Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2017 - 16a D 14.2483

bei uns veröffentlicht am18.01.2017
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 13 DK 12.6122, 07.10.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Unter Abänderung von Ziffer 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/20 auf die Dauer von drei Jahren erkannt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

1. Der am … … 19** geborene Beklagte stand seit 1989 als Soldat auf Zeit (Offizier im Truppendienst) im Dienst der Bundeswehr, zuletzt im Rang eines Oberleutnants. Am 1. Juli 1999 wurde er im Rahmen des Sonderprogramms 99/2 (ältere Bewerber) bei der Bayerischen Polizei unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Anwärter für den mittleren Polizeivollzugsdienst eingestellt. Nach dem Bestehen der Anstellungsprüfung mit der Note „ausreichend“ wurde der Beklagte am 5. Juni 2001 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeimeister (BesGr A 7) ernannt. Am 5. April 2004 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen sowie am 1. Juli 2004 zum Polizeiobermeister (BesGr A 8) befördert. Er wird im Bereich des Polizeipräsidiums M* … eingesetzt, zunächst bei der VPI Verkehrsüberwachung und derzeit bei der VPI Verkehrsanzeigen als Sachbearbeiter. Er erhält monatliche Dienstbezüge aus BesGr A 8 mit Zulagen. Der Beklagte ist geschieden und hat keine Kinder. In der letzten periodischen Beurteilung 2008 wurden dem Beklagten fünf Punkte im Gesamturteil sowie die Verwendungseignung als Sachbearbeiter zuerkannt. Unter dem 11. August 2010, 29. März 2012, ergänzt am 28. August 2012, sowie 28. Januar 2013 wurden Persönlichkeitsbilder für den Beklagten erstellt. Danach bestehen erhebliche Defizite bei der Sachbearbeitung und im Verhalten gegenüber Kollegen und Dritten.

2. Der Beklagte ist straf- und disziplinarrechtlich wie folgt vorbelastet:

2.1 Mit seit 2. November 2007 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts A* … vom 17. Oktober 2007 (Az. … … … …*) wurde gegen den Beklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr sowie vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs nach §§ 316, 315c, 53 StGB eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen á 35,-- € verhängt. Der Beklagte war am 31. Juli 2007 gegen 23 Uhr nach vorangegangenem Alkoholgenuss mit seinem PKW in A* … unterwegs und versuchte, sich durch Flucht einer Polizeikontrolle zu entziehen, wobei er mit einer überhöhten Geschwindigkeit von bis zu 150 km/h im Stadtgebiet unterwegs war, auf einer Straßenbahntrasse rückwärtsfuhr, eine Schleuderwende durchführte, auf der Gegenfahrbahn an wartenden Fahrzeugen vorbeifuhr, mehrfach ein Rotlicht überfuhr und schließlich mit einem Linienbus kollidierte. Die bei ihm festgestellte Blutalkoholkonzentration im Tatzeitpunkt betrug 1,78 ‰. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen und die Sperre für die Wiedererteilung auf 12 Monate festgesetzt.

2.2 Mit seit 28. April 2009 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts A* … vom 3. April 2009 (Az: … … … …*) wurde gegen den Beklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen á 20,-- € verhängt. Der Beklagte war am 4. Oktober 2008 gegen 2 Uhr in absolut fahruntüchtigem Zustand in A* … mit dem Fahrrad unterwegs, als er stürzte und versuchte, sich der Feststellung seiner Personalien durch eine von Passanten herbeigerufene Polizeistreife zu entziehen. Die bei ihm festgestellte Blutalkoholkonzentration im Tatzeitpunkt betrug 1,85 ‰.

2.3 Aufgrund der beiden unter 2.1 und 2.2 angeführten strafrechtlich gewürdigten Sachverhalte sowie wegen einer beleidigenden Äußerung über seinen damaligen Dienststellenleiter im Oktober 2007 kürzte der Kläger mit bestandskräftiger Disziplinarverfügung vom 24. November 2010 nach Art. 9 BayDG die Dienstbezüge des Beklagten um 1/20 für die Dauer von drei Jahren.

3. Nach dem Vorfall vom 4. Oktober 2008 war der Beklagte vom 10. Oktober 2008 bis 4. November 2008 im Bezirkskrankenhaus S* … (Bescheinigung vom 7. November 2008) und vom 10. November 2008 bis 13. Februar 2009 in der Fachklinik Z* … (Bescheinigung vom 13. Februar 2009) stationär in Entzugsbehandlung.

Am 18. Februar 2009 wurde der Beklagte polizeiärztlich auf seine Dienstfähigkeit untersucht. Laut polizeiärztlichem Gesundheitszeugnis vom 4. März 2009 war er glaubhaft alkoholabstinent sowie polizeidienstfähig, allerdings aktuell und bis auf weiteres zum Führen von Waffen und Kraftfahrzeugen nicht geeignet.

Mit Schreiben vom 9. März 2009 wies das Polizeipräsidium M* … den Beklagten unter Hinweis auf die beamtenrechtliche Gesunderhaltungspflicht an, vollständige dauerhafte Alkoholabstinenz einzuhalten sowie regelmäßig eine Selbsthilfegruppe zu besuchen und hierüber geeignete Nachweise vorzulegen. Zugleich wurde er belehrt, dass Verstöße gegen diese Anordnungen disziplinarrechtlich geahndet würden.

Am 29. April 2009 wurde der Beklagte erneut polizeiärztlich auf seine Dienstfähigkeit untersucht. Laut polizeiärztlichem Gesundheitszeugnis vom 5. Mai 2009 war er glaubhaft weiterhin alkoholabstinent sowie polizeidienstfähig und auch wieder zum Führen von Waffen und Kraftfahrzeugen geeignet.

Am 17. Dezember 2009 wurde der Beklagte erneut polizeiärztlich auf seine Dienstfähigkeit untersucht. Laut polizeiärztlichem Gesundheitszeugnis vom 22. Dezember 2009 war er weiterhin glaubhaft alkoholabstinent sowie polizeidienstfähig.

Beim Beklagten vorgenommene Blutalkoholkontrollen ergaben keinen Nachweis für Alkoholkonsum. Der Beklagte legte Teilnahmebescheinigungen für den Besuch einer Selbsthilfegruppe und Nachweise für eine psychotherapeutische Behandlung vor.

Laut Zeugnis der IHK S* … vom 9. Oktober 2009 und 7. Januar 2010 bestand der Beklagte die Prüfung nach § 4 BKrFQG für die beschleunigte Grundqualifikation nach § 2 Abs. 4 und § 3 BKrFQV für den Straßenpersonen- und Güterverkehr.

Nach Durchführung einer MPU am 1. Februar 2010 wurde dem Beklagten am 1. März 2010 die private Fahrerlaubnis wiedererteilt. Am 4. Mai 2010 wurde ihm die Berechtigung zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen wiederausgestellt.

Mit Bescheid vom 22. November 2010 erteilte das Polizeipräsidium M* … dem Beklagten jederzeit widerruflich befristet bis 30. September 2015 die Genehmigung, eine Nebentätigkeit als Aushilfsbus- bzw. Aushilfslastkraftwagenfahrer auszuüben.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2011 ordnete das Polizeipräsidium M* … eine polizeiärztliche Untersuchung des Beklagten zur Überprüfung der Dienstfähigkeit am 3. Februar 2011 an und wies ihn auf die Verpflichtung hin, sich gemäß Art. 128 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BayBG auf Verlangen des Dienstvorgesetzten polizeiärztlich untersuchen zu lassen und die nach Ansicht des Polizeiarztes erforderlichen Untersuchungen (auch eine Labordiagnostik, wozu z.B. auch eine Blutentnahme gehöre) durchführen zu lassen. Da ein erhöhter GGT-Wert festgestellt worden war, ordnete das Polizeipräsidium M* … mit Schreiben vom 8. Februar 2011 die Durchführung einer ergänzenden polizeiärztlichen Labordiagnostik für 10. Februar 2011 an und wies den Beklagten auf die Verpflichtung hin, sich gemäß Art. 128 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BayBG auf Verlangen des Dienstvorgesetzten polizeiärztlich untersuchen zu lassen und die nach Ansicht des Polizeiarztes erforderlichen Untersuchungen (auch eine Labordiagnostik, wozu auch eine Blutentnahme oder ggf. eine Haaranalyse gehöre) durchführen zu lassen. Die Polizeiärztin ordnete am 10. Februar 2011 eine Haaranalyse auf Alkoholabbauprodukte (Ethylglucuronid [EtG] und Fettsäureethylester [FSEE]) durch das Forensisch-Toxikologische Centrum M* … (FTC) an, das diese am selben Tag durchführte und am 22. Februar 2011 hierüber ein Gutachten erstellte.

Laut polizeiärztlichem Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 wurde aufgrund der Haaranalyse nicht nur der Nachweis erbracht, dass der Beklagte - entgegen seinen Angaben, weiterhin vollständige Alkoholabstinenz einzuhalten, - in den letzten drei Monaten regelmäßig Alkohol konsumiert habe. Mit 90%iger Wahrscheinlichkeit sei auch von einem regelmäßigen Alkoholkonsum von mehr als 60 g Alkohol täglich auszugehen. Deshalb sei der Beklagte derzeit und bis auf weiteres zum Führen von Dienstwaffen und Dienstfahrzeugen gesundheitlich nicht geeignet. Sichere Hinweise, dass er zum Führen privater Kraftfahrzeuge gesundheitlich nicht geeignet sei, lägen nicht vor. Der Beklagte sei weiter anzuhalten, wöchentlich eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Eine Wiedervorstellung werde nach sechs Monaten empfohlen, bis zur Nachuntersuchung seien die Verwendungseinschränkungen aufrechtzuerhalten.

Mit ergänzender Stellungnahme vom 20. April 2011 erklärte die Polizeiärztin, der Beklagte sei gesundheitlich auch nicht geeignet, Busse im Linien-, Ausflugs- und Gelegenheitsverkehr zu führen oder Transporte im gewerblichen Güterkraftverkehr einschließlich Gefahrguttransporte durchzuführen.

Mit Schreiben vom 21. April 2011 untersagte das Polizeipräsidium M* … dem Beklagten das Tragen von Dienstwaffen und das Führen von Dienstfahrzeugen und wies ihn unter Hinweis auf die beamtenrechtliche Gesunderhaltungspflicht erneut an, vollständige dauerhafte Alkoholabstinenz einzuhalten sowie regelmäßig wöchentlich eine Selbsthilfegruppe zu besuchen und hierüber geeignete Nachweise vorzulegen. Zugleich wurde er nochmals belehrt, dass Verstöße gegen diese Anordnungen disziplinarrechtlich geahndet würden.

Mit Verfügung vom 23. Mai 2011 leitete die Disziplinarbehörde nach Art. 19 BayDG aufgrund des Alkoholkonsums Ende 2010 bis Februar 2011 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein [Anschuldigungspunkt 1].

Mit Bescheid vom 14. Oktober 2011 widerrief das Polizeipräsidium M* … die dem Beklagten erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung und ordnete den Sofortvollzug des Widerrufs an. Den Antrag des Beklagten auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des hiergegen am 8. November 2011 eingelegten Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. April 2012 ab (Az. 3 CS 12.444).

Vom 19. Oktober bis 17. November 2011 befand sich der Beklagte in stationärer Behandlung in der S* …-Klinik R* … Laut Befundbericht vom 16. Februar 2012 wurde u.a. Alkoholabhängigkeit, gegenwärtig (überwiegend) abstinent, diagnostiziert.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 ordnete das Polizeipräsidium M* … unter Bezugnahme auf das Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 eine polizeiärztliche Nachuntersuchung des Beklagten zur Überprüfung der Dienstfähigkeit am 8. Dezember 2011 an und wies ihn auf die Verpflichtung hin, sich gemäß Art. 128 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BayBG auf Verlangen des Dienstvorgesetzten polizeiärztlich untersuchen zu lassen und die nach Ansicht des Polizeiarztes erforderlichen Untersuchungen (auch eine Labordiagnostik, wozu auch eine Blutentnahme oder ggf. eine Haaranalyse gehöre) durchführen zu lassen.

Der Beklagte wurde am 8. Dezember 2011 polizeiärztlich untersucht. Dabei lehnte er Angaben zu seinem Alkoholkonsum ab und verweigerte eine vom Polizeiarzt zur Klärung seiner Dienstfähigkeit für erforderlich gehaltene Haaranalyse.

Am 9. Dezember 2011 legte der Beklagte auszugsweise Gutachten des TÜV-Süd vom 31. August 2011 vor, das von der Fahrerlaubnisbehörde zur Überprüfung der Fahreignung gemäß § 11 FeV in Auftrag gegeben worden war. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass beim Beklagten zwar Alkoholabhängigkeit, aber kein Rückfall vorliege, und dass dieser stabil abstinent sei, so dass Fahreignung zu bejahen sei.

Laut polizeiärztlichem Gesundheitszeugnis vom 20. Dezember 2011 bestanden wegen der psychischen und psychosomatischen Anfälligkeit des Beklagten und seiner Alkoholprobleme erhebliche Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit. Aufgrund seiner Weigerung, Angaben zu seinem Alkoholkonsum zu machen und eine Haaranalyse durchführen zu lassen, sei zu vermuten, dass er in gewissem Umfang weiter Alkohol konsumiere. Entgegen der Ansicht im TÜV-Gutachten vom 31. August 2011 sei der Nachweis stabiler Abstinenz nicht als erbracht anzusehen.

Mit Verfügung vom 23. Januar 2012 dehnte die Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren nach Art. 21 Abs. 1 BayDG auf den Sachverhalt aus, dass der Beklagte sich geweigert habe, die vom Polizeiarzt für erforderlich gehaltene Haaranalyse am 8. Dezember 2011 durchführen zu lassen [Anschuldigungspunkt 2].

Am 7. Februar 2012 führte der Polizeiarzt weiter aus, die vom Beklagten vorgelegten Laborwerte der Hausärzte Dr. M* …- … vom 7. Juni 2011 würden keine Alkoholabstinenz belegen, deren Einschätzung, es sei nicht von Alkoholmissbrauch auszugehen, sei daher wertlos. Auch die im TÜV-Gutachten vom 31. August 2011 erhobenen Leberwerte (GGT, GPT und GOT) seien nicht geeignet, eine stabile und dauerhafte Alkoholabstinenz nachzuweisen und würden nicht den Nachweis von EtG und Fettsäureethylester in der Haarprobe vom 10. Februar 2011 widerlegen.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2012 ordnete das Polizeipräsidium M* … unter Bezugnahme auf das Gesundheitszeugnis vom 20. Dezember 2011 die erneute polizeiärztliche Nachuntersuchung des Beklagten zur Überprüfung der Dienstfähigkeit am 15. Mai 2012 an und wies ihn auf die Verpflichtung hin, sich gemäß Art. 128 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BayBG auf Verlangen des Dienstvorgesetzten polizeiärztlich untersuchen zu lassen und die nach Ansicht des Polizeiarztes erforderlichen Untersuchungen (auch eine Labordiagnostik, wozu auch eine Blutentnahme oder ggf. eine Haaranalyse gehöre) durchführen zu lassen.

Zu der Untersuchung am 15. Mai 2012 erschien der Beklagte nicht. Er legte am 21. Mai 2012 eine AU-Bescheinigung seiner Hausärzte vom 15. Mai 2012 vor.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2012 ordnete das Polizeipräsidium M* … unter Bezugnahme auf das Gesundheitszeugnis vom 20. Dezember 2011 nochmals die erneute polizeiärztliche Nachuntersuchung des Beklagten zur Überprüfung der Dienstfähigkeit am 30. Mai 2012 an und wies ihn auf die Verpflichtung hin, sich gemäß Art. 128 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BayBG auf Verlangen des Dienstvorgesetzten polizeiärztlich untersuchen zu lassen und die nach Ansicht des Polizeiarztes erforderlichen Untersuchungen (auch eine Labordiagnostik, wozu auch eine Blutentnahme oder ggf. eine Haaranalyse gehöre) durchführen zu lassen.

Der Beklagte wurde am 30. Mai 2012 polizeiärztlich untersucht. Dabei verweigerte er wiederum eine vom Polizeiarzt zur Klärung seiner Dienstfähigkeit für erforderlich gehaltene Haaranalyse.

Am 4. Juni 2012 legte der Beklagte ein Attest seiner Hausärzte vom 31. Mai 2012 vor, wonach er sich am 15. Mai 2012 aufgrund eines Infekts in Behandlung befunden habe und ihm Bettruhe angeraten worden sei.

Laut polizeiärztlichem Gesundheitszeugnis vom 19. Juni 2012 konnte aufgrund der Weigerung des Beklagten, sich der Haaranalyse zu unterziehen, nicht sicher beurteilt werden, ob er vollständig alkoholabstinent sei. An seiner Alkoholabhängigkeit gebe es aber keine vernünftigen Zweifel. Der Nachweis stabiler Abstinenz sei von ihm nicht erbracht. Der Beklagte sei entweder (vorzugsweise) im Innendienst ohne das Führen von Dienstwaffen und Dienstkraftfahrzeugen zu verwenden, bis man von einer vollständigen stabilen Alkoholabstinenz überzeugt sei, oder im Vollzugsdienst mit dem Führen von Dienstwaffen und Dienstkraftfahrzeugen unter regelmäßigen engmaschigen Nachuntersuchungen im Abstand von drei Monaten einzusetzen.

Mit Verfügung vom 26. Juni 2012 dehnte die Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren nach Art. 21 Abs. 1 BayDG auf den Sachverhalt aus, dass der Beklagte trotz Anordnung unentschuldigt nicht zur Nachuntersuchung am 15. Mai 2012 erschienen sei sowie sich geweigert habe, die vom Polizeiarzt für erforderlich gehaltene Haaranalyse am 30. Mai 2012 durchführen zu lassen [Anschuldigungspunkte 3 und 4].

In der Folge wurde der Beklagte weiterhin im Innendienst ohne das Führen von Dienstwaffen und Dienstkraftfahrzeugen eingesetzt, weil die Frage der vollständigen Alkoholabstinenz aufgrund seiner Weigerung, sich einer Haarprobe zu unterziehen, nicht zuverlässig beurteilt werden könne.

Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 2. Oktober 2012 wurde der Beklagte nach Art. 32 BayDG abschließend gehört und über die Möglichkeit belehrt, die Mitwirkung der Personalvertretung zu beantragen. Er äußerte sich am 8. November 2012.

Mit Schreiben vom 13. November 2012 ordnete das Polizeipräsidium M* … die erneute polizeiärztliche Nachuntersuchung des Beklagten zur Überprüfung der Dienstfähigkeit am 19. November 2012 an und wies ihn auf die Verpflichtung hin, sich gemäß Art. 128 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BayBG auf Verlangen des Dienstvorgesetzten polizeiärztlich untersuchen zu lassen und die nach Ansicht des Polizeiarztes erforderlichen Untersuchungen (auch eine Labordiagnostik, wozu auch eine Blutentnahme oder ggf. eine Haaranalyse gehöre) durchführen zu lassen. Den hiergegen gestellten Antrag nach § 123 VwGO des Beklagten lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 ab (Az. M 5 E 12.5698).

Mit Disziplinarklage vom 7. Dezember 2012 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht München - Disziplinarkammer - beantragt, den Beklagten wegen der oben genannten Anschuldigungspunkte 1 bis 4 zurückzustufen. Der Beklagte ist dem mit Schriftsatz vom 11. Januar 2013 und 13. Februar 2013 entgegengetreten.

Die Disziplinarkammer zog die Akten des Verfahrens M 5 K 12.2977 wegen Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung bei. Das dort eingeholte verkehrsmedizinische Gutachten der AVUS vom 12. Juni 2013 kommt zu dem Schluss, dass der Beklagte alkoholabhängig ist. Nach Angaben des Beklagten sei es von Ende 2010 bis Februar 2011 zu einem Rückfall mit Alkoholkonsum gekommen. Diese Angaben würden durch das Ergebnis der Haaranalyse vom 10. Februar 2011 bestätigt. Diese habe eine EtG-Konzentration von 31 pg/mg nachgewiesen. Eine EtG-Konzentration von 7 pg/mg gelte als positiver Nachweis für Alkoholkonsum. Ab einer EtG-Konzentration von 25-30 pg/mg sei von Alkoholmissbrauch (d.h. mehr als 60 g Alkohol täglich) auszugehen. Die Vorlage des beim polizeiärztlichen Dienst befindlichen FTC-Gutachtens vom 22. Februar 2010 lehnte der Kläger aus datenschutzrechtlichen Gründen ab.

4. Mit Urteil vom 7. Oktober 2014 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten gemäß Art. 10 BayDG in ein Amt der BesGr A 7 zurückgestuft. Der Beklagte sei ordnungsgemäß über sein Recht, die Mitwirkung der Personalvertretung zu beantragen, belehrt worden. Der ihm zur Last gelegte Sachverhalt stehe hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 1, 2 und 4 zur Überzeugung des Gerichts fest. Bezüglich Anschuldigungspunkt 1 sei davon auszugehen, dass der Beklagte entgegen der ihm aufgrund der Alkoholerkrankung obliegenden Verpflichtung zur Abstinenz von Ende 2010 bis Februar 2011 Alkohol in einem Maß konsumiert habe, das als Rückfall in die sog. „nasse Phase“ der Alkoholkrankheit anzusehen sei. Dieser Sachverhalt stehe aufgrund des Ergebnisses der Haaranalyse des FTC vom 10. Februar 2011 sowie der Erkenntnisse hierzu im AVUS-Gutachten vom 12. Juni 2013 fest. Zwar sei das FTC-Gutachten trotz Aufforderung dem Gericht nicht vorgelegt worden und auch nicht Bestandteil der Behördenakte geworden, so dass der Alkoholkonsum des Beklagten von Ende 2010 bis Februar 2011 nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen sei. Die Polizeiärztin habe das FTC-Gutachten auch nicht bei den im Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 zugrunde gelegten Befunden angeführt. Der Alkoholkonsum des Beklagten von Ende 2010 bis Februar 2011 lasse sich aber anhand des Gesundheitszeugnisses vom 7. April 2011 und der Erkenntnisse im AVUS-Gutachten vom 12. Juni 2013 nachvollziehen. Aufgrund der Feststellungen des von der AVUS-Gutachterin eingesehenen und ihr vom Beklagten vorgelegten FTC-Gutachtens und dessen Angaben sei der Alkoholkonsum des Beklagten von Ende 2010 bis Februar 2011 mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen. Dieser Nachweis werde weder durch das TÜV-Gutachten vom 31. August 2011 noch durch den Abschlussbericht der S* …-Klinik vom 16. Februar 2012 widerlegt, da diesen das FTC-Gutachten nicht bekannt gewesen sei. Bezüglich der Anschuldigungspunkte 2 und 4 stehe aufgrund des Inhalts der Behördenakten sowie der Einlassungen des Beklagten fest, dass dieser sich geweigert habe, im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchungen am 8. Dezember 2011 und 30. Mai 2012 an der vom Polizeiarzt zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit für erforderlich angesehenen Haaranalyse mitzuwirken. Der Beklagte bestreite dies nicht, er halte sich jedoch nicht verpflichtet, daran mitzuwirken. Der ihm unter Anschuldigungspunkt 3 vorgeworfene Sachverhalt, am 15. Mai 2012 ohne genügende Entschuldigung nicht zur Untersuchung erschienen zu sein, sei dagegen nicht erwiesen, da der Beklagte ein Attest vom 31. Mai 2012 vorgelegt habe, in dem ihm ein Infekt vom 15. bis 18. Mai 2012 bescheinigt werde, zu dessen Behandlung Bettruhe angeraten worden sei.

Durch sein Verhalten habe der Beklagte schuldhaft gegen die beamtenrechtliche Gesunderhaltungspflicht (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und gegen die Pflicht, dienstlichen Anordnungen nachzukommen (§ 35 Satz 2 BeamtStG), verstoßen. Der Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholerkrankung sei disziplinarrechtlich relevant, weil der Beklagte dadurch zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen sowie von Dienstwaffen gesundheitlich nicht geeignet gewesen sei. Der Rückfall habe damit dienstliche Auswirkungen gehabt. Dies sei ihm subjektiv auch vorwerfbar, da der Beklagte über die Notwendigkeit des vollständigen Verzichts auf Alkoholkonsum belehrt worden sei, so dass ihm im Zeitpunkt des Rückfalls die Befolgenspflicht bekannt gewesen sei bzw. jedenfalls hätte bekannt sein müssen. Auch die Weigerung, eine polizeiärztlich angeordnete Haaranalyse zur Überprüfung der Dienstfähigkeit durchführen zu lassen, sei disziplinarrechtlich relevant. Die Weisungen zur Duldung dieser Untersuchungen seien zu Recht ergangen, so dass der Beklagte sie zu befolgen habe. Die Anordnung gemäß Art. 128 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG, sich polizeiärztlich untersuchen zu lassen, sei rechtmäßig gewesen. Aufgrund der Untersuchungen vom 3. und 10. Februar 2011 hätten konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass beim Beklagten ein Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholkrankheit vorgelegen habe. Um einen Alkoholmissbrauch ausschließen zu können, sei es deshalb sachgerecht gewesen, weitere Haarproben durchzuführen, um Zweifel an der Dienstfähigkeit zu klären. Dadurch werde er gegenüber Personen mit kurzen Haaren nicht ungleich behandelt und in der privaten Lebensführung nur geringfügig eingeschränkt. Die Anordnungen hätten Anlass und Umfang der Untersuchungen erkennen lassen und seien nicht unverhältnismäßig. Beim Erlass der Anordnungen sei die Personalvertretung nicht zu beteiligen gewesen. Das festgestellte einheitliche Dienstvergehen führe gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayDG zur Zurückstufung in ein Amt der BesGr A 7. Der schuldhafte Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholkrankheit rechtfertige nur eine Gehaltskürzung. Hinzu komme der mehrfache Verstoß gegen die Verpflichtung zur Befolgung dienstlicher Anordnungen, der besonders schwer wiege, da er eine eingeschränkte Dienstfähigkeit zur Folge gehabt habe, so dass die Entfernung aus dem Dienst naheliege. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte während des Disziplinarverfahrens beanstandungsfrei Dienst geleistet habe und auch keine besonderen krankheitsbedingten Ausfallzeiten zu verzeichnen habe. Eine negative Auswirkung der Alkoholkrankheit des Beklagten auf seine Dienstfähigkeit sei nicht ersichtlich. Da eine Verwendung im Vollzugsdienst möglich erscheine, sei eine Zurückstufung um eine Gehaltsstufe derzeit noch angemessen, aber auch ausreichend.

5. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2014 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise eine mildere Disziplinarmaßnahme auszusprechen.

Hinsichtlich Anschuldigungspunkt 1 habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht einen Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholerkrankung von Ende 2010 bis Februar 2011 bejaht. Es sei widersprüchlich, wenn es einen Alkoholmissbrauch ohne Vorlage des FTC-Gutachtens als nicht nachgewiesen ansehe, diesen jedoch anhand des Gesundheitszeugnisses vom 7. April 2011 und des AVUS-Gutachtens vom 12. Juni 2013 für nachvollziehbar erachte. Im Übrigen gehe auch das FTC-Gutachten nur mit 90%iger Wahrscheinlichkeit von einem Alkoholkonsum von mehr als 60 g täglich aus. Erst ab einer Konzentration von mehr als 1,0 ng/mg sei aber mit 100%iger Wahrscheinlichkeit von einem Alkoholkonsum von mehr als 60 g täglich auszugehen. Ein 100%iger Nachweis für einen Rückfall liege deshalb nicht vor. Das AVUS-Gutachten habe keine auffälligen Befunde erbracht. Auch die S* …-Klinik habe eine Alkoholabhängigkeit verneint. Der Hausarzt des Beklagten habe keine Anhaltspunkte für eine Alkoholabhängigkeit gesehen; hierzu werde auf die Atteste vom 2. April 2013, 14. November 2013 und 6. Oktober 2014 samt zugehörigen Laborwerten verwiesen. Die Leberwerte seien auch geeignet, eine Alkoholabstinenz nachzuweisen. Hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 2 und 4 habe es keinen Anlass für die Nachuntersuchungen gegeben, da der Beklagte seit 2009 nicht alkoholauffällig geworden sei, sondern Innendienst ohne relevante Ausfall- und Krankheitstage leiste. Die Anordnungen seien deshalb auf bloße Zweifel an der Dienstfähigkeit gestützt worden. Auch der Polizeiarzt habe nur mutmaßen können, dass der Beklagte alkoholabhängig sei, habe ihn jedoch als polizeidienstfähig angesehen. Obwohl der Polizeiarzt den Einsatz des Beklagten im Vollzugsdienst für denkbar halte, habe der Kläger ihm keine Möglichkeit gegeben, sich dort zu bewähren. Die Anordnungen hätten keine Angaben zu den tatsächlichen Umständen enthalten, auf die die angeblichen Zweifel an der Dienstfähigkeit gestützt worden seien. Da sie rechtswidrig seien, sei der Beklagte nicht verpflichtet, ihnen nachzukommen. Er habe die Abgabe einer Haarprobe zu Recht verweigert, weil dies unverhältnismäßig sei und gegen Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Von einer Disziplinarmaßnahme sei daher abzusehen, die gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe rechtfertigten jedenfalls keine Zurückstufung um eine Besoldungsgruppe.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt weiter aus: Im Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 sowie im AVUS-Gutachten vom 12. Juni 2013 werde das Ergebnis der Haaranalyse des FTC vom 10. Februar 2011 wiedergegeben, aus dem folge, dass der Beklagte entgegen seinen Angaben zwischen Ende 2010 und Februar 2011 Alkohol konsumiert habe. Danach sei mit 90%iger Wahrscheinlichkeit von einem regelmäßigen hohen Konsum von mehr als 60g Alkohol täglich auszugehen, weil eine EtG-Konzentration von 31 pg/mg festgestellt worden sei. Nachuntersuchungen seien im Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 angekündigt worden. Aufgrund der Weigerung des Beklagten, eine Haarprobe abzugeben, habe der Polizeiarzt nur vermuten können, dass eine Alkoholabhängigkeit vorliege. Es falle deshalb in den Verantwortungsbereich des Beklagten, dass keine sichere Diagnose über die Polizeidienstfähigkeit möglich sei und er weiterhin im Innendienst eingesetzt werden müsse. Eine Verwendung im Polizeivollzugsdienst würde seine Mitwirkung bei der Abgabe einer Haarprobe voraussetzen. Es sei auch ein nicht hinnehmbares Risiko, einen Beamten, bei dem Zweifel über die Polizeidienstfähigkeit bestünden, mit Waffen und Fahrzeugen Dienst leisten zu lassen.

Auf Anfrage des Senats teilte der Beklagte mit Schreiben vom 20. März 2015 mit, Schweigepflichtentbindung im Hinblick auf das FTC-Gutachten werde nicht erteilt.

Der Senat hat am 18. Januar 2017 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Nach übereinstimmenden Angaben leistet der Beklagte weiterhin beanstandungsfrei Dienst. 2014 habe er 14 Krankmeldungen mit 37 Krankheitstagen gehabt; 2015 sei es zu acht Krankmeldungen mit insgesamt 105 Krankheitstagen gekommen, die im Wesentlichen auf einen Unfall zurückzuführen seien. Der Beklagte erklärte, dem Polizeiarzt 2014 eine Haarprobe angeboten zu haben. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen, die ihm jede Entwicklungsmöglichkeit genommen habe.

Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Disziplinarakte (Bl. 1-189) sowie der Personalakten des Beklagten (Unterordner A-D) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. Sie führt unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, mit dem der Beklagte nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayDG in ein Amt der Besoldungsgruppe A 7 zurückgestuft worden ist, zur Verhängung der Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayDG um 1/20 auf die Dauer von drei Jahren.

1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

2. Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen:

2.1 Bezüglich des Anschuldigungspunkts 1 (Alkoholkonsum Ende 2010 bis Februar 2011) geht der Senat aufgrund des Akteninhalts davon aus, dass der Beklagte, der nach einem wiederholten Alkoholmissbrauch 2007 und 2008 von Oktober 2008 bis Februar 2009 erfolgreich eine Entziehungstherapie gemacht hat und in der Folge nachweislich alkoholabstinent war, entgegen der ihm aufgrund der festgestellten Alkoholerkrankung obliegenden Verpflichtung zu Alkoholabstinenz, über die er mit Schreiben vom 9. März 2009 auch ausdrücklich belehrt worden ist, von Ende 2010 bis Februar 2011 erneut Alkohol in einer Menge konsumiert hat, die als Rückfall in die sog. „nasse Phase“ der Alkoholerkrankung anzusehen ist, aufgrund der er zum Führen von Dienstfahrzeugen und Dienstwaffen gesundheitlich nicht geeignet war.

Aufgrund der Feststellungen im polizeiärztlichen Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 und im verkehrsmedizinischen Gutachten der AVUS vom 12. Juni 2013, die auf dem Ergebnis der von der Polizeiärztin angeordneten Haaranalyse vom 10. Februar 2011 (Gutachten des FTC vom 22. Februar 2011) beruhen, sowie der Einlassungen des Beklagten gegenüber der AVUS-Gutachterin steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte von Ende 2010 bis Februar 2011 nicht nur - entgegen seiner Behauptung, weiterhin vollständig alkoholabstinent zu sein, - erneut Alkohol zu sich genommen hat und damit rückfällig geworden ist, sondern auch, dass er regelmäßig mehr als 60 g Alkohol täglich konsumiert hat, so dass ein Alkoholmissbrauch und damit ein Rückfall in die sog. „nasse Phase“ vorlag.

Dies folgt aus dem Ergebnis der Haaranalyse vom 10. Februar 2011. Laut Gutachten des FTC vom 22. Februar 2011 ergab die beim Beklagten entnommene Haarprobe von 3-3,5 cm Länge eine EtG-Konzentration von 31 pg/mg. Ethylglucuronid (EtG) wird im Körper als unmittelbares Abbauprodukt von Alkohol gebildet und ist in den Haaren mehrere Monate nachweisbar. Der EtG-Wert stellt einen hochspezifischen Alkoholmarker dar, der es erlaubt, Alkoholabstinenz direkt nachzuweisen oder zu widerlegen (BayVGH, B.v. 14.11.2011 - 11 CS 11.2349 - juris Rn. 57). Bereits eine EtG-Konzentration ab 5 bis 7 pg/mg lässt sicher auf wiederholten Alkoholkonsum schließen (Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Auflage 2013, S. 256), so dass die Behauptung, der Beklagte habe weiterhin vollständige Alkoholabstinenz eingehalten, widerlegt ist; im Übrigen hat er gegenüber der AVUS-Gutachterin eingeräumt, von Ende 2010 bis Februar 2011 erneut Alkohol konsumiert zu haben. Die festgestellte EtG-Konzentration überstieg darüber hinaus den Wert von 25 bis 30 pg/mg, was für einen regelmäßigen Konsum von mehr als 60 g Alkohol täglich spricht (Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann a.a.O.), der von der WHO als Alkoholmissbrauch angesehen wird, und gibt weiter Aufschluss über einen erhöhten Alkoholkonsum in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten vor der Entnahme der Haarprobe am 10. Februar 2011 (BayVGH, B.v. 8.11.2016 - 3 CS 16.1553 - Rn. 16).

Hiergegen kann der Beklagte nicht einwenden, dass anhand des Ergebnisses der Haaranalyse lediglich mit 90%iger Wahrscheinlichkeit von einem Konsum von mehr als 60 g Alkohol täglich auszugehen sei und dass erst ab einer Konzentration von 1,0 ng/mg mit 100%iger Wahrscheinlichkeit ein erhöhter Alkoholkonsum anzunehmen sei. Der von ihm genannte Grenzwert gilt nur für die - ebenfalls zum Nachweis von Alkoholkonsum geeigneten - Fettsäureethylester (FSEE), ist jedoch nicht für die hier zugrunde gelegte EtG-Konzentration maßgeblich (vgl. Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann a.a.O.). Aufgrund der bei ihm festgestellten EtG-Konzentration steht auch mit hinreichender Gewissheit fest, dass der Beklagte im fraglichen Zeitraum mehr als 60 g Alkohol täglich konsumiert hat, was für den Nachweis eines Alkoholmissbrauchs ausreicht. Eine 100%ige Wahrscheinlichkeit ist hierfür nicht erforderlich. Die für die Überzeugungsbildung des Gerichts notwendige Gewissheit erfordert nur ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen, wobei die bloße Möglichkeit eines anderen, ggf. auch gegenteiligen Geschehensverlaufs die erforderliche Gewissheit nicht ausschließt (BayVGH, U.v. 18.3.2015 - 16a D 09.3029 - juris Rn. 44).

Einer prozessualen Verwertung der in den polizeiärztlichen Unterlagen befindlichen Haaranalyse steht auch nicht entgegen, dass der Kläger diese trotz Aufforderung durch das Verwaltungsgericht gemäß Art. 3 BayDG i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO unter Berufung auf datenschutzrechtliche Gründe nicht vorgelegt und der Beklagte insoweit eine Schweigepflichtentbindung abgelehnt hat. Ob der Kläger die Vorlage nach Art. 3 BayDG i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO verweigern durfte, obwohl es um die Verletzung der Gesunderhaltungspflicht geht, so dass das Gericht auch Zugriff auf die Krankenakten haben muss (Weiß in: Fürst, GKÖD Bd. II, § 58 BDG Rn. 49), und ob sich der Beklagte diesbezüglich auf die ärztliche Schweigepflicht berufen kann (verneinend BVerwG, U.v. 18.10.1977 - 1 D 111.76 - juris Rn. 40, weil die durch die Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse dem Gutachter nicht i.S.v. § 203 StGB anvertraut sind), kann dahinstehen. Jedenfalls liegt in dem Umstand, dass der Beklagte sich freiwillig der Haaranalyse unterzogen hat, seine (konkludente) Zustimmung zu deren späteren Verwertung im dienstlichen Bereich (BVerwG a.a.O.).

Daher war die Polizeiärztin auch berechtigt, das Ergebnis der von ihr im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung des Beklagten zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit angeordneten Haaranalyse, auf das sie ihre Beurteilung maßgeblich gestützt hat, im Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 wiederzugeben. Dieses wurde dadurch zum Bestandteil der Personal- bzw. der Disziplinarakte, so dass der Senat es auch ohne Vorlage des Gutachtens des FTC vom 22. Februar 2011 verwerten kann. Beruht das Gutachten eines Sachverständigen neben seinen eigenen Erkenntnissen auch auf dem Ergebnis einer von ihm veranlassten Zusatzuntersuchung, so kann das Gericht dieses auch ohne Vorlage des Ergänzungsgutachtens verwerten, wenn dieser kraft seiner Sachkunde die Verantwortung für das Ergebnis der Zusatzuntersuchung übernimmt (vgl. BGH, U.v. 30.10.1968 - 4 StR 281/68 - juris Rn. 7), wie dies hier hinsichtlich des Ergebnisses der von der Polizeiärztin angeordneten Haaranalyse der Fall war. Diese hat den Beklagten aufgrund des durch die Haaranalyse festgestellten aktuellen Alkoholmissbrauchs gesundheitlich als nicht geeignet angesehen, derzeit Dienstfahrzeuge und Dienstwaffen zu führen, und damit (volle) Polizeidienstfähigkeit verneint. Hierfür war auch nicht erforderlich, dass sie das Gutachten förmlich unter dem Punkt „Zusätzliche Befunde erhoben durch“ anführte; es genügt, dass sie im Gesundheitszeugnis erkennbar darauf Bezug genommen hat. Bezugnahmen auf anderweitig erhobene Befunde sind zulässig, wenn - wie vorliegend - deutlich wird, in welchem Umfang der Amtsarzt sich ihnen anschließt.

Im Übrigen ergibt sich auch aus dem im Verfahren M 5 K 12.2977 eingeholten, vom Verwaltungsgericht im gerichtlichen Disziplinarverfahren beigezogenen Gutachten der AVUS vom 12. Juni 2013, dessen Verwertung der Beklagte nicht widersprochen hat, dass dieser aufgrund der bei ihm durch die Haaranalyse festgestellten EtG-Konzentration von 31 pg/mg von Ende 2010 bis Februar 2011 regelmäßig mehr als 60 g Alkohol täglich konsumiert hat. Diesbezügliche Mängel des Gutachtens hat der Beklagte nicht substantiiert dargetan, wenn er behauptet, die Gutachterin sei nicht über den Grund der Untersuchung informiert gewesen. Diese hat entsprechend dem Gutachtensauftrag u.a. zu der Frage Stellung genommen, ob beim Beklagten ein Rückfall in die Alkoholerkrankung vorlag. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn sie aus den Angaben des Beklagten, zwischen Ende 2010 und Februar 2011 Alkohol konsumiert zu haben, und dem Ergebnis der Haaranalyse den Schluss gezogen hat, dass in diesem Zeitraum ein Rückfall mit erhöhtem Alkoholkonsum stattgefunden hat. Die sonstigen Angriffe gegen das Gutachten betreffen nicht diesen Zeitraum, sondern stellen in Frage, dass der Beklagte aktuell Alkohol konsumiert hatte.

Der Nachweis des Alkoholmissbrauchs von Ende 2010 bis Februar 2011 wird auch durch die vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen nicht widerlegt. Entgegen seiner Behauptung wurde im Befundbericht der S* …-Klinik vom 16. Februar 2012 - übereinstimmend mit der Einschätzung im TÜV-Gutachten vom 31. August 2011 und im AVUS-Gutachten vom 12. Juni 2013 - Alkoholabhängigkeit bei ihm diagnostiziert. Wenn er insoweit darauf verweist, dass laut TÜV-Gutachten kein Alkoholmissbrauch festgestellt worden sei, weil die Leberwerte (GGT-, GOT-, GPT-, MVC- und CDT-Werte) im Normbereich gelegen hätten, vermag dies den Nachweis eines erhöhten Alkoholkonsums aufgrund des EtG-Werts im Zeitraum von Ende 2010 bis Februar 2011 nicht in Zweifel zu ziehen; gleiches gilt insoweit, als laut AVUS-Gutachten der GGT-Wert bei der Untersuchung im Normbereich gelegen habe. Im Übrigen sind die Leberwerte zu unspezifisch und daher gegenüber dem EtG-Wert nur eingeschränkt geeignet, eine Alkoholabstinenz nachzuweisen (BayVGH, B.v. 14.11.2011 a.a.O.). Darüber hinaus lag weder der S* …-Klinik noch dem TÜV-Süd das Ergebnis der Haaranalyse vom 10. Februar 2011 vor, so dass deren Einschätzung bezüglich der Frage der Alkoholabstinenz kein Aussagewert zukommt. Entsprechendes gilt auch für die Atteste und Laborberichte der Hausärzte des Beklagten vom 7. Juni 2011, 2. April 2013, 14. November 2013 und 6. Oktober 2014, die ebenfalls lediglich auf der Diagnose der Leberwerte beruhen und nicht den fraglichen Zeitraum betreffen.

2.2 Bezüglich der Anschuldigungspunkte 2 und 4 (Weigerung, Haaranalysen zur Überprüfung der Alkoholabstinenz durchführen zu lassen) geht der Senat aufgrund des Akteninhalts und der Einlassungen des Beklagten davon aus, dass dieser seine Mitwirkung an der vom Polizeiarzt im Rahmen der mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 bzw. 23. Mai 2012 vom Dienstherrn angeordneten Untersuchung zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit am 8. Dezember 2011 und 30. Mai 2012 für erforderlich gehaltenen Haaranalyse abgelehnt hat. Der Beklagte hat diesen Sachverhalt nicht bestritten, sondern erklärt, dass er seiner Ansicht nach nicht zur Mitwirkung an einer Haaranalyse verpflichtet sei, und die Abgabe einer Haarprobe deshalb verweigert.

2.3 Bezüglich Anschuldigungspunkt 3 (Nichterscheinen zu der für den 15. Mai 2012 angeordneten Nachuntersuchung) ist aus Sicht des Senats hingegen nicht mit der erforderlichen Gewissheit nachgewiesen, dass der Beklagte der Untersuchung durch den Polizeiarzt ohne genügende Entschuldigung ferngeblieben ist. Der Beklagte hat für den Untersuchungstag zunächst am 21. Mai 2012 eine AU-Bescheinigung seiner Hausärzte vom 15. Mai 2012 und in der Folge am 4. Juni 2012 ein Attest seiner Hausärzte vom 31. Mai 2012 vorgelegt, in dem ihm bescheinigt wird, dass er sich am 15. Mai 2012 aufgrund eines Infekts in Behandlung befunden habe und ihm Bettruhe angeraten worden sei. Auch wenn sich hieraus nicht eindeutig ergibt, dass er am 15. Mai 2012 aus medizinischen Gründen strikt das Bett hüten musste und deshalb auch nicht reisefähig war, so dass er den Untersuchungstermin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen konnte, ist nachvollziehbar, dass der Beklagte aufgrund der ausgesprochenen ärztlichen Empfehlung an diesem Tag zu Hause geblieben ist, um seine Genesung nicht zu gefährden. Auch aus der nachträglichen Ausstellung des Attests kann nicht einfach gefolgert werden, dass es sich bei der privatärztlichen Bescheinigung um ein unglaubwürdiges sog. „Gefälligkeitsattest“ gehandelt hätte. Insoweit kann der Polizeiarzt auch nicht pauschal einwenden, dass die Ausführungen des Privatarztes nicht überzeugend seien. Der Polizeiarzt hat den Beklagten am 15. Mai 2012 nicht persönlich untersucht und kannte dessen Gesundheitszustand daher nicht. Der Privatarzt bestätigt demgegenüber, dass sich der Beklagte an diesem Tag in seiner Behandlung befunden hat und er an einem Infekt erkrankt war, so dass der polizeiärztlichen Einschätzung keine höhere Beweiskraft als dem privatärztlichen Attest zukommt. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Entschuldigung dafür vorliegt, warum der Beklagte am 15. Mai 2012 nicht an der angeordneten polizeiärztlichen Nachuntersuchung teilgenommen hat.

3. Durch das vom Senat festgestellte Verhalten hat der Beklagte sowohl gegen die Gesunderhaltungs- (§ 34 Satz 1 BeamtStG) als auch gegen die Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen und dadurch ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG).

3.1 Durch den Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholerkrankung hat der Beklagte gegen die Gesunderhaltungspflicht verstoßen (BayVGH, B.v. 7.8.2012 - 16a DZ 10.1377 - juris Rn. 7). Aus der Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf gemäß § 34 Satz 1 BeamtStG folgt, dass ein Beamter zur Erfüllung seiner Pflichten seinem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen und diese im Interesse des Dienstherrn erhalten muss. Dies bedeutet aber nicht, dass Beamte generell keinen Alkohol konsumieren dürften. Auch die Alkoholkrankheit als solche ist disziplinarrechtlich nicht vorwerfbar. Erst wenn deren Folgen in den dienstlichen Bereich hineinreichen, wird die Alkoholabhängigkeit disziplinarrechtlich relevant, sei es, dass der Beamte im Dienst oder kurze Zeit davor Alkohol zu sich nimmt, sei es, dass der Alkoholkonsum eine zeitweilige oder dauernde Dienstunfähigkeit zur Folge hat. Zudem müssen dem Beamten die dienstlichen Folgen der Alkoholkrankheit auch subjektiv vorwerfbar sein. Dies erfordert regelmäßig eine entsprechende Belehrung und Aufklärung über die aus der Alkoholkrankheit folgende Gesunderhaltungspflicht und die disziplinarrechtlichen Folgen der Verletzung dieser Dienstpflicht, so dass dem Beamten diese Pflicht und die Folgen ihrer Verletzung bei Tatbegehung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Außerdem muss der Beamte trotz seiner Alkoholkrankheit in der Lage gewesen sein, deren dienstliche Folgen zu vermeiden. Zu den dienstlichen Pflichten eines alkoholkranken Beamten gehört es, nach einer Entwöhnungsbehandlung den Griff zum „ersten Glas“ Alkohol zu unterlassen, weil jeder Genuss von Alkohol nach einer Entzugstherapie das Verlangen nach weiterem Alkohol wieder aufleben lässt und so erfahrungsgemäß in die „nasse Phase“ der Alkoholabhängigkeit zurückführen kann. Dennoch ist es nicht das „erste Glas“ selbst, das disziplinarrechtlich bedeutsam und als beamtenrechtliche Pflichtverletzung vorwerfbar ist. Disziplinarrechtliche Relevanz erhält der Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholsucht erst, wenn eine Entwöhnungstherapie erfolgreich war, so dass der Beamte im Zeitpunkt des Rückfalls in der Lage war, der Gefahr eines Rückfalls in die Alkoholsucht mit Erfolg zu begegnen, und wenn die erneute Abhängigkeit Folgen im dienstlichen Bereich hat (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2001 - 1 D 64.00 - juris Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind vorliegend beim Beklagten zu bejahen.

Der Beklagte ist nach übereinstimmender Einschätzung im Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 und 19. Juni 2012 sowie im Gutachten des TÜV-Süd vom 31. August 2011, im Befundbericht der S* …-Klinik vom 16. Februar 2012 und im Gutachten der AVUS vom 12. Juni 2013 alkoholabhängig. Er hat nach den Feststellungen im polizeiärztlichen Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 und im AVUS-Gutachten vom 12. Juni 2013 in der Zeit von Ende 2010 bis Februar 2011 einen Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholerkrankung erlitten, nachdem er von Oktober 2008 bis Februar 2009 erfolgreich eine Entziehungskur durchgeführt hatte (vgl. Bescheinigung des Bezirkskrankenhauses S* … vom 7. November 2008 und der Fachklinik Z* … vom 13. Februar 2009). Diese hatte ihn in die Lage versetzt, der Gefahr eines Rückfalls in die Alkoholabhängigkeit zu begegnen. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Beklagte laut Gesundheitszeugnis vom 4. März 2009, 5. Mai 2009 und 22. Dezember 2009 sowie dem Ergebnis der MPU vom 1. Februar 2010 von Anfang 2009 bis Anfang 2010 nachweislich alkoholabstinent war und er seinen Alkoholkonsum auch bis Ende 2010 zumindest soweit im Griff hatte, dass es nicht zu alkoholbedingten Ausfällen kam und er seinen Dienst ordnungsgemäß verrichtete.

Der Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholkrankheit hatte zudem erhebliche dienstliche Auswirkungen, da infolge dessen die Polizeidienstfähigkeit des Beklagten in Frage gestellt wurde (BayVGH, B.v. 23.11.2006 - 3 CS 06.2376 - juris Rn. 32). Der Beklagte konnte deshalb nicht mehr (im vollen Umfang) im Polizeivollzugsdienst, sondern nur noch (eingeschränkt) im Innendienst ohne das Führen von Waffen und Fahrzeugen verwendet werden (BayVGH, U.v. 14.12.2005 - 16a D 04.3486 - juris Rn. 73). Nach Einschätzung der Polizeiärztin im Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 war der Beklagte infolge des Rückfalls in die Alkoholerkrankung gesundheitlich nicht mehr in der Lage, Dienstwaffen und Dienstfahrzeuge zu führen, so dass ihm das Polizeipräsidium M* … am 21. April 2011 zu Recht das Tragen von Dienstwaffen und das Führen von Dienstfahrzeugen untersagt hat und er seither nur mehr im Innendienst eingesetzt werden kann. Weil das Risiko eines Rückfalls bei einem nicht vollständig abstinenten Alkoholabhängigen etwa doppelt so hoch wie bei einem abstinenten Alkoholabhängigen, war es gerechtfertigt, dem Beklagten das Führen von Dienstwaffen und Dienstfahrzeugen zu untersagen, bis die Alkoholabstinenz eindeutig feststeht (SächsOVG, U.v. 28.3.2014 - D 6 A 456/11 - juris Rn. 36); eine Überprüfung, ob er vollständig alkoholabstinent ist, hat der Beklagte bislang durch seine Weigerung, an einer erneuten Haaranalyse mitzuwirken, verhindert.

Der Beklagte ist ferner auch ausdrücklich über seine Verpflichtung zur vollständigen Alkoholabstinenz und über die disziplinarrechtlichen Folgen der Verletzung dieser Dienstpflicht belehrt worden, so dass er subjektiv vorwerfbar (schuldhaft) handelte (BayVGH, B.v. 7.8.2012 a.a.O. Rn. 8). Aufgrund der schriftlichen Belehrung am 9. März 2009 war ihm bekannt, dass ein erneuter Alkoholkonsum einen Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholkrankheit zur Folge haben und so seine Dienstfähigkeit zeitweise oder dauerhaft beeinträchtigen bzw. ausschließen kann, was disziplinarrechtlich geahndet werden kann (BVerwG, U.v. 27.11.2001 a.a.O. Rn. 29). Er wusste aufgrund seiner langjährigen Alkoholerkrankung und der erfolgreichen Durchführung einer Entziehungskur auch, dass er zur Erhaltung seiner Dienstfähigkeit vollständig abstinent bleiben musste, handelte dem jedoch bewusst zuwider. Den Eintritt der alkoholbedingten Einschränkungen der Dienstfähigkeit und deren Fortdauer hat er dabei zumindest billigend in Kauf genommen, so dass er vorsätzlich gegen die Pflicht aus § 34 Satz 1 BeamtStG verstoßen hat. Vorsätzliches Verhalten erfordert nicht die Einsicht in die medizinische Tatsache der Alkoholkrankheit, sondern Kenntnis der Verpflichtung, die Dienstfähigkeit durch Alkoholabstinenz zu erhalten bzw. durch geeignete Maßnahmen wiederherzustellen, unabhängig davon, ob der Betroffene dies selbst für nötig hält oder nicht (BayVGH, B.v. 7.8.2012 a.a.O. Rn. 9; SächsOVG, U.v. 28.3.2014 a.a.O. Rn. 40).

Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit i.S.d. § 20 StGB bzw. für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB im Zeitraum von Ende 2010 bis Anfang 2011, weil der Beklagte wegen des alkoholbedingten Verlusts der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, einen Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholerkrankung zu vermeiden (BVerwG, U.v. 9.10.2001 - 1 D 50.00 - juris Rn. 42), liegen nicht vor.

3.2 Durch den Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholerkrankung hat der Beklagte zugleich gegen die ihm mit Schreiben vom 9. März 2009 erteilte Weisung seines Dienstherrn, vollständige dauerhafte Alkoholabstinenz einzuhalten, verstoßen (OVG NRW, U.v. 17.2.2016 - 3d A 467/13.O - juris Rn. 70). Gemäß § 35 Satz 2 BeamtStG sind Beamte verpflichtet, dienstliche Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen. Der Beklagte hat dieser ihm bekannten Weisung bewusst zuwidergehandelt, indem er trotz ausdrücklicher Belehrung erneut Alkohol konsumiert hat, so dass er auch insoweit vorsätzlich gehandelt hat.

3.3 Durch seine Weigerung, an der vom Polizeiarzt zur Überprüfung seiner Polizeidienstfähigkeit im Rahmen der Nachuntersuchung am 8. Dezember 2011 sowie am 30. Mai 2012 für erforderlich gehaltenen Haaranalyse mitzuwirken, hat der Beklagte ebenfalls gegen die Gehorsamspflicht aus § 35 Satz 2 BeamtStG verstoßen (BayVGH, U.v. 20.5.2015 - 16a D 13.2359 - juris Rn. 100). Bestehen Zweifel über die Polizeidienst(un) fähigkeit eines Beamten, so ist dieser verpflichtet, sich nach Weisung des Dienstvorgesetzten ärztlich untersuchen zu lassen (Art. 128 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG). Die Polizeidienst(un) fähigkeit i.S.d. Art. 128 Abs. 1 Satz 1 BayBG ist nach Art. 128 Abs. 1 Satz 2 BayBG aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens, das auf einer Untersuchung durch den polizeiärztlichen Dienst (Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 4 Satz 1 GDVG) beruht, festzustellen. Der Polizeiarzt hat dabei in eigener Kompetenz zu beurteilen, ob er ggf. eine ergänzende Untersuchung bzw. ein ergänzendes Gutachten durch einen Facharzt für erforderlich hält (BayVGH, B.v. 22.9.2015 - 3 CE 15.1042 - juris Rn. 40).

Aufgrund der Feststellungen im Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011, dass der Beklagte von Ende 2010 bis Februar 2011 in die „nasse Phase“ der Alkoholsucht zurückgefallen ist, lagen tatsächliche Umstände vor, die Zweifel daran begründeten, ob der Beklagte polizeidienstfähig war (BayVGH, B.v. 23.11.2006 - 3 CS 06.2376 - juris Rn. 32). Demgemäß war der Kläger berechtigt, am 8. Dezember 2011 eine Nachuntersuchung zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit anzuordnen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - juris Rn. 19). In der Anordnung vom 2. Dezember 2011 wurde dabei auf das Gesundheitszeugnis vom 7. April 2011 Bezug genommen, in dem die Polizeiärztin aufgrund der Alkoholabhängigkeit eine Nachuntersuchung des Beklagten zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten empfohlen hatte. Dem Beklagten war somit der Anlass für die Nachuntersuchung bekannt, so dass er die Anordnung auch auf ihre Berechtigung hin überprüfen konnte (BVerwG, U.v. 26.4.2012 a.a.O. Rn. 20). Die Anordnung enthielt weiter Angaben zu Art und Umfang der angeordneten Untersuchung (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - juris Rn. 22). Sie bezog sich auf die Untersuchung des Beklagten zur Überprüfung der Dienstfähigkeit einschließlich einer nach Ansicht des Polizeiarztes ggf. erforderlichen Labordiagnostik mit Blutentnahme oder Haaranalyse. Die Anordnung des Polizeiarztes, zur Klärung der Alkoholabstinenz eine Haaranalyse durchführen zu lassen, um den aussagekräftigen EtG-Wert (BayVGH, B.v. 14.11.2011 a.a.O.) feststellen zu können, hielt sich in diesem Rahmen.

Da sich der Beklagte weigerte, im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung vom 8. Dezember 2011 an der vom Polizeiarzt für erforderlich gehaltenen Haaranalyse mitzuwirken, konnte dieser keine sichere Einschätzung hinsichtlich der Frage der Alkoholabstinenz treffen, sondern nur vermuten, dass weiterhin Alkoholabhängigkeit vorliege. Dies kann der Beklagte dem Kläger jedoch nicht entgegenhalten, da er selbst treuwidrig die Klärung seiner Polizeidienstfähigkeit vereitelt hat. Da wegen der fehlenden Mitwirkung des Beklagten die seit Anfang 2011 bestehenden, von ihm nicht ausgeräumten Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit fortbestanden, war vielmehr eine erneute Nachuntersuchung erforderlich, die der Kläger zunächst mit Schreiben vom 7. Mai 2012 für 15. Mai 2012 und - nachdem der Beklagte an diesem Tag nicht zur Untersuchung erschienen war - mit Schreiben vom 23. Mai 2012 nochmals für 30. Mai 2012 anordnete. Der - erneuten - Darlegung der laut Gesundheitszeugnis vom 20. Dezember 2011 mit Ergänzung vom 7. Februar 2012 weiterhin bestehenden Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit bedurfte es dabei nicht, da dem Beklagten der Anlass für die Nachuntersuchung, die auf seinem Verhalten beruhte, bekannt war. Im Übrigen enthielt auch die wiederholte Anordnung Vorgaben zu Art und Umfang der Untersuchung, die Anordnung der Haaranalyse hielt sich im Rahmen des Auftrags.

Der Anordnung einer Haaranalyse zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit stand auch nicht entgegen, dass der Beklagte laut Gutachten des TÜV-Süd vom 31. August 2011 anhand der dort überprüften Leberwerte als stabil abstinent angesehen wurde. Wie unter 2.1 ausgeführt, sind diese zu unspezifisch, um eine Alkoholabstinenz nachweisen bzw. ausschließen zu können. Hierzu hätte es vielmehr der Feststellung des EtG-Werts bedurft (BayVGH, B.v. 14.11.2011 a.a.O.). Entsprechendes gilt für die Laborwerte der Hausärzte vom 7. Juni 2011. Auch dem Befundbericht der S* …-Klinik vom 16. Februar 2012 kann ohne Feststellung des EtG-Werts entgegen der Diagnose „gegenwärtig (überwiegend) abstinent“ keine verlässliche Aussage hinsichtlich einer vollständigen Alkoholabstinenz im damaligen Zeitraum entnommen werden. Soweit das AVUS-Gutachten vom 12. Juni 2013 wegen des im Normbereich liegenden GGT-Werts aktuell keinen weiteren chronischen Alkoholkonsum feststellte, konnte es aufgrund der Weigerung des Beklagten, eine Haaranalyse durchzuführen, den EtG-Wert nicht weiter überprüfen, nachdem eine Urinuntersuchung keinen EtG-Nachweis ergab. Zudem fand die Untersuchung bei der AVUS am 28. März 2013 und damit erst nach den polizeiärztlichen Nachuntersuchungen statt, so dass hieraus nicht auf Abstinenz im Dezember 2011 bzw. Mai 2012 geschlossen werden kann.

Aufgrund der erneuten Weigerung des Beklagten am 30. Mai 2011, sich der vom Polizeiarzt für erforderlich gehaltenen Haaranalyse zu unterziehen, konnte dieser wiederum nicht sicher beurteilen, ob der Beklagte vollständig alkoholabstinent war, so dass die bestehenden, vom Beklagten weiterhin nicht ausgeräumten Zweifel an seiner Polizeidienstfähigkeit aufgrund der feststehenden Alkoholabhängigkeit weiter fortbestanden. Demgemäß hat der Polizeiarzt im Gesundheitszeugnis vom 19. Juni 2012 primär auch empfohlen, den Beklagten weiterhin im Innendienst ohne Führen von Dienstwaffen und Dienstfahrzeugen zu verwenden, bis man davon überzeugt sei, dass er vollständige und stabile Alkoholabstinenz einhalte. Soweit er alternativ die Möglichkeit gesehen hat, den Beklagten im Vollzugsdienst auch mit Führen von Dienstwaffen und Dienstfahrzeugen zu verwenden, sofern regelmäßige engmaschige Nachuntersuchungen auf Alkoholabstinenz im Abstand von drei Monaten stattfinden würden, liegt darin keine vorbehaltlose Bejahung der Polizeidienstfähigkeit, sondern nur ein unverbindlicher Vorschlag, der die - hier nicht gegebene - Bereitschaft des Beklagten voraussetzen würde, sich einer Haaranalyse zu unterziehen. Zudem ist der Kläger diesem Vorschlag auch nicht beigetreten, weil es ein unkalkulierbares Risiko darstellt, einen Beamten, bei dem aufgrund Alkoholmissbrauchs Zweifel über die Polizeidienstfähigkeit bestehen, mit Dienstwaffen und Dienstfahrzeugen Dienst tun zu lassen (SächsOVG, U.v. 28.3.2014 a.a.O. Rn. 36). Entgegen der Behauptung des Beklagten hat das Polizeipräsidium M* … ihm das Tragen von Dienstwaffen und das Führen von Dienstfahrzeugen mit Schreiben vom 21. April 2011 auch ohne Einschränkungen untersagt.

Die Anordnung der Haaranalyse war auch nicht unverhältnismäßig und verstieß nicht gegen Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn unabhängig davon, ob die Entnahme einer Haarprobe mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist (bejahend: OLG München, B.v. 9.6.2010 - 3 Ws 457/10 - juris Rn. 12; verneinend: OLG München, B.v. 9.7.2010 - 2 Ws 571/10 - juris Rn. 10 § 68b Abs. 1 Nr. 10 StGB>), ist der Beklagte gemäß Art. 128 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet, diese zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit zu dulden (BayVGH, U.v. 14.10.2015 - 16a D 14.351 - juris Rn. 64). Dadurch wird nur verhältnismäßig gering in sein Grundrecht nach Art. 2 Abs. 1 und 2 GG eingegriffen. Sein Vorbringen, er werde gegenüber Beamten mit kurzen Haaren gleichheitswidrig behandelt, weil man diesen auch keine Haarprobe entnehmen könne, liegt neben der Sache.

Da die Anordnungen zur Durchführung einer Haaranalyse rechtmäßig waren, war der Beklagte verpflichtet, ihnen nachzukommen. Zudem besteht die Gehorsamspflicht grundsätzlich auch bei rechtswidrigen Weisungen (BVerfG, B.v. 7.11.1994 - 2 BvR 1117/94 u.a. - juris Rn. 5). Sollte der Beklagte die Rechtmäßigkeit der Anordnungen bezweifelt haben, hätte er sie verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen können, was ihn allerdings nicht von der Pflicht zur Ausführung der Anordnungen entbunden hätte (BVerfG a.a.O. Rn. 6).

Der Beklagte hat damit vorsätzlich und subjektiv vorwerfbar (schuldhaft) gegen die Gehorsamspflicht aus § 35 Satz 2 BeamtStG verstoßen, indem er sich ohne Grund geweigert hat, zur Klärung seiner Polizeidienstfähigkeit an der vom Polizeiarzt für erforderlich gehaltenen Haaranalyse mitzuwirken.

4. Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ergibt, einheitlich zu würdigen. Das einheitliche Dienstvergehen führt zur Kürzung der Dienstbezüge um 1/20 auf drei Jahre (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Diese Disziplinarmaßnahme ist im Hinblick auf die Art und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich sowie das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten zur Überzeugung des Senats zur Ahndung des verübten Dienstvergehens ausreichend, aber auch erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der Bewertung ist, welche Maßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Diensts und die Integrität des Berufsbeamtentums aufrechtzuerhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Maßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten des Beamten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist. Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

Das Gewicht eines schuldhaften Rückfalls in die Alkoholsucht wird wesentlich durch die Schuldform und das Ausmaß der dienstlichen Auswirkungen bestimmt (BVerwG, U.v. 27.11.2001 - 1 D 64.00 - juris Rn. 34). Der Rückfall in die „nasse Phase“ kann je nach den Umständen des Einzelfalls eine Gehaltskürzung, eine Zurückstufung oder eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen. Bei einem lediglich fahrlässigen Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht kommt regelmäßig nur eine Gehaltskürzung in Betracht (BVerwG, U.v. 11.3.1997 - 1 D 68.95 - juris Rn. 29). Eine Zurückstufung kommt bei einschlägiger Vorbelastung in Frage (BVerwG, U.v. 21.7.1986 - 1 D 137.84 - juris Rn. 20). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wird i.d.R. nur bei vorsätzlichem Handeln verhängt werden können (BVerwG, U.v. 7.7.1987 - 1 D 104.86 - juris Rn. 33). Zu Lasten fällt insoweit ins Gewicht, dass der Beklagte vorsätzlich handelte und einschlägig wegen Alkoholkonsums vorbelastet ist. Erschwerend wirken sich auch die dienstlichen Folgen aus, die der Rückfall zeitigte, der dazu führte, dass der Beklagte seit Anfang 2011 nicht mehr im Vollzugsdienst, sondern nur mehr im Innendienst verwendet werden konnte. Zu seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass er seither keine alkoholbedingten Ausfälle oder erheblichen Krankheitszeiten aufweist. Obwohl mit der Herbeiführung der Dienstunfähigkeit bei einem schuldhaften Rückfall in die Alkoholsucht das Dienstvergehen vollendet ist, ergibt sich hieraus eine günstige Zukunftsprognose, aus der sich Anhaltspunkte für eine Wiedererlangung der Polizeidienstfähigkeit ergeben (BVerwG, U.v. 27.11.2001 a.a.O. Rn. 35), wie dies auch im Gesundheitszeugnis vom 19. Juni 2012 anklingt.

Hinzu kommt die vorsätzliche Nichtbefolgung zweier dienstlicher Anordnungen, zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit an der vom Polizeiarzt für erforderlich gehaltenen Haaranalyse mitzuwirken. Die vorsätzliche Nichtbefolgung von Weisungen ist von erheblichem Gewicht, da die Gehorsamspflicht zu den Kernpflichten eines Beamten gehört (BVerwG, U.v. 13.12.2000 - 1 D 34.98 - juris Rn. 48), und kann im Einzelfall auch die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen, v.a. wenn die Pflichtverletzung erhebliche Auswirkungen auf den Dienst hatte (BayVGH, U.v. 13.12.2006 - 16a D 05.3379 - juris Rn. 24 ff.). In minder schweren Fällen kommt hingegen regelmäßig nur eine Gehaltskürzung in Betracht (BayVGH, U.v. 14.10.2015 - 16a D 14.351 - juris Rn. 78). Insoweit ist zu Lasten des Beklagten zu werten, dass seine beharrliche Weigerung, zur Überprüfung der Alkoholabstinenz an der Haaranalyse mitzuwirken, zu erheblichen dienstlichen Auswirkungen geführt hat, da er deshalb bis auf weiteres nicht mehr im Vollzugsdienst, sondern nur mehr im Innendienst verwendet werden konnte. Auch insoweit ist allerdings mildernd zu berücksichtigen, dass der Beklagte seit Anfang 2011 nicht mehr alkoholauffällig geworden ist und seinen Dienst ohne erhebliche Krankheitszeiten beanstandungsfrei verrichtet hat, was den Schluss auf eine Wiedererlangung der Polizeidienstfähigkeit zulässt.

Vor diesem Hintergrund kommt eine Entfernung des Beklagten aus dem Dienst nicht in Betracht. Aber auch eine Zurückstufung in ein niedrigeres Amt der BesGr A 7 ist nicht geboten. Zwar sprechen die schlechten dienstlichen Leistungen des Beklagten nicht für ihn. Zu Lasten des Beklagten spricht auch, dass er wegen Alkoholtaten strafrechtlich und disziplinarrechtlich vorbelastet ist und sich durch die wegen dieser Vortaten 2010 verhängte Gehaltskürzung nicht zu einer vollständigen dauerhaften Alkoholabstinenz anhalten hat lassen. Mildernd ist hingegen die Dauer des Disziplinarverfahrens seit Mai 2011 zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 28.2.2013 - 2 C 3.12 - juris Rn. 54), auch wenn der Beklagte bis zu der Erhebung der Disziplinarklage aufgrund der Weigerung, eine Haarprobe abzugeben, nur eingeschränkt dienstfähig war. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände erscheint dem Senat deshalb die Kürzung der Dienstbezüge für die Höchstdauer von drei Jahren um 1/20 angemessen und geboten. Eine (nochmalige) Berücksichtigung der Verfahrensdauer nach Art. 9 Abs. 4 Satz 2 BayDG mit der Folge, dass der Beklagte entgegen Art. 9 Abs. 4 Satz 1 BayDG vor Ablauf von drei Jahren befördert werden könnte, erscheint demgegenüber aufgrund der gegen den Beklagten sprechenden erschwerenden Umstände nicht angezeigt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 BayDG. Da gegen den Beklagten im Verfahren der Disziplinarklage auf eine Disziplinarmaßnahme erkannt worden ist, trägt er die Kosten des Berufungsverfahrens, auch wenn er mit seinem hilfsweise gestellten Antrag, eine mildere Disziplinarmaßnahme als die vom Verwaltungsgericht verhängte Zurückstufung in ein Amt der BesGr A 7 auszusprechen, obsiegt hat.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Dr. Wagner Dr. Neumüller Vicinus

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Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Disziplinarklage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherhe

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(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

Die Regelungen zur Erlangung der Grundqualifikation und der beschleunigten Grundqualifikation finden keine Anwendung auf Fahrer, die eine Fahrerlaubnis besitzen oder eine Fahrerlaubnis besessen haben, die ihnen entzogen worden ist, auf die sie verzichtet haben oder deren Geltungsdauer abgelaufen ist, sofern es sich um eine Fahrerlaubnis handelt, die

1.
vor dem 10. September 2008 erteilt wurde und für die Klassen D1, D1E, D, DE oder eine gleichwertige Klasse gilt;
2.
vor dem 10. September 2009 erteilt wurde und für die Klassen C1, C1E, C, CE oder eine gleichwertige Klasse gilt.
Die Pflicht zur Weiterbildung bleibt bestehen.

(1) Für den Zugang zum Erwerb der beschleunigten Grundqualifikation ist der vorherige Erwerb der jeweiligen Fahrerlaubnis nicht erforderlich.

(2) Die Dauer des Unterrichts beträgt insgesamt 140 Unterrichtseinheiten zu je 60 Minuten (Unterrichtseinheit). Während des Unterrichts sind jeweils die erforderlichen grundlegenden Kenntnisse und Fertigkeiten aus den in Anlage 1 aufgeführten Kenntnisbereichen zu vermitteln.

(3) Der Prüfungsteilnehmer muss im Verlauf des Unterrichts mindestens zehn Unterrichtseinheiten ein Kraftfahrzeug der betreffenden Klasse unter Aufsicht einer Person führen, die eine gültige Fahrlehrerlaubnis für die jeweilige Fahrerlaubnisklasse nach dem Fahrlehrergesetz besitzt. Das Kraftfahrzeug muss den jeweiligen Kriterien für Prüfungsfahrzeuge der Nummern 2.2.6 bis 2.2.13 der Anlage 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung entsprechen. Es muss außerdem den Anforderungen der Nummer 2.2.16 der Anlage 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung entsprechen, sofern der Prüfungsteilnehmer die Fahrerlaubnis der betreffenden Fahrerlaubnisklasse noch nicht besitzt.

(4) Von den Unterrichtseinheiten nach Absatz 3 Satz 1 können bis zu vier Unterrichtseinheiten auch auf Übungen auf einem besonderen Gelände im Rahmen eines Fahrertrainings oder in einem leistungsfähigen Simulator entfallen.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde rechnet andere abgeschlossene spezielle Ausbildungsmaßnahmen als Teil des Unterrichts an. Anzurechnen im Umfang von jeweils sieben Unterrichtseinheiten sind die

1.
Ausbildung gemäß Anhang I der Richtlinie2008/68/EGdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über die Beförderung gefährlicher Güter im Binnenland (ABl. L 260 vom 30.9.2008, S. 13) für Fahrzeugführer, die zuletzt durch den Beschluss (EU) 2019/1094 (ABl. L 173 vom 27.6.2019, S. 52) geändert worden ist, und
2.
Schulung gemäß Artikel 6 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EG)Nr. 1/2005des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 (ABl. L 3 vom 5.1.2005, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/625 (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1) geändert worden ist.
Die nach Satz 1 abgeschlossenen speziellen Ausbildungsmaßnahmen werden jeweils nur einmal im Rahmen der beschleunigten Grundqualifikation angerechnet. Sind seit dem Abschluss der speziellen Ausbildungsmaßnahme mehr als fünf Jahre vergangen, ist eine Anrechnung nicht mehr zulässig.

(6) Die Prüfung besteht aus einer schriftlichen Prüfung von 90 Minuten Dauer. Sie umfasst mindestens eine Frage zu jedem der jeweils maßgeblichen in Anlage 1 genannten Ziele. In der Prüfung ist nachzuweisen, dass die Inhalte der in Anlage 1 aufgeführten Kenntnisbereiche beherrscht werden.

(7) Die Prüfung wird bei der für den Wohnsitz des Prüfungsteilnehmers zuständigen Industrie- und Handelskammer abgelegt. Bei Bedarf muss die zuständige Industrie- und Handelskammer mindestens einmal im Vierteljahr einen Prüfungstermin festsetzen. Der Prüfungsteilnehmer kann mit seiner Zustimmung an eine andere Industrie- und Handelskammer verwiesen werden, wenn innerhalb eines Vierteljahres weniger als drei Prüfungsteilnehmer zur Prüfung anstehen oder dem Prüfungsteilnehmer andernfalls wirtschaftliche Nachteile entstehen.

(8) Die Prüfung ist bestanden, wenn mindestens ausreichende Leistungen erbracht sind.

(9) Inhaber einer Fachkunde-Bescheinigung nach § 4 Absatz 6 Satz 1 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr oder nach § 5 Absatz 7 der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr sind von der Teilnahme am Unterricht und der Prüfung insoweit befreit, als Prüfungsgegenstand bereits Gegenstand der Prüfung nach diesen Verordnungen ist. Die Unterrichtsdauer beträgt 96 Unterrichtseinheiten, von denen zehn Unterrichtseinheiten auf das Führen eines Kraftfahrzeugs der betreffenden Klasse entfallen. Die Prüfung ist entsprechend zu verkürzen.

(1) Fahrer im Güterkraftverkehr, die ihre Tätigkeit auf den Personenkraftverkehr ausweiten, oder Fahrer im Personenkraftverkehr, die ihre Tätigkeit auf den Güterkraftverkehr ausweiten oder ändern und die eine Grundqualifikation erworben haben, müssen bei der theoretischen und praktischen Prüfung nach § 1 Absatz 2 nur diejenigen Teile ablegen, welche Kraftfahrzeuge betreffen, die Gegenstand der neuen Grundqualifikation sind.

(2) Bei Absolvierung der beschleunigten Grundqualifikation beträgt die Unterrichtsdauer 35 Unterrichtseinheiten, von denen 2,5 Unterrichtseinheiten auf das Führen eines Kraftfahrzeugs der betreffenden Klassen entfallen. Das Kraftfahrzeug muss den Anforderungen nach § 2 Absatz 3 Satz 2 entsprechen. Die theoretische Prüfung beschränkt sich auf diejenigen in Anlage 1 genannten Kenntnisbereiche, welche die Kraftfahrzeuge betreffen, die Gegenstand der neuen beschleunigten Grundqualifikation sind.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der Beklagte wurde am ... 1954 in P. geboren. Seine Schulausbildung beendete er 1974 mit dem Abitur und studierte anschließend für das Lehramt an Volksschulen. Die Erste Prüfung legte er 1977 mit der Gesamtnote 2,09 ab. Am 13. September 1977 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und zum Lehramtsanwärter für den Volksschuldienst ernannt. Die Zweite Prüfung bestand er 1980 mit der Gesamtnote 2,33. Am 15. September 1980 erfolgte die Ernennung zum Lehrer im Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 15. März 1983 wurde er als Lehrer in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Er war zunächst als Lehrer an der Volksschule S. und danach bis 21. September 2006 an der Volksschule H. tätig. In der letzten dienstlichen Beurteilung 2003 wurde er mit 9 Punkten beurteilt. 2001 erhielt er wegen besonderer Leistungen eine Leistungsprämie in Höhe von 1.500,- DM. Ab Januar 2002 wurde aufgrund dauerhaft herausragender Gesamtleistungen eine höhere Leistungsstufe festgesetzt.

Der Beklagte ist seit 1983 verheiratet und hat zwei 1984 und 1991 geborene Kinder. Er ist schwerbehindert (GdB von 80) und leidet an insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit schweren Komplikationen. Er war deshalb seit September 2006 dienstunfähig erkrankt und wurde zum 1. März 2008 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er erhält gekürzte Ruhestandsbezüge aus BesGr. A 12/12 und ist erheblich verschuldet. Seine Ehefrau verfügt über kein eigenes Einkommen.

II.

Gegen den straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelasteten Beklagten wurden am 29. März 2006 Ermittlungen wegen des Verdachts des Sichverschaffens von kinderpornographischen Dateien eingeleitet, nachdem von seiner dynamischen IP-Adresse auf kinderpornographische Videodateien zugegriffen worden war. Mit Beschluss des Amtsgerichts P. vom 2. Mai 2006 wurde am 8. Juni 2006 die Wohnung des Beklagten durchsucht und der PC „Noname Miditower“ sowie zwei CDR („WIN“ und „Graph“) sichergestellt, auf denen sich laut Auswertungsbericht der Firma response vom 22. August 2006 mit Nachtrag vom 9. Januar 2007 neben 10.800 pornographischen Bilddateien 1.523 kinderpornographische Bilddateien und eine kinderpornographische Videodatei (reale Bilder sowie Comics) befanden.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts P. vom 23. April 2008 (Ds 12 Js 6551/06) wurde gegen den Beklagten wegen des wissentlichen und willentlichen Besitzes von mindestens 1.523 eindeutig kinderpornographischer Bilddateien sowie einer kinderpornographischen Videodatei gemäß § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt, deren Vollstreckung gegen Zahlung einer Geldbuße von 5.000,- € zur Bewährung ausgesetzt wurde. Infolge des auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruchs wurde der Beklagte mit seit 2. August 2008 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts P.. vom 16. Juli 2008 zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt; hinsichtlich des Sachverhalts und des Schuldspruchs wurde darin auf den Strafbefehl Bezug genommen.

Am 13. Januar 2009 beantragte der Beklagte Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Mit Beschluss des Amtsgerichts I... vom 18. August 2009 (7 Ds 11 Js 881/09) wurde der Antrag nach Einholung eines Nachtragsberichts der Firma response vom 16. April 2009 verworfen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wurde mit Beschluss des Landgerichts I. vom 8. März 2010 (2 Qs 120/09 7) zurückgewiesen, die hiergegen vorgebrachten Gegenvorstellungen wurden mit Beschluss des Landgerichts I. vom 17. Mai 2010 abgelehnt. Die gegen diese Entscheidungen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14. Juli 2010 (2 BvR 1353/10) nicht zur Entscheidung angenommen. Die hiergegen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhobene Individualbeschwerde wurde mit Beschluss vom 28. Mai 2011 für unzulässig erklärt.

III.

Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft I... vom 21. September 2006 sprach die Regierung von O... gegenüber dem Beklagten gemäß Art. 68 Abs. 1 BayBG a. F. am 25. September 2006 mit sofortiger Wirkung ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus und leitete ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein, das am 31. Oktober 2006 an die Landesanwaltschaft Bayern abgegeben wurde.

Der Beklagte wurde nach Art. 22 BayDG über seine Rechte im Disziplinarverfahren sowie über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats nach Art. 76 BayPVG belehrt.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 17. November 2006 wurde das Disziplinarverfahren aufgrund des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 15. Dezember 2006 wurde der Beklagte nach vorheriger Anhörung mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben sowie 5% seiner Dienstbezüge einbehalten.

Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 11. Mai 2007 setzte diese die Schwerbehindertenvertretung von dem Disziplinarverfahren gegen den Beklagten in Kenntnis, nachdem dieser seine Schwerbehinderung mitgeteilt hatte.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 7. März 2008 wurden 5% der Ruhestandsbezüge des zum 1. März 2008 in den Ruhestand versetzten Beklagten einbehalten.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 18. August 2008 wurde nach Abschluss des Strafverfahrens das Disziplinarverfahren fortgeführt.

Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 6. Oktober 2008 erhielt der Beklagte nach Art. 32 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2008 nahm er zu den Vorwürfen Stellung. Er erklärte, eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung werde ausdrücklich erwünscht. Eine erneute Information der Schwerbehindertenvertretung unterblieb jedoch.

IV.

Am 14. November 2008 erhob die Landesanwaltschaft Bayern aufgrund der strafrechtlich geahndeten Vorwürfe Disziplinarklage gegen den Beklagten mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts.

Der nach Art. 53 und 56 BayDG belehrte Beklagte rügte, dass keine weitergehende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung stattgefunden habe.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. Februar 2009 wurde das gerichtliche Disziplinarverfahren aufgrund des Wiederaufnahmeverfahrens ausgesetzt und am 18. August 2009 fortgesetzt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 21. Oktober 2009, dem Bevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 4. November 2009, dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Das Ermittlungsverfahren sei gemäß den Vorschriften des BayDG durchgeführt worden. Die Schwerbehindertenperson und der Personalrat seien bis zur Versetzung des Beklagten in den Ruhestand gemäß den gesetzlichen Vorschriften beteiligt worden. Der Sachverhalt, der der disziplinarrechtlichen Würdigung zugrunde zu legen sei, ergebe sich aus dem rechtskräftigen Strafurteil vom 16. Juli 2008, das nach Art. 55 BayDG für das Verwaltungsgericht bindend sei. Offensichtlich unrichtige Feststellungen seien nicht ersichtlich. Durch Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen habe der anwaltlich beratene Beklagte die ihm im Strafbefehl vorgeworfenen Taten zudem vollumfänglich eingestanden. Der Beklagte habe durch den außerdienstlichen Besitz von Kinderpornographie in erheblicher Weise gegen seine Pflichten als Beamter verstoßen und ein schweres Dienstvergehen begangen. Er sei als Lehrer nicht mehr tragbar und ihm das Ruhegehalt abzuerkennen. Auch seine guten früheren dienstlichen Leistungen und die erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands sowie die psychische und finanzielle Belastung des Beklagten und seiner Familie nach der Einleitung des Straf- bzw. Disziplinarverfahrens stellten keine solchen Milderungsgründe dar, um von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Die Aberkennung des Ruhegehalts sei nicht unverhältnismäßig. Dem Beklagten stehe ein Anspruch auf Unterhaltsbeitrag sowie auf Nachversicherung und Rentenzahlung zu, so dass der Beklagte und seine Familie weder der Sozialhilfe anheimfallen noch jeglichen Krankenversicherungsschutz verlieren würden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Beklagten am 3. Dezember 2009 eingelegte Berufung, mit der er beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise unter Abänderung des angefochtenen Urteils lediglich eine Kürzung des Ruhegehalts auszusprechen.

Das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft keine eigenen Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt getroffen sowie keine eigene rechtliche Würdigung der Strafbarkeit der festgestellten Tatsachen vorgenommen, weil es zu Unrecht von einer Bindung an das rechtskräftige Strafurteil nach Art. 55, 25 BayDG ausgegangen sei. Der dem Strafurteil zugrunde liegende Strafbefehl beruhe jedoch auf offensichtlich unrichtigen Feststellungen. Darin sei auch der Besitz kinderpornographischer Comics als strafbar erachtet worden, obwohl damit keine Wiedergabe eines tatsächlichen oder wirklichkeitsnahen Geschehens verbunden sei. Auch ergebe sich aus den Feststellungen im Strafbefehl nicht, welchen Umfang die gefundenen Comics an dem Gesamtdatenbestand gehabt hätten. Der Beklagte habe im Strafverfahren zu keinem Zeitpunkt den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien eingeräumt. Bei der Hauptverhandlung sei er gesundheitsbedingt nicht anwesend gewesen. Die Rechtskraft des Strafbefehls sei nur durch Verteidigererklärung nach Absprache mit der Ehefrau eingetreten, um dem Beklagten weitere Belastungen zu ersparen. Strafbare kinderpornographische Bilder seien auch nur im nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC gefunden worden. Aussagen darüber, wann, wie und durch wen diese Bilder dorthin gelangt seien und ob sie vor dem Löschen geöffnet worden seien, seien nicht möglich. Der PC habe über kein Anti-Virus-System und über keine Firewall verfügt. Da der Beklagte Musikdateien mit rapidshare heruntergeladen habe, sei daher nicht auszuschließen, dass sich z. B. Trojaner oder Backdoor-Programme auf seinem PC installiert haben könnten, die ohne Zutun und Wissen des Beklagten automatisch auch Downloads kinderpornographischer Dateien vorgenommen haben könnten. Eigene Recherchen hätten ergeben, dass die hierzu im Strafverfahren eingeholten Gutachten unzureichend gewesen seien. Auf zwei von ihm hergestellten Sicherungs-CDR seien Schadprogramme gefunden worden, die von der Firma response nicht festgestellt worden seien. Auf ihnen habe sich Schadsoftware befunden, die zur Fernsteuerung des PC genutzt werden hätte können bzw. die zum Auslesen von Passwörtern geeignet sei. Da es sich um Sicherungskopien handle, müsse sich die darauf gefundene Schadsoftware zwangsläufig auch auf dem PC befunden haben. Auch habe der Beklagte nach dem Aufruf von Seiten mit normaler Pornographie und Betrachten einzelner Bilder jeweils einen ganzen Block heruntergeladen und auf dem PC gespeichert. Deshalb könne nicht ausgeschlossen werden, dass kinderpornographische Bilder unerkannt zusammen mit normaler Pornographie heruntergeladen worden und beim Öffnen der nicht inkriminierten Bilder bzw. bei deren Löschung in den nicht zugewiesenen Speicherbereich gelangt seien, ohne dass der Beklagte sich zu inkriminierten Anhängen runtergescrollt oder durchgeklickt zu haben. Wenn eine Startseite gelöscht bzw. im Cache automatisch gespeichert werde, würden auch die nicht geöffneten Anhänge ohne Zutun des Anwenders auf der Festplatte abgelegt. Solche Anhänge könnten etwa bei der Neupartionierung der Festplatte ohne Wissen des Beklagten in den nicht zugewiesenen Speicherbereich verschoben worden sein. Nur bei einem bewussten Anklicken von Vorschaubildern könne jedoch auch auf einen entsprechenden Besitzwillen geschlossen werden. Zudem sei dem Beklagten kein Zugriff auf die inkriminierten Dateien möglich gewesen, da diese nur mit einer Spezialsoftware ausgelesen hätten werden können. Darüber hinaus ließen sich keine eindeutigen Aussagen zur tatsächlichen Entstehungszeit der auf dem PC gefundenen inkriminierten Bilder machen. Bei zwei Zugriffen auf eine kinderpornographische Website sei der Beklagte nachweislich in der Schule gewesen. Am 15. Dezember 2005 habe er sein Haus bereits um 7:00 Uhr verlassen. Der 6. Mai 2006 sei zwar ein Samstag gewesen, jedoch habe er auch an diesem Tag wegen eines Projekttags um 7:45 Uhr in der Schule sein müssen. Auch bei den übrigen Zeiten zwischen zwei und sechs Uhr nachts scheide eine von der Familie unbemerkte Internetnutzung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten aus. Es fehle somit an einem Dienstvergehen, so dass die Disziplinarklage abzuweisen sei. Selbst wenn man jedoch davon ausgehen sollte, dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen habe, sei die Aberkennung des Ruhegehalts unverhältnismäßig. Das Persönlichkeitsbild sowie Milderungsgründe seien nur kursorisch mit in die Abwägung einbezogen worden. Wegen seines schlechten Gesundheitszustands habe der Beklagte jedoch keine Perspektive, wieder eine Arbeit zu bekommen. Bei Aberkennung des Ruhegehaltes würden der Beklagte und seine Familie daher ihre gesamte Existenz verlieren. Die Folgen seien dem Beklagten und seine Familie deshalb nicht zumutbar.

Hierzu legte der Beklagte den von ihm in Auftrag gegebenen Bericht der Firma BFK EDV-Consulting vom 21. Oktober 2011 sowie Stellungnahmen seiner Ehefrau und Tochter vom 12. und 14. Februar 2010 sowie 11. Januar 2015 vor.

Mit Beschluss vom 17. September 2014 hat der Senat die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachten angeordnet, das auf der Auswertung einer Kopie (Image) der Festplatte des PC sowie der CDR „WIN“ und „Graph“ des Beklagten beruht, zu den Fragen

1. ob auf den genannten Datenträgern, ggf. wo und wie viele kinderpornographische Dateien gespeichert sind, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen bzw. zeichnerische/mittels Computergrafik erzeugte Darstellungen (sog. Comics) beinhalten,

2. ob es Anhaltspunkte gibt, wie die kinderpornographischen Dateien in den nicht zugewiesenen Speicherbereich der Festplatte des PC gelangt sind, insbesondere, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie beim Herunterladen von pornographischen Dateien bzw. von Musikdateien über den Sharehoster rapidshare und eine dort nicht erkennbare Verlinkung mit der Tauschbörse „LoliDorkiGuestbook“ auf die Festplatte gelangt sein können bzw. im Paket mit anderen Dateien versehentlich abgespeichert und dann unwissentlich mit anderen Dateien gelöscht worden sein können, bzw. ob es wahrscheinlicher ist, dass sie bewusst gesucht, heruntergeladen und dann mittels des Programms „Steganos Internet Anonym 5“ gelöscht wurden.

Laut Gutachten der Firma ComFor-IT vom 8. Dezember 2014 befanden sich auf den Datenträgern im sichtbaren Speicherbereich 572 fotorealistische Bilder, Mangas und Comics und ein entsprechendes Video, im nicht zugewiesenen Speicherbereich 512 gelöschte reale Bilder sowie 363 ebenfalls gelöschte fotorealistische Bilder, Mangas und Comics, die den sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren zeigen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich verhandelt und den IT-Sachverständigen B. der Firma ComFor-IT zu dem von ihm erstellten Gutachten befragt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben die Strafakten sowie die Disziplinar- und Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt (Art. 13 BayDG).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf.

1. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte aufgrund seiner schweren Erkrankungen nicht verhandlungsfähig wäre, gibt es nicht, so dass dem nicht von Amts wegen nachzugehen war (vgl. BayVGH, B. v. 30.3.2005 - 16a D 05.682 - juris Rn. 32). Der Beklagte, der an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und dort Angaben zur Sache gemacht hat, war ersichtlich auch in der Lage, dem Lauf der Verhandlung zu folgen. Laut landgerichtsärztlichem Gutachten vom 14. März 2008 war der Beklagte trotz der darin diagnostizierten Krankheiten, an denen er teilweise noch heute leidet, jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt als verhandlungsfähig anzusehen. Auch laut dem ärztlichen Attest vom 8. August 2013 war der Beklagte trotz seiner Erkrankung zumindest eingeschränkt verhandlungsfähig. Aktuelle ärztliche Atteste zur Frage der Verhandlungsfähigkeit des Beklagten wurden trotz entsprechender Ankündigung nicht vorgelegt. Da der Beklagte zudem einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung im Disziplinarverfahren bevollmächtigt hat, würde im Übrigen auch eine feststehende Verhandlungsunfähigkeit des Beklagten nicht ohne weiteres die Durchführung des Disziplinarverfahrens hindern (Durchführungsgrundsatz, vgl. BVerwG, U. v. 24.9.2.2009 - 2 C 80/08 - juris Rn. 15). Es ist danach zunächst Sache der Vertreter des Beklagten, einer möglichen Gesundheitsgefährdung im Zusammenwirken mit den behandelnden Ärzten zu begegnen (vgl. BVerwG, B. v. 31.10.2012 - 2 B 33/12 - juris Rn. 20).

2. Soweit der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG gerügt hat, dass - trotz eines entsprechenden Antrags - die Schwerbehindertenvertretung vor Erhebung der Disziplinarklage nicht weiter beteiligt worden sei, stellt die unterbliebene nochmalige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nach der Versetzung des Beklagten in den Ruhestand zum 1. März 2008 keinen wesentlichen Mangel des Disziplinarverfahrens i. S. d. Art. 53 BayDG dar.

Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber bzw. Dienstherr (vgl. §§ 71, 73 Abs. 1 SGB IX) die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Dies gilt auch im Disziplinarverfahren. Da die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen einen schwerbehinderten Beamten noch keine Entscheidung i.d.S. ist, ist die Schwerbehindertenvertretung hierüber lediglich zu unterrichten; eine Anhörung der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen muss erst vor Entscheidungen, insbesondere vor dem Erlass einer Disziplinarverfügung bzw. vor der Erhebung einer Disziplinarklage sowie vor einer vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung von Bezügen, erfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 16a DA 11.1261 - juris Rn. 22). Fehlt es an der erforderlichen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, so ist - unabhängig von der Frage, ob ein Verstoß gegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zur Rechtswidrigkeit der zugrundeliegenden Maßnahme führt (vgl. BVerwG, B. v. 22.3.1989 - 1 DB 30/88 - juris Rn. 17; B. v. 5.11.1993 - 2 DW 4/93 - juris Rn. 5) - die Durchführung oder Vollziehung der Maßnahme auszusetzen und die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nachzuholen; der Disziplinarbehörde ist nach Art. 53 Abs. 3 BayDG eine Frist zur Beseitigung des Mangels zu setzen (vgl. BayVGH, B. v. 28.10.2008 - 16b D 07.1213 - juris Rn. 1).

Die Landesanwaltschaft Bayern hat die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich nach Kenntniserlangung von der Schwerbehinderteneigenschaft des Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2007 von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten unterrichtet. Eine erneute Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor Erhebung der Disziplinarklage unterblieb dagegen zu Recht, da sich der Beklagte im Zeitpunkt der abschließenden Anhörung nach Art. 32 BayDG bereits im Ruhestand befand. Ebenso wie für die Mitwirkung des Personalrats nach Art. 76 Abs. 1 Nr. 3 BayPVG (vgl. dazu Zängl, Bayer. Disziplinarrecht, Art. 35 BayDG Rn. 51; Weiß in: Fürst, GKÖD, Bd. II, § 34 BDG Rn. 26), besteht nach dem Gesetzeszweck des § 95 SGB IX, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb bzw. die Dienststelle zu fördern (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), keine Verpflichtung des Dienstherrn, die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 SGB IX hinsichtlich von schwerbehinderten Ruhestandsbeamten zu beteiligen, da diese nicht mehr auf der Dienststelle beschäftigt sind (vgl. HessVGH, B. v. 19.6.1995 - DH 1836/91 - juris Rn. 6; Urban/Wittkowski, BDG, § 38 Rn. 50).

II.

1. Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts P. vom 16. Juli 2008. Dieses hat hinsichtlich des Sachverhalts und Schuldspruchs auf den Strafbefehl vom 23. April 2008 verwiesen, nachdem der Beklagte den Einspruch gegen diesen in der Hauptverhandlung am 16. Juli 2008 auf die Rechtsfolgen beschränkt hat. Dem Beklagten wurde darin zur Last gelegt, wissentlich und willentlich 1.523 kinderpornographische Bilddateien sowie eine kinderpornographische Videodatei auf seinem PC und den CDR gespeichert zu haben, in denen der sexuelle Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren dargestellt wird. Der Beklagte wurde deshalb wegen des Vergehens des Besitzes kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB (in der ab 1. April 2004 geltenden Fassung vom 27. Dezember 2003 = a. F.) zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt.

Diese vom Amtsgericht P. getroffenen Feststellungen können der Verurteilung des Beklagten im Disziplinarverfahren jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Da der Beklagte den Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolgen beschränkt hat, beruhen die Feststellungen zum Tatgeschehen im Strafurteil allein auf dem Strafbefehl. Die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafurteil, die auf einem durch Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehl beruhen, besitzen keine Bindungswirkung nach Art. 55 Hs. 1 i. V. m. Art. 25 Abs. 1 BayDG, weil das Strafurteil zum tatsächlichen Geschehen keine Feststellungen trifft (vgl. BVerwG, U. v. 29.3.2012 - 2 A 11/10 - juris Rn. 35; VGH BW, U. v. 30.9.2013 - DL 13 S 724/13 - juris Rn. 81).

Auch die Anwendung von Art. 55 Hs. 1 i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG ist diesbezüglich ausgeschlossen, wonach die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht bindend sind, aber der Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden können. Denn der Beklagte bestreitet substantiiert die im Strafbefehl vom 23. April 2008 getroffenen Feststellungen sowohl hinsichtlich der bewussten Speicherung kinderpornographischer Dateien als auch bezüglich der Anzahl der auf den Datenträgern befindlichen kinderpornographischen realen Bilder und Comics (vgl. BVerwG, U. v. 29.3.2012 - 2 A 11/10 - juris Rn. 39; BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 55).

Der Beklagte hat die ihm vorgeworfene Tat nicht eingestanden, auch wenn das Amtsgericht die Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß zu seinen Gunsten als Einräumung der Tat gewertet hat. Der Verzicht auf einen Einspruch gegen einen Strafbefehl muss nicht stets als Eingeständnis des im Strafbefehl vorgeworfenen Verhaltens (in der Hoffnung auf eine mildere Strafe) angesehen werden, sondern kann auch im Interesse eines schnelleren Verfahrensabschlusses oder aus Scheu vor einer öffentlichen Hauptverhandlung erfolgen (vgl. BVerwG, B. v. 1.12.1987 - 2 WD 66/87 - BVerwGE 83, 373; VGH BW, U. v. 3.6.2014 - DL 13 S 150/14 - juris Rn. 29). Der Beklagte hat jedenfalls den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien immer abgestritten. In der Hauptverhandlung über seinen Einspruch gegen den Strafbefehl war der Beklagte aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend. Die Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß erfolgte durch dessen Verteidiger in Absprache mit seiner Ehefrau, um dem erkrankten Beklagten weitere Belastungen durch das Strafverfahren zu ersparen. Hierin kann aber nicht das Einräumen der Tat durch den Beklagten gesehen werden.

2. Da die vom Strafgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Verurteilung des Beklagten im Disziplinarverfahren daher nicht zugrunde gelegt werden können, war der Sachverhalt durch den Senat zu ermitteln und die erforderlichen Beweise nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 56 Abs. 1 BayDG zu erheben. Der Senat hat zu diesem Zweck durch Beweisbeschluss vom 17. September 2014 eine nochmalige Auswertung der beim Beklagten sichergestellten Datenträger angeordnet.

Der Senat ist auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme sowie der vorgenommenen Gesamtwürdigung sämtlicher be- und entlastenden Beweismittel zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte bewusst (wissentlich und willentlich) 512 kinderpornographische Bilddateien, die den tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren zeigen, und 935 fotorealistische kinderpornographische Bilder, Mangas bzw. Comics sowie ein solches Video auf seinen PC heruntergeladen und dort bzw. auf den CDR gespeichert hat, bevor er die 512 realen Fotos sowie 363 fiktive Bilder gelöscht und so in den nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC verschoben hat, ohne dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die kinderpornographischen Dateien ohne Wissen und Zutun des Beklagten versehentlich zusammen im Paket mit pornographischen Dateien bzw. mit Musikdateien oder mittels einer unbemerkt auf dem PC befindlichen Schadsoftware durch Dritte heruntergeladen wurden.

Ob ein Dienstvergehen erwiesen ist, entscheidet das Gericht nach Art. 3 BayDG i. V. m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gericht muss sich im Rahmen der Beweiswürdigung selbst eine Überzeugung bilden. Es hat aufgrund der gesamten Beweislage zu prüfen, ob es von der Tat und der Schuld des Beamten überzeugt ist. Die Überzeugung des Gerichts muss sich dabei auf einen konkreten, bestimmten Geschehensablauf richten. Das Gericht darf weiter keine vernünftigen Zweifel an der Schuld des Beamten haben (vgl. BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 50). Die hierfür erforderliche Gewissheit erfordert ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen, wobei die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Geschehens-verlaufs die erforderliche Gewissheit nicht ausschließt (vgl. BayVGH a. a. O. Rn. 52).

2.1 Der Sachverständige B. hat mit seinem Gutachten vom 8. Dezember 2014 durch Auswertung der genannten Datenträger den Nachweis erbracht, dass auf dem PC im nicht zugewiesenen Speicherbereich 512 gelöschte, aber mit Hilfe der Funktionen „FileFinder“ (vgl. Anlage 2) bzw. „Recover Folders“ (vgl. Anlage 3) des Programms „EnCase“ wiederherstellbare reale kinderpornographische Bilder vorhanden waren, sowie dass sich auf dem PC und auf den beiden CDR insgesamt 935 fotorealistische kinderpornographische Bilder, Mangas und Comics (363 im nicht zugewiesenen und 573 im sichtbaren Speicherbereich) sowie ein solches Video im sichtbaren Speicherbereich befanden (vgl. Anlagen 1.1, 1.2 und 1.3), d. h. 1.448 kinderpornographische Dateien (ohne Duplikate, insgesamt 1.523).

Dies deckt sich mit dem Auswertungsbericht der Firma response vom 22. August 2006, wonach auf den Datenträgern - neben 10.800 pornographischen Bildern - 1.523 kinderpornographische Bilddateien sowie eine kinderpornographische Videodatei (sowohl reale Bilder als auch computergenerierte Graphiken/Comics/Mangas) gefunden wurden (vgl. dort Anlage 3).

Der Sachverständige B. hat in der mündlichen Verhandlung hierzu dargelegt, dass er 78 gelöschte, aufgrund der Treffer in PERKEO eindeutig als kinderpornographisch anzusehenden Bilddateien wiederherstellen konnte, die nachweislich einzeln über den Internetbrowser „Mozilla Firefox“ heruntergeladen wurden und sich vor Löschung im temporären Speicher des Internetbrowsers befanden (vgl. Anlage 4).

Dies ergibt sich nach Angaben des Sachverständigen daraus, dass bei diesen 78 Dateien 11-stellige Zahlen-Buchstaben-Codes feststellbar waren, wie sie von der besuchten Internetseite automatisch angelegt werden, wenn man die Bilder aufruft, um sie auf dem Bildschirm zu betrachten. Dies geschieht nur, wenn man die Bilder anklickt. Die Speicherung mit dem geöffneten Code ist ein automatischer Vorgang durch die Internetseite. Durch den Besuch der Website werden die aufgerufenen Dateien automatisch zwischengespeichert. Diese haben, wenn man sie nicht aufruft, eine Größe von lediglich 2 bis 10 kbyte; werden sie aufgerufen, haben sie - wie die vom Sachverständigen wiederhergestellten Dateien - etwa die zehnfache Größe, woraus auch erkennbar ist, dass die 78 wiederhergestellten Bilder angeklickt wurden. Anhand der Schreibweise können die Daten dem Internetbrowser „Mozilla Firefox“ zugeordnet werden. Die Bilder wurden vor der Löschung nachweislich im temporären Cache des Internetbrowsers „Mozilla Firefox“ zwischengespeichert, wie die vom Sachverständigen festgestellten Dateinamen belegen.

Übereinstimmend hiermit kommt auch der Nachtrag zum Auswertungsbericht der Firma response vom 9. Januar 2007 zu dem Ergebnis, dass die Untersuchung der im nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC gefundenen Textdateien im XML-Format ergeben hat, dass (mindestens) 50 kinderpornographische Dateien einzeln über den Internetbrowser „Mozilla Firefox“ aus dem Internet heruntergeladen und auf dem PC abgespeichert wurden.

Darüber hinaus hat der Sachverständige B. auch Anhaltspunkte dafür gefunden, dass komplett angezeigte Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten auf dem PC abgespeichert wurden. Die wiederhergestellten Verzeichnisse und Dateien enthalten Hinweise darauf, dass zu einem früheren Zeitpunkt die Verzeichnisse „goldenlols.biz“, „hotlols.biz“, „lolhouse.biz“, „secret.lolhouse.biz“, „lolsonly.biz“ und „mylola.biz“ auf dem PC vorhanden waren und dass darauf kinderpornographische Bilddateien gespeichert waren; laut Angaben der „Australian Communications and Media Authority (ACMA)“ waren die Seiten „mylola.biz“ und „lolhouse.biz“ sowie die Seite „secret.lolhouse.biz“ als deren Subdomian als kinderpornographische Websites aufgelistet. Nach Ansicht des Sachverständigen deuten deshalb sämtliche Hinweise darauf hin, dass die genannten Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten besucht wurden und dass auf den genannten Internetseiten vorhandene kinderpornographischen Dateien vom Benutzer auf dem PC gespeichert wurden.

Dies entspricht dem Ergebnis des Auswertungsberichts der Firma response vom 22. August 2006 (vgl. dort Anlage 4), wonach im nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC Cookies von Internetseiten mit Inhalten, die Bezug zu Kinderpornographie haben („angelclips.com“, „pinkteenpussy.org“, „littlepussy.biz“, „wetlittlepussies.com“, „shylolita.biz“, „bbs.lolkiss.info“ und „pedoworld.lolkiss.info“), gefunden wurden sowie acht Zugriffe zu verschiedenen Zeitpunkten vom PC des Beklagten auf das Internetforum „LoliDorkiGuestbook“, über das Links zu kinderpornographischen Dateien im Internet getauscht wurden, festgestellt wurden, was ebenfalls für den wiederholten Besuch kinderpornographischer Websites spricht.

Hinzu kommt, dass nach den Ermittlungen durch das LKA Baden-Württemberg am 18. Januar 2006 gegen 16:47 Uhr von der dynamischen IP-Adresse des Beklagten das auf einem Server der Firma RapidTec abrufbare kinderpornographische Videofile „rapidshare.de/files/11116916/PTN.rar.html“ heruntergeladen wurde, auf der u. a. zwei etwa 10 Jahre alte Kinder zu sehen sind, die in verschiedenen Positionen den Geschlechtsverkehr aneinander durchführen, wobei nach Angaben des LKA Baden-Württemberg ein versehentlicher Download hierbei praktisch auszuschließen ist.

Der Sachverständige B. ist aufgrund dessen zu dem Schluss gelangt, die Ergebnisse der Auswertung durch die Firma response, ergänzt mit den von ihm festgestellten Ergebnissen und Hinweisen, deuteten sämtlich darauf hin, dass wahrscheinlich kinderpornographische Inhalte bewusst gesucht, heruntergeladen und gelöscht worden seien. Auf Nachfrage hat er angegeben, die Einschränkungen „wahrscheinlich“ und „deuten darauf hin“ habe er gemacht, weil eine Datei theoretisch umbenannt werden könne; Anhaltspunkte dafür, dass dies der Fall gewesen sein könnte und dass die Kennung des Internetbrowsers „Mozilla-Firefox“ erst nach Laden der Dateien hinzugefügt worden wäre, hat er jedoch keine gesehen. Er hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er aufgrund seiner Feststellungen und den Ergebnissen der Auswertung durch die Firma response mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen könne, dass von außen auf den PC zugegriffen worden sei und dass im Kontext mit den von ihm gefundenen Verzeichnissen, den Feststellungen der Firma response hinsichtlich des Besuchs bestimmter einschlägiger Internetforen und des Downloads von Dateien mit „Mozilla-Firefox“-Kennung auszuschließen sei, dass kinderpornographische Bilder unbewusst oder versehentlich zusammen mit pornographischen Dateien bzw. mit Musikdateien auf den PC gekommen seien.

2.2 Aufgrund der Beweislage sieht der Senat es als erwiesen an, dass der Beklagte die auf dem ihm gehörenden und allein von ihm genutzten passwortgeschützten PC und den beiden CDR gefundenen kinderpornographischen Dateien wissentlich und willentlich i. S. d. § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. in Besitz hatte.

Das in § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. verwendete Tatbestandsmerkmal „besitzen“ ist als bewusstes Aufrechterhalten eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses zu verstehen. Besitz i. d. S. setzt somit nicht nur objektiv einen auf eine gewisse Dauer angelegten tatsächlichen Zugang zu einer Datei, sondern subjektiv auch einen entsprechenden Besitzwillen voraus, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten (vgl. OLG Hamburg, B. v. 11.11.2008 - 1-53/08 - juris Rn. 12; BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 43).

Für den verbotenen Besitz kinderpornographischen Materials reicht es aus, wenn dieses gezielt im Internet aufgerufen, in den Arbeitsspeicher des Computers geladen und am Bildschirm betrachtet wird, ohne dass es durch eine bewusste Speicherung perpetuiert wird. Mit der automatisch erfolgenden Speicherung solcher Daten im Cache-Speicher des Computers erlangt der Nutzer Besitz i. S. d. § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F., auch wenn die Daten später (manuell oder systembedingt automatisch) wieder gelöscht werden. Denn das Sich-Verschaffen des Besitzes i. S. d. § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB a. F. ist mit der automatischen Speicherung im Cache-Speicher vollendet (vgl. BGH, B. v. 10.10.2006 - 1 StR 430/06 - NStZ 2007, 95). Spätestens wenn die Daten auf einem permanenten Medium im Herrschaftsbereich des Nutzers gespeichert werden, hat dieser daran Besitz erlangt (vgl. BGH, U. v. 18.1.2012 - 2 StR 151/11 - juris Rn. 17), der durch Belassen der Daten auf dem Speichermedium perpetuiert wird (vgl. BGH, B. v. 28.11.2008 - 2 StR 501/08 - juris Rn. 2).

Danach hat der Beklagte Besitz an den über den Internetbrowser „Mozilla-Firefox“ aufgerufenen Bildern erlangt, als diese automatisch im Cache gespeichert wurden, spätestens jedoch mit Anklicken der Bilder. Bei den im sichtbaren Speicherbereich befindlichen Bildern war die Besitzerlangung mit Aufruf der Dateien, jedenfalls mit deren Abspeichern auf dem PC bzw. den CDR beendet. Auch der Besitz an den im nicht zugewiesenen Speicherbereich befindlichen kinderpornographischen Bildern wurde spätestens durch deren Abspeichern auf dem PC begründet und durch deren Löschung und Verschiebung in nicht den zugewiesenen Speicherbereich fortgesetzt.

Aus dem automatischen Abspeichern kinderpornographischer Dateien im Browser-Cache während des Aufrufs einer Website mit entsprechenden Vorschaubildern lässt sich auch auf einen entsprechenden Besitzwillen schließen, wenn der Benutzer vor dem Aufruf Kenntnis vom Inhalt der Website hatte, gezielt im Internet nach kinderpornographischem Material gesucht hat, durch Anklicken eines Vorschaubildes ein Vollbild geladen hat oder seinen auf den Besitz kinderpornographischer Dateien gerichteten Herrschaftswillen auf sonstige Weise nach außen hin manifestiert hat (vgl. AG Saarbrücken, U. v. 29.7.2009 - 115 Ds 87/09 - juris Rn. 31; AG Backnang, B. v. 13.1.2014 - 2 Cs 27 Js 61608/13 - juris Rn. 7).

Bereits aus dem durch den Sachverständigen B. festgestellten Umstand, dass der Beklagte mindestens 78 kinderpornographische Dateien über den Internetbrowser „Mozilla Firefox“ heruntergeladen hat, folgt zur Überzeugung des Senats, dass ihm das Vorhandensein dieser Dateien bewusst war, entweder weil er sie selbst aus dem Internet heruntergeladen hat oder sie durch Aufruf auf entsprechenden Internetseiten automatisch im Cache-Speicher des PC auf der Festplatte abgespeichert wurden. Nachdem aufgrund der auf dem PC gefundenen Hinweise auf den Besuch von Websites mit kinderpornographischen Inhalten zudem feststeht, dass der Beklagte an verschiedenen Tagen gezielt Seiten mit kinderpornographischen Inhalten gesucht und aufgerufen hat, hat er sich damit auch bewusst den Besitz dieser Dateien im Sinne von § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB a. F. verschafft (vgl. BGH, B. v. 10.10.2006 - 1 StR 430/06 - NStZ 2007, 95).

Da der Beklagte wiederholt gezielt Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt gesucht und aufgerufen hat, lässt dies zudem den Schluss zu, dass er diese bewusst aufgesucht (vgl. BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 37) und sich deshalb auch den Besitz an den übrigen kinderpornographischen Dateien i. S.v. § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB a. F. zumindest bedingt vorsätzlich verschafft hat (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.2007 - 2 WD 19/06 - juris Rn. 35). Schon wer bewusst und gewollt Seiten mit kinderpornographischen Inhalten aus dem Internet aufruft und auf dem Bildschirm seines Computers betrachtet, unternimmt es, sich den Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen; nicht erforderlich zur objektiven und subjektiven Tatbestandserfüllung sind ein Plan, die Dateien manuell abzuspeichern, oder ein Wissen um die automatisch erfolgende Abspeicherung der Dateien im Internet-Cache (vgl. OLG Hamburg, U. v. 15.2.2010 - 2-27/09 - juris Rn. 35).

2.3 Der Beklagte hat den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien zwar schon im Strafverfahren bestritten. Sein Einlassungsverhalten war in Abhängigkeit vom jeweiligen Ermittlungsstand jedoch erheblichen Anpassungen und Steigerungen unterworfen, weshalb der Senat seine auch in sich widersprüchlichen Einlassungen als unglaubwürdige Schutzbehauptungen ansieht.

Bei seiner ersten Vernehmung als Beschuldigter am 8. Juni 2006, als lediglich der Verdacht eines Zugriffs auf kinderpornographische Dateien im Raum stand, räumte der Beklagte zwar den Besitz pornographischer Bilder ein, während er den Besitz kinderpornographischer Bilder überhaupt abstritt. Erst nach der Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger, auf denen neben realen kinderpornographischen Fotos im nicht zugewiesenen Speicherbereich auch kinderpornographische Comics im sichtbaren Speicherbereich des PC unter dem Pfad „C://Windows/winpic/graphx“ in Unterordnern 1 bis 8 und „TerribleTorture“ enthalten waren, räumte der Beklagte in seiner weiteren Vernehmung am 13. September 2006 ein, pornographische Bilder bewusst heruntergeladen und auf dem PC abgespeichert sowie zu diesem Zweck die Unterordner 1 bis 8 angelegt zu haben. Er bestritt jedoch, bewusst im Internet nach kinderpornographischen Bildern gesucht oder derartige Bilder heruntergeladen zu haben. Seiner Meinung nach seien die auf dem PC gefundenen Bilder versehentlich in anderen Ordnern mitverpackt gewesen und von ihm in den Unterordnern abgelegt worden; illegale Dateien würden oft als Anhang zu normalen Dateien verschickt, das habe er schon bei Musikdateien von rapidshare so erlebt. Allerdings gab er zugleich zu, „pornographische Zeichnungen“ heruntergeladen zu haben, von denen er jedoch der Ansicht gewesen sei, dass diese nichts mit Kinderpornographie zu tun hätten, sondern erlaubt seien. Mit Schriftsatz vom 15. November 2006 ließ der Beklagte hingegen vortragen, er habe pornographische Bilder nicht einzeln, sondern nach dem Betrachten einzelner Bilder einer Serie im Block heruntergeladen, so dass er nicht von sämtlichen abgespeicherten Bildern Kenntnis genommen habe und deshalb ein unwissentliches Mitabspeichern kinderpornographischer Bilder möglich sei. Mit Schriftsatz vom 11. April 2008 ließ der Beklagte wiederum erklären, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er kinderpornographische Bilddateien ungesehen mit strafrechtlich nicht relevanter Pornographie bezogen habe und dass beim Öffnen der Bilder und Erkennen des kinderpornographischen Inhalts eine Löschung bzw. gar Formatierung erfolgt sei, wodurch diese in den nicht zugewiesenen Speicherbereich gelangt seien, so dass jedenfalls kein entsprechender Besitzwille bestanden habe.

Wenn man letzteres so verstehen wollte, dass die kinderpornographischen Bilder durch den Beklagten gelöscht worden seien, könnte zwar der Besitzwille fraglich sein (vgl. OLG Hamburg, B. v. 11.11.2008 - 1-53/08 - juris Rn. 14). Ist der Nutzer z. B. beim Surfen im Internet lediglich einmalig auf kinderpornographische Seiten gestoßen, hat er diese nur ganz kurzfristig betrachtet und danach sofort Maßnahmen ergriffen, in denen der eindeutige Wille zum Ausdruck gekommen ist, sich dieses inkriminierten Materials endgültig zu entledigen, so kann ein solches Verhalten gegen die Annahme sprechen, er habe auch einen entsprechenden Besitzwillen gehabt, selbst wenn die aufgerufenen Dateien in den Cache-Speicher des PC gelangt sind und deshalb eine der beiden Tatbestandsalternativen des § 184b Abs. 4 StGB a. F. erfüllt worden ist (vgl. BayVGH, U. v. 11.8.2010 - 16a D 10.189 - juris Rn. 51). Die Behauptung, dass der Beklagte die auf dem PC gefundenen kinderpornographischen Dateien nach Erkennen ihres strafbaren Inhalts umgehend gelöscht hat, so dass es jedenfalls an einem entsprechenden Besitzwillen fehle, steht aber im ersichtlichen Widerspruch zu seiner Einlassung, er habe die pornographischen Bilder nicht einzeln betrachtet, sondern im Block abgespeichert, so dass er ungewollt auch kinderpornographische Bilder mitabgespeichert haben könne, und hat daher außer Betracht zu bleiben.

Diese Einlassung wird zudem dadurch widerlegt, dass die auf dem PC gefundenen fotorealistischen kinderpornographischen Bilder, Mangas und Comics thematisch wie inhaltlich mit den gelöschten realen kinderpornographischen Fotos identisch sind. Sie zeigen jeweils den sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren und unterscheiden sich nur in der strafrechtlichen Bewertung: Während der Besitz - anders als die Verbreitung nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. (vgl. BGH, U. v. 15.12.1999 - 2 StR 365/99 - juris Rn. 23) - kinderpornographischer Comics nicht strafbar ist (vgl. OLG Hamburg, U. v. 15.2.2010 - 2-27/09 - juris Rn. 31), weil die Darstellungen nicht mit dem tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern verbunden sind und kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben (vgl. BGH, B. v. 19.3.2013 - 1 StR 8/13 - juris Rn. 21), ist bei kinderpornographischen Bildern, die einen tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen, nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. der Besitz strafbewehrt. Die Einrichtung einer dezidierten Ordnerstruktur auf dem PC und die Herstellung der CDR, auf denen lediglich Comics enthalten sind, sowie der Fund von realkinderpornographischen Bildern nur im nicht zugewiesenen Speicherbereich sprechen deshalb in den Augen des Senats für eine bewusste und manuelle Selektierung der jeweiligen Dateien durch den Beklagten.

2.4 Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass kinderpornographische Bilddateien zunächst ungeöffnet zusammen mit anderen Dateien auf dem PC vorhanden waren, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines Formatierungsvorgangs in den nicht zugewiesenen Speicherbereich verschoben worden sind. Der Sachverständige B. und die Firma response haben es aufgrund der von ihnen festgestellten Hinweise auf den wiederholten gezielten Besuch kinderpornographischer Internetseiten sowie auf das Herunterladen einzelner kinderpornographischer Bilder über den Internetbrowser „Mozilla-Firefox“ vielmehr ausgeschlossen, dass der Beklagte kinderpornographische Bilder unbewusst oder versehentlich im Paket mit pornographischen Dateien bzw. als Anhang von Musikdateien heruntergeladen hat; dass kinderpornographische Dateien in Musikdateien mitverpackt gewesen wären, ist nach Angaben von Herrn B. in der Praxis bisher auch nicht vorgekommen. Dies bedeutet zwar nicht, dass dies nicht denkbar ist. Die bloße Möglichkeit, dass es so gewesen sein könnte, führt jedoch nicht dazu, dass der Senat die getroffenen Feststellungen als widerlegt ansehen würde. Da jedenfalls 78 kinderpornographische Bilder nachweislich einzeln über den Internetbrowser „Mozilla-Firefox“ aufgerufen und angeklickt worden sind, konnte mithin auch der Beweisantrag Nr. 1 als nicht entscheidungserheblich abgelehnt werden.

Dem bewussten Herunterladen und Speichern kinderpornographischer Bilddateien steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte jeweils Seiten mit pornographischen Inhalten angeklickt und heruntergeladen haben will, ohne alle Bilder zu betrachten. Denn er ist nach Feststellungen des Sachverständigen B. und der Firma response nicht nur einmal - zufällig - beim Surfen im Internet auch auf Kinderpornographie gestoßen, sondern hat vielmehr mehrfach gezielt Seiten mit kinderpornographischen Inhalten im Internet aufgesucht und die entsprechenden Bilddateien auf seinem PC gespeichert (vgl. BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 37). Insoweit ist auch unerheblich, dass die Bilddateien ggf. nur als Vorschaubilder gespeichert wurden (vgl. VGH BW, U. v. 20.6.2012 - DL 13 S 155/12 - juris Rn. 40).

Da der Beklagte die bei ihm gefundenen kinderpornographischen Comics darüber hinaus auf diverse Unterordner verteilt hat, in denen sich nur derartige Darstellungen, aber keine pornographischen Bilder befanden, ist auch auszuschließen, dass dem Beklagten entgangen sein könnte, wenn er ungewollt weitere Dateien mit strafbarem Inhalt heruntergeladen hätte, und zwar unabhängig davon, ob dies zugleich mit dem Herunterladen pornographischer Bilder oder sonstiger Dateien geschehen wäre.

Auch die Tatsache, dass die im nicht zugewiesenen Speicherbereich gefundenen kinderpornographischen Bilder nur mit Hilfe eines speziellen Programms ausgelesen und wiederhergestellt werden konnten, besagt nicht zugleich, dass diese ungeöffnet und unbemerkt durch eine automatische Löschung bzw. Formatierung der Festplatte in den nicht zugewiesenen Speicherbereich gelangt sind. Dies ist vielmehr die Folge der Löschung der Dateien, die zur Überzeugung des Senats bewusst erfolgte. Gegen die Annahme einer unbemerkten Löschung spricht insbesondere der Umstand, dass nach Angaben des Sachverständigen B. die von ihm wiederhergestellten Bilddateien in einer Dateigröße vorliegen, die für Vorschaubilder unüblich ist, so dass sie aus der Sicht des Senats vor der Löschung angeklickt worden sein müssen.

2.5 Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass kinderpornographische Dateien ohne Wissen und Zutun des Beklagten mittels einer von ihm unbemerkt auf dem PC befindlichen Schadsoftware heruntergeladen wurden. Der Sachverständige B. hat erklärt, dass er aufgrund seiner Feststellungen und den Ergebnissen der Auswertung durch die Firma response mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen kann, dass von außen auf den PC zugegriffen wurde. Die Firma response ist im Nachtrag zum Auswertungsbericht vom 9. Januar 2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass die auf dem PC gefundene Schadsoftware vorliegend irrelevant ist. Trojaner oder andere Schadsoftware, die zum Herunterladen kinderpornographischer Dateien in der Lage wäre, sind dort nicht vorhanden, das unbemerkte Herunterladen derartiger Dateien deshalb auszuschließen. Laut Nachtrag zum Auswertungsbericht der Firma response vom 16. April 2009 erbrachte auch die erneute Überprüfung des PC keine Hinweise auf die vom Beklagten seinen Angaben nach auf zwei von ihm erstellten Sicherungs-CDR gefundene (angebliche) Schadsoftware „Win32:SdDrpop“ bzw. „BackDoor.Bifrost.57“. Auch die Auswertung der Datei „alkomat.exe“ zeigte keine Schadaktivitäten; es wurden keine Hinweise gefunden, dass die inkriminierten Bilddateien von außen auf dem PC gespeichert worden sein könnten. Hinsichtlich der vom Beklagten angeblich 2003/04 bzw. 2005 erstellten Sicherungs-CDR gibt es zudem keine Anhaltspunkte, wann, durch wen und auf welchem PC diese erstmals im strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahren vorgelegten CDR hergestellt wurden. Es ist auch nicht auszuschließen, dass auf die zunächst als Kopien erstellten CDR später neue Daten, die ggf. Schadprogramme enthielten, gebrannt wurden. Aus der Behauptung, dass es sich um Sicherungskopien handle, kann daher nicht notwendig geschlossen werden, dass sich die Programme auch auf dem PC befunden haben.

Auch der vom Beklagten in Auftrag gegebene Forensische Bericht der Firma BFK EDV-Consulting GmbH vom 21. Oktober 2011 konnte keine Anhaltspunkte dafür finden, dass sich die vom Beklagten auf den beiden Sicherungs-CDR gefundene (potentielle) Schadsoftware zu einem früheren Zeitpunkt auf dem PC befunden hätte. Hinsichtlich der auf einer Sicherungs-CDR befindlichen Schadsoftware „WS-FTP-LE.exe“ (laut Firma BFK auch „SdDrop“ oder „SdBot“), die nach Ansicht der Firma BFK potentiell zur Fernsteuerung des PC hätte eingesetzt werden können, wurden ebenfalls keine Hinweise darauf gefunden, dass diese Schadsoftware jemals auf dem PC vorhanden war bzw. ausgeführt wurde. Der Sachverständige B. hat überdies ausgeführt, dass mit dem Programm „WS-FTP-LE.exe“ allenfalls auf einen fremden Computer oder Server zugegriffen werden hätte können, falls dies erlaubt ist, dass es jedoch nicht dazu verwendet werden kann, von außen einen fremden Computer fernzusteuern, und hat es daher mit großer Wahrscheinlichkeit für ausgeschlossen gehalten, dass mit diesem Programm jemand von außen bewusst und gewollt ohne Kenntnis des Benutzers kinderpornographische Dateien heruntergeladen hat.

Auch hinsichtlich der auf dem PC gefundenen sonstigen potentiellen Schadsoftware konnte kein Zusammenhang mit den vorhandenen kinderpornographischen Dateien hergestellt werden. Die übereinstimmend von der Firma response und der Firma BFK auf dem PC festgestellten Programme, mit denen ggf. Passwörter und andere Daten des Benutzers ausspioniert werden können, besitzen nach deren Angaben keine vorliegend relevanten weiteren Schadfunktionen.

Im Übrigen war auf dem PC entgegen der Angaben des Beklagten auch eine Firewall installiert, die unerwünschte Verbindungen in das Internet nachweislich verhindert hat.

Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, weshalb Dritte ein Interesse daran gehabt haben könnten, auf den PC des Beklagten kinderpornographische Dateien herunterzuladen. Wirtschaftliche Motive (z. B. kostenpflichtiger Download oder Betrug bzw. Erpressung) hierfür hat auch der Beklagte nicht behauptet. Dafür, dass der PC des Beklagten missbraucht worden wäre, um verbotene Kinderpornographie ins Internet hochzuladen und zu verbreiten, gibt es ebenfalls keine Anhaltspunkte, da dann nicht nur Downloads, sondern auch Uploads feststellbar gewesen sein müssten.

2.6 Auch daraus, dass nach übereinstimmenden Angaben des Sachverständigen B., der Firma response und der Firma BFK keine fundierten Aussagen zum Aufruf- bzw. Erstellungszeitpunkt der Dateien gemacht werden können, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Beklagte die Dateien nicht heruntergeladen hat. Zwar hat er nach eigenen Angaben die Systemzeit seines PC zurückgestellt, so dass alle Zeitstempel unter Vorbehalt zu sehen sind. Außerdem weist die Systemzeit auch eine erhebliche Abweichung zur Tatortzeit auf, so dass auch deshalb keine zuverlässigen Anhaltspunkte hinsichtlich des tatsächlichen Aufruf- bzw. Erstellungszeitpunkts der Dateien bestehen. Dies bedeutet aber nicht, dass ohne Feststellung des genauen Aufruf- bzw. Erstellungszeitpunkts der Dateien nicht von der Täterschaft des Beklagten ausgegangen werden könnte. Der Senat ist aufgrund der Tatsache, dass sich die kinderpornographischen Dateien auf dem - seinen Angaben nach ihm gehörenden, allein von ihm genutzten sowie passwortgeschützten - PC befunden haben, vielmehr der Überzeugung, dass der Beklagte diese bewusst selbst heruntergeladen hat.

Deshalb kann vorliegend auch als wahr unterstellt werden, dass der Beklagte zu zwei Zeitpunkten, an denen von seiner dynamischen IP-Adresse Zugriffe auf das „LoliDorkiGuestbook“ erfolgt sein sollen (15. Dezember 2005 9:13 bzw. 7:13 Uhr sowie 6. Mai 2006 9:40 bzw. 7:40 Uhr) in der Schule und nicht zu Hause war, da damit nicht zugleich gesagt ist, dass die nachweislichen Zugriffe auf das „LoliDorkiGuestbook“ tatsächlich zu den angegebenen Zeitpunkten stattgefunden haben. Zwar sind die betreffenden Zeitstempel laut Nachtrag zum Auswertungsbericht der Firma response vom 9. Januar 2007 fest kodiert und im Quelltext der Dateien vorhanden, da sie von dem aufgerufenen Internetserver stammen. Da die verwendete lokale Zeitzone aber nicht feststellbar ist, können über die tatsächlichen Zugriffszeitpunkte keine definitiven Angaben gemacht werden, so dass das Alibi des Beklagten dadurch nicht bestätigt werden kann. Aus diesem Grund konnte auch der Beweisantrag Nr. 2 abgelehnt werden.

Auch das Bestreiten einer Internetnutzung zu den übrigen nächtlichen Zeitpunkten, an denen Zugriffe auf das „LoliDorkiGuestbook“ stattgefunden haben sollen, obwohl sich der Beklagte im Bett befunden habe und auch nicht unbemerkt von den übrigen Familienmitgliedern den Computer hätte benutzen können, vermag aus den oben genannten Gründen sein Alibi nicht zu bestätigen. Im Übrigen handelt es sich auch lediglich um vage Mutmaßungen.

III.

Der Beklagte hat durch den nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. strafbaren Besitz von 512 kinderpornographischen Bilddateien, die den realen sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren wiedergeben, als aktiver Beamter vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Pflichten aus Art. 62 Abs. 1 Satz 2 und Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F. (bzw. § 33 Abs. 1 und § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen, die Gesetze zu beachten sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (vgl. BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 45). Der Beklagte hat dadurch als aktiver Beamter ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, sondern außerhalb des Dienstes stattfand, und er die Dateien nur auf seinem privaten Computer gespeichert hat (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 7).

Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten erfüllt auch den Tatbestand eines Dienstvergehens gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (bzw. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG), weil es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das ist beim außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Schriften bei einem Lehrer aufgrund des Dienstbezugs der Fall. Ein Dienstbezug ist zu bejahen, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem innegehabten Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Verhalten des Beklagten weist einen Bezug zu seinem Dienstposten auf, weil der nach § 184b Abs. 4 StGB a. F. strafbewehrte Besitz kinderpornographischer Schriften bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden. Denn nach Bekanntwerden eines solchen Fehlverhaltens ist ein Lehrer in der Dienstausübung zumindest stark gehindert, weil er elementare Rechte gerade der Personengruppe verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und die ihm anvertraut ist. Insoweit genügt bereits die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder zu konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 15).

Wer kinderpornographische Schriften erwirbt bzw. besitzt (§ 184b Abs. 4 StGB a. F.), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist zudem in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Darüber hinaus degradiert der Täter die sexuell missbrauchten Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 16).

Der Erwerb und Besitz verbotener kinderpornographischer Schriften durch einen Lehrer, dem Kinder zur Ausbildung und Erziehung anvertraut sind, ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule (vgl. Art. 131 BV, Art. 1, 2 und 59 BayEUG) nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der seiner Obhut unterstehenden Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln. Der Besitz von Schriften, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, ist mit diesem Bildungsauftrag unvereinbar und offenbart erhebliche Persönlichkeitsmängel, die das Vertrauen, das der Dienstherr in die Selbstbeherrschung, Zuverlässigkeit und moralische Integrität der Lehrkraft setzt, von Grund auf erschüttern (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 17).

Da der Beklagte jedenfalls 512 strafbare kinderpornographische Bilddateien, die den realen sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren darstellen, in Besitz hatte, kann im Ergebnis offen bleiben, ob auch die bei ihm gefundenen fotorealistischen kinderpornographischen Bilder ein wirklichkeitsnahes Geschehen i. S. d. § 184b Abs. 4 StGB a. F. wiedergeben, obwohl sie nicht mit dem tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern verbunden sind. Der Senat konnte das Disziplinarverfahren insoweit gemäß Art. 54 BayDG auf die 512 realen kinderpornographischen Bilder beschränken und den Besitz fotorealistischer kinderpornographischer Bilder ebenso wie den - straflosen (vgl. OLG Hamburg, U. v. 15.2.2010 - 2-27/09 - juris Rn. 31) - Besitz kinderpornographischer Comics bzw. Mangas ausscheiden, weil diese für die Art und Höhe der gegen den Beklagten zu verhängenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fallen.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Es hat zur Folge, dass er das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen. Die Aberkennung des Ruhegehalts nach Art. 13 BayDG ist auch angemessen und erforderlich.

1. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG.

Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen; Ruhestandsbeamten ist dementsprechend das Ruhegehalt abzuerkennen (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG).

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach der Form und dem Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte.

Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 21; BayVGH, U. v. 5.11.2014 - 16a D 13.1568 - juris Rn. 48).

2. Der Beklagte hat mit dem Besitz von 512 realkinderpornographischen Dateien in seiner Zeit als aktiver Beamter ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, so dass nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis entsprechend Art. 11 BayDG den Ausgangspunkt der disziplinarischen Bewertung bildet.

Für den privaten Erwerb bzw. Besitz kinderpornographischer Schriften gibt es keine Regeleinstufung wie bei innerdienstlichen Dienstvergehen, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Maßgeblich für die Maßnahmebemessung ist deshalb die jeweilige abstrakte Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten. Das Ausmaß des Vertrauensschadens, der durch eine außerdienstliche Straftat hervorgerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 22). Für die disziplinarische Ahndung außerdienstlichen Erwerbs bzw. Besitzes kinderpornographischen Materials ist aus dem Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB a. F. von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bei der Maßnahmebemessung deshalb auf einen Orientierungsrahmen abzustellen, der bis zur Zurückstufung reicht, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist (vgl. BVerwG, B. v. 14.5.2012 - 2 B 146/11 - juris Rn. 9).

Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Erwerb bzw. Besitz kinderpornographischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein solches Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet daher keine Gewähr dafür, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann.

Der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornographischen Materials reicht deshalb bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dabei kommt die Entfernung eines Lehrers aus dem Beamtenverhältnis in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen (vgl. BVerwG, B. v. 25.5.2012 - 2 B 133/11 - juris Rn. 11; B. v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 7).

Der Beklagte hat durch den Besitz von 512 realkinderpornographischen Dateien Straftaten verübt, die sich gegen eine Personengruppe richten, die ihm aufgrund seines Amtes zur Ausbildung und Erziehung besonders anvertraut ist. Er hat dadurch im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt, auch wenn sich dieser Vorgang im außerdienstlichen Bereich abspielte, und dadurch das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren.

Das Verhalten eines Lehrers, das den Straftatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB a. F. erfüllt, steht der Verpflichtung der Angehörigen dieses Berufes, die Würde und die persönliche Entfaltung der Schüler zu schützen und zu fördern, diametral entgegen, so dass ihm ein glaubwürdiges pädagogisches Wirken nicht mehr möglich ist. Zudem verfügt er nicht mehr über die persönliche Autorität, die für seinen Beruf unabdingbar ist (vgl. BayVGH, U. v. 28.4.2010 - 16a D 08.2928 - juris Rn. 54).

Aufgrund der konkreten Tatumstände (erhebliche Anzahl von Bildern, die schwere Missbrauchshandlungen zeigen) ist das strafbare Verhalten des Beklagten auch als besonders verwerflich anzusehen. So zeigen die 512 realkinderpornographischen Dateien nicht nur den Oral-, Anal- und Vaginalverkehr unter 14jähriger Mädchen mit erwachsenen Männern sowie sexuelle Handlungen erwachsener Frauen an unter 14jährigen Jungen und Mädchen und zwischen unter 14jährigen Kindern. Darunter befinden sich auch Bilder, auf denen erkennbar unter 10 Jahre alte Mädchen mit schmerzverzerrtem Gesicht beim Oralverkehr zu sehen sind oder auf denen Finger von Erwachsenen in die Scheide bzw. in den After von Säuglingen eingeführt werden. Auch werden Genitalien von Kindern und Säuglingen in aufreisserischer und verletzender Weise vor der Kamera zur Schau gestellt und die missbrauchten Kinder so zum bloßen Objekt der sexuellen Begierde des Betrachters degradiert.

Erschwerend kommt weiter hinzu, dass der Beklagte neben den 512 kinderpornographischen Bildern auch 935 fotorealistische kinderpornographische Bilder, Mangas und Comics sowie ein entsprechendes Video gespeichert hatte, die überwiegend erniedrigende sexuelle Praktiken an Kindern zeigen. So wurden z. B. Bilder gefunden, die ein erkennbar unter 5 Jahre altes nacktes Kind mit einem Hund, gefesselte und sexuell missbrauchte Kleinkinder oder ein kleines Mädchen, dessen Schamlippen mittels mechanischer Zugvorrichtungen auseinander gezogen werden, darstellen. Auch wenn der bloße Besitz kinderpornographischer Mangas, Comics u. dgl. nicht strafbewehrt ist, spricht er für eine mit dem Beruf des Lehrers nicht zu vereinbarende Persönlichkeitsstruktur, und ist zulasten des Beklagten zu berücksichtigen, auch wenn der Besitz solcher Bilder keine eigenständige Pflichtverletzung darstellt (vgl. BVerwG, B. v. 22.1.2014 - 2 B 102/13 - juris Rn. 17).

3. Die den Beklagten entlastenden Umstände besitzen demgegenüber sowohl für sich betrachtet als auch in der Gesamtschau kein derartiges Gewicht, um den vom Senat festgestellten endgültigen Vertrauensverlust so zu relativieren, dass vorliegend von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.

3.1 Angesichts der Schwere des festgestellten Dienstvergehens können weder die guten dienstlichen Leistungen des Beklagten noch die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen ein normales Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar. Sie sind aber nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so abzumildern, dass von einer Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden könnte. Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, B. v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 27).

3.2 Ein Geständnis hat der Beklagte nicht abgelegt, sondern den bewussten Besitz kinderpornographischer Dateien immer bestritten. Insoweit kann die Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß auch nicht als Einräumung der Tat gewertet werden, da dies nach eigenen Angaben nur zu dem Zweck erfolgte, dem Beklagten weitere Belastungen durch das Strafverfahren zu ersparen, jedoch kein Eingeständnis der Tat beinhaltete.

3.3 Da der Beklagte wiederholt Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt besucht und mehrfach kinderpornographische Bilder heruntergeladen hat, handelt es sich auch nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat (vgl. BayVGH, U. v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 20).

3.4 Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) bzw. der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat, bestehen nicht. Zwar wurden im Zusammenhang mit der Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit ausgeprägte (vgl. Gutachten Diplom-Psychologin M... vom 20. Juni 2007) bzw. mittelschwere (vgl. Gutachten MUS der Regierung von O... vom 17. September 2007) Depressionen festgestellt; auch laut im Strafverfahren eingeholten Gutachten des Landgerichtsarztes vom 14. März 2008 litt der Beklagte im damaligen Zeitpunkt an einer reaktiven depressiven Störung. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass der Beklagte bereits im Tatzeitpunkt depressiv und deshalb nur vermindert schuldfähig gewesen wäre. Vielmehr hat er diese Symptome erst nach der Einleitung des Straf- und Disziplinarverfahrens gegen ihn gezeigt. Auch nach Mitteilung des Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2013 wurde die Schuldfähigkeit im (angeblichen) Tatzeitraum vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen; sein schlechter Gesundheitszustand beruhe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf den Auswirkungen, die das Straf- und Disziplinarverfahren auf ihn gehabt hätten.

Soweit mit Schreiben der Ehefrau des Beklagten vom 11. Januar 2015 nunmehr auf das testpsychologische Gutachten Dipl.-Psychologe S. vom 25. Januar 2008, der beim Beklagten Merkmale einer schizoiden Persönlichkeitsstörung konstatiert habe, sowie auf - nicht vorgelegte - neurologische bzw. hausärztliche Befunde hingewiesen wurde, ist ebenfalls nicht dargetan, dass diese - behaupteten - Erkrankungen bereits im Tatzeitpunkt vorgelegen hätten. Jedenfalls konnte Dipl.-Psychologe S. keine Hinweise auf hirnorganische Störungen oder neuropsychologische Ausfälle beim Beklagten feststellen, die - ggf. zusammen mit seinen körperlichen Erkrankungen - zu einer (erheblichen) Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten geführt hätten. Einen auf Feststellung der verminderten Schuldfähigkeit im Tatzeitpunkt gerichteten Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Vor diesem Hintergrund war der Senat aber auch von Amts wegen nicht gehalten, der Frage der verminderten Schuldfähigkeit weiter nachzugehen (vgl. BVerwG, B. v. 10.12.2014 - 2 B 75/14 - juris Rn. 12 ff.).

3.5 Auch die Tatsache, dass der Beklagte aufgrund seiner schweren Erkrankungen wegen dauernder Dienstunfähigkeit (vgl. Gutachten MUS der Regierung von O. vom 17. September 2007) in den Ruhestand versetzt wurde und eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit nicht prognostiziert werden kann (vgl. Gutachten MUS der Regierung von O. vom 8. November 2008), führt nicht dazu, dass von der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen wäre.

Zwar sind die gesundheitlichen Folgen eines Disziplinarverfahrens für den Beamten im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten zu berücksichtigen. So ist etwa eine erhebliche, über das normale Maß hinausgehende, mit dem Straf- und Disziplinarverfahren verbundene psychische Belastung in die aufgrund von Art. 14 BayDG gebotene Abwägung miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, B. v. 5.7.2010 - 2 B 121/09 - juris Rn. 12). Jedoch rechtfertigt der Umstand, dass sich der Gesundheitszustand eines Ruhestandsbeamten infolge der Belastung durch das Straf- und Disziplinarverfahren soweit verschlechtert hat, dass er zeitweise verhandlungsunfähig war, einen Betreuer hatte und vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden musste, kein Absehen von der Aberkennung des Ruhegehalts. Es handelt sich vielmehr um die Folgen eines von dem Beamten begangenen vorsätzlichen Dienstvergehens. Sie sind diesem aufgrund vorwerfbaren Fehlverhaltens zurechenbar und jedenfalls dann nicht mildernd zu berücksichtigen, wenn - wie im vorliegenden Fall - durch das Fehlverhalten die disziplinarische Höchstmaßnahme verwirkt ist (vgl. BVerwG, U. v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - juris Rn. 46; BVerfG, B. v. 9.8.2006 - 2 BvR 1003/05 Rn. 7). Die schwere Erkrankung des Beklagten, die zur Dienstunfähigkeit geführt hat, vermag deshalb die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme nicht zu begründen (vgl. BVerwG, U. v. 6.11.1990 - 1 D 3/90 - juris Rn. 30).

3.6 Auch die lange Dauer des bereits 2006 eingeleiteten Disziplinarverfahrens kann - unabhängig davon, dass der Beklagte die Dauer aufgrund der von ihm erhobenen außerordentlichen Rechtsbehelfe zu vertreten hat - nicht mildernd berücksichtigt werden. Aufgrund des schwerwiegenden Fehlverhaltens des Beklagten in seiner aktiven Dienstzeit als Beamter ist das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn endgültig zerstört, so dass die lange Verfahrensdauer - unabhängig von ihren Ursachen - es nicht rechtfertigt, von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen (vgl. BVerwG, U. v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - juris Rn. 47; BVerfG, B. v. 9.8.2006 - 2 BvR 1003/05 Rn. 8).

4. Die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme gegen den Beklagten ist auch nicht unverhältnismäßig und verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Schuldprinzip (vgl. BVerfG, B. v. 18.1.2008 - 2 BvR 313/07 - juris Rn. 11). Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und auch erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Disziplinarmaßnahmen gegenüber Ruhestandsbeamten verfolgen neben der Pflichtenmahnung die Zwecke der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist der durch das Gewicht des Dienstvergehens eingetretene Vertrauensschaden - wie vorliegend - mangels Milderungsgründen so erheblich, dass bei aktiven Beamten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, erweist sich die Aberkennung des Ruhegehalts gegenüber Ruhestandsbeamten als geeignete und erforderliche Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken von Disziplinarmaßnahmen gegenüber Ruhestandsbeamten Geltung zu verschaffen. In derartigen Fällen ist die Aberkennung des Ruhegehalts auch angemessen. Ist das Vertrauensverhältnis - wie vorliegend - endgültig zerstört, erweist sich die Aberkennung des Ruhegehalts als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Sie beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung während der aktiven Dienstzeit und ist dem späteren Ruhestandsbeamten daher als bei Begehung vorhersehbar zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - juris Rn. 49; BVerfG, B. v. 9.8.2006 - 2 BvR 1003/05 Rn. 9).

Der Senat verkennt nicht, dass der Beklagte und seine Familie mit Aberkennung des Ruhegehalts existentiell betroffen werden und dass der Beklagte aufgrund seines Alters und seines schlechten Gesundheitszustandes auch keine Arbeit mehr finden und ausüben können wird. Dies ist jedoch allein die Folge der von ihm begangenen gravierenden Dienstpflichtverletzungen. Ihm steht zudem für die Dauer von sechs Monaten ein Unterhaltsbeitrag gemäß Art. 13 Abs. 2 BayDG zu. Auch ist er in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB VI), so dass er ggf. auch Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beantragen kann. Im Übrigen ist der Beklagte ggf. auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu verweisen. Hinsichtlich der Übernahme von Krankheitskosten ist darauf hinzuweisen, dass nach § 12 Abs. 1a, b VAG private Krankenversicherungen grundsätzlich verpflichtet sind, im Basistarif alle Personen aufzunehmen, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung werden können.

Nach alldem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Das Gericht erhebt die erforderlichen Beweise.

(2) Bei einer Disziplinarklage sind Beweisanträge von dem Dienstherrn in der Klageschrift und von dem Beamten innerhalb zweier Monate nach Zustellung der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage zu stellen. Ein verspäteter Antrag kann abgelehnt werden, wenn seine Berücksichtigung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht werden.

(3) Die Bestimmungen der Strafprozessordnung über die Pflicht, als Zeuge auszusagen oder als Sachverständiger ein Gutachten zu erstatten, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen und Sachverständige gelten entsprechend.

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2.
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,
3.
Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten,
3a.
Organ oder Mitglied eines Organs einer Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechtsanwälten oder europäischen niedergelassenen Rechtsanwälten oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Patentanwälten oder niedergelassenen europäischen Patentanwälten im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung der Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Berufsausübungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung oder Hilfeleistung in Steuersachen oder ihrer rechtsanwaltlichen oder patentanwaltlichen Tätigkeit,
4.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5.
Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6.
staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder
7.
Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1.
Amtsträger oder Europäischer Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
4.
Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,
5.
öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder
6.
Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

(2a) (weggefallen)

(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Datenschutzbeauftragter bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer

1.
als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
2.
als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
3.
nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Disziplinarklage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der 1966 in Frankenberg geborene Beklagte wurde nach dem Schulabschluss (Allgemeine Hochschulreife an der Erweiterten Oberschule „Geschwister-Scholl“ in Hildburghausen/DDR) und einer technischen Ausbildung am 2. September 1991 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Zum 1. September 1992 folgte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe die Ernennung zum Polizeiwachtmeister. Mit Wirkung zum 1. Mai 1993 wurde der Beklagte zum Polizeimeister ernannt und mit Wirkung zum 2. Mai 1995 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Zum 1. November 1995 wurde er zum Polizeiobermeister befördert. Mit Bescheid des Polizeipräsidiums München vom 26. Februar 2008 wurde die Polizeidienstunfähigkeit des Beklagten festgestellt. Nach erfolgter Umschulung zum nichttechnischen Verwaltungsdienst wurde der Beklagte mit Wirkung zum 1. April 2010 zum Polizeihauptsekretär ernannt. Der seit 2002 verheiratete Beklagte ist Vater eines Kindes. Mit Bescheid des Polizeipräsidiums vom 28. September 2012 wurde er mit Ablauf des 31. Oktober 2012 in den Ruhestand versetzt.

In seiner letzten periodischen Beurteilung erhielt der Beklagte 6 Punkte. Die Beurteilungen für 2008 und 2011 wurden zurückgestellt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Ein wegen eines Vorfalls am 6. März 2007 in einer Arztpraxis gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren wegen Beleidigung mit sexuellem Hintergrund und Nötigung (Az. 842 Cs 265 Js 216448/07) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 23. Oktober 2007 gemäß § 206a StPO wegen Rücknahme des Strafantrags durch die Geschädigte eingestellt.

2. Ein gegen den Beklagten geführtes Strafverfahren wegen Diebstahls von sechs Packungen Erdnüssen à 1,59 Euro in einer Tengelmann-Filiale (Az. 47 Js 31408/08) wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft München II vom 17. November 2008 endgültig gemäß § 153a Abs. 1 StPO eingestellt, nachdem der Beklagte die Geldauflage (Zahlung von 50 €) form- und fristgerecht erfüllt hatte.

3. Mit Strafbefehl vom 11. Dezember 2009, rechtskräftig seit 29. März 2010 (Az.: CS 120 Js 11564/09), wurde gegen den Beklagten wegen Beleidigung eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 50,- Euro verhängt.

III.

Im Hinblick auf den Vorfall vom 6. März 2007 wurden gegen den Beklagten disziplinarrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 19. März 2007 ordnete das Polizeipräsidium München gegenüber dem Beklagten zudem ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an und bestätigte ein diesbezügliches, bereits am 12. März 2007 ihm gegenüber mündlich ausgesprochenes Verbot. Gleichzeitig wurde ihm die Einleitung eines Disziplinarverfahrens mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2007 wurde das Disziplinarverfahren ausgedehnt und im Hinblick auf das laufende Strafverfahren ausgesetzt.

Mit Verfügung vom 18. Juni 2007 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 15 Prozent seiner Dienstbezüge einbehalten.

Am 3. Dezember 2007 wurde das Disziplinarverfahren erneut ausgedehnt. Mit Bescheid vom 26. Februar 2008 wurde der Beklagte für polizeidienstunfähig erklärt. Mit Verfügung vom 28. April 2008 wurde die vorläufige Dienstenthebung aufgehoben und am 26. November 2008 bzw. am 10. Mai 2010 das Disziplinarverfahren erneut ausgedehnt. Mit Schreiben vom 9. August 2010 und 20. Dezember 2010 sowie 16. Januar 2012 wurde dem Beklagten jeweils die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Mit Schreiben vom 23. April 2012 wurde der Personalrat beteiligt.

IV.

Am 31. Mai 2012 erhob das Polizeipräsidium München Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen bzw. nach Ruhestandsversetzung, ihm das Ruhegehalt abzuerkennen. Als Grundlage hierfür wurden folgende Anschuldigungspunkte angeführt:

„1. Am 06. März 2007 hat der Beklagte gegen 15.50 Uhr in alkoholisiertem Zustand die Arztpraxis Dr. Sprengard in der Ostpreußenstraße 14, 81927 München aufgesucht. Dort traf er auf die Arzthelferin in Ausbildung, Frau Franziska P.. Er verlangte von Frau P. die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Frau P. erklärte, als Auszubildende keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen zu dürfen; ihre Chefin sei nicht da. Der Beklagte sagte ihr, dass er eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Privatpatient immer bekäme und fragte nach der Kollegin von Frau P., Frau G.. Diese war allerdings ebenfalls nicht in der Praxis anwesend. Daraufhin sagte er zu Frau P., dass er ihr seine Schlange zeigen wolle, öffnete sein Jackett, holte von dort eine Schlange heraus und legte sich diese um den Arm und um den Hals. Es handelte sich hierbei um eine dunkelgrau-schwarze Würgeschlange, die am Bauch weiß-beige war. Er gab gegenüber Frau P. an, dass „die Schlange manchmal Leute beiße, die sie nicht mag.“

Frau P. trat daraufhin hinter die Anmeldung zurück und erklärte, dass sie Angst habe und der Beklagte mit der Schlange weggehen solle. Er kam jedoch Frau P. immer näher und wünschte, dass sie die Schlange anfassen solle. Frau P. bat ihn erneut, dass er wieder hinter die Anmeldung treten solle, und erklärte, dass sie die Schlange nicht anfassen wolle.

Dieser Bitte kam er jedoch nicht nach und erklärte Frau P. nun, dass die Schlange nicht gefährlich sei. Sodann schimpfte er über seinen Dienstvorgesetzten und gab an, nicht in die Arbeit zu wollen. In diesem Zusammenhang erklärte er insbesondere: „Ich werde meinem Chef die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf den Tisch legen und dann kann er mich am Arsch lecken.“ Als er wieder auf die Schlange zu sprechen kam, schob Frau P. einen Drehstuhl zwischen sich und ihn. Daraufhin frage er Frau P., wie lange sie schon in der Praxis arbeiten würde, da er sie nicht kennen würde. Frau P. erklärte, früher blond gewesen zu sein, weshalb er sie vielleicht nicht erkannt habe. Nun ging er um den zwischen ihm und Frau P. stehenden Drehstuhl herum, wühlte mit beiden Händen in den Haaren von Frau P. und sagte zu ihr, dass er keinen blonden Haaransatz erkennen könnte.

Frau P. wich hierauf wiederum weiter zurück und erklärte nochmals, große Angst zu haben. Frau P. gab an, ihre Kollegin S. anrufen zu wollen, damit sich diese die Schlange anschauen könne. Nachdem Frau P. die Nummer gewählt hatte, schlug der Beklagte mit der flachen Hand auf die Telefongabel und verhinderte ein Telefonat. Er sagte, dies nicht zu wollen.

Er begann sodann, seinen Hosenreißverschluss auf und zuzuziehen und öffnete seinen Gürtel. Außerdem zog er sein Hemd aus der Hose, schob dieses jedoch sofo2rt wieder in die Hose zurück. Dabei starrte er Frau P. an und schaute ihr auf die Brust.

Daraufhin schrieb Frau P. dem Beklagten die gewünschte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus, obwohl sie dies - wie sie erklärt hatte - nicht durfte. Dies tat sie in der Hoffnung, dass er sodann die Praxis verlassen würde. Nachdem Frau P. für einige Minuten ein Telefonat mit einer Patientin geführt hatte, frage der Beklagte Frau P., ob sie ein Hähnchen von dem vor der Praxis befindlichen Hähnchenstand wolle. Frau P. verneinte dies. Er erklärte ihr, dass er die Hähnchen dort umsonst bekomme und dass er dort für sie „ein gutes Wort“ einlegen würde. Sodann verließ er die Praxis und kündigte an, evtl. am nächsten Tag wieder zu kommen.

Das gegen den Beklagten geführte Strafverfahren wegen Beleidigung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 23. Oktober 2007 (Az.: 842 Cs 265 Js 216448/07) gemäß § 206a StPO eingestellt, nachdem Frau P. den Strafantrag gegen den Beklagten zurückgenommen hatte.

2. Wegen des Vorfalls am 06. März 2007 in der Praxis Dr. S. in M. wurde der Beklagte mit Schreiben des Polizeipräsidiums München, Abteilung Personal, P 2, vom 30. März 2007 (ihm mit Postzustellungsurkunde am 3.4.2007 zugestellt) aufgefordert, sich zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit am 5. April 2007 um 8.30 Uhr polizeiärztlich untersuchen zu lassen. Zu diesem Termin erschien er unentschuldigt nicht.

Er wurde daher mit weiterem Schreiben des Polizeipräsidiums München, Abteilung Personal P 2, vom 10. April 2007 (ihm mit Postzustellungsurkunde am 13.4.2007 zugestellt) erneut zur polizeiärztlichen Untersuchung am 23. April 2007 geladen. Auch zu diesem Termin erschien er unentschuldigt nicht.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums München, Abteilung Personal, P 2, vom 15. Mai 2007 wurde der Beklagte daher nochmals zur polizeiärztlichen Untersuchung am 21. Mai 2007 geladen. Auch diesen Termin ließ er unentschuldigt verstreichen.

3. Im Rahmen der beabsichtigten Verkleinerung der Home-Laufwerke auf 10 MB fiel bei der Durchsicht der Liste sämtlicher Home-Laufwerke der Dienststelle P 43 dem Dienststellenleiter auf, dass das Home-Laufwerk des Beklagten eine Speicherkapazität von 96 MB erreicht hatte. Nach ordnungsgemäßer Verständigung des Personalrats wurde am 27. April 2007 und 02. Mai 2007 sein Home-Laufwerk gesichtet. In seinem Ordner „Gesendete Objekte“ befanden sich insgesamt 151 versendete E-Mails, welche - mit Ausnahme von 14 E-Mails - nichtdienstlichen Inhalt hatten. Auch sonst befanden sich in seinem Home-Laufwerk Dateien mit nichtdienstlichem Inhalt, die teilweise auch mit anderen Dateinamen „getarnt“ wurden, wie z. B. KVR.exe = Spiel Freecell und Intor.exe = Spiel Solitär.

Neben den Computerspielen Freecell01.exe, Freecell.exe, Pilsnerwin.exe, Sol1.exe, Sol101.exe und Sol102.exe enthalten die Dateien private Inhalte, vorwiegend Witze, Bilder, Comics, Powerpoint-Präsentationen und Videoclips.

Es sind insbesondere folgende Dateien mit sexistischem bzw. pornographischem Inhalt enthalten:

- 02. Dezember 2002, 08.33 Uhr Riskier mal was (nackte Frau mit gespreizten Beinen)

- 05. März 2003, 02.30 Uhr Schwanzgesicht (Bildersammlung: Verwandlungen von Penissen in Gesichter)

- 04. Februar 2003, 11.05 Uhr - Feuerwehrfrau (Video) (halbnackte Frau, die in hohem Bogen uriniert) und Such den Pfirsich (Vielzahl von entblößten Frauenhinterteilen, unter denen sich ein Pfirsich versteckt)

- 08. Februar 2003, 21.37 Uhr Diese Dinos (Penis-Dinosaurier vor liegender, nur mit einem Tanga bekleideten Frau)

- 12. Februar 2003, 06.08 Uhr Brust-Test (Weibliche Brüste)

- 16. März 2003, 07.53 Uhr Fun am Morgen (Nackte Frauen in Küche)

- 20. Januar 2003, 05.18 Uhr Sonnenuhr (in Sand begrabener Mann, dessen Penis den Zeiger darstellt).

4. Der Beklagte ist einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgegangen.

Ihm war vom 03. Oktober 1996 bis 31. Dezember 1999 eine Nebentätigkeitsgenehmigung als Aushilfskraft für die Fa. STINNES Reifendienst, Aschauer Straße 6, München erteilt worden. Diese Genehmigung wurde seitdem nicht mehr verlängert. Es wurde auch kein neuer entsprechender Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit gestellt. Dennoch wurde der Beklagte am Freitag, 12. Oktober 2007, 15.07 Uhr, Mittwoch, 17. Oktober 2007, 16.45 Uhr und am Freitag, 02. November 2007, 15.04 Uhr in firmentypischer Arbeitskleidung und beschäftigt mit Reifenmontage bzw. Aufräumarbeiten bei der Fa. EUROMASTER - Reifendienst, Aschauer Straße 6, München angetroffen.

Im Rahmen der mündlichen Erteilung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte gemäß Art. 68 BayBG a. F. am 12. März 2007 wurde er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine auch während der Zeit der Suspendierung ausgeübte Nebentätigkeit der ausdrücklichen Genehmigung des Polizeipräsidiums München bedarf.

Dem Beklagten wurde erst mit Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 26. Juni 2009 eine entsprechende Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt.

5. Am 21. August 2008 um ca. 15.05 Uhr entnahm der Beklagte in der Tengelmann-Filiale in der Alte Gruber Straße 2, 85586 Poing, sechs Packungen PLTJE-Erdnüsse a 1,59 € (Gesamtwert 9,54 €) aus dem Sortiment und steckte diese in seinen Rucksack. An der Kasse bezahlte er lediglich einen Getränkekasten, nicht jedoch die im Rucksack befindliche Ware. Er wurde sodann am Kassenausgang vom Kaufhausdetektiv angesprochen und ins Büro geführt. Nachdem er die Angabe seiner Personalien verweigerte, musste der Filialleiter die Polizei alarmieren.

Die Staatsanwaltschaft München II stellte das gegen den Beklagten geführte Strafverfahren wegen Diebstahls geringwertiger Sachen gem. § 153a Abs. 1 StPO mit Verfügung vom 17.11.2008 endgültig ein, nachdem er die Geldauflage (Zahlung von 50 €) form- und fristgerecht erfüllt hatte (Az.: 47 Js 31408/08).

6. Mit Bescheid des PP München, P2/3, vom 08. Dezember 2008, dem Beklagten zugestellt am 12. Dezember 2008, wurde er unter Sofortvollzug angewiesen, künftig jede geltend gemachte krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit, auch wenn sie durch privatärztliches Attest belegt ist, unverzüglich durch Gesundheitszeugnis des Polizeiarztes nachzuweisen.

a) Im Zeitraum vom 15. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2008 blieb er dem Dienst fern, ohne ein Attest des Polizeiarztes vorgelegt bzw. sich überhaupt bei diesem persönlich/telefonisch gemeldet zu haben.

b) Nachdem der Beklagte sich am 05. Mai 2009 persönlich beim Polizeiarzt vorgestellt hatte, bestätigte dieser für den Zeitraum bis zum 10. Mai 2009 eine zur Dienstunfähigkeit führende Erkrankung. Am 11. Mai 2009 meldete sich der Beklagte erneut bei Frau T., PP München, Sachgebiet P 12 und teilte ihr mit, dass er privatärztlich weiterhin bis zum 15. Mai 2009 krankgeschrieben sei. Nach Aufforderung, sich umgehend erneut beim Polizeiarzt zu melden, rief er dort an und ließ dem zuständigen Polizeiarzt Dr. H. seine Erkrankung ausrichten. In einem kurze Zeit später geführten Telefonat mit dem Polizeiarzt lehnte der Beklagte die gewünschte persönliche Vorstellung am gleichen Tag mit der Begründung ab, er könnte aufgrund von Tabletteneinnahme nicht mehr zum Polizeiärztlichen Dienst fahren. Er wurde daraufhin aufgefordert, von seinem behandelnden Privatarzt ein Attest vorzulegen. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen. Am 12. Mai 2009 stellte der Beklagte sich schließlich persönlich beim Polizeiarzt vor. Nachdem Dr. H. aufgrund der geltend gemachten Erkrankung eine Laborkontrolle durchführen wollte, verweigerte er die Mitwirkung. Die Untersuchung musste daraufhin abgebrochen werden. Die Dienstunfähigkeit konnte somit für den Zeitraum vom 11. Mai 2009 bis 15. Mai 2009 polizeiärztlicherseits nicht festgestellt werden.

Der Beklagte ist daher in den Zeiträumen vom 15. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2008 sowie 11. Mai 2009 bis 15. Mai 2009 unentschuldigt vom Dienst ferngeblieben.

7. Am 2. Januar 2009 trat der Beklagte seinen Dienst bei der PI 42 an und beantragte per Formblatt Urlaub vom 5. Januar 2009 bis 16. Januar 2009. Der Urlaub wurde in der Folge bis einschließlich 30. Januar 2009 beantragt und gewährt. Im Zeitraum vom 2. Februar 2009 bis 13. März 2009 sowie vom 24. März 2009 bis 31. März 2009 blieb der Beklagte dem Dienst fern und ließ seiner Dienststelle lediglich fernmündlich bzw. per Telefax Urlaubsverlängerungsanträge zukommen. In keinem dieser Fälle wurde der Urlaub von seiner Dienststelle genehmigt. Mit Schreiben der PI 42 vom 12. März 2009 wurde ihm ausdrücklich mitgeteilt, dass eine Genehmigung seiner Urlaubsanträge in dieser Form nicht erfolgen werde. Für den Zeitraum vom 23. Februar 2009 bis 27. Februar 2009 reichte er nicht einmal einen Urlaubsantrag ein.

Der Beklagte ist daher im Zeitraum vom 2. Februar 2009 bis 13. März 2009 sowie vom 24. März 2009 bis 31. März 2009 unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben.

8. Am 18. März 2009 gegen 13.00 Uhr äußerte der Beklagte gegenüber dem uniformierten POM A. vor der Polizeiinspektion 43, Erzgießereistr. 2 in München „Hey Kanak“, um diesen in seiner Ehre herabzuwürdigen. Der Beklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt im Dienst.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 11. Dezember 2009, rechtskräftig seit dem 29. März 2010, wurde er wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt (Cs 120 Js 11564/09).

9. Wie bereits unter 6. dargestellt, wurde dem Beklagten gegenüber angeordnet, ab dem ersten Krankheitstag ein amts- bzw. polizeiärztliches Attest vorzulegen.

Der Beklagte ist nach Mitteilung seiner Dienststelle am 05. September 2011 nicht zum Dienst angetreten, da er aufgrund einer Erkrankung dienstunfähig gewesen sei. Ein privatärztliches Attest wurde nicht vorgelegt. Der Beklagte hat ebenso wenig Kontakt mit dem Ärztlichen Dienst der Polizei aufgenommen. Er hat erst am 13. September 2011 für die Zeit vom 06. September 2011 bis zum 16. Oktober 2011 ein privatärztliches Attest sowie eine Reiseunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Weiterhin hat der Beklagte sich erst am 19. September 2011 unangemeldet beim Ärztlichen Dienst, Dr. H., vorgestellt. Insoweit wird die Erkrankung vom 19. September 2011 bis zum 14. Oktober 2011 polizeiärztlicherseits mitgetragen.

Bereits am 1. Dezember 2010 fand eine Voruntersuchung bei dem Beklagten statt. Diesbezüglich fand am 20. September 2011 eine Nachuntersuchung bei Dr. K. statt. Hierbei räumte der Beklagte ein, dass er die seitens des Ärztlichen Dienstes für erforderlich gehaltene Alkoholabstinenz nicht eingehalten und die für erforderlich gehaltene Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe lediglich ein einziges Mal durchgeführt habe. Eine Laborkontrolle sowie die Durchführung einer Haaranalyse wurden von dem Beklagten abgelehnt.

Am 29. November 2011 wurde er erneut vom Ärztlichen Dienst der Polizei untersucht. Auch bei dieser Untersuchung hat der Beklagte die Durchführung einer La-bordiagnostik sowie einer Haaranalyse verweigert. Die im Untersuchungsantrag gestellten Fragen konnten deswegen nicht beantwortet werden.

Seit seiner Erkrankung vom 06. September 2011 hat der Beklagte seinen Dienst nicht wieder angetreten. Durch seine Weigerung an der Teilnahme der Untersuchungen war es dem Ärztlichen Dienst der Polizei nicht möglich, die Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit des Beklagten festzustellen.

Das Fehlverhalten des Beklagten stelle sich als einheitliches Dienstvergehen dar. Er habe vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht, dienstliche Anordnungen bzw. Weisungen zu befolgen, gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten, gegen die allgemeine Dienstleistungspflicht und gegen die Pflicht zur Beachtung der Rechtsordnung verstoßen. Das Verhalten des Beklagten rechtfertige die Höchstmaßnahme, da der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit verloren habe.“

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. August 2013 wurde wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung der Ruhestandsbezüge erkannt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Beklagte sei ausweislich der Akten entgegen den ihm erteilten Weisungen zu den polizeiärztlichen Untersuchungen am 5. April 2007, 23. April 2007 und 21. Mai 2007 nicht erschienen. Diese Weisungsverstöße habe er ebenso wenig wie die weisungswidrige Nutzung seines dienstlichen PCs durch Speichern von Spielen, Witzen, Comics, PowerPoint-Präsentationen und Videoclips mit teilweise pornografischen Inhalt in Abrede gestellt. In drei Fällen (12. und 17.10.2007 und 2.11.2007) sei der Beklagte einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgegangen. Die ihm erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen seien zum 31. Dezember 1999 ausgelaufen gewesen. Entgegen seiner Einlassung sei er ausweislich der Niederschrift über das Verbot der Dienstgeschäfte vom 12. März 2007 auf das Erfordernis der Nebentätigkeitsgenehmigung hingewiesen worden. Aus den vorgelegten Akten ergebe sich, dass der Beklagte in der Zeit vom 15. bis 31. Dezember 2008 dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben ist und für diesen Zeitraum weder ein privatärztliches noch amtsärztliches Attest vorgelegt habe.

Er sei auch weisungswidrig am 11. Mai 2009 nicht zur polizeiärztlichen Untersuchung erschienen und habe anlässlich der polizeiärztlichen Untersuchung am 12. Mai 2009 keine Laboruntersuchungen durchführen lassen. Für seine vom 11. Mai bis 15. Mai 2009 dauernde Erkrankung habe der Beklagte kein polizeiärztliches Attest vorgelegt. Schließlich sei der Beklagte vom 2. Februar 2009 bis 13. März 2009 sowie vom 24. bis 31. März 2009 dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben. Seinen telefonischen und per Fax übermittelten Urlaubsverlängerungsanträgen sei vom Dienstvorgesetzten nicht entsprochen worden. Auch sei ihm mitgeteilt worden, dass eine Genehmigung seiner Urlaubsanträge nicht erfolgen könne. Aufgrund des Strafbefehls des Amtsgerichts München vom 11. Dezember 2009 stehe fest, dass der Beklagte am 18. März 2009 einen Kollegen beleidigt habe. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls seien zwar für das Disziplinargericht nicht bindend, es bestünden aber keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Strafbefehls, denn der Beklagte hätte sich entsprechend im Strafverfahren verteidigen können.

Der Beklagte sei am 5. September 2011 unentschuldigt dem Dienst fern geblieben. Er habe weder ein privatärztliches noch ein polizeiärztliches Attest vorgelegt. Schließlich habe er am 20. September 2011 und am 29. November 2011 beim Polizeiarzt die Laboruntersuchungen sowie die Durchführung einer Haaranalyse verweigert. Im Übrigen habe der Beklagte am 6. März 2007 in der Arztpraxis die Arzthelferin P. genötigt und beleidigt. Dies stehe fest aufgrund der Aussage der Arzthelferin P. Der Beklagte habe eingeräumt, am 21. August 2008 sechs Pakete Erdnüsse a 1,59 Euro in einem Lebensmittelladen entwendet zu haben.

Insgesamt sei das Fehlverhalten des Beklagten einheitlich zu würdigen. Das Schwergewicht liege auf innerdienstlichen Vergehen, aber auch das außerdienstliche Fehlverhalten (Arztpraxis, Diebstahl) sei nicht ohne Bedeutung. Er habe schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt, indem er den Weisungen und Anordnungen seiner Vorgesetzten und den bestehenden Richtlinien nicht Folge geleistet habe. Er sei weisungswidrig nicht zum Polizeiarzt gegangen. Er habe ärztliche Untersuchungen verweigert, keine Atteste vorgelegt und sei wegen unentschuldigten Fernbleibens seiner Dienstleistungspflicht nicht nachgekommen. Der Beklagte habe im Kernbereich seiner Pflichten gefehlt. Bei einer Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände könne von der disziplinaren Maßnahme der Aberkennung der Ruhestandsbezüge nicht abgesehen werden. Vorliegend sei das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst als schwerstes Fehlverhalten zu werten und damit richtungsweisend für die Disziplinarmaßnahme. Da der Beklagte hier aber nicht ununterbrochen länger als 4 Monate vom Dienst fern geblieben sei, könne allein wegen des Fernbleibens nicht auf die Höchstmaßnahme erkannt werden. Zum unentschuldigten Fernbleiben vom Dienst kämen jedoch weitere innerdienstliche und außerdienstliche Dienstvergehen des Beklagten hinzu. Er habe in vier Fällen der leicht einsehbaren und befolgbaren Weisung, sich polizeiärztlich untersuchen zu lassen, nicht Folge geleistet. Der Beklagte sei in zwei Fällen der Anordnung der Polizeiärztin, Laborwerte zu ermitteln und eine Haaranalyse durchzuführen, nicht nachgekommen. Ebenso wenig habe er seinen PC den polizeiinternen Richtlinien entsprechend genutzt. Dies zeige, dass es dem Beklagten an jeglicher Einsicht in seine Dienstpflichten mangele, er über keinerlei Motivation verfüge und ihm die Belange des Dienstherrn völlig gleichgültig seien. Er halte es nicht für nötig, Atteste vorzulegen und ordnungsgemäße Urlaubsanträge zu stellen. Telefonische Anträge zur Unzeit bei Kollegen oder bei der Sekretärin entsprächen nicht der erforderlichen Form. Selbst bei formgerechter Antragstellung bleibe der Beklagte einfach dem Dienst fern ohne eine Entscheidung über den Urlaubsantrag abzuwarten. Auch im innerdienstlichen Bereich lasse er es an jeglicher Kollegialität vermissen. Nicht nur dass Kollegen einspringen müssten, wenn er dem Dienst fern bliebe, sondern er habe auch einen Kollegen schwer beleidigt. Lege ein Beamter ein so schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten an den Tag und zeige darüber hinaus ein völliges Desinteresse an dienstlichen Belangen und seinem Disziplinarverfahren, sei von der völligen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn auszugehen. Auch der Öffentlichkeit sei der Beklagte nicht mehr zuzumuten. Milderungsgründe lägen nicht vor. Er habe massiv elementare Dienstpflichten negiert. Ein Polizeibeamter, der sich bei Abholung eines ärztlichen Attests in der dargelegten Weise aufführe und die Arzthelferin nötige, beleidige und mit einer Schlange bedrohe, lasse es an der erforderlichen Einsicht fehlen, sich auch außerdienstlich korrekt zu benehmen. Eine Gesamtwürdigung seines Verhaltens ergebe, dass mit einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Dienstpflichten nicht mehr gerechnet werden könne.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 8. Oktober 2013, am 7. Novem-ber 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. August 2013 aufzuheben und hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Aberkennung der Ruhestandsbezüge zu erkennen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde ausgeführt, dass der Vorwurf im Hinblick auf sein Verhalten in der Arztpraxis am 6. März 2007 bereits erstinstanzlich in dieser Form bestritten bzw. angeregt und beantragt worden sei, die vermeintlich geschädigte Frau P. hierzu nochmals als Zeugin zu vernehmen. Dem sei das Erstgericht nicht nachgekommen, so dass eine Aberkennung des Ruhegehalts hierauf nicht hierauf gestützt werden könne, zumal der Vorwurf lange zurückliege. Der Beklagte habe zudem darauf hingewiesen, dass er zum damaligen Zeitpunkt an akuten Rücken- und Kopfschmerzen gelitten und Schmerzmittel eingenommen hätte. Seine Schuldfähigkeit sei deshalb eingeschränkt bzw. aufgehoben gewesen.

Soweit ihm vorgeworfen werde, unentschuldigt der Aufforderung zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit nicht nachgekommen zu sein (s. o. Ziff. 2), würden diese weit zurück liegenden Vorfälle nicht ausreichen, die Disziplinarmaßnahme zu tragen.

Gleiches gelte für den Vorwurf unter Ziff. 3, bei dem diverse Ordner und E-Mails mit nicht dienstlichen Inhalten auf dem Home-Laufwerk des Beklagten aufgefunden worden seien. Diese stammten aus dem Jahr 2002 bis 2003 und seien versehentlich vom Beklagten nicht gelöscht worden. Eine Verwendung während der Dienstzeit sei nicht erwiesen. Der Vorwurf unter Ziff. 4 im Hinblick auf die Ausübung einer Nebentätigkeit während der Zeit seiner Suspendierung sei lediglich formaler Natur. Selbst wenn die ursprünglich erteilte Genehmigung abgelaufen sei, habe zumindest Genehmigungsfähigkeit vorgelegen. Im Hinblick auf den vorgeworfenen Diebstahl der Erdnüsse (s.o. Ziff. 5) habe keine Bereicherungsabsicht vorgelegen. Der Beklagte habe diese für einen Bekannten besorgen wollen, in seinen Rucksack gepackt und bei der Bezahlung an der Kasse vergessen. Im Übrigen habe es sich um äußerst geringwertige Gegenstände gehandelt. Für den Zeitraum vom 15. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2008 liege kein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst vor (s. o. Ziff. 6). Zum Zeitpunkt der Verfügung vom 8. Dezember 2008 sei der Beklagte dienstunfähig gewesen. Der Polizeiarzt habe die Feststellung für künftige Erkrankungen getroffen, so dass der vorgeworfene Zeitraum vom 15. Dezember 2008 bis 31. Dezember noch nicht davon erfasst gewesen sei. Im Hinblick auf die Untersuchung vom 12. Mai 2009 (s. o. Ziff. 6a) sei mitgeteilt worden, dass ein Missverständnis aufgetreten sei, eine Untersuchung habe der Beklagte nicht verweigert. Er sei nicht davon ausgegangen, dass eine Blutuntersuchung dringend benötigt werde. Der Polizeiarzt sei hierzu nicht einvernommen worden, so dass hierin ein Verstoß gegen rechtliches Gehör liege. Der Vorwurf der Beleidigung vom 18. März 2009 (s. o. Ziff. 8) sei vom Beklagten in Abrede gestellt worden.

Im Hinblick auf den nichterfolgten Dienstantritt am 5. September 2011 (s. o. Ziff. 9) habe der Beklagte bereits darauf hingewiesen, dass er sich beim Vorgesetzten krank gemeldet und ein Attest mit Reiseunfähigkeit übersandt hätte. Zwar habe der Beklagte im Rahmen der Untersuchung vom 20. September 2011 eingeräumt, dass er gelegentlich Alkohol in geringem Maß konsumiere, aus welchem Anlass deshalb eine Haaranalyse angeordnet und durchgeführt werden sollte, sei jedoch nicht nachvollziehbar. Insgesamt seien die Dienstvergehen zum Großteil nicht nachgewiesen, sondern würden auf Behauptungen des Klägers beruhen. Die Aberkennung des Ruhegehalts könne hierauf - gerade auch im Hinblick auf den Zeitablauf - nicht gestützt werden.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt im Schriftsatz vom 17. Januar 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Dienstvergehen sei einheitlich zu würdigen. Die Ausführungen zum Diebstahl stellten lediglich Schutzbehauptungen dar. Substantiierte Einwendungen, die die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls in Frage stellen würden, seien nicht vorgetragen. Der Sachverhalt sei erwiesen durch die Zeugenaussage des Ladendetektivs O. vom 21. August 2008 (Bl. 209 d. Polizeiakten). Bezüglich des Vorwurfs des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst in dem Zeitraum vom 15. Dezember bis 31. Dezember 2008 werde auf die Verfügung vom 8. Dezember 2008 verwiesen. Darin sei sofort vollziehbar angeordnet, dass der Beklagte ab Zustellung des Bescheids, also ab 12. Dezember 2008 (Bl. 254 d. Polizeiakten), jede Erkrankung unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des Polizeiarztes nachzuweisen habe. Die Einlassung, das Schreiben hätte für diese Erkrankung nicht gegolten, sei daher nicht zielführend. Es sei auch erwiesen, dass der Beklagte sich geweigert habe, an der Untersuchung vom 12. Mai 2009 mitzuwirken. Aus dem Gesundheitszeugnis vom 13. Mai 2012 ergebe sich, dass der Beklagte die seinerseits notwendig befundene Blutentnahme trotz Hinweises auf seine beamtenrechtlich gebotene Pflicht nicht habe durchführen lassen (Bl. 270 d. Polizeiakten).

Der Beklagte habe verschwiegen, dass ihm durch das Gesundheitszeugnis vom 22. Februar 2011 (Bl. 522 d. Polizeiakten) exzessiver Alkoholkonsum mit der Folge der eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit sicher nachgewiesen worden sei. Aufgrund dieser Alkoholproblematik sei polizeiärztlicherseits die Notwendigkeit gesehen worden, dass der Beklagte seinen Alkoholkonsum sofort vollständig einstelle und zumindest bis zu einer Nachuntersuchung vollständige Alkoholabstinenz einhalte. Eine regelmäßige und nicht nur einmalige Teilnahme an einer ambulanten Selbsthilfegruppe sei aus Sicht des Polizeiarztes angezeigt gewesen. Mit Schreiben vom 15. März 2011 seien dem Beklagten die Ergebnisse der polizeiärztlichen Untersuchung mitgeteilt worden und die regelmäßige Teilnahme an einer ambulanten Selbsthilfegruppe angeordnet worden. Vor diesem Hintergrund sei eine Haaranalyse bei der Nachuntersuchung notwendig gewesen, um das tatsächliche Konsumverhalten des Beklagten feststellen zu können. Fakt sei im Übrigen, dass der Beklagte eine ungenehmigte Nebentätigkeit ausgeübt habe. Dass diese genehmigungsfähig sei, lasse den Weisungsverstoß nicht entfallen. Auch der Antritt eines noch nicht genehmigten Erholungsurlaubs sei als pflichtwidriges Fernbleiben vom Dienst zu werten. Dies gelte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch, wenn der Beamte einen Anspruch auf Bewilligung des Urlaubs habe.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2015 Beweis erhoben durch Einvernahme von Polizeiobermeister Salih Aydogan und Polizeiobermeisterin Kerstin Hackel als Zeugen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Durch in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss beschränkte der Verwaltungsgerichtshof das Disziplinarverfahren gemäß Art. 54 BayDG in der Weise, dass der Anschuldigungspunkt 1 ausgeschieden wurde.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten (Personalakt in 4 Bänden, 1 Ermittlungsakte, 1 Disziplinarakte) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Verfahren durch Beschluss gemäß Art. 63 Abs. 1, 54, 21 BayDG auf die nachfolgend aufgeführten Pflichtverletzungen beschränkt. Er ist der Auffassung, dass der Vorwurf im Zusammenhang mit dem Verhalten des Beklagten in der Arztpraxis am 6. März 2007 (Anschuldigungspunkt 1) hinsichtlich der Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fällt.

Die dem Beklagten im Übrigen zur Last gelegten Dienstvergehen stehen zur Überzeugung des Gerichts fest:

Anschuldigungspunkt 2

Der Beklagte ist trotz schriftlicher Aufforderung zu den polizeiärztlichen Untersuchungen am 5. April 2007, 23. April 2007 und 21. Mai 2007 nicht erschienen und hat sich am 11. Mai 2009 trotz telefonischer Aufforderung nicht zur Abklärung der Dienstunfähigkeit beim Amtsarzt vorgestellt.

Anschuldigungspunkt 3

Fest steht ebenfalls, dass der Beklagte entgegen der polizeilichen EDV-Rahmenrichtlinie seinen dienstlichen PC durch Speichern von Spielen, Witzen, Comics, PowerPoint-Präsentationen und Videoclips mit teilweise pronografischen Inhalt genutzt hat.

Anschuldigungspunkt 4

Am 12. und 17. Oktober 2007 bzw. 2. November 2007 ist der Beklagte einer ungenehmigten Nebentätigkeit als Aushilfskraft für die Fa. Euromaster Reifendienst nachgegangen.

Anschuldigungspunkt 5

Der Senat ist ebenfalls davon überzeugt, dass sich der Beklagte am 21. August 2008 eines Diebstahls geringwertiger Sachen schuldig gemacht hat, als er sechs Erdnusspackungen à 1,59 Euro aus dem Sortiment nahm und in den Rucksack steckte. Die vom Beklagten vorgebrachte fehlende Bereicherungsabsicht wertet der Senat als Schutzbehauptung. Hierfür spricht auch, dass der Beklagte die Erdnusspackungen in seinem Rucksack verstaute, während er andere Ware an der Kasse bezahlte.

Anschuldigungspunkt 6

Für den Senat steht fest, dass der Beklagte im Zeitraum vom 15. bis 31. Dezember 2008 und vom 11. bis 15. Mai 2009 dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben ist.

a) Dem Vorbringen des Beklagten, er sei zum Zeitpunkt der Anordnung der amtsärztlichen Attestpflicht mit Verfügung vom 8. Dezember 2008 bereits dienstunfähig erkrankt gewesen, der Dienstherr habe eine solche aber lediglich für künftige Erkrankungen festgelegt, so dass für den Zeitraum vom 15. bis 31. Dezember mangels neuer Erkrankung kein schuldhaftes Fernbleiben vorliege, vermag der Senat nicht zu folgen.

Nach der sofort vollziehbar erklärten Verfügung vom 8. Dezember 2008 war der amtsärztliche Nachweis nicht für jede künftig geltend gemachte Erkrankung, sondern für jede künftig geltend gemachte krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit zu erbringen, die jeden Tag neu beginnt. Die Verfügung war damit ab dem 15. Dezember 2008 entsprechend zu beachten. Bei Zweifeln wäre es dem Beklagten zuzumuten gewesen, sich diesbezüglich mit der anordnenden Personalstelle telefonisch in Verbindung zu setzen.

b) Für seine vom 11. bis 15. Mai 2009 dauernde Erkrankung hat der Beklagte weder ein privatärztliches noch ein polizeiärztliches Attest vorgelegt. Nachdem der Beklagte sich am 05. Mai 2009 persönlich beim Polizeiarzt vorgestellt hatte, bestätigte dieser für den Zeitraum bis zum 10. Mai 2009 eine zur Dienstunfähigkeit führende Erkrankung. Am 11. Mai 2009 meldete sich der Beklagte erneut im Polizeipräsidium München krank und teilte mit, dass er privatärztlich weiterhin bis zum 15. Mai 2009 krankgeschrieben sei. Nach Aufforderung, sich umgehend erneut beim Polizeiarzt zu melden, rief er dort an und ließ dem zuständigen Polizeiarzt Dr. H. seine Erkrankung ausrichten. In einem kurze Zeit später geführten Telefonat mit Dr. H. lehnte der Beklagte die gewünschte persönliche Vorstellung am gleichen Tag mit der Begründung ab, er könne aufgrund von Tabletteneinnahme nicht mehr zum Polizeiärztlichen Dienst fahren. Er wurde daraufhin aufgefordert, von seinem behandelnden Privatarzt ein Attest vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Beklagte nicht nachgekommen. Am 12. Mai 2009 stellte er sich schließlich persönlich beim Polizeiarzt vor. Nachdem Dr. H. aufgrund der geltend gemachten Erkrankung eine Blutentnahme durchführen wollte, verweigerte der Beklagte seine Mitwirkung. Die Untersuchung musste daraufhin abgebrochen werden, für den Zeitraum vom 11. bis 15. Mai 2009 konnte deshalb eine polizeiärztliche Bescheinigung über die Dienstunfähigkeit nicht vorgelegt werden.

Anschuldigungspunkt 7

Der Beklagte ist auch vom 2. Februar 2009 bis 13. März 2009 sowie vom 24. bis 31. März 2009 dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben. Seinen telefonischen und per Fax übermittelten Urlaubsverlängerungsanträgen wurde vom Dienstvorgesetzten nicht entsprochen. Eine Genehmigung des Urlaubs ist nicht erfolgt. Vielmehr teilte man ihm mit Schreiben vom 12. März 2009 unter Aufforderung, seinen Dienst anzutreten, mit, dass eine Genehmigung mangels vorheriger Abstimmung der dienstlichen und privaten Bedürfnisse in dieser Form nicht erfolgen könne. Gleichwohl stellte der Beklagte auch für den Zeitraum vom 24. bis 31. März 2009 keinen ordnungsgemäßen Urlaubsantrag und blieb in dieser Zeit dem Dienst fern.

Anschuldigungspunkt 8

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Beklagte sich am 18. März 2009 im Dienst gegenüber seinem uniformierten Kollegen Salih Aydogan mit „Hey Kanak“ geäußert hat, um ihn in seiner Ehre herabzuwürdigen. Im Rahmen der Beweisaufnahme haben die Zeugen Salih A. und Kerstin H. übereinstimmend bestätigt, dass der Beklagte am 18. März 2009 seinen Kollegen Salih A. auf offener Straße mit „Hey Kanake“ oder ähnlichem Wortlaut („Hey Kanak“) in beleidigender Weise bezeichnet hat. Es bestanden keine Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu zweifeln. Der Beklagte ist diesen Zeugenaussagen auch nicht in der mündlichen Verhandlung entgegen getreten.

Anschuldigungspunkt 9

Der Beklagte ist am 5. September 2011 unentschuldigt dem Dienst fern geblieben und hat weder ein privatärztliches noch ein polizeiärztliches Attest vorgelegt.

Erst am 13. September 2011 wurde für die Zeit vom 6. September 2011 bis zum 16. Oktober 2011 ein privatärztliches Attest sowie eine Reiseunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Eine Vorstellung beim Amtsarzt mit dann bestätigter Dienstunfähigkeit erfolgte erst am 19. September 2011.

Am 20. September 2011 und 29. November 2011 verweigerte der Beklagte die Durchführung einer Labordiagnostik sowie einer Haaranalyse. Die ihm im Hinblick auf seinen Umgang mit Alkohol im Bescheid des Polizeipräsidiums München vom 15. März 2011 aufgegebenen regelmäßigen Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kam er nur einmal nach. Dies hat der Beklagte nicht bestritten bzw. wurde von ihm eingeräumt.

III.

Durch die ihm zur Last gelegten Taten, soweit sie nicht gemäß Art. 54 BayDG ausgeschieden wurden, hat der Beklagte ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage im Tatzeitraum, der sich hier von März 2007 bis November 2011 erstreckt, weil es auch mit Blick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB mit Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetz und des Bayerischen Beamtengesetzes am 1. April 2009 insoweit kein für den Beamten materiell-rechtlich günstigeres neueres Recht gibt (vgl. BVerwG U.v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 33; BayVGH U.v. 15.10.2010 - 16a D 09.2858 - juris Rn. 28).

Der Beklagte hat ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen verwirklicht, als er insgesamt 10 Wochen (davon zumindest acht Wochen vorsätzlich) dem Dienst unerlaubt fern geblieben ist. Er hat mit diesem Verhalten gegen seine Pflicht, dienstliche Anordnungen zu befolgen (Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBG a. F. bzw. § 35 Satz 2 BeamtStG) und sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG) verstoßen. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Aufgrund des Wortlauts der Verfügung vom 8. Dezember 2008 hätte dem Beklagten bewusst sein müssen, dass privatärztliche Atteste ab dem Zeitpunkt der Auferlegung der Attestpflicht (zugestellt am 12. Dezember 2008) nicht ausreichen würden, seine Dienstunfähigkeit nachzuweisen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass er in fahrlässiger Weise davon ausging, dass die Anordnung der sofortigen Vorlage amtsärztlicher Atteste noch nicht für den Zeitraum vom 15. bis 31. Dezember 2008 galt, für den das privatärztliche Attest bereits am 5. Dezember 2008 ausgestellt worden war. Somit geht der Senat für den Zeitraum vom 15. bis 31. Dezember 2008 von einem fahrlässigen Fernbleiben vom Dienst aus.

Der bis zum 10. Mai 2009 dienstunfähig erkrankte Beamte hätte sich am 11. Mai 2009 erneut beim Amtsarzt vorstellen müssen. Einer diesbezüglichen nochmaligen Aufforderung des Dienstherrn kam er ebenfalls nicht nach. Bei der am 12. Mai 2009 erfolgten Vorstellung beim Amtsarzt verweigerte er die von diesem für die weitere Beurteilung der Dienstunfähigkeit als notwendig erachtete Blutuntersuchung, so dass für den Zeitraum vom 11. bis 15. Mai 2009 kein amtsärztliches Attest ausgestellt werden konnte. Die Verhältnismäßigkeit dieser Untersuchung wurde vom Beklagten zu keiner Zeit in Frage gestellt. Sein Vorbringen, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt, er hätte sich selbstverständlich zu einer Untersuchung bereit erklärt, wenn er gewusst hätte, dass eine Blutuntersuchung dringend benötigt werde, erachtet der Senat - auch im Hinblick auf das Gesundheitszeugnis vom 12. Mai 2009 - als Schutzbehauptung. Aus dem Gesundheitszeugnis ergibt sich eindeutig, dass der Beklagte im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung die amtsärztlich zur Beurteilung der Dienstfähigkeit für notwendig empfundene Blutentnahme trotz Hinweises auf die beamtenrechtlich gebotene Mitwirkungspflicht verweigert hat.

Für den 5. September 2009 wurde weder ein privatärztliches noch ein amtsärztliches Attest vorgelegt.

Der Beklagte war sich bewusst, dass Urlaub rechtzeitig mit Formblatt auf der Dienststelle zu beantragen und vorab von der Dienststellenleitung zu genehmigen ist. Aus den dem Senat vorliegenden Akten ist ersichtlich, dass der Beklagte hierauf mehrfach mündlich hingewiesen wurde. Trotz nochmaligen Hinweises durch seinen Dienstherrn im Schreiben vom 12. März 2009, dass ungenügende Urlaubsanträge nicht genehmigt würden, blieb der Beklagte erneut für den Zeitraum vom 24. bis 31. März 2009 ohne vorherige Abgabe seines Urlaubsantrags und dessen Genehmigung dem Dienst fern.

Mit der Beleidigung eines Kollegen hat der Beklagte gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (Art. 62 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. § 185 StGB) und sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) ebenso verstoßen wie durch seinen außerdienstlichen Ladendiebstahl (§§ 242 Abs. 1, 248 StGB).

Mit der Weigerung, zu den angesetzten amtsärztlichen Untersuchungen zur Überprüfung der Dienstunfähigkeit zu erscheinen bzw. alle ärztlicherseits für erforderlich gehaltenen Untersuchungen (z. B. Blutabnahme, Haaranalyse) durchführen zu lassen, hat der Beklagte gegen seine Pflicht, dienstliche Anweisungen zu befolgen (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen. Gleiches gilt für die Weisung, wegen seines Umgangs mit Alkohol regelmäßig an einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen bzw. für die private Nutzung seines Dienst-PCs entgegen den Regelungen der EDV-Rahmenrichtlinie der Polizei. Der Verstoß liegt bereits in der privaten Nutzung der dienstlichen EDV-Anlagen bzw. in der Installation von Spielen (s. 2.7.2 und 2.7.4 der EDV-Rahmenrichtlinie). Auf die Frage der Nutzung während der Dienstzeit kommt es für einen Verstoß nicht an, eine solche liegt jedoch auf der Hand. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seinen dienstlichen PC außerhalb der Dienstzeit privat genutzt hat, bestehen nicht und wurden explizit auch nicht vorgetragen. Im Verhalten des Beklagten liegt insoweit auch ein Verstoß gegen die Pflicht, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG, § 34 Satz 1 BeamtStG) und - im Hinblick auf den (teilweise pornografischen) Inhalt der Dateien - auch ein Verstoß gegen die Pflicht, sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG).

In der Ausübung einer nicht genehmigten, aber genehmigungspflichtigen Nebentätigkeit liegt ebenfalls ein Verstoß des Beklagten gegen seine Pflicht, dienstliche Anordnungen zu befolgen (Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBG a. F., § 35 Satz 2 BeamtStG). Gemäß Art. 73 Abs. 2 Satz 1 BayBG a. F., Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayBG bedürfen Beamte und Beamtinnen zur Übernahme einer Nebentätigkeit grundsätzlich einer vorherigen Genehmigung, soweit die Nebentätigkeit nicht nach Art. 74 Abs. 1 BayBG a. F., Art. 82 Abs. 1 BayBG genehmigungsfrei ist. Dies war dem Beklagten aufgrund einer früheren Nebentätigkeitsgenehmigung (3.10.1996 bis 31.12.1999) auch bewusst. Auf eine Geltung diese Verpflichtung - auch während seiner vorläufigen Dienstenthebung - wurde der Beklagte am 12. März 2007 nochmals ausdrücklich hingewiesen, so dass der Senat insofern von einem vorsätzlichen Verstoß ausgeht. Die Genehmigungsfähigkeit der Nebentätigkeit an sich lässt entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten den Pflichtenverstoß nicht entfallen.

IV.

Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der sich nach Art. 84 Abs. 1 BayDG a. F., § 47 Abs. 1 BeamtStG ergibt, einheitlich zu würdigen.

Das einheitliche Dienstvergehen führt zur Aberkennung des Ruhegehalts gem. Art. 13 BayDG. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte -auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 28.10; BayVGH, U.v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 - jeweils in juris).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen).

Der Gesichtspunkt der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit verlangt eine Würdigung des Verhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

1. Die schwerste Dienstpflichtverletzung stellt vorliegend das mehrfach unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von insgesamt zehn Wochen dar.

Zur Frage, bei welcher Zeitdauer schuldhaften unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt für die Festsetzung der Disziplinarmaßnahme ist, ist die Rechtsprechung nicht ganz einheitlich. Bei einer ununterbrochenen Dauer von vier Monaten und länger wurde im Regelfall auf die Höchstmaßnahme erkannt (BVerwG, U.v. 22.4.1991 - 1 D 62.90 - Rn. 99 juris m. w. N.), bei einer ununterbrochenen Dauer von zwei bis drei Monaten hat die Rechtsprechung nicht einheitlich entschieden, wobei die besonderen Umstände des Einzelfalls eine Rolle spielten (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, MatR II, Rn. 219 m. w. N.). Das Bundesverwaltungsgericht hat bei wiederholtem, unentschuldigtem Fernbleiben vom Dienst von zwei Monaten Abwesenheit die Höchstmaßnahme für erforderlich gehalten (Entscheidungen vom 10.10.1990 - 1 D 1.90; 7.11.1990 - 1 D 33.90 - jeweils in juris). Bei einem schuldhaft ungenehmigten Fernbleiben vom Dienst von ununterbrochen sieben Wochen wurde die zu verhängende Maßnahme - je nach den Umständen des Einzelfalls - im Grenzbereich zwischen Dienstentfernung und Degradierung gesehen, wenn der Beamte vorsätzlich gehandelt hat (BVerwG, U.v. 22.4.1991 - 1 D 62.90 - juris Rn. 99; U.v. 6.5.2003 - 1 D 26/02 - juris Rn. 55). Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsprechung an. Das Gebot, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, ist Grundpflicht eines jeden Beamten (BVerwG, U.v. 22.04.1991 - 1 D 62/90 - juris Rn. 97). Ohne die Dienstleistung ihrer Mitarbeiter wäre die Verwaltung nicht imstande, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Deshalb kann einem Beamten, der nicht zum vorgeschriebenen Dienst erscheint und sich nachhaltig weigert, den Nachweis für seine Dienstunfähigkeit und damit den Nachweis eines triftigen Grundes für sein Fernbleiben zu erbringen, indem er entweder die erforderlichen amtsärztlichen Atteste nicht beibringt bzw. die für die Überprüfung erforderlichen medizinischen Untersuchungen verweigert oder ohne vorherige Genehmigung (bzw. bereits ohne förmlichen Antrag) über Wochen „Urlaub“ für sich Anspruch nimmt, nicht mehr das Vertrauen entgegengebracht werden, das für eine gedeihliche Zusammenarbeit unerlässlich ist.

Bei Anlegung des aufgezeigten Maßstabs ist bei dem wiederholten Fernbleiben vom Dienst von insgesamt zehn Wochen Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung der Grenzbereich zwischen der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. Aberkennung des Ruhegehalts und einer Zurückstufung.

Vorliegend ist aber - unter Einbeziehung der weiteren Pflichtverletzungen des Beklagten - die Höchstmaßnahme gerechtfertigt. Schwer wiegen insbesondere die innerdienstliche Beleidigung eines Kollegen und die mannigfaltigen Weisungsverstöße des Beklagten. So hat der Beklagte in vier Fällen der leicht einsehbaren und befolgbaren Weisung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen bzw. der amtsärztlichen Anordnung im Hinblick auf Nachuntersuchungen am 20. September 2011 und am 29. November 2011, eine Laborkontrolle und Haaranalyse durchführen zu lassen, nicht Folge geleistet und auch die Richtlinien zur Benutzung der EDV nicht beachtet.

Hinzu kommt der außerdienstliche Diebstahl. Als Polizeibeamter ist der Beklagte grundsätzlich für die Verhinderung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten zuständig (BayVGH, U.v.15.12.2010 - 16a D 09.2858 - juris). Durch die Begehung vorsätzlicher Straftaten hat er das für die Ausübung seines Berufes erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit zusätzlich beeinträchtigt.

Dagegen spielt die Notwendigkeit der Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung trotz nochmaligen ausdrücklichen Hinweises hinsichtlich der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme keine Rolle.

Dem Beklagten fehlt jegliche Einsicht in die Erfüllung einfachster Dienstpflichten wie die Vorlage von Attesten bzw. die korrekte Stellung von Urlaubsanträgen. Durch seine beharrliche Weigerung, dienstliche Weisungen bzw. Anordnungen zu befolgen, bringt er seine mangelhafte Dienstauffassung zum Ausdruck. Gerade im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Urlaub ohne vorherige Genehmigung, war diese auch geeignet, sich negativ auf die kollegiale Zusammenarbeit innerhalb der Dienststelle auszuwirken. Insgesamt war sein Verhalten von einem hohen Maß an Verantwortungslosigkeit, Pflichtvergessenheit und Mangel an Einsicht in die Notwendigkeit einer geordneten Verwaltung geprägt.

2. Im Rahmen der Gesamtwürdigung aller belastenden und entlastenden Gesichtspunkte sieht der Senat die Aberkennung des Ruhegehalts als erforderlich und angemessen an. Milderungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Es handelt sich bei dem Fehlverhalten des Beklagten vor allem nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Erscheinung, sondern um eine über lange Jahre zu beobachtende Neigung zum Desinteresse an der Erfüllung der leicht einsehbaren dienstlichen Pflichten und zu einer daraus resultierenden Unzuverlässigkeit, die den störungsfreien Ablauf des Dienstbetriebs empfindlich beeinträchtigt hat.

Die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme gegen den Beklagten ist weder unverhältnismäßig noch verstößt es gegen das verfassungsrechtliche Schuldprinzip (vgl. BVerwG, B.v. 18.1.2008 - 2 BvR 313/07 - juris Rn. 11). Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und auch erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Disziplinarmaßnahmen gegenüber Ruhestandsbeamten verfolgen neben der Pflichtenmahnung die Zwecke der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist der durch das Gewicht des Dienstvergehens eingetretene Vertrauensschaden - wie vorliegend - mangels Milderungsgründen so erheblich, dass bei aktiven Beamten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, erweist sich die Aberkennung des Ruhegehalts auch angemessen. Ist das Vertrauensverhältnis - wie vorliegend - endgültig zerstört, stellt die Aberkennung des Ruhegehalts sich als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Sie beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung während der aktiven Dienstzeit und ist dem späteren Ruhestandsbeamten daher als bei Begehung vorhersehbar zuzurechnen (vgl. BVerwG, U.v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - juris Rn. 49; BVerfG, B.v. 9.8.2006 - 2 BvR 1003/05 Rn. 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2, Art. 3 BayDG).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 14. Januar 2014 wird gegen die Ruhestandsbeamtin auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts auf die Dauer von zwei Jahren um 1/20 erkannt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I. Die am 3. Januar 19... geborene Beklagte stand als Polizeiobermeisterin im Dienst des Klägers. Sie wurde am 3. Januar 2004 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums O. vom 16. November 2012 wurde sie mit Ablauf des Monats November wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, nachdem sie seit dem 15. Juni 2005 krankgeschrieben war (abgesehen von einem Arbeitsversuch in der Zeit vom 1.9.2005 bis 8.9.2005 und einem Wiedereingliederungsversuch in der Zeit vom 27.3.2006 bis 3.4.2006). Das gegen die Ruhestandsversetzung gerichtete Klageverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 29. Juli 2014 eingestellt (Verfahren M 5 K 13.1106).

Die Beklagte ist - mit Ausnahme des vorliegend vorgeworfenen Sachverhalts - weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.

II. Die Beklagte wurde am 1. Juli 2008 zur Überprüfung ihrer Dienst- und Verwendungsfähigkeit im I. Klinikum - Klinik T. (...) - psychiatrisch begutachtet. Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau K. kommt in ihrem psychiatrischen Gutachten vom 27. November 2008 zu dem Ergebnis, dass bei der Beamtin eine chronifizierte depressive Störung mit schweren Episoden (ICD-10 F 33, DSM IV 296.33) und einer erheblichen somatogenen Symptomatik vorliegt. Aus gutachterlicher Sicht sei die Beamtin nicht polizeidienstfähig und für eine Umschulung gesundheitlich nicht geeignet. Mit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest für den Innendienst sei nicht vor Ablauf eines Jahres zu rechnen. Aufgrund der Komplexität, der Schwere und der Dauer des Störungsbildes sei aus Sachverständigensicht eine stationäre Behandlung in einer psychotherapeutischen Behandlung indiziert, um mittelfristig eine begrenzte Dienstfähigkeit der Beamtin wiederherzustellen.

Frau Dr. K. vom Ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei teilte dem Polizeipräsidium O. (Polizeipräsidium) das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung mit Schreiben vom 22. Mai 2009 mit. Mit dem fachärztlichen Gutachten von Frau K. bestehe polizeiärztlicherseits hinsichtlich der Beurteilung der aktuellen Dienstfähigkeit und des empfohlenen weiteren Procedere Einverständnis. Nach polizeiärztlichem Dafürhalten solle der Beamtin auferlegt werden, sich einer nochmaligen stationären Behandlung in einer psychotherapeutischen (psychosomatischen) Fachklinik zu unterziehen und anschließend eine ambulante Psychotherapie durchzuführen.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2009 informierte das Polizeipräsidium O. (Polizeipräsidium) die Beklagte über das Ergebnis der fachärztlichen Begutachtung und fragte an, ob die Klägerin die indizierte psychotherapeutische Therapie mittlerweile durchgeführt habe bzw. ob eine entsprechende Behandlung konkret geplant sei.

Die Beklagte verneinte dies mit Schreiben vom 28. August 2009 und legte eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. M., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 13. August 2008 vor, aus der hervorgeht, dass sich bei der Beamtin trotz „diverser medikamentöser Behandlungsversuche und ambulanter Psychotherapien“ keine deutliche Besserung des Zustandsbildes habe einstellen können und dass aus psychiatrischer Sicht eine erneute stationäre psychotherapeutische Behandlung bei Chronifizierung und schlechter Prognose insgesamt nicht indiziert sei.

Das Polizeipräsidium ordnete daraufhin mit Schreiben vom 13. November 2009 den sofortigen Beginn einer stationären Therapiemaßnahme in einer geeigneten psychosomatischen Fachklinik an.

Die Beklagte legte hiergegen mit Schreiben vom 25. November 2009 Widerspruch ein und listete ihre bisherigen stationären Aufenthalte auf:

30.11.2005 - 21.12.2005

04.04.2006 - 30.06.2006

26.07.2006 - 10.08.2006

28.09.2006 - 15.12.2006

10.12.2006 - 11.12.2006

25.04.2007 - 01.06.2007

08.08.2007 - 29.08.2007

04.09.2007 - 02.11.2007

20.11.2007 - 14.12.2007

Klinikum B.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Psychosomatische Klinik R.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Schlaflabor der Asklepios Fachklinik G.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Klinikum der Universität M., Psychiatrische Klinik

A.-Klinik S., Abt. f. Psychosomatische Medizin

Zu diesem Vortrag gab Frau Dr. K. vom polizeilichen Dienst in ihrer Stellungnahme vom 11. Januar 2010 zusammenfassend an, dass weder der stationäre Aufenthalt in der A.-Klinik noch der Aufenthalt in der Klinik R. hinsichtlich des damaligen Behandlungsverlaufs und -erfolgs bewertet werden könne, da die Beklagte weder dem polizeiärztlichen Dienst noch der Gutachterin Frau K. die Abschlussberichte zur Verfügung gestellt habe. Aus polizeiärztlicher Sicht werde das Gutachten von Frau Dr. K. nicht in Frage gestellt, d. h. eine mindestens 6-wöchige Therapie werde als sinnvoll und zumutbar angesehen.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2010 legte die Beklagte (nochmals) Widerspruch gegen die Anordnung der Therapie ein und wies darauf hin, dass aus psychiatrischer Sicht des behandelnden Arztes Dr. M. die stationären Maßnahmen ausgeschöpft seien.

Frau Dr. K. teilte hierzu am 17. Juni 2010 telefonisch mit, dass sie sich auf ihre Stellungnahme vom 11. Januar 2010 beziehe und die stationäre Therapie ein „absolutes Muss“ sei.

Mit Schreiben vom 18. August 2010 wurde die Beamtin nochmals unter Fristsetzung aufgefordert, die stationäre Maßnahme im Rahmen ihrer Gesunderhaltungspflicht anzutreten, andernfalls müsste sie mit disziplinaren Folgen rechnen.

Hiergegen legte die Beklagte mit Schreiben vom 19. August 2010 Widerspruch ein, der vom Kläger mit Schreiben vom 8. September 2010 mangels VA-Qualität der angefochtenen Anordnung als unstatthaft angesehen wurde. Hinsichtlich keiner der eingelegten Widersprüche erfolgte eine förmliche Widerspruchsentscheidung.

Die Beamtin legte in der Folge ein weiteres Attest von Dr. M. vom 19. November 2010 vor. Es habe keine Besserung des Zustandsbildes erzielt werden können. Die Behandlungsmaßnahmen inklusive der stationären seien ausgeschöpft.

Am 27. November 2010 beantragte die Beklagte bei der HUK-Coburg die Kostenübernahme für eine stationäre Psychotherapie. Ein aktuelles Einweisungsschreiben eines Psychiaters habe sie nicht. Grundlage sei das beiliegende Schreiben der Polizeiärztin vom 22. Mai 2009.

Die HUK-Coburg lehnte die Kostenübernahme mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 ab, da die Entscheidung, ob eine stationäre Therapie angeraten sei, im Rahmen der Privaten Krankenversicherung dem behandelnden Psychotherapeuten obliege. Ihrem Schreiben könne jedoch entnommen werden, dass eine stationäre Psychotherapie aktuell von ihrem Therapeuten gerade nicht befürwortet werde.

Auf Nachfrage teilte Frau Dr. K. von polizeiärztlichen Dienst mit E-Mail vom 23. Dezember 2010 mit, dass sie eine stationäre Therapie nach wie vor für notwendig erachte.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2011 wurde die Beklagte aufgefordert, bis zum 1. März 2011 eine stationäre Therapie in einer psychosomatischen Klinik anzutreten. Sollte bis zum 1. März 2011 kein Nachweis über den Antritt einer stationären Behandlung in einer psychosomatischen Klinik vorliegen, müssten disziplinare Maßnahmen eingeleitet werden.

Nachdem die Beamtin der Aufforderung nicht nachkam und sich weigerte, eine stationäre Therapie anzutreten, entschied das Polizeipräsidium Anfang Mai 2012 nach Rücksprache mit dem polizeiärztlichen Dienst, eine externe Begutachtung durch das M.-...-Institut für Psychiatrie zur Überprüfung der aktuellen Dienstfähigkeit zu veranlassen.

Hierüber wurde die Beklagte mit Schreiben vom 9. Mai 2012 informiert. Mit Schreiben vom 5. Juli 2012 wurde die Beamtin gebeten, sich am Dienstag, 17. Juli 2012 und Mittwoch, 18. Juli 2012, jeweils 8.00 Uhr, beim M.-Institut für Psychiatrie zur externen Begutachtung vorzustellen.

Die Beklagte legte mit Telefax vom 16. Juli 2012, 17 Uhr, ein ärztliches Attest von Dr. M. vom 14. März 2008 vor. Sie sei nicht in der Lage die „schuld- und schambesetzten Themen“ gegenüber Männern anzusprechen. Dem solle bei der Begutachtung Rechnung getragen werden.

Der Kläger leitete das Telefax mit Schreiben mit E-Mail vom 16. Juli 2012 einschließlich des Attestes an Prof. Dr. W., Leiter der Gutachtensstelle des M.-...-Instituts für Psychiatrie, weiter.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2012 teilte Prof. Dr. W. mit, dass sich die Beamtin zwar pünktlich zu dem am 17. Juli 2012 anberaumten Untersuchungstermin eingefunden habe, jedoch eine Mitwirkung an der Untersuchung unter Hinweis auf das fachärztliche Attest von Dr. M. abgelehnt habe, nachdem er ihr im Vorbereitungsgespräch eröffnet habe, dass er als Leiter der Gutachtensstelle zur unabhängigen Urteilsbildung verpflichtet sei und daher alle inhaltlich und medizinisch relevanten Fragen persönlich mit ihr besprechen müsse.

Mit Schreiben vom 7. August 2012 trägt die Beklagte vor, sie habe den Untersuchungstermin nicht grundlos abgebrochen und legt zum einem ein Attest von Dr. H., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 22. Juli 2012 und eine fachärztliche Stellungnahme vom 23. Juli 2012 von Dr. M. vor. Aus dem Attest von Dr. H. ergibt sich, dass die Beamtin am 17. Juli 2012 in seiner Praxis vorstellig geworden sei und von einer für sie negativen, sehr belastenden Begegnung mit Ärzten des M.-Instituts berichtet habe. Die Beamtin habe sich in einer akuten Konfliktsituation befunden, die durch verbale Intervention und subcutaner Gabe eines Medikaments normalisiert habe werden können. Nach der fachärztlichen Stellungnahme von Dr. M. befindet sich die Beklagte seit dem 10. Januar 2008 in seiner regelmäßigen psychiatrischen Behandlung. Diagnostisch lägen eine rezidivierende depressive Störung sowie eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Im bisherigen Behandlungszeitraum habe sich keine Besserung des Zustandsbildes einstellen können. Im Falle einer angeordneten Begutachtung werde dringend angeraten, diese durch eine weibliche Gutachterin durchführen zu lassen. Ansonsten wäre von einer weiteren Gefährdung des Gesundheitszustands auszugehen. Allein der Versuch den für den 17. Juli 2012 anberaumten Termin bei zwei männlichen Psychiatern wahrzunehmen, habe zu einer erneuten depressiven Dekompensation geführt.

III. Mit Vermerk vom 17. Juli 2012 leitete das Polizeipräsidium gegen die Beklagte wegen ihrer Weigerung, sich einer stationären Therapie zu unterziehen und wegen des Abbruchs des Untersuchungstermins am 17. Juli 2012 ein Disziplinarverfahren ein. Die Beklagte wurde jeweils nach Art. 22 Abs. 1 BayDG über ihre Rechte sowie die Möglichkeit der Beteiligung der Personalvertretung belehrt.

Am 22. Mai 2013 erhob das Polizeipräsidium M. - Disziplinarbehörde - Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, der Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Kläger wirft der Klägerin vor, gegen die Gehorsams- und Gesunderhaltungspflicht verstoßen zu haben:

1. Die Beklagte sei am 1. Juli 2008 zur Überprüfung ihrer Dienst- und Verwendungsmöglichkeit im Bezirkskrankenhaus T./... psychiatrisch begutachtet worden. Nach dem fachärztlichen Gutachten vom 27. November 2008 sei die Beklagte zum Untersuchungszeitpunkt vorübergehend nicht polizeidienstfähig und zudem nicht für den Innen- und Verwaltungsdienst geeignet gewesen. Eine dauernde Dienstunfähigkeit habe nach der gutachterlichen Beurteilung noch nicht vorgelegen, zur Wiederherstellung einer - zumindest begrenzten - Dienstfähigkeit sei aus der Sachverständigensicht eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik indiziert.

Mit Schreiben vom 13. November 2009 sei daher die Durchführung einer stationären Therapiemaßnahme in einer geeigneten psychosomatischen Fachklinik angeordnet und ausdrücklich auf die bestehende Gehorsams- und Gesunderhaltungspflicht hingewiesen worden. Obwohl die Beklagte in der Folgezeit wiederholt (Schreiben des Polizeipräsidiums O. vom 13.8.2010, 8.9.2010, 22.9.2010, 28.10.2010, 28.10.2010, 6.12.2010, 20.12.2010 und 12.1.2011) zur Durchführung der stationären Therapie aufgefordert und auch mehrfach ausdrücklich auf ihre Gesunderhaltungspflicht und die Folgen eines Verstoßes gegen dieselbe belehrt worden sei, habe sie bis dato die medizinisch indizierte Therapiemaßnahme verweigert und infolgedessen ihre Dienstfähigkeit nicht wiedererlangt.

2. Die Beklagte sei mit Schreiben vom 5. Juli 2007 aufgefordert worden, sich zur Überprüfung der Dienst- und Verwendungsmöglichkeit am 17. Juli und 18. Juli 2012 einer externen Begutachtung im M.-Institut für Psychiatrie zu unterziehen. Sie sei explizit darauf hingewiesen worden, dass die Verweigerung der Untersuchung ein Dienstvergehen darstelle.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2012 habe der Leiter der Gutachtenstelle des M.-Instituts, Prof. Dr. W., mitgeteilt, dass die Beklagte zwar pünktlich zu dem anberaumten Begutachtungstermin erschienen sei, jedoch eine Mitwirkung an der Untersuchung abgelehnt habe, nachdem ihr Prof. Dr. W. im Vorbereitungsgespräch eröffnet habe, dass er als Leiter der Gutachtensstelle zur unabhängigen Urteilsbildung verpflichtet sei und daher auch alle für die Fragestellung inhaltlich und medizinisch relevanten Fragen persönlich mit der Beklagten besprechen müsse. Sie habe ihre Ablehnung mit einem Attest des behandelnden Facharztes Dr. M. vom 14. März 2008 begründet, wonach eine Diskussion „schuld- und schambesetzter“ Themen mit männlichen Untersuchern eine Retraumatisierung hervorrufen könne.

IV. Mit Urteil vom 14. Januar 2014 hat das Verwaltungsgericht der Beklagten das Ruhegehalt aberkannt.

Ein Beamter müsse seinem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen, er habe diese zu erhalten und sie im Falle der Dienstunfähigkeit schnellstmöglich wiederherzustellen. Dabei habe er den Vorschlägen der Ärzte, insbesondere dem Vorschlag des Polizeiarztes zu folgen.

Die Beklagte leide mindestens seit der fachärztlichen Begutachtung im November 2008 an psychosomatischen Beschwerden, die ihr eine Dienstleistung nicht ermöglichten. Die externe Gutachterin und der polizeiliche Dienst sähen in einer stationären Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik die Möglichkeit, die Dienstfähigkeit zumindest teilweise wiederherzustellen. Die Beklagte habe eine solche Behandlung nicht verweigern dürfen. Sie habe sich dazu entschieden, sich auf die medikamentöse Behandlung durch ihren Psychiater zu verlassen. Auf die notwendige Behandlung ihrer psychosomatischen Problematik habe sei seit Januar 2008 verzichtet. Diese Entscheidung der Beklagten könne aber nicht zur Folge haben, dass der Dienstherr an seiner Pflicht zur lebenslangen Alimentation festgehalten werden müsse. Auch der Allgemeinheit (d. h. dem Steuerzahler) sei es nicht zu vermitteln, dass eine junge Beamtin kurz nach ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit es beharrlich ablehne, zumutbare Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit durchzuführen. Dies gelte auch für die Ablehnung der Mitwirkung an einer erneuten fachärztlichen Begutachtung.

Das Dienstvergehen der Beklagten wiege schwer. Sie habe ihre Kernpflichten verletzt. Die Beklagte wolle alimentiert werden, ohne ihrerseits ihre zumutbaren Pflichten zu erfüllen. Dies laufe dem Beamtenverhältnis, das ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis sei, diametral zuwider. Rechtsfertigungsgründe stünden der Beklagten nicht zur Seite. Sie habe vielmehr ihre leicht einsehbaren Kernpflichten bewusst und gewollt und über einen langen Zeitraum hinweg verletzt. Einem solchen Beamten könnten der Dienstherr, die Allgemeinheit und die Kollegen kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Die Basis für ein Dienst- und Treueverhältnis sei zerstört und das Vertrauen endgültig verloren. Die Beklagte müsse daher - sollte sie ihren aktiven Beamtenstatus wieder erlangen - aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Bei ihrem derzeitigen Status als Ruhestandsbeamtin sei ihr das Ruhegehalt abzuerkennen.

V. Mit der gegen die Entscheidung eingelegten Berufung beantragt die Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie habe nicht gegen ihre Gesunderhaltungspflicht verstoßen. Sie verweist auf die bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen, die eine Einweisung in eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik ablehnten. Neben den bereits im Disziplinarverfahren vorgelegten Atteste bzw. fachärztlichen Stellungnahmen handele es sich um folgende ärztliche Stellungnahmen bzw. Bescheinigungen:

Dr. M. habe der HUK-Coburg unter dem 1. Februar 2011 mitgeteilt, dass sich die Beklagte seit 10. Januar 2008 in seiner regelmäßigen psychiatrischen Behandlung befinde. In den Jahren 2006 und 2008 seien insgesamt drei stationär-psychiatrische Behandlungsversuche an der Klinik G... sowie an der Universitätsklinik M., Psychiatrische Klinik, durchgeführt worden. Zweimalige stationär-psychosomatische Behandlungsmaßnahmen seien an der Psychosomatischen Klinik R. sowie an der Klinik A. durchgeführt worden. Eine ambulante Psychotherapie habe nach erlebter Retraumatisierung mit Verschlechterung der Symptomatik im Jahre 2008 abgebrochen werden müssen. Bei erfolglos eingesetzten stationär-psychosomatischen Maßnahmen sowie einer als Retraumatisierung mit Verschlechterung erlebten ambulanten Psychotherapie sei ein erneuter Versuch einer ambulanten/stationär-psychosomatischen Behandlung nicht indiziert.

Nach einer fachärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 7. Dezember 2009 sei aus psychiatrischer Sicht bei ausgeschöpften stationären Maßnahmen eine erneute stationäre Behandlung nicht indiziert.

Mit Schreiben vom 14. März 2008 habe Dr. M. bei der Beklagten eine rezidivierende depressive Störung, sowie eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Die posttraumatische Belastungsstörung habe sich auf der Basis wiederholter, auch sexueller Traumatisierungen entwickelt. Diese zu thematisieren stelle für die weiterhin instabile Beamtin aus psychiatrischer Sicht derzeit noch eine unüberwindliche Hürde dar. Insbesondere Männern gegenüber sei die Beklagte nicht in der Lage, die schuld- und schambesetzen Themen anzusprechen. Dies käme zum derzeitigen Stand einer Retraumatisierung gleich.

Herr Dr. H., Facharzt für Allgemeinmedizin, weise mit Attest vom 4. Juni 2013 darauf hin, dass die von ihm bereits langjährig betreute Beamtin am 17. Juli 2012 im Rahmen einer hausärztlich-allgemeinmedizinischen Notfallbehandlung, bei einer ausgeprägten psychovegetativen Entgleisung behandelt worden sei.

Eine stationäre Behandlung sei nicht zumutbar. Die Ablehnung einer Einweisung in die stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik beruhe nicht auf einer eigenen Einschätzung, sondern auf fachärztlichen Stellungnahmen. Die Beklagte habe stationär mehrere Psychotherapien gemacht. Dabei sei die Erfahrung gemacht worden, dass es keinen Unterschied zwischen psychiatrischen und psychosomatischen Therapien gebe. Den geforderten Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik habe die Beklagte zweimal absolviert. Die geringe Aufenthaltsdauer ergebe sich daraus, dass die Beklagte bei ihrer Krankenversicherung nur 30 Tage pro Jahr für diesen Zweck versichert sei. Hieraus sei wiederum ersichtlich, dass die Beklagte auch mit Kostenübernahme durch ihre Krankenversicherung die geforderten sechs Wochen ohne zusätzliche Kostenübernahme durch den Freistaat Bayern nicht erreicht hätte. Aus diesem Umstand ergebe sich auch der längere Aufenthalt in der Psychiatrie statt in der psychosomatischen Klinik. Das Verwaltungsgericht habe den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unrichtig angewandt. Die Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere der subjektiven Seite, zeige, dass von der disziplinaren Höchstmaßnahme abzusehen sei. Zu ihren Gunsten sei zu werten, dass sie bislang zu keinem Zeitpunkt disziplinarisch in Erscheinung getreten sei. Weiterhin befinde sie sich in fortwährender fachmedizinischer bzw. fachärztlicher Behandlung und habe stets Stellungnahmen ihrer Fachärzte vorgelegt, welche eine Einweisung in einer stationären Behandlung abgelehnt hätten. Fachlich fundierte Zweifel an diesen Stellungnahmen gebe es nicht. Zusätzlich sei festzuhalten, dass auch ihre Krankenkasse aufgrund der fehlenden fachärztlichen Einweisung eine Kostenübernahme abgelehnt habe. Die Disziplinarbehörde habe verkannt, dass die amtsärztliche Befürwortung einer stationären Behandlung es nicht vermöge, eine fehlende fachärztliche Einweisung zu ersetzen. Die Beklagte habe auf ihre Fachärzte vertrauen können und dürfen. Verhältnismäßig sei allenfalls eine Gehaltskürzung im untersten Bereich.

Der Kläger beantragt am 4. März 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe seit Januar 2008 verzichtet, die notwendigen Behandlungen hinsichtlich der Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit durchführen zu lassen. Sie habe sich vielmehr allein auf die Einschätzung ihrer Privatärzte verlassen, ohne die Meinung des polizeiärztlichen Dienstes zu befolgen. Ein Beamter sei aufgrund seiner Gesunderhaltungspflicht verpflichtet, alles ihm Mögliche zu unternehmen, um seine Dienstfähigkeit wieder herzustellen. In diesem Zusammenhang habe er auf die Vorschläge der behandelnden Ärzte, des Dienstvorgesetzten und des Amtsarztes wegen deren Sachkunde auch dann einzugehen, wenn er der Auffassung sei, noch ohne eine stationäre Behandlung auskommen zu können. Es werde nicht bestritten, dass die Beklagte mehrere Psychotherapien durchgeführt habe. Nur sei die seitens des Polizeipräsidiums O. mehrfach angeordnete, dringend notwendige Therapie über Jahre hinweg nicht durchgeführt worden. Die Ausführungen, die Kostenübernahme sei nicht ausreichend durch die Krankenversicherung der Beklagten gesichert gewesen, könnten ebenfalls nicht überzeugen. Die Beklagte habe die Möglichkeit, eine Erhöhung des Beihilfesatzes zur weitgehenden Kostenübernahme der stationären Behandlung bei der Beihilfestelle zu beantragen. Ggf. sei die Kostenübernahme auch durch den Dienstherrn möglich. Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei nicht ersichtlich. Die Beklagte werde eine ihr angeordnete Therapie auch in Zukunft nicht antreten. Sie selbst vertraue auf Empfehlungen des Privatarztes und empfinde eine Therapie als nicht notwendig. Jedoch berechtige ein fehlerhaftes oder als ungerecht empfundenes Verhalten (Therapieanordnung) des Dienstherrn nicht zum Ungehorsam. Die Beamtin habe vielmehr den Weisungen nachzukommen und hinsichtlich der Klärung der Dienstfähigkeit mitzuwirken.

Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 12. März 2014 ein Attest des Universitätsklinikums G... vom 20. Februar 2014 und ein Attest von Dr. H. vom 28. Februar 2014 vor, aus denen sich ergibt, dass eine ambulante Therapie derzeit ausreichend zu sein scheine bzw. weitere Therapieansätze im Sinne einer stationären Behandlung als nicht zielführend im Sinne einer möglichen Heilung abzulehnen seien. Mit Schreiben vom 2. April 2014 legte sie ein Attest von Dr. T. vom 27. März 2013 vor, wonach eine stationäre Behandlung aktuell aufgrund der bestehenden Instabilität nicht indiziert sei.

Der Kläger führte hierzu unter dem 6. Mai 2014 aus, dass nach polizeiärztlicher Beurteilung in keinem der vorgelegten ärztlichen Schreiben nachvollziehbar begründet oder gar belegt sei, dass eine stationäre Behandlung derzeit medizinisch nicht indiziert sei. Nach polizeiärztlichen Dafürhalten könne eine Verbesserung des Gesundheitszustands allenfalls noch von einer erneuten stationären Therapiemaßnahme erwartet werden, nicht hingegen von den von der Beklagten durchgeführten ambulanten Behandlungsmaßnahmen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten (Personalakt in 5 Bänden, 1 Disziplinarakte, 1 Vorgang „Ärztliche Unterlagen“) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. In Abänderung der Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2014 wird gegen die Beklagte auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts um 1/20 auf die Dauer von zwei Jahren erkannt.

I. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II. Der Senat sieht - unter Zugrundelegung der Disziplinarklage vom 22. Mai 2013 - den im Tatbestand unter II. dargestellten Sachverhalt als erwiesen an. Die Beamtin hat den äußeren Sachverhalt im Disziplinarverfahren und im Gerichtsverfahren nicht bestritten.

Damit steht fest, dass die Beklagte entgegen der Anordnungen vom 13. November 2009, 18. August 2010 und 12. Januar 2011 keine stationäre psychosomatische Behandlung angetreten bzw. sich einer solchen unterzogen hat und die Untersuchung ihrer Dienstfähigkeit im Rahmen einer externen Begutachtung im M.-Institut für Psychiatrie am 17. Juli 2012 durch deren vorzeitigen Abbruch vereitelt hat.

III. Durch die ihr zur Last gelegte Taten hat die Beklagte ein einheitliches Dienstvergehens im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen.

1. Mit der Weigerung, sich der polizeiärztlich für erforderlich gehaltenen 6-wöchigen stationären psychosomatischen Therapie zu unterziehen, hat die Beklagte gegen ihre Gesunderhaltungspflicht verstoßen.

Eine ausdrückliche Regelung über die Gesunderhaltungspflicht und deren Grenzen enthält das Beamtenstatusgesetz nicht. Eine grundsätzliche Pflicht zur Gesunderhaltung kann jedoch aus der Pflicht zum vollen Einsatz im Beruf hergeleitet werden (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2015, § 34 BeamtStG Rn. 83 mit weiteren Nachweisen; BVerfG, B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 - juris Rn. 34). Die Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf umfasst das Bemühen, die Gesundheit so weit zu bewahren, dass die Fähigkeit zur Dienstleistung nicht schuldhaft eingeschränkt oder aufgehoben wird. Der gesunde Beamte ist danach verpflichtet, seine volle Dienstfähigkeit und damit seine Arbeitskraft im Interesse des Dienstherrn nach Möglichkeit zu bewahren und, soweit sie eingeschränkt oder aufgehoben ist, nach Möglichkeit wieder zu erlangen (vgl. BVerwG, U. v. 10.1.1980 - 1 D 56/79 - BVerwGE 63, 327 - juris Rn. 17; BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 34).

Dies setzt ggf. auch voraus, sich zur Erhaltung oder Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit einer zumutbaren Heilbehandlung zu unterziehen. Ob sie zumutbar ist, kann nicht grundsätzlich, sondern nur nach Maßgabe der konkreten Umstände des Einzelfalles beantwortet werden (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2015, § 34 BeamtStG Rn. 97; BVerwG, B. v. 9.5.1990 - 2 B 8.90 - ZBR 1990, 261 - juris). Maßgebend ist dabei, welche Erfolgsaussichten die jeweils in Frage kommende Behandlung bietet und welche Kosten, Belastungen und Risiken mit ihr verbunden sind. Insoweit hat eine umfangreiche Abwägung aller Umstände zu erfolgen (vgl. BVerwG, U. v. 26.7.1983 - 1 D 98.82 - BVerwGE 76, 103 - juris).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze erscheint die stationäre psychosomatische Behandlung zumutbar. Nach dem psychiatrischen Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K. vom I. -...-Klinikum vom 27. November 2008 konnte bislang keine durchgreifende und anhaltende Besserung der depressiven Symptomatik und der Schmerzproblematik sowie der angegebenen posttraumatischen Erlebniswelten erzielt werden, obwohl sich die Beklagte seit 2006 (bis 2007) mehrmonatigen Behandlungen in verschiedenen psychiatrischen Kliniken mit unterschiedlichen Antidepressiva aber auch psychotherapeutischen Interventionen ergänzt von ambulanten Maßnahmen unterzogen habe. Die Ärztin hält es für möglich, dass sich die Beklagte mit ihrem erheblichen Misstrauen und der eingeschränkten Offenheit bisher nicht ausreichend auf therapeutische Prozesse habe einlassen können, obwohl sie durchaus über die intellektuellen Möglichkeiten verfüge, um von therapeutischen Maßnahmen profitieren zu können. Die Ärztin verspricht sich von einer ausreichend langen stationären und nachfolgend ambulanten Behandlung eine mittelfristige Stabilisierung. Es erscheine zwar momentan unrealistisch, dass die Beamtin den körperlichen und psychischen Anforderungen im Außendienst sowie belastenden Ereignissen wie dem Einsatz bei Suiziden werde standhalten können. Prinzipiell sollte jedoch mittelfristig der polizeiliche Innendienst wieder leistbar sein können. Die Polizeiärztin Dr. K. hat sich dieser Einschätzung angeschlossen und hält eine mindestens 6-wöchtige Therapie für sinnvoll und zumutbar.

Dieser Einschätzung stehen die von der Beklagten vorgelegten privatärztlichen Bescheinigungen nicht entgegen. Die ärztlichen Bescheinigungen ihres behandelnden Arztes Dr. M., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 14. März 2008, 7. Dezember 2009, 13. August 2009, 19. November 2010 und 1. Februar 2011 sind nicht geeignet, die Empfehlungen des polizeiärztlichen Dienstes zu erschüttern. Sie erschöpfen sich in der Aussage, aus psychiatrischer Sicht sei bei ausgeschöpften stationären Maßnahmen eine erneute stationäre Behandlung nicht indiziert, die damit begründet wird, dass bisher insgesamt drei stationär-psychiatrische und zwei stationär-psychosomatische Behandlungsversuche erfolglos gewesen seien und eine ambulante Psychotherapie mit Verschlechterung der Symptomatik im Jahr 2008 habe abgebrochen werden müssen. Es finden sich keine Erklärungen für die Erfolglosigkeit der bisherigen stationären Aufenthalte der Beklagten bzw. für den Abbruch der ambulanten Therapie. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem wesentlichen Beweggrund für die vorgeschlagene (erneute) stationäre psychosomatische Behandlung, nämlich das „erhebliche Misstrauen“ und die „eingeschränkte Offenheit“ der Beklagten für therapeutische Prozesse, lassen die ärztlichen Stellungnahmen missen. Die privatärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. sind damit nicht geeignet, das amtsärztliche Gutachten bzw. das von der beigezogenen Fachärztin erstellte Gutachten zu entkräften. Gleiches gilt für die ärztliche Einschätzung von Dr. H., der in seinem Attest vom 28. Februar 2014 Therapieansätze im Sinne einer stationären Behandlung im Hinblick auf die bereits vielfach stattgehabten Aufenthalte als nicht zielführend im Sinne einer möglichen Heilung ablehnt und - ohne weitere Begründung - davon ausgeht, die aktuell erreichte, zwar reduzierte aber leidlich stabile Lebensqualität der Beamten werde durch eine solche Maßnahme erheblich gefährdet. Auch hier fehlt die substantiierte Auseinandersetzung mit der Einschätzung der Polizeiärztin.

Auch die von der Beklagten im Berufungsverfahren weiter vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen entkräften die polizeiärztliche Einschätzung nicht. Der Bericht des Universitätsklinikums G... vom 20. Februar 2014 und das Attest von Dr. T. vom 27. März 2014 verhalten sich nicht zum hier maßgeblichen Zeitraum von der erstmaligen Aufforderung, sich der Therapie zu unterziehen, bis zur Erhebung der Disziplinarklage, sondern geben lediglich eine Momentaufnahme bezogen auf den Zeitpunkt des Berichts bzw. des Attestes wieder, wenn eine ambulante Therapie derzeit ausreichend erscheine bzw. eine stationäre psychosomatische Behandlung aktuell aufgrund der bestehenden psychophysischen Instabilität nicht indiziert sei.

Eine erneute stationäre Behandlung erscheint im Übrigen auch vor dem Hintergrund angezeigt, als sich die Beamtin nach Angaben von Dr. M. seit 2008 in seiner psychiatrischer Behandlung befindet, ohne dass sich eine erkennbare Besserung bezüglich ihrer Dienstfähigkeit erkennen lässt, zumal Dr. M. im Rahmen der psychiatrischen Therapie das Hauptaugenmerk auf die medikamentöse Behandlung und nicht auf eine Psychotherapie legt, die von der Polizeiärztin für erforderlich gehalten wird. Soweit sich die Beamtin flankierend zu ihrer medikamentösen Behandlung bei der Dipl.-Psychologin T. einer Psychotherapie unterzieht, vermag dies die für erforderlich gehaltene stationäre psychosomatische Behandlung nicht zu ersetzen, zumal diese Therapie nicht in dem hier maßgeblichen Zeitraum absolviert worden ist.

Es ist des Weiteren nicht erkennbar, dass durch die angeordnete Behandlung gesundheitliche Risiken für die Beamtin gegeben wären, zumal sich die Beklagte in der Vergangenheit wiederholt freiwillig stationären psychiatrischen und psychosomatischen Behandlungen unterzogen hat. Aus dem Umstand, dass im Jahre 2008 eine ambulante Psychotherapie abgebrochen werden musste, lässt sich nicht schließen, dass dies später in einer anderen Einrichtung mit anderen Ärzten auch geschehen könnte, zumal sich die Beamtin frei entscheiden kann, in welche Fachklinik sie sich begibt und ob dort ihren Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann. Nicht zuletzt bestehen auch in finanzieller Hinsicht keine Bedenken gegen die Anordnung einer solchen Maßnahme, da die Beklagte zum einem privat versichert und zum anderen als Ruhestandsbeamtin beihilfeberechtigt ist. Hinsichtlich etwaiger nicht abgedeckter Kosten bestünde die Möglichkeit nach § 46 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayBhV eine Erhöhung des Beihilfesatzes zu beantragen und im Falle einer immer noch bestehenden Unterdeckung an den Dienstherrn heranzutreten, der sowohl im Disziplinarverfahren als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte, die (dann immer noch) nicht gedeckten Kosten zu übernehmen.

Es liegt schließlich auch kein ungerechtfertigter Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerin vor. Wie bereits oben dargelegt, ist ein Beamter verpflichtet, sich einer zumutbaren Heilbehandlung zu unterziehen. Im Widerstreit stehen hier das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG und die in den Art. 33 Abs. 5 GG grundgesetzlich verankerten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Bei der hier gegebenen Kollision zweier Grundrechtsnormen, die einerseits ein Recht geben und andererseits eine Pflicht auferlegen, ist für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines staatlichen Eingriffs eine nach dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip vorzunehmende Abwägung entscheidend. Die Anordnung des Dienstherrn ist danach dann als verfassungsgemäß anzusehen, wenn das besondere dienstliche Interesse für die Anordnung den dadurch bewirkten Eingriff in die Grundrechte des Beamten rechtfertigt, wobei das auf Art. 33 Abs. 5 GG beruhende Beamtenrecht den Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG ausfüllt (vgl. BVerwG, B. v. 9.5.1990 - 2 B 48.90 - ZBR 1990, 261 - juris 3; BVerfG, U. v. 5.5.2015 - 2 BvL 17/09 u. a. - ZBR 2015, 250 - juris Rn. 123).

Nach diesen Grundsätzen besteht unter Berücksichtigung der 7 Jahre lang andauernden Dienstunfähigkeit und der bisher ersichtlich nicht erfolgreichen Therapieansätze kein Zweifel daran, dass eine 6-wöchige stationäre psychosomatische Behandlung eine angemessene Maßnahme zur möglichen (teilweisen) Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft darstellt, die auch zumutbar ist (vgl. BVerwG, U. v. 26.7.1983 - 1 D 98/82 - BVerwGE 76, 103 - juris Rn. 18; sich anschließend: BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 35) und den Grundrechtseingriff damit rechtfertigt.

Es steht für den Senat fest, dass die Ruhestandsbeamtin schuldhaft keine geeigneten Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer vollen Dienstfähigkeit ergriffen hat. Von ihr wird das Erkennen der Forderung des Dienstherrn, eine Therapie durchzuführen, verlangt und zwar unabhängig davon, ob sie eine solche Behandlung für sich selbst für nötig hält oder nicht. Für die Beklagte war erkennbar, dass sie ohne entsprechende Schritte nicht mehr sachgerecht eingesetzt werden konnte. Indem sie dennoch die Durchführung einer stationären psychosomatischen Therapie unterließ, nahm sie die Folge dieser pflichtwidrigen Weigerung, den Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit, in Kauf. Der Senat hält es damit für erwiesen, dass die Ruhestandsbeamtin vorsätzlich, zurechenbar und ohne Rechtfertigung die Durchführung einer stationären Behandlung, die auch für sie zumutbar war, verweigert hat.

Mit der Weigerung, die ärztlicherseits für erforderlich gehaltene und zumutbare stationäre psychosomatische Therapie anzutreten, hat die Beklagte zugleich gegen ihre Pflicht, dienstliche Anweisungen zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen. Der Gehorsamsverstoß war nicht schon deshalb rechtlich unbeachtlich, weil die Beklagte gegen die Anordnungen, eine stationäre Therapie anzutreten, Widerspruch eingelegt hat. Diesen Widersprüchen kam keine aufschiebende Wirkung im Sinne von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil es sich bei den Anordnungen mangels Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt handelte (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, U. v. 26.4.2012 - 2 C 17/10 - ZBR 2013, 128 - juris Rn. 15; BayVGH, B. v. 22.9.2015 - 3 CE 15.1042 - juris Rn. 22). Die Beamtin ist wiederholt auf die Gehorsamspflicht und etwaige disziplinare Folgen einer Weigerung hingewiesen worden, so dass der Senat insofern von einem vorsätzlichen Verstoß ausgeht.

2. Mit dem Abbruch der Untersuchung ihrer Dienstfähigkeit am 17. Juli 2012 hat die Beklagte ebenfalls gegen ihre Pflicht, dienstliche Anweisungen zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen. Auch insoweit liegt ein vorsätzlicher Weisungsverstoß vor.

IV. Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der sich nach § 47 Abs. 1 BeamtStG ergibt, einheitlich zu würdigen.

Das einheitliche Dienstvergehen führt zur Kürzung der Ruhestandsbezüge der Beklagten gemäß Art. 12 BayDG auf die Dauer von zwei Jahren um ein Zwanzigstel. Der Ausspruch dieser Maßnahme ist im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkung auf das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit der Beamtin zur Überzeugung des Senats zur Ahndung des Dienstvergehens ausreichend, aber auch erforderlich.

1. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 21, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 50).

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

Bei der Bemessung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme hatte der Senat zu berücksichtigen, dass es bei der zur Beurteilung stehenden Dienstverfehlung kein Regelmaß gibt, sondern stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind.

a. Die schwerste Dienstpflichtverletzung stellt vorliegend die Weigerung der Beamtin, sich einer stationären psychosomatischen Behandlung zu unterziehen, dar.

Das der Beklagten vorgehaltene Dienstvergehen wiegt schwer. Die Treuepflicht und die Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz sowie zur Befolgung von Weisungen gebieten es dem Beamten, dem Dienstherrn seine ganze Arbeitskraft zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zur Verfügung zu stellen, demgemäß diese Arbeitskraft auch voll zu erhalten bzw. alles zur unverzüglichen Wiederherstellung zu tun.

Die Beamtin hat vorsätzlich gegen ihre Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf verstoßen und ein schweres Dienstvergehen begangen.

Die Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit als Voraussetzung für die Erfüllung der ihr nach dem Beamtenverhältnis obliegenden Pflichten ist auf dessen Substanz von erheblichen Einfluss: Ohne körperlich und geistig jederzeit voll einsetzbare Mitarbeiter ist die Verwaltung außerstande, die ihr im Interesse der Allgemeinheit auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen. Die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ist durch körperlich bzw. geistig oder seelisch nicht oder nur beschränkt einsetzbare Beamte gefährdet. Das ist jedem Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bekannt. Die schuldhafte Weigerung, die Dienstfähigkeit zu erhalten oder im gegebenen Fall durch zumutbare Maßnahmen wiederherzustellen, stellt daher eine Pflichtverletzung mit erheblichem disziplinaren Gewicht dar. Das muss jedenfalls gelten, wenn dienstliche Auswirkungen einer solchen Pflichtverletzung, wie hier die dauernde Dienstunfähigkeit, eingetreten sind. Hierin wird nicht nur ein Element der Dienstvergehensqualität, sondern zugleich auch die dienstrechtliche Schwere einer entsprechenden Pflichtverletzung offenbar.

Der Vorwurf wiegt jedoch nicht so schwer, dass er die disziplinare Höchstmaßnahme rechtfertigt. Denn dabei kann nicht außer Acht bleiben, dass sich die Beklagte bereits vor der entsprechenden Anordnung erfolglos einer stationären Behandlung unterzogen hat und sich mit ihrer Weigerung auf eine entsprechende Einschätzung ihres Therapeuten stützen konnte (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2006 - 16a D 05.1837 - juris Rn. 37/39).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 26.7.1983 - 1 D 98/82 - BVerwGE 76, 103 - juris Rn. 16) muss für den Fall, dass der Beamte (Ruhestandsbeamte) sich einer zumutbaren Behandlung nicht stellt, weil es für ihn keine Motivation der Behandlung gibt, und er es vielmehr darauf anlegt, ohne weitere Dienstleistung den Ruhestand zu erreichen (bzw. ihn sich zu erhalten), die fehlende Motivation geschaffen werden. Sie wird erreicht durch eine Disziplinarmaßnahme, die dem Beamten (Ruhestandsbeamten) deutlich macht, dass er Gefahr läuft, seine Beamtenrechte zu verlieren, wenn er weiterhin die Belange des Dienstherrn ignoriert.

Auf den hier konkret zu entscheidenden Fall angewendet bedeutet das:

Die Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere der subjektiven Seite, lässt es vertretbar erscheinen, gegenwärtig von der disziplinaren Höchstmaßnahme abzusehen. Zugunsten der Ruhestandsbeamtin kann gewertet werden, dass sie auf ihre behandelnden Ärzten vertrauend, die stationäre psychosomatische Behandlung abgelehnt hat. Aus der - von der Ärztin K. festgestellten - Uneinsichtigkeit der Beklagten gegenüber der für notwendig gehaltenen Therapie mag die Weigerung aus ihrer Sicht entschuldbar gewesen sein. Deshalb und auch vor dem Hintergrund eines bisherigen disziplinarischen Unbescholtenheit und demnach (naturgemäß) auch dem Fehlen einer einschlägigen Vorwarnung ist trotz fehlender Rechtfertigungsgründe zu erwarten, dass der Ruhestandsbeamtin eine Gehaltskürzung im mittleren Bereich den drohenden Verlust ihrer Beamtenrechte für den Fall hinreichend deutlich macht, dass sie ihr Verhalten nicht ändern sollte (BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 39). Hinzu kommt der weitere Gehorsamsverstoß, Abbruch der Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit, der von seiner Gewichtigkeit jedoch gering ist und zudem dadurch erheblich abgeschwächt ist, dass die Beklagte im Vorfeld der Untersuchung - wenngleich ausgesprochen kurzfristig - auf ihr Problem hingewiesen hatte, bestimmte - intime - Themen mit Männern zu besprechen, was zudem durch das Attest vom14. März 2008 belegt war, und sich nach dem Gespräch mit Prof. Dr. W. am Nachmittag in ärztliche Behandlung begeben musste und sich ausweislich des Attestes vom 22. Juli 2012 in einer akuten Konfliktsituation befand, die medikamentös bewältigt werden musste. Der Gehorsamsverstoß spielt damit hinsichtlich der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme eine untergeordnete Rolle.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände erscheint dem Senat die Kürzung des Ruhegehalts (Art. 12 BayDG) auf die Dauer von zwei Jahren angemessen und geboten. Der Senat hat in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 21.3.2001 - 1 D 29/00 - ZBR 2001, 362 - juris Rn. 20) den Kürzungsumfang auf ein Zwanzigstel des Ruhegehalts festgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Senats (BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 39) gelten diese Grundsätze auch bei Ruhestandsbeamten.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 14. Januar 2014 wird gegen die Ruhestandsbeamtin auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts auf die Dauer von zwei Jahren um 1/20 erkannt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I. Die am 3. Januar 19... geborene Beklagte stand als Polizeiobermeisterin im Dienst des Klägers. Sie wurde am 3. Januar 2004 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums O. vom 16. November 2012 wurde sie mit Ablauf des Monats November wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, nachdem sie seit dem 15. Juni 2005 krankgeschrieben war (abgesehen von einem Arbeitsversuch in der Zeit vom 1.9.2005 bis 8.9.2005 und einem Wiedereingliederungsversuch in der Zeit vom 27.3.2006 bis 3.4.2006). Das gegen die Ruhestandsversetzung gerichtete Klageverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 29. Juli 2014 eingestellt (Verfahren M 5 K 13.1106).

Die Beklagte ist - mit Ausnahme des vorliegend vorgeworfenen Sachverhalts - weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.

II. Die Beklagte wurde am 1. Juli 2008 zur Überprüfung ihrer Dienst- und Verwendungsfähigkeit im I. Klinikum - Klinik T. (...) - psychiatrisch begutachtet. Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau K. kommt in ihrem psychiatrischen Gutachten vom 27. November 2008 zu dem Ergebnis, dass bei der Beamtin eine chronifizierte depressive Störung mit schweren Episoden (ICD-10 F 33, DSM IV 296.33) und einer erheblichen somatogenen Symptomatik vorliegt. Aus gutachterlicher Sicht sei die Beamtin nicht polizeidienstfähig und für eine Umschulung gesundheitlich nicht geeignet. Mit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest für den Innendienst sei nicht vor Ablauf eines Jahres zu rechnen. Aufgrund der Komplexität, der Schwere und der Dauer des Störungsbildes sei aus Sachverständigensicht eine stationäre Behandlung in einer psychotherapeutischen Behandlung indiziert, um mittelfristig eine begrenzte Dienstfähigkeit der Beamtin wiederherzustellen.

Frau Dr. K. vom Ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei teilte dem Polizeipräsidium O. (Polizeipräsidium) das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung mit Schreiben vom 22. Mai 2009 mit. Mit dem fachärztlichen Gutachten von Frau K. bestehe polizeiärztlicherseits hinsichtlich der Beurteilung der aktuellen Dienstfähigkeit und des empfohlenen weiteren Procedere Einverständnis. Nach polizeiärztlichem Dafürhalten solle der Beamtin auferlegt werden, sich einer nochmaligen stationären Behandlung in einer psychotherapeutischen (psychosomatischen) Fachklinik zu unterziehen und anschließend eine ambulante Psychotherapie durchzuführen.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2009 informierte das Polizeipräsidium O. (Polizeipräsidium) die Beklagte über das Ergebnis der fachärztlichen Begutachtung und fragte an, ob die Klägerin die indizierte psychotherapeutische Therapie mittlerweile durchgeführt habe bzw. ob eine entsprechende Behandlung konkret geplant sei.

Die Beklagte verneinte dies mit Schreiben vom 28. August 2009 und legte eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. M., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 13. August 2008 vor, aus der hervorgeht, dass sich bei der Beamtin trotz „diverser medikamentöser Behandlungsversuche und ambulanter Psychotherapien“ keine deutliche Besserung des Zustandsbildes habe einstellen können und dass aus psychiatrischer Sicht eine erneute stationäre psychotherapeutische Behandlung bei Chronifizierung und schlechter Prognose insgesamt nicht indiziert sei.

Das Polizeipräsidium ordnete daraufhin mit Schreiben vom 13. November 2009 den sofortigen Beginn einer stationären Therapiemaßnahme in einer geeigneten psychosomatischen Fachklinik an.

Die Beklagte legte hiergegen mit Schreiben vom 25. November 2009 Widerspruch ein und listete ihre bisherigen stationären Aufenthalte auf:

30.11.2005 - 21.12.2005

04.04.2006 - 30.06.2006

26.07.2006 - 10.08.2006

28.09.2006 - 15.12.2006

10.12.2006 - 11.12.2006

25.04.2007 - 01.06.2007

08.08.2007 - 29.08.2007

04.09.2007 - 02.11.2007

20.11.2007 - 14.12.2007

Klinikum B.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Psychosomatische Klinik R.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Schlaflabor der Asklepios Fachklinik G.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G.

Klinikum der Universität M., Psychiatrische Klinik

A.-Klinik S., Abt. f. Psychosomatische Medizin

Zu diesem Vortrag gab Frau Dr. K. vom polizeilichen Dienst in ihrer Stellungnahme vom 11. Januar 2010 zusammenfassend an, dass weder der stationäre Aufenthalt in der A.-Klinik noch der Aufenthalt in der Klinik R. hinsichtlich des damaligen Behandlungsverlaufs und -erfolgs bewertet werden könne, da die Beklagte weder dem polizeiärztlichen Dienst noch der Gutachterin Frau K. die Abschlussberichte zur Verfügung gestellt habe. Aus polizeiärztlicher Sicht werde das Gutachten von Frau Dr. K. nicht in Frage gestellt, d. h. eine mindestens 6-wöchige Therapie werde als sinnvoll und zumutbar angesehen.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2010 legte die Beklagte (nochmals) Widerspruch gegen die Anordnung der Therapie ein und wies darauf hin, dass aus psychiatrischer Sicht des behandelnden Arztes Dr. M. die stationären Maßnahmen ausgeschöpft seien.

Frau Dr. K. teilte hierzu am 17. Juni 2010 telefonisch mit, dass sie sich auf ihre Stellungnahme vom 11. Januar 2010 beziehe und die stationäre Therapie ein „absolutes Muss“ sei.

Mit Schreiben vom 18. August 2010 wurde die Beamtin nochmals unter Fristsetzung aufgefordert, die stationäre Maßnahme im Rahmen ihrer Gesunderhaltungspflicht anzutreten, andernfalls müsste sie mit disziplinaren Folgen rechnen.

Hiergegen legte die Beklagte mit Schreiben vom 19. August 2010 Widerspruch ein, der vom Kläger mit Schreiben vom 8. September 2010 mangels VA-Qualität der angefochtenen Anordnung als unstatthaft angesehen wurde. Hinsichtlich keiner der eingelegten Widersprüche erfolgte eine förmliche Widerspruchsentscheidung.

Die Beamtin legte in der Folge ein weiteres Attest von Dr. M. vom 19. November 2010 vor. Es habe keine Besserung des Zustandsbildes erzielt werden können. Die Behandlungsmaßnahmen inklusive der stationären seien ausgeschöpft.

Am 27. November 2010 beantragte die Beklagte bei der HUK-Coburg die Kostenübernahme für eine stationäre Psychotherapie. Ein aktuelles Einweisungsschreiben eines Psychiaters habe sie nicht. Grundlage sei das beiliegende Schreiben der Polizeiärztin vom 22. Mai 2009.

Die HUK-Coburg lehnte die Kostenübernahme mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 ab, da die Entscheidung, ob eine stationäre Therapie angeraten sei, im Rahmen der Privaten Krankenversicherung dem behandelnden Psychotherapeuten obliege. Ihrem Schreiben könne jedoch entnommen werden, dass eine stationäre Psychotherapie aktuell von ihrem Therapeuten gerade nicht befürwortet werde.

Auf Nachfrage teilte Frau Dr. K. von polizeiärztlichen Dienst mit E-Mail vom 23. Dezember 2010 mit, dass sie eine stationäre Therapie nach wie vor für notwendig erachte.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2011 wurde die Beklagte aufgefordert, bis zum 1. März 2011 eine stationäre Therapie in einer psychosomatischen Klinik anzutreten. Sollte bis zum 1. März 2011 kein Nachweis über den Antritt einer stationären Behandlung in einer psychosomatischen Klinik vorliegen, müssten disziplinare Maßnahmen eingeleitet werden.

Nachdem die Beamtin der Aufforderung nicht nachkam und sich weigerte, eine stationäre Therapie anzutreten, entschied das Polizeipräsidium Anfang Mai 2012 nach Rücksprache mit dem polizeiärztlichen Dienst, eine externe Begutachtung durch das M.-...-Institut für Psychiatrie zur Überprüfung der aktuellen Dienstfähigkeit zu veranlassen.

Hierüber wurde die Beklagte mit Schreiben vom 9. Mai 2012 informiert. Mit Schreiben vom 5. Juli 2012 wurde die Beamtin gebeten, sich am Dienstag, 17. Juli 2012 und Mittwoch, 18. Juli 2012, jeweils 8.00 Uhr, beim M.-Institut für Psychiatrie zur externen Begutachtung vorzustellen.

Die Beklagte legte mit Telefax vom 16. Juli 2012, 17 Uhr, ein ärztliches Attest von Dr. M. vom 14. März 2008 vor. Sie sei nicht in der Lage die „schuld- und schambesetzten Themen“ gegenüber Männern anzusprechen. Dem solle bei der Begutachtung Rechnung getragen werden.

Der Kläger leitete das Telefax mit Schreiben mit E-Mail vom 16. Juli 2012 einschließlich des Attestes an Prof. Dr. W., Leiter der Gutachtensstelle des M.-...-Instituts für Psychiatrie, weiter.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2012 teilte Prof. Dr. W. mit, dass sich die Beamtin zwar pünktlich zu dem am 17. Juli 2012 anberaumten Untersuchungstermin eingefunden habe, jedoch eine Mitwirkung an der Untersuchung unter Hinweis auf das fachärztliche Attest von Dr. M. abgelehnt habe, nachdem er ihr im Vorbereitungsgespräch eröffnet habe, dass er als Leiter der Gutachtensstelle zur unabhängigen Urteilsbildung verpflichtet sei und daher alle inhaltlich und medizinisch relevanten Fragen persönlich mit ihr besprechen müsse.

Mit Schreiben vom 7. August 2012 trägt die Beklagte vor, sie habe den Untersuchungstermin nicht grundlos abgebrochen und legt zum einem ein Attest von Dr. H., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 22. Juli 2012 und eine fachärztliche Stellungnahme vom 23. Juli 2012 von Dr. M. vor. Aus dem Attest von Dr. H. ergibt sich, dass die Beamtin am 17. Juli 2012 in seiner Praxis vorstellig geworden sei und von einer für sie negativen, sehr belastenden Begegnung mit Ärzten des M.-Instituts berichtet habe. Die Beamtin habe sich in einer akuten Konfliktsituation befunden, die durch verbale Intervention und subcutaner Gabe eines Medikaments normalisiert habe werden können. Nach der fachärztlichen Stellungnahme von Dr. M. befindet sich die Beklagte seit dem 10. Januar 2008 in seiner regelmäßigen psychiatrischen Behandlung. Diagnostisch lägen eine rezidivierende depressive Störung sowie eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Im bisherigen Behandlungszeitraum habe sich keine Besserung des Zustandsbildes einstellen können. Im Falle einer angeordneten Begutachtung werde dringend angeraten, diese durch eine weibliche Gutachterin durchführen zu lassen. Ansonsten wäre von einer weiteren Gefährdung des Gesundheitszustands auszugehen. Allein der Versuch den für den 17. Juli 2012 anberaumten Termin bei zwei männlichen Psychiatern wahrzunehmen, habe zu einer erneuten depressiven Dekompensation geführt.

III. Mit Vermerk vom 17. Juli 2012 leitete das Polizeipräsidium gegen die Beklagte wegen ihrer Weigerung, sich einer stationären Therapie zu unterziehen und wegen des Abbruchs des Untersuchungstermins am 17. Juli 2012 ein Disziplinarverfahren ein. Die Beklagte wurde jeweils nach Art. 22 Abs. 1 BayDG über ihre Rechte sowie die Möglichkeit der Beteiligung der Personalvertretung belehrt.

Am 22. Mai 2013 erhob das Polizeipräsidium M. - Disziplinarbehörde - Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, der Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Kläger wirft der Klägerin vor, gegen die Gehorsams- und Gesunderhaltungspflicht verstoßen zu haben:

1. Die Beklagte sei am 1. Juli 2008 zur Überprüfung ihrer Dienst- und Verwendungsmöglichkeit im Bezirkskrankenhaus T./... psychiatrisch begutachtet worden. Nach dem fachärztlichen Gutachten vom 27. November 2008 sei die Beklagte zum Untersuchungszeitpunkt vorübergehend nicht polizeidienstfähig und zudem nicht für den Innen- und Verwaltungsdienst geeignet gewesen. Eine dauernde Dienstunfähigkeit habe nach der gutachterlichen Beurteilung noch nicht vorgelegen, zur Wiederherstellung einer - zumindest begrenzten - Dienstfähigkeit sei aus der Sachverständigensicht eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik indiziert.

Mit Schreiben vom 13. November 2009 sei daher die Durchführung einer stationären Therapiemaßnahme in einer geeigneten psychosomatischen Fachklinik angeordnet und ausdrücklich auf die bestehende Gehorsams- und Gesunderhaltungspflicht hingewiesen worden. Obwohl die Beklagte in der Folgezeit wiederholt (Schreiben des Polizeipräsidiums O. vom 13.8.2010, 8.9.2010, 22.9.2010, 28.10.2010, 28.10.2010, 6.12.2010, 20.12.2010 und 12.1.2011) zur Durchführung der stationären Therapie aufgefordert und auch mehrfach ausdrücklich auf ihre Gesunderhaltungspflicht und die Folgen eines Verstoßes gegen dieselbe belehrt worden sei, habe sie bis dato die medizinisch indizierte Therapiemaßnahme verweigert und infolgedessen ihre Dienstfähigkeit nicht wiedererlangt.

2. Die Beklagte sei mit Schreiben vom 5. Juli 2007 aufgefordert worden, sich zur Überprüfung der Dienst- und Verwendungsmöglichkeit am 17. Juli und 18. Juli 2012 einer externen Begutachtung im M.-Institut für Psychiatrie zu unterziehen. Sie sei explizit darauf hingewiesen worden, dass die Verweigerung der Untersuchung ein Dienstvergehen darstelle.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2012 habe der Leiter der Gutachtenstelle des M.-Instituts, Prof. Dr. W., mitgeteilt, dass die Beklagte zwar pünktlich zu dem anberaumten Begutachtungstermin erschienen sei, jedoch eine Mitwirkung an der Untersuchung abgelehnt habe, nachdem ihr Prof. Dr. W. im Vorbereitungsgespräch eröffnet habe, dass er als Leiter der Gutachtensstelle zur unabhängigen Urteilsbildung verpflichtet sei und daher auch alle für die Fragestellung inhaltlich und medizinisch relevanten Fragen persönlich mit der Beklagten besprechen müsse. Sie habe ihre Ablehnung mit einem Attest des behandelnden Facharztes Dr. M. vom 14. März 2008 begründet, wonach eine Diskussion „schuld- und schambesetzter“ Themen mit männlichen Untersuchern eine Retraumatisierung hervorrufen könne.

IV. Mit Urteil vom 14. Januar 2014 hat das Verwaltungsgericht der Beklagten das Ruhegehalt aberkannt.

Ein Beamter müsse seinem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen, er habe diese zu erhalten und sie im Falle der Dienstunfähigkeit schnellstmöglich wiederherzustellen. Dabei habe er den Vorschlägen der Ärzte, insbesondere dem Vorschlag des Polizeiarztes zu folgen.

Die Beklagte leide mindestens seit der fachärztlichen Begutachtung im November 2008 an psychosomatischen Beschwerden, die ihr eine Dienstleistung nicht ermöglichten. Die externe Gutachterin und der polizeiliche Dienst sähen in einer stationären Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik die Möglichkeit, die Dienstfähigkeit zumindest teilweise wiederherzustellen. Die Beklagte habe eine solche Behandlung nicht verweigern dürfen. Sie habe sich dazu entschieden, sich auf die medikamentöse Behandlung durch ihren Psychiater zu verlassen. Auf die notwendige Behandlung ihrer psychosomatischen Problematik habe sei seit Januar 2008 verzichtet. Diese Entscheidung der Beklagten könne aber nicht zur Folge haben, dass der Dienstherr an seiner Pflicht zur lebenslangen Alimentation festgehalten werden müsse. Auch der Allgemeinheit (d. h. dem Steuerzahler) sei es nicht zu vermitteln, dass eine junge Beamtin kurz nach ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit es beharrlich ablehne, zumutbare Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit durchzuführen. Dies gelte auch für die Ablehnung der Mitwirkung an einer erneuten fachärztlichen Begutachtung.

Das Dienstvergehen der Beklagten wiege schwer. Sie habe ihre Kernpflichten verletzt. Die Beklagte wolle alimentiert werden, ohne ihrerseits ihre zumutbaren Pflichten zu erfüllen. Dies laufe dem Beamtenverhältnis, das ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis sei, diametral zuwider. Rechtsfertigungsgründe stünden der Beklagten nicht zur Seite. Sie habe vielmehr ihre leicht einsehbaren Kernpflichten bewusst und gewollt und über einen langen Zeitraum hinweg verletzt. Einem solchen Beamten könnten der Dienstherr, die Allgemeinheit und die Kollegen kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Die Basis für ein Dienst- und Treueverhältnis sei zerstört und das Vertrauen endgültig verloren. Die Beklagte müsse daher - sollte sie ihren aktiven Beamtenstatus wieder erlangen - aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Bei ihrem derzeitigen Status als Ruhestandsbeamtin sei ihr das Ruhegehalt abzuerkennen.

V. Mit der gegen die Entscheidung eingelegten Berufung beantragt die Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie habe nicht gegen ihre Gesunderhaltungspflicht verstoßen. Sie verweist auf die bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen, die eine Einweisung in eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik ablehnten. Neben den bereits im Disziplinarverfahren vorgelegten Atteste bzw. fachärztlichen Stellungnahmen handele es sich um folgende ärztliche Stellungnahmen bzw. Bescheinigungen:

Dr. M. habe der HUK-Coburg unter dem 1. Februar 2011 mitgeteilt, dass sich die Beklagte seit 10. Januar 2008 in seiner regelmäßigen psychiatrischen Behandlung befinde. In den Jahren 2006 und 2008 seien insgesamt drei stationär-psychiatrische Behandlungsversuche an der Klinik G... sowie an der Universitätsklinik M., Psychiatrische Klinik, durchgeführt worden. Zweimalige stationär-psychosomatische Behandlungsmaßnahmen seien an der Psychosomatischen Klinik R. sowie an der Klinik A. durchgeführt worden. Eine ambulante Psychotherapie habe nach erlebter Retraumatisierung mit Verschlechterung der Symptomatik im Jahre 2008 abgebrochen werden müssen. Bei erfolglos eingesetzten stationär-psychosomatischen Maßnahmen sowie einer als Retraumatisierung mit Verschlechterung erlebten ambulanten Psychotherapie sei ein erneuter Versuch einer ambulanten/stationär-psychosomatischen Behandlung nicht indiziert.

Nach einer fachärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 7. Dezember 2009 sei aus psychiatrischer Sicht bei ausgeschöpften stationären Maßnahmen eine erneute stationäre Behandlung nicht indiziert.

Mit Schreiben vom 14. März 2008 habe Dr. M. bei der Beklagten eine rezidivierende depressive Störung, sowie eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Die posttraumatische Belastungsstörung habe sich auf der Basis wiederholter, auch sexueller Traumatisierungen entwickelt. Diese zu thematisieren stelle für die weiterhin instabile Beamtin aus psychiatrischer Sicht derzeit noch eine unüberwindliche Hürde dar. Insbesondere Männern gegenüber sei die Beklagte nicht in der Lage, die schuld- und schambesetzen Themen anzusprechen. Dies käme zum derzeitigen Stand einer Retraumatisierung gleich.

Herr Dr. H., Facharzt für Allgemeinmedizin, weise mit Attest vom 4. Juni 2013 darauf hin, dass die von ihm bereits langjährig betreute Beamtin am 17. Juli 2012 im Rahmen einer hausärztlich-allgemeinmedizinischen Notfallbehandlung, bei einer ausgeprägten psychovegetativen Entgleisung behandelt worden sei.

Eine stationäre Behandlung sei nicht zumutbar. Die Ablehnung einer Einweisung in die stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik beruhe nicht auf einer eigenen Einschätzung, sondern auf fachärztlichen Stellungnahmen. Die Beklagte habe stationär mehrere Psychotherapien gemacht. Dabei sei die Erfahrung gemacht worden, dass es keinen Unterschied zwischen psychiatrischen und psychosomatischen Therapien gebe. Den geforderten Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik habe die Beklagte zweimal absolviert. Die geringe Aufenthaltsdauer ergebe sich daraus, dass die Beklagte bei ihrer Krankenversicherung nur 30 Tage pro Jahr für diesen Zweck versichert sei. Hieraus sei wiederum ersichtlich, dass die Beklagte auch mit Kostenübernahme durch ihre Krankenversicherung die geforderten sechs Wochen ohne zusätzliche Kostenübernahme durch den Freistaat Bayern nicht erreicht hätte. Aus diesem Umstand ergebe sich auch der längere Aufenthalt in der Psychiatrie statt in der psychosomatischen Klinik. Das Verwaltungsgericht habe den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unrichtig angewandt. Die Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere der subjektiven Seite, zeige, dass von der disziplinaren Höchstmaßnahme abzusehen sei. Zu ihren Gunsten sei zu werten, dass sie bislang zu keinem Zeitpunkt disziplinarisch in Erscheinung getreten sei. Weiterhin befinde sie sich in fortwährender fachmedizinischer bzw. fachärztlicher Behandlung und habe stets Stellungnahmen ihrer Fachärzte vorgelegt, welche eine Einweisung in einer stationären Behandlung abgelehnt hätten. Fachlich fundierte Zweifel an diesen Stellungnahmen gebe es nicht. Zusätzlich sei festzuhalten, dass auch ihre Krankenkasse aufgrund der fehlenden fachärztlichen Einweisung eine Kostenübernahme abgelehnt habe. Die Disziplinarbehörde habe verkannt, dass die amtsärztliche Befürwortung einer stationären Behandlung es nicht vermöge, eine fehlende fachärztliche Einweisung zu ersetzen. Die Beklagte habe auf ihre Fachärzte vertrauen können und dürfen. Verhältnismäßig sei allenfalls eine Gehaltskürzung im untersten Bereich.

Der Kläger beantragt am 4. März 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe seit Januar 2008 verzichtet, die notwendigen Behandlungen hinsichtlich der Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit durchführen zu lassen. Sie habe sich vielmehr allein auf die Einschätzung ihrer Privatärzte verlassen, ohne die Meinung des polizeiärztlichen Dienstes zu befolgen. Ein Beamter sei aufgrund seiner Gesunderhaltungspflicht verpflichtet, alles ihm Mögliche zu unternehmen, um seine Dienstfähigkeit wieder herzustellen. In diesem Zusammenhang habe er auf die Vorschläge der behandelnden Ärzte, des Dienstvorgesetzten und des Amtsarztes wegen deren Sachkunde auch dann einzugehen, wenn er der Auffassung sei, noch ohne eine stationäre Behandlung auskommen zu können. Es werde nicht bestritten, dass die Beklagte mehrere Psychotherapien durchgeführt habe. Nur sei die seitens des Polizeipräsidiums O. mehrfach angeordnete, dringend notwendige Therapie über Jahre hinweg nicht durchgeführt worden. Die Ausführungen, die Kostenübernahme sei nicht ausreichend durch die Krankenversicherung der Beklagten gesichert gewesen, könnten ebenfalls nicht überzeugen. Die Beklagte habe die Möglichkeit, eine Erhöhung des Beihilfesatzes zur weitgehenden Kostenübernahme der stationären Behandlung bei der Beihilfestelle zu beantragen. Ggf. sei die Kostenübernahme auch durch den Dienstherrn möglich. Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei nicht ersichtlich. Die Beklagte werde eine ihr angeordnete Therapie auch in Zukunft nicht antreten. Sie selbst vertraue auf Empfehlungen des Privatarztes und empfinde eine Therapie als nicht notwendig. Jedoch berechtige ein fehlerhaftes oder als ungerecht empfundenes Verhalten (Therapieanordnung) des Dienstherrn nicht zum Ungehorsam. Die Beamtin habe vielmehr den Weisungen nachzukommen und hinsichtlich der Klärung der Dienstfähigkeit mitzuwirken.

Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 12. März 2014 ein Attest des Universitätsklinikums G... vom 20. Februar 2014 und ein Attest von Dr. H. vom 28. Februar 2014 vor, aus denen sich ergibt, dass eine ambulante Therapie derzeit ausreichend zu sein scheine bzw. weitere Therapieansätze im Sinne einer stationären Behandlung als nicht zielführend im Sinne einer möglichen Heilung abzulehnen seien. Mit Schreiben vom 2. April 2014 legte sie ein Attest von Dr. T. vom 27. März 2013 vor, wonach eine stationäre Behandlung aktuell aufgrund der bestehenden Instabilität nicht indiziert sei.

Der Kläger führte hierzu unter dem 6. Mai 2014 aus, dass nach polizeiärztlicher Beurteilung in keinem der vorgelegten ärztlichen Schreiben nachvollziehbar begründet oder gar belegt sei, dass eine stationäre Behandlung derzeit medizinisch nicht indiziert sei. Nach polizeiärztlichen Dafürhalten könne eine Verbesserung des Gesundheitszustands allenfalls noch von einer erneuten stationären Therapiemaßnahme erwartet werden, nicht hingegen von den von der Beklagten durchgeführten ambulanten Behandlungsmaßnahmen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten (Personalakt in 5 Bänden, 1 Disziplinarakte, 1 Vorgang „Ärztliche Unterlagen“) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. In Abänderung der Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2014 wird gegen die Beklagte auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts um 1/20 auf die Dauer von zwei Jahren erkannt.

I. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II. Der Senat sieht - unter Zugrundelegung der Disziplinarklage vom 22. Mai 2013 - den im Tatbestand unter II. dargestellten Sachverhalt als erwiesen an. Die Beamtin hat den äußeren Sachverhalt im Disziplinarverfahren und im Gerichtsverfahren nicht bestritten.

Damit steht fest, dass die Beklagte entgegen der Anordnungen vom 13. November 2009, 18. August 2010 und 12. Januar 2011 keine stationäre psychosomatische Behandlung angetreten bzw. sich einer solchen unterzogen hat und die Untersuchung ihrer Dienstfähigkeit im Rahmen einer externen Begutachtung im M.-Institut für Psychiatrie am 17. Juli 2012 durch deren vorzeitigen Abbruch vereitelt hat.

III. Durch die ihr zur Last gelegte Taten hat die Beklagte ein einheitliches Dienstvergehens im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen.

1. Mit der Weigerung, sich der polizeiärztlich für erforderlich gehaltenen 6-wöchigen stationären psychosomatischen Therapie zu unterziehen, hat die Beklagte gegen ihre Gesunderhaltungspflicht verstoßen.

Eine ausdrückliche Regelung über die Gesunderhaltungspflicht und deren Grenzen enthält das Beamtenstatusgesetz nicht. Eine grundsätzliche Pflicht zur Gesunderhaltung kann jedoch aus der Pflicht zum vollen Einsatz im Beruf hergeleitet werden (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2015, § 34 BeamtStG Rn. 83 mit weiteren Nachweisen; BVerfG, B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 - juris Rn. 34). Die Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf umfasst das Bemühen, die Gesundheit so weit zu bewahren, dass die Fähigkeit zur Dienstleistung nicht schuldhaft eingeschränkt oder aufgehoben wird. Der gesunde Beamte ist danach verpflichtet, seine volle Dienstfähigkeit und damit seine Arbeitskraft im Interesse des Dienstherrn nach Möglichkeit zu bewahren und, soweit sie eingeschränkt oder aufgehoben ist, nach Möglichkeit wieder zu erlangen (vgl. BVerwG, U. v. 10.1.1980 - 1 D 56/79 - BVerwGE 63, 327 - juris Rn. 17; BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 34).

Dies setzt ggf. auch voraus, sich zur Erhaltung oder Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit einer zumutbaren Heilbehandlung zu unterziehen. Ob sie zumutbar ist, kann nicht grundsätzlich, sondern nur nach Maßgabe der konkreten Umstände des Einzelfalles beantwortet werden (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2015, § 34 BeamtStG Rn. 97; BVerwG, B. v. 9.5.1990 - 2 B 8.90 - ZBR 1990, 261 - juris). Maßgebend ist dabei, welche Erfolgsaussichten die jeweils in Frage kommende Behandlung bietet und welche Kosten, Belastungen und Risiken mit ihr verbunden sind. Insoweit hat eine umfangreiche Abwägung aller Umstände zu erfolgen (vgl. BVerwG, U. v. 26.7.1983 - 1 D 98.82 - BVerwGE 76, 103 - juris).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze erscheint die stationäre psychosomatische Behandlung zumutbar. Nach dem psychiatrischen Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K. vom I. -...-Klinikum vom 27. November 2008 konnte bislang keine durchgreifende und anhaltende Besserung der depressiven Symptomatik und der Schmerzproblematik sowie der angegebenen posttraumatischen Erlebniswelten erzielt werden, obwohl sich die Beklagte seit 2006 (bis 2007) mehrmonatigen Behandlungen in verschiedenen psychiatrischen Kliniken mit unterschiedlichen Antidepressiva aber auch psychotherapeutischen Interventionen ergänzt von ambulanten Maßnahmen unterzogen habe. Die Ärztin hält es für möglich, dass sich die Beklagte mit ihrem erheblichen Misstrauen und der eingeschränkten Offenheit bisher nicht ausreichend auf therapeutische Prozesse habe einlassen können, obwohl sie durchaus über die intellektuellen Möglichkeiten verfüge, um von therapeutischen Maßnahmen profitieren zu können. Die Ärztin verspricht sich von einer ausreichend langen stationären und nachfolgend ambulanten Behandlung eine mittelfristige Stabilisierung. Es erscheine zwar momentan unrealistisch, dass die Beamtin den körperlichen und psychischen Anforderungen im Außendienst sowie belastenden Ereignissen wie dem Einsatz bei Suiziden werde standhalten können. Prinzipiell sollte jedoch mittelfristig der polizeiliche Innendienst wieder leistbar sein können. Die Polizeiärztin Dr. K. hat sich dieser Einschätzung angeschlossen und hält eine mindestens 6-wöchtige Therapie für sinnvoll und zumutbar.

Dieser Einschätzung stehen die von der Beklagten vorgelegten privatärztlichen Bescheinigungen nicht entgegen. Die ärztlichen Bescheinigungen ihres behandelnden Arztes Dr. M., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 14. März 2008, 7. Dezember 2009, 13. August 2009, 19. November 2010 und 1. Februar 2011 sind nicht geeignet, die Empfehlungen des polizeiärztlichen Dienstes zu erschüttern. Sie erschöpfen sich in der Aussage, aus psychiatrischer Sicht sei bei ausgeschöpften stationären Maßnahmen eine erneute stationäre Behandlung nicht indiziert, die damit begründet wird, dass bisher insgesamt drei stationär-psychiatrische und zwei stationär-psychosomatische Behandlungsversuche erfolglos gewesen seien und eine ambulante Psychotherapie mit Verschlechterung der Symptomatik im Jahr 2008 habe abgebrochen werden müssen. Es finden sich keine Erklärungen für die Erfolglosigkeit der bisherigen stationären Aufenthalte der Beklagten bzw. für den Abbruch der ambulanten Therapie. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem wesentlichen Beweggrund für die vorgeschlagene (erneute) stationäre psychosomatische Behandlung, nämlich das „erhebliche Misstrauen“ und die „eingeschränkte Offenheit“ der Beklagten für therapeutische Prozesse, lassen die ärztlichen Stellungnahmen missen. Die privatärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. sind damit nicht geeignet, das amtsärztliche Gutachten bzw. das von der beigezogenen Fachärztin erstellte Gutachten zu entkräften. Gleiches gilt für die ärztliche Einschätzung von Dr. H., der in seinem Attest vom 28. Februar 2014 Therapieansätze im Sinne einer stationären Behandlung im Hinblick auf die bereits vielfach stattgehabten Aufenthalte als nicht zielführend im Sinne einer möglichen Heilung ablehnt und - ohne weitere Begründung - davon ausgeht, die aktuell erreichte, zwar reduzierte aber leidlich stabile Lebensqualität der Beamten werde durch eine solche Maßnahme erheblich gefährdet. Auch hier fehlt die substantiierte Auseinandersetzung mit der Einschätzung der Polizeiärztin.

Auch die von der Beklagten im Berufungsverfahren weiter vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen entkräften die polizeiärztliche Einschätzung nicht. Der Bericht des Universitätsklinikums G... vom 20. Februar 2014 und das Attest von Dr. T. vom 27. März 2014 verhalten sich nicht zum hier maßgeblichen Zeitraum von der erstmaligen Aufforderung, sich der Therapie zu unterziehen, bis zur Erhebung der Disziplinarklage, sondern geben lediglich eine Momentaufnahme bezogen auf den Zeitpunkt des Berichts bzw. des Attestes wieder, wenn eine ambulante Therapie derzeit ausreichend erscheine bzw. eine stationäre psychosomatische Behandlung aktuell aufgrund der bestehenden psychophysischen Instabilität nicht indiziert sei.

Eine erneute stationäre Behandlung erscheint im Übrigen auch vor dem Hintergrund angezeigt, als sich die Beamtin nach Angaben von Dr. M. seit 2008 in seiner psychiatrischer Behandlung befindet, ohne dass sich eine erkennbare Besserung bezüglich ihrer Dienstfähigkeit erkennen lässt, zumal Dr. M. im Rahmen der psychiatrischen Therapie das Hauptaugenmerk auf die medikamentöse Behandlung und nicht auf eine Psychotherapie legt, die von der Polizeiärztin für erforderlich gehalten wird. Soweit sich die Beamtin flankierend zu ihrer medikamentösen Behandlung bei der Dipl.-Psychologin T. einer Psychotherapie unterzieht, vermag dies die für erforderlich gehaltene stationäre psychosomatische Behandlung nicht zu ersetzen, zumal diese Therapie nicht in dem hier maßgeblichen Zeitraum absolviert worden ist.

Es ist des Weiteren nicht erkennbar, dass durch die angeordnete Behandlung gesundheitliche Risiken für die Beamtin gegeben wären, zumal sich die Beklagte in der Vergangenheit wiederholt freiwillig stationären psychiatrischen und psychosomatischen Behandlungen unterzogen hat. Aus dem Umstand, dass im Jahre 2008 eine ambulante Psychotherapie abgebrochen werden musste, lässt sich nicht schließen, dass dies später in einer anderen Einrichtung mit anderen Ärzten auch geschehen könnte, zumal sich die Beamtin frei entscheiden kann, in welche Fachklinik sie sich begibt und ob dort ihren Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann. Nicht zuletzt bestehen auch in finanzieller Hinsicht keine Bedenken gegen die Anordnung einer solchen Maßnahme, da die Beklagte zum einem privat versichert und zum anderen als Ruhestandsbeamtin beihilfeberechtigt ist. Hinsichtlich etwaiger nicht abgedeckter Kosten bestünde die Möglichkeit nach § 46 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayBhV eine Erhöhung des Beihilfesatzes zu beantragen und im Falle einer immer noch bestehenden Unterdeckung an den Dienstherrn heranzutreten, der sowohl im Disziplinarverfahren als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte, die (dann immer noch) nicht gedeckten Kosten zu übernehmen.

Es liegt schließlich auch kein ungerechtfertigter Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerin vor. Wie bereits oben dargelegt, ist ein Beamter verpflichtet, sich einer zumutbaren Heilbehandlung zu unterziehen. Im Widerstreit stehen hier das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG und die in den Art. 33 Abs. 5 GG grundgesetzlich verankerten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Bei der hier gegebenen Kollision zweier Grundrechtsnormen, die einerseits ein Recht geben und andererseits eine Pflicht auferlegen, ist für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines staatlichen Eingriffs eine nach dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip vorzunehmende Abwägung entscheidend. Die Anordnung des Dienstherrn ist danach dann als verfassungsgemäß anzusehen, wenn das besondere dienstliche Interesse für die Anordnung den dadurch bewirkten Eingriff in die Grundrechte des Beamten rechtfertigt, wobei das auf Art. 33 Abs. 5 GG beruhende Beamtenrecht den Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG ausfüllt (vgl. BVerwG, B. v. 9.5.1990 - 2 B 48.90 - ZBR 1990, 261 - juris 3; BVerfG, U. v. 5.5.2015 - 2 BvL 17/09 u. a. - ZBR 2015, 250 - juris Rn. 123).

Nach diesen Grundsätzen besteht unter Berücksichtigung der 7 Jahre lang andauernden Dienstunfähigkeit und der bisher ersichtlich nicht erfolgreichen Therapieansätze kein Zweifel daran, dass eine 6-wöchige stationäre psychosomatische Behandlung eine angemessene Maßnahme zur möglichen (teilweisen) Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft darstellt, die auch zumutbar ist (vgl. BVerwG, U. v. 26.7.1983 - 1 D 98/82 - BVerwGE 76, 103 - juris Rn. 18; sich anschließend: BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 35) und den Grundrechtseingriff damit rechtfertigt.

Es steht für den Senat fest, dass die Ruhestandsbeamtin schuldhaft keine geeigneten Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer vollen Dienstfähigkeit ergriffen hat. Von ihr wird das Erkennen der Forderung des Dienstherrn, eine Therapie durchzuführen, verlangt und zwar unabhängig davon, ob sie eine solche Behandlung für sich selbst für nötig hält oder nicht. Für die Beklagte war erkennbar, dass sie ohne entsprechende Schritte nicht mehr sachgerecht eingesetzt werden konnte. Indem sie dennoch die Durchführung einer stationären psychosomatischen Therapie unterließ, nahm sie die Folge dieser pflichtwidrigen Weigerung, den Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit, in Kauf. Der Senat hält es damit für erwiesen, dass die Ruhestandsbeamtin vorsätzlich, zurechenbar und ohne Rechtfertigung die Durchführung einer stationären Behandlung, die auch für sie zumutbar war, verweigert hat.

Mit der Weigerung, die ärztlicherseits für erforderlich gehaltene und zumutbare stationäre psychosomatische Therapie anzutreten, hat die Beklagte zugleich gegen ihre Pflicht, dienstliche Anweisungen zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen. Der Gehorsamsverstoß war nicht schon deshalb rechtlich unbeachtlich, weil die Beklagte gegen die Anordnungen, eine stationäre Therapie anzutreten, Widerspruch eingelegt hat. Diesen Widersprüchen kam keine aufschiebende Wirkung im Sinne von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil es sich bei den Anordnungen mangels Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt handelte (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, U. v. 26.4.2012 - 2 C 17/10 - ZBR 2013, 128 - juris Rn. 15; BayVGH, B. v. 22.9.2015 - 3 CE 15.1042 - juris Rn. 22). Die Beamtin ist wiederholt auf die Gehorsamspflicht und etwaige disziplinare Folgen einer Weigerung hingewiesen worden, so dass der Senat insofern von einem vorsätzlichen Verstoß ausgeht.

2. Mit dem Abbruch der Untersuchung ihrer Dienstfähigkeit am 17. Juli 2012 hat die Beklagte ebenfalls gegen ihre Pflicht, dienstliche Anweisungen zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen. Auch insoweit liegt ein vorsätzlicher Weisungsverstoß vor.

IV. Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der sich nach § 47 Abs. 1 BeamtStG ergibt, einheitlich zu würdigen.

Das einheitliche Dienstvergehen führt zur Kürzung der Ruhestandsbezüge der Beklagten gemäß Art. 12 BayDG auf die Dauer von zwei Jahren um ein Zwanzigstel. Der Ausspruch dieser Maßnahme ist im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkung auf das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit der Beamtin zur Überzeugung des Senats zur Ahndung des Dienstvergehens ausreichend, aber auch erforderlich.

1. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 21, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 50).

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

Bei der Bemessung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme hatte der Senat zu berücksichtigen, dass es bei der zur Beurteilung stehenden Dienstverfehlung kein Regelmaß gibt, sondern stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind.

a. Die schwerste Dienstpflichtverletzung stellt vorliegend die Weigerung der Beamtin, sich einer stationären psychosomatischen Behandlung zu unterziehen, dar.

Das der Beklagten vorgehaltene Dienstvergehen wiegt schwer. Die Treuepflicht und die Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz sowie zur Befolgung von Weisungen gebieten es dem Beamten, dem Dienstherrn seine ganze Arbeitskraft zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zur Verfügung zu stellen, demgemäß diese Arbeitskraft auch voll zu erhalten bzw. alles zur unverzüglichen Wiederherstellung zu tun.

Die Beamtin hat vorsätzlich gegen ihre Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf verstoßen und ein schweres Dienstvergehen begangen.

Die Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit als Voraussetzung für die Erfüllung der ihr nach dem Beamtenverhältnis obliegenden Pflichten ist auf dessen Substanz von erheblichen Einfluss: Ohne körperlich und geistig jederzeit voll einsetzbare Mitarbeiter ist die Verwaltung außerstande, die ihr im Interesse der Allgemeinheit auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen. Die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ist durch körperlich bzw. geistig oder seelisch nicht oder nur beschränkt einsetzbare Beamte gefährdet. Das ist jedem Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bekannt. Die schuldhafte Weigerung, die Dienstfähigkeit zu erhalten oder im gegebenen Fall durch zumutbare Maßnahmen wiederherzustellen, stellt daher eine Pflichtverletzung mit erheblichem disziplinaren Gewicht dar. Das muss jedenfalls gelten, wenn dienstliche Auswirkungen einer solchen Pflichtverletzung, wie hier die dauernde Dienstunfähigkeit, eingetreten sind. Hierin wird nicht nur ein Element der Dienstvergehensqualität, sondern zugleich auch die dienstrechtliche Schwere einer entsprechenden Pflichtverletzung offenbar.

Der Vorwurf wiegt jedoch nicht so schwer, dass er die disziplinare Höchstmaßnahme rechtfertigt. Denn dabei kann nicht außer Acht bleiben, dass sich die Beklagte bereits vor der entsprechenden Anordnung erfolglos einer stationären Behandlung unterzogen hat und sich mit ihrer Weigerung auf eine entsprechende Einschätzung ihres Therapeuten stützen konnte (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2006 - 16a D 05.1837 - juris Rn. 37/39).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 26.7.1983 - 1 D 98/82 - BVerwGE 76, 103 - juris Rn. 16) muss für den Fall, dass der Beamte (Ruhestandsbeamte) sich einer zumutbaren Behandlung nicht stellt, weil es für ihn keine Motivation der Behandlung gibt, und er es vielmehr darauf anlegt, ohne weitere Dienstleistung den Ruhestand zu erreichen (bzw. ihn sich zu erhalten), die fehlende Motivation geschaffen werden. Sie wird erreicht durch eine Disziplinarmaßnahme, die dem Beamten (Ruhestandsbeamten) deutlich macht, dass er Gefahr läuft, seine Beamtenrechte zu verlieren, wenn er weiterhin die Belange des Dienstherrn ignoriert.

Auf den hier konkret zu entscheidenden Fall angewendet bedeutet das:

Die Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere der subjektiven Seite, lässt es vertretbar erscheinen, gegenwärtig von der disziplinaren Höchstmaßnahme abzusehen. Zugunsten der Ruhestandsbeamtin kann gewertet werden, dass sie auf ihre behandelnden Ärzten vertrauend, die stationäre psychosomatische Behandlung abgelehnt hat. Aus der - von der Ärztin K. festgestellten - Uneinsichtigkeit der Beklagten gegenüber der für notwendig gehaltenen Therapie mag die Weigerung aus ihrer Sicht entschuldbar gewesen sein. Deshalb und auch vor dem Hintergrund eines bisherigen disziplinarischen Unbescholtenheit und demnach (naturgemäß) auch dem Fehlen einer einschlägigen Vorwarnung ist trotz fehlender Rechtfertigungsgründe zu erwarten, dass der Ruhestandsbeamtin eine Gehaltskürzung im mittleren Bereich den drohenden Verlust ihrer Beamtenrechte für den Fall hinreichend deutlich macht, dass sie ihr Verhalten nicht ändern sollte (BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 39). Hinzu kommt der weitere Gehorsamsverstoß, Abbruch der Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit, der von seiner Gewichtigkeit jedoch gering ist und zudem dadurch erheblich abgeschwächt ist, dass die Beklagte im Vorfeld der Untersuchung - wenngleich ausgesprochen kurzfristig - auf ihr Problem hingewiesen hatte, bestimmte - intime - Themen mit Männern zu besprechen, was zudem durch das Attest vom14. März 2008 belegt war, und sich nach dem Gespräch mit Prof. Dr. W. am Nachmittag in ärztliche Behandlung begeben musste und sich ausweislich des Attestes vom 22. Juli 2012 in einer akuten Konfliktsituation befand, die medikamentös bewältigt werden musste. Der Gehorsamsverstoß spielt damit hinsichtlich der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme eine untergeordnete Rolle.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände erscheint dem Senat die Kürzung des Ruhegehalts (Art. 12 BayDG) auf die Dauer von zwei Jahren angemessen und geboten. Der Senat hat in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 21.3.2001 - 1 D 29/00 - ZBR 2001, 362 - juris Rn. 20) den Kürzungsumfang auf ein Zwanzigstel des Ruhegehalts festgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Senats (BayVGH, U. v. 20.4.2005 - 16a D 04.531 - juris Rn. 39) gelten diese Grundsätze auch bei Ruhestandsbeamten.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).