben. Vielmehr reicht es aus, wenn die Behandlung mit nicht nur ganz geringer Erfolgsaussicht die Erreichung des Behandlungsziels als möglich erscheinen lässt (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 aaO S. 215).
18
Das setzt lediglich voraus, dass die gewählte Behandlungsmethode auf einem nach medizinischen Erkenntnissen nachvollziehbaren An- satz beruht, der die prognostizierte Wirkweise auf das angestrebte Behandlungsziel zu erklären vermag, sie somit zumindest wahrscheinlich macht. Einer solchen Annahme steht nicht entgegen, dass eine Behandlungsmethode noch nicht in der medizinischen Literatur nach wissenschaftlichem Standard dokumentiert und bewertet worden ist. Liegen entsprechende Veröffentlichungen vor, können sie zwar für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung bedeutsam sein; andererseits kann auf eine bisher fehlende Veröffentlichung die Verneinung der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung nicht gestützt werden (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 aaO). Für die Beurteilung der Behandlungsmethode kann es ausreichen, wenn diese vor der Behandlung des Versicherungsnehmers bereits anderweitig erprobt worden ist. Haben entsprechende Behandlungen schon zuvor in einer solchen Anzahl stattgefunden, die Aussagen jedenfalls darüber zulässt, ob die Behandlung die mit ihr erstrebte Wirkung wahrscheinlich zu erreichen geeignet ist, kann darin ein besonders aussagekräftiger Umstand für die Beurteilung der Notwendigkeit der Heilbehandlung zu erkennen sein.
19
2. Diesen Maßstäben wird die bisherige Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vollen Umfangs gerecht.
20
Leidet - wie hier - der Versicherungsnehmer an einer fortgeschrittenen , lebenszerstörenden Erkrankung, hängen die Anforderungen, die an die Erfolgsaussichten der von ihm gewünschten Behandlung zu stellen sind, maßgeblich davon ab, ob auch geeignete schulmedizinische Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen.
21
a) Das Berufungsgericht hat sich in dieser Frage der Entscheidung des sachverständig beratenen Landgerichts angeschlossen. Danach wa- ren zum beabsichtigten Zeitpunkt der Behandlung des Klägers im Dezember 2010 die schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft, weil der Kläger nach den Darlegungen des Sachverständigen noch mit radioaktiven Nukleiden, ferner mit Mitoxantron oder auch hormonell (durch sekundäre Hormonmanipulation sowie Östrogene) hätte behandelt werden können.
22
b) Das greift allerdings deshalb zu kurz, weil die vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Feststellungen des Landgerichts nicht hinreichend ausweisen, welchem Ziel die genannten Behandlungsansätze jeweils dienen und welchen Erfolg sie versprechen. Dies ist deshalb entscheidend , weil davon abhängt, ob der Kläger sich auf schulmedizinisch etablierte Behandlungen verweisen lassen muss.
23
aa) Die Bestimmung der Leistungspflicht des Versicherers hat sich in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung des Versicherungsnehmers auch daran zu orientieren, was einerseits anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen zu leisten vermögen und andererseits die alternative, vom Versicherungsnehmer gewünschte Behandlung zu leisten vorgibt.
24
Dazu ist zunächst das konkrete Behandlungsziel der in Betracht kommenden schulmedizinsch anerkannten Maßnahmen zu klären und dabei zwischen der Heilung einer Krankheit, der Verhütung ihrer Verschlimmerung und der Linderung von Krankheitsbeschwerden zu unterscheiden. Als vorrangiges Behandlungsziel ist nach Möglichkeit stets die Heilung der Krankheit anzustreben, während die Verhütung einer Verschlimmerung oder die bloße Linderung von Krankheitsbeschwerden regelmäßig nachrangige Behandlungsziele sind. Bietet die Schulmedizin nur noch palliative, d.h. auf eine Reduzierung der Krankheitsfolgen gerichtete , Therapien an, weil sie jede Möglichkeit kurativer Behandlung als aussichtslos erachtet, kommt die Notwendigkeit einer Alternativbehandlung schon dann in Betracht, wenn sie eine durch Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinaus reichenden Erfolg bietet. Der an einer schweren lebensbedrohlichen oder lebenszerstörenden Krankheit leidende Versicherte kann nicht auf lediglich der Eindämmung oder Linderung von Krankheitsbeschwerden dienende Standardtherapien verwiesen werden, wenn eine Alternativbehandlung die nicht ganz entfernte Aussicht auf weitergehende Heilung bietet (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 1996 aaO S. 214 f.).
25
bb) Das Landgericht hat den medizinischen Sachverständigen lediglich pauschal befragt, ob für die Behandlung des Klägers noch schulmedizinische Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stünden. Das Gutachten hat sich demzufolge darauf beschränkt, mehrere in der Schulmedizin etablierte Methoden und Wirkstoffe zu benennen, die im Falle des Klägers noch einsetzbar gewesen wären. Eine Unterscheidung nach Behandlungszielen und Erfolgsaussichten der genannten Verfahren ist dabei nicht getroffen worden. Folglich kann auch den gerichtlichen Feststellungen dazu nichts entnommen und auf dieser Grundlage bislang nicht entschieden werden, ob sich der Kläger auf diese Heilbehandlungen verweisen lassen muss; denn möglicherweise sind sie sämtlich darauf gerichtet, eine Metastasierung zu verlangsamen und Schmerzen zu lindern. Damit kann bisher noch nicht ausgeschlossen werden, dass sich der mögliche Erfolg schulmedizinischer Maßnahmen nur noch auf eine Verzögerung des Todeseintritts um wenige Monate bei gelinderten Schmerzen beschränkt.
26
3. Das Berufungsgericht ist bisher davon ausgegangen, die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die vom Kläger gewünschte Behandlung hänge davon ab, dass sie sich über eine gewisse Dauer bewährt habe und Erfolge vorweisen könne, die denjenigen Erfolgen, die mit überwiegend anerkannten schulmedizinischen Methoden oder Arzneimitteln erzielt wurden, gleichstünden. Sollte die neue Verhandlung ergeben, dass im Dezember 2010 für den Kläger nur noch schulmedizinisch etablierte Behandlungen und Mittel zur Verfügung gestanden hätten, auf die er sich nach dem oben Gesagten nicht mehr verweisen lassen muss, schiede ein Vergleich mit den Erfolgen dieser Behandlungsmethoden naturgemäß aus (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 30. Oktober 2002 - IV ZR 60/01, BGHZ 152, 262, 266). Für die Notwendigkeit der Behandlung mit dendritischen Zellen reichte es dann ungeachtet des bisherigen Versuchscharakters dieser Methode aus, wenn sie - mittels Indizien medizinisch begründbar - eine nur wahrscheinliche Aussicht auf Heilung verspräche. Dafür könnten unter Umständen auch die Ergebnisse der vom Sachverständigen erwähnten Pilotstudie und Erfahrungen der die Behandlung mit dendritischen Zellen erforschenden Ärzte herangezogen werden. Diesbezüglich wird das Berufungsgericht weitere Feststellungen zu treffen haben.

Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 26.04.2012- 6 O 311/11 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 27.08.2012- 3 U 32/12 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

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(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

6
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob gar zu erwarten ist, dass der Gutachter seine Auffassung ändert. Die Parteien haben zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich halten, in mündlichen Anhörung stellen können. Dieses Antragsrecht der Parteien besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - VersR 2005, 1555 unter 2 a m.w.N.; BGHZ 6, 398, 400 f.; 24, 9, 14 und ständig). Hat das Landgericht einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung nicht entsprochen, so muss das Berufungsgericht dem im zweiten Rechtszug wiederholten Antrag stattgeben (BGH, Urteil vom 24 Oktober 1995 - VI ZR 13/95 - VersR 1996, 211 f.). Dabei kann von der Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (BGHZ 24, 9, 14).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 245/04
vom
10. Mai 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat das Erstgericht dem rechtzeitig gestellten Antrag einer Partei auf erstmalige
mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen nicht entsprochen, kann die
Bindung des Berufungsgerichts an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten
Tatsachen entfallen. Ist dies der Fall, muß das Berufungsgericht dem in zweiter
Instanz wiederholten Antrag auf Ladung des Sachverständigen stattgeben.
BGH, Beschluß vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 28. Juli 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 40.903,35 €

Gründe:


1. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Einer Zulassung der Revision bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschluß vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - zur Veröffentlichung bestimmt).
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, daß das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft von einer mündlichen Befragung der gerichtlichen Sachverständigen abgesehen hat.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Frage , ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob gar zu erwarten ist, daß der Gutachter seine Auffassung ändert. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, daß sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (vgl. u.a. Senatsurteile vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 - VersR 1997, 509 ff.; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - VersR 1998, 342; vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120, 121 f.). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (st. Rspr., vgl. BGHZ 6, 398, 400 f.; 24, 9, 14; Senatsurteile vom 24. Oktober 1995 - VI ZR 13/95 - VersR 1996, 211, 212; vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 - aaO und vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - VersR 1998, 342, 343 und vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - VersR 2003, 926). Hat das Landgericht einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens nicht entsprochen, so muß das Berufungsgericht dem im zweiten Rechtszug wiederholten Antrag stattgeben (Senatsurteil vom 24. Oktober 1995 - VI ZR 13/95 - aaO). Dabei kann von der Partei , die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, daß sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt , im voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (BGHZ 24, 9, 14 f.).

b) Diesen Anforderungen genügte das Vorbringen des Klägers. Mit Recht verweist die Nichtzulassungsbeschwerde darauf, daß der Kläger im ersten Rechtszug mehrfach die Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. H. zur Erläuterung seines Gutachtens beantragt hat. Der erste Antrag ist unmittelbar nach Eingang des schriftlichen Gutachtens gestellt worden. Mit Beweisbeschluß vom 26. August 2002 hat das Landgericht den Sachverständigen um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme zur postoperativen Behandlung gebeten. Nach Eingang der Stellungnahme vom 18. November 2002 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2002 eine Reihe von Fragen gestellt und erneut beantragt, den Sachverständigen nach seiner (schriftlichen) Stellungnahme zur mündlichen Erläuterung seiner Begutachtung zu laden, wobei er darauf hingewiesen hat, daß dieser Antrag nur dann aufrechterhalten werde, wenn nach der Ergänzung des Gutachtens bzw. einer weiteren Ergänzung noch Fragen blieben. Das Landgericht hat dem Sachverständigen die vom Kläger gestellten Fragen durch Auflagen- und Beweisbeschluß vom 20. Januar 2003 teilweise vorgelegt und ihn dazu um eine weitere Stellungnahme gebeten. Die erbetene ergänzende Stellungnahme ist unter dem 10. März 2003 erfolgt. Daraufhin hat das Landgericht den Parteien mit Verfügung vom 9. April 2003, zugestellt am 22. April 2003, eine Frist zur Stellungnahme von drei Wochen gesetzt. Am 8. Mai 2003, also nur 16 Tage nach Zustellung dieser Verfügung, hat das Landgericht Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 22. Mai 2003 anberaumt, ohne den Sachverständigen zu laden. Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2003, bei Gericht eingegangen am 9. Mai 2003, hat der Kläger erneut beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens sowie seines Ergänzungsgutachtens zu laden. Dem hat das Landgericht nicht entsprochen. Am 22. Mai 2003 ist zum letzten Mal mündlich verhandelt worden. Mit Urteil vom 26. Juni 2003 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger u.a. die Verletzung von §§ 397, 402 ZPO gerügt und
erneut beantragt, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seiner Begutachtung zu laden. Diesem Antrag hat das Berufungsgericht nicht stattgegeben.
c) Schon das Landgericht hätte den Sachverständigen laden müssen. War mithin das Verfahren in erster Instanz verfahrensfehlerhaft, so war das Berufungsgericht an die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil nicht gebunden. Es hätte seinerseits den Sachverständigen laden müssen. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Recht der Partei auf mündliche Anhörung des medizinischen Sachverständigen haben auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozeßreformgesetz - ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887) ihre Gültigkeit behalten. Das Berufungsgericht durfte die auf Grund des Gutachtens getroffenen Feststellungen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen. Zwar ist ein Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 ZPO grundsätzlich an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden. Diese Bindung entfällt aber, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO). Dabei können sich konkrete Anhaltspunkte auch aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 - VersR 2004, 1177, 1178, zur Veröffentlichung in BGHZ 159, 245 bestimmt; BGH, Urteile vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - WM 2004, 845, 846, zur Veröffentlichung in BGHZ 158, 269 bestimmt und vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ 158, 295 bestimmt; Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 14/4722, S. 100; MünchKommZPO/Aktualisierungsband-Rimmelspacher , aaO, § 529 Rdn. 12; Rimmelspacher, NJW-Sonderheft aaO, 11, 15; derselbe, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Wurden
Tatsachenfeststellungen auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen, kann auch die Unvollständigkeit des Gutachtens Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen wecken (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - NJW 2003, 3480, 3481 und vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03 - VersR 2004, 1477, zur Veröffentlichung in BGHZ 159, 254 bestimmt ; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 18; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 9).
d) Hiernach begründeten im Streitfall konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Vollständigkeit der Feststellungen. Das Landgericht hat den Sachverständigen nicht zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens geladen, obwohl der Kläger dies mehrfach beantragt hatte. Das Recht der Partei, den Sachverständigen persönlich zu hören und diesem auch selbst Fragen zu stellen, bezieht sich auf medizinische Fragen, die für die Entscheidung erheblich sind und für die Erläuterungsbedarf geltend gemacht wird (vgl. OLG Oldenburg, NJWRR 1999, 178, 179). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedarf der Antrag auf Ladung des Sachverständigen keiner besonderen Begründung. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Sachverständige nicht nur ein Erstgutachten, sondern - wie im Streitfall - ein Ergänzungsgutachten erstattet hat. Beschränkungen des Antragsrechts ergeben sich nur aus den Gesichtspunkten des Rechtsmißbrauchs und der Prozeßverschleppung (Senatsurteil vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - aaO). Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles nimmt ersichtlich auch das Berufungsgericht nicht an. Ist dem Antrag in erster Instanz nicht entsprochen worden, bedarf es in zweiter Instanz entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keiner Darlegung dazu, weshalb die unterbliebene Anhörung für die angefochtene Entscheidung ursächlich gewesen sei.
3. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei der gebotenen Klärung zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre , war das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird bei der neuen Verhandlung und Entscheidung auch das weitere Vorbringen des Klägers im Revisionsrechtszug zu berücksichtigen haben.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 60/01 Verkündet am:
30. Oktober 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
AVB f. Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 94)
§ 4 (6) MB/KK 94 hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, § 307 Abs. 1 und 2
BGB stand.
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2002 - IV ZR 60/01 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert und die Richterinnen
Ambrosius und Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2002

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 9. Zivilsenat, vom 23. Januar 2001 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 20. August 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, 22a AGBG, §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen ist. Der Beklagte ist ein bundesweit tätiges Krankenversicherungsunternehmen. Er verwendet Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung

(AVB). In deren Teil I heißt es unter anderem (insoweit wortgleich mit entsprechenden Bestimmungen in den empfohlenen Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung/MB/KK 94): "§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten , Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall
a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen , ... (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen ... (3) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinbarungen , den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen mit Anhang, Tarif mit Tarifbedingungen) sowie den gesetzlichen Vorschriften ...
§ 4 Umfang der Leistungspflicht I. ... (2) Der versicherten Person steht die Wahl unter den niedergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten frei. Soweit die Tarifbedingungen nichts anderes bestimmen, dürfen Heilpraktiker im Sinne des deutschen Heilpraktikergesetzes in Anspruch genommen werden ...

(6) Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs - oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre." Der Kläger hält § 4 I (6) AVB mit Ausnahme des letzten Halbsatzes wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG für unwirksam und nimmt den Beklagten im Wege der Verbandsklage auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht (NVersZ 2000, 274) und das Oberlandesgericht (VersR 2001, 849) haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Die beanstandete Klausel ist wirksam. Sie hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, § 307 Abs. 1 und 2 BGB n.F. stand.
I. Das Berufungsgericht nimmt an, die beanstandete Klausel sei nicht gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle entzogen. Bei der im Verbandsprozeß vorzunehmenden kundenfeindlichsten Auslegung sei § 4 I

(6) Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 AVB ("oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen") dahin zu verstehen, daß bei unheilbaren und/oder wenig erforschten Krankheiten die Kosten alternativer Methoden nur dann übernommen würden, wenn keine schulmedizinischen Ansätze vorhanden seien. Da schwer vorstellbar sei, daß es Krankheiten gebe, zu deren Behandlung überhaupt kein schulmedizinischer Ansatz vorhanden sei, führe die Klausel bei den genannten Krankheiten praktisch zu einem Ausschluß für Leistungen auf Kosten alternativer Methoden. Dies stelle eine wesentliche Einschränkung der vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmers dar, die den Vertragszweck im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG gefährde. Die Klausel verstoße auch gegen das Transparenzgebot. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht durchschaubar, daß der Beklagte entgegen der umfassenden Leistungszusage in § 1 I (1), (2) AVB eine Leistungspflicht uneingeschränkt nur bei Kosten schulmedizinischer Behandlungen übernehmen, Kosten alternativ-medizinischer Methoden jedoch nur bei vom Versicherungsnehmer zu beweisender Gleichwertigkeit, bei unheilbaren und/oder unerforschten Krankheiten dagegen überhaupt nicht erstatten wolle.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht darin, daß § 8 AGBG, jetzt § 307 Abs. 3 BGB n.F., die Kontrolle nicht hindert, weil die Klausel das schon in § 1 I (1), (2) AVB gegebene Hauptleistungsversprechen durch nähere Konkretisierung ausgestaltet. Solche Klauseln sind kon-

trollfähig (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 1 a und 2 und vom 22. November 2000 - IV ZR 235/99 - VersR 2001, 184 unter A II 1).
2. Das Berufungsgericht hat auch richtig gesehen, daß vor der Prüfung der Klausel ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Auch im Verbandsklageverfahren rechtfertigen danach theoretisch denkbare, praktisch aber völlig fernliegende und nicht ernstlich in Betracht zu ziehende Auslegungsmöglichkeiten kein Klauselverbot (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1998 - III ZR 226/97 - NJW 1999, 276 unter 3 b, aa m.w.N.; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 5 Rdn. 6, 26).

b) Danach ist die Klausel wie folgt auszulegen.
aa) § 4 I (6) Satz 1 AVB regelt die Leistungspflicht für Untersuchungs - oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Nach Satz 2 Halbs. 1 umfaßt die Leistungspflicht "darüber hinaus" in zwei Fällen auch andere Methoden und Arzneimittel.

bb) Die 1. Alternative in Satz 2 betrifft die Erstattung von Aufwendungen , die bei einer Heilbehandlung unter Anwendung von Methoden und Arzneimitteln der alternativen Medizin entstehen. Das ergibt sich für den verständigen Versicherungsnehmer ohne weiteres schon aus der Gegenüberstellung von Satz 1 und der nunmehr gewählten Umschreibung der Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben. Aus dem Erfordernis der auf Satz 1 verweisenden "ebenso erfolgversprechenden" Bewährung in der Praxis entnimmt der Versicherungsnehmer zweierlei. Zum einen müssen Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich aufgrund praktischer Erfahrung grundsätzlich geeignet sein, den angestrebten Erfolg der Heilbehandlung im Sinne des § 1 (1), (2) AVB (vgl. dazu BGHZ 133, 208, 211) ebenso zu bewirken wie Methoden und Arzneimittel der Schulmedizin. Zum anderen kommt es nur auf die gleiche Erfolgsprognose ("erfolgversprechend") und nicht darauf an, daß sich die Heilbehandlungen etwa in Art, Ausführung und Dauer gleichen.
cc) Die 2. Alternative bezieht sich demgemäß auf Heilbehandlungen , für die zum einen keine schulmedizinischen Methoden und Arzneimittel im Sinne von Satz 1 und zum anderen keine ebenso erfolgversprechenden anderen Methoden und Arzneimittel im Sinne der 1. Alternative von Satz 2 Halbs. 1 zur Verfügung stehen. Gibt es aber weder schulmedizinisch überwiegend anerkannte noch andere ebenso erfolgversprechende Methoden und Arzeimittel, wird der Versicherungsnehmer den Anwendungsbereich der 2. Alternative auf Methoden und Arzneimittel beziehen, die insbesondere im Bereich der unheilbaren oder unerforschten Krankheiten angewandt werden, gleichviel ob die Behand-

lungsansätze der Schulmedizin oder der Alternativmedizin zuzuordnen sind.
Danach ist für den vom Berufungsgericht gewählten Auslegungsansatz von vornherein kein Raum. Denn seine Auslegung würde zu dem einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht mehr verständlichen und sinnwidrigen Ergebnis führen, daß das in Satz 2 Halbsatz 1 enthaltene Leistungsversprechen für Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin für die 2. Alternative ohne jeden Inhalt wäre.
3. In dieser Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle stand. Der Prüfung ist einerseits § 307 Abs. 1 und 2 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung zugrunde zu legen, weil der erhobene Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00 - WM 2002, 1989 unter II 1). Andererseits ist auch § 9 AGBG noch zu beachten, da eine Verurteilung, die Verwendung der Klausel zu unterlassen, den Beklagten auch daran hindern würde, sich bei der Abwicklung früher geschlossener Verträge auf die Klausel zu berufen (vgl. BGHZ 127, 35, 38; BGH, Urteil vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 - NJW 2002, 2386 unter II). Die beanstandete Klausel hat weder eine Gefährdung des Vertragszwecks noch sonst eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers zur Folge (ebenso OLG Köln VersR 2001, 851; für eine Wirksamkeit der Klausel ferner OLG Frankfurt VersR 2001, 848 und OLG Karlsruhe VersR 2001, 180), auch nicht in Form eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot.

a) Die Regelung über die Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel , die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind oder die

sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben, ist nicht zu beanstanden. Sie beachtet die Anforderungen im Senatsurteil vom 23. Juni 1993 (BGHZ 123, 83, 88, 92).
Danach entspricht es dem billigenswerten Interesse des Versicherers wie den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers, daß nur Kosten für diejenigen Behandlungsmethoden erstattet werden, die sich in der Praxis als erfolgversprechend bewährt haben, wenn solche Methoden für die zu behandelnde Krankheit zur Verfügung stehen. Das sind einerseits Methoden, die in der Schulmedizin zumindest überwiegende Anerkennung gefunden haben, andererseits Methoden der alternativen Medizin, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben.
Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers liegt auch nicht darin, daß er darlegen und beweisen muß, daß die angewandten Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben wie die der Schulmedizin. Seiner Darlegungslast kann er zunächst dadurch genügen , daß er eine Stellungnahme des behandelnden Arztes vorlegt. Demgegenüber wird der Versicherer, der dennoch die Leistung verweigert, dies redlicherweise zu begründen haben. Beweisen muß der Versicherungsnehmer im Streitfall nur das, was er auch ohne die beanstandete Klausel zu beweisen hätte, daß nämlich die Heilbehandlung medizinisch notwendig war im Sinne von § 1 I (2) AVB (vgl. BGHZ 133, 208, 211). Er hat darüber hinaus auch sonst zu beweisen, daß seine Aufwendungen für die Behandlung unter den Umfang des Versicherungsschutzes fallen

(§ 1 I (3) AVB und die dort genannten weiteren Vereinbarungen und Bestimmungen

).



b) Die Regelung über die Leistungspflicht für den Fall, daß weder von der Schulmedizin überwiegend anerkannte Methoden und Arzneimittel noch ebenso erfolgversprechende der Alternativmedizin zur Verfügung stehen (Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2), ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Danach besteht bei unheilbaren und noch nicht erforschten Krankheiten dann ein Erstattungsanspruch, wenn eine medizinisch notwendige Heilbehandlung durchgeführt worden ist, und zwar unabhängig davon, ob ihr schulmedizinische oder alternativmedizinische Ansätze zugrunde liegen. Die Klausel entspricht den Grundsätzen, die in den Senatsentscheidungen vom 23. Juni 1993 (BGHZ 123, 83, 89, 90, 92) und vom 10. Juli 1996 (BGHZ 133, 208 ff.) für die Leistungspflicht bei derartigen Krankheiten ausgesprochen worden sind.


c) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor. Die Klausel enthält bei zutreffender Auslegung nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine auch für ihn durchschaubare abgestufte Regelung der Leistungspflicht für schulmedizinische und nicht schulmedizinische Behandlungen (so zutreffend OLG Köln VersR 2001, 851 ff.).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Frau RiBGH Ambrosius kann Dr. Kessal-Wulf wegen Krankheit nicht unterschreiben. Terno