Bundesgerichtshof Urteil, 30. Okt. 2002 - IV ZR 60/01

bei uns veröffentlicht am30.10.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 60/01 Verkündet am:
30. Oktober 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
AVB f. Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 94)
§ 4 (6) MB/KK 94 hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, § 307 Abs. 1 und 2
BGB stand.
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2002 - IV ZR 60/01 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert und die Richterinnen
Ambrosius und Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2002

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 9. Zivilsenat, vom 23. Januar 2001 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 20. August 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, 22a AGBG, §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen ist. Der Beklagte ist ein bundesweit tätiges Krankenversicherungsunternehmen. Er verwendet Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung

(AVB). In deren Teil I heißt es unter anderem (insoweit wortgleich mit entsprechenden Bestimmungen in den empfohlenen Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung/MB/KK 94): "§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten , Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall
a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen , ... (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen ... (3) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinbarungen , den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen mit Anhang, Tarif mit Tarifbedingungen) sowie den gesetzlichen Vorschriften ...
§ 4 Umfang der Leistungspflicht I. ... (2) Der versicherten Person steht die Wahl unter den niedergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten frei. Soweit die Tarifbedingungen nichts anderes bestimmen, dürfen Heilpraktiker im Sinne des deutschen Heilpraktikergesetzes in Anspruch genommen werden ...

(6) Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs - oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre." Der Kläger hält § 4 I (6) AVB mit Ausnahme des letzten Halbsatzes wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG für unwirksam und nimmt den Beklagten im Wege der Verbandsklage auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht (NVersZ 2000, 274) und das Oberlandesgericht (VersR 2001, 849) haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Die beanstandete Klausel ist wirksam. Sie hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, § 307 Abs. 1 und 2 BGB n.F. stand.
I. Das Berufungsgericht nimmt an, die beanstandete Klausel sei nicht gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle entzogen. Bei der im Verbandsprozeß vorzunehmenden kundenfeindlichsten Auslegung sei § 4 I

(6) Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 AVB ("oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen") dahin zu verstehen, daß bei unheilbaren und/oder wenig erforschten Krankheiten die Kosten alternativer Methoden nur dann übernommen würden, wenn keine schulmedizinischen Ansätze vorhanden seien. Da schwer vorstellbar sei, daß es Krankheiten gebe, zu deren Behandlung überhaupt kein schulmedizinischer Ansatz vorhanden sei, führe die Klausel bei den genannten Krankheiten praktisch zu einem Ausschluß für Leistungen auf Kosten alternativer Methoden. Dies stelle eine wesentliche Einschränkung der vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmers dar, die den Vertragszweck im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG gefährde. Die Klausel verstoße auch gegen das Transparenzgebot. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht durchschaubar, daß der Beklagte entgegen der umfassenden Leistungszusage in § 1 I (1), (2) AVB eine Leistungspflicht uneingeschränkt nur bei Kosten schulmedizinischer Behandlungen übernehmen, Kosten alternativ-medizinischer Methoden jedoch nur bei vom Versicherungsnehmer zu beweisender Gleichwertigkeit, bei unheilbaren und/oder unerforschten Krankheiten dagegen überhaupt nicht erstatten wolle.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht darin, daß § 8 AGBG, jetzt § 307 Abs. 3 BGB n.F., die Kontrolle nicht hindert, weil die Klausel das schon in § 1 I (1), (2) AVB gegebene Hauptleistungsversprechen durch nähere Konkretisierung ausgestaltet. Solche Klauseln sind kon-

trollfähig (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 1 a und 2 und vom 22. November 2000 - IV ZR 235/99 - VersR 2001, 184 unter A II 1).
2. Das Berufungsgericht hat auch richtig gesehen, daß vor der Prüfung der Klausel ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Auch im Verbandsklageverfahren rechtfertigen danach theoretisch denkbare, praktisch aber völlig fernliegende und nicht ernstlich in Betracht zu ziehende Auslegungsmöglichkeiten kein Klauselverbot (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1998 - III ZR 226/97 - NJW 1999, 276 unter 3 b, aa m.w.N.; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 5 Rdn. 6, 26).

b) Danach ist die Klausel wie folgt auszulegen.
aa) § 4 I (6) Satz 1 AVB regelt die Leistungspflicht für Untersuchungs - oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Nach Satz 2 Halbs. 1 umfaßt die Leistungspflicht "darüber hinaus" in zwei Fällen auch andere Methoden und Arzneimittel.

bb) Die 1. Alternative in Satz 2 betrifft die Erstattung von Aufwendungen , die bei einer Heilbehandlung unter Anwendung von Methoden und Arzneimitteln der alternativen Medizin entstehen. Das ergibt sich für den verständigen Versicherungsnehmer ohne weiteres schon aus der Gegenüberstellung von Satz 1 und der nunmehr gewählten Umschreibung der Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben. Aus dem Erfordernis der auf Satz 1 verweisenden "ebenso erfolgversprechenden" Bewährung in der Praxis entnimmt der Versicherungsnehmer zweierlei. Zum einen müssen Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich aufgrund praktischer Erfahrung grundsätzlich geeignet sein, den angestrebten Erfolg der Heilbehandlung im Sinne des § 1 (1), (2) AVB (vgl. dazu BGHZ 133, 208, 211) ebenso zu bewirken wie Methoden und Arzneimittel der Schulmedizin. Zum anderen kommt es nur auf die gleiche Erfolgsprognose ("erfolgversprechend") und nicht darauf an, daß sich die Heilbehandlungen etwa in Art, Ausführung und Dauer gleichen.
cc) Die 2. Alternative bezieht sich demgemäß auf Heilbehandlungen , für die zum einen keine schulmedizinischen Methoden und Arzneimittel im Sinne von Satz 1 und zum anderen keine ebenso erfolgversprechenden anderen Methoden und Arzneimittel im Sinne der 1. Alternative von Satz 2 Halbs. 1 zur Verfügung stehen. Gibt es aber weder schulmedizinisch überwiegend anerkannte noch andere ebenso erfolgversprechende Methoden und Arzeimittel, wird der Versicherungsnehmer den Anwendungsbereich der 2. Alternative auf Methoden und Arzneimittel beziehen, die insbesondere im Bereich der unheilbaren oder unerforschten Krankheiten angewandt werden, gleichviel ob die Behand-

lungsansätze der Schulmedizin oder der Alternativmedizin zuzuordnen sind.
Danach ist für den vom Berufungsgericht gewählten Auslegungsansatz von vornherein kein Raum. Denn seine Auslegung würde zu dem einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht mehr verständlichen und sinnwidrigen Ergebnis führen, daß das in Satz 2 Halbsatz 1 enthaltene Leistungsversprechen für Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin für die 2. Alternative ohne jeden Inhalt wäre.
3. In dieser Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle stand. Der Prüfung ist einerseits § 307 Abs. 1 und 2 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung zugrunde zu legen, weil der erhobene Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00 - WM 2002, 1989 unter II 1). Andererseits ist auch § 9 AGBG noch zu beachten, da eine Verurteilung, die Verwendung der Klausel zu unterlassen, den Beklagten auch daran hindern würde, sich bei der Abwicklung früher geschlossener Verträge auf die Klausel zu berufen (vgl. BGHZ 127, 35, 38; BGH, Urteil vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 - NJW 2002, 2386 unter II). Die beanstandete Klausel hat weder eine Gefährdung des Vertragszwecks noch sonst eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers zur Folge (ebenso OLG Köln VersR 2001, 851; für eine Wirksamkeit der Klausel ferner OLG Frankfurt VersR 2001, 848 und OLG Karlsruhe VersR 2001, 180), auch nicht in Form eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot.

a) Die Regelung über die Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel , die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind oder die

sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben, ist nicht zu beanstanden. Sie beachtet die Anforderungen im Senatsurteil vom 23. Juni 1993 (BGHZ 123, 83, 88, 92).
Danach entspricht es dem billigenswerten Interesse des Versicherers wie den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers, daß nur Kosten für diejenigen Behandlungsmethoden erstattet werden, die sich in der Praxis als erfolgversprechend bewährt haben, wenn solche Methoden für die zu behandelnde Krankheit zur Verfügung stehen. Das sind einerseits Methoden, die in der Schulmedizin zumindest überwiegende Anerkennung gefunden haben, andererseits Methoden der alternativen Medizin, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben.
Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers liegt auch nicht darin, daß er darlegen und beweisen muß, daß die angewandten Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben wie die der Schulmedizin. Seiner Darlegungslast kann er zunächst dadurch genügen , daß er eine Stellungnahme des behandelnden Arztes vorlegt. Demgegenüber wird der Versicherer, der dennoch die Leistung verweigert, dies redlicherweise zu begründen haben. Beweisen muß der Versicherungsnehmer im Streitfall nur das, was er auch ohne die beanstandete Klausel zu beweisen hätte, daß nämlich die Heilbehandlung medizinisch notwendig war im Sinne von § 1 I (2) AVB (vgl. BGHZ 133, 208, 211). Er hat darüber hinaus auch sonst zu beweisen, daß seine Aufwendungen für die Behandlung unter den Umfang des Versicherungsschutzes fallen

(§ 1 I (3) AVB und die dort genannten weiteren Vereinbarungen und Bestimmungen

).



b) Die Regelung über die Leistungspflicht für den Fall, daß weder von der Schulmedizin überwiegend anerkannte Methoden und Arzneimittel noch ebenso erfolgversprechende der Alternativmedizin zur Verfügung stehen (Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2), ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Danach besteht bei unheilbaren und noch nicht erforschten Krankheiten dann ein Erstattungsanspruch, wenn eine medizinisch notwendige Heilbehandlung durchgeführt worden ist, und zwar unabhängig davon, ob ihr schulmedizinische oder alternativmedizinische Ansätze zugrunde liegen. Die Klausel entspricht den Grundsätzen, die in den Senatsentscheidungen vom 23. Juni 1993 (BGHZ 123, 83, 89, 90, 92) und vom 10. Juli 1996 (BGHZ 133, 208 ff.) für die Leistungspflicht bei derartigen Krankheiten ausgesprochen worden sind.


c) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor. Die Klausel enthält bei zutreffender Auslegung nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine auch für ihn durchschaubare abgestufte Regelung der Leistungspflicht für schulmedizinische und nicht schulmedizinische Behandlungen (so zutreffend OLG Köln VersR 2001, 851 ff.).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Frau RiBGH Ambrosius kann Dr. Kessal-Wulf wegen Krankheit nicht unterschreiben. Terno

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(1) Das Bundesamt für Justiz führt eine Liste der qualifizierten Einrichtungen und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. Es übermittelt die Liste mit Stand zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Europäische Kommission unter Hinweis auf Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/22/EG.

(2) Ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wird auf seinen Antrag in die Liste eingetragen, wenn

1.
er mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder hat,
2.
er zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen ist und ein Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat,
3.
auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er
a)
seine satzungsgemäßen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und
b)
seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
4.
den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden.
Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen sowie andere Verbraucherverbände, wenn sie überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, diese Voraussetzungen erfüllen.

(3) Über die Eintragung wird durch einen schriftlichen Bescheid entschieden, der dem antragstellenden Verein zuzustellen ist. Auf der Grundlage eines wirksamen Bescheides ist der Verein unter Angabe des Namens, der Anschrift, des zuständigen Registergerichts, der Registernummer und des satzungsmäßigen Zwecks in die Liste einzutragen.

(4) Auf Antrag erteilt das Bundesamt für Justiz einer qualifizierten Einrichtung, die in der Liste eingetragen ist, eine Bescheinigung über ihre Eintragung.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 4b Absatz 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 4d Nummer 2, einen dort genannten Bericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2.
einer Rechtsverordnung nach § 4d Nummer 1 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Bundesamt für Justiz.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 55/00 Verkündet am:
4. Juli 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Belehrungszusatz
Die einem Verbraucher mit dem Zusatz, der Lauf der Widerrufsfrist beginne
"nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung
vom Auftraggeber abgegeben wurde", erteilte Widerrufsbelehrung entspricht
nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.
BGH, Urt. v. 4. Juli 2002 - I ZR 55/00 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 27. Januar 2000 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Dessau vom 4. August 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte befaßt sich mit der Durchführung von Maler- und Dachdekkerarbeiten. Am 2. Oktober 1997 suchte einer ihrer Mitarbeiter einen Hauseigentümer unangemeldet in dessen Wohnhaus auf und bot ihm eine Dachsanierung zu einem Festpreis an. Auf dem von dem Mitarbeiter der Beklagten vorgelegten vorgedruckten Auftragsformular der Beklagten, das der Hauseigentümer im Lauf des Gesprächs unterzeichnete, befand sich links unten eine schwarz umrahmte Widerrufsbelehrung mit folgendem Wortlaut:
"Der Auftrag kann innerhalb einer Woche schriftlich bei der Firma ... widerrufen werden. Zur Wahrung dieser Frist genügt rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Lauf der Widerrufsfrist beginnt mit Aushändigung dieser Vertragsurkunde, nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde." Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hat die Verwendung des Auftragsformulars mit der Begründung als wettbewerbswidrig beanstandet, die Widerrufsbelehrung verstoße gegen § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HWiG a.F.). Der im letzten Satz der Widerrufsbelehrung enthaltene , mit den Worten "nicht jedoch, bevor ..." beginnende Satzteil stelle eine unzulässige , weil im Gesetz nicht vorgesehene Erweiterung der Belehrung dar und sei zudem geeignet, den Kunden zu verwirren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Abschluß von Werkverträgen im Bereich der Privatwohnung eines Kunden dem Kunden keine den Anforderungen des Haustürwiderrufsgesetzes genügende Widerrufsbelehrung zu erteilen, insbesondere dem Kunden eine Widerrufsbelehrung zu erteilen, die folgende zusätzliche Erklärung bei dem Hinweis enthält , daß der Lauf der Widerrufsfrist mit Aushändigung der Vertragsurkunde beginnt: "... nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde." Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Standpunkt vertreten, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung sei eindeutig und auch für den Verbraucher unmißverständlich. Der Hinweis, daß der Lauf der Widerrufsfrist nicht vor Abgabe der auf Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Auftraggebers beginne, sei zur Klarstellung insbesondere in den Fällen notwendig, in denen sich Auftraggeber erst nach einer Bedenkzeit zur Vertragsunterzeichnung entschließen würden. In diesen Fällen vergäßen Kunden verschiedentlich die gesonderte Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung, was die Vertragsabwicklung erschwere. Deshalb lasse man in solchen Fällen den Kunden die Widerrufsbelehrung unterschreiben, auch wenn er den Auftrag selbst noch nicht unterschrieben habe.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Naumburg OLG-Rep 2000, 279).
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Beklagte beantragt , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint, der beanstandete Teil der Widerrufsbelehrung verstoße nicht gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. schließe nicht jeden Zusatz zu der Belehrung aus. Diese dürfe nur keine Erklärungen mit deutlich anderem Inhalt als die vom Gesetz vorgesehenen aufweisen. Da das Verbot, andere Erklärungen mit der Belehrung zu verbinden, deren Übersichtlichkeit und Hervorhebung abzusichern bezwecke, seien solche Ergänzungen zulässig, die die Widerrufsbelehrung in ihrem gebotenen Inhalt verdeutlichten. Dies sei bei dem vom Kläger beanstandeten Teil der Widerrufsbelehrung der Beklagten der Fall. Die von dieser geschilderte Vorgehensweise, den nicht zur sofortigen Auftragserteilung entschlossenen Kunden ein Auftragsformular mit der Bitte zu überlassen, die Widerrufsbelehrung sogleich zu unterschreiben, sei rechtlich zulässig. Für solche Fälle sei der beanstandete Zusatz notwendig, um zu verdeutlichen , wann die Widerrufsfrist zu laufen beginne; ansonsten könnte bei den Kunden der unzutreffende Eindruck entstehen, daß die Frist schon vor seiner Unterschrift unter den Auftrag abgelaufen sei. Wenn die Unterschriften unter den Vertrag und die Widerrufsbelehrung gleichzeitig erfolgten, sei der Zu-
satz zwar überflüssig, aber immerhin nicht falsch. Die verwendete Formulierung sei aus der Sicht eines Verbrauchers auch nicht so schwierig, daß für ihn nicht zumindest bei einiger Überlegung deutlich werde, was mit ihr gemeint sei. Mit der gewählten Formulierung werde die gesetzliche Vorgabe erfüllt, daß der Kunde für jeden denkbaren Fall eindeutig über sein Widerrufsrecht und über die Berechnung der Frist hierfür zu informieren sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg und führen zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Urteils. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß das von der Beklagten benutzte Auftragsformular den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, die bei Haustürgeschäften für die dem Kunden zu erteilende Widerrufsbelehrung gelten. Die Verwendung eines solchen Auftragsformulars ist wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG.
1. Die Frage, ob der klagegegenständliche Unterlassungsanspruch begründet ist, beurteilt sich angesichts dessen, daß der Anspruch in die Zukunft gerichtet ist, nach dem im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung geltenden Recht (st. Rspr.; vgl. BGHZ 141, 329, 336 - Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 9.11.2000 - I ZR 185/98, GRUR 2001, 348, 349 = WRP 2001, 397 - Beratungsstelle im Nahbereich; Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, WRP 2002, 679, 680 - Vertretung der Anwalts-GmbH; Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 306/99, WRP 2002, 832, 833 - Postfachanschrift, m.w.N.). Insoweit sind daher nunmehr die aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bestimmungen des § 312 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB einschlägig, die ihrerseits auf die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschriften der § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 357 Abs. 1 und 3 BGB verweisen.

2. Nach dem Wortlaut des § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB ist die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung, die den Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist mit Aushändigung der Vertragsurkunde mit dem einschränkenden Zusatz "nicht jedoch, bevor die auf Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde" verbindet, den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ebensowenig eindeutig zu beantworten wie nach dem bisherigen Recht (vgl. für die Zeit bis zum 30. September 2000 § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 HWiG a.F. und nachfolgend bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes § 361a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB in der Fassung des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000, BGBl. I S. 897). Die Regelungen des alten wie auch die des neuen Rechts knüpfen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist jeweils an die Erteilung der Widerrufsbelehrung an, regeln aber nicht ausdrücklich, zu welchem Zeitpunkt diese zu erteilen ist. Ihrem Wortlaut läßt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Belehrung vor der Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers zulässig und, da die Frist zum Widerruf jedenfalls nicht vor der Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers beginnen kann (vgl. Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 2 HWiG Rdn. 4; Fischer/Machunsky, Haustürwiderrufsgesetz, 2. Aufl., § 2 Rdn. 45; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB [2001], § 7 VerbrKrG Rdn. 39; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 4; vgl. auch MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40 und Klauss/Ose, Verbraucherkreditgeschäfte , 2. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 297), ein entsprechender Hinweis auf den richtigen Fristbeginn in der Widerrufsbelehrung erforderlich, zumindest aber zulässig ist.
3. Entscheidend ist daher, ob der vom Gesetz mit der Einräumung eines Widerrufsrechts zugunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck mit der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung erreicht wird. Das ist nicht der Fall.

a) Das nunmehr in § 355 BGB und in Vorschriften, die - wie vorliegend § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB - auf diese Bestimmung verweisen, geregelte Widerrufsrecht bezweckt ebenso wie das früher unter anderem in § 2 HWiG a.F., § 7 VerbrKrG a.F. und auch schon in § 1b AbzG a.F. geregelte Widerrufsrecht den Schutz der Verbraucher. Dieser Schutz erfordert eine möglichst umfassende, unmißverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung. Dem tragen die bei der Belehrung von Gesetzes wegen zu beachtenden Formvorschriften und inhaltlichen Anforderungen Rechnung (vgl. BGHZ 121, 52, 54 f. - Widerrufsbelehrung I). Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 44; Staudinger/Werner, BGB [1998], § 2 HWiG Rdn. 30). Bereits vor der Vereinheitlichung des Widerrufsrechts bei Verbraucherverträgen durch § 361a BGB a.F. entsprach es darüber hinaus der Zielrichtung des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes ebenso wie der des früheren Abzahlungsgesetzes, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren und ihn über die Berechnung nicht im Unklaren zu lassen (vgl. BGHZ 121, 52, 54 f. - Widerrufsbelehrung I; 126, 56, 62). Dies sieht nunmehr § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich vor. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. An diesem in § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. ausdrücklich normierten Erfordernis hat sich durch die gesetzliche Neuregelung nichts geändert (vgl. Bülow, VerbrKrG, 4. Aufl., § 7
Rdn. 117). Es kommt nunmehr darin zum Ausdruck, daß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht (vgl. insoweit - zu § 1b Abs. 2 AbzG a.F. - BGH, Urt. v. 7.5.1986 - I ZR 95/84, GRUR 1986, 816, 818 = WRP 1986, 660 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; Urt. v. 30.9.1992 - VIII ZR 196/91, NJW 1993, 64,

67).


Diese Regelung schließt allerdings nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend sind Ergänzungen als zulässig anzusehen , die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht hierzu rechnen jedoch Erklärungen , die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken (vgl. BGH GRUR 1986, 816, 818 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; BGH, Urt. v. 8.7.1993 - I ZR 202/91, GRUR 1994, 59, 60 = WRP 1993, 747 - Empfangsbestätigung).

b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Denn sie legt das unrichtige Verständnis nahe, daß auch Fälle denkbar seien, in denen die Widerrufsfrist nicht bereits mit der Aushändigung der die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsurkunde zu laufen beginne, sondern erst mit der zeitlich nachfolgenden Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Dies ist jedoch unzutreffend, so daß der von dem Kläger beanstandete Zusatz die Widerrufsbelehrung nicht in ihrem gebotenen Inhalt verdeutlicht, sondern im Gegenteil für den in der Regel rechtlich nicht geschulten Verbraucher irreführend ist.
aa) Insoweit ist - was das Berufungsgericht auch nicht verkannt hat - da- von auszugehen, daß dem Zusatz in denjenigen Fällen, in denen der Verbraucher seine auf den Abschluß des Vertrages gerichtete Willenserklärung im Zeitpunkt der Aushändigung der Widerrufsbelehrung bereits abgegeben hat oder zugleich abgibt, keine sachliche Bedeutung zukommt. Denn in diesen Fällen beginnt die Frist immer erst mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung zu laufen, so daß sich der Zusatz hier als überflüssig erweist. Auch ein überflüssiger Zusatz in einer Widerrufsbelehrung ist aber geeignet, das Verständnis des Verbrauchers von ihrem wesentlichen Inhalt zu beeinträchtigen, und trägt deshalb nicht zur Verdeutlichung des gebotenen Inhalts der Belehrung bei. Hinzu kommt, daß von einem rechtsunkundigen Verbraucher nicht das richtige Verständnis des in dem Zusatz verwendeten juristischen Fachbegriffs "Abgabe einer Willenserklärung" erwartet werden kann.
bb) Die Zulässigkeit des beanstandeten Zusatzes läßt sich aber auch nicht im Hinblick auf diejenigen Fälle bejahen, für die er gedacht ist, d.h. Fälle, in denen der Verbraucher den Auftrag erst nach Inanspruchnahme einer Überlegungsfrist erteilt und die Beklagte ihn deshalb die Widerrufsbelehrung bereits vorab unterzeichnen läßt. Denn die Erteilung der Widerrufsbelehrung vor Vertragsabschluß entspricht nicht den gesetzlichen Erfordernissen (ebenso Staudinger /Wolf, BGB [1998], § 2 HWiG Rdn. 40; a.A. Staudinger/Kessal-Wulf, BGB [2001], § 7 VerbrKrG Rdn. 39; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 HausTWG Rdn. 4; MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40; Fischer/Machunsky aaO) und läßt sich auch nicht mit Praktikabilitätserwägungen rechtfertigen.
(1) Allerdings enthält § 355 BGB ebensowenig wie § 2 HWiG a.F. eine ausdrückliche Bestimmung darüber, zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsbelehrung zu erteilen ist. Dem mit der Einräumung eines Widerrufsrechts bei Haus-
türgeschäften bezweckten Schutz des Verbrauchers widerspricht es jedoch, daß seine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über das ihm zustehende Recht zum Widerruf seiner auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung bereits vor deren Abgabe erteilt wird. Die Belehrung soll dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen führen. Dieses Ziel wird aber nur dann erreicht, wenn sich die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht. Das setzt voraus, daß der Verbraucher eine solche Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt. Denn nur unter dieser Voraussetzung steht ihm eine Entscheidungsfreiheit zu, die durch die Gewährung einer nachträglichen Überlegungsfrist wiederhergestellt werden soll (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs des Bundesrates zum HWiG, BT-Drucks. 10/2876, S. 7). Dagegen ist eine Widerrufsbelehrung , die dem Verbraucher bereits vor der Abgabe der Vertragserklärung erteilt worden ist, von vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden Risiko behaftet, daß dieser sie zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Vertragserklärung bereits wieder vergessen hat. Dementsprechend vermag die dem Verbraucher eingeräumte Bedenkfrist unter dieser Voraussetzung ihren Sinn nicht zu erfüllen.
Im übrigen kann auch aus der Tatsache, daß der Wortlaut des Gesetzes dem nicht ausdrücklich entgegensteht, nicht abgeleitet werden, daß der Gesetzgeber die Erteilung der Widerrufsbelehrung vor Abgabe der auf den Abschluß des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers zulassen wollte. Die Entstehungsgeschichte des Haustürwiderrufsgesetzes, an dessen entsprechende Regelung das nunmehr in den §§ 312, 355 BGB bestimmte Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften anknüpft, weist nämlich aus, daß die Belehrung nach der Auffassung des Gesetzgebers jedenfalls nicht vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers zu erteilen war. Die Re-
gelungen über die Widerrufsbelehrung in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG a.F. waren eng an § 1b AbzG a.F. angelehnt (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs des Bundesrates, BT-Drucks. 10/2876, S. 12 f.). Nach dieser Vorschrift mußte die dem Käufer zu erteilende Widerrufsbelehrung auf der Abschrift seiner auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung enthalten sein und begann die Widerrufsfrist erst mit der Aushändigung dieser Abschrift zu laufen. Allein schon im Hinblick darauf kam eine Belehrung vor Abgabe der Vertragserklärung des Käufers nicht in Betracht (vgl. MünchKomm.BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 361a Rdn. 40 Fn. 91 zu der der nunmehrigen Regelung in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB entsprechenden Bestimmung des § 361a Abs. 1 Satz 5 BGB a.F.). Daß nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG a.F. die Belehrung nicht auf einer Abschrift der Vertragserklärung des Kunden anzubringen war, hatte demgegenüber seinen Grund allein darin, daß die Vertragserklärung des Kunden nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht der Schriftform bedurfte (vgl. BT-Drucks. 10/2876, S. 13).
(2) Daß die Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften dem Verbraucher nicht vor der Abgabe seiner auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung erteilt werden darf, folgt auch aus der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985, S. 31). Diese ist bei der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften ergänzend heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 4.5.1994 - XII ZR 24/93, NJW 1994, 2759, 2760), wobei Divergenzen zu der Richtlinie so weit wie möglich zu vermeiden sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1995 - XI ZR 199/94, NJW 1996, 55, 56; Staudinger/Werner, BGB [1998], Vorbem. zum HWiG Rdn. 42; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., Vor § 1 HausTWG Rdn. 6-8 und 21; Roth, ZIP 1996, 1285, 1286). Die nationalen Rechtsvorschriften sind so weit wie mög-
lich unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (EuGH, Urt. v. 27.6.2000 - verb. Rs. C-240/98 bis C-244/98, NJW 2000, 2571, 2572 f.). Die richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Vorschriften ist im Streitfall schon deshalb geboten, weil sich die nunmehr in den §§ 312, 355 BGB enthaltenen Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Haustürgeschäften mit dem Regelungsgehalt der Richtlinie vom 20. Dezember 1985 decken, wobei sie aber - anders als die Richtlinie - die Frage , zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher auszuhändigen ist, nicht ausdrücklich regeln (vgl. Basedow, Festschrift Brandner [1996], S. 658).
Die Widerrufsbelehrung ist dem Verbraucher nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a der Richtlinie in den Fällen des dortigen Art. 1 Abs. 1 wie namentlich bei Verträgen zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher, die anläßlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden in einer Privatwohnung geschlossen werden (Art. 1 Abs. 1 2. Spiegelstrich Buchst. i der Richtlinie), grundsätzlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auszuhändigen. Abweichendes gilt nur in Sonderfällen, in denen die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (vgl. Art. 1 Abs. 2 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b der Richtlinie) oder zum Zeitpunkt der Abgabe seines Angebots (vgl. Art. 1 Abs. 3 und 4 i.V. mit Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c der Richtlinie) auszuhändigen ist, nicht dagegen im - auch vorliegend gegebenen - Normalfall, daß der Gewerbetreibende den Verbraucher ohne vorhergehende Bestellung in dessen Privatwohnung aufsucht.
4. Die Verwendung einer gesetzwidrigen Widerrufsbelehrung durch die Beklagte stellt auch einen Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 1 UWG dar. Ein Vertragsformular, das den Vertragspartner über ein ihm durch Gesetz einge-
räumtes Widerrufsrecht entgegen den gesetzlichen Vorschriften nicht, nicht vollständig oder nicht richtig belehrt, begründet die Gefahr, daß der die Rechtslage nicht überblickende Vertragspartner von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird, was mit Blick auf das Ausnutzen dieser Rechtsunkenntnis mit dem Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs und den guten kaufmännischen Sitten nicht in Einklang steht. Die Beklagte verschafft sich damit zudem bewußt und planmäßig einen wettbewerbswidrigen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1986, 816, 818 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; BGHZ 121, 52, 57 f. - Widerrufsbelehrung I; BGH WRP 2002, 832, 833 - Postfachanschrift, m.w.N.).
5. Das beanstandete Verhalten der Beklagten berührt wesentliche Belange der Verbraucher i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1989 - I ZR 178/87, GRUR 1989, 753, 754 = WRP 1990, 169 - Telefonwerbung II; Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 55/88, GRUR 1990, 280, 281 = WRP 1990, 288 - Telefonwerbung III).
III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Bornkamm ist an der Unterschriftsleistung infolge Urlaubs verhindert. Erdmann
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 199/01
Verkündet am:
18. April 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AGBG §§ 8, 9 Bd, Cb; BGB § 307 Bd, Cb F.: 2. Januar 2002
Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Telekommunikationsdienstleistungsunternehmens
, in denen für das Stillegen des Telefonanschlusses
ein Entgelt gefordert wird (Deaktivierungsgebühr), verstoßen
gegen § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.).
BGH, Urteil vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 - OLG Schleswig
LG Itzehoe
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 19. Juli 2001 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 23. August 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und der in die vom Bundesverwaltungsamt geführte Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetragen ist. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen, das im eigenen Namen und
auf eigene Rechnung Dienste des D- und E-Netzes (Telekommunikationsnetze für die mobile Nutzung) vermarktet. Sie bietet den Zugang zum D- und E-Netz an und gibt so ihren Kunden die Möglichkeit, mit Hilfe eines Mobiltelefons Anrufe zu tätigen und entgegenzunehmen.
Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten haben ihre Kunden für die "Dienstleistungen" der Beklagten grundsätzlich die in der jeweils bei Einreichung des Antrags auf Freischaltung im D- oder E-Netz gültigen Preisliste aufgeführten Entgelte zu zahlen. Hierzu gehören insbesondere die nutzungsunabhängige Grundgebühr und die laufenden (Telefon-)Gebühren, die durch die Nutzung des Mobiltelefons anfallen. Die bei Klageerhebung gültige Preisliste der Beklagten enthielt unter anderem folgende Gebührenregelung :
"Bearbeitungsgebühr für Deaktivierung Deaktivierungsgebühr 29,50 DM (exkl. MwSt.) 33,93 DM (inkl. MwSt.) einmalige Gebühr für das Stillegen Ihres T. (= die Beklagte) -Anschlusses." Der Kläger, der diese Klausel für unwirksam hält, nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung der genannten Deaktivierungsgebührenregelung in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (ZIP 2001, 1963). Mit der - zugelassenen - Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg.

I.


1. Der Kläger ist klagebefugt, weil er in die vom Bundesverwaltungsamt geführte Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetragen ist. Allerdings ergibt sich dies nicht mehr aus § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 a Abs. 1 AGBG. An die Stelle dieser Bestimmungen sind die entsprechenden Regelungen des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) vom 26. November 2001 (Art. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BGBl. I S. 3138, 3173) getreten , wobei nach § 16 Abs. 1 UKlaG am 1. Januar 2002 anhängige Verfahren nach den Vorschriften des Unterlassungsklagengesetzes abzuschließen sind. Eine sachliche Änderung ist damit nicht verbunden. Der nunmehr anzuwendende § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UKlaG ist inhaltsgleich mit § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 a Abs. 1 AGBG.
2. Die für einen Unterlassungsanspruch nach § 13 Abs. 1 AGBG und § 1 UKlaG erforderliche Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch entfallen, daß die Beklagte die beanstandete Klausel inzwischen dahin geändert hat, daß die Deaktivierungsgebühr entfällt, sofern vom Kunden niedrigere Kosten nachgewiesen werden oder T. die Kündigung des Teilnehmerverhältnisses zu vertreten hat.
Die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unzulässige Klauseln enthalten, begründet eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. An die Beseitigung dieser Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen. Regelmäûig reichen weder die Änderung der beanstandeten Klausel noch die bloûe Absichtserklärung des Verwenders , sie nicht weiter zu verwenden, aus, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen (BGHZ 119, 152, 165 m.w.N.). Demgegenüber spricht es für das Fortbestehen der Wiederholungsgefahr, wenn der Verwender - wie hier - noch im Rechtsstreit die Zulässigkeit der früher von ihm benutzten Klausel verteidigt und nicht bereit ist, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (BGH, Urteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 487 m.w.N.).

II.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daû mit der Verbandsklage nicht nur die Unterlassung der beanstandeten Klausel beim künftigen Abschluû neuer Verträge verlangt werden kann, sondern der Kläger - wie im vorliegenden Rechtsstreit auch beantragt worden ist - den Verwender gleichzeitig darauf in Anspruch nehmen kann, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge auf die Klausel zu berufen (BGHZ 127, 35, 37 m.w.N.). Daher sind Prüfungsmaûstab bei der Inhaltskontrolle der klagegegenständlichen Klauseln sowohl die §§ 8 ff AGBG, die auf vor dem 1. Januar 2002 entstandene Schuldverhältnisse - bei Dauerschuldverhältnissen wie hier freilich nur bis zum 31. Dezember 2002 - weiter anzuwenden sind, als auch die §§ 307 ff BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, die die §§ 8 ff AGBG mit Wirkung vom 1. Januar 2002 ab-
gelöst haben (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB in der Fassung dieses Gesetzes). Dies wirkt sich indes bei der rechtlichen Beurteilung nicht aus, da die §§ 8 ff AGBG und die §§ 307 ff BGB n.F. im wesentlichen inhaltsgleich sind.

III.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , daû es sich bei der streitigen Deaktivierungsgebühr nicht um eine kontrollfreie Preisvereinbarung handelt.

a) Nach § 8 AGBG (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB n.F.) sind Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die weder von Rechtsvorschriften abweichen noch diese ergänzen, einer Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff AGBG (§ 307 Abs. 1 und 2, §§ 308, 309 BGB n.F.) entzogen. Da die Vertragsparteien nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie Leistung und Gegenleistung frei bestimmen können, sind Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und die dafür zu zahlende Vergütung unmittelbar bestimmen, kontrollfrei (BGHZ 143, 128, 138 f; 141, 380, 382 f; zuletzt BGH, Urteil vom 22. Februar 2002 - V ZR 251/00 - zur Veröffentlichung bestimmt). Neben den Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistungen sind auch solche Klauseln nicht kontrollfähig, die das Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung festlegen, wenn hierfür keine rechtlichen Regelungen bestehen (BGHZ 137, 27, 30). Mithin stellen im nicht preisregulierten Markt Preisvereinbarungen für Haupt- und Nebenleistungen im allgemeinen weder eine Abweichung noch eine Ergänzung von Rechtsvorschriften dar und unterliegen daher grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle (BGHZ 141, 380, 383; 116, 117, 120 f).

Allerdings führt die bloûe Einstellung einer Klausel in ein Regelwerk, das - wie hier - Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt, noch nicht dazu, daû die einzelne Klausel als unselbständiger Bestandteil einer "Gesamtpreisabsprache" jeder Kontrolle entzogen ist. Der klare Wortlaut des Gesetzes (§ 8 AGBG bzw. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB n.F.) verlangt auch dann eine Prüfung, ob die Klausel lediglich deklaratorische Wirkung hat oder ob sie Rechtsvorschriften ergänzt, indem sie etwa ein Entgelt festlegt, obwohl eine Leistung für den Vertragspartner nicht erbracht wird. Der Begriff der Leistung steht nicht zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Daher ist die streitige Deaktivierungsklausel ohne Rücksicht auf die Preisstruktur insgesamt und die Beschaffenheit der sonstigen Einzelpreise daraufhin zu überprüfen, ob ihr eine echte (Gegen-)Leistung zugrunde liegt oder ob es sich um eine - zumeist als (etwas miûverständlich) Preisnebenabrede bezeichnete - Abrede handelt, die zwar (mittelbare) Auswirkungen auf Preis und Leistung hat, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann (BGHZ 141, 380, 383; 137, 27, 29 f und 43, 45 ff; 136, 261, 264 m.w.N.).

b) Ausgehend von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen steht § 8 AGBG (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB n.F.) einer Inhaltskontrolle der beanstandeten Deaktivierungsklausel nicht entgegen.
aa) Nach Darstellung der Beklagten soll mit der Deaktivierungsgebühr der Arbeitsaufwand abgegolten werden, der nach Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Abschaltung des Anschlusses und der Abwicklung des jeweiligen Vertragsverhältnisses entsteht. Diese Arbeitsabläufe hat die Beklagte
wie folgt beschrieben: Sortieren und Zuordnen der eingehenden Post; EDVErfassung und Verifizierung der Daten, Prüfung der Kündigungsmodalitäten und des Gebührenkontos; Umstellung des Kundenkontos und die Erstellung eines erneut zu prüfenden Kündigungsreports mit anschlieûender Netzabschaltung , worüber eine Benachrichtigung des Kunden erfolge.
bb) Diese Verrichtungen stehen in keinem Zusammenhang zu den vertraglichen (Haupt-)Leistungspflichten, die der Beklagten aufgrund eines Vertragsschlusses mit einem Kunden obliegen.
Durch den Abschluû eines als Dauerschuldverhältnis zu qualifizierenden Mobilfunkvertrags verpflichtet sich das Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen , dem Kunden den Zugang zu dem vertragsgegenständlichen (hier: D- oder E-Netz) Mobilfunknetz zu eröffnen und es ihm zu ermöglichen, unter Aufbau abgehender und Entgegennahme ankommender Telefonverbindungen mit beliebigen dritten Teilnehmern eines Mobilfunknetzes oder Festnetzes Sprache auszutauschen (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2001 - III ZR 5/01 - NJW 2002, 361, 362). Mit diesen vertragstypischen (Haupt-)Leistungspflichten , die nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur - für die vieles spricht - dienstvertraglicher Natur sind (so etwa, wenn auch ohne nähere Begründung, OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 1082, 1083; OLG Köln, NJW-RR 1998, 1363; eingehend zur Rechtsnatur von Telekommunikationsdienstleistungsverträgen, insbesondere des Mobilfunkvertrags Schöpflin, BB 1997, 106; Graf von Westphalen/Grote/ Pohle, Der Telefondienstvertrag, 2001, S. 170 ff; Eckert, in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, 2001, Vierter Teil, Kap. 9, A Rn. 37 ff; Imping, in: Spindler , Vertragsrecht der Telekommunikations-Anbieter, 2000, Teil II, Rn. 12 ff),
haben die nach Darstellung der Beklagten der Deaktivierungsgebühr zuzuordnenden Arbeitsabläufe nichts zu tun.
cc) Darüber hinaus werden mit der Bearbeitung einer Kündigung, wie die Revision zutreffend geltend macht, keine Interessen des Kunden wahrgenommen. Die Dokumentation vertragsrelevanter Vorgänge im Hinblick auf etwaige spätere Beanstandungen von seiten des Kunden dient der Selbstkontrolle; auch die Prüfung, ob eine ausgesprochene Kündigung nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Vertragsverhältnis (zu welchem Zeitpunkt?) wirksam beendet hat oder welche Gebührenforderungen noch offenstehen, dient ausschlieûlich der Wahrung der eigenen Rechtsposition. Mit der Abschaltung des Netzzugangs schlieûlich schützt sich die Beklagte vor allem davor, daû ein Kunde das Mobiltelefon trotz fehlender vertraglicher Grundlage weiter benutzt.
Daû mit diesen Tätigkeiten für den Kunden irgendwelche Vorteile verbunden sind, ist nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht trifft diesbezüglich keine Feststellungen; auch die Revisionserwiderung bringt insoweit nichts vor.
dd) Zur Rechtfertigung eines Vergütungsanspruchs läût sich auch nicht § 670 BGB heranziehen. Abgesehen davon, daû nach dem klaren Wortlaut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ein Entgelt und nicht lediglich der Ersatz von Aufwendungen verlangt wird, stellen die beschriebenen Arbeitsabläufe keine Geschäfte der Kunden, sondern solche der Beklagten dar. § 670 BGB gewährt aber nur einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, d.h. freiwilligen Vermögensopfern, die der Geschäftsführer für den Geschäftsherrn auf sich nimmt, nicht aber eine Vergütung für eigene Tätigkeit (vgl. hierzu BGHZ 141, 380, 384, 389; 137, 43, 47).

Insgesamt wird daher mit der Deaktivierungsgebühr kein Entgelt für Leistungen verlangt, die die Beklagte auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für ihre Kunden erbringt, sondern es handelt sich um den Versuch, Aufwendungen für die Wahrnehmung eigener Interessen des Verwenders auf den Kunden abzuwälzen (im Ergebnis ebenso Lindacher, ZIP 2002, 49 f; Eckert aaO Rn. 114).
2. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Auffassung des Berufungsgerichts, die beanstandete Klausel halte der Inhaltskontrolle stand. Die streitige Deaktivierungsgebührenregelung ist vielmehr mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht vereinbar (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.) und benachteiligt die Vertragspartner der Beklagten in unangemessener Weise (§ 9 Abs. 1 AGBG, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.).

a) Zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts gehört, daû jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten besteht nur dann, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Ist das nicht der Fall, können entstandene Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem gesetzlich auferlegte Pflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen gegenüber Vertragspartnern erklärt werden. Jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , die sich nicht auf eine auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbrachte (Haupt- oder Neben-)Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versucht, stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar und verstöût deshalb
gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. (BGHZ 146, 377, 380 f; 141, 380, 385 f; 137, 43, 45 f; jeweils m.w.N.). Darüber hinaus indiziert die Unvereinbarkeit einer Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung eine gegen Treu und Glauben verstoûende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners (BGHZ 146, 377, 384 f; 141, 380, 390).

b) Soweit das Berufungsgericht unter Hinweis auf das Urteil BGHZ 146, 377 gemeint hat, diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelte nur für Fälle, in denen der Verwender eine Vergütung für Tätigkeiten verlangt, die zu erbringen er von Gesetzes wegen dem Vertragspartner gegenüber verpflichtet ist, beruht dies auf einem Miûverständnis dieser Entscheidung. Nach der angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt einer Preisklausel nicht nur dann keine echte (Gegen-)Leistung zugrunde, wenn der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine besondere Entgeltpflicht für ein Verhalten vorsieht, mit dem er lediglich einer gesetzlichen Verpflichtung Rechnung trägt. Eine - "sonderentgeltfähige" - Haupt- oder Nebenleistung für den Kunden ist auch und bereits dann zu verneinen, wenn Gegenstand der Vergütungsregelung eine Tätigkeit ist, die - wie hier - nur im eigenen Interesse des Verwenders liegt (so ganz eindeutig BGHZ 137, 43, 46 einleitend zu 2 a). Wenn in der Entscheidung BGHZ 146, 377 offengelassen worden ist, ob eine Preisklausel, mit der eine Bank für die Benachrichtigung des Kontoinhabers über die Nichteinlösung von Schecks und Lastschriften sowie über die Nichtausführung von Überweisungen oder Daueraufträgen wegen fehlender Dekkung ein Entgelt fordert, auch in den Fällen gegen § 9 AGBG verstöût, in denen die Bank zu einer entsprechenden Benachrichtigung ihrer Kunden nicht verpflichtet ist (aaO S. 385), so ist der Grund hierfür ersichtlich darin zu sehen,
daû in diesen Fällen regelmäûig ein nicht unerhebliches Eigeninteresse des Kunden vorhanden ist, umgehend von der Nichteinlösung oder Nichtausführung zu erfahren, um gegebenenfalls unverzüglich anderweitige notwendige Dispositionen treffen zu können. Damit ist die vorliegende Fallgestaltung nicht vergleichbar.

c) Gründe, die die Klausel gleichwohl als nicht unangemessen erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.
aa) Zwar ist es richtig, daû, wie die Revisionserwiderung ausführt, bereits zu Beginn der Geschäftsbeziehungen der Beklagten zu einem Kunden feststeht, daû es irgendwann einmal zur Beendigung der vertraglichen Beziehungen durch Kündigung und damit zur Anschluûstillegung und zum Anfall der damit einhergehenden Arbeitsabläufe kommen wird. Der Umstand aber, daû die mit der Entgeltklausel abgegoltenen Tätigkeiten typischerweise bei jedem Kunden anfallen - und damit für die Beklagte bei ihrer Preisgestaltung einen notwendigerweise zu berücksichtigenden Kalkulationsbestandteil darstellen -, ändert nichts an dem Befund, daû der Deaktivierungsgebühr keine echte (Gegen -)Leistung der Beklagten für ihre Kunden gegenübersteht.
bb) Da die Deaktivierungsregelung der Beklagten schon deshalb gegen § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 und 2 BGB n.F.) verstöût, weil es der Beklagten überhaupt verwehrt ist, für die damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten ein gesondertes Entgelt zu verlangen, kommt es auf die vom Berufungsgericht für entscheidungserheblich gehaltene - und verneinte - Frage, ob die Höhe der Gebühr in Relation zu den sonst noch anfallenden Gebühren geeignet ist, das Kündigungsverhalten der Kunden der Beklagten zu beeinflussen, nicht an.

3. Ob die Beklagte ihrem Anliegen, Deckung ihrer bei Beendigung eines Vertrags entstehenden Aufwendungen zu erhalten, ohne Verstoû gegen § 10 Nr. 7 b AGBG (§ 308 Nr. 7 b BGB n.F.) durch die Aufnahme einer pauschalierten Aufwendungsersatzklausel in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen hätte Rechnung tragen können, braucht nicht entschieden zu werden. Im Verbandsklageprozeû muû sich die Beklagte daran feshalten lassen, daû der Wortlaut der Klausel und der Gesamtzusammenhang der Gebührenregelungen es nahelegen, sie als "reine" Entgeltabrede zu verstehen, und sie als solche der Inhaltskontrolle nicht standhält.
Rinne Streck Schlick Dörr Galke