vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RO 10A DK 14.1983, 30.07.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Unter Abänderung von Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. Juli 2015 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

1. Der am … 1978 geborene Beklagte war vom 12. August 2009 bis 31. Mai 2012 als Geschäftsleiter bei der Verwaltungsgemeinschaft P …- … tätig. Seit 1. Juni 2012 ist er als Verwaltungsoberinspektor (BesGr. A 10) der Stadt N … beschäftigt. Der Beklagte ist verheiratet und Vater eines 2008 geborenen Sohnes und zweier im Jahr 2014 geborener Töchter.

In den Jahren 2008 und 2012 wurde er jeweils mit „10 Punkten“ dienstlich beurteilt.

Der Beklagte war und ist beihilfeberechtigt. Während seiner Beschäftigung bei der Verwaltungsgemeinschaft P …- … war er zur Beihilfeversicherung bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse angemeldet.

2. Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts R … vom 18. April 2013 (Az. 21 Cs 111 Js 14442/12) wurde gegen den Beklagten wegen sechs tatmehrheitlicher Fälle des Betrugs, davon dreimal in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Urkundenfälschung, einmal in Tateinheit mit drei tateinheitlichen Fällen der Urkundenfälschung und zweimal in Tateinheit mit vier tateinheitlichen Fällen der Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit versuchten Betrug in Tateinheit mit vier tateinheitlichen Fällen der Urkundenfälschung eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt. Gleichzeitig wurde ihm die Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von 1.000 € als Geldbuße auferlegt.

Im Strafbefehl des Amtsgerichts R … werden folgende Feststellungen getroffen:

„Sie waren als Beamter bei der Verwaltungsgemeinschaft P …- … in der Zeit vom 12.08.2009 bis 31.05.2012 beihilfeberechtigt und zur Beihilfeversicherung bei der B. B. AG […] angemeldet.

I.

In der Zeit vom 21.01.2011 bis 18.10.2011 reichten Sie bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse sechs Anträge für die Zahlung von Beihilfeleistungen ein. Sie legten den Anträgen jeweils Rechnungen des Rückenzentrums R … oder der Physiotherapiepraxis M … als Nachweis für die beantragten Leistungen bei. Diese Rechnungen waren, wie sie wussten, tatsächlich nicht vom Rückenzentrum oder der Physiotherapiepraxis ausgestellt, sondern zuvor von Ihnen gefälscht worden. Die darin abgerechneten Leistungen waren tatsächlich nicht erbracht worden.

Sie handelten jeweils, um dadurch unberechtigt Beihilfe in der jeweils beantragten Höhe zu erhalten. So getäuscht veranlasste der zuständige Sachbearbeiter bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse jeweils die Zahlung der Beihilfeanteile.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

1.

Antrag vom 21.01.2011 unter Vorlage der Rechnungen des Rückenzentrums vom 20.01.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 356,30 Euro, und vom 20.01.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 254,50 Euro.

2.

Antrag vom 12.03.2011 unter Vorlage der Rechnungen des Rückenzentrums vom 28.02.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 356,30 Euro, und vom 28.02.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 254,50 Euro.

3.

Antrag vom 18.05.2011 unter Vorlage der Rechnungen der Physiotherapiepraxis S … vom 30.03.2011 in Höhe von 290,00 Euro, gezahlt wurden 179,20 Euro und der Rechnungen des Rückenzentrums vom 27.04.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 356,30 Euro, und vom 27.04.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 254,50 Euro.

4.

Antrag vom 08.07.2011 unter Vorlage der Rechnungen der Physiotherapiepraxis S … vom 29.04.2011 in Höhe von 290,00 Euro, gezahlt wurden 179,20 Euro und vom 29.04.2011 in Höhe von 290,00 Euro, gezahlt wurden 128,00 Euro, sowie der Rechnungen des Rückenzentrums vom 09.05.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 356,30 Euro, und vom 09.05.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 254,50 Euro.

5.

Antrag vom 17.08.2011 unter Vorlage der Rechnungen der Physiotherapiepraxis S … vom 23.05.2011 in Höhe von 290,00 Euro, gezahlt wurden 179,20 Euro und vom 23.05.2011 in Höhe von 290,00 Euro, gezahlt wurden 128,00 Euro, sowie der Rechnungen des Rückenzentrums vom 10.06.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 356,30 Euro, und vom 10.06.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 254,50 Euro.

6.

Antrag vom 18.10.2011 unter Vorlage der Rechnungen des Rückenzentrums vom 25.07.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 356,30 Euro, und vom 25.07.2011 in Höhe von 509,00 Euro, gezahlt wurden 254,50 Euro.

Von der Bayerischen Beamtenkrankenkasse wurden insgesamt Leistungen in Höhe von 4.458,40 Euro erbracht, auf die Sie, wie Sie wussten, keinen Anspruch hatten. Der Bayerischen Beamtenkrankenkasse entstand ein entsprechender Schaden.

II.

Am 6.12.2011 reichten Sie bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse einen weiteren Antrag für die Zahlung von Beihilfeleistungen ein. Sie legten zwei Rechnungen des Rückenzentrums R … vom 19.07.2011 und zwei vom 25.08.2011 über jeweils 590,00 Euro bei. Auch diese Rechnungen waren, wie Sie wussten, tatsächlich nicht vom Rückenzentrum ausgestellt, sondern zuvor von Ihnen gefälscht worden.

Sie handelten wiederum, um dadurch unberechtigt Beihilfeleistungen in der jeweils beantragten Höhe zu erhalten. Der zuständige Sachbearbeiter erkannte jedoch entgegen Ihrer Vorstellung die Täuschung und es kam nicht zur Auszahlung der Leistungen.

Sie handelten in allen Fällen in der Absicht, sich eine nicht nur vorübergehende Einkommensquelle von gewisser Dauer und gewissem Umfang zu erschließen.“

3. Mit Schreiben vom 2. August 2013 informierte der erste Bürgermeister der Stadt N … die Landesanwaltschaft Bayern über den Sachverhalt des Strafbefehls und übertrug ihr seine Disziplinarbefugnisse als Dienstvorgesetzter. Der Beklagte wurde mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 über die Einleitung des Disziplinarverfahrens informiert. Er wurde gemäß Art. 22 BayDG unterrichtet, belehrt und angehört.

Im behördlichen Disziplinarverfahren räumte der Beklagte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vollumfänglich ein. Er legte u.a. einen psychotherapeutischen Befundbericht vom 10. Dezember 2012 vor, der ihm eine „mittelgradig rezidivierende depressive Episode mit Unreife und anankastischen [= zwanghaften] sowie impulsiven Persönlichkeitszügen“ attestierte.

Unter dem 7. Februar 2014 legte der Beklagte einen weiteren psychotherapeutischen Befundbericht vom 24. Januar 2014 vor. Dort berichtet sein psychologischer Psychotherapeut (PP) N …, der Beklagte habe ihm über Betrugshandlungen gegenüber der Beihilfeversicherung berichtet. Der Beklagte habe im Tatzeitraum unter einer gestörten Impulskontrolle gelitten. Objektiv sei zwar keine wirtschaftliche Notlage vorhanden gewesen. Subjektiv habe der Beklagte dies aber so empfunden. Da das Girokonto immer wieder für längere Zeit im Minus gewesen sei und es keine Aussicht auf Besserung gegeben habe, habe er den inneren Zwang gehabt, mit den Betrugshandlungen fortzufahren. Es sei derartig in einem Tunnelblick gewesen, dass ihm die Konsequenzen seiner Handlungen nicht klar gewesen seien.

Das von der Landesanwaltschaft eingeholte medizinische Sachverständigengutachten Prof. Dr. O … vom 26. August 2014 kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass bei dem Beklagten zwar psychische Störungen in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein diagnostiziert werden könnten (nämlich vornehmlich im Sinne einer Anpassungsstörung, im Sinne einer reaktiven Depression, vor dem Hintergrund einer subjektiv außergewöhnlich belastend erlebten beruflichen Beanspruchung), die jedoch in ihrem Ausprägungsgrad nicht dem geforderten Schweregrad entsprächen, der zur Annahme einer Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit gefordert sei.

Im Rahmen des Anamnesegesprächs, das der Beurteilung des Prof. Dr. O … zugrunde liegt, gab der Kläger auf die Frage, ob es im inkriminierten Zeitraum eine finanzielle Notsituation gegeben habe, an:

„Na ja, was heißt Notsituation? 2008 wurde unser Sohn geboren. Meine Ehefrau hat dann nicht mehr gearbeitet. Ich ging später dann in Elternzeit. Da hatten wir schon deutlich weniger Einkommen. Irgendwie sind wir dann dauernd im Minus gewesen. Wir haben uns aber keine Luxusreisen gegönnt; klar waren wir ‘mal im Urlaub. Wir hatten aber auch kein teures Auto. Eigentlich war immer alles ganz normal. Nur das Geld hat leider nicht gereicht. Ich selbst hatte mich um die Auszüge und die Kontostände gekümmert, meine Ehefrau hat sich da raus gehalten. 2010 habe ich mir ‘mal 2.000 Euro von meinem Bruder geliehen. In der Folge habe ich mich aber geschämt, meine Eltern anzusprechen, bzw. die Schwiegereltern zu fragen. Das wäre mir unangenehm gewesen. Irgendwann bin ich dann auf die Idee gekommen, die Rechnungen zu fälschen. Ich war zum damaligen Zeitpunkt wegen Rückenbeschwerden regelmäßig bei der Gymnastik und beim Physiotherapeuten. Da bin ich dann auf die Idee mit den Rechnungen gekommen. Das hat ja auch immer irgendwie geklappt, das war gar nicht schwierig. Ich bin da irgendwie so drauf gekommen; letztendlich kann ich mir das auch alles nicht erklären.“

Auf die Frage zu seinem Motiv antwortete der Beklagte:

„Das kann man so leicht nicht beantworten; ich kann mir das nicht erklären, im Rückblick. Ich war damals in W … Geschäftsleiter der Verwaltung. Mir ist es damals recht schlecht gegangen. Ich war eben in schlechter Verfassung, hatte depressive Episoden, hatte keinen Schwung und kein Interesse. Ich habe mich nur noch in die Arbeit geschleppt. …Naja, Selbstzweifel, Minderwertigkeitsgefühle, Schlafstörungen, Gefühle der Ausweglosigkeit. Ich habe das auf meine Arbeitsbelastung zurückgeführt. Vielleicht bin ich grundsätzlich anfällig für solche Gefühle. Ich war schon als Kind ängstlich; besondere Probleme habe ich während der Bundeswehrzeit gehabt, auch da hatte ich Depressionsgefühle.“

4. Am 28. November 2014 erhob die Landesanwaltschaft Bayern wegen des strafrechtlich geahndeten Sachverhalts beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Juli 2015 wurde der Beklagte in das Amt eines Verwaltungsinspektors zurückgestuft. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, für den Beklagten spreche, dass er die Taten in einer negativen Lebensphase begangen habe, welche er inzwischen überwunden habe. Der Kläger habe die Taten in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum begangen, in welchem die Familie finanziell belastet gewesen sei und sich sein berufliches Umfeld als schwierig gestaltet habe. Durch den Wechsel zum neuen Dienstherrn sei es ihm gelungen, das Vertrauen des neuen Dienstherrn zu gewinnen und seine neuen Aufgaben zufriedenstellend zu lösen. Dafür spreche auch das positive Persönlichkeitsbild, das der neue Dienstvorgesetzte im Dezember 2014 erstellt habe.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 17. August 2015, am 10. September 2015 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Juli 2015 abzuändern und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht mildernd darauf abgestellt, dass der Beklagte die Taten in einer negativen Lebensphase begangen habe, welche er inzwischen überwunden habe. Für diesen Milderungsgrund müssten die negativen Lebensumstände eine schwerwiegende Ausnahmesituation begründen. Die Ausnahmesituation müsse über das hinausgehen, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen könne. Das sei vor dem Hintergrund der Schwere der Tat ersichtlich nicht der Fall, insbesondere handele es sich nicht um eine individuelle Extremsituation. Die dargelegten beruflichen und finanziellen Schwierigkeiten seien - zumal sie nicht über das hinausgingen, was jeden treffen könne - nicht von einem solchen Gewicht, dass sie die begangenen wiederholten Betrügereien und Urkundenfälschungen in einem deutlich milderen Licht erscheinen ließen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er habe sich in einer schwerwiegenden Ausnahmesituation befunden. Aus der beiliegenden psychotherapeutischen Stellungnahme vom 5. Oktober 2015 ergebe sich, dass seine Behandlung unter Berücksichtigung der depressiven Persönlichkeitsstruktur erfolgreich sei und zu erwarten sei, dass er seine dienstlichen Pflichten als Beamter zukünftig gewissenhaft erfüllen werde.

Der Senat hat am 3. Mai 2017 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist abzuändern und gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach Art. 6 BayDG richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.1). Ein Beamter, der gewerbsmäßig über den Zeitraum fast eines Jahres die Bayerische Beamtenkrankenkasse als Beihilfeversicherer seines Dienstherrn mittels gefälschter Rechnungen betrogen hat, macht sich untragbar. In diesem Fall ist die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.2). Die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.3). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.4).

1. Der Senat legt seiner Entscheidung den Sachverhalt zugrunde, der Gegenstand der Disziplinarklage des Klägers ist. Die dort im Einzelnen aufgelisteten dienstpflichtverletzenden Handlungen des Beklagten sind identisch mit dem im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts R … vom 18. April 2013 sanktionierten Sachverhalt. Gemäß Art. 63 Abs. 1, Art. 55, Art. 25 Abs. 2 BayDG können die in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden. Anlass, von diesen Feststellungen abzuweichen, besteht nicht, zumal der Beklagte den ihm vorgeworfenen Sachverhalt im behördlichen Disziplinarverfahren und im gerichtlichen Verfahren sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof eingeräumt hat.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten (§§ 263 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 267 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 52, 53 StGB). Weiter hat er dadurch seine Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt.

Die Betrugshandlungen und die Urkundenfälschungen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 11 m.w.N.). Durch das Vorlegen der Scheinrechnungen hat der Beklagte im Beamtenrecht begründete Zahlungen erhalten, auf die er keinen Anspruch hatte. Auch wenn die Verwaltungsgemeinschaft zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Gewährung von Beihilfe an ihre Bediensteten eine Beihilfeversicherung abgeschlossen und die Beihilfe als Versicherungsnehmer über die Bayerische Beamtenkrankenkasse (BBK) als Versicherer abgewickelt hat (Art. 96 Abs. 4 Satz 5 BayBG), handelt es sich im Verhältnis zum Beklagten um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Verwaltungsgemeinschaft zur Beihilfe. Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. 96 Abs. 4 Satz 5 BayBG ergibt, können sich die Gemeindeverbände durch den Abschluss einer Beihilfeversicherung nicht aus ihrer nach Art. 96 Abs. 1 BayBG bestehenden Pflicht zur Gewährung von Beihilfe gegenüber ihren Bediensteten lösen, sodass das Verhältnis zwischen Verwaltungsgemeinschaft und Beklagtem als innerdienstlich zu qualifizieren ist. Die Zahlung wird durch die BBK, die für die Beihilfeversicherung gesetzlich ermächtigt ist (Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten des Freistaats Bayern vom 23.7.1994, GVBl. S.603), als Beihilfeleistung im Namen des Versicherungsnehmers - hier der Verwaltungsgemeinschaft - erbracht.

2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG und der dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelung des Disziplinargesetzes des Bundes ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 12 m.w.N.).

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (vgl BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 12/13).

2.1 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für seine Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254 - juris Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, greift der Senat auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten nunmehr auf den Strafrahmen zurück und folgt damit der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - ZBR 2016, 254; B.v. 05.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 14).

Vorliegend stellen die dienstpflichtverletzenden Handlungen, welche auch dem Strafbefehl des Amtsgerichts R … zugrunde lagen, sehr schwere Dienstpflichtverletzungen dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass für Straftaten des Betrugs und der Urkundenfälschung jeweils in einem besonders schweren Fall nach § 263 Abs. 3 StGB bzw. § 267 Abs. 3 StGB ein Strafrahmen von bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe besteht. Damit bewegt sich die Strafandrohung weit über dem mittelschweren Bereich (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2015 - 2 WD 15/14 - juris Rn. 51). Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es bis zu zehn Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 20).

2.2 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des Art. 14 BayDG führt zur Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG).

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Umstand, dass es sich bei dem Dienstvergehen nicht um ein einmaliges Fehlverhalten handelte, sondern die Betrugshandlungen über 11 Monate andauerten, sowie die Höhe der Schadenssumme, sind bereits Kriterien, die die volle Ausschöpfung des Orientierungsrahmens geboten erscheinen lassen. Ebensolches gilt für die hinzukommenden Urkundenfälschungen, bei denen es sich nicht um bloße Begleitdelikte handelt und die bereits für sich gesehen disziplinarisch von hohem Gewicht sind (vgl. BayVGH, U.v. 4.6.2014 - 16a D 10.2005 - juris Rn. 70). Zu berücksichtigen ist auch, dass der Beklagte ausweislich des Strafbefehls gewerbsmäßig, d.h. zur Erzielung weiterer Einkünfte handelte.

2.3 Die in der Rechtsprechung entwickelten sogenannten „anerkannten“ Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute. Solche können teilweise zu einer Disziplinarmaßnahme führen, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2016 - 2 B 49/15 - juris Rn. 13). Für den Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“, der hier vom Verwaltungsgericht bejaht worden ist, gilt die regelhafte Herabstufung der angemessenen Disziplinarmaßnahme dagegen nicht (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2015 a.a.O.). Vielmehr ist eine solch negative Lebensphase während des Tatzeitraums je nach den Umständen des Einzelfalls als mildernder Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtwürdigung nach Art. 14 BayDG zu berücksichtigen.

2.3.1 Der Beklagte hat das Dienstvergehen nicht im Zustand einer im Sinne des § 21 StGB erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen, die regelmäßig einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis entgegensteht (vgl. BVerwG B.v. 9.2.2016 - 2 B 84.14 - juris Rn. 21; B.v. 4.7.2013 - 2 B 76.12 - juris Rn. 19). Der Senat geht davon aus, dass beim Beklagten zum maßgeblichen Zeitraum keines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorlag, mithin eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB tatbestandlich ausscheidet. Er folgt insofern dem im Disziplinarverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. O … vom 26. August 2014, der sich mit dieser Frage dezidiert befasst und sie nachvollziehbar verneint hat. Die dortigen Feststellungen hat der Beklagte nicht substantiiert in Frage gestellt.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. O … leidet der Beklagte jedoch an einer Anpassungsstörung (als Reaktion auf berufliche und private Belastungen, aktuell insbesondere durch das laufende Verfahren) bzw. einer protrahierten leichten bis mittelgradigen reaktiven Depression, was bei der Gesamtwürdigung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG einzustellen ist.

2.3.2 Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“, „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ oder „einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat“ bestehen nicht. Dem Vorbringen des Beklagten lässt sich nichts dafür entnehmen, dass er das Dienstvergehen in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage begangen hat. Dieser Milderungsgrund greift im vorliegenden Fall schon deshalb nicht ein, weil es sich hier jedenfalls nicht um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat. Wiederholte Zugriffs- oder zugriffsähnliche Handlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2002 - 1 D 5.02 - juris Rn. 17). Im Übrigen hat der Beklagte wiederholt, zuletzt in der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt, bei objektiver Betrachtung sei die finanzielle Situation nicht schlecht gewesen.

2.4 Art. 14 Abs. 1 BayDG sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und von dem Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 37).

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände ergibt, dass der Beamte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen wird oder - wie hier - die Ansehensschädigung nicht wiedergutzumachen ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2006 - 2 C 11.05 - juris Rn. 24).

2.4.1 Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Der Beklagte konnte im Rahmen der Exploration beim Sachverständigen Prof. Dr. O … nicht ansatzweise seine Motivation für die von ihm begangenen Dienstvergehen deutlich machen. Die lapidare Feststellung, das Geld habe leider nicht gereicht und er sei aus Scham, familiäre Hilfe in Anspruch zu nehmen, auf die Idee mit den Rechnungen gekommen, mag Ausfluss der diagnostizierten Anpassungsstörung sein, zeigt aber eine Beliebigkeit und Gedankenlosigkeit, die erheblich gegen den Beklagten spricht. Die an sich naheliegende Idee, sich um ein Bankdarlehen zu bemühen, kam dem Beklagten offensichtlich überhaupt nicht in den Sinn. Für ihn war vielmehr das Begehen erheblicher Straftaten der bequemere Weg, um an das benötigte Geld zu kommen, zumal er sich Dritten nicht anvertrauen musste. Die Aussagen gegenüber dem Sachverständigen bleiben merkwürdig blass und substanzlos und beschränken sich auf Schlagwörter wie „Selbstzweifel“, „Minderwertigkeitsgefühle“, „Schlafstörungen“ und „Gefühle der Ausweglosigkeit“, ohne diese wirklich zu veranschaulichen. Insoweit ist die Kommentierung dieser Aussagen durch den Sachverständigen, sie wirkten „wie auswendig gelernt“, naheliegend und nachvollziehbar. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Beklagte seinen inneren Zwang („Tunnelblick“) nicht plausibel machen. Die Aussage, er habe sich damals mit Selbstmordgedanken getragen, ist neu, findet sich in keinerlei der von ihm vorgelegten privatärztlichen Stellungnahmen und auch nicht im Gutachten Prof. Dr. O … Der Senat sieht darin ein gesteigertes Vorbringen und schenkt dem Beklagten insoweit keinen Glauben, zumal auch hier jeder nachvollziehbarer Vortrag fehlte, der die behauptete damalige Not oder innere Ausweglosigkeit zu veranschaulichen vermochte. Dem Senat bleibt rätselhaft, warum der Beklagte sich zu den Straftaten hat hinreißen lassen, zumal unstreitig - objektiv betrachtet - überhaupt keine ausweglose finanzielle Situation herrschte.

Entlastende Wirkung hat schließlich nicht die vom Sachverständigen festgestellte Anpassungsstörung. Sie kann im Ergebnis das Fehlen eines anerkannten Milderungsgrundes nicht kompensieren und daher nicht zu einer anderen (milderen) Bewertung der dem Beklagten zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen, die wiederholt und über einen längeren Zeitraum erfolgten, führen. Der Beklagte hatte im Laufe der monatelangen Handlungen jeweils immer wieder einen neuen Entschluss gefasst, von ihm gefälschte Rechnungen einzureichen, um zusätzliche Einnahmen zu erhalten. Angesichts der Schwere der Dienstpflichtverletzungen können demgegenüber die festgestellten psychiatrisch erkennbaren relevanten Störungsmuster, die ca. im Jahr 2007 aufgetreten sind, den vielfachen Vertrauensbruch nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen. Sie können ihn allenfalls erklären.

2.4.2 Der Milderungsgrund der „Entgleisung während einer inzwischen überwundenen negativen Lebensphase“ im Tatzeitraum kann dem Beklagten ebenfalls nicht zu Gute gehalten werden. Eine sogenannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums kann je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat. Die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase liegt dabei vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2013 - 2 C 3.12 - juris Rn. 40; U.v. 22.3.2016 - 2 B 43.15 - juris Rn. 11; B.v. 9.10.2016 - 2 B 60.14 - juris Rn. 32).

Die vom Beklagten geltend gemachten finanzielle Belastung und das als schwierig empfundene berufliche Umfeld belegen keine außergewöhnlichen Verhältnisse, von denen angenommen werden könnte, sie hätten den Beklagten im Tatzeitraum aus der Bahn geworfen. Die Umstände mögen schwierig und lästig gewesen sein, rechtfertigen aber nicht die Annahme einer individuellen Extremsituation.

2.4.3 Dass der Beklagte die Tat nach ihrer Entdeckung eingeräumt hat, spricht zwar für ihn, vermag ihn aber nicht durchgreifend zu entlasten. Auch sein beanstandungsfreies dienstliches Verhalten sowie seine guten dienstlichen Leistungen führen nicht zu einem anderen Abwägungsergebnis. Die genannten Gesichtspunkte fallen jedenfalls bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen, wie sie hier in Rede stehen, neben der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht durchgreifend mildernd ins Gewicht. Denn jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, B.v. 23.1.2013 - 2 B 63.12 - juris Rn. 13). Die Persönlichkeitsbilder des derzeitigen Dienstherrn (vom 29.10.2014 und 2.2.2017) sind wohlwollend, vermögen den Beklagten aber auch nicht durchgreifend zu entlasten.

2.4.4 Der Beklagte hat mit dem Einreichen der Scheinrechnungen ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, das aus der Sicht eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 WD 3/15 - juris Rn. 58) regelmäßig einen vollständigen und endgültigen Ansehens- und Vertrauensverlust bewirkt. Für den Beklagten sprechende Umstände, die unter dem Gesichtspunkt des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit für sich genommen oder in ihrer Gesamtheit ein Absehen der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme rechtfertigten, sind nicht gegeben.

Die Tatsache, dass der Dienstherr den Beklagten auf seinem bisherigen Dienstposten weiterbeschäftigt hat, nachdem ihm dessen Fehlverhalten bekannt geworden war, rechtfertigt keine mildere Disziplinarmaßnahme. Nach Art. 58 Abs. 2 Satz 2 BayDG ist es bei einer Disziplinarklage Sache der Verwaltungsgerichte, die angemessene Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des Art. 14 BayDG zu bestimmen. Dabei sind die Gerichte weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden (stRspr., BVerwG, B.v. 15.6.2016 - 2 B 49/15 - juris Rn. 17). Dementsprechend kommt dem Entschluss des Dienstherrn, den Beamten nach dem Aufdecken seines Fehlverhaltens unverändert oder anderweitig zu beschäftigen, für die von den Verwaltungsgerichten zu treffende Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme grundsätzlich keine Bedeutung zu. Zudem kann dieser Entschluss des Dienstherrn auf Umständen beruhen, die für die vom Gericht zu bestimmende Maßnahme im Sinne von Art. 6 BayDG nicht von Bedeutung sind. Insbesondere kann sich der Dienstherr aus finanziellen Gründen für eine Weiterbeschäftigung entschieden haben, weil der Beamte auch während des laufenden Verfahrens weiterhin alimentiert wird. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls in Betracht kommen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 27.5.2015 - 2 B 16/15 - juris Rn. 8 m.w.N.). Solche Umstände liegen hier aber nicht vor. Durch die Weiterbeschäftigung wurde gerade nicht bestätigt, dass die Landesanwaltschaft nicht von einer völligen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses ausgegangen ist. Die Landesanwaltschaft hat ausweislich ihres Aktenvermerks vom 18. November 2014 deshalb von einer vorläufigen Dienstenthebung abgesehen, weil der Beklagte bisher gute dienstliche Leistungen erbracht hatte und ihm im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren am 29. Juli 2013 die mit Schreiben vom 15. Mai 2012 mit Wirkung vom 1. Juni 2012 erteilte Feststellungsbefugnis der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit von Zahlungsanordnungen mit sofortiger Wirkung widerrufen worden war. Abschließend wird betont, dass diese Entscheidung nicht den Schluss rechtfertigt, dass noch ein Restvertrauen in seine Amtsführung vorhanden wäre. Vor diesem Hintergrund ist allein der Umstand, dass der Beklagte nach Kenntnis der Verurteilung (Juli 2013) bis heute (Mai 2017) im Dienst verblieben ist, weder als Indiz für ein etwaiges Restvertrauen noch als Umstand zu werten, dass dem Beklagten Gelegenheit gegeben werden sollte, wieder ein Vertrauen gegenüber seinem Dienstherrn und der Allgemeinheit aufzubauen. Im Übrigen rechtfertigt die Tatsache, dass der Beklagte seinen Dienst weiter verrichten konnte, nicht die Annahme, allein deshalb habe er das Vertrauen seines Dienstherrn zurückgewinnen können. Für eine Nachbewährung, die eine Steigerung der Leistungen in fachlicher Hinsicht und eine in jeder Hinsicht beanstandungsfreie Führung voraussetzt (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 - 2 WD 10/12 - juris Rn. 48), besteht kein Raum mehr, wenn das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört ist (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2012 - 2 WD 33/11 - juris Rn. 71).

Dass die (jetzigen) Dienstvorgesetzten des Beklagten, die mit den Straftaten des Beklagten nicht unmittelbar konfrontiert waren, die Zusammenarbeit nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten als vertrauensvoll bezeichnen, ist unerheblich. Denn über die Frage des Verbleibs im Beamtenverhältnis haben - wie bereits ausgeführt - nicht die einzelnen Dienstvorgesetzten, sondern die Disziplinargerichte unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu entscheiden. Diese haben zu beurteilen, ob auf Grund des Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist. Ist dies - wie hier - der Fall, so vermag daran auch eine Weiterverwendung auf dem Dienstposten nichts zu ändern.

Auch die vom Beklagten durchgeführte Psychotherapie führt, unabhängig von ihrem Erfolg, zu keiner anderen Bewertung. Zwar kann es grundsätzlich zu Gunsten des Beamten in Ansatz zu bringen sein, wenn er bereits vor Entdeckung seiner Taten psychologischen Rat eingeholt und die von ihm eingeräumten Taten nachträglich aufgearbeitet hat und eine erneute Begehung entsprechender Dienstvergehen nicht mehr zu besorgen ist. Dabei kann sich eine mildernd zu berücksichtigende günstige Zukunftsprognose auch aus der Durchführung einer Therapiemaßnahme ergeben (vgl. BVerwG, B.v. 22.3.2016 - 2 B 43.15 - juris Rn. 7). Das gilt jedoch nicht, wenn auf diese Weise der Ansehens- und Autoritätsverlust aufgrund des Dienstbezuges der Verfehlungen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Das ist bei einem Beamten, der gewerbsmäßigen Beihilfebetrug in Zusammenhang mit Urkundenfälschungen begangen hat, der Fall. Der hierdurch eingetretene vollständige Vertrauens- und Ansehensverlust kann durch eine aufgenommene Therapie nicht rückgängig gemacht werden, unabhängig davon, ob der damit verfolgte Zweck erreicht worden ist. Denn ein endgültiger Verlust des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur vorliegen, wenn der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen, sondern namentlich auch dann, wenn die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 18).

3. Angesichts des von Beklagten begangenen Vergehens und der aufgezeigten Gesamtwürdigung ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht unverhältnismäßig. Der Beklagte hat ein besonders schweres Fehlverhalten gezeigt. Er hat die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Seine Entfernung aus dem Dienst ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten des für sein Handeln verantwortlichen Beklagten, der sich bewusst gewesen sein muss, dass er hiermit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i.V.m. § 116 Abs. 1 VwGO).

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Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Strafgesetzbuch - StGB | § 267 Urkundenfälschung


(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch i

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Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 24 Verlust der Beamtenrechte


(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vor

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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der 1967 geborene, ledige Beklagte steht als Justizvollzugshauptsekretär im Dienst des Klägers. Wegen des Sachverhalts, der den Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Geheimnisverrats (§ 353b StGB) in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt. In zwei Fällen hatte der Beklagte einem ihm bekannten Mitglied eines Motorradclubs Informationen über ein in der Justizvollzugsanstalt inhaftiertes Mitglied dieses Motorradclubs, der wegen des Vorwurfs des Mordes an einem Mitglied eines konkurrierenden Motorradclubs vor Gericht stand, übermittelt. Der Beklagte hatte angegeben, auf welche Weise der Transport des inhaftierten Mitglieds zum Strafgericht gesichert und wie dieser Untersuchungshäftling in der Justizvollzugsanstalt untergebracht war. Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist neben dem strafgerichtlich abgeurteilten Geheimnisverrat noch der Umstand, dass sich der Beklagte bereit erklärt hatte, für zwei inhaftierte Mitglieder des Motorradclubs bestimmte Gegenstände in die Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln und den Mitgliedern zu übergeben. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Der Beklagte habe die ihm obliegenden Dienstpflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, zur Amtsverschwiegenheit und zum Befolgen der allgemeinen Richtlinien seines Vorgesetzten verletzt. Bei Würdigung sämtlicher zu berücksichtigenden Umstände sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die schwerste Verfehlung, die strafbare Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wiege so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis indiziert sei. Zu den beiden Fällen der unbefugten Offenbarung von Dienstgeheimnissen kämen weitere vorsätzliche Pflichtverletzungen hinzu. Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens fielen nicht derart ins Gewicht, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten sei.

4

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde des Beklagten beimisst.

5

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

6

a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage,

"ob der Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als vom Oberverwaltungsgericht angenommene schwerste Verfehlung des Beamten, ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen vermag, dass einzig die Entfernung aus dem Dienst als schwerste Disziplinarmaßnahme geeignet und angemessen ist, um das Vergehen des Beamten zu ahnden".

7

Die so formulierte Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde und deshalb nicht beantwortet werden könnte.

8

Der Frage liegt die Vorstellung zugrunde, das Oberverwaltungsgericht sei davon ausgegangen, der Verstoß des Beklagten gegen die ihm obliegende Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als der schwersten Verfehlung vermöge ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen, einzig seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei als schwerste Disziplinarmaßnahme zur Ahndung des Vergehens des Beamten geeignet und angemessen.

9

Diese Vorstellung entspricht tatsächlich weder der Systematik der Vorschrift des § 13 LDG NW (entspricht § 13 BDG) noch der Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall, das sich an der ständigen Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 S. 3 f.) zum Bedeutungsgehalt der Bestimmung des § 13 LDG NW orientiert hat. Die wörtlich verstandene Fragestellung unterscheidet nicht zwischen der Indizwirkung der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der eigentlichen Bemessung der Disziplinarmaßnahme unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls.

10

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Dementsprechend hat die Schwere des Dienstvergehens lediglich eine Indizwirkung, sie bestimmt aber nicht "ohne weitere Wertung" die für die Ahndung des Dienstvergehens angemessene Disziplinarmaßnahme.

11

Sollte sich die Frage - entsprechend den einleitenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung - tatsächlich nicht auf die endgültige Bemessung der Disziplinarmaßnahme, sondern lediglich auf die Einstufung der Schwere des Dienstvergehens i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der grundsätzlichen Zuordnung zu einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Ausgangspunkt für die weiteren Erwägungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 und 3 LDG NW beziehen, so könnte sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen. Denn die so verstandene Frage beträfe die Würdigung des konkreten Einzelfalls, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

12

b) Auch die weitere Frage,

"ob von einer vorsätzlichen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung schon allein dann die Rede sein kann, wenn eine Person, mit welcher der Beamte seit der Kindheit und Jugend persönlich verbunden ist, etwas als persönlichen Gefallen vom Beamten erbittet, die ihrerseits einer kriminellen Vereinigung angehört",

führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn auch sie betrifft lediglich die Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls und wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.

13

c) Schließlich begründet auch die Frage,

"ob die Erwägungen des Strafgerichts zum Strafmaß - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme tatsächlich unerheblich sind",

nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der Bewertung des Dienstvergehens durch die Strafgerichte für die disziplinarrechtliche Würdigung zugrunde gelegt (UA S. 25 f.). Insbesondere geht der Senat unverändert im Grundsatz davon aus, dass Straf- und Disziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Bei einer außerdienstlich begangenen Straftat kann zur Festlegung der Schwere des begangenen Dienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 38).

14

Dies gilt aber nur für außerdienstlich begangene Dienstvergehen, nicht aber für ein innerdienstliches Dienstvergehen, bei dem - wie hier - das pflichtwidrige Verhalten in das Amt des Beamten und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Bei diesem hat sich die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW zunächst ebenfalls am gesetzlich bestimmten Strafrahmen auszurichten, um durch die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes an dieser Vorgabe des Gesetzgebers eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - NVwZ 2016, 772 Rn. 19). Ein über die bisherige Rechtsprechung des Senats hinausgehender Klärungsbedarf wird in der Beschwerdebegründung nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt.

15

Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme dagegen keine "indizielle" oder "präjudizielle" Bedeutung zu (stRspr, BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 - 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16).

16

Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass bei Straftaten im Amt das Strafgericht das sachnähere Gericht ist, um umfassende Erwägungen zur Strafzumessung zu treffen. Wie dargelegt, dient aber die disziplinarrechtliche Ahndung insbesondere eines innerdienstlichen Dienstvergehens nicht der strafrechtlichen Sanktionierung des Pflichtenverstoßes, sondern der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Für diese muss sich das Disziplinargericht nicht an der - im Streitfall ohnehin nicht unerheblichen - Geldstrafe orientieren, sondern hat in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

17

3. Der vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behauptete Verfahrensmangel (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

18

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihm in der mündlichen Verhandlung verschiedene Zeitungsberichte zur öffentlichen Wahrnehmung der Gruppe der "..." zur Kenntnis gebracht habe, ohne deren Relevanz für das Verfahren deutlich zu machen und ohne hierzu Fragen an den Beklagten zu richten. Dies trifft nicht zu.

19

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Das Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligten nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).

20

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht auf einen im vorstehenden Sinne überraschenden rechtlichen Gesichtspunkt abgehoben. Die Einordnung des Motorradclubs "..." als eine rechtsfeindliche und gewaltbereite Gruppierung war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens des Beklagten ausgeführt, es handele sich bei den "..." um eine Vereinigung, die außerhalb der Gesellschaft und deren Regeln und Gesetze stehe. Immer wieder würden einzelnen Mitgliedern oder ganzen Untergruppierungen Kontakte zur organisierten Kriminalität nachgewiesen, insbesondere hinsichtlich der Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und das Waffengesetz. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht sind dem Beklagten vor der Erörterung der Sach- und Rechtslage Berichte über die Gewaltbereitschaft und die Nähe zur Kriminalität von Mitgliedern des Motorradclubs "..." ausgehändigt worden und ist ihm Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben worden. Zudem hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung eingeräumt, von der langjährigen Mitgliedschaft seines Freundes bei den "..." gewusst zu haben. Angesichts dessen hätte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter Anlass gehabt, von sich aus auf den Gesichtspunkt der Gefährlichkeit der Gruppierung "..." und ihrer Unterstützung durch den zweifachen Geheimnisverrat des Beklagten nach § 353b StGB, bei dem der Strafrahmen immerhin bis zu einer Freistrafe von fünf Jahren reicht, einzugehen und hierzu umfassend vorzutragen.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NW erhoben werden.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

Tatbestand

1

Der ... geborene Soldat absolvierte die höhere Handelsschule und wurde zum Bankkaufmann ausgebildet. Von ... 1992 bis ... 1993 leistete er Grundwehrdienst. Nachdem er bis ... bei einer Bank gearbeitet hatte, trat er im ... 1994 seinen Dienst in der Bundeswehr erneut an und wurde in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Er durchlief die Unteroffizierlaufbahn bis zum Dienstgrad Oberfeldwebel. Im ... 1999 wurde ihm die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Im ... 2000 wurde er zur Laufbahn der Offiziere des Militärfachlichen Dienstes zugelassen und 2006 zum Oberleutnant befördert. Seine Dienstzeit endet regulär mit dem ... 2027.

2

Nach mehreren Verwendungen wurde der Soldat ab ... 2003 als S1-Offizier Fachdienst bei der ... eingesetzt. Zum ... 2004 wurde er zur ... versetzt; dort nahm er ebenfalls die Funktion als S1-Offizier (Personal) wahr. Hieran schlossen sich zum ... 2010 Versetzungen zum ... und zum ... 2012 zum ... an, wo er im Dezernat "..." als Dezernent eingesetzt ist.

3

Der Soldat wurde zuletzt am ... 2011 regelmäßig beurteilt und im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung mit "5,57" bewertet. In der Beurteilung ist ausgeführt, der Soldat habe als Offizier im ... seinen Platz gefunden. Geistig wach und rege vollziehe er übertragene Aufgaben nicht nur solide, er bringe sich aufgrund vielfältiger Interessen und seines hilfsbereiten Charakters auch stets förderlich ein. Neues nehme er willig und vorbehaltlos auf. Hierbei komme ihm seine klare Lebens- und Berufseinstellung zugute. Einsatzwille, oft unter Zurückstellung persönlicher Belange, Loyalität und die Fähigkeit, sich auf sein Umfeld einstellen zu können, machten ihn zu einem anerkannten und respektierten Mitarbeiter. Er sei psychisch voll belastbar und körperlich fit. Eine Bewährung im Einsatz scheine sicher. Der nächsthöhere Vorgesetzte hat ergänzend ausgeführt, der Soldat habe sich ohne Anlaufschwierigkeit äußerst schnell in den neuen Aufgabenbereich eingearbeitet und deutlich an Profil gewonnen. Mit eigenen Ideen, Engagement, Fleiß, Fingerspitzengefühl, aber auch Hartnäckigkeit halte er einen sehr guten "Klarstand" im sensiblen Bereich der ..., aber auch in der .... Der Soldat ordne sich im Mittelfeld vergleichbarer Offiziere ein und habe sein Potenzial für eine Förderung bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive bewiesen. Später solle eine förderliche Anschlussverwendung auf der Ebene Amt/Kommandobehörde erfolgen.

4

In der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht hat der Leumundszeuge Oberstleutnant K. den Soldaten als wertvollen Mitarbeiter beschrieben, zu dem er uneingeschränktes Vertrauen habe, während der Disziplinarvorgesetzte Oberst a.D. H. den Soldaten als eher unzuverlässigen S1-Offizier charakterisierte.

5

In der von Oberstleutnant K. am ... 2014 erstellten Sonderbeurteilung ist der Soldat im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung mit "6,71" bewertet worden. Im ... hätten dessen Leistungen eine klar aufsteigende Tendenz gezeigt. Der Soldat habe sich in den neuen Aufgabenbereich sehr rasch eingearbeitet, sich den neuen Herausforderungen mit viel Elan gestellt und durch seine unaufgeregte und souveräne Art beeindruckt. Trotz seiner ausgeprägten Eigenständigkeit versäume er es nicht, Vorgesetzte und das außerdienstliche Umfeld zu informieren. Analytischer Scharfsinn, gesunder Menschenverstand, Urteilsfähigkeit sowie Präzision und Verlässlichkeit wurden vom Beurteiler herausgestellt. Der Soldat habe seine hohe Kompetenz kontinuierlich gesteigert. Er sei eine verlässliche Stütze des Dezernats und habe sich als loyaler, hoch motivierter, sehr engagierter und geradliniger Offizier erwiesen. Der Beurteiler hob das Verantwortungsbewusstsein, die zügige, zielstrebige Arbeit, die geistige Flexibilität sowie Können, Wissen und Erfahrungsschatz des Soldaten hervor. Aufgrund seiner fachlichen Kompetenz sei er ein geschätzter Gesprächspartner. Seine Fähigkeit zu konzeptioneller Arbeit sei überdurchschnittlich. Er sei über das Dezernat hinaus hoch geschätzt, bilde sich regelmäßig weiter und sei körperlich wie geistig außerordentlich belastbar. Er werde den Anforderungen im erweiterten Einsatzspektrum der Bundeswehr unzweifelhaft gerecht werden. In der aktuellen Verwendung habe er sein Potenzial für Aufgabenwahrnehmungen oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive unter Beweis gestellt.

6

Der nächste höhere Vorgesetzte führte aus, der Soldat sei äußerst leistungsfähig, hoch belastbar, von scharfem Verstand, kameradschaftlich und angenehm unaufgeregt. Er habe sich in sein Arbeitsumfeld vorbildlich eingebracht und besitze das Potenzial bis in die Ebene A 12. Er gehöre in die leistungsstarke Gruppe der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im ... Die weiteren höheren Vorgesetzten teilten die Einschätzung vom Potenzial des Soldaten und würden ihn gerne auf einem A 12-Dienstposten verwenden. Er habe sich trotz der Belastungssituation im täglichen Dienst gefestigt gezeigt.

7

In der Berufungshauptverhandlung hat Oberstleutnant K. im Wesentlichen ausgesagt, er sei mit der Dienstleistung, der fachlichen Expertise und dem Wissen des Soldaten vollkommen zufrieden. Er habe zu ihm weiterhin uneingeschränkt Vertrauen und beurteile ihn nun noch besser als in der Sonderbeurteilung 2014. Der Soldat habe sein Leistungspotenzial bis zum letzten Tag auf gleichem Niveau gehalten und er würde ihm eine Entwicklungsprognose oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive zubilligen.

8

Der Disziplinarbuchauszug des Soldaten verweist auf fünf förmliche Anerkennungen aus den Jahren 1993, 1995, 1999, 2000 und 2002.

9

Der aktuelle Auszug aus dem Zentralregister weist auf die rechtskräftige Verurteilung des Soldaten durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 19. Juni 2013 hin. Mit ihm wurde er wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, tateinheitlich mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80,00 € verurteilt.

10

Der Soldat ist seit Januar 2010 verheiratet, lebt von seiner Ehefrau getrennt und ist kinderlos. Seine Ehefrau hat nach seinen Angaben 2003/2004 einen Suizidversuch unternommen, war danach arbeitsunfähig und wurde zeitweise auch stationär in mehreren Einrichtungen betreut. Von 2009 - 2011 habe sie an einer Umschulungsmaßnahme in ... teilgenommen; eine psychotherapeutische Behandlung sei während dieser Zeit nicht erfolgt.

11

Der Soldat erhält Dienstbezüge von etwa 2728 € netto. Seine finanziellen Verhältnisse sind geordnet. Er bedient einen Kredit, den er zur Begleichung von Verbindlichkeiten aus dem Strafverfahren - Restschuld etwa 1 800/1 900 € - und wegen der Steuerschuld - Restschuld etwa 3 000 € - aufgenommen hat, mit 400 € monatlich.

12

1. Der Amtschef ... hat das gerichtliche Disziplinarverfahren nach Anhörung des Soldaten am 5. Dezember 2012 mit diesem am 29. Januar 2013 ausgehändigter Verfügung vom 24. Januar 2013 eingeleitet. Der Anhörung der Vertrauensperson hatte der Soldat widersprochen. Schlussgehör ist am 24. Oktober 2013 gewährt worden.

13

2. In der dem Soldaten am 10. Dezember 2013 zugestellten Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des ... vom 21. November 2013 wird ihm als vorsätzliches Dienstvergehen zur Last gelegt:

"1. Am 7. Mai 2010 sowie am 6. Mai 2011 reichte der Soldat im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 beim Finanzamt ... in der Absicht, durch Geltendmachung nicht entstandener Werbungskosten eine höhere Steuerrückerstattung zu erzielen, sieben Kommandierungsverfügungen sowie sieben Bescheinigungen über erhaltene Abfindungen nach dem Bundesreisekostengesetz und der Trennungsgeldverordnung ein, obwohl die Kommandierungen weder beabsichtigt waren, noch durchgeführt wurden, sondern er die von ihm selbst erstellten Kommandierungen seinem damaligen Dienststellenleiter, Oberst H. bzw. am 25. März 2009 in dessen Vertretung dem damaligen Oberstleutnant V., zur Abzeichnung unterschob, daraufhin die Abfindungsbescheinigungen erstellte und mit dem Namen und der Unterschrift nicht existenter Personen der Wehrverwaltung versah, wobei er die Bescheinigungen zu deren Glaubhaftmachung in vier Fällen missbräuchlich mit dem kleinen Dienstsiegel Nr. 3 der ..., zu dessen dienstlichen Gebrauch er als damaliger Personaloffizier der ... ermächtigt worden war, und in drei Fällen mit einem durch ihn hineinkopiertes kleines Dienstsiegel der ... versah, obwohl er wusste, dass nach Nr. 2 (2) der 'Ergänzenden Bestimmungen des Bundesministers der Verteidigung für Dienstsiegel' (BMVg - Org 1, Az.: 11-12, vom 2. Januar 2004, VMBl. 2004, S. 10 f.) Dienstsiegel nur für dienstliche oder im dienstlichen Interesse liegende Zwecke benutzt werden dürfen.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Schriftstücke, eingereicht am 7. Mai 2010 für die Steuererklärung 2009:

a. Kommandierungsverfügung der ... vom 1. Dezember 2008 zu einem Verwendungslehrgang 'Umgang Medien' an der Akademie ... in ... vom 26. Januar bis 20. Februar 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 261,60 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR, angeblich bescheinigt am 27. Februar 2009 durch einen Regierungshauptsekretär L. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

b. Kommandierungsverfügung der ... vom 19. Januar 2009 zu einem angeblichen Lehrgang ... an der ... vom 2. bis 27. März 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 302,00 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR, angeblich bescheinigt am 31. März 2009 durch eine Regierungsinspektorin z.A. L. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

c. Kommandierungsverfügung der ... vom 25. März 2009 zu dem angeblichen Lehrgang ... an der ... in ... vom 4. bis 20. Mai 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 263,20 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 76,41 EUR, angeblich bescheinigt am 26. Mai 2009 durch eine Regierungsinspektorin L. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

d. Kommandierungsverfügung der ... vom 29. Mai 2009 zur angeblichen Dienstleistung (Unterstützung und Vertretung S1 Offz) an der ... in ... vom 15. Juni bis 21. August 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 250,40 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 421,30 EUR und Reisebeihilfen für 2 Familienheimfahrten über 500,80 EUR, angeblich bescheinigt am 21. August 2009 durch einen Regierungshauptsekretär L. unter Nutzung eines auf den Vordruck kopierten kleinen Dienstsiegels der ...;

e. Kommandierungsverfügung der ... vom 13. Juli 2009 zu dem angeblichen Lehrgang ... an der ... vom 31. August bis 25. September 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 302,00 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR, angeblich bescheinigt am 29. September 2009 durch einen Regierungshauptsekretär K. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

f. Kommandierungsverfügung der ... vom 15. Juli 2009 zur angeblichen Dienstleistung (Unterstützung und Vertretung S1 Offz) an der ... in ... vom 5. Oktober bis 27. November 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 250,40 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR und Reisebeihilfe für eine Familienheimfahrt über 250,40 EUR, angeblich bescheinigt am 27. November 2009 durch einen Regierungshauptsekretär L. unter Nutzung eines auf den Vordruck kopierten kleinen Dienstsiegels der ...;

eingereicht am 6. Mai 2011 für die Steuererklärung 2010:

g. Kommandierungsverfügung der ... vom 16. November 2009 zur angeblichen Dienstleistung (Unterstützung und Vertretung S1 Offz) an der ... in ... vom 18. Januar 2010 bis 2. Juli 2010 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 247,20 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 791,10 EUR und Reisebeihilfen für 11 Familienheimfahrten über 1359,50 EUR, angeblich bescheinigt am 2. Juli 2010 durch eine Regierungsinspektorin S. unter Nutzung eines auf den Vordruck kopierten kleinen Dienstsiegels der ....

2. Darüber hinaus reichte der Soldat im Rahmen seines Lohnsteuerjahresausgleichs am 7. Mai 2010 eine gefälschte Rechnung vom 14. Oktober 2009 sowie am 6. Mai 2011 eine weitere gefälschte Rechnung vom 15. April 2010, beide angeblich ausgestellt durch die Werkstatt Auto ... in ... über Rechnungssummen von jeweils 144,93 EUR, beim zuständigen Finanzamt ... ein, um eine höhere Steuerrückerstattung zu erzielen. Tatsächlich wurden die in den Rechnungen ausgewiesenen Fahrzeuginspektionen nicht durchgeführt und seitens des Unternehmens auch keine entsprechenden Rechnungen ausgestellt.

Wäre der Soldat aufgrund seiner Falschangaben steuerlich veranlagt worden, hätte er die Einkommensteuer für das Jahr 2009 um 3.570,00 EUR und für das Jahr 2010 um 2.845,00 EUR verkürzt."

14

2. Die 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat den Soldaten mit Urteil vom 29. Juli 2014 mit im Wesentlichen folgender Begründung aus dem Dienstverhältnis entfernt:

15

Auf der Grundlage der Urkunden und Schriftstücke, der Zeugenaussagen, der Aussage der Sachverständigen K., der weitgehend geständigen Einlassung des Soldaten und der nachfolgend zitierten Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts ... vom 19. Juni 2013 stehe fest:

"Der Angeschuldigte erzielte im Tatzeitraum als Berufssoldat Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und war daher verpflichtet, inhaltlich zutreffende Einkommensteuererklärungen beim zuständigen Finanzamt in ... einzureichen. Für die Veranlagungszeiträume 2009 und 2010 zur Einkommensteuer kam er dieser Pflicht nicht nach. Er reichte für beide Veranlagungszeiträume in Bezug auf die geltend gemachten Werbungskosten unzutreffende Erklärungen ein.

Im Einzelnen:

1.)

Am 7.5.2010 reichte der Angeschuldigte beim Finanzamt ... seine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2009 ein. Hierin machte er Reisekosten und Kosten für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten in Höhe von insgesamt 11.807 € geltend. Die Werbekosten (gemeint: Werbungskosten) belegte er mit vermeintlichen Kommandierungsverfügungen und Inspektionsrechnungen. So gab er an, im Zeitraum vom 26.1.2009 bis zum 20.2.2009 nach ..., im Zeitraum vom 2.3.2009 bis zum 27.3.2009, und vom 31.8.2009 bis zum 25.9.2009 nach ..., im Zeitraum vom 4.5.2009 bis zum 20.5.2009 nach ..., und im Zeitraum vom 15.6.2009 bis zum 21.8.2009 und vom 5.10.2009 bis zum 27.11.2009 nach ... abkommandiert gewesen zu sein. Keine der zum Nachweis der Werbungskosten eingereichten Kommandierungsverfügungen - vermeintlich ausgestellt und unterschrieben von Oberst Dipl.-Ing. H. bzw. Oberstleutnant Dipl.-Ing. V. - entsprach den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Angeschuldigte wurde im Jahr 2009 nicht an die oben genannten Dienstorte abkommandiert.

Auch die vorgelegten Inspektionsrechnungen der Werkstatt Auto ... wurden nicht vom vermeintlichen Aussteller ausgestellt und treffen inhaltlich nicht zu.

Das Finanzamt ... erkannte die unrichtigen Angaben des Angeschuldigten zunächst nicht und veranlagte ihn erklärungsgemäß. Es ergab sich eine Einkommensteuer in Höhe von 3.014 €. Tatsächlich hätten die Werbungskosten nicht anerkannt werden dürfen und die Einkommensteuer für das Jahr 2009 wäre auf 6.584 € festzusetzen gewesen. Der Angeschuldigte hat durch seine inhaltlich unzutreffende Steuererklärung - wie von vornherein beabsichtigt - seine Einkommensteuer für das Jahr 2009 mithin um 3.570 € verkürzt.

2.)

Am 6.5.2011 reichte der Angeschuldigte beim Finanzamt ... seine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2010 ein. Hierin machte er Reisekosten und Kosten für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten in Höhe von insgesamt 7.829 € geltend.

Die Werbekosten (gemeint: Werbungskosten) belegte er mit einer vermeintlichen Kommandierungsverfügung und Inspektionsrechnungen. So gab er an, im Zeitraum vom 18.1.2010 bis zum 2.7.2010 nach ... abkommandiert gewesen zu sein. Die zum Nachteil (gemeint: Nachweis) der Werbungskosten eingereichte Kommandierungsverfügung - vermeintlich ausgestellt und unterschrieben von Oberst Dipl.-Ing. H. - entsprach indes nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Angeschuldigte wurde im Jahr 2010 nicht nach ..., sondern nur in der Zeit vom 1.3.2010 bis zum 26.3.2010 nach ... abkommandiert. Auch die vorgelegten Inspektionsrechnungen der Werkstatt Auto ... wurden nicht vom vermeintlichen Aussteller ausgestellt und treffen auch inhaltlich nicht zu.

Das Finanzamt ... erkannte jedoch die unrichtigen Angaben des Angeschuldigten und veranlagte ihn zunächst nicht. Wäre er erklärungsgemäß veranlagt worden, hätte sich eine Einkommensteuer für das Jahr 2010 in Höhe von 4.562 € ergeben. Tatsächlich wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2010 nach Einleitung des Strafverfahrens - ohne Berücksichtigung der unzutreffenden Werbungskosten - auf 7.047 € festgesetzt. Der Angeschuldigte hat durch seine inhaltlich unzutreffende Steuererklärung mithin versucht, seine Einkommensteuer für das Jahr 2010 um 2.845 € zu verkürzen."

16

Darüber hinaus habe die Kammer festgestellt, dass der Soldat als Angehöriger der ... vom 1. März 2010 bis 30. Juni 2010 in Erstverwendung als Personaloffizier des Militärfachlichen Dienstes ermächtigt gewesen sei, das kleine Dienstsiegel Nr. 3 der ... zu führen. Um die dienstlichen Abwesenheitszeiten im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen glaubhaft zu machen, habe der Soldat Kommandierungsverfügungen nebst Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt erstellt und sie mit frei erfundenen Daten versehen. Hierbei habe es sich im Einzelnen um folgende am 7. Mai 2010 für die Steuererklärung 2009 eingereichte Schriftstücke gehandelt:

"a. Kommandierungsverfügung der ... vom 1. Dezember 2008 zu einem Verwendungslehrgang 'Umgang Medien' an der Akademie ... in ... vom 26. Januar bis 20. Februar 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 261,60 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR, angeblich bescheinigt am 27. Februar 2009 durch einen Regierungshauptsekretär L. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

b. Kommandierungsverfügung der ... vom 19. Januar 2009 zu einem angeblichen Lehrgang ... an der ... vom 2. bis 27. März 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 302,00 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR, angeblich bescheinigt am 31. März 2009 durch eine Regierungsinspektorin z.A. L. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

c. Kommandierungsverfügung der ... vom 25. März 2009 zu dem angeblichen Lehrgang ... an der ... in ... vom 4. bis 20. Mai 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 263,20 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 76,41 EUR, angeblich bescheinigt am 26. Mai 2009 durch eine Regierungsinspektorin L. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

d. Kommandierungsverfügung der ... vom 29. Mai 2009 zur angeblichen Dienstleistung (Unterstützung und Vertretung S1 Offz) an der ... in ... vom 15. Juni bis 21. August 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 250,40 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 421,30 EUR und Reisebeihilfen für 2 Familienheimfahrten über 500,80 EUR, angeblich bescheinigt am 21. August 2009 durch einen Regierungshauptsekretär L. unter Nutzung eines auf den Vordruck kopierten kleinen Dienstsiegels der ...;

e. Kommandierungsverfügung der ... vom 13. Juli 2009 zu dem angeblichen Lehrgang ... an der ... vom 31. August bis 25. September 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 302,00 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR, angeblich bescheinigt am 29. September 2009 durch einen Regierungshauptsekretär K. unter Nutzung des kleinen Dienstsiegels Nr. 3 der ...;

f. Kommandierungsverfügung der ... vom 15. Juli 2009 zur angeblichen Dienstleistung (Unterstützung und Vertretung S 1 Offz) an der ... in ... vom 5. Oktober bis 27. November 2009 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 250,40 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 121,00 EUR und Reisebeihilfe für eine Familienheimfahrt über 250,40 EUR, angeblich bescheinigt am 27. November 2009 durch einen Regierungshauptsekretär L. unter Nutzung eines auf den Vordruck kopierten kleinen Dienstsiegels der ...."

17

Weiterhin habe er am 6. Mai 2011 für die Steuererklärung 2010 die

"g. Kommandierungsverfügung der ... vom 16. November 2009 zur angeblichen Dienstleistung (Unterstützung und Vertretung S1 Offz) an der ... in ... vom 18. Januar 2010 bis 2. Juli 2010 nebst einer 'Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt' über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 247,20 EUR sowie Verpflegungszuschuss in Höhe von 791,10 EUR und Reisebeihilfen für 11 Familienheimfahrten über 1359,50 EUR, angeblich bescheinigt am 2. Juli 2010 durch eine Regierungsinspektorin S. unter Nutzung eines auf den Vordruck kopierten kleinen Dienstsiegels der ..."

beim Finanzamt eingereicht.

18

Die Kommandierungsverfügungen habe der Soldat zuvor in Unterschriftsmappen mit einer Vielzahl anderer Dokumente dem Oberst H. bzw. dessen Vertreter, Oberstleutnant V., zur Unterschrift vorgelegt, wobei er darauf vertraut habe, dass ihnen die inhaltlich unrichtigen Kommandierungsverfügungen nicht auffallen würden.

19

Die "Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt" habe der Soldat mit frei erfundenen Beträgen ausgefüllt und den Bescheinigungen vom 27. Februar 2009, 31. März 2009, 26. Mai 2009 und 29. September 2009 zur Bekräftigung eines vermeintlich amtlichen Charakters das ihm in seiner Eigenschaft als S1 Personaloffizier dienstlich anvertraute kleine Dienstsiegel Nr. 3 der ... aufgedrückt. Auf die Bescheinigungen vom 21. August 2009, 27. November 2009 und 2. Juli 2010 habe er unter Nutzung von Siegelabdrucken älterer Dokumente das Dienstsiegel der ... auf die jeweiligen Formblätter eingescannt. Schließlich habe der Soldat an seinem Computer durch Bearbeitung einer Originalrechnung des Autohauses ... zwei gefälschte Rechnungen dieses Autohauses mit Rechnungsdatum vom 14. Oktober 2009 und 15. April 2010 über jeweils 144,93 € erstellt. Soweit der Soldat bestreite, anlässlich der Anfertigung von vier Bescheinigungen das Dienstsiegel benutzt zu haben, sei dies durch die Feststellungen der Sachverständigen widerlegt. Eine Schutzbehauptung sei die Aussage des Soldaten, er habe sich seinerzeit wegen seiner Ehefrau in einer finanziell angespannten Situation befunden.

20

Der Soldat habe durch sein Verhalten in beiden Anschuldigungspunkten gegen die Pflicht verstoßen, treu zu dienen (§ 7 SG) und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erforderten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2. SG); ferner habe er im Anschuldigungspunkt 2 gegen die Pflicht verstoßen, sich auch außerdienstlich so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erforderten, nicht ernsthaft beeinträchtige (§ 17 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2. SG).

21

Eine Steuerhinterziehung stelle im Hinblick auf den dem Staat verursachten Schaden ein schweres Wirtschaftsdelikt dar. In diesen Fällen sei der Ausspruch einer Dienstgradherabsetzung indiziert, wenn der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch sei oder mit dem Fehlverhalten zusätzlich schwerwiegende Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände von erheblichem Eigengewicht verbunden seien. Letzteres sei der Fall, weil die Steuerhinterziehung mittels gefälschter dienstlicher Dokumente bewirkt worden sei bzw. habe bewirkt werden sollen. Ferner sei ein schwerwiegender Fall auch deshalb gegeben, weil der Soldat mit außergewöhnlich hoher krimineller Energie gehandelt habe. Besonders erschwerend und letztlich als Schwerpunkt des Dienstvergehens sei zu werten, dass der Soldat das ihm als S1-Personaloffizier anvertraute Dienstsiegel zur Herstellung unechter Urkunden eingesetzt und damit die ihm erteilte Berechtigung missbraucht habe. Eine solche Pflichtwidrigkeit wiege schwer und gebe Anlass, an der Integrität und der Rechtstreue des Soldaten nachhaltig zu zweifeln. Als gleichermaßen schwerwiegender Kernbereichsverstoß sei zu würdigen, dass er als Personaloffizier das ihm von seinen Vorgesetzten entgegengebrachte besondere Vertrauen missbraucht habe. Dies gelte umso mehr, als er über einen längeren Zeitraum vorsätzlich eine Vielzahl von unechten Urkunden unter Missbrauch seiner dienstlichen Stellung hergestellt habe. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen sei deshalb die Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

22

Milderungsgründe in der Tat gebe es nicht. Mildernd seien die sehr guten Leistungen als Unteroffizier und die Förmlichen Anerkennungen zu berücksichtigen. Auch sein teilweises Geständnis und seine Nachbewährung rechtfertigten jedoch nicht, von einer Entfernung aus dem Dienstverhältnis abzuweichen. Der Soldat habe als Personaloffizier außergewöhnlich schwerwiegend versagt und sei als Soldat nicht mehr tragbar.

23

3. Gegen das dem Soldaten am 22. August 2014 zugestellte Urteil hat dieser am 18. September 2014 unbeschränkt Berufung einlegen und die Nutzung des ihm anvertrauten Dienstsiegels zur Herstellung unechter Urkunden bestreiten lassen. Ferner sei die vom Truppendienstgericht ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unverhältnismäßig, zumal ein außerdienstliches Verhalten in Rede stehe. In der Berufungshauptverhandlung hat er beantragt, ihn in den Dienstgrad eines Leutnants herabzusetzen, aber nicht mehr an seiner Einlassung festgehalten, er habe vier Bescheinigungen nicht mit dem Dienstsiegel erstellt. Im Übrigen habe er die von seinen Vorgesetzten unterzeichneten Kommandierungsverfügungen beseitigt, nachdem er von ihnen Kopien gefertigt und diese dann später dem Finanzamt vorgelegt habe.

Entscheidungsgründe

24

Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

25

Das Rechtsmittel ist in vollem Umfang eingelegt worden. Der Senat hat daher im Rahmen der Anschuldigung (1.) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen (2.), diese rechtlich zu würdigen (3.) sowie über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden (4.).

26

1. Anschuldigungspunkt 2 wirft dem Soldaten nach der eindeutigen Formulierung nur vor, gefälschte Kfz-Rechnungen (vom 14. Oktober 2009 sowie 15. April 2010) beim Finanzamt eingereicht zu haben, von ihnen also zur Täuschung im Rechtsverkehr Gebrauch gemacht zu haben. Die Herstellung der Fälschungen ist nicht angeschuldigt.

27

Ebenso wenig angeschuldigt worden ist eine Verletzung der Kameradschaftspflicht. Selbst bei Einbeziehung der Ausführungen im Ermittlungsergebnis der Anschuldigungsschrift finden sich keine Darlegungen dazu, dass seine (Disziplinar)Vorgesetzten durch sein Verhalten der Gefahr gegen sie gerichteter disziplinarischer Ermittlungen ausgesetzt worden wären (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 2 WD 5.12 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 44 Rn. 29 ff.).

28

Mit angeschuldigt worden ist demgegenüber in einer den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anschuldigungsschrift noch entsprechenden Weise eine Verletzung der Wahrheitspflicht nach § 13 SG. Denn dort wird ihm vorgeworfen, Vorgesetzten Kommandierungsverfügungen zur Unterschrift untergeschoben zu haben. Darin ist der Vorwurf enthalten, durch die Vorlage konkludent die Unterschriftsfähigkeit behauptet zu haben.

29

2. Auf der Grundlage der gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindenden Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts... vom 19. Juni 2013, von denen nach § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO sich zu lösen für den Senat kein Anlass besteht, des in der Berufungshauptverhandlung nunmehr uneingeschränkten Geständnisses des Soldaten, des Gutachtens der Sachverständigen Dipl.-Ing. (Drucktechnik) Ki., der in die Berufungshauptverhandlung eingeführten streitgegenständlichen Dokumente und der "Ergänzenden Bestimmungen des Bundesministers der Verteidigung für Dienstsiegel" vom 2. Januar 2004 (VMBl. 2004, S. 10 f.) steht zur Überzeugung des Senats fest:

30

a) Der Soldat reichte für die Veranlagungszeiträume 2009 und 2010 für Werbungskosten beim Finanzamt ... wissentlich und willentlich unwahre Erklärungen ein, um rechtswidrig Steuervorteile zu erzielen. Im Einzelnen:

31

aa) Der Soldat reichte am 7. Mai 2010 beim Finanzamt ... seine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2009 ein, wobei er Reisekosten und Kosten für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten in Höhe von insgesamt 11 807 € geltend machte und dies mit sechs von ihm kopierten Kommandierungsverfügungen, sechs "Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt" und einer Werkstattrechnung nachzuweisen beabsichtigte. Er behauptete,

(1.) im Zeitraum vom 26. Januar 2009 bis zum 20. Februar 2009 nach ... abkommandiert gewesen zu sein, wobei er zum Nachweis dessen den unter Ziffer 1a der Anschuldigungsschrift bezeichneten (kopierten) Bescheid vom 1. Dezember 2008 - unterschrieben von Oberst H. - sowie eine angeblich vom Regierungshauptsekretär L. erstellte Bescheinigung vom 27. Februar 2009, welche mit dem kleinen Dienstsiegel Nr. 3 der ... versehen war, einreichte;

(2.) im Zeitraum vom 2. März 2009 bis zum 27. März 2009 nach ... abkommandiert gewesen zu sein, wobei er zum Nachweis dessen den unter Ziffer 1b der Anschuldigungsschrift bezeichneten (kopierten) Bescheid vom 19. Januar 2009 - unterschrieben von Oberst H. - sowie eine angeblich von der Regierungsinspektorin z.A. L. erstellte Bescheinigung vom 31. März 2009, welche mit dem kleinen Dienstsiegel Nr. 3 der ... versehen war, einreichte;

(3.) vom 31. August 2009 bis zum 25. September 2009 nach ... abkommandiert gewesen zu sein, wobei er zum Nachweis dessen den unter Ziffer 1e der Anschuldigungsschrift bezeichneten (kopierten) Bescheid vom 13. Juli 2009 - unterschrieben von Oberst H. - sowie eine angeblich von einem Regierungshauptsekretär K. erstellte Bescheinigung vom 29. September 2009, welche mit dem kleinen Dienstsiegel Nr. 3 der ... versehen war, einreichte;

(4.) vom 4. Mai 2009 bis zum 20. Mai 2009 nach ... abkommandiert gewesen zu sein, wobei er zum Nachweis dessen den unter Ziffer 1c der Anschuldigungsschrift bezeichneten (kopierten) Bescheid vom 25. März 2009 - unterschrieben von Oberstleutnant V. - sowie eine angeblich von einer Regierungsinspektorin L. erstellte Bescheinigung vom 26. Mai 2009, welche mit dem kleinen Dienstsiegel Nr. 3 der ... versehen war, einreichte;

(5.) vom 15. Juni 2009 bis zum 21. August 2009 nach ... abkommandiert gewesen zu sein, wobei er zum Nachweis dessen den unter Ziffer 1d der Anschuldigungsschrift bezeichneten (kopierten) Bescheid vom 29. Mai 2009 - unterschrieben von Oberst H. - sowie eine angeblich durch einen Regierungshauptsekretär L. erstellte Bescheinigung vom 21. August 2009, auf welche das kleine Dienstsiegel der ... kopiert war, einreichte;

(6.) vom 5. Oktober 2009 bis zum 27. November 2009 nach ... abkommandiert gewesen zu sein, wobei er zum Nachweis dessen den unter Ziffer 1f der Anschuldigungsschrift bezeichneten (kopierten) Bescheid vom 15. Juli 2009 - unterschrieben von Oberst H. - sowie eine angeblich durch einen Regierungshauptsekretär L. erstellte Bescheinigung von 27. November 2009, auf welche das kleine Dienstsiegel der ... kopiert war, einreichte.

(7.) finanzielle Aufwendungen für Autoreparaturen getätigt zu haben, wobei er zum Nachweis dessen die angeblich von der Firma Werkstatt Auto ... in ... herrührende Rechnung vom 14. Oktober 2009 über 144,93 € vorlegte.

32

Das Finanzamt ... erkannte die Unrichtigkeit der in den Dokumenten getätigten Angaben zunächst nicht, woraus sich für den Soldaten eine Einkommensteuer in Höhe von 3 014 € ergab, obwohl sie ohne Berücksichtigung der unzutreffenden Unterlagen auf 6 584 € festzusetzen gewesen wäre. Der Soldat erhielt dadurch zu Unrecht 3 570 € Einkommensteuer zurückerstattet.

33

bb) Am 6. Mai 2011 reichte der Soldat beim Finanzamt ... seine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2010 ein und machte Reisekosten und Kosten für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten in Höhe von insgesamt 7 829 € geltend.

34

Er behauptete, vom 18. Januar 2010 bis zum 2. Juli 2010 nach ... abkommandiert gewesen zu sein und legte zum Nachweis dessen den unter Ziffer 1g der Anschuldigungsschrift bezeichneten kopierten Bescheid vom 16. November 2009 - unterschrieben von Oberst H. - sowie eine vermeintlich durch eine Regierungsinspektorin S. erstellte Bescheinigung vom 2. Juli 2010, auf welche das kleine Dienstsiegel der ... kopiert war, vor. Des Weiteren reichte er die angeblich von der Firma Werkstatt Auto ... in ... herrührende Rechnung vom 15. April 2010 über 144,93 € ein.

35

Das Finanzamt ... erkannte die unrichtigen Angaben des Soldaten. Im Falle einer erklärungsgemäßen Veranlagung hätte sich für ihn eine Einkommensteuer in Höhe von 4 562 € ergeben. Tatsächlich wurde sie auf 7 047 € festgesetzt, so dass die Einkommensteuer um 2 485 € verkürzt worden wäre, wenn die Täuschung des Soldaten unerkannt geblieben wäre.

36

b) Der Soldat hat die zuvor bezeichneten Kommandierungsverfügungen und "Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt" wissentlich und willentlich hergestellt. Hierzu legte er die von ihm mit inhaltlich unzutreffenden Angaben versehenen Kommandierungsverfügungen dem Oberst H. bzw. im Vertretungsfalle am 25. März 2009 dem Oberstleutnant V. zugleich mit mehreren anderen Dokumenten zur Unterschrift in der Absicht vor, sie würden von ihnen unbesehen unterschrieben, was die Vorgesetzten auch taten. Die Kommandierungsverfügungen kopierte der Soldat nach seiner Einlassung in der Berufungshauptverhandlung dann, um sie dem Finanzamt vorzulegen.

37

Außerdem versah er "Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt" mit dem Namen und der Unterschrift nicht existenter Personen der Wehrverwaltung, wobei er auf die Bescheinigungen vom 27. Februar 2009, 31. März 2009, 26. Mai 2009 und 29. September 2009 zu deren Glaubhaftmachung das kleine Dienstsiegel Nr. 3 der ... anbrachte und in die übrigen Bescheinigungen das kleine Dienstsiegel der ... hineinkopierte.

38

Der Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung gestanden, die vier Bescheinigungen mit dem Dienstsiegel Nr. 3 der ... versehen zu haben. Der Inhalt des Geständnisses stimmt zudem mit der Feststellung der Sachverständigen überein, auf den Bescheinigungen 27. Februar 2009, 31. März 2009, 26. Mai 2009 und 29. September 2009 befinde sich der Originalabdruck des Dienstsiegels Nr. 3 der ..., so dass an der Richtigkeit dieser Feststellung kein vernünftiger Zweifel besteht.

39

Der Soldat war seinerzeit als Personaloffizier der ... unstreitig befugt, das Dienstsiegel Nr. 3 der ... zu führen, und er wusste auch, dass er es nach Nr. 2 (2) der "Ergänzenden Bestimmungen des Bundesministers der Verteidigung für Dienstsiegel" (BMVg - Org 1, Az.: 11-12, vom 2. Januar 2004, VMBl. 2004, S. 10 f.) nur für dienstliche oder im dienstlichen Interesse liegende Zwecke benutzen durfte. Darüber hinaus wusste er nach seinen eigenen Angaben auch, dass die von ihm selbst durch Einfügung neuer Datumsangaben verfälschten Rechnungen der Firma Werkstatt Auto ... nicht von dieser Firma erstellt wurden und er die fraglichen Aufwendungen tatsächlich nicht getätigt hatte.

40

3. Der Soldat hat durchgehend willentlich und wissentlich, mithin bei allen Handlungen vorsätzlich nach § 23 Abs. 1 SG ein Dienstvergehen begangen.

41

a) Durch das vorsätzliche Herstellen von sieben unwahren dienstlichen Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt hat der Soldat sowohl mehrfach gegen § 7 SG als auch gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen.

42

§ 7 SG verpflichtet zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, insbesondere zur Wahrung der Strafgesetze (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 49). Dabei muss es sich um einen Rechtsverstoß von Gewicht handeln, der zudem in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Ein Verstoß von Gewicht liegt vor, da der Soldat - wie auch vom Amtsgericht festgestellt - den Straftatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 Alt. 3 und 4 StGB verwirklicht hat. Das Verhalten weist auch einen dienstlichen Bezug auf, weil es sich um Dokumente handelte, die auszustellen ausschließlich der Dienstherr des Soldaten befugt war.

43

Des Weiteren hat der Soldat dadurch gegen § 7 SG verstoßen, dass er bei vier Bescheinigungen das Dienstsiegel Nr. 3 der ZMK entgegen den "Ergänzenden Bestimmungen des Bundesministers der Verteidigung für Dienstsiegel" vom 2. Januar 2004 eingesetzt hat, um ihren dienstlichen Charakter zu verstärken. § 7 SG verlangt vom Soldaten, dienstliche Anweisungen auch dann zu befolgen, bei denen es sich - wie vorliegend - nicht um Befehle im Sinne des § 11 SG handelt (Scherer/Alff/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Aufl. 2013, § 7 Rn. 16). Ein Befehl lag nicht vor, weil die Ergänzenden Bestimmungen nicht durch einen militärischen Vorgesetzten oder durch den Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt (Art. 65a GG) oder im Verhinderungsfall durch dessen Vertreter im Amt erlassen worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. August 2007 - 2 WD 27.06 - BVerwGE 129, 181 Rn. 45 m.w.N.).

44

Mit dem Verstoß gegen § 7 ging zugleich ein Verstoß gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG einher.

45

b) Durch die Vorlage unwahrer Kommandierungsverfügungen an Vorgesetzte in der Absicht, in Kenntnis des ihm als S1 Offizier entgegengebrachten Vertrauens deren Unterschrift zu erschleichen, hat der Soldat ebenfalls gegen § 7 SG verstoßen.

46

Diese Pflicht kann nicht nur durch Nicht-, sondern ebenso durch Schlechterfüllung verletzt werden. Der Soldat ist verpflichtet, den Dienst auch dort nach besten Kräften zu erfüllen, wo kein Befehl das Verhalten regelt. Dies entband den Soldaten nicht von seiner Verpflichtung, seinen Vorgesetzten bei der Entscheidungsfindung gewissenhaft zu beraten und insbesondere nicht vorsätzlich zu einer wahrheitswidrigen Erklärung zu veranlassen. Auch in diesem mitwirkenden Bereich ist vom Soldaten eine gewissenhafte Diensterfüllung zu erwarten (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 2 WD 13.09 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 54 Rn. 33).

47

Einher geht damit ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG, weil die Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten massiv in Frage gestellt wird, wenn er von ihm selbst wahrheitswidrig erstellte dienstliche Dokumente Vorgesetzten in der Absicht vorlegt, deren Unterschrift zu erschleichen.

48

Zugleich hat der Soldat damit auch gegen die Pflicht nach § 13 Abs. 1 SG verstoßen, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen. Zwar kann die Wahrheitspflicht grundsätzlich nicht durch Unterlassen verletzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2012 - 2 WD 40.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 34 Rn. 41). Mit der Vorlage von ihm zuvor gesichteter Dokumente hat er aber konkludent erklärt, es handele sich um dienstlich veranlasste Kommandierungen, die er zur Unterschrift vorbereitet habe. § 13 SG lässt sich auch keine Beschränkung auf bestimmte Mitteilungsformen entnehmen; insbesondere der Begriff, der Soldat müsse die Wahrheit "sagen", ist nicht im Sinne einer bestimmten Verbalisierung, sondern im Sinne einer Mitteilung zu verstehen, die auch nonverbal in sonstiger Weise erfolgen kann (zur elektronischen Kommunikation: BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 2 WD 1.12 - juris Rn. 69).

49

c) Durch die mit dem Einreichen der Kommandierungsverfügungen, der Bescheinigungen und der Kfz-Rechnungen beim Finanzamt hinsichtlich der Einkommensteuer 2010 versuchte und hinsichtlich der Einkommensteuer 2009 vollendete Steuerhinterziehung hat der Soldat gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SG verstoßen.

50

Der Einsatz dienstlichen Materials zur Begehung einer Straftat außer Dienst und außerhalb dienstlicher Anlagen eröffnet den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2 Satz 1 SG noch nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 2 WD 5.13 - BVerwGE 149, 224 Rn. 50).

51

Eine "ernsthafte" Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens, die die dienstliche Stellung des Soldaten erfordert, liegt vor. Der Soldat hat - wie auch vom Amtsgericht festgestellt - den Straftatbestand einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) in einem gemäß § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO besonders schweren Fall begangen, so dass eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren den Strafrahmen bildet. Damit bewegt sich die Strafandrohung weit über dem mittelschweren Bereich, von dem ab außerdienstliches strafrechtlich relevantes Handeln nach der Rechtsprechung des Senats disziplinarwürdig wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 2 WD 5.13 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 44 Rn. 63). Dem steht hinsichtlich der Einkommensteuerverkürzung 2010 nicht entgegen, dass sie im Versuchsstadium stecken blieb (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - juris Rn. 60), zumal auch der Versuch nach § 370 Abs. 2 AO strafbar ist.

52

4. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten. Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

53

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen sehr schwer.

54

aa) Die Verstöße gegen § 7 SG, gegen 13 Abs. 1 SG und § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 SG betreffen zentrale soldatische Pflichten.

55

Die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) gehört zu den grundlegenden Pflichten eines Soldaten. Ihre Verletzung ist in der Regel schon deshalb von erheblicher Bedeutung (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 WD 14.13 - juris Rn. 19).

56

Auch die nach § 17 Abs. 2 SG bestehende inner- wie außerdienstliche Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2012 - 2 WD 40.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 34 Rn. 24 m.w.N.).

57

Hinzu tritt, dass ein Soldat, der gegenüber Vorgesetzten in dienstlichen Angelegenheiten unter Verstoß gegen § 13 Abs. 1 SG unwahre Erklärungen abgibt, hierdurch allgemein seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Die Bedeutung der Wahrheitspflicht kommt schon darin zum Ausdruck, dass diese - anders als z.B. bei Beamten - für Soldaten gesetzlich ausdrücklich geregelt ist. Eine militärische Einheit kann nicht ordnungsgemäß geführt werden, wenn sich die Führung und die Vorgesetzten nicht auf die Richtigkeit abgegebener Meldungen, Erklärungen und Aussagen Untergebener verlassen können. Denn auf ihrer Grundlage müssen im Frieden und erst recht im Einsatzfall gegebenenfalls Entschlüsse von erheblicher Tragweite gefasst werden. Wer als Soldat in dienstlichen Angelegenheiten vorsätzlich unrichtige Angaben macht, lässt unmissverständlich erkennen, dass seine Bereitschaft zur Erfüllung der Wahrheitspflicht nicht im gebotenen Umfang vorhanden ist. Eine solche Dienstpflichtverletzung und die daraus folgende Beschädigung seiner persönlichen Integrität haben damit erhebliche Bedeutung für die militärische Verwendungsfähigkeit des Soldaten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2012 - 2 WD 40.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 34 Rn. 23 m.w.N.).

58

bb) Weitere erschwerende Tatumstände liegen vor.

59

Die Pflichtverstöße waren überwiegend strafrechtlich relevant und wurden unter dem Gesichtspunkt der Urkundenfälschung und der Steuerhinterziehung auch tatsächlich strafrechtlich geahndet. Soweit sie innerdienstlichen Bezug aufweisen, sind sie vor allem dadurch gekennzeichnet, dass der Soldat unechte Urkunden hergestellt hat, die einen dienstlichen Charakter erweckten. Darüber hinaus hat er Vorgesetzte getäuscht, welche ihm gerade wegen seiner Funktion als Personaloffizier besonders vertraut haben. Zudem hat er die Vertrauensposition missbraucht, die mit der Berechtigung zum Führen des Dienstsiegels einhergeht. Sowohl die Täuschungshandlungen als auch das Herstellen vermeintlich dienstlicher Urkunden erfolgten zudem nicht vereinzelt, sondern zahlreich. Der Soldat hat insoweit eingeräumt, auf die Fälschung der Dokumente jedenfalls etwa zwei Stunden verwandt zu haben. Die auf die Steuerhinterziehung gerichteten Handlungen erfolgten ebenfalls wiederholt, wobei der Soldat auch nach Abgabe der Steuererklärung für 2009 ein Jahr später erneut zu strafrechtlich relevantem Handeln ansetzte.

60

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der frühere Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Oberleutnant in einem exponierten Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009 - 2 WD 7.08 - Rn. 37 m.w.N.).

61

b) Soweit es die Auswirkungen des Dienstvergehens betrifft, wirkt zu Lasten des Soldaten die Höhe des auf Seiten des Bundes für das Veranlagungsjahr 2009 eingetretenen und für das Veranlagungsjahr 2010 drohenden Schadens. Der bei ihm eingetretene bzw. ihm drohende Schaden belief sich auf insgesamt 6 055 € und war damit nicht geringfügig, selbst wenn der Senat berücksichtigt, dass nur ein Teil der Steuereinnahmen dem Bund zusteht.

62

c) Die Beweggründe des Soldaten waren eigennützig. Es ging ihm darum, rechtswidrig eine höhere Steuerrückerstattung zu erlangen und sich so auf Kosten des Bundes, seines Dienstherrn, zu bereichern.

63

d) Das Maß der Schuld des voll schuldfähigen Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat.

64

Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die seine Schuld mindern könnten, bestehen nicht. Sie wären nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet gewesen wäre, dass von ihm ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht hätte vorausgesetzt werden können (BVerwG, Urteil vom 23. September 2008 - 2 WD 18.07 - Rn. 59 m.w.N.).

65

Zur Überzeugung des Senats steht insbesondere fest, dass der Soldat nicht gehandelt hat, um einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage zu begegnen, die auf andere Weise nicht zu beheben gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 2 WD 10.10 - juris Rn. 33 m.w.N.). Der Soldat hat auch in der Berufungshauptverhandlung nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihn die Benzinkosten für die Fahrten zu seiner wegen einer Umschulungsmaßnahme etwa 100 km entfernt in ... wohnhaften Ehefrau in eine wirtschaftliche Notlage gebracht haben. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass eine wirtschaftliche Notlage unverschuldet entstanden oder ihre Behebung mit von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Mitteln aussichtslos erschienen wäre, wogegen bereits seine gegenwärtig geordneten finanziellen Verhältnisse sprechen. Der vom Soldaten in der Berufungshauptverhandlung angeführte Suizidversuch seiner Ehefrau lag zum Zeitpunkt der Taten ebenso wie die stationäre Unterbringung seiner Ehefrau bereits mehrere Jahre zurück. Dass sich aus der fortdauernden psychotherapeutischen Betreuung seiner Ehefrau und seinen Fahrtkosten zum Zeitpunkt der Taten Kosten ergeben hätten, die unter Nutzung auch der Überziehungsmöglichkeit des Kontos nicht zu decken waren, hat der Soldat nicht dargetan. Eine finanzielle Belastung, die mit einem die Höhe eines Monatsgehalts abdeckenden Dispositionskredit noch aufgefangen werden kann, begründet jedoch keine wirtschaftliche Notlage für einen Soldaten, der zum Zeitpunkt der Taten über Nettodienstbezüge von etwa 2 600 € verfügte; dies gilt auch, wenn ihnen regelmäßige Belastungen in Höhe von 600 - 800 € für die Miete, 130 € für die Bedienung eines (Kfz-)Kredits und 150 - 200 € Taschengeld für seine Frau gegenüber standen. Dass die Bank eine Umschuldung abgelehnt haben soll, ändert daran nichts, weil sie ihm jedenfalls nicht die Inanspruchnahme des Dispositionskredits verwehrt hat.

66

Der klassische Milderungsgrund einer unzureichenden Dienstaufsicht liegt ebenfalls nicht vor, weil der Soldat keines hilfreichen Eingreifens der Dienstaufsicht bedurfte, um zu erkennen, dass er als Personaloffizier verpflichtet ist, seinen Disziplinarvorgesetzten nur solche Kommandierungsverfügungen ohne weitere Hinweise zur Unterzeichnung vorzulegen, an deren Richtigkeit er keine Zweifel hat, und dass er dienstliche Dokumente und Siegel nicht zur Begehung von Straftaten nutzen darf. Dieser Milderungsgrund steht einem Soldaten nur dann zur Seite, wenn er der Dienstaufsicht bedarf, z.B. in einer Überforderungssituation, die ein hilfreiches Eingreifen des Vorgesetzten erforderlich macht (BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2015 - 2 WD 12.14 - juris Rn. 48).

67

e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen für den Soldaten die ihm attestierten Leistungen, die bis 2011 mit „5,57“ allerdings nur durchschnittlich waren. Mit - allerdings wegen des längeren Zurückliegens - noch geringerem Gewicht sprechen die Förmlichen Anerkennungen und die Leistungen in der Unteroffizierlaufbahn für den Soldaten.

68

Für den Soldaten spricht, dass nach 2011 eine Leistungssteigerung eintrat und der Soldat sich seitdem tadelfrei geführt hat, sodass der Senat ihm eine Nachbewährung mildernd zugutehält (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 WD 10.12 - juris Rn. 48). Die vom Dezember 2014 datierende Sonderbeurteilung bestätigt ihm im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung "6,71" und die dort prognostizierte aufsteigende Tendenz hat sich nach Aussage des als Beauftragtem des Disziplinarvorgesetzten vernommenen Oberstleutnant K. in der Berufungshauptverhandlung sodann auch bestätigt. Der Leumundszeuge hat dem Soldaten weiterhin eine Entwicklungsprognose sogar oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive bescheinigt.

69

Dass der Soldat vorher seinen Dienst untadelhaft versehen hat und straf- sowie disziplinarrechtlich nicht vorbelastet war, ist kein für ihn sprechender Umstand von Gewicht, weil er hiermit nur die Mindesterwartungen des Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt (BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 2 WD 23.13 - juris Rn. 58).

70

Zugunsten des Soldaten wiegt, dass er Unrechtseinsicht und Reue bekundet hat sowie in der Berufungshauptverhandlung nunmehr auch hinsichtlich der Verwendung des Dienstsiegels geständig war.

71

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer - gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 WDO zulässigen - Entfernung aus dem Dienstverhältnis erforderlich und angemessen.

72

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in ständiger Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 WD 9.09 - juris Rn. 35).

73

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".

74

Fügt ein Staatsdiener dem Staat durch eine schwere Wirtschaftsstraftat, insbesondere eine Steuerhinterziehung, einen besonders hohen Schaden zu, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen grundsätzlich die Dienstgradherabsetzung. Eine Steuerhinterziehung stellt im Hinblick auf den dem Staat verursachten Schaden ein schweres Wirtschaftsdelikt dar. Es handelt sich aus disziplinarischer Sicht nicht um ein "Kavaliersdelikt", sondern um eine regelmäßig schwerwiegende Verfehlung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Bedienstete durch strafbares Verhalten unter Schädigung des Staates - und damit wie vorliegend des eigenen Dienstherrn - persönlich unberechtigt Steuervorteile verschafft, obwohl er öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hat und durch Steuermittel alimentiert wird. In Fällen der Steuerhinterziehung durch Bedienstete ist demzufolge der Ausspruch einer Dienstgradherabsetzung indiziert, wenn der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch ist - sich im fünf- oder sechsstelligen Betragsbereich bewegt - oder wenn mit dem Fehlverhalten zusätzliche schwerwiegende Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände von erheblichem Eigengewicht verbunden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2012 - 2 WD 40.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 34 Rn. 37).

75

Vorliegend bewegt sich der Schaden bzw. die Gefahr eines Schadenseintritts aus der Steuerhinterziehung des Soldaten zwar noch im vierstelligen Bereich; es treten jedoch zusätzliche schwerwiegende Straftatbestände und andere nachteilige Umstände von erheblichem Eigengewicht hinzu, die die Herabsetzung im Dienstgrad zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen werden lassen. Der Soldat hat sich nämlich nicht darauf beschränkt, seinen Dienstherrn zu schädigen, sondern dies mit unwahren Dokumenten erreicht bzw. zu erreichen versucht, die von ihm zum Teil strafrechtlich relevant im Rahmen einer mehrfachen Urkundenfälschung hergestellt worden sind.

76

bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht hinsichtlich des Disziplinarmaßes einen Spielraum eröffnet (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 WD 11.14 - juris Rn. 52 m.w.N.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist eine Abweichung vom Ausgangspunkt der Zumessungserwägung nach "oben" und damit der Übergang zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis geboten.

77

Den Übergang zu der schwersten Disziplinarmaßnahmeart verlangt zum einen, dass der Soldat das ihm in seiner Eigenschaft als S1-Offizier anvertraute Dienstsiegel eingesetzt hat. Zum anderen hat er darüber hinaus das von seinen Vorgesetzten ihm gerade als Personaloffizier entgegengebrachte besondere Vertrauen aufs Gröbste unter Verstoß gegen § 13 Abs. 1 SG dadurch missbraucht, dass er ihnen Kommandierungsverfügungen untergeschoben hat. Das hohe Gewicht der Wahrheitspflichtverletzung kommt darin zum Ausdruck, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Abgabe unwahrer Angaben gegenüber Dienststellen der Bundeswehr oder gegenüber Vorgesetzten in der Absicht, von ihnen dadurch eine ungerechtfertigte berufliche oder finanzielle Besserstellung zu erschleichen, bereits zur disziplinarischen Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen führt (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2011 - 2 WD 4.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 7 Rn. 45 m.w.N.).

78

Er hat damit das in ihn gesetzte Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren, sodass diesem bei objektiver Betrachtung eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.

79

Dabei beantwortet sich die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten schon aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme ausschließlich nach den vom Wehrdienstgericht festgestellten objektiven Bemessungsgesichtspunkten und nicht nach der subjektiven Sicht konkreter einzelner Vorgesetzter.

80

Dem objektiven Vertrauensverlust steht ebenso wenig entgegen, dass sich der Soldat nachbewährt hat. Ist das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, besteht für eine Nachbewährung kein Raum mehr (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 WD 33.11 - juris Rn. 71). Die persönliche Integrität eines Soldaten steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, sodass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen, auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können (BVerwG, Urteil vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - juris Rn. 73).

81

Auch verbietet die sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des Soldaten nicht, gegen ihn die Höchstmaßnahme zu verhängen. Dies folgt aus dem Rückschluss der Regelungen in § 16 Abs. 1 WDO und § 17 Abs. 2 bis 4 WDO. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder die Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 WD 33.11 - juris Rn. 74 m.w.N.).

82

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 2 WDO.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der am ... in W. geborene Beklagte erwarb 1980 die mittlere Reife. Ein Musikstudium brach er nach vier Semestern ab. Nach Beschäftigungen im Pflegedienst und einem Autohaus sowie der Absolvierung des Grundwehrdienstes begann er 1985 eine Ausbildung am Landratsamt ... Nach Bestehen der Einstellungsprüfung für den mittleren Dienst wurde er am 1. Dezember 1990 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Regierungsassistenten z.A. und am 1. Dezember 1992 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Seit 1. Oktober 2003 bekleidet er das Amt eines Regierungshauptsekretärs (BesGr. A 8). Vom 1. Juni 1992 bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung am 20. Mai 2008 war er an der Hochschule für Musik W. im Referat Haushaltsangelegenheiten beschäftigt und bis zum 28. Februar 2008 für die Verwaltung der Handvorschusskasse, der Zahlstelle und des zugehörigen dienstlichen Kontos zuständig; seit 15. Februar 2006 war er zusätzlich Datenschutzbeauftragter der Hochschule. Bis 31. Dezember 2006 war er auch für die Bearbeitung der Arbeitsverträge mit studentischen Hilfskräften zuständig, ohne hierfür zeichnungsberechtigt zu sein. In seiner letzten periodischen dienstlichen Beurteilung 2005 erhielt der Beklagte 8,4 Punkte im Gesamturteil.

Der Beklagte erhält ungekürzte Bezüge aus der BesGr. A 8. Er ist verheiratet und hat aus der Ehe eine 2003 geborene Tochter; aus einer früheren Beziehung stammt eine 1987 geborene Tochter. Nebenbei ist der Beklagte als Kirchenmusiker tätig.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte wurde mit seit 20. August 2009 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts W. vom 12. August 2009 (Az. 311 Ls 801 Js 10572/08) wegen Urkundenfälschung in sieben tatmehrheitlichen Fällen gemäß §§ 267 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dabei wurde das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB auf der Grundlage des psychiatrischen Gutachtens Dres. B. und G. vom 11. Februar 2009, ergänzt am 8. April 2009, unter Bejahung einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeit verneint. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Der Angeklagte ist seit dem 01.06.1992 als Regierungshauptsekretär an der Hochschule für Musik - Referat für Haushaltsangelegenheiten - in ... W., H-str. ... - ..., tätig. Bis zum 28.02.2008 war der Angeklagte für die Verwaltung des sog. Handvorschusses, der Zahlstelle und des dazu gehörenden dienstlichen Bankkontos zuständig. Die Einstellung und Weiterbeschäftigung von studentischen Hilfskräften gehörte dagegen nicht zum Aufgabenbereich des Angeklagten.

[5] 1. Am 11.12.2007 fertigte der Angeklagte eigenmächtig in den Diensträumen der Hochschule für Musik W. im Namen der Hochschule mit der studentischen Hilfskraft S. M. einen Arbeitsvertrag zur Weiterbeschäftigung in der Forschung und Lehre bei Prof. Dr. A. L. im Sommersemester 2007 für den Zeitraum vom 16.04.2007 bis 31.12.2007 sowie ein Mitteilungsschreiben der Hochschule für Musik W. an das Landesamt für Finanzen über Leistungen zur Berechnung von Bezügen der Mitarbeiterin M. Auf dem Arbeitsvertrag und dem Mitteilungsschreiben fügte der Angeklagte jeweils unbefugt die Unterschrift der Kanzlerin Dr. S.-... ein, indem er die Unterschrift der Kanzlerin von einem anderen Vertrag in den Arbeitsvertrag und das Mitteilungsschreiben hineinkopierte.

2. Am 28.04.2006 fertigte der Angeklagte eigenmächtig in den Diensträumen der Hochschule für Musik W. im Namen der Hochschule mit der studentischen Hilfskraft S. S. einen Arbeitsvertrag zur Weiterbeschäftigung in der Prüfungskanzlei im Sommersemester 2006 für den Zeitraum vom 24.06.2006 bis zum 15.07.2006 an und fügte die Unterschriften der Kanzlerin Dr. S.-...und der studentischen Hilfskraft S. S. in den Arbeitsvertrag ein, indem er die Unterschriften aus einem früheren Vertrag vom 13.03.2006 in den neuen Arbeitsvertrag hineinkopierte.

3. Am 06.07.2006 fertigte der Angeklagte eigenmächtig in den Diensträumen der Hochschule für Musik ... im Namen der Hochschule mit der studentischen Hilfskraft S. K. einen Arbeitsvertrag zur Weiterbeschäftigung in der Hochschulbibliothek an und fügte in diesen Arbeitsvertrag unbefugt die Unterschriften der Kanzlerin Dr. S.-... und der studentischen Hilfskraft S. K. ein, indem er die Unterschriften aus einem früheren Vertrag vom 06.03.2006 in den neuen Arbeitsvertrag hineinkopierte.

4. Zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt im Jahr 2007 fertigte der Angeklagte in den Diensträumen der Hochschule für Musik W. im Namen der Hochschule mit der studentischen Hilfskraft J. S. einen Arbeitsvertrag zur Weiterbildung in dem hochschuleigenen Computerstudio im Sommersemester 2007 für den Zeitraum vom 16.04.2007 bis zum 14.07.2007 an und fügte unbefugt die Unterschriften der Kanzlerin Dr. S.-... und der studentischen Hilfskraft J. S. in den Arbeitsvertrag ein, indem er die Unterschriften aus einem früheren Vertrag vom 01.12.2006 in den neuen Arbeitsvertrag hineinkopierte.

[9] 5. Zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt im Jahr 2007 fertigte der Angeklagte in den Diensträumen der Hochschule für Musik W. im Namen der Hochschule mit der studentischen Hilfskraft S. S. einen weiteren Arbeitsvertrag zur Weiterbeschäftigung in der Hochschulbibliothek im Zeitraum vom 01.10.207 bis zum 31.10.2007 an und fügte die Unterschriften der Kanzlerin Dr. S.-... und der studentischen Hilfskraft S. S. unbefugt ein, indem er die Unterschriften aus einem früheren Vertrag vom 15.06.2006 in den neuen Arbeitsvertrag hineinkopierte.

6. Am 10.12.2007 fertigte der Angeklagte eigenmächtig in den Diensträumen der Hochschule im Namen der Hochschule für Musik W.mit der studentischen Hilfskraft M. G. einen Arbeitsvertrag zur Weiterbeschäftigung im Tutorium Popmusik im Sommersemester 2007 für den Zeitraum vom 16.04.207 bis zum 14.07.2007 an und fügte unbefugt die Unterschrift der Kanzlerin Dr. S.-... in den Arbeitsvertrag ein, indem er die Unterschrift aus einem anderen Vertrag in den neuen Vertrag hineinkopierte.

7. Am 10.12.2007 schloss der Angeklagte eigenmächtig in den Diensträumen der Hochschule für Musik W. im Namen der Hochschule mit der studentischen Hilfskraft F. M. einen Arbeitsvertrag zur Weiterbeschäftigung im Tutorium Popmusik im Sommersemester 2007 für den Zeitraum vom ein 6.04.2007 bis zum 14.07.2007 und fügte unbefugt die Unterschriften der Kanzlerin Dr. S. -... und der studentischen Hilfskraft F. M. in den Arbeitsvertrag ein, indem er die Unterschrift aus einem anderen Vertrag in den neuen Arbeitsvertrag hineinkopierte.

Sämtliche manipulierten Verträge übergab der Angeklagte an die Buchhaltung der Hochschule für Musik W. zur Einbuchung.“

Soweit dem Beklagten darüber hinaus zwei tatmehrheitliche Vergehen der Untreue in besonders schwerem Fall gemäß §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB zur Last gelegt wurden, weil er am 12. Januar und 19. Februar 2007 Auszahlungen in Höhe von 250,-- € und 150,-- € vom Handvorschusskonto Nr. 44296929 bei der Sparkasse M. veranlasst und das Geld für private Zwecke verwendet hatte, stellte das Amtsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 12. August 2009 nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig ein, nachdem der Beklagte am 22. Februar 2007 150,-- € und am 10. Juli 2007 320,65 € auf das Konto eingezahlt hatte. Hinsichtlich einer Abbuchung vom Handvorschusskonto am 11. März 2008 in Höhe von 884,23 € sah die Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 1 StPO vorläufig von einer Verfolgung ab.

III.

Mit Verfügung der Kanzlerin der Hochschule für Musik W. vom 19. Februar 2008 wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Urkundenfälschung bei der Beschäftigung studentischer Hilfskräfte ein Disziplinarverfahren eingeleitet und die Zuständigkeit auf die Landesanwaltschaft Bayern übertragen. Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 19. März 2008 sowie vom 7. Juli 2008 wurde das Disziplinarverfahren wegen des Verdachts der Untreue durch Auszahlungen vom Handvorschusskonto am 12. Januar 2007 und 19. Februar 2007 in Höhe von 250,-- € bzw. 150,-- € sowie in Höhe von 884,23 € am 11. März 2008 ausgedehnt.

Der Beklagte wurde jeweils über seine Rechte sowie die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats belehrt. Der Personalrat wurde zunächst antragsgemäß beteiligt, nach Mitteilung, dass die Beteiligung des Personalrats nicht gewünscht werde, wurde von einer Beteiligung des Personalrats abgesehen.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 20. Mai 2008 wurde der Beklagte nach vorheriger Anhörung mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben. Laut Vermerk der Landesanwaltschaft Bayern vom 5. Juni 2008 unterblieb aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Beklagten eine Einbehaltung von Bezügen.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 11. August 2008 wurde das Disziplinarverfahren wegen des Strafverfahrens ausgesetzt und mit Verfügung vom 9. September 2009 nach dessen rechtskräftigem Abschluss fortgesetzt.

Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 11. November 2009 erhielt der Beklagte Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Er äußerte sich mit Schreiben vom 2. Dezember 2009.

Am 16. Dezember 2009 erhob die Landesanwaltschaft Bayern wegen des Vorwurfs der Untreue und der Urkundenfälschung beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Soweit dem Beklagten vorgeworfen worden war, am 11. März 2008 weitere 884,23 € abgehoben zu haben, woraus ein Fehlbetrag in Höhe von 259,40 € verblieben sei, wurde das Disziplinarverfahren nach Art. 21 Abs. 2 Satz 1 BayDG beschränkt.

Mit Urteil vom 5. Mai 2010, zugestellt am 19. Juli 2010, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe dadurch ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen, als er durch Fälschung von Arbeitsverträgen und Veruntreuung von Geldern des Dienstherrn schuldhaft gegen Dienstpflichten verstoßen und dadurch eine Urkundenfälschung sowie eine Untreue begangen habe. Er habe die Vorwürfe eingeräumt; die Urkundenfälschung stehe auch aufgrund des Urteils des Amtsgerichts W. vom 12. August 2009 fest. Sein Verhalten wiege äußerst schwer. Kassenverfehlungen stellten ein schweres Dienstvergehen dar, durch das regelmäßig das Vertrauen des Dienstherrn zerstört werde. Zwar spreche insoweit für den Beklagten, dass er die entnommenen, eher geringen Beträge nach kurzer Zeit wieder zurückgelegt habe. Sein Fehlverhalten sei jedoch nur im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren bekannt geworden, ohne dass er etwa durch Einlage von Fehlzetteln auf die vorübergehende Entnahme hingewiesen habe. Von einer persönlichen oder wirtschaftlichen Notlage könne nicht ausgegangen werden, da er das Geld für einen ärztlich nur empfohlenen Erholungsaufenthalt der Ehefrau verwendet habe. Die entnommene Summe von 400,-- € sei auch nicht geringwertig. Im Übrigen kämen Milderungsgründe nur zum Tragen, wenn der Beklagte nicht zusätzlich belastet wäre. Er habe aber auch Urkundenfälschungen begangen und dadurch das Vertrauensverhältnis unheilbar zerstört. Die behauptete Unterstützung der studentischen Hilfskräfte durch Abschluss der Arbeitsverträge sei weder erforderlich noch sinnvoll gewesen, da Abschlagszahlungen geleistet worden seien. Ein entlastendes Motiv sei tatsächlich nicht gegeben. Vielmehr dürfte diese Handlungsweise von der Motivation getragen worden sein, sich den Anweisungen des Vizekanzlers zu widersetzen, der ihm die Zuständigkeit für die Bearbeitung der Arbeitsverträge der studentischen Hilfskräfte entzogen habe. Auch könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte bereits früher einmal die Unterschrift des damaligen Kanzlers in einem ähnlichen Zusammenhang gefälscht habe, ohne aus der Ermahnung Konsequenzen zu ziehen. Weiter sprächen die Verurteilung zu zehn Monaten Freiheitsstrafe sowie generalpräventive Erwägungen für die Verhängung der Höchstmaßnahme. Dem Beklagten stünden keine Milderungsgründe zur Seite, die eine andere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst geboten erscheinen ließen. Die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens werde durch das erhebliche Fehlverhalten aufgewogen. Anhaltspunkte für einen Milderungsgrund entsprechend § 21 StGB lägen nicht vor. Auch insoweit bestehe eine Bindung an die Feststellungen im Strafurteil, im Übrigen sei nicht von verminderter Schuldfähigkeit auszugehen.

Der Beklagte hat hiergegen am 6. August 2010 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. Mai 2010 aufzuheben und auf eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Höchstmaßnahme zu erkennen.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz vom 18. Juli 2011 im Wesentlichen damit begründet, dass eine Entfernung aus dem Dienst unverhältnismäßig sei. Hinsichtlich der Entnahme von Kassengeldern sei der Milderungsgrund der freiwilligen Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung gegeben, so dass dem Beklagten ein Restvertrauen, das den Fortbestand des Beamtenverhältnisses ermögliche, zugebilligt werden könne. Auch handle es sich um einen atypischen Sachverhalt, da es dem Beklagten am Vorsatz hinsichtlich der unredlichen Vermögensmehrung zulasten des Dienstherrn gefehlt habe. Auch die Urkundenfälschungen führten nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust. Das diesbezügliche Verhalten des Beklagten sei nicht Ausdruck einer allgemeinen „Widersetzlichkeit“. Eine solche Motivation sei angesichts dessen, dass die vorgeworfenen Handlungen ihrer Natur nach darauf ausgerichtet seien, heimlich zu bleiben, fernliegend. Die Arbeitsverträge seien durch die Manipulationen auch nicht inhaltlich unrichtig geworden. Bei einem ordnungsgemäßen Verlauf wäre letztendlich dasselbe Ergebnis erreicht worden. Beim Beklagten handle es sich um eine Persönlichkeitsstruktur mit stark ängstlich-vermeidender Ausrichtung, der sich bei Konflikten nicht widersetze. Er sei subjektiv der Auffassung gewesen, durch sein Handeln die studentischen Hilfskräfte zu unterstützen, auch wenn es objektiv nicht zu einer Verbesserung von deren Situation geführt habe, und daher aus einer positiven Motivation heraus tätig geworden. Da er durch sein Handeln weder die Gefahr noch den Eintritt von Nachteilen für den Dienstherrn verursacht habe, sei die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht gerechtfertigt. Er habe sich durch sein Handeln auch keinen mittelbaren Vorteil wie eine Arbeitsersparnis verschafft, sondern sogar zusätzliche Tätigkeiten übernommen. Zukünftige Kompetenzüberschreitungen könnten erfolgreich durch eine erzieherische Maßnahme unterbunden werden. Er sei persönlichkeits- und krankheitsbedingt nicht fähig gewesen, seine Fehler zutreffend einzuschätzen. Er habe die Situation vielmehr so wahrgenommen, dass der „gute Zweck“ seine Kompetenzüberschreitungen überwiege. Er habe umfassende Schuldeinsicht und Reue gezeigt und sich erfolgreich in Therapie begeben. Unabhängig hiervon würde die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags für lediglich sechs Monate eine unbillige Härte für den Beklagten und seine Familie darstellen, da er der alleinige Einkommensbezieher sei.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Mit Beschluss vom 17. April 2013 hat der Senat Beweis erhoben über die Fragen,

ob beim Beklagten im Tatzeitraum Herbst 2006 bis Dezember 2007 mindestens eines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorlagen und deswegen seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen oder erheblich vermindert war (§ 21 StGB).

Falls ja: Ob dieses erfolgreich behandelt wurde und ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

Falls nein: Kam der Zustand des Beklagten der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahe und hat er diese schwierige Lebensphase nunmehr vollständig überwunden, so dass ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden,

durch Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. N.

Unter dem 18. Februar 2014 hat der Sachverständige sein Gutachten vorgelegt, auf das Bezug genommen wird. Nach Ansicht des Gutachters bestehe beim Beklagten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden sowie abhängig-asthenischen (dependenten) Zügen (ICD-10: F 61), durch die grundsätzlich weder die Einsichts- noch die Steuerungsfähigkeit tangiert werde. Es sei aber denkbar, dass der Beklagte sich aufgrund dessen beim Einkopieren von Unterschriften - nicht jedoch beim Zugriff auf die Kasse - in einem Zustand befunden haben, der dem einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahegekommen sei. Solche Pflichtverstöße seien nicht mehr zu erwarten, wenn der Beklagte in ein wohlwollendes und nicht zu forderndes Umfeld eingebunden werde. Auch eine Psychotherapie werde aber nicht zur völligen Behebung der Probleme führen, da die Pflichtverstöße im Zusammenhang mit der schwierigen Persönlichkeit des Beklagten stünden.

Der Senat hat am 17. April 2013 und 4. Juni 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Auf die Niederschriften hierzu wird verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben die Strafakten sowie die Disziplinar- und Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen.

1. Hinsichtlich der Anfertigung von gefälschten Arbeitsverträgen mit studentischen Hilfskräften steht aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts W. vom 12. August 2009 (Az. 311 Ls 801 Js 10572/08) nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG fest, dass der Beklagte wissentlich und willentlich in sieben Fällen zwischen dem 28. April 2006 und dem 11. Dezember 2007 die Unterschrift der Kanzlerin der Hochschule für Musik W. sowie die Unterschriften der Studenten aus anderen Verträgen in Arbeitsverträge hineinkopiert und die von ihm derart manipulierten Verträge an die Buchhaltung der Hochschule für Musik W. weitergegeben hat, um so Zahlungen durch das Landesamt für Finanzen an die Studenten zu veranlassen. Darüber hinaus hat der Beklagte den diesbezüglichen Sachverhalt auch in vollem Umfang eingeräumt.

2. Hinsichtlich der Auszahlungen vom Handvorschusskonto Nr. 44296929 bei der Sparkasse M. über insgesamt 400,-- € steht aufgrund der Einlassungen des Beklagten zur Überzeugung des Senats fest, dass er wissentlich und willentlich am 12. Januar 2007 250,-- € sowie am 19. Februar 2007 150,-- € von diesem für dienstliche Zwecke eingerichteten Konto abgehoben und - wie von vornherein von ihm beabsichtigt - anschließend für private Zwecke verbraucht hat. Auch diesen Sachverhalt hat der Beklagte vollumfänglich eingeräumt.

Die Abhebung der Gelder vom Handvorschusskonto geschah danach auch in dem Bewusstsein der Erlangung eines unredlichen Vermögensvorteils zulasten des Dienstherrn, auch wenn der Beklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung bereits bei der Abhebung geplant hatte, das Geld - wie dann geschehen - zurückzuzahlen. Denn trotz eines solchen, nach außen hin nicht zum Ausdruck gekommenen inneren Vorbehalts hat der Beklagte sich durch die unrechtmäßige Nutzung öffentlichen Vermögens für private Zwecke selbst bereichert und einen entsprechenden Nachteil zulasten des Vermögens des Dienstherrn für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, da die Abhebungen das Vermögen des Klägers unmittelbar vermindert haben und der Vermögensnachteil nicht gleichzeitig ausgeglichen wurde. Mit der Abhebung der Gelder durch den Beklagten gelangten diese in dessen dienstlichen Gewahrsam. Eine logische Sekunde später trat aufgrund des Untreuevorsatzes des Beklagten unmittelbar der Vermögensnachteil beim Kläger ein. Insoweit ist jedenfalls bedingter Vorsatz hinsichtlich des Vermögensnachteils zu bejahen. Die Absicht, die Abhebungen auszugleichen, sobald der Beklagte über entsprechende Mittel verfügen würde, steht dem nicht entgegen, da der eingetretene Vermögensschaden dadurch nicht beseitigt wurde. Ein atypischer Sachverhalt liegt insoweit nicht vor.

III.

Durch die Manipulation der Arbeitsverträge hat der Beklagte eine Urkundenfälschung in sieben tatmehrheitlichen Fällen (§§ 267 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) begangen. Die vom Beklagten unter Missbrauch der ihm eingeräumten dienstlichen Befugnisse getätigten Abhebungen vom Handvorschusskonto in Höhe von 250,-- € und 150,-- € sind als zwei tatmehrheitliche Vergehen der Untreue in besonders schwerem Fall (§§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu werten.

Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtlichen Pflicht, die Gesetze zu beachten (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Darüber hinaus hat er damit gegen die Verpflichtung, dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten zu befolgen (Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBG a. F., § 35 Satz 2 BeamtStG), verstoßen, da er für den Abschluss der Arbeitsverträge mit studentischen Hilfskräften nicht unterschriftsberechtigt war und Abhebungen vom Handvorschusskonto nur für dienstliche Zwecke vornehmen und verwenden durfte.

Diese Pflichtverstöße stellen ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 1 a. F., § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG dar. Die Manipulation der Arbeitsverträge steht in einem inneren Zusammenhang mit den (früheren) Aufgaben des Beklagten, der bis 31. Dezember 2006 für die Bearbeitung der Arbeitsverträge mit studentischen Hilfskräften zuständig war. Da die Fälschungen im dienstlichen Rahmen stattfanden und der Beklagte hierbei dienstliche Kenntnisse nutzte, handelt es sich um innerdienstliche Pflichtverletzungen. Gleiches gilt für die Abhebungen vom für dienstliche Zwecke eingerichteten Handvorschusskonto. Auf dieses Konto durfte der Beklagte nur zur Erfüllung dienstlicher Aufgaben zugreifen. Indem er durch Abhebungen für private Zwecke die ihm dienstlich eingeräumte Befugnis, über das Dienstkonto zu verfügen, missbraucht hat, ist ein Dienstbezug zu bejahen.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BayVGH U.v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 - jeweils juris).

1. Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie vorliegend - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

Die gravierendste Pflichtverletzung stellen insoweit die am 12. Januar 2007 und am 19. Februar 2007 verübten Untreuehandlungen dar. Dadurch hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt bzw. ein diesem gleichzustellendes Dienstvergehen verwirklicht, das regelmäßig die disziplinare Höchstmaßnahme zur Folge hat.

1.1 Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld bzw. auf gleichgestellte Werte zugreift und dadurch den einschlägigen wertmäßigen Bestand seines Dienstherrn unmittelbar vermindert (BVerwG U.v. 27.11.1997 - 1 D 39.97 - juris Rn. 12; U.v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - juris Rn. 16). Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder diesen gleichgestellte Werte des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (BVerwG U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 16; B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der sich bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten seines Dienstherrn vergreift, die seinem Gewahrsam unterliegen, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört in der Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit (BVerwG U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 12). Denn die öffentliche Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Geldern und Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss deshalb grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG B.v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Einem Zugriffsdelikt gleichzustellen sind Handlungen, mit denen der Beamte mittelbar auf Geld des Dienstherrn durch Missbrauch einer ihm dienstlich eingeräumten Verfügungsbefugnis zugreift. Denn es macht für das berufserforderliche Vertrauen und dessen Beeinträchtigung letztlich keinen Unterschied, ob sich der Beamte, etwa im Schalter- und Kassendienst, durch unmittelbaren Zugriff auf dienstliche Gelder unrechtmäßig bereichert oder ob er sich unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung und der sich hieraus ergebenden Möglichkeiten unter Missbrauch ihm dienstlich zugänglicher Zahlungsanweisungen oder -belege buchmäßig Geld seines Dienstherrn verschafft, über das er nach Gutschrift auf sein Konto dann frei verfügen kann. (BVerwG U.v. 23.9.1987 - 1 D 46.87 - juris Rn. 12; U.v. 8.10.1996 - 1 D 102.95 - juris Rn. 13; U.v. 27.11.1997 - 1 D 39.97 - juris Rn. 12).

Ein Beamter, der - wie hier der Beklagte - dienstlich anvertrautes oder zugängliches Geld seinem Dienstherrn dadurch vorenthält, er sich dieses durch missbräuchliche Ausnutzung der ihm eingeräumten Befugnis, über ein Dienstkonto zu verfügen, auszahlen lässt und es dann wie geplant für private Zwecke verwendet, begeht deshalb ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG. Er missbraucht das erforderliche Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit so nachhaltig, dass dem Dienstherrn die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses grundsätzlich nicht mehr zugemutet werden kann und er mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen muss (BVerwG U.v. 15.8.1989 - 1 D 61.88 - juris Rn. 25).

Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder seines Dienstherrn hat der Beklagte nicht lediglich beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern vielmehr im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Auszahlung sowie der Verwahrung von Geldern des Dienstherrn betrauten Beamten gehört, dass er die ihm anvertrauten dienstlichen Gelder ordnungsgemäß verwaltet und nicht für private Zwecke missbraucht. Der Dienstherr ist auf die unbedingte Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt hier umso mehr, als eine ständige und lückenlose Kontrolle des Kassenbestandes schon der Natur der Sache nach nicht möglich ist, sondern - abgesehen von Kassenprüfungen - weitgehend durch Vertrauen in die Redlichkeit des Beamten ersetzt werden muss. Das in ihn gesetzte Vertrauen hat der Beklagte durch sein Verhalten deshalb so gravierend verletzt, dass grundsätzlich von einer Entfernung aus dem Dienst auszugehen ist.

1.2 Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung eines Zugriffsdelikts entfällt, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, dieser habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren (BVerwG U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris Rn. 25).

Von der Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (BVerwG U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (BVerwG U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 15).

Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmende Milderungsgründe führen vorliegend jedoch zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

(1) Ein Zugriff auf dienstliche Gelder in geringer Höhe, die zu einer Milderung führen kann, ist bei Auszahlungen in Höhe von insgesamt 400,-- € zu verneinen. Die Grenze der Geringwertigkeit ist grundsätzlich bei 50,-- € anzusetzen (BVerwG U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 16; U.v. 13.12.2012 - 2 WD 29.11 - juris Rn. 81; BayVGH U.v. 22.9.2010 - 16b D 08.314 - juris Rn. 68; U.v. 28.11.2012 - 16a D 11.958 - juris Rn. 48) und damit hier eindeutig überschritten.

Zwar kann auch für ein Zugriffsdelikt bei einem lediglich einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,-- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BVerwG B.v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - juris Rn. 13; B.v. 26.3.2014 - 2 B 100.13 - juris Rn. 7; BayVGH U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 48), jedoch ist auch diese Grenze vorliegend um das Doppelte überschritten, da der Beklagte insgesamt 400,-- € vom Handvorschusskonto veruntreut hat. Hinzu kommt, dass es sich auch nicht um ein lediglich einmaliges Fehlverhalten handelt. Der Beklagte hat sich vielmehr, nachdem er zunächst am 12. Januar 2007 250,-- € abgehoben hatte, am 19. Februar 2007 weitere 150,-- € auszahlen lassen und somit das in ihn gesetzte Vertrauen des Dienstherrn erneut erheblich enttäuscht. Daran ändert auch nichts, dass er am 22. Februar 2007 150,-- € wieder zurückgezahlt hat, da schon die erste vorgenommene Abhebung in Höhe von 250,-- € auch für sich genommen die Geringfügigkeitsgrenze von 200,-- € überschreitet.

(2) Der Beklagte befand sich bei der Verübung der Taten im Januar/Februar 2007 auch nicht in einer existenziellen wirtschaftlichen Notlage. Der Milderungsgrund des Handelns in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer unverschuldeten ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich sowie zahlenmäßig begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf ihm dienstlich anvertraute Gelder gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern (BayVGH U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 50).

Ein solcher Fall ist hier zu verneinen. Der Beklagte befand sich seinen Angaben nach zwar bereits Anfang 2007 in einer finanziell angespannten Lage, aber ersichtlich nicht in einer existenziellen wirtschaftlichen Notlage, nachdem er für den Besuch einer Privatschule durch seine Tochter monatlich 263,-- € Schulgeld aufbringen konnte. Der von ihm seinen Angaben nach durch die beiden Abhebungen finanzierte gemeinsame Skiurlaub mit Frau und Tochter diente darüber hinaus auch nicht der Deckung des notwendigen Lebensbedarfs der Familie, sondern stellte angesichts der finanziellen Lage eine unnötige, zumindest aber aufschiebbare Ausgabe dar. Daran ändert nichts, dass nach Angaben des Beklagten seiner Ehefrau aufgrund der bei ihr bestehenden MSC-Allergieerkrankung (Chemikalienunverträglichkeit) ärztlicherseits angeraten worden war, in die Berge zu fahren. Denn dann ist nicht nachvollziehbar, weshalb die ganze Familie gemeinsam fahren musste. Außerdem handelt es sich dabei nicht um ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, das ein sofortiges Handeln erforderlich gemacht hätte, sondern nur um eine chronische Reaktionsdisposition. Darüber hinaus hätte der Beklagte im Fall der unmittelbaren Behandlungsbedürftigkeit Beihilfeleistungen beantragen können. Und selbst wenn diese abgelehnt worden wären und der Beklagte den Kuraufenthalt seiner Ehefrau selbst hätte finanzieren müssen, befand er sich nicht in einer existenziellen finanziellen Notlage, da er in der Lage war, bereits am 22. Februar 2007 150,-- € sowie am 10. Juli 2007 320,65 € - d. h. mehr als von ihm abgehoben - aus seinem Nebenverdienst als Kirchenorganist zurückzuzahlen.

(3) Auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase eingreifen könnte, liegen nicht vor. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die nur vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation begründen, die über das hinausgeht, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten jeden treffen kann. Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt (BayVGH U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 64).

Der Beklagte befand sich bei der Verübung der Taten im Januar/Februar 2007 nicht in einer nur vorübergehenden, inzwischen überwundenen negativen Lebensphase, in der er sich in einer persönlichkeitsfremden Ausnahmesituation nicht anders zu helfen wusste, als zur Überbrückung einer Notlage auf Gelder des Dienstherrn zuzugreifen. Der Beklagte hatte nämlich nicht nur kurzzeitig finanzielle Probleme, sondern auch in der Folge (vgl. seine Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen vom 11. Mai 2008, Disziplinarakte LAB Bl. 51 ff.; 11. November 2009, Disziplinarakte LAB Bl. 226; 29. März 2009, Verwaltungsgerichtsakte Bl. 46 ff.). Er hat offenbar auch keinerlei Anstrengungen unternommen, die finanziellen Probleme in den Griff zu bekommen, da er auch im Berufungsverfahren vorgetragen hat, in angespannten wirtschaftlichen Verhältnissen zu leben. Er bietet deshalb keine Gewähr dafür, dass er finanzielle Engpässe nicht erneut durch Zugriff auf Gelder des Dienstherrn ausgleichen wird.

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Taten im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB begangen hat, bestehen ebenfalls nicht. Es ist Sache der erkennenden Verwaltungsgerichte, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung ggf. erreicht. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung i. S.v. § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung erheblich war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit i. S. v. § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen wird sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 30).

Der vom Senat beauftragte Sachverständige Prof. Dr. N. kommt diesbezüglich - ebenso wie die Sachverständigen im Strafverfahren (vgl. Gutachten Dres. B. und G. vom 11. Februar 2009 mit Nachtrag vom 8. April 2009, Bl. 248 bzw. 271 Strafakte) - in seinem Gutachten vom 18. Februar 2014 zu dem Ergebnis, dass der Beklagte trotz der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden sowie abhängig-asthenischen Zügen (ICD-10: F 61) bereits die Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB nicht erfüllt und verneint eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB (vgl. Gutachten N. S. 62, Bl. 166 Senatsakte). Nach Auffassung des Sachverständigen wird durch die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung weder die Einsichts- noch die Steuerungsfähigkeit des Beklagten tangiert. Hinsichtlich der Untreuehandlungen schließt der Sachverständige zudem auch das Vorliegen eines Zustands, der dem der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahekommt, ausdrücklich aus, da dem Beklagten andere Möglichkeiten, sich Geld zu beschaffen, bewusst gewesen seien (vgl. Gutachten N. S. 60, Bl. 164 Senatsakte).

Auch den vom Beklagten vorgelegten und vom Sachverständigen ausgewerteten ärztlichen Unterlagen (vgl. Arztbericht Dr. B. vom 20. Juli 2008; Arztbericht Dr. R. vom 18. August 2008; Arztbrief der Klinik S.-Haus vom 18. August 2008; Arztbericht der Psychiatrischen Universitätsklinik W. vom 25. März 2010; Arztbrief der Psychiatrischen Universitätsklinik W. vom 14. Mai 2010 sowie 10. August 2010; Bestätigung der Psychiatrischen Universitätsklinik W. vom 13. Juli 2011) lässt sich nichts dafür entnehmen, dass der Beklagte die Taten im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen hat.

Der Beklagte hat angegeben, wissentlich und willentlich am 12. Januar 2007 250,-- € sowie am 19. Februar 2007 150,-- € vom Handvorschusskonto abgehoben und - wie von vornherein von ihm beabsichtigt - für private Zwecke verbraucht zu haben, wobei er das abgehobene Geld sobald als möglich wieder zurückzahlen wollte, da es - wie er wusste - seinem Dienstherrn gehörte. Aus diesem planmäßigen und gezielten Vorgehen wird deutlich, dass der Beklagte die Taten auch im Bewusstsein ihrer Pflichtwidrigkeit begangen hat, da er selbst davon ausging, dass er das Geld nicht würde behalten dürfen. Aufgrund dessen kannte er auch die Unredlichkeit seines Handelns und hätte dieses auch noch im jeweiligen Zeitpunkt der Abhebungen überdenken können, so dass seine Fähigkeit, das Unrecht seiner Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, nicht erheblich eingeschränkt war.

(5) Auch eine psychische Ausnahmesituation ist diesbezüglich zu verneinen. Dieser anerkannte Milderungsgrund setzt eine seelische Zwangslage voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen derartigen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Hierfür reicht eine allgemein angespannte psychische Situation bzw. subjektiv als ausweglos empfundene Lage nicht aus (BayVGH U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Im Übrigen geht der Senat im Rahmen der Gesamtwürdigung davon aus, dass der Beklagte aufgrund seiner schwierigen finanziellen und familiären sowie seiner angespannten dienstlichen Situation im Tatzeitpunkt unter psychischem Druck stand. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine extreme existenzielle Belastungssituation. Auch war der Beklagte den damit zusammenhängenden beruflichen und persönlichen Belastungen nicht zwangsläufig ausgesetzt. Wie oben dargelegt, hätte er andere Möglichkeiten gehabt, um den Aufenthalt seiner Ehefrau in den Bergen zu finanzieren, als sich am Handvorschusskonto zu vergreifen. Auch die subjektiv von ihm als belastend empfundenen dienstlichen Veränderungen (Entziehung von und Betrauung mit anderen Aufgaben) stellen sich objektiv als grundsätzlich zulässige Maßnahmen des Dienstherrn dar, die von einem Beamten regelmäßig hinzunehmen sind, ohne dass er sich deshalb am Geld des Dienstherrn bedienen dürfte. Insoweit ist nach dem unter (4) Ausgeführten nicht davon auszugehen, dass der Beklagte sich aufgrund des psychischen Drucks, dem er ausgesetzt war, in einer Lage befunden hat, in der er keine andere Möglichkeit zum Spannungsabbau gefunden hat.

(6) Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Die mildere Bewertung knüpft hier daran, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist (BayVGH U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58). In einer solchen Lage befand sich der Beklagte nicht. Ihm hatte sich nicht nur aufgrund besonderer Umstände die einmalige Gelegenheit geboten, auf das ihm dienstlich anvertraute Handvorschusskonto zuzugreifen. Vielmehr gehörte es zu den selbstverständlichen und ausnahmslos zu beachtenden Pflichten des Beklagten, dieses nur für dienstliche Zwecke zu verwenden und nicht zur Befriedigung seiner privaten Bedürfnisse zu missbrauchen. Eine spezifische, noch dazu einmalige Versuchungssituation bestand mithin für den Beklagten nicht.

(7) Auch die lediglich innere, nach außen hin nicht durch Einlage von Fehlzetteln o.dgl. dokumentierte Absicht, sich das Geld des Dienstherrn nur vorübergehend nutzbar zu machen, den Dienstherrn aber nicht endgültig zu schädigen, sondern das Geld zurückzuzahlen - wie dies hier vom Beklagten nach dessen Einlassung von Anfang an beabsichtigt war und von ihm dann auch so praktiziert worden ist - führt nicht per se zu einer milderen Beurteilung (BVerwG U.v. 21.9.1993 - 1 D 39.92 - juris Rn. 13). Ein Beamter ist nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (BVerwG U.v. 14.10.1997 - 1 D 60.96 - juris Rn. 26). Die bloße Wiedergutmachungsabsicht vermag eine mildere Beurteilung deshalb nicht zu rechtfertigen, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt sind, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (BVerwG U.v. 8.6.1983 - 1 D 112.82 - juris Rn. 13). Auch ergibt sich der Vertrauensverlust dabei nicht aus dem materiellen Schaden, den der Dienstherr durch die Untreuehandlung erleidet, sondern bereits aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (BVerwG U.v. 15.8.1989 - 1 D 61.88 - juris Rn. 26).

Ein Absehen von der Höchstmaßnahme kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Beamte durch ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung, ein Verhalten zeigt, das Anlass zur Prüfung gibt, ob ein endgültiger Vertrauensverlust zu verneinen ist (BVerwG B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - juris Rn. 13; U.v. 25.7.2013 - 2 C 63.11 - juris Rn. 26). Vorliegend hat der Beklagte die Abhebungen aber erst offenbart bzw. die Beträge ausgeglichen, nachdem diese im Zuge einer Kassenprüfung aufgedeckt worden waren bzw. entdeckt zu werden drohten und damit bereits Gegenstand interner Überprüfungen waren. So hat er erst, nachdem ungeklärte Auszahlungen festgestellt worden waren, eingeräumt, zur Überbrückung eines privaten finanziellen Engpasses 250,-- € bzw. 150,-- € vom Handvorschusskonto abgehoben zu haben (vgl. Aktenvermerk „Unklare Zahlungen“ vom 14. März 2008, Disziplinarakte Hochschule). Gegenüber dem Gutachter hat er erklärt, das Geld lediglich deshalb zurückgezahlt zu haben, weil eine Kassenprüfung gekommen sei (vgl. Gutachten N. S. 37, Bl. 141 Senatsakte). Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er angegeben, dass Grund für die Rückzahlung „wahrscheinlich“ eine Kassenprüfung gewesen sei. Insoweit kann von Freiwilligkeit der Offenbarung bzw. der Wiedergutmachung aber keine Rede sein.

1.3 Dies kann im Ergebnis jedoch offen bleiben. Denn selbst wenn man aufgrund des fehlenden konkreten Nachweises, wann eine Kassenprüfung angesetzt war bzw. stattgefunden hat, nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugunsten des Beklagten davon ausgeht, dass er die von ihm vom Handvorschusskonto abgehobenen Beträge noch vor Entdeckung freiwillig und wie von Anfang an von ihm beabsichtigt am 22. Februar 2007 in Höhe von 150,-- € und am 10. Juli 2007 in Höhe von 320,65 € zurückgezahlt hat, nachdem er aus seinem Orgelspiel Einnahmen erzielt hatte, wäre Voraussetzung für die Anwendung von Milderungsgründen, dass der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist und dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Schutzgüter verletzt werden (BVerwG U.v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 21; BayVGH U.v. 28.11.2012 - 16a D 11.958 - juris Rn. 49).

Dies ist hier nicht der Fall, da der Beklagte zusätzlich zu den Untreuehandlungen sieben Urkundenfälschungen begangen hat, aufgrund derer er rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist. Dabei handelt es sich nicht um bloße Begleitdelikte bzw. um Taten, die keine erhebliche kriminelle Energie erkennen lassen. Die Urkundenfälschungen sind bereits für sich gesehen disziplinarisch von hohem Gewicht (BayVGH U.v. 5.3.2008 - 16a D 06.2662 - juris Rn. 80; VGH BW U.v. 30.9.2013 - DL 13 S 724/13 - juris Rn. 91). Die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Urkundenverkehrs ist für die öffentliche Verwaltung - gerade im Bereich der Personalverwaltung - von besonderer Bedeutung, da sie sich bei ihren Entscheidungen weitgehend auf Urkunden stützen muss und daher auf deren Echtheit angewiesen ist. Ein Beamter, der sich über diese Erkenntnis hinwegsetzt und seiner Dienststelle wissentlich eine gefälschte Urkunde vorlegt, erleidet deshalb ein hohes Maß an Vertrauenseinbuße, das ebenfalls die Entfernung aus dem Dienst indiziert (BVerwG U.v. 29.9.1992 - 1 D 36.91 - juris Rn. 23).

Der Beklagte hat durch die Manipulation der Arbeitsverträge auch nicht nur gegen dienstliche Anordnungen verstoßen, nachdem er für Arbeitsverträge mit Studenten nicht zeichnungsbefugt und seit Anfang 2007 auch nicht mehr für die Vorbereitung der Verträge zuständig war, nachdem ihm diese Zuständigkeit entzogen und Frau J. übertragen worden war. Er hat sich durch sein Verhalten darüber hinaus bedenkenlos über Strafvorschriften hinweggesetzt, was eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag legt, ohne dass dem durchgreifende Milderungsgründe gegenüber stünden.

(1) Dabei ist zwar zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass der Beklagte - anders als im Regelfall, bei dem sich der Täter durch die Urkundenfälschung selbst oder einen Dritten bereichert - unstreitig nicht materiell eigennützig gehandelt hat und dass dem Dienstherrn durch sein Verhalten kein materieller Schaden entstanden ist, da die studentischen Hilfskräfte von den Dozenten jeweils angefordert wurden, für sie Haushaltsmittel zur Verfügung standen und sie Arbeitsleistungen erbrachten, so dass ein Gehaltszahlungsanspruch bestand. Dies kann aber nicht zu einer milderen Bewertung führen, da der gravierende Vertrauensverlust, der vorliegend durch die Urkundenfälschungen entstanden ist, nicht aus einem wirtschaftlichen Schaden des Dienstherrn bzw. Dritter resultiert, sondern sich bereits aus der Täuschung des Dienstherrn durch die Anfertigung und Vorlage der gefälschten Verträge gegenüber der Buchhaltung der Hochschule bzw. dem Landesamt für Finanzen selbst ergibt, wodurch ein erheblicher Ansehensverlust entstanden ist.

(2) Auch die unstreitige Tatsache, dass die Arbeitsverträge durch die Manipulationen des Beklagten inhaltlich nicht unrichtig geworden sind und dass auch bei ordnungsgemäßer Ausfertigung der Verträge letztlich dasselbe Ergebnis erreicht worden wäre, ändert nichts daran, dass der Beklagte für die Ausfertigung der Arbeitsverträge nicht zeichnungsberechtigt sowie seit Anfang 2007 auch für deren Vorbereitung nicht mehr zuständig war und er sich durch sein Verhalten in der Hochschule eine Position angemaßt hat, die ihm zu keiner Zeit zustand. Demgemäß kommt es auch für die Verwirklichung des Straftatbestands des § 267 StGB nicht darauf an, ob durch eine Urkunde etwas materiell Unwahres bekundet wird („Schriftliche Lüge“), sondern allein darauf, ob darin über den Aussteller getäuscht wird.

(3) Auch die vom Beklagten angegebenen altruistischen Motive für sein Handeln führen zu keiner anderen Beurteilung. Er hat zwar erklärt, dass er subjektiv der Auffassung war, durch sein Handeln die studentischen Hilfskräfte zu unterstützen, damit diese (früher) an ihr Geld kommen konnten, auch wenn sein Tun objektiv nicht zu einer Verbesserung von deren Situation führte, da das Landesamt für Finanzen auch ohne die Manipulationen Abschlagszahlungen an diese angewiesen hätte. Es wäre von ihm angesichts der behaupteten Motive auch zu erwarten gewesen, dass er die Studenten darauf aufmerksam gemacht hätte, dass er für die Verträge nicht mehr zuständig war, bzw. dass er sich um die zeitnahe Unterzeichnung der Verträge durch die Kanzlerin gekümmert hätte, anstatt die Unterschriften zu fälschen.

Dass er dies über fast zwei Jahre hinweg nicht getan hat, spricht in den Augen des Senats vielmehr dafür, dass der Beklagte sich mit der Entziehung der Zuständigkeit für die Verträge durch Herrn U. nicht abfinden und sich „wichtig machen“ wollte (vgl. dazu Schreiben Herr U. vom 18. Februar 2008, Disziplinarakte Hochschule). Obwohl er somit ein Handeln aus altruistischen Motiven vorgibt, indem er sogar zusätzlich Tätigkeiten übernommen hat, für die er allerdings nicht (mehr) zuständig war, hat er in Wirklichkeit aus egoistischen Motiven gehandelt. So hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Beklagte für die durch den Vorgesetzten erlittene narzisstische Kränkung altruistische Motive nur eingenommen habe, um sein Vorgehen vor sich zu rechtfertigen und Schuldgefühle zu beschwichtigen, weil er damit ja „Gutes“ tue (vgl. Gutachten N. S. 55, 59, Bl. 159, 163 Senatsakte). Eine objektive Eilbedürftigkeit hat der Beklagte zudem selbst verneint; der Vorwurf, die Verträge wären andernfalls im Vorzimmer liegengeblieben, trifft danach ebenfalls nicht zu (siehe S. 6 und 9 der Niederschrift vor dem Verwaltungsgericht, Bl. 100 Verwaltungsgerichtsakte).

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Urkundenfälschungen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB begangen hat, gibt es nicht. Ebenso wie die Sachverständigen im Strafverfahren (vgl. Gutachten Dres. B. und G. vom 11. Februar 2009 mit Nachtrag vom 8. April 2009, Bl. 248 bzw. 271 Strafakte) hat auch der vom Senat beauftragte Gutachter festgestellt, dass der Beklagte auch insoweit die Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB nicht erfüllt (Gutachten N. S. 62, Bl. 166 Senatsakte).

(5) Der Sachverständige hat hinsichtlich der Urkundenfälschungen - anders als bei den Untreuehandlungen - vor dem Hintergrund der beim Beklagten festgestellten Persönlichkeitsstörung zwar einen Zustand, der dem der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahekommt, nicht völlig ausgeschlossen und es deshalb für denkbar gehalten, dass der Beklagte aufgrund des psychischen Drucks, dem er ausgesetzt war, sich bei einzelnen Tathandlungen in einer Lage befunden haben kann, die zur völligen Vernachlässigung des Gedankens an mögliche Konsequenzen geführt hat und in dem er keine andere Möglichkeit zum Spannungsabbau gefunden hat (vgl. Gutachten N. S. 57-60, 62, Bl. 161-164, 166 Senatsakte). Dadurch wird jedoch - auch wenn damit eine Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit einhergegangen sein mag - zur Überzeugung des Senats die erforderliche Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht (BayVGH U.v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 - juris Rn. 58).

Denn auch insoweit war dem Beklagten - trotz einer etwaigen Vernachlässigung des Gedankens an mögliche Konsequenzen - die Dienstpflichtwidrigkeit seines Handelns bewusst. Der Beklagte hat nach eigenen Angaben schon 2003 die Unterschrift eines Dozenten auf der Abrechnung gefälscht, die dieser angeblich vergessen hatte, und war deshalb bereits vom früheren Kanzler L. ermahnt worden (vgl. Aktenvermerk „Ermahnung“ vom 13. März 2008 sowie Aktenvermerk vom 19. Februar 2008, Disziplinarakte Hochschule), ohne hieraus Konsequenzen zu ziehen. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte die Unterschrift gefälscht hat, um eine rechtzeitige Auszahlung an den Dozenten zu gewährleisten, oder deshalb, weil der Dozent sich beschwert hatte, dass die Abrechnung durch ihn erst so spät erfolgt war. Denn jedenfalls wurde ihm dadurch klargemacht, dass er keine Unterschriften fälschen darf, um Versäumnisse zu korrigieren. Auch hat der Beklagte, nachdem ihm die Entziehung der Zuständigkeit für die Verträge seinen Angaben nach 2006 mitgeteilt worden war (vgl. S. 5 der Niederschrift vor dem Verwaltungsgericht, Bl. 98 Verwaltungsgerichtsakte), noch 2007 mehrfach Verträge gefälscht, obwohl er erklärt hat, dass ihm bewusst gewesen ist, dass er hierfür nicht zuständig war (Aktenvermerk vom 19. Februar 2008, Disziplinarakte Hochschule). Selbst nachdem er von Herrn U. aufgrund eines Vorfalls im August 2007 nochmals darauf aufmerksam gemacht worden war, dass er hierfür nicht (mehr) zuständig war, hat er im Dezember 2007 drei weitere Verträge gefälscht (siehe Aktenvermerk „Dienstanweisung“, Disziplinarakte Hochschule).

Hinzu kommt, dass sich die sieben Tathandlungen über einen längeren Zeitraum (April 2006 bis Dezember 2007) erstreckten und damit - obwohl es sich jeweils um unterschiedliche Vorgänge handelte - eine gewisse Parallelität und Kontinuität bei der Fälschung der Verträge und der Verschleierung der Urheberschaft aufweisen (Gutachten N. S. 60, Senatsakte Bl. 164), was ebenfalls gegen ein unkontrollierbares Handeln im Affekt, sondern für ein bewusstes Vorgehen i. S.e. rational steuerbaren Verhaltens spricht. Aufgrund dieses planmäßigen und gezielten Vorgehens zeigt sich, dass der Beklagte die Taten im Bewusstsein ihrer Pflichtwidrigkeit begangen hat, da er davon ausging, dass er hierfür nicht (mehr) zuständig war und an seinen Vorgesetzten vorbei handelte. Deshalb kannte er die Unredlichkeit seines Handelns und hätte diese noch bei der Fälschung bzw. bei der Weitergabe der Verträge überdenken können, so dass seine Fähigkeit, das Unrecht seiner Taten einzusehen und auch nach dieser Einsicht zu handeln, zur Überzeugung des Senats jedenfalls nicht erheblich eingeschränkt war.

(6) Es liegen auch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte die Urkundenfälschungen im Rahmen einer inzwischen überwundenen negativen Lebensphase begangen hat. Der Gutachter hat die Pflichtverstöße auch weniger im Zusammenhang mit einer schwierigen Lebensphase gesehen, sondern als in der problematischen Persönlichkeit des Beklagten selbst begründet (Gutachten N. S. 62, Bl. 166 Senatsakte). So hat der Sachverständige zwar festgestellt, dass aus psychiatrischer Sicht zukünftig vergleichbare Pflichtverstöße eher nicht mehr zu erwarten sind, wenn der Beklagte an seinem Arbeitsplatz in ein passendes, wohlwollendes und nicht zu forderndes „Setting“ eingebunden würde und lediglich wenige, nicht sehr komplexe Arbeitsfelder ohne Zeitdruck bearbeiten müsste, was bedeuten würde, dass er seine bisherigen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann. Selbst dann konnte der Gutachter aber nicht ausschließen, dass der Beklagte bei einer Rückkehr in den Dienst keine weiteren Pflichtverstöße begehen wird. Auch für den Fall, dass der Beklagte sich einer - dringend anzuratenden - Psychotherapie unterziehen sollte, ist aufgrund der bei ihm diagnostizierten Persönlichkeitsstörung nie von der völligen Behebung seiner Probleme auszugehen (vgl. Gutachten N. S. 60-62, Bl. 164-166 Senatsakte), so dass auch künftige Pflichtverstöße nicht ausgeschlossen werden können. Die bisher durchgeführten Therapien, die nicht der Behandlung der Persönlichkeitsstörung, sondern der infolge des Straf- und Disziplinarverfahrens aufgetretenen depressiven Krise dienten und die v.a. in Medikamentengaben bestanden (vgl. Arztbrief der Psychiatrischen Universitätsklinik W. vom 25. März 2010, Verwaltungsgerichtsakte Bl. 80 ff.), haben nach Angaben des Gutachters zwar zu einer Stimmungsstabilisierung geführt, vermochten jedoch nichts an der grundlegenden Persönlichkeitsstörung zu ändern (vgl. Gutachten N. S. 57, Bl. 161 Senatsakte).

Ob sich daraus bereits die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, der Beklagte werde in Zukunft in erheblicher Weise gegen seine Dienstpflicht verstoßen, kann zwar nicht mit Sicherheit festgestellt werden, kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die durch sein gravierendes Fehlverhalten herbeigeführte Zerstörung des Vertrauens des Dienstherrn bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Hier hat der Beamte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in die ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass die Verletzung des Vertrauensverhältnisses bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist.

2. Angesichts der gravierenden Dienstpflichtverletzungen fällt auch die langjährige, allerdings lediglich durchschnittliche Dienstleistung des disziplinarrechtlich zwar nicht vorbelasteten, aber bereits 2003 wegen Unterschriftsfälschung auffällig gewordenen Beklagten neben der Schwere des Dienstvergehens nicht erheblich mildernd ins Gewicht. Weder die langjährige Erfüllung und Beachtung der Dienstpflichten noch überdurchschnittliche Leistungen sind geeignet, schwere Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG B.v. 23.1.2013 - 2 B 63.12 - juris).

Auch die vom Beklagten gezeigte Schuldeinsicht und Reue führen nicht zu einer milderen Betrachtung. Ein Geständnis ist zudem erst erfolgt, nachdem der Beklagte mit den jeweiligen Vorwürfen konfrontiert worden war. So hat er erst auf Vorhalt eingeräumt, zur Überbrückung eines privaten finanziellen Engpasses 400,-- € vom Handvorschusskonto abgehoben zu haben. Auch die Urkundenfälschungen hat er nicht von sich aus zugegeben, sondern, nachdem aufgrund einer Beschwerde des Landesamtes für Finanzen Anfang 2008 der Vorgang M. ans Licht gekommen war, zunächst behauptet, dass die Kanzlerin diesen Vertrag unterschrieben hat, und erst auf Vorhalt eingeräumt, dass er deren Unterschrift einkopiert hat. Letzteres stellt auch kein zulässiges Verteidigungsverhalten dar, sondern ist als Diffamierung Dritter zu seinen Lasten zu werten (BVerwG U.v. 28.2.1013 - 2 C 62.11 - juris Rn. 53).

Auch die relativ geringe vom Beklagten veruntreute Summe und die Tatsache, dass dem Dienstherrn weder durch die Untreue noch durch die Urkundenfälschungen ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist, führen angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht zu einer milderen Beurteilung. Auch in einer Gesamtschau erreichen die insoweit für den Beklagten sprechenden entlastenden Gesichtspunkte angesichts des gravierenden Vertrauensbruchs kein solches Gewicht, das dies zu einer durchgreifenden Milderung führen könnte. Zulasten des Beklagten ist es zu werten, dass er wiederholt auf das Handvorschusskonto zugegriffen und sieben Verträge gefälscht hat, die er im Dienstverkehr vorgelegt hat, um Zahlungen zu veranlassen.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Der Beamte hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren und ist daher aus dem Dienst zu entfernen.

3. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seine Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - juris Rn. 49).

4. Mit dem sich nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayDG ergebenden Unterhaltsbeitrag für sechs Monate hat es sein Bewenden. Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf oder in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte in ausreichendem Maße um die Wiederaufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG der Unterhaltsbeitrag über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der Beamte hat die Umstände dafür glaubhaft zu machen. Insoweit ist eine wertende Entscheidung zu treffen (BayVGH U.v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 69).

Soweit der Beklagte erklärt hat, dass mit Wegfall seiner Bezüge als Alleinverdiener die Sicherstellung des Lebensunterhalts seiner Familie nicht mehr gewährleistet sei, muss diese ggf. - zumindest zeitweilig - Sozialleistungen in Anspruch nehmen, falls der Beklagte innerhalb von sechs Monaten keine Arbeit finden sollte und auch seine Ehefrau aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen nicht berufstätig sein könnte; dies ist aber die Folge des zur Entfernung aus dem Dienst führenden Verhaltens und kann deshalb keine unbillige Härte begründen. Das Vorbringen, die Bezüge würden die alleinige Einnahmequelle darstellen, steht zudem im Widerspruch dazu, dass der Beklagte angegeben hat, aus der Tätigkeit als Kirchenorganist Einnahmen zu haben. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht glaubhaft gemacht, dass er innerhalb von sechs Monaten keine Arbeit finden könnte; vielmehr hat er erklärt, dass er aufgrund seiner guten Beziehungen zur Diözese W. dort ggf. Arbeit finden könne. Selbst für diesen Fall könnte er die Betreuung der Tochter sowie die Pflege der Schwiegereltern übernehmen, um die er sich jetzt zusammen mit seiner Ehefrau kümmert, und die Ehefrau, die gelernte Erzieherin ist, ggf. eine Arbeit aufnehmen. Dass der Beklagte gesundheitlich nicht dazu in der Lage wäre zu arbeiten, ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Übernahme von Krankheitskosten ist darauf hinzuweisen, dass nach § 12 Abs. 1a, b VAG private Krankenversicherungen grundsätzlich verpflichtet sind, im Basistarif alle Personen aufzunehmen, die nicht die Möglichkeit haben, Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung zu werden. Der Tochter des Beklagten kann zugemutet werden, die Privatschule zum unmittelbar bevorstehenden Schuljahresende zu verlassen und auf eine öffentliche Schule zu wechseln, um künftig die Kosten in Höhe von 263,-- € monatlich hierfür einzusparen.

Nach alldem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf das Vorliegen von Verfahrensfehlern (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Der 1964 geborene Beklagte steht als Amtsinspektor (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) im Dienst der Klägerin. Von 2006 bis 2010 war er in der Deutschen Botschaft in ... als Sachbearbeiter für Dienstkraftfahrzeugangelegenheiten sowie als Vertreter des Zahlstellenleiters tätig. Im Jahr 2009 nutzte der Beklagte seine Befugnisse dazu, durch Schecks übermittelte Geldbeträge, die dem Budget der Botschaft als Einnahmen hätten zugehen müssen und sein Sachgebiet der Dienstkraftfahrzeuge betrafen, nicht in das Buchungssystem der Botschaft einzutragen, sondern sich durch Einreichung von auf seinen Namen lautenden Schecks auf sein privates Konto umzuleiten. Wegen dieses Sachverhalts verurteilte das Amtsgericht den Beklagten im Dezember 2011 durch Strafbefehl wegen Untreue in drei besonders schweren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten. Hintergrund der Veruntreuung war, dass sich der Beklagte durch hochspekulative Börsengeschäfte verschuldet hatte. Die der Botschaft vorenthaltenen Beträge nutzte er, um auf seinem Kreditkartenkonto ein Guthaben für den Lebensunterhalt seiner Familie zu erhalten. Die auf das Gehaltskonto eingehenden Zahlungen verwendete der Beklagte weiterhin für den Handel mit Wertpapieren.

3

Nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens im Mai 2011 stellte der Beklagte den Handel mit Wertpapieren ein, ließ bei seiner Bank die Termingeschäftsfähigkeit widerrufen, suchte die psycho-soziale Beratungsstelle des Auswärtigen Amtes auf und zahlte im November 2011 den veruntreuten Betrag in Höhe von 11 077,30 € an die Klägerin zurück. Nach Beteiligung des Personalrats hat die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Zurückstufung des Beklagten erhoben. Der Beklagte habe durch sein Fehlverhalten das Vertrauen in seine Integrität erheblich erschüttert. Es könne jedoch von einer günstigen Zukunftsprognose ausgegangen werden, weil der Beklagte den Spekulationstrieb überwunden habe. Die Unterstützung durch seine Familie spreche für die Annahme, dass er die durch Börsenspekulationen geprägte negative Lebensphase überwunden habe.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten durch Urteil aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Das innerdienstlich begangene Dienstvergehen des Beklagten erfordere nach Maßgabe des § 13 BDG seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das Zugriffsdelikt des Beklagten indiziere, weil die Schwelle der Geringfügigkeit von 50 € um ein Vielfaches überschritten sei, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens könne nicht angenommen werden, dass beim Beklagten im Zeitraum der Taten die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Zwar sei der Beklagte spielsüchtig gewesen. Suchtarten wie Alkohol-, Drogen- oder Spielsucht stünden einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB nur gleich, wenn sie entweder zu schwerwiegenden psychischen Persönlichkeitsveränderungen geführt hätten, der Betroffene Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen oder die Tat im akuten Rausch begangen habe. Dies sei nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters auszuschließen. Sonstige "anerkannte" Milderungsgründe lägen nicht vor. Die darüber hinausgehende Würdigung aller bemessungsrelevanten, auch positiven Gesichtspunkte falle wegen des planmäßigen Vorgehens des Beklagten, des dreimaligen Zugriffs sowie der Höhe des Schadens zu seinen Lasten aus. Hinsichtlich der Frage, ob der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG verloren habe, sei eine objektive Bewertung durch das Gericht geboten. Bekundungen des Vertrauens durch Geschädigte, Behördenleiter oder Kollegen oder die, wie hier, milde Haltung des Dienstvorgesetzten seien nicht ausschlaggebend.

6

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

7

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

8

a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zum einen in den Fragen,

"ob die Annahme einer negativen Lebensphase erfordert, dass der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn durch Leistungsminderungen auffällt"

und

"ob das Vorliegen einer überwundenen negativen Lebensphase regelmäßig zum Absehen von der indizierten Höchstmaßnahme führen kann, wenn bei einem Zugriffsdelikt tatsächliche Anknüpfungspunkte für eine positive Persönlichkeitsprognose vorliegen."

9

Diese Fragen vermögen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie einerseits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, ohne dass insoweit erneuter Klärungsbedarf dargelegt wird, und sie andererseits die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 BDG im konkreten Einzelfall betreffen, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

10

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt der - gesetzlich nicht bestimmte, sondern lediglich in der gerichtlichen Praxis entwickelte - Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ außergewöhnliche Verhältnisse voraus, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt "aus der Bahn geworfen" haben. Die mildernde Berücksichtigung liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. Dies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin "aus der Bahn" geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220 f.>, vom 23. August 1988 - 1 D 136.87 - NJW 1989, 851, vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17 Rn. 39, vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - NVwZ 2013, 1087 Rn. 40 f. und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:101215U2C6.14.0] NVwZ 2016, 722 Rn. 36; Beschlüsse vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:091014B2B60.14.0] Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 32 und vom 22. März 2016 - 2 B 43.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:220316B2B43.15.0 Rn. 11 f.).

11

Danach muss es sich um eine persönlich besonders belastende Situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Wenn aber das Verhalten des Beamten zum Tatzeitpunkt in keiner Hinsicht auffällig gewesen ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beamte sei aufgrund von außergewöhnlichen Umständen "zeitweilig aus der Bahn geworfen".

12

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte zum Tatzeitpunkt in der Lage, seinen dienstlichen Pflichten nachzukommen. Zwar gab es vereinzelt Vorhaltungen seiner Vorgesetzten, in der dienstlichen Beurteilung wurde seine Tätigkeit für den fraglichen Zeitraum aber als überdurchschnittlich bewertet. Seine finanziellen Schwierigkeiten konnte der Beklagte nach seinen Angaben vor seiner Familie verborgen halten; sein Familienleben wies keine ungewöhnlichen Vorkommnisse auf.

13

Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe führen teilweise zu einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 37 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 26 für den Milderungsgrund der tätigen Reue durch Offenbarung des Fehlverhaltens oder durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung). Für den Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“, der hier nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bereits nicht vorliegt, gilt die regelhafte Herabstufung der angemessenen Disziplinarmaßnahme dagegen nicht (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 7 ff.). Vielmehr ist eine solch negative Lebensphase während des Tatzeitraums je nach den Umständen des Einzelfalls als mildernder Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 13 BDG zu berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 40). Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 BDG betrifft aber die Umstände des konkreten Einzelfalls und ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

14

b) Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam sieht die Beschwerde auch die Frage an,

"ob die Disziplinargerichte an einen ausdrücklichen oder konkludenten Antrag in der Disziplinarklage gebunden und dementsprechend gehindert sind, eine schwerere als die beantragte Disziplinarmaßnahme zu verhängen."

15

Diese Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen, weil sie bereits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Oberverwaltungsgerichts dahingehend geklärt ist, dass das Gericht, entgegen § 88 VwGO, nicht an den Antrag des klagenden Dienstherrn gebunden ist.

16

Nach § 34 Abs. 1 BDG ist gegen einen Beamten Disziplinarklage zu erheben, wenn gegen ihn auf Zurückstufung, auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden soll. Die Vorschrift bringt die Notwendigkeit der Erhebung der Disziplinarklage als Abschlussentscheidung des Dienstherrn zum Ausdruck, wenn dieser als disziplinarische Maßnahme eine Zurückstufung oder die Höchstmaßnahme für erforderlich hält. Dass die Einschätzung des Dienstherrn hinsichtlich des Verhaltens des betroffenen Beamten insoweit maßgeblich ist, zeigt sich auch daran, dass der Dienstherr die Disziplinarklage, wie sich unmittelbar aus § 61 Abs. 1 BDG ergibt, auch zurücknehmen kann.

17

Andererseits ergibt sich aus dem Gesetz auch unmittelbar, dass die Disziplinarbefugnis des Gerichts, soweit Disziplinarklage erhoben und diese nicht wieder zurückgenommen worden ist, unbeschränkt und insbesondere nicht an Anträge des Dienstherrn gebunden ist. Dies hat zur Folge, dass die Vorschrift des § 88 VwGO im gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht über die Verweisungsnorm des § 3 BDG anzuwenden ist. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG kann das Gericht in dem Urteil auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme erkennen oder die Disziplinarklage abweisen; die Vorschrift des § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG gilt nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und § 70 Abs. 1 BDG auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG ist es bei einer Disziplinarklage Sache der Verwaltungsgerichte, die angemessene Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 BDG zu bestimmen. Dabei sind die Gerichte weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255>, vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 11 und vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 18).

18

Wegen dieser fehlenden Bindung der Disziplinargerichte an die Vorgaben und Wertungen des die Klage erhebenden Dienstherrn muss die Klageschrift auch keinen Sachantrag enthalten (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26 und vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - Schütz, BeamtR, ES/B II 1.1. Nr. 26 Rn. 32). Dies folgt unmittelbar aus § 52 Abs. 1 BDG, der die formalen Anforderungen an eine Disziplinarklage regelt. Anders als in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist die Formulierung eines bestimmten Antrags in § 52 Abs. 1 BDG nicht einmal als Soll-Vorschrift vorgesehen.

19

3. Die vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behaupteten Verfahrensmängel (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

20

a) Einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz sieht die Beschwerde des Beklagten darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des Milderungsgrundes der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ einige die damalige Lebenssituation des Beklagten prägende Umstände zu dessen Nachteil nicht berücksichtigt habe. Der Vorwurf des Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist unbegründet.

21

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr; vgl. BVerwG; Beschlüsse vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - [ECLI:DE:BVerwG:091014B2B60.14.0] Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 41). Im Hinblick auf die in der Beschwerdebegründung genannten Umstände wird das Berufungsurteil diesen Anforderungen gerecht.

22

Der hier in Rede stehende Milderungsgrund, der ohnehin nicht zu einer regelmäßigen Reduzierung der angemessenen Disziplinarmaßnahme um eine Stufe führt, setzt außergewöhnliche Verhältnisse voraus, die den Beamten "aus der Bahn werfen". Dies ist auch in Ansehung des in der Beschwerdebegründung genannten Umstands des massiven Verlangens nach Börsenspekulationen, die den Beklagten in seiner Freizeit zum permanenten Spielen veranlasst haben, nicht gegeben. Denn der Beklagte konnte seinen Dienst - überdurchschnittlich bewertet - verrichten; sein Familienleben wies keinerlei ungewöhnliche Vorkommnisse auf. Gegen die Annahme einer solch ungewöhnlichen Lebenssituation aufgrund der Sucht nach Börsengeschäften spricht auch deren Überwindung. Denn das Oberverwaltungsgericht hat bei der Gesamtwürdigung aller Umstände im Sinne von § 13 BDG festgestellt, dass der Beklagte seine Spielsucht ohne weitere Therapie durch bloßen eigenen Willensentschluss überwinden konnte.

23

b) Entgegen der Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht auch nicht dadurch gegen § 88 VwGO verstoßen, dass es ebenso wie das Verwaltungsgericht über den Antrag der Klägerin in der Disziplinarklage hinausgegangen ist und die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen hat. Wie dargelegt, sind die Disziplinargerichte bei der ihnen nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG obliegenden Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

Tatbestand

1

Der ... geborene Soldat absolvierte eine Ausbildung zum Schreiner. 1999 trat er in die Bundeswehr ein. 2005 wurde er zum Berufssoldaten berufen und nach erfolgreichem Abschluss der Prüfung für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes und einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung an der Fachschule der Luftwaffe ... zum Leutnant ernannt.

2

Nach verschiedenen Verwendungen wurde der Soldat zum ... zum ... in ... versetzt und nahm dort den Dienstposten eines IT-Offiziers als S6-Offizier bis zum ... wahr. Als Folge des truppendienstgerichtlichen Urteils wurde er innerhalb des ... auf ein dienstpostenähnliches Konstrukt versetzt.

3

In der letzten planmäßigen Beurteilung vom ... ist die Aufgabenerfüllung des Soldaten auf dem Dienstposten mit "5,40" bewertet worden. Der Soldat sei eine gereifte Persönlichkeit, die im Leben stehe und sich durch ein überdurchschnittliches Verantwortungsbewusstsein und besondere Verlässlichkeit auszeichne. Außergewöhnlich robust sei er ein hervorragender Teamplayer. Seine geistige und soziale Kompetenz sei stärker ausgeprägt, die funktionale und konzeptionelle Kompetenz ausgeprägt und die Kompetenz in Menschenführung weniger ausgeprägt. Er verfüge über eine hervorragende Berufseinstellung und man merke ihm an, dass er gerne Soldat sei. Er suche Herausforderungen und stelle sich ihnen. Zielstrebigkeit, Verantwortungsfreude und Engagement seien seine besonderen Kennzeichen. Er verfüge über erhebliches Potenzial, sodass seine Eignung zum Fachdienst-Offizier vorliege. Der nächsthöhere Vorgesetzte trat dem bei und erklärte, der Soldat bewege sich zwar wegen seines sehr jungen Dienstalters leistungsmäßig nur im Mittelfeld, verfüge jedoch über ein sehr hohes Potenzial. Er habe überall hervorragende Leistungen erbracht und seine Förderung bis in die höchsten Verwendungen zeichne sich ab.

4

In der Berufungshauptverhandlung hat Oberfeldarzt S. in Fortführung seiner Aussage in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht ausgeführt, der bis Sommer 2015 als S6-Offizier eingesetzte Soldat sei überaus loyal und habe seine Abteilung sehr effizient geführt. Der Soldat habe ihn in fachlichen Dingen gut beraten und kreative Lösungen gefunden. Er habe in seiner Abteilung viele junge motivierte Soldaten gut positionieren können, sich für seine Untergebenen eingesetzt und das Soll stets erfüllt und übererfüllt. Im Leistungsvergleich sei der Soldat deutlich im oberen Drittel zu sehen. Als Folge des Verfahrens sei der Soldat auf ein dienstpostenähnliches Konstrukt versetzt worden, auch habe er seine Sicherheitsstufe verloren. Gegenwärtig sei der Soldat in Projekten zu Ausbildungen flexibel eingesetzt. Er - der Leumundszeuge - beurteile dessen Leistungen derzeit mit "7,4 - 7,5". Als er die Dienststelle übernommen habe, habe er festgestellt, dass es dem Soldaten gegenüber Vorbehalte gegeben habe, die bis heute andauerten. In seiner Abteilung habe der Soldat zwar einen gewissen Rückhalt gehabt, Vorbehalte seien jedoch bei den Offizieren anderer Abteilungen zu spüren gewesen. Der Soldat sei ein sehr korrekter Mensch, der sich für seinen Bereich einsetze und flexibel reagiere. Aus dem dienstlichen Umfeld des Soldaten könne er nichts Negatives berichten. Er könne sich keinen besseren S6-Offizier vorstellen, habe aber Vorbehalte, was dessen Stellung als Offizier angehe. Ihm sei nicht aufgefallen, dass der Soldat zu nachgiebig sei. Er halte insbesondere seine Untergebenen an, die erforderlichen Sportleistungen zu erbringen. Zu beachten sei allerdings, dass der Soldat die Abteilung führt, aber keine Disziplinargewalt ausübe.

5

Der Leumundszeuge Oberstarzt U. hat als Disziplinarvorgesetzter vor dem Zeugen S. in der Berufungshauptverhandlung ergänzend ausgesagt, der Soldat habe durchgängig exzellente Leistungen weit über das geforderte Maß hinaus erbracht. Der Soldat beschreibe nicht nur Probleme, sondern löse sie kreativ. Er sei ein angenehmer, loyaler Mensch, der gut zuhören könne, die Absichten der Führung aufgreife und umsetze. Der Soldat sei ein Offizier, wie man ihn sich als Kommandeur nur wünschen könne. Der Soldat habe sich auch im Kameradenkreis gut eingebracht und über das normale Maß hinaus - etwa bei der OHG - engagiert. Als er, der Zeuge, seinerzeit wegen der Durchsuchung kontaktiert worden sei, habe er den Vorwurf nicht für denkbar gehalten. Es habe sehr unterschiedliche Reaktionen auf das Verhalten des Soldaten im Regiment gegeben. Der Dienstbetrieb sei aufrechtzuerhalten gewesen. Es habe seinerzeit eine große NATO-Übung angestanden und er habe dem Soldaten für die im Rahmen dessen erbrachten Leistungen eine Förmliche Anerkennung ausgesprochen. Diskussionen im Offizierskorps hätten im Hintergrund stattgefunden. Er habe gebeten, Ruhe zu bewahren und Emotionen aus dem Dienstbetrieb herauszuhalten. Das Verhalten des Soldaten sei zwar Thema gewesen, habe aber zu keinen größeren Verwerfungen geführt. Die Abteilung des Soldaten sei diesem gegenüber loyal gewesen. Für Führungsaufgaben, die eine harte Hand erforderten, sei der Soldat nicht der richtige Mann. Dieser pflege vielmehr einen sehr kollegialen Führungsstil. Er würde dessen damalige Leistungen mit "7,9" bewerten und wieder sehr gerne mit ihm zusammenarbeiten. Der Soldat gehöre nach wie vor zur Spitzengruppe vergleichbarer Fachdienst-Offiziere und habe seine Leistungen nach dem Vorfall noch gesteigert. Er - der Leumundszeuge - hätte eine Empfehlung "bis in die höchsten Laufbahnverwendungen" ausgesprochen. Dass der Soldat die Sicherheitsstufe verloren habe, habe bei Übungen keine Bedeutung erlangt.

6

Dem Soldaten wurden 2002, 2006 und 2012 Leistungsprämien sowie 2004 und 2013 Förmliche Anerkennungen erteilt.

7

Die aktuelle Auskunft aus dem Zentralregister weist das sachgleiche, rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts ... vom 15. Oktober 2013 aus (im Folgenden: Amtsgerichtsurteil), mit dem der Soldat wegen Beihilfe zum Diebstahl in einem besonders schweren Fall zunächst zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden war. Aufgrund der Berufung des Soldaten reduzierte das Landgericht ... den Strafausspruch mit Urteil vom 5. Juni 2014 auf eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von 11 Monaten und 2 Wochen. Der aktuelle Auszug aus dem Disziplinarbuch weist ebenfalls die entsprechende Verurteilung aus.

8

Mit seiner wegen des sachgleichen Sachverhalts bis April 2015 inhaftierten Ehefrau, von der der Soldat nach eigenen Angaben innerhalb der gemeinsamen Wohnung getrennt lebt, hat er eine im ... geborene Tochter.

9

Der Soldat erhält aktuell Dienstbezüge einschließlich Kindergeld in Höhe von etwa 3 050 Euro netto, von denen er 250 € an seine arbeitssuchende Ehefrau zahlt. Aus der Vermietung einer Eigentumswohnung erhält er monatlich ca. 500 € netto. Sein Vermögen beträgt gegenwärtig ca. 8 000 €; Schulden bestehen nicht. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind geordnet.

10

1. Nach Anhörung des Soldaten zur beabsichtigten Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens und der Bekanntgabe der Stellungnahme der Vertrauensperson, wurde das Verfahren gegen ihn mit Verfügung des Kommandeurs ... vom 2. September 2014 eingeleitet. Auf die Gewährung des Schlussgehörs hat der Soldat verzichtet.

11

2. In der von der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich ... beim Truppendienstgericht Süd eingereichten und dem Soldaten am 10. November 2014 zugestellten Anschuldigungsschrift vom 22. Oktober 2014 wird ihm als vorsätzliches, zumindest aber fahrlässiges Dienstvergehen zur Last gelegt:

"Der Soldat unterstützte seine Ehefrau ... wissentlich und willentlich - wie zuvor vereinbart - bei dem von ihr in der Nacht vom 30. September 2011 zum 1. Oktober 2011 verübten Diebstahl von 326.355,00 € aus der Geschäftsstelle der Sparkasse ... in ...

Er fuhr dazu am 30. September 2011 gegen 24:00 Uhr seine Frau in die Nähe der Sparkasse ..., wartete während ihrer Tat außerhalb von ... in Richtung ... etwa 800 Meter von der Sparkasse entfernt im Auto, fuhr sie anschließend am 1. Oktober 2011 um ca. 1:00 Uhr mit dem erbeuteten Bargeld nach ... und bewahrte das Geld zunächst in einer Stube in der ...kaserne in ... auf. Im Laufe des Tages zerkleinerte der Soldat den Schlüssel, mit dem sich seine Frau Zutritt zum Banktresor verschafft hatte, mit einem Seitenschneider, entsorgte die Reste später und verbrachte am 2. Oktober 2011 zusammen mit seiner Frau das Geld nach ... Dort vergrub er einen mit Beutegeld befüllten Alukoffer in einem Erdloch auf einem Nachbargrundstück seines Wohnanwesens, ..., in ..., und versteckte eine weitere Stahlkiste voller Geld in einem in unmittelbarer Nähe dazu befindlichen Unterstand.

Im Zeitraum vor Weihnachten 2011, zu einem genauer nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt, nahm der Soldat die Beute wieder an sich, teilte die Geldscheine zusammen mit seiner Frau auf andere Behältnisse auf und nahm eine Pappschachtel mit Geld (112.030,00 €) mit in die ...kaserne in ..., die er dort in seinem Dienstzimmer, ..., bis zum polizeilichen Auffinden am 12. Dezember 2012 versteckte."

12

3. Die 2. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat den Soldaten durch Urteil vom 14. Januar 2015 aus dem Dienstverhältnis entfernt und den Unterhaltsbeitrag auf zwölf Monate verlängert. In tatsächlicher Hinsicht hat es dies im Wesentlichen auf folgende nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindende Tatsachenfeststellungen des Amtsgerichtsurteils gestützt:

"Der Angeklagte unterstützte seine Ehefrau, die anderweitig Verurteilte ..., bei einem Diebstahl am 01.10.2011 zu Lasten der Sparkasse ...

Die anderweitig Verurteilte ... war in der Zeit von Februar 2000 bis zum 16.09.2011 in der Geschäftsstelle der Sparkasse in ... beschäftigt. In dieser Zeit oblag der anderweitig Verurteilten auch die Tätigkeit als Kassiererin. Des Weiteren wurde ihr die Aufgabe der Geldbestellung für die Geldautomaten und die Befüllung dieser Geldautomaten anvertraut.

Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 01.10.2011 fasste die anderweitig Verurteilte ... den Entschluss, die mit der Tätigkeit als Bankangestellte verbundenen Kompetenzen, Kenntnisse und Zugriffsmöglichkeiten auszunutzen, um in einem geeigneten Zeitpunkt die in den Geldautomaten gefüllten Geldnoten zu entwenden und so eine beträchtliche Geldsumme zu erbeuten. Hierfür besorgte sie sich im Vorfeld die notwendigen Schlüssel und die Tresorkombination.

In der Nacht vom 30.09.2011 auf den 01.10.2011 setzte die anderweitig Verurteilte ... ihren Tatplan um. Den Angeklagten weihte sie ca. eine Woche vor der Tat ein. Die konkreten Einzelheiten des Planes waren dem Angeklagten nicht bekannt. Er wusste aber, dass die anderweitig Verurteilte ... vorhatte, aus der Geschäftsstelle der Sparkasse ... einen erheblichen Geldbetrag zu entwenden und hierfür banktypische Sicherheitsvorkehrungen zu überwinden.

Am 30.09.2011 fuhr der Angeklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau zu einer Sportlerehrung nach ... Seine Ehefrau, die anderweitig Verurteilte ..., hatte zu diesem Zeitpunkt sämtliche für die Durchführung der Tat erforderlichen Gegenstände (Schlüssel, Kleidung, Taschen) mitgenommen. Gegen ca. 22.00 Uhr verließ der Angeklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau die Sportlerehrung. Eigentlich war vorgesehen, dass sie danach unmittelbar in die ...kaserne nach ... fahren, um dort zu nächtigen. Nunmehr veranlasste die anderweitig Verurteilte ... jedoch den Angeklagten, dass dieser mit ihr davor noch nach ... fuhr. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war dem Angeklagten klar, dass seine Ehefrau die Tat heute durchführen möchte. Letztlich fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw von ... über ..., wo sie gegen 23.00 Uhr auf dem Pendler-Parkplatz bei der Ausfahrt ... einen Halt von ca. einer Stunde machten, nach ... In ... wies die anderweitig Verurteilte ... den Angeklagten an, sie bei der ... in ... aussteigen zu lassen und anschließend mit dem Pkw außerhalb von ... in Richtung ... auf sie zu warten. Der Angeklagte tat wie ihm geheißen war. Als die beiden bei der ... angekommen waren, zog sich die anderweitig Verurteilte ... eine sogenannte Sturmhaube über den Kopf und ging mit einer Tasche und einem Rucksack in Richtung der ca. 800 m entfernten Geschäftsstelle der Sparkasse ... Der Angeklagte versuchte noch der anderweitig Verurteilten ... die Tat auszureden, was allerdings ohne Erfolg blieb. Die anderweitig Verurteilte ... begab sich zu Fuß zum Hintereingang der Geschäftsstelle der Sparkasse ... Mit den zuvor an sich gebrachten Schlüsseln öffnete sie die Haustüre, die Filialtüre, den CashMaster-Tresor, die Türe zum Geldautomaten-Raum und letztlich auch die Geldautomaten. Zum Öffnen der Geldautomaten war auch noch eine Zahlenkombination erforderlich, welche sie im Vorfeld an sich gebracht hatte. Weiter sorgte sie im Vorfeld dafür, dass die zuständige Kassiererin, Frau ..., den Geldautomat an diesem Wochenende mit ca. 420.000 € befüllte, anstatt mit ca. 320.000 €. Dies begründete die anderweitig Verurteilte ... damit, dass am Wochenende der Monatserste und am Montag, den 03.10.2011, auch noch ein Feiertag sei. Die Kassiererin ... befüllte den Geldautomaten entsprechend. Sie vertraute der anderweitig Verurteilten ..., weil sie von dieser erst am 16.09.2011 dieses Amt übernahm und ihr selbst noch die Erfahrung fehlte. Exakt in dem Zeitraum Samstag 01.10.2011, 00.56 Uhr bis 00.59 Uhr entwendete die anderweitig Verurteilte ... 326.355 €, um diese ohne Berechtigung für sich zu behalten. Sie entnahm jedoch nicht das gesamte Geld, sondern ließ noch ca. 35.000 € in den Geldautomaten, damit die Automaten nicht auf Störung gehen und die Tat nicht sofort entdeckt wird.

Danach begab sich die anderweitig Verurteilte ... zu Fuß zu dem vereinbarten Treffpunkt außerhalb von ..., so sie von dem Angeklagten erwartet wurde. Der Angeklagte fuhr dann, wie ursprünglich beabsichtigt, mit seiner Ehefrau in die ...kaserne nach ... Sie nächtigten dort und versteckten das Geld in der Kaserne. Im Laufe des Tages des 01.10.2011 besuchte der Angeklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau seine Eltern in ... Dort vernichtete der Angeklagte mit einem Seitenschneider die tatgegenständlichen Schlüssel, um Spuren zu vernichten. Am Sonntag, den 02.10.2011, fuhr der Angeklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau zurück nach ... Während der Fahrt entsorgte der Angeklagte auf verschiedenen Parkplätzen die Reste der Schlüssel. Die Diebesbeute wurde zunächst auf einem Nachbargrundstück des Anwesens, in welchem der Angeklagte mit seiner Ehefrau wohnhaft ist, vergraben. Dieses Loch hatte der Angeklagte auf Geheiß seiner Ehefrau ca. eine Woche vor der Tat gegraben. Bis Weihnachten verblieb das Geld dort. Dann nahm der Angeklagte einen erheblichen Teil der Beute (112.030 €) mit auf seine Dienststelle, der ...kaserne in ... Dort wurde das Geld in seinem Spind verwahrt, bis es im Rahmen der Durchsuchung am 12.12.2012 von der Polizei dort aufgefunden und sichergestellt wurde. Ein weiterer erheblicher Betrag der Beute wurde auf Idee des Angeklagten im Wohnanwesen unter einem Laminatboden versteckt (160.050 €).

Der Angeklagte profitierte unmittelbar von der Tat, weil die Lebenshaltungskosten von der Diebesbeute bestritten wurden und die Gehälter vollkommen angespart werden konnten. Dies war dem Angeklagten bewusst.

Der Schaden wurde durch den Angeklagten und die anderweitig Verurteilte ... inklusive Ermittlungskosten der Sparkasse in Höhe von ca. 14.000 € wiedergutgemacht. In seinem letzten Wort entschuldigte sich der Angeklagte für seine Tat, insbesondere auch bei Mitarbeitern der Sparkasse, welche durch das Vorgehen ebenfalls in Tatverdacht gerieten."

13

Durch die Unterstützungshandlungen des Soldaten bei dem von seiner Ehefrau begangenen Zugriff auf 326 355 Euro zum Nachteil ihres Arbeitgebers habe dieser, soweit diese Handlungen außerhalb militärischer Liegenschaften stattgefunden hätten, vorsätzlich gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen.

14

Indem der Soldat in der Nacht vom 30. September 2011 auf den 1. Oktober 2011 in Begleitung seiner Ehefrau mit der Beute in der ...kaserne in ... Quartier genommen und später aus der Beute stammende 112 030 € in die ...kaserne in ... gebracht und dort in seinem Dienstzimmer versteckt habe, habe er vorsätzlich gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht und gegen die Pflicht zum treuen Dienen verstoßen. Es sei dienstzweckwidrig, Material und Liegenschaften des Dienstherrn zur Sicherung von Vorteilen aus Straftaten zu nutzen.

15

Das Dienstvergehen wiege außerordentlich schwer. Zwar werde bei einem außerdienstlichen Zugriffsdelikt regelmäßig nur eine laufbahnhemmende Sanktion verhängt; es lägen jedoch erschwerende Umstände vor, die eine schärfere Disziplinarmaßnahme verlangten. Der Soldat sei zwar von seiner Ehefrau nicht in alle Details des Tatplans eingewiesen worden, habe jedoch insbesondere spätestens etwa eine Woche vor der Tatausführung von der Höhe der Beute und davon gewusst, dass sie einen von ihr beiseite geschafften Tresorschlüssel verwenden und eine ausgespähte Tresorkombination nutzen werde. Ihm sei auch bewusst gewesen, dass sich der Verdacht gegen die Mitarbeiter der Bank richten werde. Sein Vorbringen, er habe gehofft, seine Ehefrau werde auf die von ihm geäußerten Bedenken hin von der Tatausführung absehen, er sei "in die Sache hineingeschlittert", sei eine Schutzbehauptung. Seine Einlassung, er habe keine Möglichkeit gehabt, seine Frau aufzuhalten, treffe nicht zu. Er habe seinerseits nach Kräften zum Taterfolg beigetragen. Besonders gereiche ihm die Nutzung dienstlicher Liegenschaften für kriminelle Zwecke zum Nachteil; schon dadurch habe er sich untragbar gemacht.

16

Milderungsgründe in der Tat lägen nicht vor. Dass der Soldat von seiner Ehefrau zur Hilfeleistung angestiftet worden sei, entlaste ihn nicht. Denn Anhaltspunkte für ein über das Normalmaß hinausgehendes Nähe- oder gar Abhängigkeitsverhältnis im Sinne einer Hörigkeit lägen nicht vor. Dem Geständnis des Soldaten komme nur eine außerordentlich geringe mildernde Bedeutung zu, weil er sich erst geständig gezeigt habe, nachdem seine Ehefrau gestanden habe. Zu dessen Gunsten seien seine überaus ansprechenden dienstlichen Leistungen zu werten. Sie seien zwar nicht geeignet, die massiven Erschwerungsgründe im Tatgeschehen wettzumachen, rechtfertigten jedoch die Verlängerung des gesetzlichen Unterhaltsbeitrags auf 12 Monate.

17

4. Gegen das ihm am 27. Januar 2015 zugestellte Urteil hat der Soldat am 18. Februar 2015 unbeschränkt Berufung einlegen lassen und beantragt, gegen ihn eine mildere Disziplinarmaßnahme auszusprechen, hilfsweise, die Sache zurückzuverweisen. Das Truppendienstgericht habe unzutreffend angenommen, er habe seine Ehefrau an der Tatbegehung hindern können. Nach dem Amtsgerichtsurteil seien ihm die konkreten Einzelheiten ihres Tatplans nicht bekannt gewesen. Als er kurzfristig von der unmittelbar bevorstehenden Tat erfahren habe, habe er versucht, ihr die Tat auszureden. Ihr den Tresorschlüssel wegzunehmen, sei ihm unmöglich gewesen. Das Amtsgerichtsurteil enthalte dazu auch keine Tatsachenfeststellungen, sodass zur weiteren Sachverhaltsaufklärung eine Zurückverweisung erforderlich sei. Darüber hinaus stilisiere das Truppendienstgericht den Tatbeitrag des Soldaten zu einer strafrechtlichen Täterschaft hoch und verwerte unzulässig einen nicht angeschuldigten Tatkomplex. Seine guten Leistungen, seine Nachbewährung und Reue sowie seine Wiedergutmachungshandlungen würden ebenfalls verbieten, die Höchstmaßnahme zu verhängen.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung des Soldaten ist zulässig. Sie wurde insbesondere gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegt. Da das Rechtsmittel in vollem Umfang eingelegt worden ist, hat der Senat im Rahmen der Anschuldigung (1.) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen (2.), diese rechtlich zu würdigen und die sich daraus ergebenden Folgerungen zu ziehen (3.) sowie über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden (4.).

19

1. Gegenstand der Anschuldigungsschrift bildet ausschließlich der Vorwurf, seine Ehefrau absprachegemäß wissentlich und willentlich bei dem von ihr in der Nacht vom 30. September 2011 auf den 1. Oktober 2011 verübten Diebstahl von 326 355 € aus der Geschäftsstelle der Sparkasse ... in ... mit den im Einzelnen aufgeführten Handlungen unterstützt zu haben. Wie vom Truppendienstgericht zutreffend festgestellt, erfasst die Anschuldigungsschrift nicht den Vorwurf, seine Ehefrau darüber hinaus bei sonstigen Vermögensdelikten zulasten einzelner Bankkunden unterstützt zu haben. Aus diesem nicht angeschuldigten Tatkomplex dürfen deshalb auch keine für den Soldaten nachteiligen Schlüsse gezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 2 WD 5.12 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 44 Rn. 30).

20

2. Zur Überzeugung des Senats steht auf der Grundlage der ihn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichtsurteils und der geständigen Einlassungen des Soldaten in der Berufungshauptverhandlung fest, dass der Soldat den von seiner Ehefrau in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 2011 begangenen schweren Diebstahl zulasten der Sparkasse ... und das Verstecken der Beute nach Beendigung der Straftat wissentlich und willentlich durch verschiedene, in dem rechtskräftigen Urteil im Einzelnen beschriebene Handlungen unterstützt hat. Die einzelnen Handlungen sind den oben unter II 3 wiedergegebenen Passagen des Amtsgerichturteils zu entnehmen.

21

Ob es dem Soldaten tatsächlich möglich gewesen wäre, seiner Ehefrau die entwendeten Schlüssel abzunehmen, um sie dadurch an der Tatbegehung zu hindern, braucht nicht aufgeklärt zu werden. Schon deshalb liegt kein erstinstanzlicher Aufklärungsmangel im Sinne des § 121 Abs. 2 WDO vor, der zu einer Zurückverweisung veranlassen könnte. Vorgeworfen wird dem Soldat nicht, die Tat (seiner Ehefrau) nicht verhindert, sondern sich an ihr beteiligt zu haben. Selbst wenn er seine Frau nicht von deren Tat abhalten konnte, wäre es ihm jederzeit möglich gewesen, sein eigenes aktives Tun zur Unterstützung der Täterin zu unterlassen. Warum er sich nicht entsprechend verhalten hat, vermochte er auf Nachfrage auch in der Berufungshauptverhandlung nicht zu erklären.

22

3. Der Soldat hat mit seinem Verhalten ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG begangen.

23

a) Durch die bis Weihnachten 2011 begangenen Beihilfehandlungen zum Diebstahl seiner Ehefrau hat der Soldat willentlich und wissentlich, mithin vorsätzlich, gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SG bestehende Pflicht verstoßen, sich auch außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt. Dies schließt die Lagerung des entwendeten Geldes in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 2011 in der ...kaserne in ... mit ein, auch wenn sie innerhalb dienstlicher Anlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 SG) erfolgte. Angesichts der Vielzahl und der Dauerhaftigkeit der sonstigen außerdienstlichen Beihilfehandlungen ist dieser sich nur über wenige Stunden erstreckende Teilakt von derart untergeordneter Bedeutung, dass er disziplinarisch noch nicht das Gewicht einer selbstständigen Verletzung der Pflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 SG erlangt.

24

Der Soldat hat durch sein Verhalten die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung außerhalb des Dienstes und dienstlicher Anlagen erfordert, auch "ernsthaft" im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG beeinträchtigt. Von einer Beeinträchtigung dieser Qualität ist nach der Rechtsprechung des Senats dann auszugehen, wenn eine strafrechtlich relevante Pflichtverletzung mit einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren sanktioniert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 2 WD 5.13 - Rn. 55 ff.). Der Soldat hat nach der strafrechtlichen Würdigung des Amtsgerichts ..., die der Senat teilt, Beihilfe zum Straftatbestand des besonders schweren Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB begangen. Der dafür vorgesehene Strafrahmen bewegt sich ausweislich des Amtsgerichtsurteils selbst unter Zugrundelegung der vom Amtsgericht ... und der vom Landgericht ... im Urteil vom 5. Juni 2014 angenommenen zweifachen Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 und gemäß § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB, noch immer zwischen einem Monat und 5 Jahre sowie 7,5 Monaten, sodass ein zwei Jahre überschreitender Strafrahmen vorliegt.

25

Ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 7 SG in Gestalt eines Verstoßes gegen die Loyalität zur Rechtsordnung kann dem Soldaten hingegen nicht angelastet werden, weil § 17 Abs. 2 Satz 2 SG eine abschließende Regelung für Verfehlungen strafrechtlichen Gehalts außerhalb des Dienstes und außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen bildet. Der Gesetzgeber bezweckte mit dem Begriff der "ernsthaften" Beeinträchtigung in § 17 Abs. 2 Satz 2 SG eine disziplinarisch restriktive Erfassung außerdienstlichen Fehlverhaltens und nimmt strafrechtlich relevantes Verhalten davon nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 2 WD 5.13 - BVerwGE 149, 224 Rn. 53).

26

b) Des Weiteren hat der Soldat durch das Aufbewahren von 112 030 € für den Zeitraum von kurz nach Weihnachten 2011 bis zum 12. Dezember 2012 in der ...kaserne in ... wissentlich und willentlich, mithin vorsätzlich, gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, sich innerhalb dienstlicher Anlagen so zu verhalten, dass er dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Dienst als Soldat erfordert.

27

Satz 1 des § 17 Abs. 2 SG ist schon wegen der Lagerung des Geldes in der...kaserne maßgeblich, weil dessen Satz 2 nur dann einschlägig ist, wenn sich der Soldat sowohl außer Dienst als auch außerhalb dienstlicher Unterkünfte pflichtwidrig verhält. Nur in diesem Fall sind weniger strenge Anforderungen an die allgemeine Wohlverhaltenspflicht des Soldaten zu stellen (BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2009 - 2 WD 16.08 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 43 Rn. 39).

28

Dass der Soldat gemäß § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB in strafrechtlicher Hinsicht nicht wegen Begünstigung und gemäß § 258 Abs. 6 StGB nicht wegen Strafvereitelung belangt werden kann, nimmt dem Verhalten nicht seine disziplinarische Relevanz. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass sich die Kriminalstrafe nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme unterscheidet. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen (BVerwG, Urteil vom 11. September 2014 - 2 WD 11.13 - juris Rn. 76 m.w.N.). Der Aufrechterhaltung eines integren Dienstbetriebs widerspricht aber, wenn Soldaten den besonderen Schutz dienstlicher Unterkünfte und Anlagen des Dienstherrn instrumentalisieren, um rechtswidrig erlangte Vermögensvorteile zu sichern. Der besondere Schutz der Anlagen der Bundeswehr, an dem mit einem solchen Vorgehen missbräuchlich partizipiert wird, folgt insbesondere aus § 105 Abs. 3 StPO. Danach muss bei einer in einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlichen Durchsuchung die Dienststelle der Bundeswehr um die Durchführung ersucht werden, wenn sie Räume betrifft, die von Soldaten bewohnt werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 105 Rn. 9 i.V.m. § 98 Rn. 25 ff.).

29

Mit seinem Verhalten hat der Soldat zugleich wissentlich und willentlich, somit ebenfalls vorsätzlich, gegen die nach § 7 SG bestehende Pflicht zum treuen Dienen verstoßen. Sie wird vorliegend auch nicht durch andere, in den §§ 8 ff. SG speziell normierte Dienstpflichten verdrängt (BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 2 WD 19.07 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 42 Rn. 32 m.w.N.).

30

4. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht - wie bereits dargelegt - ausschließlich darin, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten. Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

31

a) Eigenart und Schwere eines Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das durchgehend vorsätzlich begangene Dienstvergehen des Soldaten sehr schwer.

32

Der durch die Beihilfehandlungen herbeigeführte Verstoß gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SG bestehende Pflicht eines jeden Soldaten, sich auch außer Dienst und außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt, ist von erheblichem Gewicht. Es geht dabei nicht um eine bloße soldatische Nebenpflicht. Wegen ihres funktionalen Bezugs zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs kommt dieser Pflichtenregelung ein hoher Stellenwert zu. Ein Soldat, insbesondere ein Vorgesetzter, bedarf der uneingeschränkten Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des uneingeschränkten Vertrauens seiner militärischen Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der ordnungsgemäße Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dies setzt nicht nur innerdienstlich, sondern auch außerdienstlich ein untadeliges Verhalten voraus.

33

Die Pflichtverletzung war zudem strafrechtlich relevant und wurde mit einer zwar zur Bewährung ausgesetzten, mit elf Monaten und zwei Wochen jedoch erheblichen Freiheitsstrafe geahndet, welche die Frist zur Entlassung eines Soldaten kraft Gesetzes (gem. § 48 Satz 1 Nr. 2 SG) mit zwei Wochen nur geringfügig unterschritt.

34

Hinzu treten die durch das nahezu einjährige Aufbewahren eines beträchtlichen Teils des gestohlenen Geldes begangenen Verstöße gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht und die Pflicht zum treuen Dienen als zentrale Dienstpflichten (BVerwG, Urteil vom 7. Mai 2013 - 2 WD 20.12 - juris Rn. 46).

35

Die Unterstützungsleistungen des Soldaten zeichnen sich zudem sowohl nach Art und Umfang als auch nach ihrer Dauer durch ein besonderes Maß an Intensität aus und dokumentieren damit in der Summe der oben im Einzelnen beschriebenen Handlungen des Soldaten eine erhebliche kriminelle Energie des Teilnehmers an der Tat der Ehefrau. Die Hemmschwelle durch die strafrechtliche Sanktionsdrohung wurde immer wieder über einen längeren Gesamtzeitraum überwunden.

36

Hinzu kommt noch, dass der Soldat, obwohl er nur Teilnehmer an der Haupttat seiner Ehefrau war, ebenso wie die Täterin vom Taterfolg profitierte, was ihm nach eigenen Aussagen in der Berufungshauptverhandlung auch bekannt war. Aus der Beute wurden der laufende Bedarf der Familie gedeckt und einzelne größere Anschaffungen bar bezahlt sowie u.a. auch eine Reise des Soldaten nach Uganda finanziert. Die Bezüge der Eheleute konnten dadurch überwiegend für den Vermögensaufbau der Familie eingesetzt werden, was dem Soldaten ebenso wie seiner Ehefrau zugutekam.

37

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat als Leutnant in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus.

38

Bei der Bestimmung von Eigenart und Schwere des Dienstvergehens ist zwar zugunsten des Soldaten einzubeziehen, dass er sowohl nach seinen eigenen Einlassungen als auch nach den strafgerichtlichen Feststellungen verbal versucht hat, seine Ehefrau von der Tat abzuhalten. Dieser Umstand erlangt jedoch kein die Schwere des Dienstvergehens wesentlich reduzierendes Gewicht, weil der Soldat seinen Worten im Folgenden durch Taten immer wieder widersprochen hat. Zugunsten des Soldaten bleibt allerdings einzustellen, dass er zur vollständigen Begleichung des Schadens mit beigetragen hat.

39

b) Das Dienstvergehen hatte auch erhebliche nachteilige Auswirkungen.

40

Der finanzielle Schaden, an dessen Entstehung der Soldat mitwirkte, war ausnehmend hoch. Auch wenn ihm die konkrete Höhe unbekannt war, so war ihm doch nach eigener Einlassung in der Berufungshauptverhandlung bewusst, dass bei einem gegen eine Bank gerichteten Diebstahl kein geringer Betrag im Raum stehen würde; er sei von etwa 20 000, unter Umständen 50 000 € ausgegangen.

41

Das Dienstvergehen hatte ausweislich der Aussagen der Leumundszeugen in der Berufungshauptverhandlung auch nachteilige Auswirkungen auf die Truppe. So hat Oberfeldarzt S. ausgeführt, noch bis heute bestünden andauernde Vorbehalte von Offizieren anderer Abteilungen dem Soldaten gegenüber. Er könne sich zwar keinen besseren S6-Offizier vorstellen, habe selbst aber Vorbehalte, was die Stellung des Soldaten als Offizier angehe. Auch der frühere Disziplinarvorgesetzte, Oberstarzt U., hat ausgesagt, es hätten Diskussionen im Hintergrund des Offizierskorps stattgefunden. Dem Soldaten wurde zudem als Folge des Dienstvergehens die Sicherheitsstufe entzogen. In Verbindung mit der ebenfalls im Zusammenhang mit dem Dienstvergehen stehenden Versetzung des Soldaten liegen somit weitere nachteilige Folgen vor, die ihm anzulasten sind. Darüber hinaus wurde ausweislich des durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Berichts der ... Presse vom ... an die Öffentlichkeit in einer für die Bundeswehr ansehensschädigenden Weise herangetragen, dass an der Tat ein Soldat beteiligt war. Dass Mitarbeiter der Bank als Folge des Dienststahls verdächtigt wurden, bildet eine weitere dem Soldaten zurechenbare Folge des Dienstvergehens.

42

c) Die Beweggründe des Soldaten sprechen gegen ihn. Da der Soldat von den Folgen des Diebstahls finanziell erheblich profitiert hat, liegt Eigennutz vor. Soweit die Verteidigung eingewandt hat, der Soldat habe seine Ehefrau nicht "ans Messer liefern wollen", verkennt dies, dass dem Soldaten nicht vorgeworfen wird, seine Ehefrau nicht an der Tatbegehung gehindert oder sie nicht angezeigt zu haben. Dass eine anerkennenswerte eheliche Solidarität hinter der unterbliebenen Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden liegt, ändert nichts daran, dass die aktive Förderung der Täterin keine sozialadäquate Form ehelicher Solidarität mehr ist.

43

d) Das Maß der Schuld des Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er durchgehend vorsätzlich gehandelt hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass er zur Tatzeit im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähig gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestand kein Anlass durch ein Sachverständigengutachten einem Hörigkeitsverhältnis im Sinne einer krankhaften Beziehungsabhängigkeit nachzugehen. Der Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung ausgeführt, er habe nicht das Gefühl gehabt, abhängig zu sein. Er habe lediglich Ehefrieden und -harmonie haben wollen und sei deshalb schnell bereit gewesen, auch nachzugeben.

44

Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des Soldaten mindern könnten, liegen nicht vor. Sie wären nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet gewesen wäre, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden könnte (BVerwG, Urteil vom 23. September 2008 - 2 WD 18.07 - Rn. 59 m.w.N.).

45

Von einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat auszugehen verbietet sich bereits wegen des zeitlich gestreckten und vielaktigen Geschehens (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2015 - 2 WD 6.14 - juris Rn. 55 und vom 12. Februar 2015 - 2 WD 2.14 - juris Rn. 44).

46

Die Pflichtverletzungen waren für den Soldaten auch nicht persönlichkeitsfremd, was mildernd in die Maßnahmebemessung einfließen könnte, wenn es allein an anderen Voraussetzungen des anerkannten Milderungsgrundes der einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten fehlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 WD 6.14 - juris Rn. 56). Hierfür ist es nicht ausreichend, dass der Soldat bislang noch keine Straftat begangen hat. Dass die Teilnahme an einem Vermögensdelikt im wirtschaftlichen Eigeninteresse und in Unterstützung der Ehefrau der Persönlichkeitsstruktur des Soldaten in besonderem Maße widersprach, ist hier deshalb nicht feststellbar, weil er sich selbst in der Berufungshauptverhandlung als nachgiebigen, helfenden Menschen charakterisiert hat, der den Wünschen der Ehefrau nach Möglichkeit aus Harmoniebedürfnis nachkam. Diesem Selbstbild des Soldaten korrespondiert auch die Beschreibung des Soldaten als "zu soft" durch den Zeugen U., der damit Zweifel an der Eignung des Soldaten für harte Führungsentscheidungen begründete.

47

Der Soldat befand sich zum Tatzeitpunkt offensichtlich auch nicht in einer wirtschaftlich ausweglosen, sondern in einer finanziell äußerst komfortablen Situation, sodass auch dieser Milderungsgrund nicht vorliegt.

48

e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" spricht für den Soldaten seine Regelbeurteilung aus dem Jahre 2008 mit "5,4", auch wenn er sie seinerzeit im Dienstgrad eines Unteroffiziers m.P. erhielt. Hinzu treten die hervorragenden Beurteilungen in der Folgezeit. Oberfeldarzt S. hat die aktuellen Leistungen des Soldaten mit "7,4 - 7,5", Oberstarzt U. mit "7,9" noch höher bewertet und den Soldaten darüber hinaus der Spitzengruppe der Fachdienst-Offiziere zugeordnet, dem die Empfehlung "bis in die höchsten Laufbahnverwendungen" ausgesprochen werden könne. Ferner wurde dem Soldaten nach Begehung des Dienstvergehens 2013 noch eine Förmliche Anerkennung erteilt. Dem entspricht, dass Oberfeldarzt S. erstinstanzlich ausgesagt hat, der Soldat habe sich auch nach dem Dienstvergehen nicht hängen lassen, er bringe weiterhin ansprechende Leistungen. Der Soldat hat somit seine Leistungen gesteigert, ohne erneut disziplinarisch in Erscheinung zu treten. Eine Nachbewährung liegt deshalb vor (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 WD 10.12 - juris Rn. 48).

49

Zugunsten des Soldaten spricht ferner, dass er Reue bekundet hat, die sich auch in seiner überobligatorischen Wiedergutmachung des mitverschuldeten Schadens ausdrückte.

50

Der Soldat ist ferner weder disziplinarisch noch strafrechtlich vorbelastet, wobei dem deshalb kein großes Gewicht zukommt, weil er hiermit nur die Mindesterwartungen seines Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt, aber keine Leistung erbringt, die ihn aus dem Kreis der Kameraden heraushebt. Zugunsten des Soldaten streitet nicht ein Geständnis. Geständig eingelassen hat er sich seinerzeit erst, nachdem seine Ehefrau die Tat gestanden hatte.

51

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die gem. § 58 Abs. 7 WDO auch im wehrdienstgerichtlichen Verfahren maßgeblichen Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer - gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 WDO zulässigen - Entfernung aus dem Dienstverhältnis erforderlich und angemessen.

52

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat grundsätzlich von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 45 m. w. N.):

53

aaa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Auf der zweiten Stufe prüft er sodann, ob im Einzelfall im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht hinsichtlich des Disziplinarmaßes einen Spielraum eröffnet (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 WD 11.14 - juris Rn. 52 m.w.N.).

54

bbb) Die außerdienstliche Verfehlung eines Soldaten gegen Eigentum und Vermögen Dritter, wie sie vorliegend den Schwerpunkt des Dienstvergehens bildet, wiegt stets nicht leicht. Allerdings lässt sich für die Ahndung außerdienstlicher Eigentums- und Vermögensdelikte eine der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens angemessene Maßnahme nicht generell aufstellen. Da diese Straftaten nach der Art ihrer Ausführung, der kriminellen Intensität, der Schuld des Täters und den Folgen der Tat erheblich variieren können, hat der Senat in solchen Fällen zwar im allgemeinen eine laufbahnhemmende Maßnahme in Form eines Beförderungsverbots zum Ausgangspunkt seiner Zumessungserwägungen genommen, um den Soldaten nachhaltig auf die Pflichtwidrigkeit seiner Handlung hinzuweisen und ihn zu künftigem pflichtgemäßem Verhalten zu erziehen. Während besondere Milderungsgründe im Einzelfall jedoch einerseits eine das dienstliche Fortkommen des Soldaten nicht berührende Maßnahme rechtfertigen können, erfordern gewichtige Erschwernisgründe andererseits eine reinigende Disziplinarmaßnahme. Je nach den Umständen des Falles kann das Fehlverhalten nämlich so erheblich sein, dass der Soldat entweder in seinem Dienstgrad nicht mehr tragbar ist oder sogar aus dem Dienstverhältnis entfernt werden muss (BVerwG, Urteil vom 10. Juni 1997 - 2 WD 51.96 - BVerwGE 113, 95 <97>).

55

Hiernach liegen in der Summe so gewichtige erschwerende Umstände vor, dass sie auch unter Berücksichtigung der für den Soldaten sprechenden Aspekte die Entfernung aus dem Dienstverhältnis fordern, weil das Vertrauen in seine Integrität und Zuverlässigkeit zerstört und der Soldat daher für den Dienstherrn objektiv untragbar geworden ist.

56

Zwar spricht der Umstand, dass der Soldat strafrechtlich nicht Täter (§ 25 StGB) des Eigentumsdelikts zulasten eines Privaten, sondern als Gehilfe (§ 27 StGB) nur Teilnehmer an einer fremden Tat ist, grundsätzlich für ein geringeres Gewicht der Pflichtverletzung und damit für die Annahme eines minderschweren und noch mit einer laufbahnhemmenden Maßnahme angemessen zu sanktionierenden Falles. Allerdings steht hier als Haupttat nicht ein einfacher Diebstahl (§ 242 StGB), sondern ein besonders schwerer Fall des Diebstahls (§ 243 StGB) in Rede, dessen höhere Sanktionsdrohung Ausdruck des im Vergleich zum einfachen Diebstahl höheren Gewichts des Unrechts ist. Die Teilnahme des Soldaten an diesem Delikt zeichnet sich wie oben ausgeführt durch eine besondere Intensität der die Beihilfe begründenden Handlungen und ein eigenes, dem der Täterin gleiches Interesse am Taterfolg aus. Der Umfang seiner Teilnahme erreicht damit zwar noch nicht das Gewicht eines täterschaftlichen Handelns, kommt diesem aber gleichwohl nahe, sodass bereits unter Berücksichtigung dieser Aspekte eine Dienstgradherabsetzung geboten wäre. Rechnung zu tragen ist aber auch dem besonders hohen Schaden, der der Sparkasse entstanden ist. Einen erschwerenden Umstand von hohem, die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigenden Gewicht nimmt der Senat bereits bei einer Schadenshöhe im fünfstelligen Bereich an (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 2 WD 16.12 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 43 Rn. 75). Hier liegt der Schaden im sechsstelligen Bereich. Hinzu tritt außerdem auch noch das Gewicht der im Missbrauch dienstlicher Anlagen als Versteck der Beute liegende Verstoß gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht. Dass der Soldat hiermit über einen langen Zeitraum den besonderen Schutz dienstlicher Anlagen der Bundeswehr zur Sicherung der Beute aus einer Straftat ausnutzte, fällt gravierend zu seinen Lasten ins Gewicht. Bereits unter Berücksichtigung dieser Aspekte haben die erschwerenden Umstände ein so erhebliches Gewicht, dass die Verhängung der Höchstmaßnahme tat- und schuldangemessen ist. Mildernde Umstände müssten ein besonderes Gewicht erreichen, um hiervon absehen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2013 - 2 WD 15.11 - juris Rn. 43 m.w.N.)

57

Dies ist hier auch unter Berücksichtigung der glaubhaft bekundeten Reue und Einsicht, Nachbewährung und der sich aus den Leistungen des Soldaten ergebenden, für ihn sprechenden Aspekte nicht der Fall. Denn die persönliche Integrität eines Soldaten steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, sodass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen (BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris Rn. 51 m.w.N), auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können (BVerwG, Urteil vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - juris Rn. 73).

58

Gegen den vollständigen Verlust des Vertrauens in den Soldaten spricht auch nicht, dass der Soldat nicht vorläufig des Dienstes enthoben war und der Zeuge U. bekundet hat, er würde mit dem Soldaten wieder gern zusammen arbeiten. Die Beantwortung der Frage nach der fortbestehenden Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten hängt nicht entscheidend von den Erwägungen und Entscheidungen der jeweiligen Einleitungsbehörde oder der Einschätzung der unmittelbaren Vorgesetzten ab. Ob das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und persönliche Integrität des betroffenen Soldaten erschüttert oder gar zerstört ist, ist nach einem objektiven Maßstab, also aus der Perspektive eines objektiv und vorurteilsfrei den Sachverhalt betrachtenden Dritten zu prüfen und zu bewerten. Da aus den genannten Gründen objektiv die Vertrauensgrundlage zerstört wurde, kommt es nicht darauf an, ob und warum konkrete Vorgesetzte eine Grundlage für einen weiteren Einsatz des Soldaten sahen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2014 - 2 WD 7.13 - juris Rn. 64 m.w.N.).

59

Auch die weitgehend sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des Soldaten verbietet nicht, gegen ihn die Höchstmaßnahme zu verhängen. Dies folgt aus dem Rückschluss der Regelungen in § 16 Abs. 1 WDO und § 17 Abs. 2 bis 4 WDO. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen - wie bereits dargelegt - unterschiedliche Zwecke (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 WD 33.11 - juris Rn. 74 m.w.N.).

60

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 2 WDO.

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf das Vorliegen von Verfahrensfehlern (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Der 1964 geborene Beklagte steht als Amtsinspektor (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) im Dienst der Klägerin. Von 2006 bis 2010 war er in der Deutschen Botschaft in ... als Sachbearbeiter für Dienstkraftfahrzeugangelegenheiten sowie als Vertreter des Zahlstellenleiters tätig. Im Jahr 2009 nutzte der Beklagte seine Befugnisse dazu, durch Schecks übermittelte Geldbeträge, die dem Budget der Botschaft als Einnahmen hätten zugehen müssen und sein Sachgebiet der Dienstkraftfahrzeuge betrafen, nicht in das Buchungssystem der Botschaft einzutragen, sondern sich durch Einreichung von auf seinen Namen lautenden Schecks auf sein privates Konto umzuleiten. Wegen dieses Sachverhalts verurteilte das Amtsgericht den Beklagten im Dezember 2011 durch Strafbefehl wegen Untreue in drei besonders schweren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten. Hintergrund der Veruntreuung war, dass sich der Beklagte durch hochspekulative Börsengeschäfte verschuldet hatte. Die der Botschaft vorenthaltenen Beträge nutzte er, um auf seinem Kreditkartenkonto ein Guthaben für den Lebensunterhalt seiner Familie zu erhalten. Die auf das Gehaltskonto eingehenden Zahlungen verwendete der Beklagte weiterhin für den Handel mit Wertpapieren.

3

Nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens im Mai 2011 stellte der Beklagte den Handel mit Wertpapieren ein, ließ bei seiner Bank die Termingeschäftsfähigkeit widerrufen, suchte die psycho-soziale Beratungsstelle des Auswärtigen Amtes auf und zahlte im November 2011 den veruntreuten Betrag in Höhe von 11 077,30 € an die Klägerin zurück. Nach Beteiligung des Personalrats hat die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Zurückstufung des Beklagten erhoben. Der Beklagte habe durch sein Fehlverhalten das Vertrauen in seine Integrität erheblich erschüttert. Es könne jedoch von einer günstigen Zukunftsprognose ausgegangen werden, weil der Beklagte den Spekulationstrieb überwunden habe. Die Unterstützung durch seine Familie spreche für die Annahme, dass er die durch Börsenspekulationen geprägte negative Lebensphase überwunden habe.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten durch Urteil aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Das innerdienstlich begangene Dienstvergehen des Beklagten erfordere nach Maßgabe des § 13 BDG seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das Zugriffsdelikt des Beklagten indiziere, weil die Schwelle der Geringfügigkeit von 50 € um ein Vielfaches überschritten sei, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens könne nicht angenommen werden, dass beim Beklagten im Zeitraum der Taten die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Zwar sei der Beklagte spielsüchtig gewesen. Suchtarten wie Alkohol-, Drogen- oder Spielsucht stünden einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB nur gleich, wenn sie entweder zu schwerwiegenden psychischen Persönlichkeitsveränderungen geführt hätten, der Betroffene Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen oder die Tat im akuten Rausch begangen habe. Dies sei nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters auszuschließen. Sonstige "anerkannte" Milderungsgründe lägen nicht vor. Die darüber hinausgehende Würdigung aller bemessungsrelevanten, auch positiven Gesichtspunkte falle wegen des planmäßigen Vorgehens des Beklagten, des dreimaligen Zugriffs sowie der Höhe des Schadens zu seinen Lasten aus. Hinsichtlich der Frage, ob der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG verloren habe, sei eine objektive Bewertung durch das Gericht geboten. Bekundungen des Vertrauens durch Geschädigte, Behördenleiter oder Kollegen oder die, wie hier, milde Haltung des Dienstvorgesetzten seien nicht ausschlaggebend.

6

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

7

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

8

a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zum einen in den Fragen,

"ob die Annahme einer negativen Lebensphase erfordert, dass der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn durch Leistungsminderungen auffällt"

und

"ob das Vorliegen einer überwundenen negativen Lebensphase regelmäßig zum Absehen von der indizierten Höchstmaßnahme führen kann, wenn bei einem Zugriffsdelikt tatsächliche Anknüpfungspunkte für eine positive Persönlichkeitsprognose vorliegen."

9

Diese Fragen vermögen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie einerseits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, ohne dass insoweit erneuter Klärungsbedarf dargelegt wird, und sie andererseits die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 BDG im konkreten Einzelfall betreffen, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

10

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt der - gesetzlich nicht bestimmte, sondern lediglich in der gerichtlichen Praxis entwickelte - Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ außergewöhnliche Verhältnisse voraus, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt "aus der Bahn geworfen" haben. Die mildernde Berücksichtigung liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. Dies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin "aus der Bahn" geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220 f.>, vom 23. August 1988 - 1 D 136.87 - NJW 1989, 851, vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17 Rn. 39, vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - NVwZ 2013, 1087 Rn. 40 f. und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:101215U2C6.14.0] NVwZ 2016, 722 Rn. 36; Beschlüsse vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:091014B2B60.14.0] Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 32 und vom 22. März 2016 - 2 B 43.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:220316B2B43.15.0 Rn. 11 f.).

11

Danach muss es sich um eine persönlich besonders belastende Situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Wenn aber das Verhalten des Beamten zum Tatzeitpunkt in keiner Hinsicht auffällig gewesen ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beamte sei aufgrund von außergewöhnlichen Umständen "zeitweilig aus der Bahn geworfen".

12

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte zum Tatzeitpunkt in der Lage, seinen dienstlichen Pflichten nachzukommen. Zwar gab es vereinzelt Vorhaltungen seiner Vorgesetzten, in der dienstlichen Beurteilung wurde seine Tätigkeit für den fraglichen Zeitraum aber als überdurchschnittlich bewertet. Seine finanziellen Schwierigkeiten konnte der Beklagte nach seinen Angaben vor seiner Familie verborgen halten; sein Familienleben wies keine ungewöhnlichen Vorkommnisse auf.

13

Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe führen teilweise zu einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 37 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 26 für den Milderungsgrund der tätigen Reue durch Offenbarung des Fehlverhaltens oder durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung). Für den Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“, der hier nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bereits nicht vorliegt, gilt die regelhafte Herabstufung der angemessenen Disziplinarmaßnahme dagegen nicht (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 7 ff.). Vielmehr ist eine solch negative Lebensphase während des Tatzeitraums je nach den Umständen des Einzelfalls als mildernder Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 13 BDG zu berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 40). Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 BDG betrifft aber die Umstände des konkreten Einzelfalls und ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

14

b) Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam sieht die Beschwerde auch die Frage an,

"ob die Disziplinargerichte an einen ausdrücklichen oder konkludenten Antrag in der Disziplinarklage gebunden und dementsprechend gehindert sind, eine schwerere als die beantragte Disziplinarmaßnahme zu verhängen."

15

Diese Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen, weil sie bereits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Oberverwaltungsgerichts dahingehend geklärt ist, dass das Gericht, entgegen § 88 VwGO, nicht an den Antrag des klagenden Dienstherrn gebunden ist.

16

Nach § 34 Abs. 1 BDG ist gegen einen Beamten Disziplinarklage zu erheben, wenn gegen ihn auf Zurückstufung, auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden soll. Die Vorschrift bringt die Notwendigkeit der Erhebung der Disziplinarklage als Abschlussentscheidung des Dienstherrn zum Ausdruck, wenn dieser als disziplinarische Maßnahme eine Zurückstufung oder die Höchstmaßnahme für erforderlich hält. Dass die Einschätzung des Dienstherrn hinsichtlich des Verhaltens des betroffenen Beamten insoweit maßgeblich ist, zeigt sich auch daran, dass der Dienstherr die Disziplinarklage, wie sich unmittelbar aus § 61 Abs. 1 BDG ergibt, auch zurücknehmen kann.

17

Andererseits ergibt sich aus dem Gesetz auch unmittelbar, dass die Disziplinarbefugnis des Gerichts, soweit Disziplinarklage erhoben und diese nicht wieder zurückgenommen worden ist, unbeschränkt und insbesondere nicht an Anträge des Dienstherrn gebunden ist. Dies hat zur Folge, dass die Vorschrift des § 88 VwGO im gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht über die Verweisungsnorm des § 3 BDG anzuwenden ist. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG kann das Gericht in dem Urteil auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme erkennen oder die Disziplinarklage abweisen; die Vorschrift des § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG gilt nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und § 70 Abs. 1 BDG auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG ist es bei einer Disziplinarklage Sache der Verwaltungsgerichte, die angemessene Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 BDG zu bestimmen. Dabei sind die Gerichte weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255>, vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 11 und vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 18).

18

Wegen dieser fehlenden Bindung der Disziplinargerichte an die Vorgaben und Wertungen des die Klage erhebenden Dienstherrn muss die Klageschrift auch keinen Sachantrag enthalten (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26 und vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - Schütz, BeamtR, ES/B II 1.1. Nr. 26 Rn. 32). Dies folgt unmittelbar aus § 52 Abs. 1 BDG, der die formalen Anforderungen an eine Disziplinarklage regelt. Anders als in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist die Formulierung eines bestimmten Antrags in § 52 Abs. 1 BDG nicht einmal als Soll-Vorschrift vorgesehen.

19

3. Die vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behaupteten Verfahrensmängel (§ 69 BDG und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

20

a) Einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz sieht die Beschwerde des Beklagten darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des Milderungsgrundes der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ einige die damalige Lebenssituation des Beklagten prägende Umstände zu dessen Nachteil nicht berücksichtigt habe. Der Vorwurf des Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist unbegründet.

21

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr; vgl. BVerwG; Beschlüsse vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - [ECLI:DE:BVerwG:091014B2B60.14.0] Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 41). Im Hinblick auf die in der Beschwerdebegründung genannten Umstände wird das Berufungsurteil diesen Anforderungen gerecht.

22

Der hier in Rede stehende Milderungsgrund, der ohnehin nicht zu einer regelmäßigen Reduzierung der angemessenen Disziplinarmaßnahme um eine Stufe führt, setzt außergewöhnliche Verhältnisse voraus, die den Beamten "aus der Bahn werfen". Dies ist auch in Ansehung des in der Beschwerdebegründung genannten Umstands des massiven Verlangens nach Börsenspekulationen, die den Beklagten in seiner Freizeit zum permanenten Spielen veranlasst haben, nicht gegeben. Denn der Beklagte konnte seinen Dienst - überdurchschnittlich bewertet - verrichten; sein Familienleben wies keinerlei ungewöhnliche Vorkommnisse auf. Gegen die Annahme einer solch ungewöhnlichen Lebenssituation aufgrund der Sucht nach Börsengeschäften spricht auch deren Überwindung. Denn das Oberverwaltungsgericht hat bei der Gesamtwürdigung aller Umstände im Sinne von § 13 BDG festgestellt, dass der Beklagte seine Spielsucht ohne weitere Therapie durch bloßen eigenen Willensentschluss überwinden konnte.

23

b) Entgegen der Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht auch nicht dadurch gegen § 88 VwGO verstoßen, dass es ebenso wie das Verwaltungsgericht über den Antrag der Klägerin in der Disziplinarklage hinausgegangen ist und die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen hat. Wie dargelegt, sind die Disziplinargerichte bei der ihnen nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG obliegenden Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.

Tatbestand

1

Der 43 Jahre alte Soldat absolvierte nach dem qualifizierten Sekundar-Abschluss I erfolgreich eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Im Juni 1988 bewarb er sich für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr und wurde im Februar 1989 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Im Oktober 1997 wurde ihm die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Seine Dienstzeit endet regulär mit Ablauf des März 2024. Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt im März 2004 zum Hauptfeldwebel.

2

Nach der Wahrnehmung verschiedener Dienstposten bei Einheiten in K. und L. wurde der Soldat zum Juli 1997 zum ... in Kö. und zum Oktober 2006 zur ... in Le. versetzt. Zum Dezember 2009 folgte die Versetzung zum Kraftfahrausbildungszentrum Le., wo der Soldat seither als Militärkraftfahrlehrerfeldwebel Rad eingesetzt wird. Neben zahlreichen Kommandierungen zu Lehrgängen und einigen Kommandierungen zu Dienstleistungen im Inland war der Soldat von Januar bis August 2004 und von Dezember 2006 bis Juni 2007 zur Dienstleistung zum Einsatzverband ISAF in Kabul kommandiert.

3

Die letzte planmäßige Beurteilung vom 10. Juli 2008 bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnitt mit "5,57".

Hauptfeldwebel ... sei ein Soldat, der alle ihm übertragenen Aufgaben unter Zurückstellung persönlicher Belange sehr eigenständig und mit einer weit überdurchschnittlichen Einsatzbereitschaft und einem überragend hohen Maß an persönlicher und familiärer Belastbarkeit wahrnehme. Dabei zeige er als Mitarbeiter der Abteilung III und als Ermittler in der ..., dass er sein Handwerk verstehe, die an ihn gestellten Erwartungen hinsichtlich Fachkenntnissen, praktischem Können sowie Planung und Organisation nicht nur erfülle, sondern überwiegend sogar übertreffe. Teamfähigkeit, Gesprächsbereitschaft und die Fähigkeit, mit Vorgesetzten wie Gleichgestellten gut und konstruktiv zusammen zu arbeiten, seien außergewöhnlich und in besonderer Weise bemerkenswert. So erziele er in allen Aufgabengebieten Ergebnisse, die nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ die Erwartungen ständig überträfen. Bei den Auslandseinsätzen zeige er sich in besonderem Maße engagiert, einsatzbereit und belastbar: Nach einem 6-monatigen Auslandseinsatz im Jahr 2004 habe er sich für 2007 erneut zu einem ISAF-Einsatz gemeldet und sei nach Ausfall eines Kameraden schnell und freiwillig bereit gewesen, seinen Einsatz im Dezember 2006 zwei Monate früher zu beginnen und um diesen Zeitraum zu verlängern. Auch bei diesem Einsatz habe er seine Fähigkeiten tatkräftig und absolut verlässlich bewiesen. Extreme Klimaverhältnisse und die Trennung von der Familie habe er ohne erkennbare Einschränkungen ertragen. Auch über den Dienst hinaus sei anerkannt worden, dass er einen beeindruckenden Leistungswillen zeige, hervorragende Leistungen erbracht habe und damit für alle Kameraden ein Beispiel in Haltung und Pflichterfüllung gewesen sei.

Im Persönlichkeitsprofil war die funktionale Kompetenz als "stärker ausgeprägt" und "bestimmendes Merkmal" bewertet worden, während die geistige und die soziale Kompetenz als "ausgeprägt" und die konzeptionelle Kompetenz als "weniger ausgeprägt" gesehen wurden.

Hauptfeldwebel ... sei ein einsatzfreudiger, hoch motivierter und leistungswilliger Soldat, der sich ohne Einschränkungen aktuellen beruflichen Herausforderungen stelle. Er überzeuge durch seine effektive Teamarbeit, sein loyales Verhalten und seine verlässliche Zuarbeit. Er verfüge über ein breites fachliches Wissen, das er auch lagegerecht erfolgreich anwenden könne. Seine uneingeschränkte Einsatzbereitschaft und uneigennützige Hilfsbereitschaft gegenüber Kameraden und Vorgesetzten machten ihn zu einem beliebten und allseits geschätzten Mitarbeiter. Er sei körperlich uneingeschränkt, voll belastbar und sportlich leistungsfähig. Aktuell bereite er sich für seinen nächsten freiwilligen Auslandseinsatz in Afghanistan Anfang 2009 vor. Er verfüge über ein noch nicht voll ausgeschöpftes Potenzial. Er könne noch weitere Erfahrungen sammeln und sei auch noch steigerungsfähig. Bisher beweise er sein Potenzial für die Förderung bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive. Eine Steigerung in Richtung des Spitzendienstgrades Oberstabsfeldwebel sei vorstellbar, bisher aber noch nicht erkennbar. Aus persönlicher und familiärer Sicht erscheine eine weitere Verwendung als Ermittler in Le. angeraten. Zu einem späteren Zeitpunkt sei eine Nutzung seiner Fähigkeiten in der Gruppe ... der Abteilung III vorstellbar.

Der beurteilende Vorgesetzte sah ihn für Verwendungen mit besonderer Spezialisierung "besonders gut geeignet" und für Stabsverwendungen "geeignet".

4

Der nächsthöhere Vorgesetzte äußerte keine Zweifel an der zutreffenden Beschreibung des Eignungs- und Leistungsbildes des Soldaten durch den Beurteilenden. Er sah eine Entwicklungsprognose bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive.

5

Die Sonderbeurteilung vom 9. Dezember 2011 bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnitt mit "5,66".

Im Persönlichkeitsprofil wurde seine funktionale Kompetenz als "stärker ausgeprägt" und "bestimmendes Merkmal" gewertet. Gleichfalls "stärker ausgeprägt" sei die Kompetenz in Menschenführung, während die geistige und die konzeptionelle Kompetenz "ausgeprägt", die soziale Kompetenz "weniger ausgeprägt" seien.

Hauptfeldwebel ... sei ein ruhiger, korrekt arbeitender, gereifter Militärkraftfahrlehrerfeldwebel, der seine Aufgabe lebe und ein sehr gutes Berufsverständnis in seiner täglichen Arbeit dokumentiere. Er richte sich stets an den soldatischen Pflichten aus und übernehme bereitwillig selbstständig Verantwortung. Seine Sportnachweise müsse er noch nachbringen. Er habe eine gute Allgemeinbildung und ein anwendungsbereites Fachwissen. Lernwilligkeit und -fähigkeit habe er sehr deutlich unter Beweis gestellt, vor allem im Fahrschul- und Verwaltungsbereich. Neuem gegenüber sei er sehr aufgeschlossen. Er sei umfassend in der Lage, die Eignungsvoraussetzungen der Fahrschüler zu erkennen und pädagogisch richtig auf seine Unterstellten einzuwirken, um diese zum Lehrgangsziel zu führen. Durch seine offene und direkte Art gelinge es ihm schnell, das Vertrauen seiner Unterstellten zu gewinnen und diese zum Mitdenken und Mithandeln zu motivieren. Er sei ruhig und sachlich im Umgang und geduldig in der fachlichen Ausbildung. Für Kameraden sei er ein kompetenter und verlässlicher Ansprechpartner. Mit Dialogfähigkeit und Verhandlungsgeschick löse er Konfliktsituationen und stelle eine spannungsfreie Zusammenarbeit sicher. Die Persönlichkeit seiner Unterstellten achtend und auf ihre Vorstellungen, Wünsche und Erwartungen eingehend, gelinge es ihm, diese in seine Ausbildungsgruppe zu integrieren. Er erziehe seine Unterstellten zur tatkräftigen Mitarbeit, um eine wirkungsvolle Auftragserfüllung sicherzustellen. Bei Problemen könne er Handlungsalternativen aufzeigen und zielgerichtet umsetzen.

Der beurteilende Vorgesetzte hielt ihn für Lehrverwendungen für "besonders gut geeignet", und für Führungs- und Stabsverwendungen für "gut geeignet".

6

In der Berufungshauptverhandlung führte sein früherer Disziplinarvorgesetzter Oberstleutnant ... aus, die Leistungen des Soldaten seien immer überdurchschnittlich gewesen. Nach seiner Einschätzung sei der Soldat 2006 auf dem Weg zum Spitzendienstgrad seiner Laufbahn gewesen. Umsicht und Mut des Soldaten im Auslandseinsatz seien besonders hervorzuheben. Die Trennung von der zweiten Ehefrau sei der Grund für das Stolpern im Lebensweg gewesen. In seinen privaten Angelegenheiten lege der Soldat eine gewisse Blauäugigkeit an den Tag und wolle manches nicht wahrhaben. Die dritte Ehefrau sei aber eine starke Persönlichkeit, die den Soldaten lenkend und führend unterstütze.

7

Der frühere Disziplinarvorgesetzte Hauptmann a.D. ... beschrieb den Soldaten als korrekt auftretend. Nach der Aktivierung seines Fahrlehrerscheins habe er in diesem Bereich gute Arbeit geleistet, die keinen Anlass zu Korrekturen geboten habe. Er ordne ihn im Mittelfeld der Fahrlehrer ein. Von privaten Problemen habe er erst in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht erfahren.

8

Der gegenwärtige Disziplinarvorgesetzte Oberleutnant H. bestätigte, dass der Soldat gute Ausbildungsergebnisse als Fahrlehrer erziele. Der Soldat sei anpassungsfähig und unscheinbar. Er erledige, was ihm übertragen werde, nicht weniger, aber auch nicht mehr. An einen Berufssoldaten hätte er persönlich aber höhere Anforderungen bezüglich der Einstellung zum Dienst. Eine gewisse Blauäugigkeit und Probleme bei der Übernahme von Verantwortung für sein eigenes Verhalten habe er auch bemerkt.

9

Der Soldat ist Träger u.a. des Leistungsabzeichens in Gold und der ISAF-Einsatzmedaille in Silber.

10

Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 14. September 2012 verweist auf drei Förmliche Anerkennungen aus den Jahren 1995, 2007 und 2008 und eine Verurteilung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Betruges.

11

Die Auskunft aus dem Zentralregister vom 10. September 2012 enthält die Eintragung des seit dem 6. Mai 2011 rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Le. vom 28. April 2011. In diesem wurde gegen den Soldaten wegen gewerbsmäßigen Betruges in 23 Fällen eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verhängt. Das Urteil betrifft die Vorfälle, die Gegenstand des vorliegenden gerichtlichen Disziplinarverfahrens sind.

12

Der Soldat ist in dritter Ehe verheiratet und hat aus zweiter Ehe zwei Kinder und ein weiteres Kind mit seiner dritten Ehefrau.

13

Nach der Auskunft der Wehrbereichsverwaltung West vom 17. September 2012 erhielt er im Oktober 2012 Bezüge in Höhe von 3 354, 60 € brutto. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge, von Pfändungen in Höhe von 1 619,42 € und von Aufrechnungen in Höhe von 150 € wurden ihm tatsächlich 838 € netto ausgezahlt. In der Berufungshauptverhandlung ergänzte der Soldat, das Haus in F. sei zwischenzeitlich zwangsversteigert. Die Restschulden aus diesem Hauskauf beliefen sich noch auf ca. 105 000 €. Eine Tilgung erfolge im Moment nicht. Die hohen Pfändungsbeträge gingen auf seine geschiedene Ehefrau zurück, die angeblich rückständigen Kindesunterhalt in Höhe von etwa 10 000 € geltend mache. Für seine Kinder leiste er Unterhalt. Das gehe noch von den 838 € ab. Er zahle zur Zeit 695 € Miete, werde aber im nächsten Monat umziehen. Dann betrage der Mietzins 540 €. Seine Ehefrau verdiene etwa 1 900 € netto im Monat. Er beabsichtige, ein Privatinsolvenzverfahren einzuleiten, sobald seine Rechtsanwältin in zwei Monaten aus dem Ausland zurückkehre. Die Sozialberatung der Bundeswehr oder eine Schuldnerberatung habe er nicht aufgesucht.

14

1. Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist nach Anhörung des Soldaten mit Verfügung des Befehlshabers des Wehrbereichskommandos III vom 3. Juni 2010 eingeleitet worden. Der Anhörung der Vertrauensperson hat der Soldat widersprochen.

15

Nachdem der Soldat am 8. Juli 2010 die Gelegenheit zum Schlussgehör bei der Wehrdisziplinaranwaltschaft in E. wahrgenommen hatte, modifizierte der Wehrdisziplinaranwalt die Vorwürfe und beauftragte den Disziplinarvorgesetzten des Soldaten mit Schreiben vom 12. Juli 2010, diesen zu den in der Anlage zum Schreiben übersandten modifizierten Vorwürfen erneut unter Belehrung über das Aussageverweigerungsrecht und das Recht auf Verteidigerkonsultation zu hören. Sollte der Soldat noch einmal ein Schlussgehör in E. wünschen, bitte er den Disziplinarvorgesetzten um Nachricht.

16

Daraufhin führte der Disziplinarvorgesetzte am 13. Juli 2010 eine Vernehmung durch, in der er dem Soldaten nach Belehrung über das Aussageverweigerungsrecht und das Recht auf Verteidigerkonsultation Gelegenheit gab, zu den modifizierten Vorwürfen der Wehrdisziplinaranwaltschaft Stellung zu nehmen. Der Soldat erklärte in dieser Vernehmung, er verzichte auf die Anhörung der Vertrauensperson und auf eine Befragung eines Verteidigers. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entsprächen den Tatsachen und er habe dem nichts hinzuzufügen. Der Widerspruch gegen die Anhörung der Vertrauensperson wurde zudem formularmäßig erneut erklärt.

17

Mit Anschuldigungsschrift vom 22. Juli 2010 hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft daraufhin dem Soldaten ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 7, 13 Abs. 1, 17 Abs. 2 Satz 1 SG unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SG zur Last gelegt.

18

Die 7. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat den vor dem Truppendienstgericht nicht durch einen Rechtsanwalt verteidigten Soldaten mit Urteil vom 4. Oktober 2011 wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt.

19

Auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers werde angesichts der geständigen Einlassungen verzichtet. Die Bestellung könnte zu unbilligen Folgen für den Soldaten führen. Er solle nicht in Kosten getrieben werden, die seine angespannte wirtschaftliche Lage verschärfen würden.

20

Das Zutreffen der Vorwürfe der Anschuldigungsschrift in tatsächlicher Hinsicht ergebe sich aus dem sachgleichen Strafurteil, das die Tat wie folgt beschreibe:

"Der Angeklagte war im Oktober 2005 von Kö. nach Le. versetzt worden und trennungsgeldberechtigt.

Am 01.09.2007 verlegte er seinen Wohnort im Sinne der Trennungsgeldverordnung in die ... ... in ... Le. und gab seinen ursprünglichen Heimatwohnort in ... F., ... auf.

Dennoch beantragte er ab 28.09.2007 bis zum 27.11.2008 sowie rückwirkend für Dezember 2008 nachträglich noch einmal am 26.06.2009 beim ... in Kö. Trennungsgeld und Reisebeihilfen in einem Umfang von insgesamt 9.672,68 EUR und in der Zeit vom 04.05.2009 bis zum 28.10.2009 Trennungsgeld, Mietzuschuss und Reisebeihilfen beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum ... in einer Höhe von insgesamt 6.865,03 EUR, obwohl er wusste, dass er darauf keinen Anspruch hatte.

Die dazu erforderlichen Anträge fertigte er in der ...-Kaserne in Le. aus, unterzeichnete sie unter der Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit und legte sie auf dem Postwege dem ... in Kö. bzw. dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum in ... vor, wo die jeweiligen Bediensteten - getäuscht über die Richtigkeit der Angaben - die beantragten Beträge zur Zahlung anwiesen.

Im Einzelnen stellt er folgende Anträge:

1. am 28.09.2007 über einen Betrag von 592,86 EUR,

2. am 29.10.2007 über einen Betrag von 599,70 EUR,

3. am 28.11.2007 über einen Betrag von 586,02 EUR,

4. am 07.01.2008 über einen Betrag von 599,70 EUR,

5. am 29.01.2008 über einen Betrag von 599,70 EUR,

6. am 27.02.2008 über ein Betrag von 586,02 EUR,

7. am 31.03.2008 über einen Betrag von 599,70 EUR,

8. am 25.04.2008 über einen Betrag von 579,18 EUR,

9. am 29.05.2008 über einen Betrag von 586,02 EUR,

10. am 01.07.2008 über einen Betrag von 812,86 EUR,

11. am 04.08.2008 über einen Betrag von 599,70 EUR,

12. am 29.08.2008 über einen Betrag von 562,50 EUR,

13. am 29.09.2008 über einen Betrag von 592,86 EUR,

14. am 27.10.2008 über einen Betrag von 599,70 EUR,

15. am 27.11.2008 über einen Betrag von 592,86 EUR,

16. am 04.05.2009 über einen Betrag von 979,70 EUR,

17. am 08.06.2009 über einen Betrag von 265,90 EUR,

18. am 26.06.2009 über einen Betrag von 580,30 EUR,

19. am 27.07.2009 über einen Betrag von 687,24 EUR,

20. am 30.07.2009 über einen Betrag von 637,24 EUR,

21. am 26.08.2009 über einen Betrag von 637,25 EUR,

22. am 01.10.2009 über einen Betrag von 1.059,04 EUR,

23. am 28.10.2009 über einen Betrag von 936,66 EUR,

wodurch er sich insgesamt zu Unrecht 16.537,71 EUR verschaffte.

Der Angeklagte beging die Taten, um sich in dieser Zeit von September 2007 bis Oktober 2009 ein zusätzliches Einkommen für seinen Lebensunterhalt zu sichern, indem er sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft hat."

21

An diese Feststellungen sei die Kammer nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO gebunden. Ein einzelner Zahlendreher in der Angabe des Betrages unter der laufenden Nummer 12 und eine Ungenauigkeit in der Unterscheidung zwischen einer Kommandierung und der Versetzung begründeten keine Zweifel, die einen Lösungsbeschluss nötig machen würden.

22

Ergänzend gehe die Kammer von Folgendem aus: Bis Oktober 2005 sei der Soldat beim ... in Kö. beschäftigt gewesen und habe ein 1999 erworbenes Eigenheim in F. bis zum Auszug seiner Ehefrau und der Töchter im August 2005 gemeinsam mit diesen bewohnt. Im August 2005 sei der Soldat von der Abteilung Truppendienstliche Aufgaben/Verwaltung des ... schriftlich darauf hingewiesen worden, dass er Änderungen in seinen Wohnverhältnissen schriftlich anzuzeigen habe. In seiner Versetzungsverfügung nach Le. sei ihm keine Umzugskostenvergütung zugesagt worden. Nach der Versetzung habe er eine Wohnung in Le. angemietet und dies dem ... angezeigt. In Le. habe er zum September 2007 seinen einzigen Wohnsitz angemeldet. Zur Trennungsgeldakte sei eine Mitteilung des Personaloffiziers des Feldjägerbataillons ... über seine Wohnanschrift in Le. gelangt. Gleichwohl habe der Soldat in der Folgezeit für 2007 ca. 2 380 € und für 2008 ca. 7 290 € Trennungsgeld bezogen. Diesen Zahlungen lägen entsprechende Forderungsnachweise des Soldaten und Anträge auf Gewährung von Reisebeihilfen für Reisen von Le. nach F. zugrunde, bei denen er jeweils die Richtigkeit seiner Angaben bestätigt habe. In der Folge seiner Kommandierung zum Feldjägerbataillon ... in Le. ab Januar 2009 habe der Soldat durch entsprechende Forderungsnachweise und Anträge beim Bundeswehrdienstleistungszentrum ... weitere Zahlungen von ca. 6 870 € erlangt. Aus einer vom Soldaten eingereichten Bescheinigung über seine erneute Eheschließung im August 2009 und der Beantwortung einer Anfrage des Bundeswehrdienstleistungszentrums beim ehemaligen Vermieter des Soldaten hätten sich Unstimmigkeiten mit den Angaben aus seinen Anträgen ergeben. Drei weitere, am 26. November 2009 unterschriebene Anträge für November und Dezember 2009 seien daher nicht bearbeitet worden. Ein Rückforderungsbescheid des Bundeswehrdienstleistungszentrums vom Mai 2010 über eine Gesamtforderung von ca. 6 870 € sei bestandskräftig geworden. Dem Soldaten sei die Möglichkeit der Ratenzahlung eingeräumt worden. Bestandskräftig sei auch ein Rückforderungsbescheid des ... vom September 2010 über ca. 9 670 € geworden. Auch dort sei Ratenzahlung gewährt worden.

23

Der Soldat habe damit vorsätzlich ein Dienstvergehen begangen. Er habe gegen die Pflichten verstoßen, treu zu dienen (§ 7 SG), in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 SG) und sich so zu verhalten, dass er der Achtung und dem Vertrauen, die sein Dienst als Soldat fordere, gerecht werde (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG).

24

Die Schädigung bzw. Gefährdung des Vermögens des Dienstherrn durch einen schweren Vertrauensbruch würden eine empfindliche disziplinare Reaktion fordern. Die Bereicherung zum Nachteil des Dienstherrn sei höchst verwerflich. Die Bundeswehr sei auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Soldaten beim Umgang mit öffentlichem Geld angewiesen. Erfülle ein Soldat diese Erwartungen nicht, störe er das Vertrauensverhältnis nachhaltig und begründe ernsthafte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, Integrität und Treuebereitschaft. Mit der Pflicht zum treuen Dienen sei eine zentrale Pflicht von hoher Bedeutung verletzt. Nach der Ausbildung des Soldaten und seiner herausgehobenen Vorgesetztenstellung sei von ihm Rechtstreue zu erwarten. Stattdessen habe er sich von einer außergewöhnlichen Bereicherungsabsicht leiten lassen. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen im Dienst habe funktionalen Bezug zur Erfüllung der Aufgaben der Streitkräfte und ihre Verletzung sei daher nicht unbeachtlich. Das Fehlverhalten offenbare Labilität und eine problematische Persönlichkeitsstruktur des Soldaten und belaste das innerdienstliche Vertrauensverhältnis zumal unter Berücksichtigung seiner Funktion als Militärkraftfahrlehrer. Belastend sei, dass der Soldat durch die unzutreffende Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben die Wahrheitspflicht verletzt habe, die im militärischen Bereich hohe Bedeutung habe. Das Fehlverhalten erstrecke sich über mehr als zwei Jahre und habe zu einem Gesamtschaden von über 15 000 € geführt. Um eine Augenblickstat habe es sich wegen der Vielzahl der Tatentschlüsse nicht gehandelt. Auf ein Handeln in einer unverschuldeten, nicht anders behebbaren wirtschaftlichen Notlage könne sich der Soldat nicht berufen. Er habe allerdings nicht aus rücksichtslosem Gewinnstreben oder zur Befriedigung von Luxusbedürfnissen gehandelt, sondern seine Schulden aus Scheidung und Hausbau mindern wollen. Die Kammer halte dem Soldaten seine Einsicht und das Geständnis zugute, die auch zu einer Wiedergutmachung des Schadens durch Ratenzahlungen geführt hätten. Der Soldat lasse sich nicht von taktischen Verzögerungsüberlegungen leiten. Die Dienstgradherabsetzung zum Feldwebel sei aber unumgänglich. Der Soldat habe vorsätzlich wiederholt und mit einer gewissen Dreistigkeit den Dienstherrn geschädigt, auch wenn seine Vorgehensweise insgesamt stümperhaft gewesen sei. Ein gewisses Mitverschulden militärischer Dienststellen liege vor. Von einer Entfernung habe die Kammer wegen des günstigen Persönlichkeitsbildes des Soldaten abgesehen. Diese Einschätzung werde dadurch bestätigt, dass es nach Bekanntwerden der Vorfälle nicht zu einer Wegversetzung oder -kommandierung gekommen sei. Negative Auswirkungen auf den Dienstbetrieb habe das Vergehen nicht gehabt. Die Vorgesetzten des Soldaten hätten das Vertrauen in ihn nicht gänzlich verloren. Das Verbleiben des Soldaten an seiner Dienststelle sei ein Milderungsgrund. Der Soldat habe seine dienstliche Einsatzfreude nicht verloren. Durch die dritte Ehe sei eine charakterliche Stabilisierung eingetreten und es bahne sich eine geläuterte Lebensphase an. Die Gesamtbetrachtung rechtfertige die Belassung des Soldaten im Dienst, mache allerdings die Herabsetzung in den niedrigsten Feldwebeldienstgrad nötig, um einer Bagatellisierung derartiger Fehlverhalten und dem Eindruck vorzubeugen, es lohne sich, den Dienstherrn zu betrügen.

25

2. Gegen das ihr am 13. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft am 10. November 2011 zu Ungunsten des Soldaten beschränkt auf die Bemessung der Maßnahme Berufung eingelegt.

26

Es handele sich um ein schweres Vermögensdelikt, das die disziplinarische Höchstmaßnahme fordere. Wegen des Gesamtschadens von 16 537, 71 € wiege das Dienstvergehen ungemein schwer. In schweren Fällen müsse anstelle der Dienstgradherabsetzung auf die Entfernung aus dem Dienstverhältnis erkannt werden. Das Vorgehen sei von erheblicher krimineller Energie über einen längeren Zeitraum geprägt. Generalpräventive Gründe würden eine schärfere Maßnahme fordern. Milderungsgründe seien zum Teil unzutreffend stark zugunsten des Soldaten gewürdigt und zum Teil unzutreffend angenommen worden. Der Schaden in seiner konkreten Höhe sei zwar durch ein gewisses Mitverschulden militärischer Dienststellen verursacht worden. Dies ändere aber nichts am Handlungsunrecht des Soldaten. Es entlaste den Soldaten nicht, dass das Geld nicht für Luxusaufwendungen, sondern für den allgemeinen Lebensunterhalt verwendet worden sei. Die Weiterverwendung des Soldaten als Militärkraftfahrlehrer sei kein Milderungsgrund, sondern bemessungsneutral. Die Wiedergutmachung des Schadens im Wege der Ratenzahlung könne nicht zum Absehen von der Entfernung führen. Der Soldat habe nicht freiwillig, sondern aufgrund bestandskräftiger Bescheide gezahlt, und nicht vor Tatentdeckung den Schaden wieder gut gemacht. Die Zahlungen würden nur einen Teil des Schadens ausgleichen. Das Geständnis sei erst erfolgt, als die Tat im Wesentlichen aufgeklärt gewesen sei, und rechtfertige ein Absehen von der Entfernung daher nicht. Für den Umstand, dass der Soldat sich nicht von taktischen Verzögerungsüberlegungen habe leiten lassen, gelte nichts anderes.

27

Mit Beschluss vom 8. Mai 2012 ist dem Soldaten für das Berufungsverfahren ein Verteidiger bestellt worden.

Entscheidungsgründe

28

Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.

29

Das von der Wehrdisziplinaranwaltschaft eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt eingelegt worden. Der Senat hat daher seiner Entscheidung gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts zugrunde zu legen. Da das Rechtsmittel zuungunsten des Soldaten durch die Wehrdisziplinaranwaltschaft eingelegt wurde, ist der Senat nicht an das Verschlechterungsverbot (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 StPO) gebunden.

30

1. Das Truppendienstgericht ist zu der Feststellung gelangt, dass dem Soldaten auf der Grundlage von 23 Anträgen auf Trennungsgeld, Mietzuschüsse und Reisekostenbeihilfe aus dem Zeitraum September 2007 bis Oktober 2009 ein Betrag von 16 537, 71 € vom Dienstherrn ausgezahlt wurde, obwohl er wegen der Aufgabe des Familienwohnsitzes in F. im September 2007 hierzu nicht mehr berechtigt war. Dies wusste er nach den Feststellungen des Truppendienstgerichts auch und gab gleichwohl den unzutreffenden Familienwohnsitz unter Versicherung der Richtigkeit der Angaben wahrheitswidrig in den Antragsformularen an. Weiter habe er am 26. November 2009 drei Anträge auf Trennungsgeld bzw. Reisebeihilfe gestellt, die nicht mehr bearbeitet worden seien. Hierin erkennt die Vorinstanz eine vorsätzliche Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 SG, der Wahrheitspflicht des § 13 Abs. 1 SG und der Wohlverhaltenspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 SG.

31

Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend. Ob die Tat- und Schuldfeststellungen vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt.

32

2. Einer Entscheidung des Senats in der Sache stehen Verfahrenshindernisse oder Verfahrensmängel nicht entgegen.

33

Von der Beschränkung der Berufung unberührt bleiben die Prüfung der Prozessvoraussetzungen und möglicher Verfahrenshindernisse (Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 116 Rn. 20). Verfahrensmängel werden bei einer beschränkten Berufung zwar regelmäßig gegenstandslos, soweit sie nicht das gesamte disziplinargerichtliche Verfahren oder den gerichtlichen Verfahrensabschnitt unzulässig machen (so Urteil vom 4. Mai 1988 - BVerwG 2 WD 64.87 - S. 10 des Urteilsabdrucks). Beachtlich sind allerdings Aufklärungs- und Verfahrensmängel von solcher Schwere, dass sie die Grundlage der vom Senat zu treffenden Entscheidung über die Maßnahmebemessung - die tatsächlichen und disziplinarrechtlichen Feststellungen zur Schuld des Soldaten - erschüttern (vgl. Beschlüsse vom 19. August 2009 - BVerwG 2 WD 31.08 - Buchholz 450.2 § 121 WDO 2002 Nr. 1 Rn. 12, 17 - und vom 24. März 2010 - BVerwG 2 WD 10.09 - juris Rn. 12, 15, 17).

34

a) Der Senat sieht trotz der in der Vorinstanz unterbliebenen Pflichtverteidigerbestellung von einer Aufhebung und Zurückverweisung nach § 121 Abs. 2 WDO ab.

35

aa) Die unterlassene Pflichtverteidigerbestellung begründet zwar einen schweren Verfahrensfehler.

36

Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 WDO bestellt der Vorsitzende der Truppendienstkammer dem Soldaten, der noch keinen Verteidiger gewählt hat, auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn die Mitwirkung eines solchen geboten erscheint. Ob die Mitwirkung eines Verteidigers geboten ist, beurteilt sich nach der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage (Beschluss vom 7. November 2007 - BVerwG 2 WD 1.07 - BVerwGE 130, 12 <14> Rn. 17 m.w.N.). Von einer hinreichenden Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Verhängung der Höchstmaßnahme wahrscheinlich ist (vgl. Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 90 Rn. 13). Dies wäre der Fall, wenn nach den angeschuldigten Pflichtverletzungen die Höchstmaßnahme Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist (Beschluss vom 21. Dezember 2011 - BVerwG 2 WD 26.10). Wenn eine Dienstgradherabsetzung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist, ist die Pflichtverteidigerbestellung jedenfalls dann geboten, wenn das Gewicht der Pflichtverletzung erschwerende Gesichtspunkte von erheblichem Gewicht, insbesondere (zumindest zum Teil) einschlägige Vorbelastungen, hinzukommen (vgl. Urteil vom 19. Januar 2012 - BVerwG 2 WD 5.11 - NZWehrr 2012, 210 <212>).

37

Hiernach hätte schon deshalb auch in der Vorinstanz ein Pflichtverteidiger bestellt werden müssen, weil die Wehrdisziplinaranwaltschaft die Entfernung aus dem Dienstverhältnis beantragt und dies auch angekündigt hatte. Die Verhängung der Höchstmaßnahme stand zudem nach dem Akteninhalt im Raum. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist für Reisekosten- und Trennungsgeldbetrug zwar grundsätzlich die Degradierung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. z.B. Urteil vom 27. August 2003 - BVerwG 2 WD 5.03 - BVerwGE 119, 1 ff. = juris Rn. 6 bis 8). Allerdings sind die hohe Zahl der Zugriffsakte und die sehr hohe Schadenssumme erschwerende Gesichtspunkte, die auf der zweiten Stufe der Zumessungserwägungen als Grund für die Annahme eines besonderen schweren Falles mit der möglichen Folge der Verhängung der Höchstmaßnahme diskutiert werden müssen. Dass der Soldat sich geständig eingelassen hat und wegen der finanziellen Folgen die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht wünscht, ist kein ausreichender Grund, von der Bestellung abzusehen. Dass die Bestellung eines Pflichtverteidigers wegen der hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Verhängung der Höchstmaßnahme geboten ist, ist nicht durch die Schwierigkeit der Sachverhaltsaufklärung begründet. Auf juristischen Beistand ist der Soldat vor diesem Hintergrund angewiesen, weil er zur Wahrung seiner Interessen rechtliche Bewertungen und Tatsachen vortragen müsste, deren Relevanz er ohne Übersicht über die nach der Rechtslage insbesondere im Lichte der Rechtsprechung des Senats relevanten Milderungsgründe nicht ohne Weiteres selbst erkennen kann. Da dem Soldaten die höchstmögliche Maßnahme droht, besteht in besonderer Weise die Notwendigkeit, ihm den juristischen Sachverstand beizuordnen, über den die durch Volljuristen vertretene Wehrdisziplinaranwaltschaft auch verfügt, damit insoweit "Waffengleichheit" besteht. Der beschränkte finanzielle Spielraum des Soldaten rechtfertigt es nicht, ihm eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende wirksame Verteidigung vorzuenthalten. In diesem Fall sieht die Rechtsordnung über die Möglichkeiten der Stundung oder der Ratenzahlung andere Hilfen vor (vgl. Beschluss vom 10. März 2009 - BVerwG 2 WDB 2.09 - Buchholz 450.2 § 90 WDO 2002 Nr. 1 = juris Rn. 5).

38

bb) Jedoch hat der Senat nach § 121 Abs. 2 WDO bei Vorliegen eines schweren Verfahrensfehlers das Ermessen, ob er zur nochmaligen Verhandlung an die Vorinstanz zurückverweist oder in der Sache selbst entscheidet. Er gibt dem gegen eine Zurückverweisung sprechenden Beschleunigungsgebot des § 17 Abs. 1 WDO dann Vorrang, wenn sich - wie hier - die unterbliebene Pflichtverteidigung in der Vorinstanz nicht auf die Möglichkeit des Soldaten zu sachgerechter Verteidigung ausgewirkt hat. Dies ist bei einer maßnahmebeschränkten Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft zuungunsten des Soldaten der Fall, wenn auch ein bereits in der Vorinstanz bestellter Pflichtverteidiger keine Möglichkeit gehabt hätte, auf Schuldfeststellungen hinzuwirken, die sich im Hinblick auf die Bemessungsentscheidung für den Soldaten günstiger auswirken würden als die von der Vorinstanz getroffenen Schuldfeststellungen. Da der Soldat nämlich in der Berufungsinstanz einen Pflichtverteidiger hat und damit über die rechtliche Kompetenz verfügt, gegebenenfalls auf die Feststellung von für die Bemessung relevanten zusätzlichen Tatsachen und ihre angemessene Berücksichtigung bei der Bemessung hinzuwirken, kann sich das Unterlassen der Vorinstanz nur insofern auswirken, als der Senat wegen der Beschränkung der Berufung zu eigenen Überprüfungen nicht mehr in der Lage und an tatsächliche und Schuldfeststellungen der Vorinstanz gebunden ist.

39

Hier ist zu berücksichtigen, dass die den Schluss auf das Dienstvergehen tragenden tatsächlichen Feststellungen auf nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindende Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zurückgehen. Im konkreten Fall ist für die Notwendigkeit eines Lösungsbeschlusses nach § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO weder etwas ersichtlich noch durch den im Berufungsverfahren bestellten Pflichtverteidiger vorgetragen worden. Der Soldat hat vielmehr auch im Berufungsverfahren und damit anwaltlich beraten die ihm vorgeworfenen Handlungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt, sich vielmehr darauf berufen, dass sein frühzeitiges umfassendes Geständnis das Verfahren der Ermittlungsbehörde wesentlich erleichtert habe, was zu seinen Gunsten mildernd zu berücksichtigen sei. Dass der Soldat durch 23 Einzeltaten über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren im Wege eines gewerbsmäßigen Betruges zulasten seines Dienstherrn einen Schaden von über 15 000 € verursacht hat, ist mithin eine tatsächliche Feststellung, die auch ein bereits in der Vorinstanz bestellter Pflichtverteidiger seiner Verteidigungsstrategie hätte zugrunde legen müssen. Die rechtliche Würdigung dieses Sachverhaltes durch das Truppendienstgericht als Verletzung der Pflichten aus §§ 7, 13 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Satz 1 SG ist zutreffend. Daher hätte auch ein schon in der Vorinstanz bestellter Pflichtverteidiger keine Möglichkeit gehabt, durch den Hinweis auf Rechtsfehler eine für den Soldaten günstigere Schuldfeststellung in rechtlicher Hinsicht zu erreichen.

40

Damit kann im konkreten Fall ausgeschlossen werden, dass ein in der Vorinstanz bestellter Pflichtverteidiger auf für den Soldaten bei der Bemessung der Maßnahme günstigere Schuldfeststellungen hätte hinwirken können. Da die bemessungsrelevanten Erwägungen vom Senat vollumfänglich überprüft werden müssen und dem im Berufungsverfahren bestellten Pflichtverteidiger deshalb kein Vortrag durch die den Senat bindenden Feststellungen der Vorinstanz abgeschnitten ist, ist die unterbliebene Pflichtverteidigerbestellung hier für den Ausgang des Verfahrens nicht erheblich.

41

Etwas anders folgt auch nicht daraus, dass im gerichtlichen Disziplinarverfahren zusätzlich zum Gegenstand des Strafverfahrens drei versuchte Betrugstaten angeschuldigt worden sind. Denn auch insoweit hat der Soldat die Vorwürfe in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt. Die Feststellung eines vorsätzlichen Dienstvergehens in der Form einer Verletzung der § 23 Abs. 1, §§ 7, 13 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Satz 1 SG hängt nicht an den im Versuchsstadium stecken gebliebenen Pflichtverletzungen. Diese sind zudem für die Bemessung irrelevant, da die verhängte Maßnahme - wie noch auszuführen ist - schon durch die den Gegenstand des Strafverfahrens bildenden Pflichtverletzungen getragen wird.

42

b) Eine Entscheidung nach § 121 Abs. 2 WDO ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 97 Abs. 3 WDO geboten. Denn dem Sinn und Zweck dieser Norm wurde genügt, auch wenn die durch den Disziplinarvorgesetzten am 13. Juli 2010 zu den modifizierten Vorwürfen der Wehrdisziplinaranwaltschaft durchgeführte Vernehmung nicht ausdrücklich als Schlussgehör bezeichnet war und der Soldat nicht danach gefragt wurde, ob er hierzu nochmals durch den Wehrdisziplinaranwalt in E. angehört werden wolle. Damit fehlt es insofern bereits an einem schweren Verfahrensfehler.

43

Die in § 97 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. WDO zwingend vorgesehene Gewährung des Schlussgehörs dient der Sicherstellung eines fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Soldat unmittelbar vor der abschließenden Ermessensentscheidung der Einleitungsbehörde, die entweder zur Verfahrenseinstellung (§ 98 Abs. 2 WDO) oder zur Anschuldigung (§ 99 Abs. 1 Satz 1 WDO) führt, zu dem ihm bekannt zu gebenden wesentlichen Ermittlungsergebnis abschließend Stellung nehmen und dabei auch alles das vorbringen kann, wozu er bisher wegen der andauernden Ermittlungen noch nichts sagen konnte oder aus taktischen Erwägungen nichts sagen wollte. Damit und mit dem daran anknüpfenden Recht, weitere Ermittlungen zu beantragen (§ 97 Abs. 3 Satz 2 WDO), soll der Soldat auf die nachfolgende Entscheidung der Einleitungsbehörde effektiv Einfluss nehmen können. Das stellt eine Ausprägung des Grundsatzes dar, dass der Soldat nicht zum bloßen Objekt des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gemacht werden darf (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2011 - BVerwG 2 WD 26.10 - juris Rn. 27, 29).

44

Aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der in der Niederschrift ausdrücklich als "Schlussgehör eines beschuldigten Soldaten gemäß § 97 Abs. 3 WDO" bezeichneten Anhörung am 8. Juli 2010 und der Vernehmung vom 13. Juli 2010 konnte der Soldat bereits entnehmen, dass die Ermittlungen vor dem Abschluss standen und die Entscheidung der Einleitungsbehörde über die Einreichung der Anschuldigungsschrift unmittelbar bevorstand. Dass zu "modifizierten Vorwürfen der Wehrdisziplinaranwaltschaft" angehört wurde, verknüpft diese Anhörung zusätzlich mit der vorangegangenen Anhörung, deren Gegenstand die unmodifizierten Vorwürfe waren. Wenn ein Soldat dann - wie hier - auf jeden neuen Vortrag verzichtet, vielmehr ausdrücklich angibt, er "habe dem nichts hinzuzufügen", hat er objektiv und auch aus der Sicht eines juristischen Laien keinen Anlass zu glauben, die bereits unmittelbar vor dem Abschluss stehenden Ermittlungen würden nun neu aufgenommen werden und er würde eine weitere Gelegenheit erhalten, ergänzende Ermittlungen zu beantragen. Dass es zu weiteren Ermittlungen zu diesem Zeitpunkt keinen Anlass gab, wird dadurch bestätigt, dass der Soldat in der Berufungshauptverhandlung auf Nachfrage ausführte, bei einer erneuten Ladung nach E. hätte er dem Wehrdisziplinaranwalt nur nochmals seine Reue deutlich gemacht. Dem Soldaten wurde vor diesem Hintergrund durch den konkreten Ablauf dieses Verfahrens keine Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Entscheidung der Einleitungsbehörde abgeschnitten. Unrechtseinsicht und Reue hatte er bereits zuvor deutlich gemacht. Dies hat auch Niederschlag in der Anschuldigungsschrift gefunden, die ausführt, der Soldat habe gestanden und sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, und seine Erleichterung darüber, dass nun alles vorbei, "sprich aufgeflogen sei" ebenso referiert wie seinen Willen zur Wiedergutmachung, sodass kein zu seinen Gunsten sprechender Vortrag bei der Entscheidung über die Einreichung der Anschuldigungsschrift übergangen wurde. Eine Schlussanhörung kann auch durch den Disziplinarvorgesetzten erfolgen (vgl. Dau, WDO, 5. Aufl. 2009 § 97 Rn. 13). Dies ist jedenfalls dann unproblematisch, wenn der Wehrdisziplinaranwalt sich bereits in einer persönlichen Anhörung ein Bild von dem Soldaten gemacht hat.

45

3. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr", vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N. = juris Rn. 23). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen. Hiernach ist die Verhängung der Höchstmaßnahme geboten.

46

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt die Verfehlung sehr schwer.

47

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sind vor allem durch die Verletzungen der dienstlichen Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) gekennzeichnet (vgl. dazu insb. Urteil vom 31. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 4.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 6 = juris Rn. 23). Ein Soldat, der gegenüber Vorgesetzten und Dienststellen der Bundeswehr in dienstlichen Angelegenheiten unwahre Erklärungen abgibt, büßt hierdurch allgemein seine Glaubwürdigkeit ein. Die Bedeutung der Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) kommt schon darin zum Ausdruck, dass diese - anders als z.B. bei Beamten - für Soldaten gesetzlich ausdrücklich geregelt ist. Eine militärische Einheit kann nicht ordnungsgemäß geführt werden, wenn sich die Führung und die Vorgesetzten nicht auf die Richtigkeit abgegebener Meldungen, Erklärungen und Aussagen Untergebener verlassen können. Denn auf ihrer Grundlage müssen im Frieden und erst recht im Einsatzfall gegebenenfalls Entschlüsse von erheblicher Tragweite gefasst werden (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - m.w.N. § 38 wdo 2002 nr. 26>). Wer als Soldat in dienstlichen Äußerungen und Erklärungen vorsätzlich unrichtige Angaben macht, lässt unmissverständlich erkennen, dass seine Bereitschaft zur Erfüllung der Wahrheitspflicht nicht im gebotenen Umfang vorhanden ist. Eine solche Dienstpflichtverletzung und die daraus folgende Beschädigung seiner persönlichen Integrität haben damit erhebliche Bedeutung für die militärische Verwendungsfähigkeit des Soldaten (vgl. dazu Urteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 WD 7.08 - m.w.N. § 38 wdo 2002 nr. 29).

Gewicht verleiht dem Dienstvergehen nicht zuletzt die Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG). Sie gehört zu den zentralen Pflichten eines Soldaten. Ihre Verletzung ist in der Regel schon deshalb von erheblicher Bedeutung. Der besondere Unrechtsgehalt des Dienstvergehens ergibt sich auch daraus, dass der frühere Soldat gegen seine Pflicht zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, vor allem der Beachtung der Strafgesetze, in erheblichem Umfang verstoßen und kriminelles Unrecht begangen hat; er ist auch entsprechend rechtskräftig verurteilt worden.

49

Aber auch die Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) wiegt schwer. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (stRspr, z.B. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 27 m.w.N. und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 29). Dies war hier der Fall.

50

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden hier des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Hauptfeldwebel in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteile vom 25. Juni 2009 a.a.O. m.w.N., vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 28 und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 30).

51

Bestimmend für Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sind schließlich auch die weiteren Tatumstände: Hier fallen die hohe Zahl der Einzelakte und die sehr hohe Gesamtschadenssumme ins Gewicht.

52

b) Das Dienstvergehen hatte wegen des eingetretenen Vermögensschadens gravierende nachteilige Auswirkungen für den Dienstherrn.

53

c) Die Beweggründe des Soldaten sind durch finanziellen Eigennutz geprägt und sprechen gegen ihn.

54

d) Das Maß der Schuld wird durch das vorsätzliche Handeln des voll schuldfähigen Soldaten bestimmt.

55

Auf Milderungsgründe in den Umständen der Tat (vgl. z.B. Urteil vom 23. September 2008 - BVerwG 2 WD 18.07 - m.w.N.) kann sich der Soldat nicht berufen.

56

Er hat insbesondere nicht in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage gehandelt, die nicht anders zu beheben war. Dieser Milderungsgrund setzt eine Konfliktsituation voraus, in der der Soldat keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf Vermögen des Dienstherrn sieht, um den Notbedarf der Familie zu decken, und ist daher nur auf zeitlich begrenztes Fehlverhalten anwendbar. Eine solche Situation liegt dann nicht mehr vor, wenn dies über einen längeren Zeitraum in dem Sinne geschieht, dass eine weitere Einkunftsquelle verwertet wird (Urteil vom 15. März 2012 - BVerwG 2 WD 9.11 - juris Rn. 20 m.w.N.). Bei 23 Einzeltaten über etwa zwei Jahre kann man nicht mehr von zeitlich begrenztem Fehlverhalten sprechen.

57

Angesichts der Vielzahl der Einzelpflichtverletzungen handelt es sich auch nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten.

58

Auf den Milderungsgrund eines Mitverschuldens von Vorgesetzten in der Form einer mangelhaften Dienstaufsicht kann sich der Soldat ebenfalls nicht berufen. Dieser Milderungsgrund steht einem Soldaten nur dann zur Seite, wenn er der Dienstaufsicht bedarf, z.B. in einer Überforderungssituation, die ein hilfreiches Eingreifen des Vorgesetzten erforderlich macht (vgl. z.B. Urteile vom 13. März 2003 - BVerwG 1 WD 4.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 2 = juris Rn. 16 und vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 37). Hieran fehlt es, da der vorsätzlich handelnde Soldat wusste, dass er keinen Anspruch auf die beantragten Gelder mehr hatte. Dass er dann aber nicht fortlaufend Anträge stellen, Geld entgegennehmen und für sich verbrauchen kann, hat er auch ohne hilfreiches Eingreifen eines Vorgesetzten erkannt.

59

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass es möglich gewesen wäre, den Betrug eher zu erkennen und für die Zukunft zu unterbinden. Dass es einem Betrüger leicht gemacht wird, zum Erfolg zu kommen, begründet keine Besonderheit, die ein normgemäßes Verhalten von ihm nicht mehr erwarten lässt. Dieser Umstand mindert nicht die Schuld, die der Soldat durch das fortgesetzte Handeln und den fortwährend verfolgten, finanziellen Eigennutz auf Kosten des Dienstherrn an den Tag legt.

60

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass Vorgesetzten die persönlichen und finanziellen Probleme des Soldaten bekannt waren. Vorgesetzte müssen nicht davon ausgehen, dass ein Soldat einer derartigen Lage durch die Begehung von Straftaten abhilft. Ihnen ist daher auch nicht vorwerfbar, dass sie wegen erheblicher persönlicher Probleme unerlässliche Kontrollmaßnahmen pflichtwidrig unterlassen hätten (vgl. Urteil vom 27. Januar 2004 - BVerwG 2 WD 2.04 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 52 = juris LS 3 und Rn. 16).

61

Der Milderungsgrund des freiwilligen Offenbarens des Fehlverhaltens bzw. der freiwilligen Wiedergutmachung des Schadens (Urteil vom 9. März 1995 - BVerwG 2 WD 1.95 - BVerwGE 103, 217 <218> m.w.N.) greift ebenfalls nicht ein. Freiwillig ist die Offenbarung eines Fehlverhaltens oder die Wiedergutmachung eines Schadens nur, wenn sie ohne äußeren oder inneren zwingenden Anlass erfolgt und wenn das Verhalten des Soldaten erkennbar von Einsicht oder Reue bestimmt ist, sodass deswegen das an sich zerstörte Vertrauen des Dienstherrn in die Zuverlässigkeit und Treuebereitschaft des Soldaten wiederhergestellt werden kann (objektiv nachträgliche Prognose). Hier hat der Soldat erst nach der Entdeckung seines Fehlverhaltens gestanden und in Kenntnis des Umstandes, dass über Urkunden nicht nur der objektive Betrugstatbestand, sondern auch schwerwiegende Indizien für den subjektiven Betrugstatbestand nachweisbar waren. Damit hat er unter dem Druck vorliegender Beweise und nicht mehr freiwillig gehandelt. Den Schaden macht er aufgrund bestandskräftiger Rückforderungsbescheide mithin ebenfalls nicht freiwillig wieder gut.

62

e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen die durch die vorliegenden Beurteilungen, die Angaben der Leumundszeugen und die förmlichen Anerkennungen ausgewiesenen Leistungen der Vergangenheit für den Soldaten.

63

Von einer Nachbewährung geht der Senat aber nicht aus. Die Leumundszeugen K. und H. haben erläutert, dass der Soldat auch nach den Vorfällen gute Leistungen als Fahrlehrer erbracht hatte. Dem Soldaten ist zugute zu halten, dass er sich nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit als Fahrlehrer nach einem längeren Einsatz auf anderem Gebiet große Mühe gab, an sein hohes Leistungsniveau wieder anzuknüpfen und in diesem Bemühen auch Erfolg hatte. Allerdings ist es zu einer wesentlichen Leistungssteigerung nicht gekommen.

64

Für ihn sprechen das Geständnis und die Unrechtseinsicht, die überzeugend in der Bereitschaft, den Schaden wieder gut zu machen, zum Ausdruck kommt. Für den Soldaten spricht weiter, dass er - abgesehen von dem hier gegenständlichen Vorfall - strafrechtlich und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, auch wenn diesem Umstand kein hohes Gewicht zukommt, da er hiermit nur die Mindesterwartungen des Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt und keine besondere, ihn aus dem Kameradenkreis heraushebende Leistung erbracht hat.

65

f) Nach einer Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts die Verhängung der Höchstmaßnahme, die Entfernung aus dem Dienstverhältnis nach § 58 Abs. 1 Nr. 5 WDO, erforderlich.

66

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - juris Rn. 35 ff.) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

67

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Der Senat zieht in ständiger Rechtsprechung bei vorsätzlicher versuchter oder vollendeter Schädigung des Dienstherrn bzw. Gefährdung des Vermögens des Dienstherrn durch einen Reisekosten- bzw. Trennungsgeldbetrug als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine Dienstgradherabsetzung in Betracht (vgl. Urteile vom 27. August 2003 - BVerwG 2 WD 5.03 - BVerwGE 119, 1 ff. = juris Rn. 6 bis 8 sowie vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 = juris Rn. 50 jeweils m.w.N.). Hiervon ist auch vorliegend auszugehen.

68

bb) Auf der zweiten Stufe ist dann zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt oder in einem besonders wichtigen Pflichtbereich versagt hat. Bei den Auswirkungen des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zumessungskriteriums "Maß der Schuld" hat der Senat neben der Schuldform und der Schuldfähigkeit das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den Tatumständen in Betracht zu ziehen.

69

Hier bewegt sich der Umfang des eingetretenen Schadens in einem fünfstelligen Eurobereich. Er ist damit besonders hoch. Hinzu kommt, dass bei einer - strafrechtlich als gewerbsmäßig gewürdigten - über etwa zwei Jahre regelmäßig wiederholten Handlung von einer erheblichen kriminellen Energie ausgegangen werden muss. Wer sich auf diese Weise fortlaufend über die finanziellen Interessen des Dienstherrn aus Eigennutz hinwegsetzt, offenbart damit erhebliche Charaktermängel. Jedenfalls die Kombination eines besonders hohen Schadens und eines fortgesetzten Handelns über einen längeren Zeitraum rechtfertigt die Annahme, dass das Vertrauen in die persönliche Integrität und dienstliche Zuverlässigkeit eines Soldaten objektiv nicht nur schwer beschädigt, sondern zerstört ist. Damit ist die Annahme eines besonders schweren Falles mit der Folge der Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt.

70

Die für den Soldaten sprechenden Aspekte erreichen demgegenüber kein ausreichendes Gewicht, um bei der Gesamtabwägung noch vom Fortbestehen eines Restes an Vertrauen in den Soldaten zu sprechen.

71

Dies gilt namentlich für die guten Leistungen der Vergangenheit (Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 11.10 - juris Rn. 40 unter Hinweis auf das Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 51 m.w.N). Von der Höchstmaßnahme ist nicht deshalb abzugehen, weil ein Soldat weit überdurchschnittliche Leistungen aufweist, er fachlich gleichsam unentbehrlich erscheint und auch nach dem Dienstvergehen außergewöhnliche Leistungen erbringt. Die persönliche Integrität eines Soldaten steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, sodass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen, auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können. Wenn dies schon für herausragende Spitzenleistungen gilt, gilt es erst recht für die hier nur nachgewiesenen konstant guten Leistungen. Es würde auch für eine - hier allerdings schon faktisch nicht nachgewiesene - Nachbewährung gelten. Ist das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, besteht für eine Nachbewährung kein Raum mehr.

72

Unrechtseinsicht und Reue des Soldaten sind auch nicht geeignet, das einmal zerstörte Vertrauen wieder zum Entstehen zu bringen, weil sie erst nach der Entdeckung der Tat und vor dem Hintergrund der vorliegenden Beweismittel bekundet wurden und deshalb - wie ausgeführt - nicht das Gewicht von Milderungsgründen in den Umständen der Tat erreichen. Dasselbe gilt für die Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens, die auf der Grundlage bestandskräftiger Rückforderungsbescheide erfolgt.

73

Gegen den vollständigen Vertrauensverlust spricht auch nicht der Umstand, dass der Soldat nicht vorläufig des Dienstes enthoben oder wegversetzt worden ist. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung hängt die Beantwortung der Frage nach der erforderlichen fortbestehenden Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten nicht entscheidend von den Erwägungen und Entscheidungen der jeweiligen Einleitungsbehörde oder der Einschätzung der unmittelbaren Vorgesetzten ab. Ob das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und persönliche Integrität des betroffenen Soldaten erschüttert oder gar zerstört ist, ist nach einem objektiven Maßstab, also aus der Perspektive eines objektiv und vorurteilsfrei den Sachverhalt betrachtenden Dritten zu prüfen und zu bewerten (Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 WD 25.04 - NZWehrr 2007, 28 <31> = juris Rn. 20 und vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 WD 43.09 - NZWehrr 2012, 122 <125> = juris Rn. 48). Da hier aus den genannten Gründen objektiv die Vertrauensgrundlage zerstört wurde, kommt es nicht darauf an, ob und warum konkrete Vorgesetzte eine Grundlage für einen weiteren Einsatz des Soldaten sahen.

74

Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen der Verhängung der Höchstmaßnahme entgegen.

Die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme ist auch nicht mit Rücksicht auf die sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des Soldaten geboten. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder ihn aus dem Dienstverhältnis entfernt bzw. die sonst gebotene Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris, m.w.N. und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 51).

75

Da die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft erfolgreich ist, sind die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WDO dem Soldaten aufzuerlegen. Es besteht kein Anlass, ihn aus Billigkeitsgründen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WDO) ganz oder teilweise davon oder von den ihm in dem Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen (§ 140 Abs. 3 Satz 3 WDO) zu entlasten.

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.