Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2014 - 4 B 14.435

bei uns veröffentlicht am05.12.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. August 2013 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, durch Abrechnungsbescheid festzustellen, dass der Klägerin wegen gezahlter Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 ein Erstattungsanspruch in Höhe von 78.304,28 Euro zusteht.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

III.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten des Verfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Mit der Klage will die Klägerin („J.-... Söhne S.-fabrik GmbH & Co. KG“) die Erstattung gezahlter Grundsteuer erreichen.

Der 1902 als „J.-... Söhne S.-fabrik OHG“ gegründeten, 1972 in die „J.-... Söhne S.-fabrik KG“ umgewandelten und seit 1993 unter dem heutigen Namen firmierenden Klägerin gehören im Stadtgebiet der Beklagten die Grundstücke Fl.Nr. 846, 846/6, 865/5 und 865/6 (Objekt K., T.straße ...). Diese wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1963 an die damals neu gegründete „P.-Werke GmbH“ mit Sitz in S./Landkreis B. (im Folgenden: alte Pächterin) verpachtet, die sich gegenüber der Eigentümerin (der Klägerin in ihrer damaligen Rechtsform als OHG) verpflichtete, die auf den Pachtgegenständen ruhenden Steuern und öffentlichen Lasten zu übernehmen. Im Jahr 1988 gründete die alte Pächterin als Alleingesellschafterin die „P.-Werk K. GmbH“ mit Sitz in dem zur Beklagten gehörenden Ortsteil K. (im Folgenden: neue Pächterin) und übertrug dieser mit Wirkung ab dem 1. Januar 1988 ihr Vermögen „K.“. Gleichzeitig verpachtete die Klägerin (in ihrer damaligen Rechtsform als KG) die genannten Grundstücke an die neue Pächterin, wobei sich diese wiederum verpflichtete, die Steuern und öffentlichen Lasten für die Pachtgrundstücke zu tragen.

In einem Grundsteuermessbescheid des zuständigen Finanzamts S. vom 13. September 1974 war als Eigentümer des Objekts (unrichtigerweise) eine „J. OHG, ... S.“ genannt. Mit späterem Schreiben vom 13. Dezember 1978 teilte das Finanzamt der Beklagten die neuen Adressdaten „P. Soehne S. Fabrik KG, ... S., Lage: K., Fl.Nr. 846 ff.“ mit. In einem Veranlagungsprotokoll der Beklagten vom 4. März 1979 wurde als Eigentümer die „J. S. Fabrik, ... S.“ ohne Angabe der Gesellschaftsform aufgeführt.

Am 1. Januar 1993 erging unter Bezugnahme auf das „Az. des Finanzamtes 24816108620100000“ ein Bescheid der Beklagten an die „P.-... Söhne S.-fabrik, Postfach, ... S.“, wonach für 1993 ff. jährlich 30.877 DM (15.787 Euro) an Grundsteuer zu zahlen seien; dieser Betrag wurde in der Folgezeit jeweils von der neuen Pächterin gezahlt. An 5. August 2002 sandte die Beklagte unter der Finanzadresse 4023-1 wiederum mit Hinweis auf das „Aktenzeichen des Finanzamtes 24816108620100000“ einen Änderungsbescheid an die „P.-Werk GmbH S.-Fabrik J.-... Söhne, Postfach, ... S.“, wonach sich die Grundsteuer für die Jahre 2002 ff. auf jährlich 19.576,07 Euro erhöhe. Auch dieser Betrag wurde von der neuen Pächterin zu den festgesetzten Quartalszeitpunkten bezahlt.

Mit einem Schreiben vom 1. Oktober 2008 wurde der Beklagten vom Insolvenzverwalter der alten und der neuen Pächterin unter Bezugnahme auf die Finanzadressen „4023-1, 4023-3, 4023-4 Wasser“ mitgeteilt, dass über das Vermögen der P.-Werke GmbH in ... S. und der P.-Werk K. GmbH in ... S. das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 setzte das Finanzamt unter dem Aktenzeichen 24816108620100000 den Einheitswert für das Objekt T.straße ... rückwirkend zum 1. Januar 2005 neu fest und führte gleichzeitig eine Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibung durch. Der Bescheid war an die Klägerin unter ihrer korrekten Bezeichnung adressiert und ging in Ausfertigung auch der Beklagten zu. Diese setzte daraufhin mit zwei Bescheiden vom 12. Februar 2010 (Finanzadresse 6831-2) unter Verweis auf das o. g. Aktenzeichen des Finanzamtes die von der Klägerin zu leistende Grundsteuer zunächst für die Jahre 2005 bis 2010 und ab 2011 auf jährlich 21.886,03 Euro fest, wobei die Steuerforderung für die Jahre 2009 und 2010 sogleich von 21.886,03 Euro auf 0,00 Euro herabgesetzt wurde. Beide Bescheide enthalten die korrekte Bezeichnung und Adresse der Klägerin mit Ausnahme des Zusatzes „S.-fabrik“.

Mit Schreiben vom 28. Januar 2010 bat der für die beiden insolventen P.-Werke GmbHs zuständige Insolvenzverwalter unter Bezugnahme auf die Finanzadresse 4023-3 und auf einen Abrechnungsbescheid der Beklagten vom 22. Januar 2010 um „Überweisung des bestehenden Guthabens“ auf ein Anderkonto. Die Beklagte setzte daraufhin in einem an den Insolvenzverwalter gerichteten „Informatorischen Bescheid - Änderungsbescheid Grundsteuer“ vom 12. Februar 2010 unter der Finanzadresse 4023-1 für die „Steuerschuldnerin Firma P.-Werk GmbH J. Söhne, Postfach, ... S.“ wiederum unter Bezugnahme auf das Aktenzeichen des Finanzamtes 24816108620100000 die Grundsteuer für das Objekt T.straße ... für die Jahre 2005 bis 2010 von 19.576,07 Euro auf 0,00 Euro herab. Am 1. April 2010 überwies die Stadtkasse der Beklagten an den Insolvenzverwalter als Grundsteuererstattung für die Jahre 2005 bis 2008 viermal den Betrag von 19.576,07 Euro, insgesamt 78.304,28 Euro.

Nachdem das Finanzamt mit formlosem Schreiben vom 14. Dezember 2010 auf Einspruch der Klägerin die Zurechnungsfortschreibung vom 16. Dezember 2009 aufgehoben hatte, setzte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 20. Dezember 2010 die Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 gegenüber der Klägerin (erneut ohne den Namenszusatz „S.-fabrik“) von 21.886,03 Euro auf 0,00 Euro herab. Am 13. Januar 2011 erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid zu dem Bescheid vom 16. Dezember 2009 und setzte den Grundsteuermessbetrag zum 1. Januar 2005 (statt bisher 7.060,02 Euro) auf nunmehr 6.962,13 Euro fest. Im Hinblick darauf erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin am 8. April 2011 einen weiteren „Änderungsbescheid Grundsteuer“, mit dem die Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 auf jeweils 21.582,60 Euro festgesetzt wurde. Diese Beträge nebst Säumniszuschlägen wurden von der Klägerin am 16. Januar 2012 an die Beklagte überwiesen; ihren zuvor erhobenen Widerspruch, mit dem sie u. a. die Anrechnung der für den Zeitraum 2005 bis 2008 bereits gezahlten Grundsteuer in Höhe von 78.389,64 Euro beantragte, wies das Landratsamt S. mit Bescheid vom 28. März 2012 zurück.

Mit der am 12. März 2012 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Erstattung der gezahlten Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008. Im erstinstanzlichen Verfahren trug sie vor, als Grundstückseigentümerin sei sie Steuerschuldnerin gewesen; die Grundsteuer sei stets im Wege der abgekürzten Zahlung von den Pächterinnen an die Beklagte bezahlt worden. Der Bescheid vom 5. August 2002 sei an eine nicht existente Firma gerichtet gewesen und daher nach § 125 Abs. 1 AO nichtig. Die Klägerin fordere den ohne rechtlichen Grund auf ihre Rechnung gezahlten Betrag zurück. Die Erstattung an den Insolvenzverwalter sei an einen nicht berechtigten Dritten erfolgt. Die Pächterinnen seien keine Eigentümerinnen und daher nie Steuerschuldner gewesen; dies sei der Beklagten durch die Grundsteuermessbescheide bekannt gewesen. Die Klägerin habe die Grundsteuer doppelt bezahlt, weil die Erstattung nicht an sie erfolgt sei.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Die Pächterin sei „Bescheids“-Schuldnerin gewesen. Der Bescheid vom 5. August 2002 sei an die alte Pächterin ergangen; die neue Pächterin habe bezahlt. Gegenüber der alten Pächterin sei die Grundsteuer mit Bescheid vom 12. Februar 2010 auf Null gestellt worden.

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage mit Urteil vom 13. August 2013 ab. Die als Verpflichtungsklage auf Entscheidung über den Erstattungsantrag zu verstehende Klage sei nach § 75 VwGO zulässig, aber unbegründet. Erstattungsberechtigter nach § 37 Abs. 2 AO sei derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden sei. Maßgebend sei, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zahlungszeitpunkt erkennbar hervorgetreten sei, habe getilgt werden sollen. Die tatsächliche Zahlung der Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 sei durch die neue Pächterin erfolgt. Steuerschuldner sei nach § 10 GrStG derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet sei; diese Zurechnung erfolge durch das zuständige Finanzamt. Das Finanzamt habe 1978 mit der Mitteilung des Namens der Grundstückseigentümerin eine Namenskombination aus Eigentümerin und alter Pächterin „in die Welt gesetzt“. Diesen Namen habe die Beklagte in ihren Unterlagen übernommen, allerdings ohne den Zusatz „KG“. Die Bescheide aus dem Jahr 1993 seien ohne Einwendungen der Klägerin oder einer der Pächterinnen befolgt worden. Obwohl in dem Bescheid aus dem Jahr 2002 von der Bezeichnung der Eigentümerin nur noch der Firmenbestandteil „S.-Fabrik“ enthalten gewesen sei, habe sich weder die Klägerin noch eine der Pächterinnen veranlasst gesehen, auf die unkorrekte Bezeichnung hinzuweisen, gegen die Verunstaltung der Firmenbezeichnung zu protestieren oder wegen Nichtigkeit die Bezahlung der Grundsteuer zu verweigern. Es liege daher auf der Hand, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger der Eigentümerin und der Pächterinnen eindeutig erkannt hätten, von wem für was die Grundsteuer gefordert worden sei. Unabhängig davon, ob lediglich eine unrichtige Firmenbezeichnung vorliege oder wegen Adressierung an eine nicht existente Firma eine Nichtigkeit nach § 125 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 2 AO vorliege, stehe im Fall fehlender Nichtigkeit jedenfalls die Unanfechtbarkeit des Bescheids einer Berufung der Klägerin auf die eventuelle Rechtswidrigkeit entgegen. Ob der Bescheid von 2002 nichtig sei, bedürfe aber keiner Entscheidung, da eine Berufung der Klägerin hierauf als gegen Treu und Glauben verstoßend zu bewerten wäre. Wer über einen so langen Zeitraum klaglos hinnehme, dass Bescheide bezüglich seiner Grundsteuerschuld an „Phantasienamen“ adressiert würden, und die Steuer auch bezahle, habe der Beklagten jede Möglichkeit der Fehlerkorrektur genommen und dadurch deren Vertrauen gestärkt, die Bescheide gegenüber der zutreffenden und richtig benannten Steuerschuldnerin erlassen zu haben. Es sei der Beklagten nicht vorzuwerfen, dass sie aus der Mitteilung des Insolvenzverwalters vom 1. Oktober 2008 den Schluss gezogen habe, Eigentümerin und Zahlende seien insolvent. Der informatorische Bescheid vom 12. Februar 2010 habe die vermeintlich alte Eigentümerin und Steuerschuldnerin betroffen, der das Objekt ab dem Jahr 2005 nicht mehr zugerechnet worden sei, so dass sich für sie ein Anspruch auf Erstattung der für diesen Zeitraum bezahlten Grundsteuer ergeben habe, der zur Zahlung von 78.304,28 Euro an den Insolvenzverwalter geführt habe. Dieser Betrag sei dem Erstattungsberechtigten somit von der Beklagten mit befreiender Wirkung überwiesen worden.

Mit der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeit zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. August 2013 zu verurteilen, an die Klägerin 78.304,28 Euro zu zahlen.

Zur Begründung führt sie nunmehr unter Berufung auf ein Hinweisschreiben des Senats aus, bei der Auslegung des Bescheids vom 5. August 2002 komme es auf die objektive Erklärungsbedeutung aus Sicht des Empfängers an und nicht auf eine natürliche Auslegung nach dem wirklichen Willen des Erklärenden. Die spätere Rückforderung durch den Insolvenzverwalter der Pächterinnen könne keine Bedeutung haben; die dadurch veranlasste Rückzahlung sei nicht an die Klägerin erfolgt, so dass sie mit ihrer Zahlung vom 16. Januar 2012 die Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 doppelt entrichtet habe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine Steuerbehörde dürfe nicht von sich aus „Zurechnungen“ nach materiellem Recht abweichend von den formellen Gegebenheiten vornehmen. Im Übrigen sei hier jedenfalls der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen; dem widerspreche es, wenn der Steuerbescheid jetzt der Klägerin gegenüber für wirksam angesehen würde, nachdem sie ihn noch vor kurzem für nichtig gehalten habe. Es sei nicht nachvollziehbar, wie dies für die Beklagte erkennbar gewesen sein sollte, obwohl ihr in Bezug auf die Grundsteuer keine Absprachen bekannt gewesen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. August 2013 ist begründet. Die ihrem Wortlaut nach unmittelbar auf Zahlung gerichtete Klage, die ein Erstattungsbegehren nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 37 Abs. 2 AO betrifft und im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG i. V. m. § 218 Abs. 2 Satz 2 AO in eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines entsprechenden (feststellenden) Verwaltungsakts umzudeuten ist (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 88 Rn. 10), hat Erfolg. Der Klägerin steht ein Rechtsanspruch auf Erstattung in Höhe von 78.304,28 Euro zu, so dass die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu verpflichten war, einen entsprechenden Abrechnungsbescheid zu erlassen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach der auch für kommunale Abgaben anwendbaren Bestimmung des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist, gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des von der Klägerin als Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 an die Beklagte gezahlten Betrags in Höhe von 78.304,28 Euro vor. Denn die genannte Summe wurde von der Klägerin sowohl aufgrund des Grundsteuerbescheids vom 5. August 2002 als auch (nochmals) aufgrund des letzten Änderungsbescheids vom 8. April 2011 an die Beklagte gezahlt; die Grundsteuer wurde also für denselben Zeitraum zweimal entrichtet.

1. Die von der neuen Pächterin unter der Finanzadresse „4023-1“ geleisteten Grundsteuerzahlungen für die Jahre 2005 bis 2008 in einer Gesamthöhe von 78.304,28 Euro erfolgten auf Rechnung der Klägerin und führten zur Erfüllung einer zuvor durch Bescheid festgesetzten Steuerforderung der Beklagten gegenüber der Klägerin.

a) Der den Zahlungen zugrundeliegende „Änderungsbescheid Grundsteuer“ vom 5. August 2002, in dem der jährliche Steuerbetrag und die Fälligkeitstermine der Ratenzahlungen bestimmt waren, begründete eine Zahlungspflicht (allein) der Klägerin, denn er richtete sich an diese und wurde an deren Sitz in S. übermittelt.

Zwar war im Adressfeld des genannten Bescheids („P.-Werk GmbH, S.-Fabrik J.-... Söhne“) und bei der Bezeichnung des Steuerschuldners („P.-Werk GmbH S.-Fabrik“) jeweils eine unzutreffende Firmenbezeichnung angegeben, die einerseits Namensbestandteile der Klägerin (J.-... Söhne S.-fabrik) - in leicht geänderter Schreibweise - aufwies, andererseits aber auch ein Element des Firmennamens sowie die Gesellschaftsform der alten Pächterin (P.-Werke GmbH) - ohne den Plural - und der neuen Pächterin (P.-Werk K. GmbH) - ohne den Ortszusatz - enthielt, so dass hiernach zunächst unklar war, wer für die Grundsteuer herangezogen werden sollte. Diese Unklarheit in der Bezeichnung des Steuerpflichtigen führte jedoch unter den gegebenen Umständen nicht dazu, dass der Steuerbescheid wegen fehlender Bestimmtheit als nichtig anzusehen war (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. §§ 119 Abs. 1, 125 Abs. 1 AO).

Die Angabe des Inhaltsadressaten ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst b KAG i. V. m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO ein notwendiger Bestandteil jedes kommunalen Abgabenbescheids; die Identität des Zahlungspflichtigen muss sich anhand des Verwaltungsakts zweifelsfrei feststellen lassen. Es reicht aber nach allgemeiner Auffassung aus, wenn sich der Abgabenschuldner durch Auslegung hinreichend sicher bestimmen lässt (vgl. BVerwG, B. v. 6.9.2008 - 7 B 10/08 - juris Rn. 24; U. v. 27.6.2012 - 9 C 7/11 - NVwZ 2012, 1413 Rn. 11; BFH, U. v. 1.12.2004 - II R 10/02 - BFH/NV 2005, 1365; v. 17.11.2005 - III R 8/03 - NJW-RR 2006, 589/590). Dabei ist - entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen - nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden abzustellen (sog. natürliche Auslegung), sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger des Bescheids nach Treu und Glauben verstehen musste (BVerwG, U. v. 27.6.2012, a. a. O., Rn. 18 m. w. N.). Bestehen unter diesem Blickwinkel keine Zweifel an der Identität des Adressaten, so ist auch ein Fehler in seiner namentlichen Bezeichnung unschädlich (vgl. BFH, U. v. 1.12.2004, a. a. O., m. w. N.).

Die unrichtige und (für sich betrachtet) objektiv mehrdeutige Firmenbezeichnung im Grundsteuerbescheid vom 5. August 2002 stand danach der Rechtswirksamkeit des Bescheids nicht entgegen. Denn dem Bescheid war bei der gebotenen verständigen Würdigung aller in Betracht kommenden Begleitumstände eindeutig zu entnehmen, dass Inhaltsadressat die Klägerin sein sollte. Diese war zum damaligen Zeitpunkt schon seit Jahrzehnten Alleineigentümerin der Grundstücke T.straße ... und hatte in dieser Zeit fortlaufend sowohl Grundsteuermess- und Zerlegungsbescheide des Finanzamts S. als auch - darauf aufbauend - Grundsteuerbescheide der früheren Gemeinde K. bzw. (seit deren Eingemeindung im Jahr 1978) der Beklagten erhalten, wie z. B. den an die „P.-... Söhne S.-Fabrik“ gerichteten Veranlagungsbescheid vom 1. Januar 1993 mit dem Vermerk „Az. des Finanzamts 24816108620100000“. Auch der Bescheid vom 5. August 2002 nahm mit dem Hinweis auf dieses langjährige Finanzamts-Aktenzeichen und mit dem der Steuerberechnung zugrunde gelegten Messbetrag (6.314,86 Euro) erkennbar Bezug auf einen zuvor gegenüber der Klägerin ergangenen Grundlagenbescheid des Finanzamts, dessen Bindungswirkung für die Grundsteuererhebung in den Bescheidsgründen nochmals hervorgehoben wurde. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin den „Änderungsbescheid“ der Beklagten vom 5. August 2002 nur so verstehen, dass innerhalb des bestehenden Steuerrechtsverhältnisses lediglich der jährlich zu zahlende Betrag an den neuesten Messbescheid des Finanzamts angepasst werden sollte. Für eine Auslegung des Bescheids dahingehend, dass die alte Pächterin - deren Firmensitz sich ebenfalls in S. befand - zur Entrichtung der Grundsteuer herangezogen werden sollte, bestanden dagegen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass die (erkennbar unrichtige) Bezeichnung des Steuerpflichtigen den Zusatz „GmbH“ enthielt, deutete noch nicht darauf hin, dass nur eine solche Kapitalgesellschaft gemeint sein konnte, da auch die Klägerin als Personengesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG das Kürzel „GmbH“ in ihrem Firmennamen aufwies.

Die Klägerin durfte und musste den Änderungsbescheid vom 5. August 2002 demnach als wirksam ansehen und auf sich beziehen, da der unrichtige Firmenname aus ihrer (maßgeblichen) Sicht lediglich eine unschädliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio) darstellte. Insoweit bestand für sie zwar ein Recht auf formlose Berichtigung (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. § 129 Satz 2 AO), jedoch keine Obliegenheit oder gar Verpflichtung, die Beklagte auf deren Fehler hinzuweisen und damit vor einem späteren Missverständnis ihres eigenen Bescheids zu bewahren. Die unwidersprochene „Duldung“ der fehlerhaften Adressierung kann daher nicht dazu führen, dass es der Klägerin nunmehr nach Treu und Glauben verwehrt wäre, der Fehlvorstellung der Beklagten bezüglich des Adressaten ihres damaligen Bescheids entgegenzutreten.

b) Die Klägerin hat die im Bescheid vom 5. August 2002 festgesetzte Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 in voller Höhe entrichtet, wobei sie sich gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 48 Abs. 1 AO eines Dritten in Gestalt der neuen Pächterin bedienen durfte. Dass deren Zahlungen in Höhe der festgesetzten Raten auf dem genannten Bescheid beruhten und demnach auf Rechnung der Klägerin erfolgten, war für die Beklagte aus dem entsprechenden Vermerk auf den Kontoauszügen („Grundsteuer, Finanzadresse 4023-1“) eindeutig erkennbar. Mit dem Eingang der Zahlungen war demnach der Steueranspruch der Beklagten für die Jahre 2005 bis 2008 erloschen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und Nr. 5 Buchst. a KAG i. V. m. §§ 47, 224 Abs. 1 AO).

Dass die Beklagte später - in der unzutreffenden Annahme, eine der Pächterinnen sei Adressatin des Bescheids und habe auf eine eigene Verbindlichkeit geleistet - gegenüber deren Insolvenzverwalter die Grundsteuer (u. a.) für die Jahre 2005 bis 2008 auf 0,00 Euro festlegte (Bescheid vom 12.2.2010) und einen Betrag in Höhe von 78.304,28 Euro an den Insolvenzverwalter überwies, hatte für das zur Klägerin bestehende Steuerschuldverhältnis keine Bedeutung. Denn das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters und die daraus abzuleitende Empfangszuständigkeit bezog sich nach § 80 Abs. 1 InsO nur auf das Vermögen der alten und der neuen Pächterin und nicht auch auf das Vermögen der Klägerin. Mit der rechtsgrundlosen Zahlung an deren (selbstständige) Tochtergesellschaften erbrachte die Beklagte demnach keine Leistung gegenüber der Klägerin, so dass sich daraus ihr gegenüber auch kein Rückzahlungsanspruch ergab, der dem streitgegenständlichen Erstattungsanspruch entgegengehalten werden könnte.

c) Die Klägerin hat, obwohl sie aufgrund des Bescheids vom 5. August 2002 bereits Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 in Höhe von insgesamt 78.304,28 Euro entrichtet hatte, später auf dieselbe Steuerforderung nochmals Zahlungen in dieser Höhe geleistet, so dass ihr ein entsprechender Erstattungsanspruch zusteht.

In dem unter korrekter Firmenbezeichnung erlassenen Bescheid vom 12. Februar 2010 setzte die Beklagte - unter Bezugnahme auf die vorangegangene rückwirkende Neufestsetzung des Einheitswerts durch das Finanzamt - die Grundsteuer u. a. für die Jahre 2005 bis 2008 zunächst auf jährlich 21.886,03 Euro fest. Dieser Bescheid stellte nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont einen Änderungsbescheid zu dem bis dahin gültigen Bescheid vom 5. August 2002 mit dem darin festgesetzten Jahresbetrag von 19.576,07 Euro dar. Mit weiterem Änderungsbescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2010 wurde die Grundsteuer für den genannten Vierjahreszeitraum von 21.886,03 Euro auf 0,00 Euro herabgesetzt, dies offenbar in der Vorstellung, die Aufhebung der bisherigen Zurechnungsfortschreibung durch das Finanzamt lasse die Steuerpflicht entfallen. Mit dem Wirksamwerden dieses „Null-Bescheids“ entstand erstmals ein Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe der (auf ihre Rechnung) für die Jahre 2005 bis 2008 geleisteten Grundsteuerzahlungen von insgesamt 78.304,28 Euro. Zwar ließ der nachfolgende Änderungsbescheid der Beklagten vom 8. April 2011, mit dem die Grundsteuer wiederum rückwirkend für die genannten Jahre auf jeweils 21.582,60 Euro (insgesamt 86.330,40 Euro) festgesetzt wurde, den zwischenzeitlich entfallenen Rechtsgrund für die früheren Zahlungen erneut entstehen und brachte damit den Erstattungsanspruch zunächst zum Erlöschen. Die Klägerin hat aber am 16. Januar 2012 aufgrund dieses neuen Bescheids nicht lediglich den für die Jahre 2005 bis 2008 noch offenstehenden Differenzbetrag von (86.330,40 - 78.304,28 =) 8.026,12 Euro an die Beklagte bezahlt, sondern die gesamte in dem Änderungsbescheid festgesetzte Summe. Ihr steht danach in Bezug auf den zweimal geleisteten Betrag ein Erstattungsanspruch nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 37 Abs. 2 AO zu.

Die Klägerin hat ihr Rückzahlungsverlangen, über das durch Abrechnungsbescheid nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG i. V. m. § 218 Abs. 2 Satz 2 AO zu entscheiden ist, gegenüber der Beklagten sowohl im früheren Widerspruchsverfahren als auch im anhängigen Klageverfahren hinreichend klar zum Ausdruck gebracht. Dass sie zur Begründung ihrer Klage zunächst allein auf die (vermeintliche) Nichtigkeit des Bescheids vom 5. August 2002 verwiesen und den geltend gemachten Erstattungsanspruch demzufolge auf die in den Jahren 2005 bis 2008 geleisteten erstmaligen Zahlungen bezogen hat, steht dem Klageerfolg nicht entgegen. Dem Klagebegehren war von Anfang an zu entnehmen, dass es der Klägerin um den Ausgleich einer für den genannten Zeitraum geleisteten Doppelzahlung ging; dieser durch den vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmte Streitgegenstand blieb auch von dem späteren Wechsel in der rechtlichen Begründung der Klage unberührt (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 10). Selbst wenn in ihrem nunmehrigen Sachvortrag, wonach sich der Erstattungsanspruch erst aus der nochmaligen Zahlung am 16. Januar 2012 ergebe, eine Klageänderung läge, wäre diese jedenfalls gemäß § 91 Abs. 1 VwGO als sachdienlich anzusehen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem sch

Abgabenordnung - AO 1977 | § 218 Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

Abgabenordnung - AO 1977 | § 47 Erlöschen


Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ans

Abgabenordnung - AO 1977 | § 157 Form und Inhalt der Steuerbescheide


(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber

Abgabenordnung - AO 1977 | § 224 Leistungsort, Tag der Zahlung


(1) Zahlungen an Finanzbehörden sind an die zuständige Kasse zu entrichten. Außerhalb des Kassenraums können Zahlungsmittel nur einem Amtsträger übergeben werden, der zur Annahme von Zahlungsmitteln außerhalb des Kassenraums besonders ermächtigt word

Grundsteuergesetz - GrStG 1973 | § 10 Steuerschuldner


(1) Schuldner der Grundsteuer ist derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet ist. (2) Ist der Steuergegenstand mehreren Personen zugerechnet, so sind sie Gesamtschuldner.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 48 Leistung durch Dritte, Haftung Dritter


(1) Leistungen aus dem Steuerschuldverhältnis gegenüber der Finanzbehörde können auch durch Dritte bewirkt werden. (2) Dritte können sich vertraglich verpflichten, für Leistungen im Sinne des Absatzes 1 einzustehen.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2014 - 4 B 14.435 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2014 - 4 B 14.435 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Juni 2012 - 9 C 7/11

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

Tatbestand 1 Die Klägerin, die ein Kalkwerk im Gebiet der beklagten Gemeinde betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch die Beklagte.

Referenzen

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Schuldner der Grundsteuer ist derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet ist.

(2) Ist der Steuergegenstand mehreren Personen zugerechnet, so sind sie Gesamtschuldner.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.

(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die ein Kalkwerk im Gebiet der beklagten Gemeinde betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch die Beklagte.

2

Mit zwei Bescheiden vom 27. Dezember 2006 setzte die Beklagte Abwasserbeiträge in Höhe von insgesamt 1 004 000,45 € fest. Adressiert waren die Beitragsbescheide unter der Anschrift der Klägerin an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH". Als Beitragsschuldner wird "die in der Anschrift genannte Person" bezeichnet. In einem der Bescheide brachte die Beklagte 127 822,97 € Vorausleistung in Abzug, die von der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" aufgrund eines an sie adressierten Vorausleistungsbescheides vom 14. Dezember 2001 entrichtet worden waren.

3

Die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 28. August 2001 gemeinsam mit (vier) weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe zum 27. Dezember 2001 durch Eintragung in das Handelsregister mit der "Heidelberger ... GmbH" als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen. Die Beklagte teilte der "Heidelberger ... GmbH" unter dem 28. August 2002 mit, dass die Bauarbeiten zum Anschluss der M. Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des örtlichen Zweckverbandes abgeschlossen seien und es daher möglich sei, die Grundstücke der "Heidelberger ... GmbH" an den öffentlichen Schmutzwasserkanal anzuschließen. Ferner enthält das Schreiben einen Hinweis, dass über die zu entrichtenden Beiträge gesonderte Bescheide ergehen werden. Die Firma der "Heidelberger ... GmbH" wurde im Dezember 2002 in "... Deutschland GmbH" geändert. Die Klägerin ist im Wege einer weiteren Verschmelzung am 20. Juli 2009 als übernehmender Rechtsträger Rechtsnachfolgerin der "... Deutschland GmbH" und damit Eigentümerin der beitragspflichtigen Grundstücke geworden.

4

Der von der "... Deutschland GmbH" gegen die Bescheide eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die daraufhin erhobene Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 28. April 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide seien inhaltlich hinreichend bestimmt. Aus den Bescheiden ergebe sich insbesondere eindeutig, an wen sie sich richteten; danach schulde die "... Deutschland GmbH" die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide erloschene Rechtsvorgängerin. Die Bescheide führten zwar im Adressfeld die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin auf, die lediglich bis zum 27. Dezember 2001 Eigentümerin der im Bescheid genannten Grundstücke des Kalkwerks gewesen sei. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide hätten die Organe der "... Deutschland GmbH" die Bescheide auf Grundlage der für sie ohne Weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben aber nur so verstehen können, dass die "... Deutschland GmbH" als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte. Eine andere Entscheidung rechtfertige auch nicht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam sei, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existentes Steuersubjekt richte. Ob sich ein Verwaltungsakt gegen ein nicht existentes Steuersubjekt richte, könne erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes gesagt werden.

5

Mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 28. April 2011 zugelassenen Revision macht die Klägerin in erster Linie geltend: Die Beitragsbescheide seien inhaltlich unbestimmt und damit nichtig, da vor ihrem Erlass das Vermögen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" einschließlich der beitragspflichtigen Grundstücke durch Verschmelzung auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin übergegangen und die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" erloschen sei. Darauf, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte wissen müssen, dass die Bescheide an sie gerichtet gewesen seien, komme es nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof habe durch seine Auslegung die Bescheide in Wahrheit umgedeutet und deren Unbestimmtheit erst herbeigeführt. Tatsächlich habe seitens der Beklagten auch kein Erklärungsirrtum vorgelegen, da der Sachbearbeiter den Bescheid bewusst an die noch im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" adressiert habe.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. April 2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Bescheide seien auslegungsfähig. Dabei komme es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene sie nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Der Klägerin sei sofort klar gewesen, dass sie die Adressatin der Bescheide und Beitragsschuldnerin gewesen sei. Aus der den Bescheiden beigefügten Liste der der Beitragspflicht unterliegenden Grundstücke und der Vorkorrespondenz hätte sie dies jedenfalls ohne Weiteres erkennen können und müssen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, auf die das Abgabenschuldverhältnis im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO) und die das Verfahren ihrer Rechtsvorgängerin aufgenommen hat (§ 173 VwGO i.V.m. den entsprechend anwendbaren §§ 239 ff. ZPO), ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist mit Bundesrecht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

10

Die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung, die Beitragsbescheide der Beklagten, die an eine schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtssubjekt nicht mehr existente GmbH adressiert sind, seien inhaltlich hinreichend bestimmt, weil sich die Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft als Inhaltsadressatin ansehen musste, betrifft im Ausgangspunkt irrevisibles Landesrecht. Denn die Anforderungen an die Bestimmtheit von Heranziehungsbescheiden zu Abwasserbeiträgen ergeben sich hier zunächst aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Nr. 4 Buchst. c des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes in Verbindung mit § 119 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 der kraft Verweisung im Kommunalabgabengesetz ebenfalls nur als Landesrecht zur Anwendung kommenden Abgabenordnung (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1990 - BVerwG 5 B 37.90 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 160 S.10 und vom 25. März 1996 - BVerwG 8 B 48.96 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 79 S. 53; Urteil vom 19. März 2009 - BVerwG 9 C 10.08 - Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 135 Rn. 9). Unter bundesrechtlichen und damit revisiblen Gesichtspunkten ist deshalb lediglich fraglich, ob die Auslegung und Anwendung von Landesrecht mit den Anforderungen, die das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) an die Bestimmtheit von Abgabenbescheiden stellt, vereinbar ist. Dies ist der Fall.

11

1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Adressat eines Verwaltungsakts zwar einerseits hinreichend bestimmt bezeichnet sein muss, dass aber andererseits ein Verwaltungsakt mit Blick auf die Bezeichnung des Inhaltsadressaten auslegungsfähig sein und die Auslegung etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Die Annahme der Nichtigkeit eines Abgabenbescheides wegen Unbestimmtheit scheidet danach aus, wenn die (vorrangige) Auslegung des Bescheides etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt (Urteil vom 25. Februar 1994 - BVerwG 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 4; Beschlüsse vom 25. März 1996 a.a.O. S. 53 f. und vom 6. September 2008 - BVerwG 7 B 10.08 - juris Rn. 24). Diese Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegt.

12

Weiter gehende Anforderungen an die Auslegung von Bescheiden aufgrund des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots folgen nicht aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Unbestimmtheit und Nichtigkeit von an den nicht mehr existenten Rechtsvorgänger des Steuerschuldners adressierten Steuerbescheiden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts die Angabe des Inhaltsadressaten ist, d.h. desjenigen, dem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - IV R 91/05 - juris Rn. 14). Weiterhin in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestimmtheit von Verwaltungsakten lässt der Bundesfinanzhof es grundsätzlich genügen, wenn die Identität des Inhaltsadressaten eines Steuerverwaltungsakts durch Auslegung anhand der dem Betroffenen bekannten Umstände einschließlich dem Bescheid beigefügten Unterlagen und zeitlich vorhergehender Bescheide hinreichend sicher bestimmt werden kann (BFH, Beschluss vom 29. Juni 1988 - IV B 70/88 - juris Rn. 22 und Urteil vom 1. Dezember 2004 - II R 10/02 - juris Rn. 9 m.w.N. ). Diese Grundsätze erfahren nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch dann eine Einschränkung, wenn sich der in seiner Bezeichnung des Adressaten eindeutige Abgabenbescheid gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn der Adressat des Abgabenbescheides eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Bescheides durch Umwandlung erloschen war (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230; Urteil vom 25. Januar 2006 - I R 52/05 - juris Rn. 9, 13). Ferner können nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Fall der Rechtsnachfolge im weiteren Verfahren nicht geheilt werden (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 a.a.O.). Die Tatsache, dass sich der Empfänger eines Bescheides mit unrichtiger Bezeichnung des Steuerschuldners als Adressat angesehen hat, sei unbeachtlich, weil die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Bescheides nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängen könne. Eine Auslegung eines Steuerbescheides hinsichtlich des Inhaltsadressaten kommt danach nur dann in Betracht, wenn dessen Bezeichnung im Bescheid selbst mehrdeutig ist (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 16, 19).

13

Die Frage, ob das Berufungsgericht bei seiner Auslegung diesen vom Bundesfinanzhof für die Fälle der Rechtsnachfolge entwickelten Grundsätzen gerecht geworden ist, stünde einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nur dann offen, wenn die vom Bundesfinanzhof vorgenommenen Einschränkungen der allgemeinen Auslegungsregeln bei der Ermittlung des Inhaltsadressaten eines Abgabenverwaltungsakts durch den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz geboten und damit Teil des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) wären. Dies ist nicht der Fall.

14

Das Bundesverfassungsgericht hat das im allgemeinen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde, der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende Bestimmtheitsgebot vor allem im Zusammenhang mit der hinreichenden Bestimmtheit von Gesetzen konturiert. Danach sind gesetzliche Tatbestände so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und dem Zweck der betroffenen Norm (BVerfG, Beschlüsse vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <235> und vom 18. Mai 2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370 <396 f.>) sowie den jeweiligen Grundrechtsauswirkungen und der Art und Intensität des zugelassenen behördlichen Eingriffs ab (BVerfG, Beschluss vom 24. November 1981 - 2 BvL 4/80 - BVerfGE 59, 104 <114>; Urteil vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348 <375 f.>; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 - BVerwG 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 <147>). Auch bei öffentlich-rechtlichen Abgaben kommt es für die hinreichende Bestimmtheit des Gesetzes auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs wie auf das Betroffensein von Grundrechten an. Für alle Abgaben gilt als allgemeiner Grundsatz, dass abgabenbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabe in gewissem Umfang vorausberechnen kann. Dabei genügt es im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts, dass für den Abgabenschuldner die Höhe der zu erwartenden Abgabe im Wesentlichen abschätzbar ist, so dass für ihn unzumutbare Unsicherheiten nicht entstehen können (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 a.a.O. S. 236; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 a.a.O. S. 148 f.).

15

Aus diesen Grundsätzen lassen sich Rückschlüsse auf die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit von Verwaltungsakten ziehen. Auch bei ihnen dient das Bestimmtheitsgebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 2). Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 = Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 7). Dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot lässt sich von daher nicht entnehmen, dass es in Fällen der Rechtsnachfolge von Verfassungs wegen ausgeschlossen ist, einen an ein erloschenes Rechtssubjekt als Beitragsschuldner adressierten Abgabenbescheid im Wege der Auslegung als an den Rechtsnachfolger des Adressaten gerichtet zu verstehen. Bei Beachtung der anerkannten Auslegungsgrundsätze ist auch in diesen Fällen in einer dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügenden Weise gesichert, dass für den durch Auslegung des Bescheides ermittelten Inhaltsadressaten keine unzumutbaren Unsicherheiten über seine Betroffenheit sowie über Grund, Höhe und Fälligkeit der Abgabenschuld entstehen. Die von dem Bundesfinanzhof in Auslegung einfach-rechtlicher Normen der Abgabenordnung vertretene Auffassung, ein im Fall der Rechtsnachfolge an den Rechtsvorgänger gerichteter Abgabenbescheid sei unwirksam und könne nicht dahin ausgelegt werden, dass Inhaltsadressat der Rechtsnachfolger sei, geht mithin über das durch Bundes(verfassungs)recht Gebotene hinaus und ist damit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung hier entzogen.

16

2. Die Auslegung der angefochtenen Beitragsbescheide durch das Berufungsgericht hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Dabei kann offen bleiben, ob das Revisionsgericht zur selbständigen Auslegung von Verwaltungsakten befugt ist (so Urteile vom 14. Dezember 2005 - BVerwG 10 C 6.04 - BVerwGE 125, 9 Rn. 19 und vom 25. Februar 1994 a.a.O.) oder ob es jedenfalls dann, wenn das Berufungsgericht ein Auslegungsergebnis - wie hier - näher begründet hat, darauf beschränkt ist, die Auslegung des Tatrichters daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht oder ob sie einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt oder einen umstrittenen Prozessstoff zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hat (Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>; vgl. auch Neumann, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 166 ff.). Denn die Vorinstanz ist ohne Verstoß gegen die anerkannten Auslegungsregeln oder einen sonstigen Rechtsverstoß zu einer Auslegung der angegriffenen Beitragsbescheide gelangt, die der Senat teilt.

17

Die Rüge der Revision, die Bescheide seien aufgrund der Adressierung an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" hinsichtlich ihres Inhaltsadressaten eindeutig und daher nicht der Auslegung zugänglich, übersieht, dass nach der Ermittlung des Wortlauts einer Erklärung in einem zweiten Schritt auch die außerhalb der Begleitumstände liegenden Umstände in die Auslegung einzubeziehen sind, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Selbst ein klarer Wortlaut einer Erklärung stellt keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände dar. Die Feststellung, dass eine Erklärung eindeutig ist, lässt sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen (BGH, Urteile vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98 - NJW-RR 2000, 1002 <1003> und vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260 <1261>). Eine solche umfassende Auslegung hat der Verwaltungsgerichtshof vorgenommen, indem er berücksichtigt hat, dass der Klägerin ihre Eigentümerstellung hinsichtlich der in der Anlage zu den Bescheiden genau bezeichneten Grundstücke ebenso bekannt war wie ihre Beitragspflicht aufgrund des Anschlusses ihres Betriebs an die neu errichtete Schmutzwasserentsorgungsanlage der Beklagten. Als weiteren wesentlichen und der Klägerin bekannten Teil der Vorgeschichte der Bescheide hat der Verwaltungsgerichtshof den an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" gerichteten und beglichenen Vorausleistungsbescheid vom 14. Dezember 2001 und insbesondere das nach Erlöschen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" an deren Rechtsnachfolgerin gerichtete Schreiben der Beklagten vom 28. August 2002, mit dem die Klägerin als Grundstückseigentümerin über ihre bevorstehende Heranziehung zu den Kosten des Klärwerks informiert wurde, angesehen. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Rechtsvorgängerin der Klägerin habe aufgrund dieser Umstände bei Erhalt der Bescheide "auf den ersten Blick" klar sein müssen, dass sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks und nicht die bereits seit Jahren erloschene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" herangezogen werden sollte und lediglich die Adressierung versehentlich fehlerhaft war, weist einen Rechtsfehler nicht auf.

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Die Rüge der Klägerin, bei einer eindeutigen Adressierung eines Bescheides könne sich aus einem zeitlich vorangehenden Bescheid allenfalls ergeben, dass unklar sei, welches Rechtssubjekt der später ergangene Bescheid betreffe, übersieht, dass die Auslegung stets einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls bedarf und das Berufungsgericht gerade nicht nur auf die Ankündigung der Beklagten, die Rechtsvorgängerin der Klägerin heranziehen zu wollen, sondern zusätzlich darauf abgestellt hat, dass für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar war, dass sie für den ihr gewährten Vorteil des Anschlusses an die kommunale Kläranlage beitragspflichtig und daher Adressatin der Beitragsforderung war. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin, bei einer Auslegung nach § 133 BGB sei der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und der Sachbearbeiter der Beklagten habe nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in den Bescheiden bewusst und gewollt die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin bezeichnet. Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen ist bei Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern - wie oben dargelegt - auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen musste, abzustellen (stRspr, Urteil vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286>; BFH, Urteil vom 26. August 1982 - IV R 31/82 - BFHE 136, 351 m.w.N; vgl. zum Zivilrecht Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 133 Rn. 7, 9). Dass der Abgabenbescheid Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Abgabenschuldner ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf zivilrechtliche Grundsätze geltend macht, aufgrund der Formenstrenge des Zwangsvollstreckungsverfahrens komme eine Auslegung eines Titels durch außerhalb des Titels liegende Umstände nicht in Betracht, übersieht sie, dass auch im Zivilrecht Umstände außerhalb des Titels berücksichtigt werden können, wenn dem nicht berechtigte Schutzinteressen des Vollstreckungsschuldners entgegenstehen. Solche verneint der Bundesgerichtshof dann, wenn Prozess- und Vollstreckungsgericht identisch sind und daher auch das Vollstreckungsgericht über die für die Auslegung des Titels erforderlichen Kenntnisse verfügt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 - BGHZ 156, <339>). Hiermit vergleichbar ist die Situation bei der zwangsweisen Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Abgaben durch die den Abgabenbescheid erlassende Behörde, die zudem bei der Vollstreckung weitergehenden rechtlichen Bindungen als ein privater Gläubiger unterworfen ist.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Leistungen aus dem Steuerschuldverhältnis gegenüber der Finanzbehörde können auch durch Dritte bewirkt werden.

(2) Dritte können sich vertraglich verpflichten, für Leistungen im Sinne des Absatzes 1 einzustehen.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.

(1) Zahlungen an Finanzbehörden sind an die zuständige Kasse zu entrichten. Außerhalb des Kassenraums können Zahlungsmittel nur einem Amtsträger übergeben werden, der zur Annahme von Zahlungsmitteln außerhalb des Kassenraums besonders ermächtigt worden ist und sich hierüber ausweisen kann.

(2) Eine wirksam geleistete Zahlung gilt als entrichtet:

1.
bei Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln am Tag des Eingangs, bei Hingabe oder Übersendung von Schecks jedoch drei Tage nach dem Tag des Eingangs,
2.
bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Finanzbehörde und bei Einzahlung mit Zahlschein
an dem Tag, an dem der Betrag der Finanzbehörde gutgeschrieben wird,
3.
bei Vorliegen eines SEPA-Lastschriftmandats
am Fälligkeitstag.

(3) Zahlungen der Finanzbehörden sind unbar zu leisten. Das Bundesministerium der Finanzen und die für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden können für ihre Geschäftsbereiche Ausnahmen zulassen. Als Tag der Zahlung gilt bei Überweisung oder Zahlungsanweisung der dritte Tag nach der Hingabe oder Absendung des Auftrags an das Kreditinstitut oder, wenn der Betrag nicht sofort abgebucht werden soll, der dritte Tag nach der Abbuchung.

(4) Die zuständige Kasse kann für die Übergabe von Zahlungsmitteln gegen Quittung geschlossen werden. Absatz 2 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn bei der Schließung von Kassen nach Satz 1 am Ort der Kasse eine oder mehrere Zweiganstalten der Deutschen Bundesbank oder, falls solche am Ort der Kasse nicht bestehen, ein oder mehrere Kreditinstitute ermächtigt werden, für die Kasse Zahlungsmittel gegen Quittung anzunehmen.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.