Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2016 - 4 StR 87/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:241116B4STR87.16.0
24.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 87/16
vom
24. November 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs
ECLI:DE:BGH:2016:241116B4STR87.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 24. November 2016 gemäß §§ 349 Abs. 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 14. Juli 2015 mit den Feststellungen sowie hinsichtlich der nicht revidierenden Verfallsbeteiligten im Ausspruch über das Absehen von Verfallsanordnungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des gewerbsmäßigen Betrugs schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. hat es zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, von denen wegen überlanger Verfahrensdauer drei Monate als vollstreckt gelten. Die Angeklagte Ma. hat es zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, von denen ebenfalls drei Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Ferner hat das Landgericht Entscheidungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffen, die sich gegen die Finanzberatung Z. GmbH und die R. AG richten. Die gegen ihre Verurteilungen gerichteten Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
a) Nachdem der Angeklagte M. bereits seit 2004 ein Callcenter zur Vermittlung von Lottotippgemeinschaften betrieben hatte, kam er mit der Mitangeklagten , seiner damaligen Ehefrau, spätestens Ende 2008/Anfang 2009 überein , sich mit eigenen Lottospielprodukten am Markt zu etablieren. Dabei beinhaltete ihr Geschäftskonzept nicht die eigene Veranstaltung von Glücksspielen. Vielmehr beabsichtigten die Angeklagten, interessierte Personen unter wahrheitswidriger Vorspiegelung von gesteigerten Gewinnaussichten zum Abschluss von Lottospielverträgen dergestalt zu bewegen, dass ihnen die Teilnahme an tatsächlich existierenden Lotterien, unter anderem der europäischen Lotterie „E. “, in Form von Spielgemeinschaften mit jeweils 149 bis 199 Per- sonen in Aussicht gestellt wurde. Die monatlich zu leistenden Kundenbeiträge für die Beteiligung an den Lottoprodukten der Angeklagten unter Bezeichnun- gen wie etwa „Eu. “ oder „Eur. “ sollten sich auf 49,00 € bis 59,90 € belaufen und waren per Lastschriftverfahren zu zahlen. Die Verschaffung einer Gewinnchance sollte jedoch nur vorgetäuscht werden. Tatsächlich wollten die Angeklagten die eingeworbenen Gelder für sich selbst verbrauchen und sich durch ihr Vorgehen eine erhebliche und dauerhafte Einnahmequelle verschaffen.
4
Zur Realisierung ihres Vorhabens gründeten die Angeklagten verschiedene , personell miteinander verflochtene Unternehmen im In- und Ausland. Ferner schalteten sie „diverse“ Callcenter ein, die auf Provisionsbasis Personen in ganz Deutschland für die Teilnahme an den Lottotippgemeinschaften telefo- nisch anwerben sollten. Dabei gaben sie den Callcentern vor, ausschließlich Neukunden zu akquirieren und bei den Werbeanrufen nach einem von ihnen entwickelten Gesprächsleitfaden vorzugehen. Die Mitarbeiter der Callcenter teilten den Angerufenen in den Werbegesprächen entsprechend den Vorgaben des Leitfadens u.a. mit, die zu zahlenden Monatsbeiträge würden – entgegen der ihnen nicht bekannten, gegenteiligen Absicht der Angeklagten – für die Beteiligung des Kunden an den beworbenen Lottotippgemeinschaften verwendet.
5
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts wichen die CallcenterMitarbeiter von den Vorgaben der Angeklagten ohne deren Wissen und Billigung in den Gesprächsleitfäden „mitunter“ ab, und zwar in mehrfacher Hinsicht, ohne dass den Urteilsgründen insoweit eine nähere zahlenmäßige Eingrenzung zu entnehmen ist:
6
So nannten die Beschäftigten der Callcenter den angerufenen Personen teilweise Vertragslaufzeiten, die von der durch die Angeklagten vorgegebenen Produktbeschreibung abwichen, oder versprachen eine tatsächlich nicht gegebene Geld-zurück-Garantie im Fall ausbleibender Gewinne. Der als Neukundin für das Produkt „Eur. “ geworbenen Zeugin W. , die bei Vertragsschluss vom Bestehen einer Gewinnchance ausging, wurde beispielsweise zugesagt, dass die ersten drei Monate der sechsmonatigen Vertragslaufzeit kostenlos seien und dass sie bei ausbleibenden Gewinnen auch die restlichen drei Monatsbeiträge würde erstattet bekommen. In anderen Fällen wurde den angerufenen Personen suggeriert, sie hätten bereits in der Vergangenheit einen – in Wahrheit nicht bestehenden – Vertrag geschlossen und könnten diesen nach Ablauf von drei weiteren Monaten kündigen, wofür man jedoch ihre Kontodaten benötige (sog. Negativverkauf). Teilweise verschafften sich CallcenterMitarbeiter – ohne Kenntnis der Angeklagten – die Kunden- und Kontodaten auch durch den Ankauf von unbekannten Dritten oder sie brachten entspre- chende Datensätze „sonstwie ohne eigene Akquise“ in Erfahrung. In diesen Fällen wurden die betroffenen Kontoinhaber telefonisch nicht kontaktiert. Die insoweit von den Lastschrifteinzügen betroffenen Personen gingen teilweise irrig davon aus, es sei ein entsprechender Vertrag über das auf dem Kontoauszug aufgeführte Produkt geschlossen worden, da sie sich den Zugriff auf ihr Konto nicht anders erklären konnten, teilweise bemerkten die Kontoinhaber die jeweilige Lastschrift mangels ausreichender Kontrolle nicht.
7
c) Die Callcenter übermittelten die bei den Telefonaten erlangten Daten und – sofern vorhanden – Gesprächsaufzeichnungen, die dem Nachweis des Vertragsschlusses dienten, an die von den Angeklagten gegründete, für die Kundenverwaltung zuständige Firma T. mit Sitz in Te. , wo sie zur Senkung der Rücklastschrift-Quote jedenfalls teilweise auf Unstimmigkeiten überprüft wurden. In der Annahme, sämtliche Daten seien entsprechend ihren Vorgaben erlangt worden, allen Personen sei also eine Beteiligung an einer Lotterie vorgespiegelt worden, gaben die Angeklagten die Bankdaten an den Zahlungsdienstleister weiter, der die Monatsbeträge der Kunden sodann im Lastschriftverfahren einzog und die Beträge nach Abzug von Gebühren an die Angeklagten überwies.
8
Zur Verschleierung ihres Vorhabens veranlassten die Angeklagten die Zeugin F. , eine Mitarbeiterin der T. , in einem gewissen Umfang tatsächlich Lottospieleinsätze vorzunehmen. Dies geschah in der Lottoannahmestelle des Tabak- und Zeitschriftengeschäfts der Zeugin Fe. in D. . Die Angeklagten setzten hierfür im Tatzeitraum circa 540.000 € ein, also etwa 20 % der erfolgreich eingeworbenen Monatsbei- träge. Tatsächlich hatten die Angeklagten niemals vor, etwaige Gewinne an die Kunden auszuzahlen, sondern wollten diese ebenfalls für sich behalten.
9
Von der T. für die einzelnen Kunden gleichwohl vorgenommene und elektronisch dokumentierte Gewinnberechnungen dienten lediglich dazu, den Anschein des Rechtmäßigen – auch gegenüber den Strafverfolgungsbehörden – zu wahren; Auszahlungen erfolgten in keinem Fall.
10
d) Die Angeklagten bewirkten auf diesem Weg, dass im Zeitraum vom 30. April 2009 bis zum 16. Juli 2010 in 81.398 Einzelfällen Monatsbeiträge von insgesamt 36.075 Kontoinhabern – teils mehrfach – abgebucht wurden. 36.510 Lastschriften wurden widerrufen, die entsprechenden Beträge daraufhin zurückgebucht; insoweit sind Verfahrensbeschränkungen nach § 154a Abs. 1 und 2 StPO erfolgt. Durch die verbleibenden, der Verurteilung allein zu Grunde liegenden 44.888 erfolgreichen Lastschriften wurden von 12.878 Kontoinhabern insgesamt 2.177.434,30 € abgebucht; sie werden im angefochtenen Urteil in Tabellenform aufgeführt. Von der Zeugin W. wurde durch fünf Lastschriften jeweils ein Monatsbeitrag in Höhe von 59,90 €, insgesamt 299,50 €, eingezogen.
11
2. Rechtlich hat die Strafkammer das Tatgeschehen – unter Heranziehung der Grundsätze des uneigentlichen Organisationsdelikts – als vollendeten bzw. versuchten (Eingehungs-)Betrug in 44.888 tateinheitlich zusammentreffenden Einzelakten gewertet und dabei auf die Zahl der Lastschriften abgestellt. Die gutgläubigen Callcenter-Mitarbeiter hätten, soweit sie sich nach den Vorgaben der Angeklagten richteten, die Angerufenen als mittelbare Täter durch die Erklärung getäuscht, die eingezogenen Gelder würden zur Errichtung der Spie- lerpools eingesetzt, was von den Angeklagten tatsächlich nicht beabsichtigt gewesen sei. Auf Grund dieser Täuschung hätten sich die Angerufenen „zum Teil auch geirrt“. Der infolge der irrtumsbedingten Vermögensverfügung eingetretene Schaden liege in dem jeweils abgebuchten Geldbetrag, da die Angeklagten die Erbringung der Gegenleistung von Anfang an nicht beabsichtigten. In den Fällen der sog. Negativverkäufe scheide ein vollendeter Betrug dagegen aus, weil der Vorsatz der Angeklagten eine solche Begehungsweise nicht umfasst habe. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Angeklagten auch in diesen Fällen zumindest versucht hätten, die Betroffenen über die Spielbeteiligung zu täuschen. Das unmittelbare Ansetzen liege hier in der Beauftragung der Callcenter. Entsprechendes gelte für die Fälle, in denen die Lastschrifteinzüge ohne vorherigen Kundenkontakt erfolgt seien. Zum Vorstellungsbild der Kunden , soweit das Landgericht Vollendung angenommen hat, wird in den Urteilsgründen ausgeführt, dass die geworbenen Neukunden sich nicht für eine Spielteilnahme entschieden hätten, wenn ihnen die tatsächliche Verwendung der Gelder und der fehlende Erwerb einer Gewinnchance bekannt gewesen wären.

II.


12
Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Auf die von ihnen erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht an.
13
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Betruges hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil ausreichende Feststellungen zum Schuldumfang fehlen.
14
a) Zwar hat das Landgericht – im Ausgangspunkt zutreffend – bei der Bewertung des Tatgeschehens die Grundsätze des sog. uneigentlichen Organisationsdelikts herangezogen. Danach können einzelne Beiträge eines Mittäters, mittelbaren Täters oder Gehilfen, die der Errichtung, Aufrechterhaltung und dem Ablauf eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebs dienen, zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden, indem die aus der Unternehmensstruktur heraus begangenen Tathandlungen in der Person des betreffenden Tatbeteiligten zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. August 2003 – 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 341; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 15; Beschluss vom 3. März 2016 – 4 StR 134/15, wistra 2016, 309, 310). Dies gilt namentlich für wiederkehrende gleichartige Einzelbetrugstaten im Rahmen einer betrieblichen Organisation (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184).
15
Aber auch bei Straftaten, die unter Schaffung und Ausnutzung einer Un- ternehmensstruktur „organisiert“ begangen werden,sind im Urteil hinreichend konkrete Feststellungen zu den Einzelakten dergestalt zu treffen, dass das Revisionsgericht auch in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob der Tatrichter von einem zutreffenden Schuldumfang ausgegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09 aaO, Tz. 7 f.).
16
aa) Gemessen daran ist es zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , dass die Strafkammer angenommen hat, in den Fällen der sog. Negativverkäufe sowie in denen aufgekaufter oder anderweitig beschaffter Kundendaten scheide ein vollendeter Betrug aus. Denn der Vorsatz der Angeklagten bezog sich ausschließlich auf mittelbar begangene Täuschungen im Wege der Neukundenakquise und ausdrücklich nicht auf die vorgenannten Fallgruppen. Für die Annahme einer bloß unwesentlichen Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf ist – nach den getroffenen Feststellungen – insoweit kein Raum. Die Angeklagten schrieben den Callcentern ein tatplangemäßes Vorgehen in allen wesentlichen Einzelheiten u.a. durch die Gesprächsleitfäden vor, so dass das Risiko abweichenden Verhaltens der Tatmittler gerade nicht in der – festgestellten – Organisation des Geschäftsbetriebs angelegt war. Dass das eigenmächtige Verhalten der Mitarbeiter der Callcenter den Angeklagten bekannt war, diese damit rechneten oder ihnen die Art der Datenbeschaffung gleichgültig war, ist nicht festgestellt. Die Strafkammer hat aber in keiner Weise zahlenmäßig eingegrenzt, wie viele der insgesamt 12.878 betroffenen Kontoinhaber tatplangemäß im Wege der Neukundenakquise über das Bestehen einer Gewinnchance getäuscht wurden. Im angefochtenen Urteil wird hierzu lediglich ausgeführt, dass dies „zum Teil“ der Fall gewesen sei. Dementsprechend bleibt offen, von wie vielen Vollendungsfällen das Landgericht im Ergebnis ausgegangen ist.
17
bb) Belegt wird eine den Angeklagten zuzurechnende Tatvollendung lediglich im Fall der Zeugin W. . Zwar wurden dieser im Rahmen der telefonischen Anwerbung von dem vorgegebenen Gesprächsleitfaden inhaltlich teilweise abweichende Versprechungen gemacht, indem man ihr eine dreimonatige Kostenfreiheit sowie eine Geld-zurück-Garantie im Fall ausbleibender Gewinne zusagte. Der Annahme eines vollendeten Betruges steht aber die – hier festgestellte – Mitursächlichkeit für den täuschungsbedingten Irrtum selbst dann nicht entgegen, wenn daneben noch ein anderer Beweggrund bestand, der für sich allein zu demselben Entschluss geführt hätte (BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 – 5 StR 618/58, BGHSt 13, 13, 14 f.; und vom 14. Juli 1999 – 3 StR 188/99, NStZ 1999, 558, 559; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 263 Rn. 87; MüKo- StGB/Hefendehl, 2. Aufl., § 263 Rn. 276). Dementsprechend belegen die Urteilsgründe insoweit einen hinreichenden Kausalzusammenhang des Irrtums der Zeugin W. mit der Täuschung über die grundsätzlich bestehende Gewinnchance mit der Eingehung des Vertragsverhältnisses und der Zahlung der Monatsbeiträge. Bezüglich der Zeuginnen G. und Gi. hat die Strafkammer hingegen keine Täuschung im Wege der Neukundenakquise festgestellt , so dass keine Tatvollendung belegt ist. Die übrigen als Zeugen vernommenen Kunden betreffen keinen der Fälle, die der Verurteilung zu Grunde liegen.
18
b) Es kommt hinzu, dass auch die Begründung des Landgerichts dafür, dass in jedem Fall einer erfolgreich eingezogenen Lastschrift die Voraussetzungen zumindest eines versuchten Betruges erfüllt seien, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
19
Sollen – wie hier – mehrere Personen durch eine Täuschung dazu veranlasst werden, wiederholte (hier monatlich erfolgende) Lastschrifteinzüge zu dulden und damit selbstschädigend über ihr Vermögen zu verfügen, bestimmt sich die Zahl der einzelnen Betrugstaten nämlich nicht nach der Zahl der Lastschriften , sondern nach der Zahl der getäuschten Personen (vgl. Senatsurteil vom 2. April 1987 – 4 StR 81/87, wistra 1987, 257 für mehrere, durch eine Täuschung veranlasste Überweisungen).
20
c) Die aufgeführten sachlich-rechtlichen Fehler führen angesichts der schwerwiegenden Mängel bei der Eingrenzung des Schuldumfangs zur Aufhebung des Schuldspruchs und nicht nur des Strafausspruchs (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176, 179; LR-StPO/ Franke, 26. Aufl., § 353 Rn. 11, 13).
21
2. Nach § 357 Satz 1 StPO war die Entscheidung auf die nicht revidierenden Verfallsbeteiligten zu erstrecken, da den Entscheidungen nach § 111i Abs. 2 StPO durch die mit der Sachrüge erfolgreichen Revisionen der Angeklagten die Grundlage entzogen wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. November 2014 – 4 StR 290/14, NStZ-RR 2015, 44; und vom 3. Juni 1997 – 4 StR 235/97, BGHR StGB § 73 Gewinn 2; Meyer-Goßner, aaO, § 357 Rn. 15).
22
3. Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:
23
a) Sollte der neue Tatrichter ebenfalls zu der im angefochtenen Urteil festgestellten, beträchtlichen und den Angeklagten bekannten Rücklastschriftquote gelangen, wird er diesem Umstand bei Prüfung der subjektiven Tatseite in Bezug auf eine durchgängige Unkenntnis der Angeklagten von einem teilweise tatplanwidrigen Vorgehen der Callcenter-Mitarbeiter besonderes Augenmerk zuwenden müssen. Sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer erneut von einer solchen Unkenntnis ausgehen, wird sich die Prüfung der Frage aufdrängen, ob sich das Verhalten der Callcenter-Mitarbeiter als unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf darstellt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34; Senatsurteil vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 223/15, BGHR StGB § 16 Abs. 1 Kausalverlauf 4; SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., vor §§ 13 ff. Rn. 61 f.).
24
b) Sollte mit Blick auf die unterschiedlichen Täuschungsvarianten die Aufklärung der genauen Zahl der jeweiligen Einzelakte des vollendeten bzw. versuchten Betruges auch im Wege einer Schätzung eine umfangreiche Beweisaufnahme erfordern, wird eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO zu erwägen sein (vgl. Senat, Urteil vom 22. Mai 2014 − 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460 f.). Eine einseitige Beschränkung der Strafverfol- gung auf den bloßen Tatversuch ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft, wie sie das Landgericht hier – wenn auch im Rahmen gleichartiger Tateinheit mit einem vollendeten Delikt – vorgenommen hat, sieht die Strafprozessordnung nicht vor (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, 1546).
25
c) Sollten in der neuen Hauptverhandlung wiederum Entscheidungen nach § 111i Abs. 2 StPO in Betracht kommen, wird die Härtevorschrift des § 73c StGB zu prüfen sein.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 134/15
vom
3. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2016:030316B4STR134.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts am 3. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten O. und L. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 4. Dezember 2014 geändert, soweit es diese Angeklagten betrifft,
a) im Schuldspruch dahin, dass diese Angeklagten jeweils des Betruges in 25 tateinheitlichen Fällen schuldig sind;
b) im Strafausspruch dahin, dass beide Angeklagte unter Wegfall der gegen sie verhängten Einzelstrafen zu Freiheitsstrafen verurteilt sind, der Angeklagte O. zu einer solchen von drei Jahren und neun Monaten, der Angeklagte L. zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten. 2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten O. und L. sowie die Revision des Angeklagten K. gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten des gemeinschaftlichen Betruges in 25 Fällen schuldig gesprochen. Die Angeklagten K. und O. hat es jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, den Angeklagten L. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Sachrüge; die Angeklagten K. und L. beanstanden zudem die Verletzung formellen Rechts.
2
Die Revisionen der Angeklagten O. und L. führen zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung der Schuld- und Strafaussprüche ; die weiter gehenden Rechtsmittel dieser Angeklagten sind – ebenso wie die Revision des Angeklagten K. insgesamt – erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


3
Zu den Revisionen der Angeklagten O. und L.
4
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht näher ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der von den Angeklagten erhobenen Sachrüge hat lediglich hinsichtlich des vom Land- gericht angenommenen Konkurrenzverhältnisses der 25 festgestellten Taten des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
6
a) Das Landgericht hat hierzu im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
7
Die Angeklagten waren Geschäftsführer der O. Verwaltungsgesellschaft mbH, der Angeklagte O. zudem auch deren Alleingesellschafter. Die O. Verwaltungsgesellschaft mbH war ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der S. GmbH & Co. KG, eines Unternehmens der Lebensmittelbranche, deren Kommanditist der Angeklagte O. war. Die S. GmbH & Co. KG hatte mit der Sü. GmbH einen Factoring-Vertrag geschlossen, wonach fällige Forderungen bis zu einem Ankaufslimit von dieser aufgekauft und im Übrigen treuhänderisch von ihr zum Einzug übernommen wurden. Dies wurde technisch dergestalt umgesetzt, dass Mitarbeiter der S. GmbH & Co. KG die betreffenden Rechnungen in ein Netzwerk einstellten, auf welches auch die Sü. GmbH Zugriff hatte. Diese ermittelte werktäglich eine Gesamtforderungssumme und berechnete unter Berücksichtigung einer Factoring-Gebühr und eines Sicherheitseinbehalts eine Auszahlungssumme, die jeweils nach Prüfung durch Mitarbeiter der Sü. GmbH an die S. GmbH & Co. KG überwiesen wurde.
8
Nachdem aufgrund von Umsatzrückgängen die Insolvenz der Unternehmensgruppe drohte, beschlossen die drei Angeklagten einvernehmlich, zusätzlich auch Scheinrechnungen einzureichen, um so Liquidität zu generieren. In der Folge wurden zwischen Juni und September 2013 insgesamt 90 Scheinrechnungen über einen Gesamtbetrag von 6.775.723,02 Euro bei der Sü. GmbH eingereicht. Diese wurden von einer Finanzbuchhalterin dem gemeinsamen Tatplan entsprechend jeweils auf Anweisung des Angeklagten K. verfasst und in das Netzwerk eingestellt. Die Sü. GmbH kaufte auch diese vermeintlichen Forderungen an, übernahm die jeweiligen Rechnungssummen und schrieb sie dem Verrechnungskonto gut. Auf diese Weise wurden im Tatzeitraum an insgesamt 25 Tagen jeweils eine oder mehrere Scheinrechnungen eingereicht und von der Sü. GmbH angekauft, die daraufhin mindestens 6.004.878,46 Euro rechtsgrundlos an die S. GmbH & Co. KG auszahlte. Die Angeklagten L. und O. wurden durch den Angeklagten K. durch sog. Reportings und in persönlichen Gesprächen laufend über die Unternehmensentwicklung unterrichtet. Danach war den Angeklagten L. und O. die Höhe der eingebuchten Scheinrechnungen – wenn auch nicht nach tagesaktuellem Stand, so jedenfalls der Größenordnung nach – bewusst.
9
Das Landgericht ist von Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB ausgegangen, hat die Voraussetzungen eines sog. uneinheitlichen Organisationsdelikts mit der Folge einer einzigen materiell-rechtlichen Tat jedoch für alle drei Angeklagten verneint.
10
b) Diese rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen zwar entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten O. und L. seien als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) der Betrugstaten anzusehen. Denn es ist den Urteilsgründen jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass alle drei Angeklagten nicht nur aufgrund des gemeinsamen Tatentschlusses und ihrer gleichberechtigten Stellung sämtlich Tatherrschaft innehatten und die Taten als eigene wollten, sondern dass sie als Geschäftsführer, der Angeklagte O. außerdem als Alleingesellschafter der O. Verwaltungsgesellschaft mbH, auch ein erhebliches Eigeninteresse hatten.
11
c) Hingegen hält bei den Angeklagten O. und L. die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB) in den vom Landgericht festgestellten 25 Einzelfällen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab.
12
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter im Rahmen einer Tatserie für jeden Täter regelmäßig nach der Zahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten „Geschäftsbetriebs“ , sinddiese Tathandlungen als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat zusammenzufassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, StV 2010, 363, vom 14. November 2012 – 3 StR 403/12, StV 2013, 386, 387, und vom 23. Mai 2013 – 2 StR 555/12, wistra 2013, 389 f.). Ohne Bedeutung ist dabei, ob Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 346/11, wistra 2012, 67, 68; Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841, jeweils mwN).
13
bb) Gemessen daran liegt bei den Angeklagten L. und O. jeweils nur eine Tat des Betruges in 25 tateinheitlichen Fällen vor.
14
Die Urteilsgründe belegen keine individuellen, die einzelnen Taten der Betrugsserie fördernden Tatbeiträge der Angeklagten O. und L. . Vielmehr beschränkten sich die Tatbeiträge dieser beiden Angeklagten auf die Mitwirkung an der Entwicklung des gemeinsamen Tatplans, der Fassung des Tatentschlusses, sowie darauf, dass sie die aufgrund dieses Tatplans durch den Angeklagten K. im Einzelnen veranlasste Einreichung von Scheinrechnungen als gleichberechtigte Geschäftsführer mittrugen. Zusätzlich wurden sie über den Fortgang der Einreichung der Scheinrechnungen jedenfalls in den wesentlichen Grundzügen laufend vom Angeklagten K. informiert.
15
d) Der Senat ändert die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden, die eine andere konkurrenzrechtliche Beurteilung tragen könnten. § 265 StPO steht dem nicht entgegen , da nicht anzunehmen ist, dass sich die geständigen Angeklagten wirksamer als geschehen verteidigt hätten.
16
Die Annahme von Gewerbs- und Bandenmäßigkeit wird durch die Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht berührt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 ff., 187 f.). Dass der Angeklagte K. als Mittäter die einzelnen Taten tatmehrheitlich begangen hat, ist ohne Bedeutung (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. Januar 2008 – 5 StR 572/07, wistra 2008, 181, 182).
17
3. Die Änderung der Schuldsprüche hat zwar zur Folge, dass die verhängten Einzelstrafen entfallen. Der Senat lässt jedoch die bisherigen Gesamtstrafen als Einzelstrafen bestehen. Die Schuldspruchänderung berührt den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten nicht. Der Senat kann angesichts der Strafzumessungserwägungen ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses auf niedrigere Strafen erkannt hätte.

II.


18
Zur Revision des Angeklagten K.
19
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der vom AngeklagtenK. erhobenen Sachrüge hat keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.
20
1. Insbesondere wird die Annahme von 25 rechtlich selbständigen Betrugstaten von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen, wonach der Angeklagte in jedem dieser Fälle den aktuellen Finanzbedarf der Unternehmensgruppe ermittelte und die ihm unterstellte Finanzbuchhalterin sodann anwies, tatplangemäß eine entsprechende Scheinrechnung zu erstellen.
21
2. Wegen der weiteren sachlich-rechtlichen Beanstandungen verweist der Senat ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 16. Oktober 2015.

III.


22
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig , auch die Angeklagten L. und O. mit den gesamten durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 468/12
vom
22. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum versuchten Betrug
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Januar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 5. Januar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 130 € verurteilt. Die Re- vision des Angeklagten wie die zu seinem Nachteil geführte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts unterstützte der Angeklagte als Geschäftsführer des von ihm gegründeten Finanzdienstleistungsunternehmens P. GmbH unter anderem die ehemaligen Mitangeklagten O. und H. Ö. bei deren betrügerischen Taten, indem er den Lastschrifteinzug für die von O. , Ö. und weiteren Mittätern betriebene W. GmbH (im folgenden W. ) durchführte und dieser so ermöglich- te, durch ihr auf Täuschungshandlungen beruhendes Geschäftsmodell Umsätze zum Nachteil vermeintlicher Kunden zu generieren.
3
O. und Ö. waren spätestens Ende des Jahres 2009 mit den gesondert verfolgten K. und M. Ö. übereingekommen, die als Dienstleister für Gewinnspieleintragungsdienste auftretende W. mit Hauptsitz in Berlin zu gründen und zu betreiben. Das im Folgenden in die Tat umgesetzte Geschäftsmodell der W. bestand darin, fortlaufend eine möglichst große Zahl oft älterer Personen im Wege des Telefonvertriebs dazu zu bringen, ihre Kontoverbindungen preiszugeben und den hierdurch ermöglichten monatlichen Abbuchungen in Höhe von 49 € bis 59 € nicht zu widersprechen. Die Telefonanrufe erfolgten aus Callcentern in der Türkei, die von mit der W. wirtschaftlich in Verbindung stehenden und insbesondere K. zuzuordnenden Firmen betrieben wurden. Nachdem O. und H. Ö. von den Callcentern die Adressdaten und die Kontoverbindungen der angerufenen Personen erlangt hatten, veranlassten sie zunächst die Firma a. und ab Februar 2011 die P. GmbH des Angeklagten als Lastschriftdienstleister, von den Konten die Monatsbeträge der Teilnahmegebühren im Lastschriftverfahren einzuziehen. Auf diese Weise verschafften sich die ehemaligen Mitangeklagten O. und H. Ö. sowie M. Ö. und K. im Zeit- raum Dezember 2009 bis Juni 2011 insgesamt Einnahmen „im deutlich achtstelligen Euro-Bereich“ (UA S. 4).
4
Die regelmäßig unter falschen deutschen Namen agierenden „Callcenter- Agents“ wandten zur gezielten Irreführung der Angerufenen hauptsächlich zwei verschiedene Gesprächsstrategien an: Bei der „Kündigungsmasche“ wurde ge- genüber dem Angerufenen behauptet, er habe bereits einen Vertrag mit einem Gewinnspieleintragungsdienst geschlossen; diesen Vertrag könne er jedoch im Rahmen eines dreimonatigen Sonderkündigungsrechts beenden – allerdings nur gegen Zahlung von drei monatlichen Servicebeiträgen. Bei der „Daten- löschmasche“ wurde dem Angerufenen gegenüber behauptet, man habe Kenntnis davon, dass er ständig von Gewinnspielfirmen angerufen werde; gegen Zahlung einer Servicegebühr könne man für eine Löschung seiner Daten und ein Ende der Anrufe sorgen, indem ihn die W. in eine Sperrliste eintrage, wozu die W. jedoch tatsächlich nicht in der Lage war.
5
Neben diesen Methoden kam es auch vor, dass sich „Callcenter-Agents“ als Mitarbeiter von Strafverfolgungs- und Datenschutzbehörden oder Verbraucherschutzstellen sowie als Rechtsanwälte ausgaben, um Kundendaten zu erlangen.
6
Im Anschluss an den nicht aufgezeichneten ersten Anruf erfolgte seitens der „Callcenter-Agents“ ein aufgezeichneter und gespeicherter Kontrollanruf,in dem die bereits erlangten Kundendaten erneut abgefragt wurden, um zum Schein den Nachweis eines ordnungsgemäßen Vertragsschlusses zu generie- ren. Diese als „Quality-Calls“ bezeichneten Gespräche wurden teilweise für Kunden zum telefonischen Fernabruf bereitgehalten, „um ihnen noch deutlicher das Gefühl zu vermitteln, dass sie sich den vermeintlichen Ansprüchen der W. nicht würden entziehen können“ (UA S. 5).
7
Im weiteren Verlauf wurden die von den Callcentern angerufenen Personen durch die W. mit Wissen und Billigung O. s und H. Ö. s zusätzlich in die Irre geführt. Hierzu übermittelte die W. die persönlichen Daten der Kunden an die D. GmbH, die ihnen entsprechend den Vorgaben der beiden ehemaligen Mitangeklagten mit den Logos verschiedener Gewinnspielprodukte versehene Begrüßungsschreiben übersandte. In diesen wurde behauptet, die Empfänger hätten sich zur Teilnahme „bei Ihrem persönli- chen Gewinnspielclub ... mit der 100%-Geld-zurück-Garantie“ entschieden und würden nunmehr gegen monatliche Zahlung eines sogenannten Servicebetra- ges von 49 € bis 59 € „jeden Monat bei mindestens 200 der besten Gewinnspiele Deutschlands“ angemeldet. Außerdem wurde den Empfängern eine Mindest- Gewinnsumme von regelmäßig 500 € garantiert. Tatsächlich erfolgte als Gegenleistung im Wesentlichen die Anmeldung bei im Internet kostenlos angebotenen Gewinnspielen, in denen überwiegend Preise zu gewinnen waren, deren Wert sich im zweistelligen Euro-Bereich bewegte. Darüber hinaus meldete die W. monatlich regelmäßig 14.000 bis 16.000 Personen bei dem Tippspiel l. an, in dem für sechs Richtige (aus 49 Zahlen) mit Zusatzzahl ein Gewinn von 1 Million €, für sechs Richtige ohne Zusatzzahl ein solcher von 1.000 € und für fünf Richtige ein Gewinn von 5 € erzielt werden konnte.
8
Entgegen dem Wortlaut der Begrüßungsschreiben wurde auch keine „Geld-zurück- bzw. Gewinn-Garantie“ übernommen. Vielmehr wurden Gutscheine jeglicher Art auf die vermeintliche Gewinnsumme angerechnet. Die W. beauftragte dementsprechend ab Juni 2010 die ad. GmbH mit der Anmeldung vor dem Auslaufen des Vertrages stehender Kunden bei einem Garantie-Gewinnspiel, bei dem jeder Teilnehmer einen Gewinn in Form eines Reisegutscheins mit einem vorgeblichen Nennwert von mindestens 700 € erzielte. Derartige Gutscheine bezog die ad. GmbH von der B. GmbH zum Nulltarif.
9
Den ehemaligen Mitangeklagten O. und H. Ö. sowie K. und M. Ö. „kam es darauf an, durch die Begrüßungsschreiben bei den Empfängern die falsche Vorstellung hervorzurufen, sie hätten sich bereits verbindlich und rechtswirksam zu einer längerfristigen kostenpflichtigen Teilnahme an Gewinnspielen mit realistischen Aussichten auf werthaltige Preise verpflichtet, und sie so dazu zu veranlassen, von Kündigungen und Widersprü- chen bzw. Rückbuchungen abzusehen“ (UA S. 6). Sofern die Empfänger der Schreiben dem angeblichen Vertragsschluss nicht zeitnah widersprachen, wur- den die „Servicebeträge“ in der Folge durch den Zahlungsdienstleister – mithin ab Februar 2011 durch die Firma des Angeklagten – im Auftrag der W. monatlich im Lastschriftverfahren eingezogen.
10
Der Angeklagte handelte – so das Landgericht – spätestens seit dem 28. März 2011 „mit dem sicheren Wissen, dass zumindest ein Teil der ‚Verträ- ge‘ der W. mit Endkunden ... durch Täuschung erschlichen war, und hielt dies in Bezug auf jeden einzelnen Vertrag zumindest für sehr wahrscheinlich. Gleichwohl setzte er den Lastschrifteinzug für die W. bis zur Durchsuchung der Geschäftsräume der W. und der P. GmbH im Juni 2011 fort“ (UA S. 9).
11
Als O. im Januar 2011 an den Angeklagten herangetreten war und nach Dienstleistungen durch Lastschrifteinzug gefragt hatte, hatte dieser die Übernahme des Auftrags bezüglich der Sperrlistenprodukte abgelehnt, hinsichtlich des Gewinnspieleintragungsservices jedoch angenommen, nachdem er sich die „ordnungsgemäße“ Erbringung der Dienstleistungen sowie die Richtig- keit der Vertragsschlüsse schriftlich hatte zusichern lassen.
12
Tatsächlich aber – so das Landgericht weiter – wurden auch im Bereich Gewinnspieleintragungsdienste jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle seitens der W. gerade keine Verträge abgeschlossen, sondern „negativ verkauft“ – worunter nach der im Urteil gegebenen Erläuterung in der Callcenter-Branche bei „gewissen Unschärfen im Detail“ eine Form der Gesprächsführung verstanden wird, bei der beim Kunden gerade nicht der Wunsch eines Vertragsschlusses, sondern allein der Wunsch des Herauskommens aus einer unangenehmen Situation oder unerwünschten, mutmaßlich bereits eingegangenen vertraglichen Bindung ausgenutzt wird (UA S. 4 und 9).
13
Nach den ersten von der P. GmbH für die W. gebuchten Lastschrift- läufen kam es „zueiner Quote an Rücklastschriften wegen Widerspruchs der jeweiligen ‚Kunden‘, die jedenfalls der internen Compliance-Abteilung der P. GmbH so verdächtig vorkam, dass der Angeklagte von seinen Mitarbeitern mehrfach auf die auffälligen Rücklastschriftquoten hingewiesen wurde“ (UA S. 9). „Dem Angeklagten L. war aufgrund seiner umfangreichen Erfahrung im Bereich der Zahlungsdienstleistungen klar, dass die erhöhte Quote der Rücklastschriften wegen Widerspruchs insbesondere auf Probleme mit der ‚Neukundenproduktion‘ zurückzuführen war. Typischerweise widersprechen ‚Kunden‘ insbesondere dann einer Lastschrift, wenn sie sich nicht bewusst sind, einen Vertrag geschlossen zu haben, oder wenn sie sich überrumpelt fühlen. Dies wiederum ist typisch für negatives Verkaufen“ (UA S. 10).
14
In einem Telefonat äußerte der Angeklagte am 28. März 2011 gegenüber dem ehemaligen Mitangeklagten O. : „Wenn ich die Zahlen alleine zugrunde lege, die Statistiken, die wir haben ... Wenn ich diese Quoten nehme, dann weiß ich, dass Sie negativ verkaufen und dass da auch ganz schlecht verkauft wird“ (UA S. 12).
15
Der Angeklagte versuchte zwar, O. dazu zu veranlassen, in den von der W. beauftragten Callcentern künftig „sauber“ zu arbeiten, nahm aber nicht davon Abstand, „Lastschrifteinzüge für bereits in der Vergangenheit – und damit mit sicherem Wissen des Angeklagten L. zu einem erheblichen An- teil betrügerisch – geschlossene Verträge zu buchen“ (UA S. 10). Die P. GmbH erzielte aus den Buchungen für die W. zwischen dem 31. März und dem 31. Mai 2011 einen Brutto-Ertrag von mindestens 154.000 €.
16
2. Seine Überzeugung vom sicheren Wissen des Angeklagten „bezüglich wiederholtem und nennenswertem Negativverkauf und damit von seinem sicheren Wissen bezüglich des Nichtbestehens einer Forderung zumindest bei einigen der von der P. GmbH auf seine Anweisung durchgeführten Lastschrif- ten“ hat das Landgericht maßgeblich auf das Telefonat mit O. vom 28. März 2011 gestützt. Allerdings ist die Wirtschaftsstrafkammer „zu Gunsten des Angeklagten letztlich“ davon ausgegangen, dass die Quoten beiden Lastschriftläufen für die W. nicht in einer Weise erhöht waren, dass der Angeklag- te hieraus allein auf „negatives Verkaufen“ hätte schließen müssen (UA S. 12).
17
3. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten rechtlich als Beihilfe zum versuchten gemeinschaftlichen Betrug bewertet. Die ehemaligen Mitangeklagten O. und H. Ö. hätten spätestens durch die Übersendung der Begrüßungsschreiben unmittelbar dazu angesetzt, den vermeintlichen Kunden das Bestehen eines Vertragsverhältnisses vorzuspiegeln, um sie auf diese Weise zu veranlassen, auf einen Widerspruch gegen die spätere Abbuchung per Lastschrift zu verzichten. Da sich die Tatbeiträge der Haupttäter nicht auf die konkrete Täuschung einzelner Empfänger bezogen hätten, sondern auf die Fortführung des auf die serienmäßige Begehung von Betrugstaten gerichteten Geschäftsmodells, seien ihre Tatbeiträge als uneigentliches Organisationsdelikt und damit als eine einheitliche Tat anzusehen. Um nicht bezüglich der mehr als 200.000 Kunden aufklären zu müssen, „welcher Kunde aufgrund welcher Annahme welchen Vertrag möglicherweise geschlossen hat und auf welche Ge- sprächsführung seitens der „Callcenter-Agents“ – also auf welche mögliche Täuschungshandlung – die jeweilige Vorstellung des Kunden in jedem Einzelfall zurückging“ (UA S. 14), hat die Strafkammer die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der Beihilfe zum versuchten Betrug beschränkt. Eine vom Tatentschluss der Haupttäter umfasste Täuschung komme hinsichtlich der Gewinnspieleintragungsdienste über Gewinnchancen und Gewinnhöhe sowie darüber in Betracht, dass vorab ein Vertrag geschlossen worden sei, der durch die Zahlung sogenannter Servicegebühren vorzeitig beendet werden könnte, oder darüber, dass überhaupt eine vertragliche Bindung eingegangen werden sollte. Hinsichtlich der Sperrlistenprodukte habe sich die vom Vorsatz der Haupttäter umfasste Täuschung darauf bezogen, dass tatsächlich verhindert werden könne, dass die Angerufenen künftig zu Werbezwecken kontaktiert würden. Die irrtumsbedingte Vermögensverfügung hat das Landgericht insbesondere darin erblickt, dass die Kunden nach dem Tatplan aufgrund einer oder mehrerer der genannten Fehlvorstellungen davon absahen, nach Abbuchung durch den von der W. beauftragten Zahlungsdienstleister durch Ausübung ihres Widerspruchsrechts gegenüber der kontoführenden Bank eine Rückbuchung zu erreichen. Hierdurch sei den Kunden auch ein entsprechender Vermögensschaden entstanden, da durch die Zahlung mangels wirksamen Vertragsschlusses keinerlei Zahlungsansprüche der W. erloschen seien.
18
Zu dieser Tat der ehemaligen Mitangeklagten habe der Angeklagte einen die Tat objektiv entscheidend fördernden Beitrag geleistet, da die Haupttäter ihre Taten ohne den Lastschrifteinzug durch die P. GmbH, die er als Geschäftsführer und Gesellschafter allein kontrolliert habe, nicht hätten begehen können.
19
Der Angeklagte habe auch mit dem notwendigen doppelten Gehilfenvorsatz gehandelt, denn er habe spätestens seit dem 28. März 2011 die Umstände gekannt, „aus denen rechtlich folgt, dass jedenfalls mit einem substantiellen Anteil der ‚Kunden‘ der W. aus den oben im einzelnen dargelegten Gründen kein wirksamer Vertrag geschlossen wurde“ (UA S. 17). Damit habe er auch gewusst, dass ein beträchtlicher Teil der von ihm im Lastschriftverfahren eingezogenen Gelder der W. nicht zustand.
20
Diese rechtliche Würdigung stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an eine Beihilfe durch berufstypische , äußerlich neutrale Handlungen. Der Angeklagte habe sicher gewusst, dass der Geschäftszweck der W. darauf angelegt war, die festgestellten Betrugstaten zu begehen. Auch habe er aus zahlreichen Gesprächen mit O. und von einem Besuch in den türkischen Callcentern „recht genauen Einblick in die Geschäftstätigkeit der W. und der ihr verbundenen türkischen Unterneh- men“ gehabt (UA S. 18). Daher habe er es nicht nur für möglich, sondern „we- nigstens für einen erheblichen Teil der von der P. GmbH durchgeführten Ab- buchungen für sicher“ gehalten, dass sein Beitrag für Betrugstaten genutzt wur- de. Er habe sich somit das Geschäft der W. angelegen sein lassen, „denn wie er wusste, war das Risiko zumindest zahlreicher nicht gerechtfertigter Abbuchungen nicht nur extrem hoch, sondern lag bei 100 %“ (UA S. 18).

II.


21
1. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge vollen Umfangs zum Erfolg. Die rechtliche Würdigung und die Beweiswürdigung des Landgerichts enthalten Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es mithin im Ergebnis nicht an.
22
a) Zutreffend geht die Strafkammer davon aus, dass sich die ehemaligen Mitangeklagten O. und H. Ö. durch das festgestellte Tatgeschehen des (versuchten) Betruges schuldig gemacht haben. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegt es keinem Zweifel, dass denjenigen Personen, die durch Täuschung – etwa über das Bestehen einer vertraglichen Verpflichtung – zur Herausgabe ihrer Kontodaten und zum Unterlassen des Widerspruchs gegen die durch die P. GmbH vorgenommene Abbuchung veranlasst wurden, irrtumsbedingt ein Vermögensschaden entstanden ist. Die Hinnahme der Abbuchung wirkte sich unmittelbar vermögensmindernd aus, ohne dass dies durch den Erhalt einer werthaltigen Gegenleistung oder das Erlöschen einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung kompensiert worden wäre.
23
aa) Die als vermeintliche vertragliche Gegenleistung erfolgte Eintragung bei Gewinnspielen stellt keinen der Zahlung entsprechenden und die durch diese eintretende Vermögenseinbuße ausgleichenden Vermögenszuwachs dar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob – was zudem angesichts der Höhe des monatlichen Beitrags fernliegend erscheint – ein der Zahlung entsprechender Marktwert der in der Eintragung bei Gewinnspielen liegenden Dienstleistung besteht. Ein solcher würde – unabhängig von der Frage der Unmittelbarkeit der Schadenskompensation (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 111 mwN) – in Anbetracht der Minderwertigkeit und fehlenden Weiterveräußerungsmöglichkeit der erlangten Dienstleistung nichts daran ändern, dass das Vermögen des Betroffenen bei einem Vergleich des Zustands vor Durchführung des Geschäfts, also vor der Zahlung und dem Erhalt der Gewinnoption, mit dem danach bestehenden Zustand objektiv als gemindert anzusehen ist. Der durch die Eintragung bei Gewinnspielen erlangte wirtschaftliche Gegenwert besteht allein in der stochastisch zu errechnenden Gewinnerwartung, die hinsichtlich der Gesamt- heit der in Rede stehenden Gewinnspiele jedenfalls erheblich hinter den gezahlten Beträgen zurückblieb.
24
bb) Das Erlöschen einer etwaigen vertraglichen Zahlungspflicht kommt nicht als Schadenskompensation in Betracht. Zu Recht hat das Landgericht angenommen , dass in den Fällen, in denen die Kunden irrtümlich von einem bereits bestehenden Vertrag ausgingen und nur deshalb die Lastschriften hinnahmen , ein solcher auch nicht durch das Dulden der Abbuchung zustande gekommen ist und deshalb zum Zeitpunkt der im Absehen vom Widerspruch gegen die Lastschrift zu sehenden Vermögensverfügung keine Verbindlichkeit der Verfügenden bestand. Aber auch dann, wenn es zum täuschungsbedingten Vertragsschluss gekommen sein sollte, liegt eine Schadenskompensation nicht vor. Abgesehen davon, dass die Befreiung von einer ohne Weiteres durch Anfechtung gemäß § 123 BGB zu beseitigenden Zahlungspflicht keinen der Zahlung entsprechenden wirtschaftlichen Gegenwert darstellt, wäre die Vermögensverfügung dann schon im irrtumsbeeinflussten Vertragsschluss selbst zu sehen; der Schaden läge in diesem Fall darin, dass der eingegangenen Zahlungspflicht keine gleichwertige Gegenleistung oder Gegenforderung gegenüberstünde (vgl. Fischer aaO Rn. 119a mwN).
25
b) Die Feststellungen belegen jedoch nicht das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen einer strafbaren Beihilfe. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich das betrügerische Geschäft der W. angelegen sein lassen, weil er gewusst habe, dass das Risiko zahlreicher nicht gerechtfertigter Abbuchungen nicht nur extrem hoch gewesen sei, sondern bei 100 % gelegen habe, beruht auf einer nicht ausreichend tatsachengestützten und daher unzureichenden Beweiswürdigung. Ob die in einer Konstellation wie der vorliegenden bestehenden besonderen rechtlichen Anforderungen erfüllt sind, lässt sich anhand der von der Wirtschaftsstrafkammer festgestellten Tatsachen nicht beurteilen.
26
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Beihilfestrafbarkeit bei berufstypischen „neutralen“ Handlungen die folgenden Grundsätze zu beachten: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (BGH, Beschluss vom 20. September 1999 – 5 StR 729/98, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 20; BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 112 ff.; Schünemann in LK, 12. Aufl., § 27 Rn. 19).
27
bb) Diese Grundsätze dienen im Wesentlichen der Begrenzung von strafbarem Beihilfeunrecht bei Verhaltensweisen, „die der Ausführende jedem anderen in der Lage des Täters gegenüber vorgenommen hätte, weil er mit der Handlung – im Vorhinein (auch) – tat- und täterunabhängige eigene, rechtlich als solche nicht missbilligte Zwecke verfolgt“ (Wohlleben, Beihilfe durch äußer- lich neutrale Handlungen, 1996, S. 4; Schünemann aaO Rn. 17). Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Fällen, in denen sich der fördernde Beitrag des Gehilfen bereits objektiv nicht als strafbare Beihilfe darstellt, und denjenigen, in denen subjektive Gründe einer Strafbarkeit entgegenstehen.
28
Aus objektiven Gründen kann eine strafbare Beihilfe zu verneinen sein, wenn dem Handeln des – um die bevorstehende Deliktsverwirklichung wissenden – Täters der „deliktische Sinnbezug“ (Schünemann aaO Rn. 18) fehlt, weil das vom Gehilfen geförderte Tun des Haupttäters nicht allein auf die Begehung einer strafbaren Handlung abzielt und der Beitrag des Gehilfen auch ohne das strafbare Handeln des Täters für diesen sinnvoll bleibt (vgl. Schünemann aaO), der Gehilfe mithin zwar den Täter, nicht aber unmittelbar dessen strafbares Tun durch seinen Beitrag unterstützt.
29
Subjektiv besteht insoweit Anlass zu einer Begrenzung der Beihilfestrafbarkeit , als der Außenstehende eine deliktische Verwendung seines Beitrags durch den Täter zwar für möglich hält – also mit dolus eventualis handelt – aufgrund des Alltagscharakters seines Tuns aber darauf vertrauen darf, dass der andere dieses nicht zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat ausnutzen wird (vgl. Schünemann aaO Rn. 19; näher zum Vertrauensgrundsatz Roxin, FS Tröndle, 1989, S. 177). Indem der Bundesgerichtshof in den Fällen, in denen der Hilfeleistende nicht weiß, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, die Strafbarkeit davon abhängig macht, ob das vom Hilfeleistenden erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derart hoch ist, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein lässt, wird sichergestellt, dass sich niemand durch bloße Mutmaßungen über die Möglichkeit einer strafbaren Verwendung von alltäglichen, sozial nicht unerwünschten Handlungen abhalten lassen muss.
30
cc) Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so steht in objektiver Hinsicht der „deliktische Sinnbezug“ des in der Durchführungdes Lastschrifteinzugs liegenden Beitrags des Angeklagten außer Zweifel, weil das Handeln der Haupttäter nach den insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ausschließlich auf die Begehung von Betrugstaten abzielte. Hierfür ist unerheblich, dass bei einzelnen Abbuchungen ein vollendeter Betrug mangels eines auf Täuschung basierenden Irrtums der Kunden ausscheidet. Unabhängig davon ist nämlich – wie die Wirtschaftsstrafkammer zutreffend angenommen hat – das gesamte Vorgehen der ehemaligen Mitangeklagten – einschließlich der Veranlassung der einzelnen Abbuchungen, hinsichtlich derer sie durchweg zumindest mit bedingtem Betrugsvorsatz handelten – jedenfalls als versuchter Betrug zu werten. Für eine objektive Einschränkung der Beihilfestrafbarkeit des Angeklagten besteht insoweit kein Anlass.
31
Sollte der Angeklagte positive Kenntnis vom Vorgehen der Haupttäter gehabt haben, ergäbe sich hieraus vorliegend ohne Weiteres seine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum versuchten Betrug. Hierfür würde es im Übrigen auch ausreichen , wenn sich die Kenntnis des Angeklagten nur auf einen – sei es auch nur kleinen – Teil der eingezogenen Forderungen bezog, weil er auch dann wissentlich ein strafbares Tun gefördert hätte.
32
In subjektiver Hinsicht würde es hingegen nicht genügen, wenn der Angeklagte bezüglich der von ihm eingezogenen Forderungen die Begehung von Betrugstaten durch die Haupttäter lediglich für möglich gehalten hätte. Vielmehr bedarf es gemäß den dargelegten Grundsätzen konkreter Feststellungen, die belegen, dass das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens derart hoch war, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung der erkennbar tatgeneigten ehemaligen Mitangeklagten angelegen sein ließ. Maßgeblich ist, ob es für den Angeklagten Anhaltspunkte gab, die es zumindest als sehr wahrscheinlich erscheinen ließen, dass – wie es tatsächlich der Fall war – das gesamte durch ihn geförderte Tun der Haupttäter auf die Begehung versuchter Betrugstaten angelegt war oder aber jedenfalls ein Teil der einzuziehenden Forderungen aus solchen Straftaten herrührte. Dementsprechende gesicherte Feststellungen lässt das angefochtene Urteil jedoch vermissen.
33
(1) Die Feststellungen zu den erhöhten Rücklastschriftquoten wegen Widerspruchs , die womöglich einen Anhaltspunkt für systematisches betrügerisches Vorgehen darstellen könnten, sind bereits deshalb unzureichend, weil weder deren tatsächliche Höhe noch etwaige dem Angeklagten bekannte Vergleichswerte benannt werden, so dass sich die Aussagekraft der Rücklastschriftquoten der revisionsgerichtlichen Überprüfbarkeit entzieht.
34
(2) Des Weiteren legt das Landgericht nicht hinreichend dar, inwieweit die Abweichungen der Rücklastschriftquoten von bekannten Durchschnittswerten eine statistische Signifikanz aufweisen. Es setzt sich ferner nicht genügend mit den verschiedenen Erklärungsmöglichkeiten für überdurchschnittlich hohe Werte auseinander. Insbesondere bleibt die Frage ungeklärt, inwieweit die erhöhten Werte etwa auch auf Formen sogenannten negativen Verkaufens zurückzuführen sein könnten, die noch nicht dem Tatbestand des § 263 StGB unterfallen , oder gar eine Erklärung in der Minderwertigkeit der unter Umständen unter bloßer Überrumpelung, jedoch ohne Täuschung verkauften Gewinnspielprodukte finden. Bei der Auswertung der Rücklastschriftquoten ist aber von entscheidender Bedeutung, ob eine hinreichend eindeutige, für den Angeklagten erkennbare Signifikanz gerade hinsichtlich eines strafbaren Verhaltens der Haupttäter vorliegt, andernfalls kann aufgrund der Rücklastschriftquoten nicht angenommen werden, der Angeklagte habe ein derart hohes Risiko strafbaren Verhaltens erkannt, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung der erkennbar tatgeneigten Täter angelegen sein ließ. Eine nähere Klärung dieser Fragen ist hier auch deshalb geboten, weil das Urteil im Rahmen der Erörterung der Kenntnis des Angeklagten vom Vorgehen der Haupttäter überwiegend nicht ausdrücklich auf Täuschungshandlungen, sondern auf den unscharf bleibenden Begriff des „negativen Verkaufens“ abstellt und seine Überzeugung vom siche- ren Wissen des Angeklagten maßgeblich auf dessen wörtlich auf diesen Begriff bezogene Äußerung im Telefonat vom 28. März 2011 stützt.
35
(3) Die Bewertung dieses Telefonats birgt zudem schon für sich genommen einen durchgreifenden Rechtsfehler. Das Landgericht zieht dieses Telefonat als entscheidendes Indiz für die Feststellung sicheren Wissens des Ange- klagten „bezüglich wiederholtem und nennenswertem Negativverkauf“ heran. Dies verträgt sich nicht mit dem zu Gunsten des Angeklagten angenommenen Umstand, „die Quoten bei den Lastschriftläufen für die W. “ seien „nicht in einer Weise erhöht“ gewesen, „dass der Angeklagte hieraus allein auf negatives Verkaufen hätte schließen müssen“ (UA S. 12). Denn in dem Telefonat begrün- det der Angeklagte sein gegenüber seinem Geschäftspartner O. behauptetes Wissen unmittelbar und ausschließlich mit den „Zahlen“ bzw. „Quoten“. Die Strafkammer hat es insofern auch versäumt zu erörtern, ob es sich bei der Behauptung entsprechenden Wissens in dem Telefonat etwa um ein gezielt eingesetztes rhetorisches Mittel gehandelt haben könnte, dem ein tatsächliches Wissen des Angeklagten nicht zu Grunde lag.
36
(4) Sonstige Anhaltspunkte, aus denen sich für den Angeklagten das hohe Risiko strafbaren Verhaltens der Haupttäter ergeben haben könnte, lassen sich dem Urteil nicht entnehmen. Zwar stellt die Strafkammer auch darauf ab, der Angeklagte habe „aus zahlreichen Gesprächen mit dem ehemaligen Ange- klagten O. und von einem Besuch in den türkischen Callcentern recht genauen Einblick in die Geschäftstätigkeit der W. und der ihr verbundenen türki- schen Unternehmen“ gehabt (UA S. 18). Welche Erkenntnisse er dabei konkret erlangt hat, bleibt indessen unklar. Angesichts der schriftlichen Zusicherung, die sich der Angeklagte zu Beginn des Vertragsverhältnisses mit der W. hat geben lassen, und in Anbetracht des Vorhalts im Telefonat vom 28. März 2011 liegt auch nicht unbedingt nahe, dass O. dem Angeklagten gegenüber geziel- tes „negatives Verkaufen“ eingeräumt haben könnte oder dass man den Ange- klagten beim Besuch der Callcenter in der Türkei an betrügerischen Gesprächsabläufen hätte teilhaben lassen.
37
2. Aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft ist das Urteil auch zu Lasten des Angeklagten aufzuheben, weil es bei der Bestimmung des Schuldumfangs und der Strafzumessung Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten enthält.
38
a) Zwar lässt sich, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, dem Gesamtzusammenhang der staatsanwaltschaftlichen Revisionsbegründung entnehmen, dass sich die Revision lediglich gegen den Rechtsfolgenausspruch richten soll. Eine derartige – nicht ausdrücklich – erklärte Beschränkung des Rechtsmittels wäre im vorliegenden Fall unwirksam, weil ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der angegriffenen Bestimmung des Schuldumfangs und dem Schuldspruch besteht und die in Frage stehenden Rechtsfehler, soweit sie die Bestimmung des Schuldumfangs betreffen, sich – jedenfalls zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) – auch auf den Schuldspruch auswirken können (vgl. Paul in KK-StPO, 7. Aufl., § 318 Rn. 1 mwN). In der Revisionsbegründung wendet sich die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen die Lückenhaftigkeit und Widersprüchlichkeit von Feststellungen und Beweiswürdi- gung. So wird beanstandet, dass das Landgericht trotz fehlender Bezifferung der Rücklastschriftquoten aus diesen Rückschlüsse gezogen habe. Es fehle an einer tragfähigen Grundlage für eine sachlich-rechtliche Prüfung. Insbesondere könne nicht nachvollzogen werden, wie die Strafkammer zu der Bewertung gelangt sei, die Lastschriftquoten seien nicht in einer Weise erhöht gewesen, dass der Angeklagten allein daraus auf „negatives Verkaufen“ habe schließen müs- sen. Das so beanstandete Fehlen einer tragfähigen Grundlage für die Bestimmung des Schuldumfangs ist jedoch auch für die sachlich-rechtliche Prüfung des Schuldspruchs maßgeblich.
39
b) Sowohl die Strafrahmenwahl als auch die konkrete Bemessung der Strafe sind zum Vorteil des Angeklagten rechtsfehlerhaft. Soweit das Landge- richt dem Angeklagten zugute hält, dass er darauf hingearbeitet habe, „die ehemaligen Mitangeklagten zu rechtmäßigem Verhalten zu animieren“, und in seinem Unternehmen „eine grundsätzlich sinnvolle und auch weitgehend um- gesetzte Compliance-Strategie erarbeitet hatte, was darauf hindeutet, dass ihm die Bewahrung der Rechtsordnung grundsätzlich angelegen war“ (UA S. 19), beruht dies auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage. Denn eine solche Bewertung kann nicht losgelöst von der Beantwortung der Frage vorgenommen werden, inwieweit dem Angeklagten aufgrund bestimmter Anhaltspunkte das kriminelle Verhalten der Haupttäter bekannt war. Dies aber ist – wie sich schon aus den Darlegungen unter II. 2 ergibt – nicht in ausreichendem Maße festgestellt. Insbesondere die lückenhaften Feststellungen zu den Rücklastschriftquoten und deren Bedeutung für die subjektive Sicht des Angeklagten können sich insofern bei der Verneinung des besonders schweren Falles im Sinne des § 263 Abs. 3 StGB und bei der konkreten Bemessung der Strafe zum Vorteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
40
Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft ferner, dass das Landgericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten angenommen hat, er habe frühzeitig ein vollumfängliches Geständnis abgelegt. Dies lässt sich nicht damit vereinbaren, dass die Strafkammer einerseits ausführt , der Angeklagte habe sicher gewusst, dass der Geschäftszweck der W. darauf angelegt gewesen sei, die festgestellten Betrugstaten zu begehen (UA S. 18), andererseits aber mitteilt, der Angeklagte habe bestritten, von systematischem Negativverkauf ausgegangen zu sein (UA S. 11), und im Übrigen im Rahmen der Darstellung seiner Einlassung nicht erwähnt, dass er ein Wissen von den Taten der Haupttäter eingeräumt habe.
Basdorf Sander Schneider
Dölp Bellay

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR290/14
vom
6. November 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 6. November 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Juli 2013, soweit es sie betrifft, im Ausspruch über das Absehen von Verfallsanordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von sieben Jahren und drei Monaten (A.) sowie fünf Jahren (Ay. ) verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass gegen den Angeklagten A. wegen eines Geldbetrages in Höhe von 279.823,97 € und gegen den Angeklagten Ay. wegen eines Geldbetrages in Höhe von 110.390,04 € nur deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts ge- stützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO halten materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Annahme der Wirtschaftsstrafkammer, die von verschiedenen Bankkonten abgehobenen Beträge seien wertmäßig noch im Vermögen der Angeklagten vorhanden, erweist sich als rechtsfehlerhaft.
3
a) Das Landgericht hat zwar nicht verkannt, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 44; Beschluss vom 17. September 2013 – 5 StR 258/13, NStZ 2014, 32). Die Wirtschaftsstrafkammer ist aber davon ausgegangen, dass die vom Angeklagten A. in der Zeit vom 17. November 2009 bis zum 13. April 2010 von Konten der G. Ltd. abgehobenen Geldbeträge von insgesamt 279.823,97 € wertmäßig noch im Vermögen dieses Angeklagten vorhanden sind. Das hat es auch in Bezug auf den Angeklagten Ay. angenommen, soweit dieser in der Zeit vom 24. November 2009 bis zum 13. April 2010 102.698,65 € von seinem Konto abgehoben hatte.
4
Die Annahme der Wirtschaftsstrafkammer, diese Geldbeträge seien noch im Vermögen der Angeklagten vorhanden, entbehrt einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Das Landgericht hat bei beiden Angeklagten hervorgehoben, dass der Verbleib dieser Bargeldbestände ungeklärt sei. Schon diese Feststellung schließt es aus, zu Lasten der Angeklagten davon auszugehen, dass die Geldbeträge wertmäßig noch im Vermögen der Angeklagten vorhanden sind.
Hinzu kommt, worauf der Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften mit Recht hingewiesen hat, dass die Gelder mehr als drei Jahre vor der Verkündung des angefochtenen Urteils von den Konten abgehoben wurden. Einer dauerhaften Erwerbstätigkeit konnten beide Angeklagte in diesem Zeitraum infolge des Vollzugs von Untersuchungshaft nicht nachgehen. Der Angeklagte Ay. bezog nach seiner letzten Entlassung staatliche Leistungen nach ALG II; der Angeklagte A. ist Frau und Sohn unterhaltspflichtig. Über Geldanlagen oder den Erwerb von Vermögensgegenständen ist im Urteil nichts festgestellt.
5
b) In den der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO beim Angeklagten Ay. zu Grunde gelegten Geldbetrag von 110.390,04 € ist auch die auf dem Konto dieses Angeklagten sichergestellte Summe von 7.691,39 € eingeflossen. Zwar ist dieser Betrag unverändert dem Vermögen des Angeklagten zuzuordnen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2014 – 2 StR 20/14). Der Senat hat jedoch die Feststellung auch insoweit aufgehoben, um dem neu zur Entscheidung berufenen Tatrichter gegebenenfalls eine insgesamt einheitliche und widerspruchsfreie Ermessensausübung zu ermöglichen.
6
2. Im Übrigen erweisen sich die Revisionen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
7
3. Eine Erstreckung der Aufhebung der Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO auf die – nicht revidierende – Verfallsbeteiligte gemäß § 357 Satz 1 StPO ist nicht geboten. Zwar ist diese Vorschrift grundsätzlich auch auf Verfallsentscheidungen anzuwenden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Februar 2004 – 3 StR 501/03, und vom 22. Dezember 2004 – 2 StR 498/04). Dies gilt aber nicht, soweit der Rechtsfehler lediglich in der Nichtanwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB besteht. Die Frage, ob wegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB oder – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB – auf Grund tatrichterlichen Ermessens von einer Verfallsentscheidung abzusehen ist, beruht grundsätzlich auf individuellen Erwägungen, deren Beantwortung – wie hier – ganz wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567). Der dem Urteil des Senats vom 28. Oktober 2010 (4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 51) zu Grunde liegende Sonderfall, dass der Tatrichter von der Unanwendbarkeit des § 73c StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung ausgegangen ist, liegt hier, wie ausgeführt, nicht vor.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Quentin

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 430/13
vom
22. Mai 2014
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_______________________________
Zu den Anforderungen an die Feststellung und Darlegung des Irrtums beim Betrug
im Zusammenhang mit routinemäßigen Massengeschäften (hier: Missbrauch
des Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens).
BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - 4 StR 430/13 - LG Bielefeld
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betrugs
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
24. April 2014 in der Sitzung vom 22. Mai 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
in der Verhandlung am 24. April 2014,
bei der Verkündung am 22. Mai 2014
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten M. W. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten T S. ,
Rechtsanwältin in der Verhandlung
als Verteidigerin der Angeklagten D. S. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 12. September 2012 wird
a) die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts jeweils auf den Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 198.070 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen beschränkt ,
b) das Urteil in den Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des gewerbsmäßigen Bandenbetruges schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. W. hat es zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten T. S. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und die Angeklagte D. S. zu einer solchen von vier Jahren verurteilt.
Ferner hat es eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffen, die sich gegen die AG richtet.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revisionen haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.


3
Die von allen Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung von § 275 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 338 Nr. 7 StPO, mit der sie beanstanden, der Vorsitzende der erkennenden Strafkammer, Vorsitzender Richter am Landgericht H. , habe sich wegen seiner während des Laufs der Urteilsabsetzungsfrist in einem Parallelverfahren erfolgten Zeugenvernehmung zu Unrecht gehindert gesehen, das Urteil zu unterschreiben, weshalb es innerhalb dieser Frist nur unvollständig zu den Akten gelangt sei, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); ob sie in der Sache Erfolg haben könnte, bedarf daher keiner Entscheidung.
4
1. Zur Begründung einer Verfahrensrüge sind die den Mangel begründenden Tatsachen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO so vollständig und genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die bezeichneten Tatsachen erwiesen werden (SSW-StPO/Momsen, § 344 Rn. 36; LR-StPO/Franke, 26. Aufl. § 344 Rn. 78, jeweils m.N. zur st. Rspr.).
5
2. Gemessen daran vermag der Senat hier nicht zu prüfen, ob der Vorsitzende wegen seiner Vernehmung als Zeuge „in der Sache“ im Sinne von § 22 Nr. 5 StPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen war.
6
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeutet Gleichheit der Sache gemäß § 22 Nr. 5 StPO nicht notwendig Verfahrensidentität; Sachgleichheit kann auch bei Vernehmung des Richters als Zeuge zu demselben Tatgeschehen in einem anderen Verfahren in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 22. Mai 2007 – 5 StR 530/06, BGHR StPO § 338 Nr. 2 Ausschluss 4, Tz. 6 mwN; vgl. auch LR-StPO/Siolek, 26. Aufl., § 22 Rn. 25; SSWStPO /Kudlich/Noltensmeier, § 22 Rn. 19). Insoweit fehlt es im Revisionsvortrag der Angeklagten T. und D. S. schon an der Mitteilung des Beweisthemas, zu dem der Strafkammervorsitzende in dem Verfahren gegen A. u.a. geladen und vernommen wurde. Aber auch dem Vortrag des Angeklagten W. kann das betreffende Beweisthema allenfalls mittelbar entnommen werden, da er das Schreiben des Präsidenten des Landgerichts Bielefeld vom 31. Oktober 2012 über die Erteilung einer Aussagegenehmigung für den Vorsitzenden Richter vorgelegt hat. Danach hatte der Angeklagte A. in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung beantragt, den Vorsitzenden Richter am Landgericht H. dazu zu vernehmen, dass sich seine (des A.) in einer polizeilichen Vernehmung getätigte Aussage in dem Verfahren gegen die hiesigen Angeklagten als wahr herausgestellt habe. Aber auch dieses Rügevorbringen genügt den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht. Um dem Senat die Überprüfung der Sachgleichheit im Sinne von § 22 Nr. 5 StPO zu ermöglichen , hätte zumindest noch vorgetragen werden müssen, welchen Inhalt diese polizeiliche Aussage hatte, inwiefern sie im vorliegenden Verfahren Gegenstand der Hauptverhandlung war, was der als Zeuge benannte Vorsitzende Richter am Landgericht H. im dortigen Verfahren dazu bekundet hat und ferner, welchen Zusammenhang und welche Bedeutung dies für die gegen die Ange- klagten des vorliegenden Verfahrens erhobenen Tatvorwürfe hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 – 4 StR 507/07, StV 2008, 283, Tz. 5 f. m. Anm. Leu StV 2009, 507 zu den Voraussetzungen des § 22 Nr. 5 StPO in derartigen Fällen). Das ist hier jedoch nicht geschehen; auch aus den auf die Sachrüge heranzuziehenden Urteilsgründen ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte.

II.


7
Der Senat beschränkt die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO jeweils auf den Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in den Strafaussprüchen. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrügen keinen die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
8
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
9
a) Die Angeklagten schlossen sich Anfang 2008 aufgrund einer zumindest stillschweigend getroffenen Vereinbarung zusammen, um spätestens ab Juli 2008 von einer Vielzahl von Personen unter Vorspiegelung eines tatsächlich nicht bestehenden Vertragsverhältnisses im Wege des Lastschriftverfahrens Geldbeträge einzuziehen. Das von den Angeklagten im arbeitsteiligen Zusammenwirken im Folgenden in die Tat umgesetzte Geschäftsmodell bestand in einer Variante darin, eine möglichst große Zahl von Personen durch entsprechend angeleitete Callcenter-Mitarbeiter anzurufen und bei diesen den Eindruck eines – tatsächlich nicht bestehenden – Vertragsverhältnisses über die Teilnahme an Gewinnspielen hervorzurufen. Auf diese Weise wollten die Angeklag- ten an die Kontodaten der Angerufenen gelangen und von diesen Konten Lastschriften vornehmen, wobei sie davon ausgingen, dass die Angerufenen infolge der Annahme, es bestehe tatsächlich ein Vertragsverhältnis und die Lastschrift sei daher rechtmäßig erfolgt, den Lastschrifteinzügen nicht widersprechen würden. Bei einer weiteren Tatvariante, bei der die Kontodaten bereits bekannt und Telefonanrufe daher entbehrlich waren, sollte den Betroffenen allein durch die durchgeführte Lastschrift ein bestehendes Vertragsverhältnis vorgespiegelt werden, um diese von einem Widerspruch abzuhalten. Dabei nahmen die Angeklagten einerseits billigend in Kauf, dass die Kontoinhaber von den Lastschriftabbuchungen durch Lektüre ihrer Kontoauszüge Kenntnis erhalten, sich den Zugriff auf ihr Konto aber nicht anders erklären würden, als dass der jeweiligen Abbuchung ein wirksamer Vertrag zu Grunde lag, sei es auch nur in der Form, dass sie sich insoweit unsicher waren und/oder die Sache wegen des relativ geringen Betrages auf sich beruhen ließen. Andererseits handelten die Angeklagten auch in der Erwartung, die Betroffenen würden in zahlreichen Fällen mangels ausreichend sorgfältiger Kontrolle ihrer Kontoauszüge die Abbuchungen nicht bemerken oder einfach übersehen.
10
Zur Verwirklichung des Tatplans bedienten sich die Angeklagten insbesondere der in der S. ansässigen AG, die vom Angeklagten W. vertreten wurde. Dieser schloss für die AG zahlreiche Verträge unter anderem mit Callcentern, Zahlungsdienstleistern sowie mit Banken ab, über die die Lastschrifteneinzüge erfolgen sollten und später auch tatsächlich erfolgten. Auch mit dem von der AngeklagteD. S. betriebenen Callcenter GmbH & Co KG, bei dem der Angeklagte T. S. angestellt war, schloss der Angeklagte W. sog. Vertriebspartnerverträge ab. Insgesamt waren für die Angeklagten im Tatzeitraum mindestens 66 Callcenter mit etwa 400 bis 600 Mitarbeitern in der sog. Gewinn- spielvermittlung tätig. Die Callcenter erhielten für jeden Fall, in dem sie die Kontodaten erlangten, einen Betrag in Höhe von 45 bis 60 Euro.
11
Die zur Erschwerung von Nachforschungen meist unter falschen Namen handelnden Mitarbeiter der Callcenter gaben bei ihren Anrufen (1. Tatvariante) entsprechend den Vorgaben eines ihnen auf Veranlassung der Angeklagten ausgehändigten sog. Negativleitfadens für die Gesprächsführung vor, sie hätten die Möglichkeit, einen vermeintlich bestehenden Gewinnspielvertrag entweder unbefristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu beenden , wobei für die letzten drei Monate, sollten Gewinne ausbleiben, eine „Geld-zurück-Garantie“ bestehe. Tatsächlich war die Übernahme einer solchen Garantie zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt; in keinem Fall wurden zuvor abgebuchte Geldbeträge zurückerstattet. Der durch den Leitfaden im Einzelnen vorgegebene Erstanruf diente dazu, die Angerufenen jeweils zur Kündigung eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Vertrages und – abwicklungshalber – zur Herausgabe ihrer Kontodaten zu veranlassen. Widersprachen die angerufenen Personen – wie in der weit überwiegenden Zahl der Fälle – der Behauptung an einem derartigen Gewinnspiel teilgenommen zu haben, bemühten sich die von den Angeklagten angewiesenen Callcenter-Mitarbeiter dies – wahrheitswidrig – zu widerlegen und behaupteten beispielsweise, auf die Kontodaten aus Datenschutzgründen keinen Zugriff zu haben, sie aber nun zu benötigen, etwa um den Betroffenen aus dem Vertrag „herauszuhelfen“.
12
Im Anschluss an den Erstanruf erfolgte sodann ein Zweitanruf (sog. Quality Call), der zum Teil elektronisch aufgezeichnet wurde und dazu diente, mittels geschickter Gesprächsführung von den Betroffenen eine telefonisch erteilte Einzugsermächtigung zu erhalten, um die Betroffenen selbst, aber auch die beteiligten Banken oder im Fall von Nachforschungen die Strafverfolgungsbehörden über den auf diesem Weg dokumentierten angeblichen Vertragsschluss zu täuschen. Im Anschluss daran erhielten die Angerufenen – auch diejenigen, die den vermeintlichen Vertrag gekündigt hatten – von der GmbH, die von der AG mit der „technischen Abwicklung“ beauftragt worden war, sog. Begrüßungsschreiben , in denen behauptet wurde, die Empfänger hätten „die Chance, bei 200 Internet-Gewinnspielen monatlich eingetragen zu werden“; diese Leistung sei „ebenfalls in Ihrem Servicebetrag … enthalten, den wir wie besprochen jeden Monat im voraus automatisch von Ihrem Konto… abbuchen“. Tatsächlich war ab dem Jahr 2008 - wie die Angeklagten wussten – eine Eintragung in 200 Gewinnspiele monatlich je Kunde nicht mehr möglich, sondern erfolgte „in einem deutlich geringeren Umfang“.
13
Der Einzug der vermeintlichen Forderungsbeträge in Höhe von jeweils zwischen 55 und 79,80 Euro erfolgte im Tatzeitraum vom 9. März 2009 bis zum 22. Januar 2010 mittels Einzugsermächtigungslastschriftverfahren. Die auf dem jeweiligen Kontoauszug der Betroffenen wiedergegebene Belastungsbuchung enthielt den Namen des Zahlungsdienstleisters, den Namen des „Produkts“, den abgebuchten Betrag sowie eine zwölfstellige ID-Nummer. Es wurden bei insgesamt 136.890 Betroffenen (teilweise mehrfach) Beträge im Lastschriftverfahren eingezogen, die im angefochtenen Urteil auf 4.885 Seiten im Einzelnen in Tabellenform aufgeführt sind. In 198.070 Fällen wurde die Lastschrift nicht zurückgegeben, so dass das Geld bei den Angeklagten verblieb. Dagegen erfolgte in 129.708 Fällen eine Rückgabe der Lastschriften. Die Angeklagten erzielten durch ihr Vorgehen einen Gewinn „im deutlich siebenstelligen Bereich“.
14
b) Zur Beweiswürdigung hat das Landgericht lediglich mitgeteilt, dass die Angeklagten im Rahmen einer nach § 257c StPO durchgeführten Verständigung den Anklagevorwurf gestanden und weitere Fragen der Kammer glaubhaft , ausführlich und nachvollziehbar beantwortet hätten. Von der Richtigkeit der geständigen Einlassungen sei die Strafkammer überzeugt, da sie „mit dem Ermittlungsergebnis sowie auch mit dem übrigen Ergebnis der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten umfassenden Beweisauf- nahme im Einklang“ stünden. Weitere Ausführungen hierzu enthält das Urteil nicht.
15
2. Die Verurteilung der Angeklagten wegen vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetruges begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil offen bleibt, auf welche Weise sich die Strafkammer auch unter Berücksichtigung der umfassenden Geständnisse der Angeklagten die Überzeugung verschafft hat, die Betroffenen hätten die Lastschriften in den 198.070 festgestellten Fällen hingenommen, weil sie sich über das Bestehen einer Zahlungspflicht im Irrtum befanden.
16
a) In welchem Umfang der Tatrichter seine Überzeugungsbildung in den Urteilsgründen mitzuteilen hat, hängt von den Gegebenheiten des jeweiligen Falles ab. Zwar sind, wenn sich die Angeklagten – wie hier – auf der Grundlage einer Absprache geständig einlassen, an die Überprüfung dieser Einlassungen und deren Darlegung im Urteil regelmäßig keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei einem in herkömmlicher Verfahrensweise abgegebenen Geständnis (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1063, Tz. 71; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 1 StR 163/13); es gibt auch keine forensische Erfahrung dahin, dass bei einem Geständnis im Rahmen einer Verständigung regelmäßig mit einer wahrheitswidrigen Selbstbelastung zu rechnen ist (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12, NStZ 2012, 584). Aber auch in einem solchen Fall müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Würdigung der Beweise auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. November 1992 – 5 StR 456/92, BGHR StPO § 261 Vermutung 11; Beschluss vom 15. September 1999 – 2 StR 373/99, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 34; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 3 StR 285/11, StV 2012, 653, Tz. 4, Beschluss vom 25. September 2012 – 5 StR 372/12, NStZ-RR 2012, 361; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 261 Rn. 2a).
17
Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f; vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8; zu den Darle- gungsanforderungen bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ vgl.BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 aaO, Tz. 6; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 15; Be- schluss vom 2. November 2007 – 2 StR 384/07, NStZ 2008, 89, Tz. 5). In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger , massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvorstellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen,wobei er dies im Urteil darzulegen hat. Ist das Vorstellungsbild des Verfügenden normativ geprägt, kann bei einem Tatvorwurf, dem zahlreiche Einzelfälle zu Grunde liegen, die Vernehmung weniger Zeugen ausreichen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, 1546; Beschluss vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, Tz. 15, inso- weit in BGHSt 54, 44 nicht abgedruckt). In komplexeren Fällen wird es regelmäßig erforderlich sein, die betreffenden Personen über ihr tatrelevantes Vorstellungsbild als Zeugen zu vernehmen sowie deren Bekundungen im Urteil mitzuteilen und zu würdigen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 15, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8 f.).
18
b) Gemessen daran vermögen – jedenfalls im vorliegenden Fall – weder der Hinweis auf das „Ermittlungsergebnis“ noch die ebenfalls nicht näher beleg- te Bezugnahme auf die „umfassende Beweisaufnahme“ und die „umfassende geständige Einlassung der Angeklagten“ eine Irrtumserregung bei den von den Lastschrifteinzügen betroffenen Bankkunden zu belegen.
19
aa) Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass die Strafkammer Geschädigte als Zeugen vernommen hat oder dass deren Angaben auf andere Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.
20
bb) Die Annahme eines täuschungsbedingten Irrtums und einer dadurch kausal hervorgerufenen Vermögensverfügung versteht sich hier auch nicht von selbst. Denn nach den Feststellungen der Strafkammer wurde bei den Betroffenen im Rahmen der Telefonanrufe durch die Callcenter-Mitarbeiter der Eindruck erweckt, sie hätten die Möglichkeit, einen bestehenden Vertrag entweder unbefristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu been- den. In der „weit überwiegenden Anzahl“ der Fällehatten die Betroffenen jedoch der Behauptung widersprochen, sie hätten einen derartigen Vertrag abgeschlossen. Danach liegt es – auch soweit dem Bestehen eines Vertragsverhältnisses nicht ausdrücklich widersprochen wurde – nicht auf der Hand, dass die Betroffenen die Rückforderung der abgebuchten Beträge gerade aufgrund der irrtümlichen Annahme unterließen, sie seien aufgrund eines bestehenden Ver- tragsverhältnisses verpflichtet, die Abbuchung dieser Beträge (dauerhaft) als rechtmäßig zu dulden.
21
Was die Fälle betrifft, in denen die Täter bereits über die Bankdaten verfügten und Anrufe bei den jeweiligen Kontoinhabern daher entbehrlich waren, vermögen die Urteilsgründe ebenfalls nicht hinreichend zu vermitteln, auf welcher Grundlage sich das Landgericht die Überzeugung gebildet hat, die Bankkunden hätten sich gegen die Lastschriften nicht zur Wehr gesetzt, weil ihnen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses oder die Erteilung einer Einzugsermächtigung vorgespiegelt wurde. Diese Annahme ist schon mit der von der Strafkammer festgestellten, ausweislich der Urteilsgründe aber nicht näher überprüften Erwartung der Angeklagten unvereinbar, die Kontoinhaber würden die Lastschriften gar nicht bemerken, möglicherweise also noch nicht einmal einer täuschungsbedingten Fehlvorstellung im Sinne eines sog. sachgedanklichen Mitbewusstseins unterliegen.
22
3. Der Senat nimmt deshalb gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die aus der Urteilsformel ersichtliche Beschränkung vor.
23
a) Die Feststellungen und die im Urteil mitgeteilte Beweiswürdigung belegen für beide Tatvarianten insbesondere, dass die Angeklagten nach ihrer Vorstellung als Mittäter im Wege eines uneigentlichen Organisationsdelikts Betrugshandlungen im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB in 198.070 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zum Nachteil der Kontoinhaber begehen wollten und hierzu auch unmittelbar angesetzt haben (§ 22 StGB).
24
aa) In den sog. Anruffällen ging es den Angeklagten darum, bei den Telefonanrufen und durch die Übersendung der Begrüßungsschreiben den Empfängern das Bestehen eines Vertragsverhältnisses vorzuspiegeln, um sie auf diese Weise zu veranlassen, auf einen Widerspruch gegen die spätere Abbuchung zu verzichten. Hierin liegt ein versuchter Betrug (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, Tz. 17).
25
bb) Aber auch in den Fällen, in denen die Lastschrifteinzüge ohne vorherige telefonische Kontaktaufnahme erfolgten und die Übersendung von Begrüßungsschreiben unterblieb, ein direkter Kundenkontakt also nicht stattfand, war der Tatplan der Angeklagten auf die Begehung eines Betruges gerichtet.
26
(1) Den Angeklagten war bewusst, dass die betroffenen Kunden von ihrer jeweiligen Bank einen Kontoauszug erhalten würden, in dem die von ihnen veranlasste Abbuchung ausgewiesen war. Nach den Feststellungen des Landgerichts enthielt die jeweilige Kontoinformation auf dem Auszug nicht nur den Namen des Zahlungsdienstleisters, den abgebuchten Betrag und eine sog. IDNummer , sondern auch einen Produktnamen. Dabei entsprach es der Vorstellung der Angeklagten, dass den betroffenen Bankkunden unter Berücksichtigung des insoweit maßgeblichen Empfängerhorizonts im Hinblick auf die Mitteilung einer derartigen Produktbezeichnung ein wirksames Kausalgeschäft vorgespiegelt werden sollte.
27
(2) Der Ablauf des im Wesentlichen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelten Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens (vgl. Nr. 9 AGBBanken i.d. bis zum 30. Oktober 2009 gültigen Fassung sowie die Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr im Einzugsermächtigungsverfahren i.d.F. v. Oktober 2009 und die Bedingungen für den Lastschrifteinzug vom November 2009), dessen sich die Angeklagten hier zur Tatausführung bedienten, bestätigt diese rechtliche Beurteilung. Dieses Verfahren wird durch die Übermittlung eines vom Zahlungsempfänger – hier also von den Angeklagten – mit den erforderlichen Informationen versehenen Lastschriftdatensatzes – regelmäßig in elektronischer Form – über dessen Bank an das Geldinstitut des Schuldners ohne dessen Einschaltung in Gang gesetzt. Dessen Institut belastet seinerseits ohne eigene Sachprüfung das Konto des Kunden mit dem genannten Betrag (vgl. Nr. 2.1.2 sowie 2.3.1 der Sonderbedingungen; vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 – II ZR 277/84, BGHZ 95, 103, 106). Der zahlungspflichtige Bankkunde erhält sodann von seiner Zahlstelle entsprechend dem vom Zahlungsempfänger an dessen Bank übermittelten Lastschriftdatensatz eine Mitteilung über die erfolgte Belastung auf seinem Kontoauszug (Lastschriftabkommen Abschnitt 1 Nr. 7 Abs. 1). Da dieses Verfahren den Zahlungsempfänger in die Lage versetzt, von sich aus ohne Mitwirkung des Zahlungspflichtigen den Zeitpunkt des Zahlungsflusses zu bestimmen (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 – IX ZR 42/07, ZIP 2008, 1241, Tz. 15), und der Schuldner auf die (nachträgliche) Verweigerung der Genehmigung verwiesen wird (Nr. 2.4 der Sonderbedingungen ), muss der Zahlungsempfänger, um Forderungen einzuziehen, gegenüber seiner Bank versichern, dass ihm eine schriftliche Ermächtigung des Zahlungspflichtigen vorliegt (vgl. dazu Lastschriftabkommen Abschnitt I Nr. 3; Einzelheiten bei Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 11). Auch diese Erklärung über das Vorliegen einer Einzugsermächtigung gibt die Gläubigerbank über die Schuldnerbank als Boten an den vermeintlichen Schuldner weiter.
28
(3) Danach war der Tatplan der Angeklagten darauf gerichtet, die betroffenen Bankkunden sowohl über das Bestehen eines Vertragsverhältnisses als auch über die Berechtigung zur Vornahme des Lastschrifteinzugs zu täuschen. Dies geschah mit dem Ziel, die Bankkunden bis zum endgültigen Eintritt der Genehmigungswirkung von der Geltendmachung von Einwendungen ge- genüber der kontoführenden Bank und damit von der Möglichkeit der Rückbuchung der vereinnahmten Geldbeträge abzuhalten.
29
(4) Die Angeklagten haben auch unmittelbar im Sinne des § 22 StGB zur Begehung dieser Tat angesetzt. Indem sie den Lastschrifteinzug bei ihrer Bank einreichten und damit das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren in Gang setzten, gaben sie das Geschehen aus der Hand (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt 30, 363, 365; vgl. auch SSW-StGB/ Kudlich/Schuhr, 2. Aufl., § 22 Rn. 40).
30
b) Auch die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO liegen vor (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 416/12, BGHSt 58, 119, Tz. 13, 51, m. abl. Anm. Heghmanns ZJS 2013, 423; i.E. ebenso schon BGH, Beschluss vom 12. September 1990 – 3 StR 277/90, HFR 1991, 496). Schon im Hinblick auf die Vielzahl der Fälle und die Komplexität des Tatgeschehens würde die weitere Aufklärung mit dem Ziel der Feststellung eines vollendeten Delikts einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten.

III.


31
Die Beschränkung der Strafverfolgung führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs für alle drei Angeklagten. § 265 StPO steht nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich die umfassend geständigen Angeklagten anders als geschehen verteidigt hätten.
32
Die Strafaussprüche können jedoch nicht bestehen bleiben, da die Möglichkeit besteht, dass die Strafen auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs dem gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen worden wären. Über diese Frage wird der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter nunmehr auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeiten und der Tatumstände unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte, insbesondere der Vollendungsnähe, zu entscheiden haben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 21).

IV.


33
Ob die vom Landgericht gemäß § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffene Entscheidung in der Sache durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Angeklagten sind von dieser Entscheidung weder betroffen noch durch sie beschwert.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 263/12
vom
6. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2013 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 21. Februar 2012 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen eines Betruges in jeweils tateinheitlich begangenen fünfzehn vollendeten und 53.479 versuchten Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
3
1. Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer und „spiritus rector“ mit zwei weiteren nicht revidierenden Mit- angeklagten von Januar 2006 bis Ende des Jahres 2009 die Kreditvermittlungsgesellschaft D. GmbH. Das Geschäftsmodell zielte darauf ab, unter dem Deckmantel einer seriösen Kreditvermittlung von den sich regelmäßig in einer finanziellen Notlage befindenden Kunden einen Auslagenersatzbetrag für Porto-, Telefon- und Auskunftskosten in Höhe von je 47,80 Euro (bzw. vor September 2006 bis 48 Euro) einzutreiben, indem den Kunden wahrheitswidrig vorgespiegelt wurde, dass der Gesellschaft bei der Kreditvermittlung er- forderliche Auslagen i.S.d. § 655d Satz 2 BGB in der geltend gemachten Höhe tatsächlich entstanden seien.
4
Die Kunden wurden mit dem Versprechen geworben, ihnen könnten auf- grund eines „Sofortkredit-Vermittlungsvertrages“ Kredite vermittelt werden, oh- ne dass durch die Kreditanfrage Kosten entstünden. Tatsächlich wollten die Angeklagten allen Kunden, die den „Sofortkredit-Vermittlungsvertrag“ unterschrieben , einen bestimmten Betrag unter 48 Euro - ggf. zuzüglich Mahn- und Inkassokosten - für angeblich "erforderliche Auslagen" in Rechnung stellen (UA S. 13), obwohl bei der Kreditvermittlung Auslagen nur zu einem Bruchteil dieses Betrages entstanden, die letztlich pro Kunde 3,20 Euro nicht überschritten (UA S. 20). Obwohl dem Angeklagten und der Mitangeklagten T. bekannt war, dass sie gesetzlich lediglich berechtigt waren, tatsächlich im Einzelfall entstandene erforderliche Auslagen, nicht jedoch die allgemeinen Geschäftsunkosten auf die Kunden umzulegen, wollten sie durch die Gestaltung des Rechnungstextes bei den Kunden die Fehlvorstellung hervorrufen, die Auslagen seien in der geltend gemachten Höhe entstanden und die Kunden seien auch zur Bezahlung des Rechnungsbetrages verpflichtet (UA S. 19 f).
5
Dem Angeklagten und der Mitangeklagten T. war aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen im Kreditvermittlungsgeschäft bekannt, dass wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage der angesprochenen Klientel nur in den wenigsten Fällen eine erfolgreiche Kreditvermittlung in Betracht kam. Ihnen ging es jedoch nicht darum, Kredite zu vermitteln. Vielmehr war das System von Anfang an darauf angelegt, unter dem Anschein einer seriösen Kreditvermittlung sich gezielt an den in der Regel nahezu mittellosen Kunden zu bereichern und diese dadurch zu schädigen. Dabei rechneten die Angeklagten damit, dass sich die wenigsten Kunden gegen den vergleichsweise geringen Rechnungsbetrag wehren würden. Allerdings gingen sie aufgrund ihrer Erfahrungen davon aus, dass nur etwa 40 Prozent den Rechnungsbetrag begleichen würden (UA S. 14).
6
Zwischen Januar 2006 und Dezember 2009 wurden auf die dargestellte Weise 140.000 Kunden falsche Rechnungen über Auslagenersatz gestellt, auf die - womit die Angeklagten rechneten - nur etwa 40 Prozent der Kunden bezahlten.
7
Aufgrund einer auf die Einvernahme von fünfzehn Kunden beschränkten Beweisaufnahme hat das Landgericht festgestellt, dass lediglich diese Kunden in der irrigen Annahme, der D. GmbH seien tatsächlich Kosten in der geltend gemachten Höhe entstanden, gezahlt hatten (UA S. 902). In den übrigen 53.479 Fällen über Rechnungsbeträge von insgesamt mehr als 2,8 Mio. Euro ging das Landgericht mangels festgestellter Irrtumserregung lediglich von versuchter Täuschung der Kunden aus. Unter Abzug von zehn Prozent höchstens tatsächlich erforderlicher Auslagen nahm es dabei eine erstrebte Bereicherung von etwa 2,5 Mio. Euro an (UA S. 903).
8
2. Das Landgericht ist wegen Vorliegens eines sog. uneigentlichen Organisationsdelikts von Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen allen Betrugstaten (§ 263 StGB) ausgegangen (UA S. 915). Hierbei hat es nur in 15 Fällen Vollendung und im Übrigen - entsprechend einem rechtlichen Hinweis in der Hauptverhandlung - lediglich versuchten Betrug angenommen. In den weiteren 53.479 Fällen habe es „nicht vollkommen ausschließen“ können, „dass Rech- nungsempfänger die Unrichtigkeit der Rechnungsstellung erkannten und aus- schließlich leisteten, um ihre Ruhe zu haben“. Nach Auffassung des Landge- richts hätte eine umfassende Aufklärung die Vernehmung sämtlicher Kunden erfordert, um die Motivation bei der Überweisung des Rechnungsbetrages zu ergründen. Dies sei bei über 50.000 Kunden „aus prozessökonomischen Grün- den“ nicht möglich gewesen (UA S. 914).
9
3. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben; die von der Revision des Angeklagten erhobenen formellen und materiellen Beanstandungen sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
10
Näherer Erörterung bedarf lediglich die Vorgehensweise des Landgerichts , nur fünfzehn Geschädigte zu vernehmen und im Übrigen hinsichtlich der weit überwiegenden Zahl der tateinheitlich begangenen Taten „aus verfahrensökonomischen Gründen“ lediglich Tatversuch anzunehmen (UA S. 914, 917). Das Landgericht sah sich ersichtlich nur auf diesem Wege in der Lage, die Hauptverhandlung, die bereits nahezu fünf Monate gedauert hatte, in angemessener Zeit zu beenden.
11
a) Die vom Landgericht mit dem Begriff der „Prozessökonomie“ be- schriebene Notwendigkeit, die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege zu erhalten (vgl. dazu auch Landau, Die Pflicht des Staates zum Erhalt einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, NStZ 2007, 121), besteht. Jedoch muss ein Tatgericht im Rahmen der Beweisaufnahme die in der Strafprozessordnung dafür bereit gehaltenen Wege beschreiten. Ein solcher Weg ist etwa die Beschränkung des Verfahrensstoffes gemäß den §§ 154, 154a StPO, die allerdings die Mitwirkung der Staatsanwaltschaft voraussetzen. Eine einseitige Beschränkung der Strafverfolgung auf bloßen Tatversuch ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft, wie sie das Landgericht hier - freilich im Rahmen gleichartiger Tateinheit mit vollendeten Delikten - vorgenommen hat, sieht die Strafprozessordnung jedoch nicht vor.
12
b) Es trifft allerdings zu, dass in Fällen eines hohen Gesamtschadens, der sich aus einer sehr großen Anzahl von Kleinschäden zusammensetzt, die Möglichkeiten einer sinnvollen Verfahrensbeschränkung eingeschränkt sind. Denn dann sind keine Taten mit höheren Einzelschäden vorhanden, auf die das Verfahren sinnvoll beschränkt werden könnte.
13
Dies bedeutet aber nicht, dass es einem Gericht deshalb - um überhaupt in angemessener Zeit zu einem Verfahrensabschluss gelangen zu können - ohne weiteres erlaubt wäre, die Beweiserhebung über den Taterfolg zu unterlassen und lediglich wegen Versuches zu verurteilen. Vielmehr hat das Tatgericht die von der Anklage umfasste prozessuale Tat (§ 264 StPO) im Rahmen seiner gerichtlichen Kognitionspflicht nach den für die Beweisaufnahme geltenden Regeln der Strafprozessordnung (vgl. § 244 StPO) aufzuklären. Die richterliche Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) gebietet dabei, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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c) Für das Tatbestandsmerkmal des Irrtums bei Betrug (§ 263 StGB) bedeutet dies:
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aa) Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, müssen die Urteilsgründe regelmäßig darlegen, wer die Verfügung getroffen hat und welche Vorstellungen er dabei hatte. Die Überzeugung des Gerichts, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist, wird dabei - von einfach gelagerten Fällen (z.B. bei standardisierten, auf massenhafte Erledigung ausgerichteten Abrechnungsverfahren ) abgesehen - in der Regel dessen Vernehmung erfordern (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313, 314).
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bb) Allerdings stößt die praktische Feststellung des Irrtums im Strafverfahren als Tatfrage nicht selten auf Schwierigkeiten. Diese können jedoch in vielen Fällen dadurch überwunden werden, dass das Tatgericht seine Überzeugung auf Indizien (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1993 - 4 StR 347/93, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 9) wie das wirtschaftliche oder sonstige Interesse des Opfers an der Vermeidung einer Schädigung seines eigenen Vermögens (vgl. Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 87) stützen kann. In Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes kann es daher insgesamt ausreichen , nur einige Zeugen einzuvernehmen, wenn sich dabei das Ergebnis bestätigt findet. Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof etwa die Vernehmung der 170.000 Empfänger einer falsch berechneten Straßenreinigungsgebührenrechnung für entbehrlich gehalten (BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434; vgl. dazu auch Hebenstreit in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. 2011, § 47 Rn. 37).
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cc) Ist die Beweisaufnahme auf eine Vielzahl Geschädigter zu erstrecken , besteht zudem die Möglichkeit, bereits im Ermittlungsverfahren durch Fragebögen zu ermitteln, aus welchen Gründen die Leistenden die ihr Vermögen schädigende Verfügung vorgenommen haben. Das Ergebnis dieser Erhebung kann dann - etwa nach Maßgabe des § 251 StPO - in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Hierauf kann dann auch die Überzeugung des Gerichts gestützt werden, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen die Leistenden eine Vermögensverfügung irrtumsbedingt vorgenommen haben.
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Ob es in derartigen Fällen dann noch einer persönlichen Vernehmung von Geschädigten bedarf, entscheidet sich nach den Erfordernissen des Amtsaufklärungsgrundsatzes (§ 244 Abs. 2 StPO) und des Beweisantragsrechts (insb. § 244 Abs. 3 StPO). In Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbil- des kommt dabei die Ablehnung des Antrags auf die Vernehmung einer größeren Zahl von Geschädigten als Zeugen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434).
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dd) Demgegenüber dürfte in Fällen mit individueller Motivation zur Leis- tung eines jeden Verfügenden die „Schätzung einer Irrtumsquote“ als Methode der Überzeugungsbildung nach § 261 StPO ausscheiden. Hat ein Tatgericht in solchen Fällen Zweifel, dass ein Verfügender, ohne sich über seine Zahlungspflicht geirrt zu haben, allein deshalb geleistet hat, „um seine Ruhe zu haben“, muss es nach dem Zweifelssatz („in dubio pro reo“) zu Gunsten des Täters ent- scheiden, sofern nicht aussagekräftige Indizien für das Vorliegen eines Irrtums vorliegen, die die Zweifel wieder zerstreuen.
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d) Für die Strafzumessung hat die Frage, ob bei einzelnen Betrugstaten Vollendung gegeben oder nur Versuch eingetreten ist, in der Regel bestimmende Bedeutung.
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Gleichwohl sind Fälle denkbar, in denen es für die Strafzumessung im Ergebnis nicht bestimmend ist, ob es bei (einzelnen) Betrugstaten zur Vollendung kam oder mangels Irrtums des Getäuschten oder wegen fehlender Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung beim Versuch blieb. Solches kommt etwa in Betracht, wenn Taten eine derartige Nähe zur Tatvollendung aufwiesen, dass es - insbesondere aus Sicht des Täters - vom bloßen Zufall abhing, ob die Tatvollendung letztlich doch noch am fehlenden Irrtum des Tatopfers scheitern konnte. Denn dann kann das Tatgericht unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters und der Tatumstände des konkreten Einzelfalls zum Ergebnis gelangen, dass jedenfalls die fakultative Strafmilderung gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu versagen ist (vgl.
BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 261/10, wistra 2011, 18 mwN). Eine solche Wertung hat das Tatgericht in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht ebenso nachprüfbar darzulegen wie die Würdigung, dass und aus welchen Gründen (etwa Nähe zur Tatvollendung, Gefährlichkeit des Versuchs und eingesetzte kriminelle Energie) der Umstand, dass die getroffene Vermögensverfügung letztlich trotz eines entsprechenden Vorsatzes des Täters nicht auf einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung beruhte, auch für die konkrete Strafzumessung im Rahmen des eröffneten Strafrahmens nicht von Bedeutung war.
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e) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob hier ein normativ geprägter Irrtum vorliegen könnte, mit der Folge, dass die Anwendung des Zweifelssatzes durch das Landgericht sachlich-rechtlich fehlerhaft gewesen sein könn- te. Denn jedenfalls ist der Angeklagte durch die vom Landgericht „aus prozessökonomischen Gründen“ gewählte Verfahrensweise nicht beschwert. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht eine niedrigere Strafe verhängt hätte, wenn es hinsichtlich weiterer tateinheitlich begangener Taten statt von Versuch von Tatvollendung ausgegangen wäre.
Richter am BGH Dr. Wahl ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert.
Nack Nack Jäger Cirener Radtke

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.