Mit der vorliegenden Disziplinarklage erstrebt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG).
Dem Beklagten wird vorgeworfen, als Mitarbeiter in der Schulleitung mit Zugriffsberechtigung auf schulische Konten und später als stellvertretender Schulleiter mehrfach schulische Gelder veruntreut zu haben.
I.
Der am … 1953 geborene, verheiratete Beklagte besuchte von 1963 bis 1973 das Gymnasium in … und schloss dieses erfolgreich mit dem Abitur (Durchschnittsnote 2,7) ab. Nach dem Studium der Sportwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften an der Universität … legte er 1979 das 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien (Gesamtnote 2,67) und nach Ableistung seines Referendariats in … am 10. Februar 1982 das 2. Staatsexamen (Gesamtnote 2,04) ab. Seit 1982 war der Beklagte am …-Gymnasium in … tätig. Er unterrichtete die Fächer Wirtschaft, Recht und Sport. Zum 1. Juni 1994 wurde der Beklagte zum Oberstudienrat befördert. Mit Wirkung vom 1. August 2004 wurde der Beklagte zum Mitarbeiter in der Schulleitung am …-Gymnasium bestellt. Zum 13. Dezember 2007 wurde der Beklagte zum Studiendirektor ernannt. Mit Wirkung vom 1. Februar 2012 wurde er ständiger Vertreter der Schulleitung des …-Gymnasiums in … Zum 1. Januar 2013 wurde ihm das Amt eines Studiendirektors der BesGr. A 15 mit Amtszulage verliehen.
Der Beklagte erzielte zuletzt folgende dienstlichen Beurteilungen: 2006: Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt 2010: Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt 2014: Die Beurteilung wurde aufgrund des anhängigen Disziplinarverfahrens zurückgestellt.
Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 1. Juni 2016 wurde der Beklagte mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben. Zudem wurde die Einbehaltung von 50 v.H. seiner monatlichen Dienstbezüge angeordnet.
Mit Urteil des Amtsgerichts … vom 10. Oktober 2016 - … wurde der Beklagte wegen Untreue in 11 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten und 2 Wochen verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurde dem Beklagten im Bewährungsbeschluss auferlegt, binnen 9 Monaten 240 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Aufgrund Rechtsmittelverzichts wurde das Urteil am selben Tag rechtskräftig.
Im Übrigen ist der Beklagte bisher weder disziplinarisch noch strafrechtlich in Erscheinung getreten.
II.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 informierte die damalige Schulleiterin des … - Gymnasiums, Frau …, die Landesanwaltschaft Bayern über den Verdacht des Vorliegen eines Dienstvergehens und bat um Einleitung eines Disziplinarverfahrens als zuständige Disziplinarbehörde gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 4, Art. 35 Abs. 2 Satz 2 BayDG i.V.m. § 5 Nr. 2 ZustV-BayDG (jetzt: § 31 ZustV). Mit Schreiben vom 21. November 2014 und 25. November 2014 reichte die Schulleiterin weitere Unterlagen nach. Mit Verfügung vom 3. Dezember 2014 leitete die Landesanwaltschaft Bayern ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. In dem genannten Schreiben wurden dem Beklagten Unregelmäßigkeiten bei der Führung der schulischen Konten vorgeworfen.
Mit weiterem Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 3. Dezember 2014 wurde der Beklagte über die Einleitung des Disziplinarverfahrens in Kenntnis gesetzt. Er wurde darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder auch nicht zur Sache auszusagen. Zudem könne er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands bedienen. Der Beklagte wurde zudem darauf hingewiesen, dass er die Mitwirkung des Personalrats beantragen könne.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 bat die Landesanwaltschaft Bayern die Staatsanwaltschaft …, die dem Beklagten vorgeworfenen Unregelmäßigkeiten strafrechtlich zu bewerten.
Die Bevollmächtigten des Beklagten gaben mit Schreiben vom 29. Januar 2015 gegenüber der Disziplinarbehörde eine Stellungnahme ab, in welcher u.a. auf die erfolgte Wiedergutmachung des Schadens durch den Beklagten hingewiesen wurde.
Mit Verfügung vom 25. März 2015 setzte die Landesanwaltschaft Bayern das gegen den Beklagten eingeleitete Disziplinarverfahren gemäß Art. 24 Abs. 3 Satz 1 BayDG im Hinblick auf das gegen den Beklagten in der Sache bei der Staatsanwaltschaft … geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren (Az. …*) aus.
Nachdem die Staatsanwaltschaft … mit Mitteilung Nr. 15 der Anordnung über Mitteilung in Strafsachen vom 7. April 2016 die Anklageschrift vom 6. April 2016 übersandt hatte, wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 25. April 2016 fortgesetzt, nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayDG auf den in der Anklageschrift dargestellten Sachverhalt ausgedehnt und nach Art. 24 Abs. 3 BayDG auf Grund des gegen den Beklagten geführten Strafermittlungsverfahrens erneut ausgesetzt.
Der Beklagte wurde unter dem gleichen Datum nach Art. 22 BayDG unterrichtet, belehrt und zu den Vorwürfen sowie der beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und zur Einbehaltung der Dienstbezüge nach Art. 39 Abs. 1, Abs. 2 BayDG angehört. Ihm wurde ein Formblatt „Übersicht über die wirtschaftlichen Verhältnisse“ übersandt.
Nach Fristverlängerung nahmen die Bevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2016 Stellung. Es wurde hierzu auf eine Stellungnahme an das Amtsgericht … vom 30. Mai 2016 Bezug genommen. In dieser ist ausgeführt, es sei ein Gesamtabfluss in Höhe von 56.000.- EUR einzuräumen.
Bei den Geldrückflüssen auf die Schulkonten seien die einzelnen Positionen aufgelistet, die Barzahlungen an Frau … seien wohl unstreitig, weil von dieser selbst bestätigt.
Es seien also insgesamt 51.265,66 EUR vom Beklagten bereits zurückbezahlt worden, der noch offene Rest in Höhe von 4.734,34 EUR werde ebenfalls mit gleicher Post zurücküberwiesen. Damit sei der gesamte Schaden wieder gutgemacht, der Sachverhalt werde von dem Beklagten auch rückhaltlos eingeräumt.
Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 1. Juni 2016 wurde der Beklagte mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben. Zudem wurde die Einbehaltung von 50 v.H. Seiner monatlichen Dienstbezüge angeordnet.
Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2016 beantragten die Bevollmächtigten des Beklagten beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach die Aussetzung der mit Verfügung vom 1. Juni 2016 ausgesprochenen vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung von Bezügen.
Mit Beschluss vom 20. Juli 2016 - AN 13b DS 16.01107 wurde der Antrag abgelehnt. Der Beschluss ist seit dem 10. August 2016 rechtskräftig.
Auf telefonische Nachfrage der Landesanwaltschaft Bayern teilte das Amtsgericht … mit, dass in der Strafsache Az. … seit dem 10. Oktober 2016 ein rechtskräftiges Urteil vorliege. Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 21. Oktober 2016 wurde um Übersendung der Strafakte inklusive der rechtskräftigen Entscheidung gebeten.
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 übermittelte das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst in Kopie eine Stellungnahme des Beklagten vom 14. Oktober 2016. In diesem Schreiben äußert sich der Beklagte zu seinem Fehlverhalten. Insbesondere machte geltend, dass kein Schaden entstanden sei, die Vorwürfe vollumfänglich von ihm eingeräumt worden seien und sein Tun im hohen Maße durch seine pathologische Spielsucht verursacht worden sei. Er habe sich, um seine Spielsucht effektiv zu bekämpfen, seit Juni 2016 in ambulante Therapie und vom 31. Juli 2016 bis zum 6. September 2016 in stationäre Behandlung begeben. Anschließend hätte er die ambulante Therapie fortgesetzt.
Dem Schreiben beigefügt war eine Stellungnahme des Staatlichen Schulamtes im Landkreis … zur Zusammenarbeit mit dem Beklagten sowie Stellungnahmen von Kollegen und externen Ansprechpartnern des Beklagten, überwiegend aus dem Zeitraum Juni und Juli 2016.
Mit Schreiben vom 7. November 2016 übermittelte die Staatsanwaltschaft … die Strafakten zum Verfahren Az. … Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. November 2016 wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt. Die Verfügung wurde den Bevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 8. November 2016 übermittelt. Dabei wurde mitgeteilt, dass die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG der Entscheidung zu Grunde gelegt würden. Dem Beklagten wurde Gelegenheit gegeben, sich bis zum 25. November 2016 zu äußern. Zugleich wurde die Möglichkeit eingeräumt, die Einvernahme von Zeugen und Sachverständigen oder das Herbeischaffen von Beweismitteln zu beantragen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass der Personalrat nur dann beteiligt werde, wenn der Erlass einer Disziplinarverfügung oder die Erhebung der Disziplinarklage beabsichtigt sei und der Beklagte die Mitwirkung des Personalrats beantrage (Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPVG).
Mit Schreiben vom 15. November 2016 übermittelten die Bevollmächtigten des Beklagten die Empfangsbestätigung.
Mit Schreiben vom 30. November 2016 teilte das …-Gymnasium einen weiteren Sachverhalt mit: Der Beklagte habe sich im Kollegium Geld in vier- bis fünfstelliger Höhe geliehen.
Auf telefonische Anforderung der Landesanwaltschaft Bayern vom 31. Januar 2017 übermittelte der Dienstvorgesetzte des Beklagten mit Schreiben vom 1. März 2017 ein Persönlichkeitsbild des Beklagten. Im Schreiben vom 1. März 2017 wurden zudem weitere Sachverhalte mitgeteilt. Der Beklagte habe bei seiner Suspendierung den Laptop des stellvertretenden Schulleiters, der zum Schulinventar gehöre, ohne Rücksprache mit dem Schulleiter mit nach Hause genommen und erst nach mehrfachen Aufforderungen in einem schwer beschädigten und funktionsunfähigen Zustand zurückgegeben.
Zudem solle der Beklagte nach eigener Aussage und den Berichten einiger Kollegen derzeit verschiedenen bezahlten Tätigkeiten nachgehen, ohne diese Nebentätigkeiten angezeigt bzw. hierfür eine Genehmigung beantragt zu haben.
Mit Verfügung vom 10. März 2017 wurde das Verfahren nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayDG auf die weiteren vom Dienstvorgesetzten mitgeteilten Sachverhalte ausgedehnt.
Unter dem 13. März 2017 vermerkte die Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - das vorläufige Ergebnis der Ermittlungen und gab den Bevollmächtigten des Beklagten im Rahmen einer abschließenden Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13. April 2017.
Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - vom 22. Mai 2017 wurde den Bevollmächtigten des Beklagten für die Vereinbarung eines Termins zur mündlichen Anhörung eine Frist bis zum 2. Juni 2017 und für eine schriftliche Äußerung nochmals bis zum 16. Juni 2017 gesetzt. Anwaltliche Äußerungen gingen nachfolgend nicht mehr ein.
III.
Das unter I. genannte Urteil des Amtsgerichts … vom 10. Oktober 2016 - … enthält folgende tatsächlichen Feststellungen:
„Der verbeamtete Angeklagte ist seit Februar 2012 ständiger Stellvertreter der Schulleiterin am …-Gymnasium in …, … Spätestens im Rahmen dieser Tätigkeit war er auch für die Führung und Verwaltung schulischer Konten und Bargeldbestände zuständig und zur Verfügung über diese Konten berechtigt. Darüber hinaus hatte er auch in der Zeit vor Februar 2012 unabhängig von seiner Stellvertretertätigkeit berechtigte Zugriffsmöglichkeit auf schulische Gelder.
Im Rahmen der ihm eingeräumten Möglichkeit, auf schulische Konten Zugriff zu nehmen, verwendete der Angeschuldigte ohne Berechtigung und entgegen seinen beamtenrechtlichen Dienstpflichten ab dem Jahr 2010 wiederholt Gelder von Schulkonten und Bargeldbestände missbräuchlich zu seinem eigenen Vorteil für private Zwecke und unterließ es zudem, die Mittelverwendung vollständig und wahrheitsgemäß zu belegen.
Die auf seinen privaten Konten eingezahlten Schulgelder dienten dem Angeklagten zu dem Zweck, auf diese Weise eigene Liquiditätsengpässe zu überbrücken, indem er die begünstigten privaten Konten entweder direkt besser stellte oder von diesen Konten weitere Geldgeschäfte zugunsten anderer privater Konten veranlasste.
Der Transfer von Schulgeldern auf seine privaten Konten hatte seinen Grund in einer bei dem Angeklagten seit jedenfalls sechs Jahren bestehenden Spielsucht. Der Angeklagte spielt seit langen Jahren Roulette, später auch im Internet, und betrieb daneben ein exzessives Investmentmanagement, insbesondere durch Termingeschäfte an europäischen und internationalen Terminbörsen. Die bei dem Angeklagten bestehende Spielsucht (ICD-10F63.0) hat allerdings zu den einzelnen Tatzeitpunkten nicht den Schweregrad einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des Eingangsmerkmals des § 20 StGB erreicht. Gleichwohl hat der Angeklagte - nach eigenen Angaben - in den letzten 25 Jahren ca. 250.000 EUR verspielt.
Im Einzelnen kam es zu folgenden Transaktionen von Schulgeldern auf private Konten des Angeklagten:
1. Am 25.05.2010 transferierte der Angeklagte von einem Konto der Schule auf sein Privatkonto mit der Nummer … bei der Sparkasse … 3000 Euro.
2. Am gleichen Tag überwies der Angeklagte von einem anderen Konto der Schule einen Betrag in Höhe von 5000 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Sparkasse …
3. Am 26.10.2010 überwies der Angeklagte von einem Konto des Gymnasiums einen Betrag von 8000 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Sparkasse …
4. Am 04.08.2011 zahlte der Angeklagte von den der Schule zustehenden „C.-Geldern“ einen Betrag in Höhe von 8.000 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Raiffeisenbank … bar ein.
5. Am 11.08.2011 verwendete der Angeklagte C.Gelder der Schule in Höhe von 9000 Euro, indem er einen Betrag von 8900 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Raiffeisenbank … ein zahlte und die restlichen 100 Euro für private Zwecke verbrauchte.
6. Am 20.12.2012 überwies der Angeklagte von einem Konto der Schule einen Betrag in Höhe von 4000 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Sparkasse …
7. Am 27.12.2012 überwies der Angeklagte von einem Konto der Schule einen Betrag in Höhe von 8000 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Sparkasse …
8. Am 02.01.2013 überwies der Angeklagte von einem Konto der Schule einen Betrag in Höhe von 5000 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Sparkasse …
9. Am 08.01.2013 überwies der Angeklagte von einem Konto der Schule einen Betrag in Höhe von 8000 Euro auf sein Konto Nummer … bei der Sparkasse …
10. Am 01.03.2013 überwies der Angeklagte von einem Konto der Schule einen Betrag in Höhe von 5000 Euro auf sein Konto Nummer … bei …
11. Am 08.03.2013 überwies der Angeklagte einen Betrag in Höhe von 5000 Euro von einem Konto der Schule auf sein Konto Nummer … bei … Der Angeklagte entzog hierdurch rechtswidrig zur ausschließlichen schulischen Nutzung bestimmte Gelder in Gesamthöhe von 68.000 Euro zumindest kurzzeitig zur eigenen privaten Verwendung.
Die Überweisungen von der Schule zustehenden Geldern auf private Konten des Angeklagten wurden entdeckt, als die damalige Schulleiterin im Frühjahr 2014 bedingt durch eine Erkrankung und einen Reha-Aufenthalt des Angeklagten selbst mit der Verwaltung der Konten befasst war und hierbei auf erhebliche Unregelmäßigkeiten und Fehlbeträge stieß, womit sie den Angeklagten konfrontierte.
Bis zum 13.04.2012, also noch vor Aufdeckung der Taten des Angeklagten durch die Schulleiterin, hatte der Angeklagte bereits insgesamt 9000 Euro der bis dahin auf private Konten transferierten Gelder auf Schulkonten zurückgezahlt. Auch in der Folgezeit, insbesondere in den Jahren 2014, 2015 und zuletzt am 25.05.2016 zahlte der Angeklagte sämtliche von ihm auf private Konten transferierte Schulgelder in voller Höhe an das Gymnasium zurück, so dass der gesamte Schaden von ihm zwischenzeitlich wieder gutgemacht wurde.
Der Angeklagte befand sich vom 31.07.2016 bis zum 06.09.2016 zur stationären Behandlung seiner psychischen Defekte, insbesondere seine Spielsucht, in einer Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie und wurde dort in einem stabilen Zustand und mit erlernten Präventionsstrategien entlassen. Seitdem befindet sich der Angeklagte in ambulanter psychotherapeutischer Weiterbehandlung.“
IV.
Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am 5. Juli 2017, erhob die Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - gegen den Beklagten eine Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (Art. 11 BayDG).
Die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts … vom 10. Oktober 2016 - … seien gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG bindend.
Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begehe ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletze. Auch bei mehreren schuldhaft begangenen Dienstpflichtverletzungen sei aufgrund des Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens von einem einheitlichen Dienstvergehen auszugehen.
Die dem Beklagten vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen habe der Beklagte als Mitarbeiter in der Schulleitung mit Zugriffsberechtigung auf schulische Konten und später als stellvertretender Schulleiter des …-Gymnasiums während seiner Dienstausübung und damit innerdienstlich begangen. Durch die Begehung der strafrechtlich rechtskräftig festgestellten Untreue in 11 tatmehrheitlichen Fällen habe der Beklagte gegen seine Pflicht zur Achtung der Gesetze i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i.V.m. §§ 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB verstoßen. Damit habe der Beklagte zugleich seiner Verpflichtung zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung i.S.v. § 34 Satz 3 BeamtStG zuwidergehandelt.
Rechtfertigung- und Schuldausschließungsgründe gemäß § 20 StGB läge nach den strafgerichtlichen Feststellungen im Urteil vom 10. Oktober 2016 nicht vor.
Das strafrechtliche Verfahren gegen den Beklagten sei auf Antrag der Staatsanwaltschaft bezüglich der Anklagepunkte 4, 13, 14 und 15 der Anklageschrift gemäß § 154 Abs. 2 StPO durch gerichtlichen Beschluss eingestellt worden. Soweit diese Handlungen von der Einleitungsverfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 3. Dezember 2014 sowie der Ausdehnungsverfügung vom 25. April 2016 mit umfasst gewesen seien, werde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 21 Abs. 2 BayDG beschränkt, weil diese Handlungen für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fielen.
Im Hinblick auf den in der Einleitungsverfügung vom 3. Dezember 2014 unter Ziffer II. 3 aufgeführten Vorwurf der Vorlage unvollständiger Unterlagen an den Kassenprüfungsausschuss werde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 21 Abs. 2 BayDG beschränkt, weil auch diese Handlungen für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fielen.
Dies gelte auch für den in Ziffer II. 4 der Einleitungsverfügung aufgeführten Vorwurf, dass der Beklagte wahrheitswidrige Angaben über den Verbleib der „Comenius-Gelder“ gemacht habe sowie für den unter Ziffer II. 5 der Einleitungsverfügung dargestellten Vorwurf, dass der Beklagte es unterlassen habe, aussagekräftige Aufzeichnungen über die Konten und Bargeld in der Schule zu führen. Diese im Zusammenhang mit dem Hauptvorwurf der Untreue in 11 tatmehrheitlichen Fällen stehenden Handlungen fielen für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht, sodass insoweit die Voraussetzungen von Art. 21 Abs. 2 BayDG zu bejahen seien.
Auch hinsichtlich der dem Beklagten vorgeworfenen Handlungen, die Gegenstand der Ausdehnungsverfügung vom 10. März 2017 seien, werde das Verfahren gemäß Art. 21 Abs. 2 BayDG beschränkt.
Welche Disziplinarmaßnahme zu verhängen sei, hänge von dem disziplinaren Gewicht des Dienstvergehens ab. Bei der Entscheidung über die für erforderlich gehaltene und angemessene Disziplinarmaßnahme werde das Ermessen nach Art. 14 BayDG nach Sinn und Zweck des Disziplinarrechts ausgeübt. Zum einen habe das Disziplinarrecht die Aufgabe, das Ansehen und die Integrität des Beamtentums zu wahren, die beide durch den mit einem Dienstvergehen verbundenen Ansehensverlust berührt würden. Zum anderen erfülle das Disziplinarrecht den Zweck, den Beamten, falls erforderlich, zur künftigen Einhaltung seiner Pflichten anzuhalten. Hierbei sei insbesondere auf die Schwere des Dienstvergehens, die Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, das Persönlichkeitsbild des Beamten und das bisherige dienstliche Verhalten abzustellen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG).
Dabei sei die Schwere des Dienstvergehens, zunächst ausgehend von der schwersten Dienstpflichtverletzung, maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme. Im vorliegenden Fall sei der strafbaren Handlung der Untreue in 11 tatmehrheitlichen Fällen als innerdienstliche Dienstpflichtverletzung bei der Bemessung der Schwere des Dienstvergehens das maßgebliche Gewicht zuzumessen.
Bestehe die Dienstpflichtverletzung in einem Verstoß gegen die Beachtung der Gesetze i.V.m. einem Strafgesetz, somit in einem strafbaren Verhalten des Beamten, bilde der vom Strafgesetzgeber im jeweiligen Strafrahmen zum Ausdruck gebrachte Unrechtsgehalt einen Orientierungsrahmen (ständige Rechtsprechung des BVerwG z.B. U.v. 19.8.2010 - 2 C 13.10).
Im vorliegenden Fall betrage der Strafrahmen gemäß §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren, da bei Untreuehandlungen eines Amtsträgers im Regelfall ein besonders schwerer Fall vorliege. Sei der Strafrahmen bis zur Freiheitsstrafe von (jedenfalls) 3 Jahren bemessen (vorliegend 6 Monate bis 10 Jahre), so könne das strafbare Verhalten bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14, Leitsatz und Rn 20, juris; BVerwG, U.v. 18.6.2015 - 2 C 9/14, Rn. 33, juris). Der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Dienst sei somit eröffnet.
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung immer mehr von Regelbeispielen abrücke (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14, Rn. 19), habe es in Entscheidungen im Jahr 2015 bei Dienstpflichtverletzungen, die Straftaten zum Gegenstand haben, als ein wesentliches Indiz auf die konkrete Strafzumessung im Strafverfahren abgestellt (für ein außerdienstliches Dienstvergehen: BVerwG, U.v. 18.6.2015 - 2 C 9.14, Rn. 37, juris). Das Bundesverwaltungsgericht habe in dem Zusammenhang betont, dass bei außerdienstlichen Dienstvergehen eine statusberührende Maßnahme nur mit besonderer Begründung zur disziplinarischen Schwere der Verfehlung in Betracht komme, wenn im Strafverfahren auf Geldstrafe und nicht auf Freiheitsstrafe erkannt wurde (BVerwG, U.v. 18.6.2015 - 2 C 9/14, Rn. 38, juris).
Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen sei, dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizelle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zukomme (BVerwG, U.v. 5.7.2016 - 2 B 24.6, Rn. 13 ff.).
Im Übrigen sei gegen den Beklagten vorliegend jedoch gerade keine Geldstrafe, sondern eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von 11 Monaten und 2 Wochen verhängt worden. Das Strafmaß liege damit nur knapp unterhalb einem Jahr und somit nur knapp unterhalb der Schwelle, nach der gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG bereits kraft Gesetzes der Verlust der Beamtenrechte eintrete. Auch vor diesem Hintergrund komme somit die Ausschöpfung des eröffneten Orientierungsrahmens bis zur Höchstmaßnahme in Betracht.
Nach ständiger Rechtsprechung bedürfe es jedoch immer einer genauen Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Folgende Aspekte seien vorliegend im Rahmen der Gesamtabwägung und Maßnahmenbemessung zu berücksichtigen:
Der Beklagte habe vorsätzlich über mehrere Jahre Untreuehandlungen in 11 Fällen mit einer insgesamt erheblichen Schadensumme in Höhe von 68.000 Euro begangen. Erschwerend sei zudem zu werten, dass der Beklagte im Kernbereich seiner Pflichten versagt habe und damit seiner Vorbildfunktion und dem in ihn gesetzten Vertrauen nicht gerecht geworden sei. Derartige Zugriffsdelikte seien grundsätzlich geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn in unheilbarer Weise zu zerstören (vgl. BayVGH, U.v. 28.9.2016 - 16a D 13.2112, juris). Zwar habe sich der Beklagte teilweise nur kurzfristig Liquidität in ansonsten überzogenen Privatkonten verschafft. So habe der Beklagte die in den Ziffern 6. und 7. des Urteils aufgeführten Schulgelder im Januar 2013 von seinen Konten an einen Reiseveranstalter zur Durchführung eines Skikurse weitergeleitet. Aber auch wenn in diesen Fällen kein dauerhafter Entzug der Gelder geplant gewesen sei, ändere dies nichts an der Eigennützigkeit der Handlungen des Beklagten. Ein Beamter sei nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (BVerwG, U.v. 14.10.1997 - 1 D 60.96, juris Rn. 26). Die bloße Wiedergutmachungsabsicht vermöge eine mildere Beurteilung deshalb nicht zu rechtfertigen, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt seien, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (BVerwG, U.v. 8.6.1983 - 1 D 112.82, juris Rn. 13).
Auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls sei das Dienstvergehen als sehr schwer einzustufen und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG angemessen und erforderlich.
Anerkannte Milderungsgründe oder sonstige durchgreifende Entlastungsgründe, die ein absehen von der Höchstmaßnahme zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme rechtfertigen würden, lägen nicht vor. Dabei gelte generell, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein müsse, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiege (BayVGH, U.v. 11.5.2016 - 16 a D 13.1540).
Die Voraussetzungen einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB, welche einen anerkannten Milderungsgrund darstellen würde, seien hier nicht gegeben. Die Frage einer Schuldunfähigkeit sei mit bindender Wirkung im Strafurteil vom 10. Oktober 2016 verneint worden. Aber auch eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB liege hier nicht vor. Eine solche erheblich verminderte Schuldfähigkeit setze voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war (vgl. BayVGH, a.a.O.). Im Urteil des Amtsgerichts … vom 10. Oktober 2016 werde festgestellt, dass bei dem Beklagten seit jedenfalls sechs Jahren Spielsucht (ICD-10F63.0) bestehe. Nach der gerichtlichen Feststellung habe der Beklagte seit langen Jahren Roulette gespielt, später auch im Internet, und habe daneben ein exzessives Investmentmanagement, insbesondere durch Termingeschäfte an europäischen und internationalen Terminbörsen betrieben. Die Frage, ob eine „schwere“ seelische Abartigkeit als Eingangsmerkmale im Sinne der §§ 20, 21 StGB vorliege, ferner die Frage, ob die hierdurch bewirkte Einschränkung des Hemmungsvermögens im Rechtssinne „erheblich“ sei (§ 21 StGB), unterlägen der Würdigung des Gerichts (BGH, B.v. 9.10.2012 - 2 StR 297/12, juris). Dabei stelle pathologisches Spielen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für sich genommen noch keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar. Maßgeblich sei insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine Spielsucht gravierende Änderungen in seiner Persönlichkeit erfahre, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig seien. Nur wenn die Spielsucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führe oder der Täter bei Geldbeschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten habe, könne ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sein (BGH, a.a.O.).
Nach der gerichtlichen Feststellung habe die bestehende Spielsucht zu den einzelnen Tatzeitpunkten nicht den Schweregrad einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des Eingangsmerkmals des § 20 StGB erreicht. Auch eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit setze voraus, dass eine in der in § 20 StGB beschriebenen Fähigkeiten des Täters bei der Begehung der Tat erheblich vermindert ist und dies auf einer der von § 20 erfassten psychischen Störung beruht (Fischer, StGB, 63. A., § 21 Rn. 2). Hierfür fänden sich bei dem Beklagten aber keine Anhaltspunkte. Es sei deshalb bereits nicht ersichtlich, dass die Fähigkeit des Beklagten, das Unrecht seiner vielfachen Unterschlagungshandlungen einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aufgrund einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB erheblich gemindert gewesen sei. Die Erheblichkeitsschwelle des § 21 StGB liege zudem umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiege. Im Disziplinarrecht hänge die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07). Bei Zugriffsdelikten werde eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nur in Ausnahmefällen erreicht (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 30.05).
Der Beklagte sei seit Februar 2012 als ständiger Stellvertreter der Schulleiterin mit der Führung der schulischen Konten betraut gewesen. Spätestens im Rahmen dieser Tätigkeit sei er auch für die Führung und Verwaltung schulischer Konten und Bargeldbestände zuständig und zur Verfügung über diese Konten berechtigt gewesen. Darüber hinaus habe er auch in der Zeit vor Februar 2012 unabhängig von seiner Stellvertretertätigkeit als Mitarbeiter der Schulleitung berechtigte Zugriffsmöglichkeiten auf schulische Gelder und Konten gehabt. Mit den mehrfachen Untreuehandlungen habe er leicht einsehbare innerdienstliche Kernpflichten verletzt. Angesichts der Bedeutung dieser Pflichten für das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis sei von ihm zu erwarten gewesen, dass er trotz seiner Spielsucht noch genügend Widerstandskraft gegen die Dienstpflichtverletzungen hätte aufbringen können. Für gravierende Änderungen in der Persönlichkeit des Beklagten oder starke Entzugserscheinungen lägen ebenfalls keine Anhaltspunkte vor. Es spreche gerade für die Steuerungsfähigkeit des Beklagten, dass er über lange Zeit seine Untreuehandlungen habe verbergen können.
Die Voraussetzungen einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB lägen damit nicht vor.
Bei den Taten des Beklagten handele sich auch nicht um eine „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ (vgl. BayVGH, U.v. 11.5.2016 - 16 a D 13.1540). Der Beklagte habe über viele Jahre strafrechtlich relevante Handlungen begangen und sei dabei durchaus planvoll im Sinne einer Vertuschung dieser Taten vorgegangen.
Weitere anerkannte Milderungsgründe seien nicht ersichtlich.
Zugunsten des Beklagten könnte berücksichtigt werden, falls er vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutgemacht hätte (vgl. BayVGH, U.v. 11.5.2016 - 16a D 13.1540). Der Beklagte habe hier zwar nach strafgerichtlicher Feststellung hinsichtlich der im Urteil vom 10. Oktober 2016 unter den Ziffern 1-3 festgestellten Straftaten, allerdings ohne diese dabei zu offenbaren, eine Schadenswiedergutmachung vor Aufdeckung der Straftaten betrieben. Dies treffe aber auf die weiteren acht festgestellten Untreuefälle nicht zu. Eine umfassende Offenbarung und/oder Schadenswiedergutmachung vor Aufdeckung der Tat liege deshalb nicht vor.
Im Rahmen der Maßnahmebemessung seien folgende weitere Aspekte bei der Gesamtabwägung zu berücksichtigen:
Der Beklagte sei bis auf die vorliegende Verurteilung weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet. Dies spreche für ihn ebenso wie die Tatsache, dass er in den letzten vorliegenden Beurteilungen 2006 und 2010 als Gesamtergebnis BG (Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt) erzielt habe. Die Beurteilung 2014 sei allerdings im Hinblick auf das anhängige Disziplinarverfahren ausgesetzt worden.
Der hohe Geldbedarf des Beklagten habe nach gerichtlicher Feststellung auf seiner Spielsucht beruht, die zwar nicht das Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB erfülle, aber dennoch Eingang in die Maßnahmebemessung finde. Zugunsten des Beklagten könne auch sein Bemühen um Schadenswiedergutmachung gewertet werden sowie, dass er krankheitseinsichtig sei und sich zwischenzeitlich in Therapie begeben habe.
In dem mit Schreiben des derzeitigen Schulleiters Herrn Oberstudiendirektor … vom 1. März 2017 übermittelten Persönlichkeitsbild des Beklagten führe dessen Amtsvorgängerin, Frau Oberstudiendirektorin a.D. … u.a. Folgendes aus:
Der Beklagte sei eine Person, die stets auf den eigenen Vorteil bedacht gewesen sei und sich als stellvertretender Schulleiter illoyal gegenüber der Schulleiterin, der Schule, dem Kollegium und den Eltern verhalten habe. Durch seine Lügen und Betrügereien habe der Beklagte die Schulleitung und die Verwaltung an die Grenzen der psychischen und physischen Belastbarkeit gebracht. Dabei habe er sich selbst zu keinem Zeitpunkt in einer persönlichen Verantwortung gesehen. Der Beklagte habe noch bis zum Zeitpunkt seiner Suspendierung im Jahr 2016 versucht, die Fassade eines ungerecht behandelten Stellvertreters aufrecht zu erhalten.
Der derzeitige Schulleiter, Herrn Oberstudiendirektor …, ergänze im Schreiben vom 1. März 2017, dass er lediglich elf Wochen mit dem Beklagten zusammengearbeitet habe und deshalb kaum Angaben zu besagten Aspekten machen könne. In den ersten Wochen seines Amtsantritts wolle er die Zusammenarbeit als hilfreich und unterstützend beschreiben. Er könne aber leider aus dieser Zeit auch keine den Ausführungen seiner Vorgängerin widersprechenden Beobachtungen ins Feld führen. Ergänzend und die Ausführungen seiner Vorgängerin stützend führe er an, dass der Beklagte sein Büro in einem desaströsen Zustand hinterlassen habe. Eine Sekretärin des Schulleiters habe für mehrere Tage für Aufräumarbeiten abgezogen werden müssen. Auch habe der Beklagte den Laptop des stellvertretenden Schulleiters, der zum Schulinventar gehöre, ohne Rücksprache mit dem Schulleiter mit nach Hause genommen und erst auf wiederholte Aufforderungen hin am 11. Januar 2017 in einem schwer beschädigten und funktionsunfähigen Zustand zurückgegeben.
In der Gesamtschau wögen die zugunsten des Beklagten zu berücksichtigten Aspekte nicht so schwer, dass durch das sehr schwere Dienstvergehen nicht ein vollständiger Vertrauensverlust eingetreten wäre, sondern noch ein Restvertrauen dem Beklagten gegenüber verbliebe. Durch seine zahlreichen, sich über einen mehrjährigen Zeitraum erstreckenden, wiederholten Untreuehandlungen zulasten der Schule mit einer insgesamt erheblichen Schadensumme von 68.000 EUR sei der Beklagte seiner Vorbildfunktion als stellvertretender Schulleiter in besonders schwerwiegender Weise nicht gerecht geworden.
Nach alldem sei unter Abwägung aller be- und entlastenden Umstände festzustellen, dass der Beklagte ein derart schwerwiegendes Dienstvergehen begangen habe, dass ein endgültiger und unwiederbringlicher Vertrauensverlust eingetreten sei.
Die Disziplinarklage wurde den Bevollmächtigten des Beklagten mit der Belehrung und Fristsetzung nach Art. 52 BayDG am 12. Juli 2017 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 8. September 2017 teilten die Bevollmächtigten des Beklagten mit, dass sie den Beklagen auch im Disziplinarklageverfahren vertreten. Weitere Ausführungen zur Sache erfolgten nicht.
Am 28. Februar 2018 fand eine erste mündliche Verhandlung in der Streitsache statt, in welcher durch den Bevollmächtigten des Beklagten ein Bericht der … Kliniken GmbH, …, vom 26. September 2016, einen Befundbericht der Diplom-Psychologin … vom 7. Juli 2017 sowie eine Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … vom 10. Juli 2017 zum Gesundheitszustand des Beklagten übergeben wurden.
Die mündliche Verhandlung wurde vertagt, um den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, nochmals zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB Stellung zu nehmen. Zudem wurde der Landesanwaltschaft Bayern aufgegeben, eine ergänzende Stellungnahme der Schulleitung zur Führung der Kassengeschäfte durch den Beklagten und zu den schulischen Kontrollmechanismen einzuholen und sich dazu äußern, ob vorliegend die Voraussetzungen des Milderungsgrundes einer unzureichenden Dienstaufsicht erfüllt sein könnten.
Unter Vorlage einer Stellungnahme der damaligen Schulleiterin Frau … vom 27. März 2018 führte die Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - mit Schriftsatz vom 9. Mai 2018 aus, auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten ärztlichen Unterlagen sei die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB zu den jeweiligen Tatzeitpunkt nicht geboten.
Wie bereits im Klageschriftsatz vom 3. Juli 2017 ausgeführt worden sei, habe das Amtsgericht … im Urteil vom 10. Oktober 2016 festgestellt, dass bei dem Beklagten seit jedenfalls sechs Jahren Spielsucht (ICD - 10 F63.0) bestehe. Nach der gerichtlichen Feststellung habe die bestehende Spielsucht zu den einzelnen Tatzeitpunkten nicht den Schweregrad einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des Eingangsmerkmals des § 20 StGB erreicht. Der Kläger bejahe hinsichtlich dieser Feststellung des Strafgerichts eine Bindungswirkung gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG. Auch eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit setze voraus, dass eine der in § 20 StGB beschriebenen Fähigkeiten des Täters bei der Begehung der Tat erheblich vermindert sei und dies auf einer der von § 20 StGB erfassten psychischen Störungen beruhe (Fischer, StGB, 63. Aufl., § 21 Rn. 2). Eine solche von § 20 StGB erfasste psychische Störung liege hier aber nach strafgerichtlicher Feststellung gerade nicht vor.
Unabhängig hiervon ließen sich dem Bericht der … Kliniken GmbH sowie den vorgelegten Attesten nicht entnehmen, dass der Beklagte durch seine Spielsucht gravierende Änderungen in seiner Persönlichkeit erfahren habe, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig seien. Nur wenn die Spielsucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führe oder der Täter bei Geldbeschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten habe, könne ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sein (BGH, B.v. 9.10.2012 - 2 StR 297/12, juris).
Der Bericht der … Kliniken GmbH vom 26. September 2016 stelle fest, dass beim Beklagten aufgrund seiner Angaben sowie einer durchgeführten Testung eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome bestehe. Der Beklagte habe im Rahmen seines Aufenthalts in der … Kliniken GmbH angegeben, die aktuellen Probleme hätten bei ihm zu erheblichen Schlafproblemen und wiederholten Stimmungseinbrüchen bis hin zu lebensüberdrüssigen Gedanken geführt. Hieraus lassen sich nicht entnehmen, dass die depressive Symptomatik bereits bei Tatbegehung vorgelegen habe.
In dem genannten Bericht werde weiterhin ausgeführt, aus den anamnestischen Angaben des Beklagten ergebe sich die Diagnose einer pathologischen Spielsucht. Der Beklagte habe angegeben, in den letzten 25 Jahren mit Roulette-Spielen und Börsenspekulationen insgesamt ca. 250.000.- EUR verspielt zu haben. Bis vor kurzen habe er darin kein „psychisches Problem gesehen“, sich auch nicht als „süchtig“ erlebt, vielmehr habe er gedacht und gehofft, noch alles „unter Kontrolle zu haben“ und durch neue Spiele, Investitionen oder Ähnliches die entstanden Schulden wieder ausgleichen zu können. Bis Mai dieses Jahres sei all dies ohne das Wissen seiner Ehefrau erfolgt. Der Bericht der … Kliniken GmbH habe dem Strafgericht bei der Beurteilung der Frage der Schuldfähigkeit des Beklagten vorgelegen und habe somit bei der Urteilsfindung berücksichtigt werden können. Nach Einschätzung der Landesanwaltschaft Bayern ergäben sich aus dem Bericht keine Anhaltspunkte für schwerste Persönlichkeitsveränderungen des Beklagten oder dafür, dass der Beklagte bei Vornahme der Untreuehandlungen unter so starken Entzugserscheinungen gelitten habe, dass seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Hiergegen sprächen auch das langjährige planvolle Vorgehen des Beklagten und die bewusste Verschleierung der finanziellen Transaktionen zulasten der Schule. Nach dem Aufenthalt in der … Kliniken GmbH, die am 6. September 2016 geendet habe, habe sich der Beklagte ab 8. November 2016 bei der Diplom-Psychologin … in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung befunden. In ihrem in der mündlichen Verhandlung vom Bevollmächtigten des Beklagten vorgelegten Befundbericht vom 7. Juli 2017 führe diese u.a. aus, die Veruntreuung der schulischen Gelder sei für sie durch die Spielsucht (Impulskontrollstörung) des Beklagten zu erklären. In dem ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vorgelegten ärztlichen Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … vom 10. Juli 2017, bei der sich der Beklagte vom 23. Mai bis 7. Oktober 2016 in ambulanter psychiatrischer Behandlung befunden habe, heiße es, aufgrund der Anamnese und dem Behandlungsverlauf sei davon auszugehen, dass die Veruntreuung der Schulgelder in unmittelbarem Zusammenhang mit der Grunderkrankung (Spielsucht) des Beklagten stehe. Nach Auffassung der Landesanwaltschaft Bayern belegten diese Ausführungen zunächst nur, dass, wie das Amtsgericht … im Urteil vom 10. Oktober 2016 feststelle, der Transfer von Schulgeldern seinen Grund in der beim Beklagten bestehenden Spielsucht und der Überbrückung der hierdurch entstandenen Liquiditätsengpässe gehabt habe. Dass beim Beklagten die oben genannten qualifizierten Voraussetzungen für eine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund der Spielsucht vorliegen könnten, lasse sich ihnen jedoch nach Auffassung der Landesanwaltschaft Bayern nicht entnehmen.
Im Klageschriftsatz vom 3. Juli 2017 sei zudem bereits drauf hingewiesen worden, dass im Disziplinarrecht bei der Frage, ob eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB vorliege, die Erheblichkeitsschwelle umso höher liege, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiege. Im Disziplinarrecht hänge die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07). Bei Zugriffsdelikten werde eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nur in Ausnahmefällen erreicht (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 30.05). Indem der Beklagte als Mitarbeiter der Schulleitung bzw. ständiger Stellvertreter der Schulleiterin schulische Gelder für die Überbrückung privater Liquiditätsengpässe veruntreut habe, habe er leicht einsehbare Kernpflichten verletzt. Selbst wenn man deshalb eine verminderte Schuldfähigkeit bejahen würde, wäre eine Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB zu verneinen.
Zur Frage, ob vorliegend die Voraussetzungen des Milderungsgrundes einer unzureichenden Dienstaufsicht erfüllt sein könnten, sei vorab festzustellen, dass eine unzureichende Dienstaufsicht bei Zugriffsdelikten keinen anerkannten Milderungsgrund darstellen würde, der für sich genommen zu einer milderen Maßnahme führen könnte (vgl. zu den anerkannten Milderungsgründen Zängl, BayDG, MatR/II, Rn. 324 ff.). Allerdings könne eine unzureichende Dienstaufsicht ein Umstand sein, der zugunsten des Beklagten im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergänzend herangezogen werden könne (Zängl, a.a.O., Rn. 324g). Ein solcher zusätzlicher Milderungsgrund könne zum Beispiel die Minderung des Unrechtsbewusstseins durch das Ausbleiben dienstlicher Kontrollen darstellen (BVerwG v. 30.1.1979, DÖD 1979, 130).
Nach Durchsicht der vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus übermittelten Unterlagen (ergänzende Stellungnahme der Schulleiterin a.D. nebst Anlagen) halte die Landesanwaltschaft Bayern unter Berücksichtigung aller Umstände im vorliegenden Fall die Dienstaufsicht nicht für unzureichend. Der Beklagte habe bei seiner Bewerbung im Jahr 2003 um die Funktion „Mitarbeiter in der Schulleitung“ eine gute Reputation gehabt, aufgrund seiner Fächerkombination Wirtschaft/Rechtslehre sei er für die Kontoführung der Schule als gut geeignet angesehen worden. Ihm sei deshalb die Kontoführung im Jahr 2003 als eigenständiges Arbeitsgebiet im Rahmen der LDO übertragen worden. Alle Details zur Kontoführung seien in den wöchentlich stattfindenden Rektoratsbesprechungen definiert worden. Alle Anschaffungen, Finanzplanungen, Projekte etc. seien in dem vierköpfigen Schulleitungsgremium besprochen worden. Wie die damalige Schulleiterin Frau … in ihrer Stellungnahme ausführe, habe der Beklagte seine Aufgaben weitgehend zufriedenstellend erledigt, habe allerdings immer wieder zu sorgfältiger Arbeit angehalten werden müssen. Die Schulleiterin habe ab dem Jahr 2010 neben dem ständigen Stellvertreter (bis Februar 2012 Herr StD …*) das „große“ Schulkonto regelmäßig stichprobenartig kontrolliert, gravierende Unregelmäßigkeiten wie die Entnahme von Geldern seien der Schulleiterin und ihrem Stellvertreter dabei nicht aufgefallen. Da die Pünktlichkeit in der Erledigung von Aufgaben bei dem Beklagten zu wünschen übrig gelassen habe, sei der Beklagte durch die Schulleiterin des Öfteren ermahnt worden. Im Jahr 2010 habe das …-Gymnasium in … ein Hauptkonto und ein Ganztags-Mensa-Konto gehabt. Die Ein- und Ausgänge auf dem Mensa-Konto seien ab Oktober 2010 von der Verwaltungsangestellten … kontrolliert worden. Der Beklagte sei für die Kontoführung des Hauptkontos, über das Fahrten und Projekte wie „Comenius“ abgewickelt worden seien, zuständig gewesen, ab Februar 2012 in der Funktion als stellvertretender Dienststellenleiter. Da die damalige Schulleiterin nicht völlig von der sorgfältigen Arbeit des Beklagten überzeugt gewesen sei, habe sie geplant, die Kontoführung an Herrn StD … abzugeben. Der Beklagte habe sich allerdings vehement dafür eingesetzt, die Kontoführung zu behalten. Die Schulleiterin habe es daraufhin bei der Kontoführung durch den Beklagten belassen, diesen allerdings nochmals mündlich auf seine Pflichten und auf die notwendigen Kontoprüfungen hingewiesen. Ohne zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den Manipulationen des Beklagten am Schulkonto zu haben, habe die ehemalige Schulleiterin im Mai 2012 angeordnet, dass zur Herstellung von Transparenz und Kontrollmöglichkeiten ein „Fahrtenkonto“ zur finanziellen Abwicklung der Schulfahrten eingerichtet worden sei. Die Eingänge seien wiederum durch die Verwaltungsangestellte Frau … überwacht worden, da der Beklagte diese Aufgabe nicht sorgfältig nachgekommen sei. Die Abrechnungen der Projekte (z.B. „Comenius“) seien der Schulleiterin vorgelegt worden, diese habe sie zusammen mit Kolleginnen und Kollegen überprüft; die Abrechnungen seien stimmig und sorgfältig gewesen, so dass die Kontoführung in Ordnung schien. Aus der Stellungnahme der ehemaligen Schulleiterin gehe hervor, dass der Beklagte seine Position als Dienstvorgesetzter ausgenutzt habe, um eine Kollegin bzw. die Verwaltungsangestellte …, denen Unregelmäßigkeiten bei der Kontoführung aufgefallen gewesen sein, zum Schweigen anzuhalten. Auch habe sich der Beklagte einer Kontrolle entzogen, indem er online-Kontoauszüge der Verwaltungsangestellten … manipuliert habe. Er habe gezielt Ausdrucke entnommen, zum Beispiel in den Sommerferien für den Monat August 2011. Diese Lücke sei weder Frau … noch der damalige Schulleiterin aufgefallen, weil die Schule in den Sommerferien geschlossen gewesen sei. Erst durch einen Hinweis des ermittelnden Polizeibeamten, PHK …, sei dies im Frühjahr 2015 offenkundig geworden. An der Schule habe ein vom Kollegium gewählter Kontoprüfungsausschuss, der aus drei Personen bestanden habe, existiert. Die personelle Zusammensetzung könne der beigefügten Stellungnahme entnommen werden. Diese hätte nach Einschätzung der damaligen Schulleiterin jedoch keine Chance gehabt, die völlig unübersichtlichen Umbuchungen durch den Beklagten aufzudecken. Zudem seien die berufenen Kollegen vom Beklagten bewusst im Unklaren gelassen worden über die Abläufe der schulischen Kontoführung, insbesondere über eingehendes Bargeld. Prüfungen hätten anfangs jährlich stattgefunden, dann seien die Prüfungszeiträume länger geworden, weil der Beklagte die erforderlichen Unterlagen nicht vorbereitet gehabt habe. Im Jahr 2011 sei eine Kontoführung erfolgt. Im Januar 2014 habe auf Drängen der Schulleiterin und nach ultimativer Aufforderung eine Prüfung des Schulkontos für die Jahre 2012 und 2013 stattgefunden. Der Beklagte habe in dem ganzen Jahr 2013 die Kontoprüfung verschleppt, bei der er die Unterlagen wegen familiärer und gesundheitlicher Probleme noch nicht aufbereitet gehabt habe. Diese Verschleppung habe zu einer erheblichen Verstimmung bei der damaligen Schulleiterin geführt, die ab Herbst 2013 zunehmend misstrauisch geworden sei. Die Mitglieder des Kontoprüfungsausschusses hätten keinen Verdacht geschöpft, weil sie den scheinbar schlüssigen Erklärungen des Beklagten Vertrauen geschenkt hätten. Sie seien jedoch irritiert von der Verschleppung der Kontoprüfung gewesen. Auch hier habe der Beklagte seine Stellung als Dienstvorgesetzter zur Erklärung der Verzögerungen ausgenutzt. Im Februar 2014 habe die damalige Schulleiterin mit eigenen Prüfungen begonnen, die schließlich die Verdachtsmomente gegen den Beklagten verdichtet und im September 2014 zu einem ersten Bericht an das Ministerium und Ministerialbeauftragte von Unterfranken geführt hätten.
Abschließend bleibe festzuhalten, dass aus Sicht der Landesanwaltschaft Bayern die Dienstaufsicht über den Beklagten nicht unzureichend gewesen sei. Keinesfalls könne im vorliegenden Fall von einem Ausbleiben dienstlicher Kontrollen oder gar einem bewussten Wegschauen der Dienstvorgesetzten die Rede sein. Vielmehr habe es verschiedene Kontrollmechanismen gegeben, die der Beklagte teilweise jedoch durch geschickte Manipulationen habe aushebeln können. Dabei habe er ab dem Jahr 2012 auch seine herausgehobene Position als stellvertretender Schulleiter ausgenutzt.
Die Bevollmächtigten des Beklagten erwiderten mit Schriftsatz vom 10. Juli 2018, zwischen der Spielsucht des Beklagten und der Veruntreuung der Gelder bestehe ein direkter Zusammenhang. Hierzu werde beantragt, die Zeugin … zu laden.
Hinsichtlich der unzureichenden Dienstaufsicht werde darauf hingewiesen, dass Frau … anfangs überhaupt keinen Wert auf die Kontoprüfung gelegt habe. Die Unterschriften der Kontoprüfung im Jahr 2011 könnten gar nicht vorhanden sein, da der Prüfungsausschuss die Unterschrift nicht geleistet habe, von Frau … aber auch keine Nachfrage gekommen sei.
Die Behauptung, der Beklagte habe seine Position als Dienstvorgesetzter ausgenutzt, sei völlig unverständlich. Es sei auch völlig unklar, wie man online Ausdrucke manipulieren könne. Diese hätten jederzeit im Netz auf der Sparkassenseite angesehen werden können. Dass der Beklagte eine große Unordnung im Büro gehabt habe, werde nicht bestritten, dies konkret hier jedoch.
Der Vorwurf, dass der Beklagte Gelder für Umbaumaßnahmen an seinem Haus oder Urlaubsreisen verwendet habe, sei haltlos. Hierzu werde beantragt, Frau … als Zeugin zu vernehmen.
Auch fehle jeder substantiierter Sachvortrag dazu, wen der Beklagte „unter skrupelloser Ausnutzung seiner Position als Dienstvorgesetzter zum Schweigen verdonnert“ haben solle.
Die Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - replizierte mit Schriftsatz vom 27. Juli 2018.
Soweit der Bevollmächtigte des Beklagten beantrage, die Zeugin … zu vernehmen, halte die Landesanwaltschaft den Beweisantrag für verspätet.
Auch sei die schriftliche Aussage der ehemaligen Schulleiterin ausreichend. Eine Einvernahme als Zeugin sei nicht erforderlich.
Soweit der Bevollmächtigte des Beklagten meine, es sei völlig unklar, wie man Online-Ausdrucke manipulieren könne, sei dies im klägerischen Schriftsatz vom 9. Mai 2018 geschildert worden. Nachdem es sich um Ausdrucke handle, könnten einzelne Seiten durchaus gezielt entnommen werden, ohne dass dies auffalle.
Der Vorwurf, dass der Beklagte Gelder für Umbaumaßnahmen an dem Haus oder Urlaubsreisen verwendet habe, sei nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens. Im Urteil des Amtsgerichts … vom 10. Oktober 2016, dessen tatsächliche Feststellungen im Disziplinarverfahren gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG bindend seien, werde insoweit lediglich festgestellt, dass der Beklagte ab dem Jahr 2010 wiederholt Gelder von Schulkonten und Bargeldbestände der Schule missbräuchlich zu seinem eigenen Vorteil für private Zwecke verwendet habe. Wofür der Beklagte die veruntreuten Gelder konkret verwendet habe, sei dagegen nicht entscheidungserheblich.
Mit Schreiben vom 12. November 2018 teilte der Beklagte mit, aus seiner Sicht sei festzuhalten, dass die Schule durch sein Handeln um keinen Euro betrogen worden und dies auch nie seine Absicht gewesen sei. Er habe seine Transaktionen mit „TGA“ (Tagesgeldanlage) deklariert, so dass es völlig logisch gewesen sei, dass diese Gelder auch wieder zurück fließen müssten, da das Schulkonto ja lediglich ein durchlaufendes Konto sei, die Schule keinen Vermögensaufbau betreibe und ein Fehlen der Gelder irgendwann in jedem Fall bemerkt worden wäre. Er habe keine Transaktionen vertuscht, sie seien immer genau nachvollziehbar gewesen. Transaktionen in diesem Umfang seien auch nur deshalb möglich geworden, weil zu dieser Zeit aufgrund eines Comeniusprojekts ein größerer Geldbetrag auf dem Schulkonto verfügbar gewesen sei.
Die Einsicht in sämtliche Kontobewegungen sei auf der Internetseite der Sparkasse jederzeit lückenlos möglich gewesen. Auch wäre er jederzeit in der Lage gewesen, die Gelder bei Bedarf unverzüglich zurück zu überweisen, da er noch ausreichend Spielraum auf seinen Konten bzw. bei seinem Kreditkartenunternehmen gehabt habe. Er habe zu keinem Zeitpunkt Gelder für persönliche Zwecke „verbraucht“.
Ein „Vieraugenprinzip“, wie es bei Banken üblich sei, wäre bei der Führung des Schulkontos in jedem Fall auch notwendig. Hätte er sich wirklich bereichern wollen, wäre es ein leichtes gewesen, über fingierte Rechnungen, zum Beispiel für Papier, Bücher und sonstigen Sachbedarf, Gelder für sich abzuzweigen. Dass Frau … anfangs kaum Wert auf eine Kontoprüfung gelegt habe, habe es ihm natürlich zusätzlich erleichtert, die Transaktionen über diesen längeren Zeitraum unbemerkt durchzuführen.
Natürlich sei ihm klar, dass er durch sein Handeln eine negative Außenwirkung erzeugt habe, allerdings habe er gehofft, dass seine Leistungen in den letzten 30 Jahren an dieser Schule auch eine gewisse Berücksichtigung finden würden, Leistungen, die von Kollegen, Eltern und Schülern in gleicher Weise bestätigt würden.
Er habe seine Aufgaben stets vollständig und ordnungsgemäß erledigt, während sich Frau … kaum um das operative Geschäft gekümmert habe.
Leider sei er sich selbst lange nicht über Grund und Ausmaß seiner Krankheit bewusst gewesen und habe das langsam erst durch seinen sechswöchigen Klinikaufenthalt und die Therapiegespräche in den letzten beiden Jahren erkannt. Im Nachhinein komme es ihm vor wie ein Lkw, der den Berg hinunterrast und er als Fahrer gebe Gas, anstatt zu bremsen und hoffe auf irgendeine Lösung, ohne dass es ihm klar werde, dass es gar keine Lösung geben könne. In seiner Verzweiflung habe er nach Möglichkeiten gesucht und habe eben auch die Möglichkeit genutzt, Geld, das gerade „nutzlos“ auf dem Schulkonto gelegen habe, als Überbrückung zu verwenden. Von „krimineller Energie“ zu sprechen sei - auch nach Meinung seiner Therapeutin - sicher nicht die richtige Formulierung. Da er durch das Amtsgericht zu einer Therapie verpflichtet worden sei, habe dies für ihn den Schluss zugelassen, dass seine Krankheit so gravierend gewesen sei, dass eine Therapie notwendig gewesen sei, aber dass eben auch ein Schuldminderungsgrund vorliege.
Dem genannten Schreiben beigefügt war eine weitere Stellungnahme der Diplom-Psychologin …, …, vom 12. November 2018 zur Suchterkrankung des Beklagten.
Die Landesanwaltschaft Bayern nahm unter dem 19. November 2018 zu dem zuletzt genannten Schreiben des Beklagten Stellung.
Am 21. November 2018 fand eine weitere mündliche Verhandlung statt, in welcher die frühere Schulleiterin des …-Gymnasiums Frau … informatorisch befragt wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behörden- und Strafakten Bezug genommen.
Die zulässige Disziplinarklage führt in Anwendung der Art. 11 Abs. 1, 14 Abs. 2 BayDG zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, da der Beklagte durch ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren hat.
I.
Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche werden auch nicht geltend gemacht. Der Beklagte wurde im Disziplinarverfahren ordnungsgemäß belehrt und angehört (Art. 22 BayDG). Er konnte sich gemäß Art. 32 BayDG abschließend äußern. Die Klageschrift entspricht den Anforderungen des Art. 50 Abs. 1 BayDG.
II.
Der dem Beklagten in der Disziplinarklage zur Last gelegte Sachverhalt steht fest auf Grund der tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts … vom 10. Oktober 2016 - …, mit welchem der Beklagte wegen Untreue in elf tatmehrheitlichen Fällen gemäß §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53, 46 a Nr. 1, 56 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten und 2 Wochen verurteilt worden ist, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 10. Oktober 2016 rechtskräftig.
Die tatsächlichen Feststellungen des Urteils sind gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für das Disziplinarklageverfahren bindend. Der Beklagte behauptet selbst nicht, dass die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen offensichtlich unrichtig wären (Art. 55 BayDG). Derartige Unrichtigkeiten sind auch nicht ersichtlich.
Der Beklagte hat demnach zwischen dem 25. Mai 2010 und dem 8. März 2013 in elf Fällen von Konten des …-Gymnasiums … bzw. aus den schulischen „Comenius-Geldern“ einen Betrag in Höhe von insgesamt 68.000.- EUR zur zumindest kurzzeitig eigenen Verwendung entnommen, um private Liquiditätsengpässe zu überbrücken.
Wie durch das Amtsgericht … im Urteil vom 10. Oktober 2016 zutreffend festgestellt worden ist, hat sich der Beklagte durch das ihm in der Disziplinarklage zur Last gelegte Verhalten als Amtsträger gemäß § 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB wegen Untreue in einem besonders schweren Fall strafbar gemacht.
Untreue i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB begeht, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt.
Gemessen daran erfüllen die dem Beklagten zu Last gelegten Geldentnahmen und die Verwendung des Geldes zu privaten Zwecken den Treubruchtatbestand des § 266 Abs. 1
Alt. 2 StGB (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2017 - 16a D 15.1484, juris; SächsOVG, U.v. 7.3.2014 - D 6 A 555/10, juris).
Dem Beklagten war durch die Schulleitung die Befugnis eingeräumt worden, Verfügungen über das BNG Ganztagskonto, das BNG Schulfahrtenkonto und über Comeniusgelder zu treffen. Damit oblag dem Beklagten eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der ihm anvertrauten Gelder (vgl. Leipziger Kommentar zum StGB, 12. A. 2012, Rn. 129 zu § 266 m.w.N.; BGH, U.v. 6.5.1986 - 4 StR 124/86, juris; VGH BW, U.v. 3.5.2007 - DL 16 S 23/06, juris Rn. 30).
Der Beklagte hat die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht dadurch verletzt, dass er in elf Fällen von Konten des …-Gymnasiums … bzw. aus den der Schule zustehenden „Comenius-Geldern“ einen Betrag in Höhe von insgesamt 68.000.- EUR zur zumindest kurzzeitig eigenen Verwendung entnommen hat, um eigene Liquiditätsengpässe zu überbrücken.
Durch die Vereinnahmung und zumindest vorübergehende private Nutzung der für schulische Zwecke bestimmten Geldbeträge ist ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB eingetreten. Dieser liegt - wie bereits ausgeführt - in der unberechtigten privaten Nutzung von Geldern, die dem Beklagten dienstlich anvertraut worden waren. Auf die konkreten Eigentumsverhältnisse der auf den jeweiligen Schulkonten vorhandenen Gelder bzw. der „Comenius-Gelder“ kommt es nicht an, ebenso wenig darauf, ob öffentliches Vermögen beeinträchtigt wurde (VGH BW, U.v. 3.5.2017 - DL 16 S 23/06, juris Rn. 30).
Die Absicht, die Gelder zu einem späteren Zeitpunkt wieder vollständig auf die schulischen Konten zu überweisen, beseitigt den eingetretenen Vermögensnachteil nicht (BayVGH, U.v. 28.6.2017 - 16a D 15.1484, juris Rn. 74).
Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen und dadurch ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen (Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG a.F., § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Der Beklagte hat vorsätzlich und schuldhaft gehandelt. Dies ergibt sich aus den auch insoweit die Disziplinarkammer bindenden Feststellungen des Amtsgerichts … im Urteil vom 10. Oktober 2016 (BVerwG, B.v. 25.2.2016 - 2 B 1/15, juris Rn. 9).
Das Handeln des Beklagten war in sein Amt als Mitarbeiter der Schulleitung (seit dem 1.8.2004) bzw. als ständiger Vertreter der Schulleitung (seit 1.2.2012) des …-Gymnasiums und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden, weil er dienstlich die Verfügungsbefugnis und damit auch die Vermögensbetreuungspflicht für die auf den ihm anvertrauten Schulkonten verwahrten Gelder sowie Commeniusgelder übertragen erhalten hatte.
Der Beklagte hat mit seinem strafrechtlich geahndeten Handeln gegen die Pflichten verstoßen, die Gesetze zu beachten (§§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB, Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F., § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG), den Dienst ordnungsgemäß zu erfüllen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a.F., § 34 Satz 1 BeamtStG), das ihm übertragene Amt uneigennützig und nach bestem Gewissen auszuüben (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F., § 34 Satz 2 BeamtStG) sowie sich im Dienst achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a.F., § 34 Satz 3 BeamtStG).
Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat und deshalb auf die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen ist.
Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss daher unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem angemessenen und gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14, juris Rn. 12).
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O., Rn. 13).
Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der jeweiligen Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O., Rn. 16).
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, U.v. 19.8.2010 - 2 C 5.10, Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, und 2 C 13.10, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25; U.v. 18.6.2015 - 2 C 9.14, NVwZ 2015, 1680). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.
Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayDG am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht (mehr) an. Die bisherige Rechtsprechung (z.B. BVerwG, U.v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252; U.v. 3.5.2007 - 2 C 9.06, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3; U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10, NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und U.v. 25.7.2013 - 2 C 63. 11, BVerwGE 147, 229) hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6/14, juris, aufgegeben (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24.16, juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 28.6.2017 - 16a D 15.1484, juris Rn. 83).
Es verbietet sich deshalb jede schematische Betrachtung, insbesondere an Hand von Schwellenwerten (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2017 - 16a D 15.2758, juris Rn. 46; U.v. 3.5.2017 - 16a D 15.1777, juris Rn. 31).
Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O., Rn. 20; BayVGH, U.v. 28.6.2017, a.a.O., Rn. 83; U.v. 11.5.2016 - 16a D 13.1540, juris Rn. 70, 72). Vorliegend reicht der Strafrahmen bei einer Straftat der Untreue im besonders schweren Fall sogar bis zu zehn Jahren (§§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 52, 53 StGB).
Die volle Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist vorliegend geboten, weil der Beklagte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 BayDG).
Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erforderlich macht, ist bei innerdienstlichen Betrugs- oder Untreuehandlungen in der Regel anzunehmen, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist oder eine zusätzliche Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vorliegt und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Erschwernisgründe können sich z.B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Taten, der Höhe des Gesamtschadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse ergeben (BVerwG, B.v. 6.5.2015 - 2 B 19.14, juris Rn. 11).
Der Beklagte hat in einem Zeitraum von fast drei Jahren in elf Fällen Gelder, die ihm zur ausschließlichen dienstlichen Verwendung anvertraut waren, in einer Gesamthöhe von 68.000.- veruntreut, um private Liquiditätsengpässe zu überbrücken.
Die Häufigkeit der Taten und die Höhe des Schadens stellen sich als besonders erschwerend dar. Erschwerend wirkt auch, dass der Beklagte sich der anlässlich seiner zum 1. Februar 2012 erfolgten Bestellung zum ständigen Vertreter der Schulleitung geplanten Übertragung der Zuständigkeit für die Schulkonten an Herrn … widersetzt hat und so erreichen konnte, dass er weiterhin bis zum Jahr 2014 Zugriff auf die Schulkonten hatte. Der Beklagte verwies hierbei auf seine besondere Eignung aufgrund seines Fachbereichs Wirtschaft/Recht und seine langjährige Erfahrung. Diesen erneut von der Schulleitung gewährten Vertrauensvorschuss nutzte der Beklagte, um erneut zwischen dem 20. Dezember 2012 und dem 8. März 2013 in sechs Fällen einen Gesamtbetrag in Höhe von 35.000.- EUR von dem im April 2012 auf Veranlassung der damaligen Schulleiterin Frau … neu eingerichteten Girokonto für Schulfahrten (Konto Nr. … bei der Sparkasse …, …*) für private Zwecke zu veruntreuen.
Klassische oder sonstige Milderungsgründe, die im Rahmen der Bemessungsentscheidung nach Art. 14 Abs. 1 BayDG zu Folge hätten, dass von der Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte, liegen nicht vor.
Zu den jeweiligen Tatzeitpunkten war die Schuldfähigkeit des Beklagten wegen der bei ihm damals bestehenden pathologischen Spielsucht (ICD-10 F 63.0) nicht im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert.
Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfähigkeit durch ein Strafurteil mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindung des Disziplinargerichts gemäß Art. 25 Abs. 1, 55 BayDG nicht (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07, juris Rn. 29; B.v. 23.5.2017 - 2 B 51/16, juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 20.7.2012 - 16a DS 10.2569, juris Rn. 58; Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2. A. 2017, Rn. 44 ff. zu § 13).
Bei einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit kann die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, B.v. 11.1.2012 - 2 B 78/11, juris Rn. 5).
Vorliegend wurde durch das Amtsgericht … im rechtskräftigen Strafurteil vom 10. Oktober 2016 festgestellt, dass die bei dem Beklagten bestehende Spielsucht (ICD-10 F 63.0) zu den einzelnen Tatzeitpunkten nicht den Schweregrad einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des Eingangsmerkmals des § 20 StGB erreicht hat, was jedoch Voraussetzung für eine Anwendung des § 21 StGB ist.
Es kann dahinstehen, ob die Feststellung des Strafgerichts zum Nichtvorliegen der Eingangsmerkmale des § 20 StGB ebenfalls der Bindungswirkung nach Art. 25 Abs. 1, 55 BayDG unterliegt (vgl. OVG NW, U.v. 26.4.2016 - 3d A 1785/14.0, juris Rn. 109).
Denn auch unter Berücksichtigung der von dem Beklagten vorgelegten weiteren ärztlichen Atteste vom 7. Juli 2017 und 10. Juli 2017 und vom 12. November 2018 ergibt sich keine andere Bewertung, als sie vom Amtsgericht … vorgenommen worden ist.
Spielsucht kann allenfalls dann zu den anderen schweren seelischen Abartigkeiten im Sinne des § 20 StGB gerechnet werden, wenn bei Tatbegehung starke Entzugserscheinungen oder schwerste Persönlichkeitsveränderungen vorlagen und das gesamte Erscheinungsbild des Täters psychische Veränderungen der Persönlichkeit aufwies, die in ihrem Schweregrad der krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn die Spielsucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt oder der Täter bei Geldbeschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sein (BGH, B.v. 9.10.2012 - 2 StR 297/12, juris Rn. 7; BVerwG, U.v. 4.7.1990 - 1 D 28/89, juris Rn. 11; Schäfer/Sander/Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. A. 2017, Rn. 997). Bei Zugriffsdelikten ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nur in Ausnahmefällen erreicht werden kann (BayVGH, U.v. 29.7.2015 - 16b D 14.1328, juris Rn. 43 m.w.N.).
Den vorgelegten ärztlichen Attesten lässt sich jedoch gerade nicht entnehmen, dass es bei dem Beklagten zu derartigen schwersten Persönlichkeitsveränderungen gekommen ist. Gegen eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit spricht zudem die planvolle Tatausführung durch den Beklagten über einen längeren Zeitraum hinweg (vgl. BGH, U.v. 7.11.2013 - 5 StR 377/13, juris; U.v. 30.9.2014 - 3 StR 351/14, juris).
Die anerkannten Milderungsgründe „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“, „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ oder „einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat“ liegen ebenfalls nicht vor.
Der Milderungsgrund einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage greift im vorliegenden Fall schon deshalb nicht ein, weil es sich hier jedenfalls nicht um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat. Wiederholte Zugriffs- oder zugriffsähnliche Handlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2002 - 1 D 5.02, juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 3.5.2017 - 16a D 15.2087). Der Beklagte hat in einem Zeitraum von fast drei Jahren in elf Fällen Gelder von schulischen Konten veruntreut. Aus den gleichen Gründen liegen die Voraussetzungen einer „schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ oder „einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat“ nicht vor.
Der Milderungsgrund der tätigen Reue greift ebenfalls nicht, da der Beklagte vor der Entdeckung der Untreuehandlungen den Schaden nicht vollständig wieder gut gemacht hat, sondern erst in den Jahren 2014, 2015 und zuletzt am 25. Mai 2016 weiteren 40.659.- EUR an die Schule gezahlt hat (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2017 - 16a D 15.2758, juris Rn. 52).
Auch der Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ liegt nicht vor. Dieser setzt außergewöhnliche Verhältnisse voraus, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt „aus der Bahn geworfen“ haben. Die mildernde Berücksichtigung liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. Dies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin „aus der Bahn“ geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1979 - 1 D 39.78, BVerwGE 63, 219, vom 23.8.1988 - 1 D 136.87, NJW 1989, 851, v. 27.1.2011 - 2 A 5.09, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17, v. 28.2. 2013 - 2 C 3.12 - NVwZ 2013, 1087 und v. 10.12.2015 - 2 C 6.14, NVwZ 2016, 722).
Danach muss es sich um eine persönlich besonders belastende Situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Wenn aber das Verhalten des Beamten zum Tatzeitpunkt in keiner Hinsicht auffällig gewesen ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beamte sei aufgrund von außergewöhnlichen Umständen „zeitweilig aus der Bahn geworfen“. So liegt der Fall hier:
Der Beklagte war im Tatzeitraum in der Lage, seinen dienstlichen Pflichten als Lehrer nachzukommen. Die Schulleiterin konnte insoweit keine (psychischen) Auffälligkeiten beim Beklagten feststellen. Das Handeln des Beklagten erfolgte, um finanzielle Engpässe zu überbrücken, die Folge seiner Börsenspekulationen und seines Glücksspiels waren, nicht aber Folge außergewöhnlicher Verhältnisse, die den Beklagten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt „aus der Bahn geworfen“ hätten.
Allerdings ist bei Fehlen sog. anerkannter Milderungsgründe stets auch zu prüfen, ob sonstige Umstände vorliegen, die in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes vergleichbar und deshalb geeignet sind, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38/10, juris; U.v. 20.12.2013 - 2 B 35/13, juris).
So kann es sich bei der Gewichtung des Dienstvergehens für den Beamten unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Fürsorgepflicht oder des „Mitverschuldens“ mildernd auswirken, wenn im Tatzeitraum und danach erhebliche Defizite bei der Wahrnehmung der Dienstaufsicht durch seine Vorgesetzten ihm gegenüber bestanden. Dafür müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte für besondere Umstände vorliegen, die ausreichende Kontrollmaßnahmen unerlässlich machten, solche aber pflichtwidrig unterblieben oder nur unzureichend durchgeführt wurden (BVerwG, B.v. 3.2.2010 - 2 B 103/08, juris; B.v. 26.1.2006 - 2 WD 2/05, juris; Hermann/Sand-kuhl, Beamtendisziplinarrecht, Beamtenstrafrecht, 1. A. 2014, Erl. 326).
Die genannten Voraussetzungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.
Die frühere Schulleiterin Frau … übernahm die Schulleitung am …-Gymnasium … am 1. August 2011. Sie war zuvor nicht an der Schule tätig, kannte den Beklagten also nicht persönlich. Zur Einschätzung der Leistungen und der Persönlichkeit des Beklagten stand ihr zum damaligen Zeitpunkt nur die von ihrem Vorgänger erstellte dienstliche Beurteilung für den Beklagten vom Juli 2010 zur Verfügung.
In dieser erhielt der Beklagte das Gesamturteil „Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt (BG)“ zugesprochen. In der Begründung des Gesamtergebnisses wird ausgeführt, der Beklagte sei eine Lehrkraft, die einen sehr beachtlichen Unterricht mit sehr großem Erfolg erteile. Als Mitglied des Arbeitskreises ISE und als Mitorganisator von pädagogischen Tagen zeige er vortreffliches und nachhaltiges Engagement.
Als Mitglied im Schulleitungsteam sei er im Kollegium hoch geschätzt. Seine Aufgabenfelder im Schulleitungsteam bearbeite er eigenständig, souverän, zielorientiert und mit hoher Akzeptanz im Kollegium. Er verfüge über sehr gute pädagogische, organisatorische und praktische Fähigkeiten, die ihn als Lehrer wie auch Direktoratsmitglied auszeichneten.
Für die damalige Schulleiterin Frau … bestand deshalb kein Anlass, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Beklagten, insbesondere in seiner Funktion als Direktorratsmitglied, zu hegen.
Die im Jahr 2011 erfolgte schulinterne Prüfung der Schulkonten, zu der nach Angaben von Frau … keine Unterlagen mehr vorhanden sind, führten nicht zur Entdeckung der am 25. Mai 2010 und 26. Oktober 2010 vorgenommenen Überweisungen durch den Beklagten auf seine privaten Konten.
Für die Schulleiterin bestand somit zumindest bis zum Jahr 2012, als sie im Rahmen der Bestellung des Beklagten zum ständigen Vertreter der Schulleitung beabsichtigt hatte, die Kontoführung einer anderen Lehrkraft zu übertragen, keine Veranlassung zu besonderen Kontrollmaßnahmen gegenüber dem Beklagten.
In diesem Zusammenhang verweist die Landesanwaltschaft Bayern auch zu Recht darauf, dass sich nach ständiger Rechtsprechung der Dienstherr auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten verlassen können muss, dem dienstlich Gelder anvertraut sind. Eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten ist gerade nicht möglich, weshalb der Dienstherr in besonderem Maße auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten angewiesen ist (BayVGH, U.v. 11.10.2017 - 16a D 15.2759, juris Rn. 43).
Für den Zeitraum ab 2012 bis zur nächsten Kassenprüfung, die erst am 22. Januar 2014 ohne Beanstandung abgeschlossen wurde, ist zwar festzustellen, dass durch die damalige Schulleiterin die Vorgabe des § 24 Satz 4 GSO vom 23. Januar 2007 nicht umgesetzt worden ist. Danach hätte in jedem Schuljahr mindestens eine Kassenprüfung durch einen Kassenprüfungsausschuss stattfinden müssen, dessen drei Mitglieder aus der Mitte der Lehrerkonferenz gewählt werden. Diese Kassenprüfungen haben in den Jahren 2012 und 2013 nicht stattgefunden. Die Kassenprüfung des Jahres 2014 erstreckte sich nur auf das Schulkonto, da der Beklagte die Unterlagen für das Fahrtenkonto nicht zur Prüfung vorgelegt hatte.
Wäre es in den Schuljahren 2012 und 2013 zu der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung des Fahrtenkontos gekommen, wären möglicherweise bereits die Überweisungen vom 20. Dezember 2012 und 27. Dezember 2012 entdeckt und damit die weiteren Zugriffe des Beklagten auf schulische Konten unterbunden worden.
Dies entlastet den Beklagten jedoch nicht.
Denn er hat durch sein Verhalten maßgeblich mit dazu beigetragen, dass es zu den Verzögerungen bei der Kassenprüfung gekommen ist. Er hat in der mündlichen Verhandlung dann auch selbst eingeräumt, kein Interesse an der Durchführung der Kassenprüfung gehabt zu haben. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar, da der Beklagte mit der Entdeckung der von ihm vorgenommenen unberechtigten Abhebungen vom Fahrtenkonto der Schule hätte rechnen müssen.
Selbst wenn man gleichwohl zugunsten des Beklagten insoweit von einem Versäumnis der Schulleiterin als der Dienstvorgesetzten des Beklagten und von einer insoweit nicht ausreichenden Dienstaufsicht ausgehen wollte, würde dies an der Schwere des begangenen Dienstvergehens und der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nichts ändern.
Denn in diesem Fall hätten allenfalls die vier zuletzt begangenen Untreuehandlungen vom 2. Januar 2013, 8. Januar 2013, 1. März 2013 und 8. März 2013 mit einem Gesamtbetrag von 23.000.- EUR verhindert werden können, womit sich die Schadenshöhe von 68.000.- EUR auf 45.000.- EUR reduziert hätte.
Zugunsten des Beklagten ist zwar zu berücksichtigen, dass er bisher nicht straf- und disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist, und auch die Stellungnahme des Staatlichen Schulamtes … vom 20. Juni 2016 positiv ausgefallen ist. Auch haben sich frühere Kollegen und Dritte für den Beklagten eingesetzt.
Hierzu ist jedoch festzuhalten, dass auch langjähriges beanstandungsfreies dienstliches Verhalten jedenfalls bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen in aller Regel nicht durchgreifend mildernd ins Gewicht fällt. Denn jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2018 - 16a D 15.2087, juris Rn. 61).
Nach Abwägung aller be- und entlastenden Umstände sowie der Persönlichkeit des Beklagten ist deshalb nach Überzeugung der Kammer die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen und geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn.
Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U.v. 14.10.2003 - 1 D 2.03, juris; BayVGH, U.v. 11.10.2017 - 16a D 15.2759, juris Rn. 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.