Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2016 - 6 ZB 15.2386
vorgehend
Tenor
I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 59.002,08 Euro festgesetzt.
Gründe
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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(4) Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe zugeordnet sein wie das derzeitige Amt. Für die Übertragung bedarf es keiner Ernennung.
(5) Die Beamtin oder der Beamte, die oder der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitzt, ist verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(6) Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit, besteht die Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen.
(7) Gesetzliche Vorschriften, die für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen, bleiben unberührt.
(1) In den Fällen der §§ 44 bis 47 kann die zuständige Behörde die ärztliche Untersuchung nur einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt übertragen oder einer Ärztin oder einem Arzt, die oder der als Gutachterin oder Gutachter nach Satz 2 zugelassen ist. Die oberste Dienstbehörde bestimmt, welche Ärztin oder welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann. Sie kann diese Befugnis auf nachgeordnete Behörden übertragen.
(2) Die Ärztin oder der Arzt teilt der Behörde auf Anforderung im Einzelfall die tragenden Gründe des Gutachtens mit, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Diese Mitteilung ist in einem gesonderten und versiegelten Umschlag zu übersenden und versiegelt zur Personalakte zu nehmen. Sie darf nur für die Entscheidung der in Absatz 1 genannten Fälle verwendet werden.
(3) Zu Beginn der Untersuchung ist die Beamtin oder der Beamte auf deren Zweck und die Mitteilungspflicht nach Absatz 2 hinzuweisen. Die Ärztin oder der Arzt übermittelt der Beamtin oder dem Beamten oder, soweit dem ärztliche Gründe entgegenstehen, einer oder einem Bevollmächtigten ein Doppel der Mitteilung nach Absatz 2.
(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(4) Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe zugeordnet sein wie das derzeitige Amt. Für die Übertragung bedarf es keiner Ernennung.
(5) Die Beamtin oder der Beamte, die oder der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitzt, ist verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(6) Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit, besteht die Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen.
(7) Gesetzliche Vorschriften, die für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen, bleiben unberührt.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 33.856,03 € festgesetzt.
Gründe
(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(4) Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe zugeordnet sein wie das derzeitige Amt. Für die Übertragung bedarf es keiner Ernennung.
(5) Die Beamtin oder der Beamte, die oder der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitzt, ist verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(6) Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit, besteht die Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen.
(7) Gesetzliche Vorschriften, die für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen, bleiben unberührt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
3Die Klägerin wurde am 00.00.1955 geboren. Am 29. Mai 1984 wurde sie unter Verleihung der Eigenschaft einer Lebenszeitbeamtin zur Lehrerin für die Primarstufe ernannt.
4Ausweislich eines ärztlichen Attestes von Frau T. -Q. , Ärztin für Nervenheilkunde und Psychotherapie, vom 16. Juni 1995 war bei der Klägerin aufgrund einer schweren Depression eine stationäre Behandlung in der Zeit vom 22. Januar 1995 bis zum 30. März 1995 erforderlich. Die Klägerin sei zwar auf dem Wege der Besserung, jedoch noch nicht wieder voll dienstfähig. Es käme weiterhin zum Auftreten depressiver Verstimmungen, Antriebs- und Schlafstörungen. Aus therapeutischen Gründen sei eine Wiedereingliederung in den Schuldienst mit verminderter Stundenzahl angezeigt. Das Schulamt für die Stadt S. ermäßigte die von der Klägerin zu leistenden Pflichtwochenstunden unter dem 13. Juli 1995 bis zum Ablauf des 27. Februar 1996. Zur anschließenden Aufnahme des Dienstes mit voller Pflichtwochenstundenzahl ist es nicht gekommen, weil die Klägerin seit dem 8. Januar 1996 erneut langfristig erkrankt war.
5Das Versorgungsamt der Stadt X. stellte mit Bescheid vom 19. Januar 1996 bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 30 fest.
6Mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. September 1996 versetzte die Bezirksregierung E. die Klägerin in den vorzeitigen Ruhestand. Unter dem 19. Februar 1997 und 14. Januar 1999 teilte die Bezirksregierung der Klägerin mit, dass eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht erfolge, das sie nach den Erkenntnissen der durchgeführten amtsärztlichen Untersuchungen weiterhin dienstunfähig sei.
7Mit Schreiben vom 6. März 1999 beantragte die Klägerin ihre Reaktivierung unter Hinweis darauf, dass sich ihr gesundheitlicher Zustand wesentlich verbessert habe und sie sich wieder dienstfähig fühle. Mit Wirkung vom 1. August 1999 reaktivierte die Bezirksregierung die Klägerin und wies sie einer Grundschule im Schulamtsbezirk der Stadt S. zu. Die Klägerin verrichtete ihren Dienst an der Gemeinschaftsgrundschule H. in S. .
8Mit Wirkung vom 1. August 2005 wurde sie an die Gemeinschaftsgrundschule E1. abgeordnet und zum 1. August 2006 an die Gemeinschaftsgrundschule T1. versetzt.
9Nach einer ärztlichen Bescheinigung von Frau S1. , Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 1. März 2010 besteht bei der Klägerin aufgrund eines traumatischen Ereignisses in Gestalt der durch einen Vater eines Schülers [am 25. Februar 2010] ausgesprochenen Bedrohung die Gefahr der Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es sei daher aus medizinischer Sicht zwingend erforderlich, dass jeglicher Kontakt zum „Täter“ unterbleibe.
10In der Zeit vom 24. März 2010 bis zum 30. Juni 2010 war die Klägerin dienstunfähig. Nachdem sie seit dem 24. November 2010 – bis auf einen Tag – erneut dienstunfähig erkrankt war, ordnete die Bezirksregierung unter dem 16. Juni 2011 die amtsärztliche Untersuchung der Dienstfähigkeit der Klägerin an. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie C. diagnostizierte in seinem psychiatrisch-neurologischen Gutachten vom 9. Dezember 2011 unter anderem eine Anpassungsstörung, eine gegenwärtig mittelschwere rezidivierende depressive Episode sowie eine kombinierte anankastische und narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung. Es bestünde „zwar grundsätzlich Dienstfähigkeit, jedoch wird auf Grund insbesondere der Anpassungsstörung und Persönlichkeitsakzentuierung von einer erneuten Tätigkeit im direkten bisherigen Schuldienst als Lehrerin aus fachärztlicher Sicht dringend abgeraten, da mit einer erneuten Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei regelmäßigem Schüler- und Elternkontakt zu rechnen ist (…)“.
11Im amtsärztlichen Gutachten der Stadt S. vom 10. Januar 2012 kam Frau Dr. N. zu der Einschätzung, die Klägerin sei derzeit in der Lage, in ihrem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Zum Zeitpunkt der psychiatrischen Begutachtung habe sich das Bild einer Anpassungsstörung und mittelschweren, wiederkehrenden depressiven Episode deutlich gebessert. Eine Dienstunfähigkeit sei nicht anzunehmen, da die Klägerin „über vielfältige Kompetenzen und auch berufliche Qualifikationen verfügt, unter anderem über ein hohes Maß an sozioemotionaler Kompetenz“. Zugleich riet die Amtsärztin „dringend“ davon ab, die Klägerin „im direkten Grundschulunterricht“ einzusetzen, da „hier doch ein deutlicher Ambitendenzkonflikt besteht, der ihr [der Klägerin] durch den hohen Leistungsanspruch und Engagement im sozialen Bereich vor dem Hintergrund der Primärpersönlichkeit keine hinreichende Abgrenzung der Lehramtstätigkeit zu sozialarbeiterischer Tätigkeit erlaubt. Hierdurch wird es vermutlich weiter in konflikthaften Situationen und ungünstigen Rahmenbedingungen zu einer Selbstüberforderung kommen.“ Unter dem 5. April 2012 führte die Amtsärztin erneut aus, sie halte die Klägerin für voll dienstfähig.
12Mit Bescheid vom 19. Juli 2012 forderte die Bezirksregierung E. die Klägerin auf, ihren Dienst an der Städtischen Gemeinschaftsgrundschule I. in S. wieder aufzunehmen, da sie nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 10. Januar 2012 dienstfähig sei. Dagegen erhob die Klägerin vor der erkennenden Kammer am 15. August 2012 Klage (2 K 5760/12) und suchte zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nach (2 L 1341/12). Nachdem die Bezirksregierung den angefochtenen Bescheid aufgrund des Hinweises der Kammer, dass die Klägerin angesichts des amtsärztlichen Gutachtens aus gesundheitlichen Gründen keinen Dienst an einer Grundschule verrichten solle, aufgehoben hatte, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache in beiden Verfahren für erledigt.
13Die von der Bezirksregierung E. für ihren Zuständigkeitsbereich sodann durchgeführte Überprüfung einer „anderweitigen Verwendung im schulischen Umfeld“ endete am 17. September 2012 mit negativem Ergebnis.
14Mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 wandte sich die Bezirksregierung E. an das G. des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Bitte, eine landesweite Prüfung von Einsatzmöglichkeiten der Klägerin sowie gegebenenfalls erforderliche Qualifikationsmaßnahmen zu übernehmen. Die Bemühungen, die Klägerin im Rahmen des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ einer anderen dienstlichen Verwendung zuzuführen blieben erfolglos. In dem einschließlich der beigefügten Anlagen über hundertseitigen Abschlussbericht des Landesamtes für Finanzen NRW vom 22. August 2014 heißt es unter anderem:
15„Zur Vorbereitung auf anstehende Veränderungsprozesse wurde Frau A. am 26. November 2012 zu einem Coaching in das G. NRW (…) eingeladen. Die Beamtin nahm den Coachingtermin war.
16In der Zeit vom 9. Januar 2013 bis zum 11. Januar 2013 nahm Frau A. an einer Power-Point 2010 – Grundlagenschulung teil. Für die Zeit vom 17. Januar 2013 bis 18. Januar 2013 wurde Frau A. zu einer Outlook 2010-Grundlagenschulung angemeldet. Die Beamtin sagte diese Schulungsmaßnahme aufgrund einer akuten Erkrankung ab. In der Zeit vom 28. Januar 2013 bis zum 31. Januar 2013 nahm Frau A. an einer Word 2010-Grundlagenschulung teil. Die für die Zeit vom 18. Februar 2013 bis zum 21. Februar 2013 geplante Excel 2010-Grundlagenschulung brach sie aus persönlichen Gründen vorzeitig am 20. Februar 2013 ab.
17Nach Verabschiedung des Teilhabe- und Integrationsgesetzes wurde der Aufbau von Kommunalen Integrationszentren in 54 Kreisen und kreisfreien Städten in NRW geplant. Da Frau A. großes Interesse an diesem Arbeitsfeld zeigte, wurde intensiv im Bereich der neu zu gründenden bzw. neu gegründeten Kommunalen Integrationszentren nach einer Einsatzmöglichkeit gesucht, zumal Frau A. bereits mehrere Jahre in der RAA [Regionale Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien] S. tätig war. Im Februar 2013 wurde daher das Personalprofil von Frau A. an die RAA S. zur Prüfung einer Einsatzmöglichkeit weitergeleitet. Die RAA S. teilte jedoch mit, dass ein hauptberuflicher Einsatz von Frau A. in der RAA S. bzw. dem neu zu gründenden Kommunalen Integrationszentrum zu einer nicht vertretbaren Interessenkollision aufgrund der von Frau A. bereits ehrenamtlich durchgeführten Tätigkeiten führen würde. Die RAA nahm daher von einem Einsatz von Frau A. in der RAA S. Abstand.
18Darüber hinaus erfolgte eine erneute Anmeldung zu einer Outlook 2010-Grundlagenschulung für die Zeit vom 11. März 2013 bis zum 12. März 2013. Auch diese Schulungsmaßnahme wurde von Frau A. aus persönlichen Gründen abgesagt.
19Am 17. April 2013 bekundete die Beamtin per E-Mail ihr Interesse an einer Stellenausschreibung der Justizvollzugsanstalt E. . Dort wurde eine Lehrkraft für den Justizvollzug gesucht. Frau A. wurde mitgeteilt, dass eine Bewerbung möglich ist, da ihr laut des amtsärztlichen Gutachtens das Unterrichten von Erwachsenen möglich sei. Eine Bewerbung auf die Stellenausschreibung der Justizvollzugsanstalt E. wurde von Frau A. jedoch nicht eingereicht.
20Darüber hinaus wurde Frau A. am 16. Mai 2013 auf die Stellenausschreibungen des Kommunalen Integrationszentrums des Kreises N1. sowie des F. -S2. -Kreises von Seiten des Projektteams aufmerksam gemacht. Die Beamtin bewarb sich auf beide Stellenausschreibungen. Eine schriftliche Nachfrage bei Frau A. am 20. Juni 2013 ergab jedoch, dass die Beamtin auf beide Bewerbungen eine Absage erhalten habe.
21Am 29. Juli 2013 wurde Frau A. wiederum auf zwei Stellenausschreibungen im neu einzurichtenden Kommunalen Integrationszentrum der Stadt L. sowie des S3. -F1. -Kreises aufmerksam gemacht. Auf eine Nachfrage des Projektteams teilte Frau A. mit, dass sie sich nicht beworben habe, da ihr zum einen der Fahrweg zu weit sei und sie zum anderen nicht den Regierungsbezirk wechseln wolle. (…)
22Die Beamtin wurde am 3. September 2013 über eine weitere Stellenausschreibung eines Kommunalen Integrationszentrums (S3. -Kreis O. ) informiert. Frau A. äußerte wiederum, dass ihr der Fahrweg zur Aufnahme einer Tätigkeit im S3. -Kreis O. zu weit sei. Sie wurde jedoch aufgefordert, diese Möglichkeit zu nutzen und eine Bewerbung an den S3. -Kreis O. zu senden. Am 16. September 2013 wurde dies in einem Telefonat mit der Beamtin nochmals thematisiert. Frau A. teilte mit, dass sie sich nicht beworben habe. (…)
23Das Projektteam hat über die dargestellten Vermittlungsbemühungen hinaus verschiedenste Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung der Beamtin an die in Frage kommenden Dienststellen des Landes Nordrhein-Westfalen gerichtet. Leider sind diese Vermittlungsversuche ergebnislos verlaufen. (…)
24Zum Abschluss wurden von Seiten des Projektteams unter Berücksichtigung des amtsärztlich festgelegten Leistungsvermögens der Beamtin die zu besetzenden Stellen auf eine mögliche Besetzung mit Frau A. hin abgeglichen.“
25Die Bundesagentur für Arbeit erkannte die Klägerin mit Bescheid vom 8. Januar 2015 als einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt an.
26Unter dem 15. September 2014 hörte die Bezirksregierung E. die Klägerin zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit an und versetzte sie mit Bescheid vom 20. Januar 2015 in den Ruhestand.
27Die Klägerin hat am 23. Februar 2015 Klage erhoben und trägt zur Begründung vor: Die ausgesprochene Zurruhesetzung sei rechtswidrig. Sie sei nicht dienstunfähig. Dies gehe aus dem amtsärztlichen Gutachten der Stadt S. vom 10. Januar 2012 hervor. Dass sie nicht mehr im Grundschulbereich als Lehrerin eingesetzt werden könne, könne ihr nicht zum Nachteil angelastet werden, weil sie im Rahmen ihrer dienstlichen Verwendung am 25. Februar 2010 einen Dienstunfall erlitten habe. Dieser Dienstunfall sei kausal für ihre psychischen Erkrankungen. Insoweit verbiete es sich, insbesondere die aus diesem Dienstunfall entstandenen psychischen Beeinträchtigungen der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zugrunde zu legen.
28Schließlich seien nicht sämtliche Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung der Klägerin ausgeschöpft worden. So hätte sie etwa in der RAA S. dienstlich verwendet werden können. Der seitens der RAA S. aufgezeigte Interessenkonflikt mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bestünde nicht.
29Die Klägerin beantragt,
30den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 20. Januar 2015 aufzuheben.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Zur Begründung trägt die Bezirksregierung E. vor: Die Klägerin sei dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, weil sie aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig sei. Denn sie sei nicht mehr in der Lage, den amtsbezogenen Anforderungen als Grundschullehrkraft gerecht zu werden. Die amtsärztlichen Gutachten seien insoweit widersprüchlich. Auch wenn dort eine Dienstfähigkeit bejaht werde, sei zu berücksichtigen, dass zugleich von einem Einsatz der Klägerin als Lehrkraft im Grundschulunterricht dringend abgeraten werde.
34Eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit bestünde nicht. Eine Einsatzmöglichkeit der Klägerin an anderen Schulformen sei nicht in Betracht gekommen. Sodann sei versucht worden, eine dienstliche Verwendung der Klägerin über das vom G. durchgeführte Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ zu finden. Eine zentrale Aufgabe dieses Projektes sei die Schaffung eines landesinternen Arbeitsmarktes. In dem Projekt käme es zu einer landesweiten Prüfung anderweitiger Einsatzmöglichkeiten. Die Klägerin hätte im Rahmen dieses Projektes indes nicht vermittelt werden können.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe:
37Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
38Der angegriffene Bescheid der Bezirksregierung E. vom 20. Januar 2015 ist formell wie materiell rechtmäßig, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
39Zunächst bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung. Die Klägerin ist unter dem 15. September 2014 angehört worden. Die nach den §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9LPVG erforderliche Zustimmung des Personalrats hat dieser am 14. Januar 2015 erteilt. Die nach § 18 Abs. 2 LGG zu beteiligende Gleichstellungsbeauftragte hat keine Einwände erhoben. Ferner wurde die Schwerbehindertenvertretung über die beabsichtigte Zurruhesetzung der Klägerin unterrichtet; auch sie hat keine Bedenken erhoben.
40Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
41Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (sog. vermutete Dienstunfähigkeit). Die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG landesrechtlich zu bestimmende Frist beträgt gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW im Land Nordrhein-Westfalen sechs Monate.
42Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung der nachgewiesenen wie auch der vermuteten Dienstunfähigkeit ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, also hier der Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung vom 20. Januar 2015.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7.97 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 ‑, juris.
44Der Begriff der Dienstunfähigkeit ist spezifisch beamtenrechtlicher Art. Er stellt – im Unterschied zu den rentenversicherungsrechtlichen Begriffen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung – nicht allein auf die Person des Beamten ab, sondern knüpft auch an die Bedürfnisse des Dienstherrn, dabei insbesondere die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb an. Dementsprechend kommt es nicht allein und ausschlaggebend auf Art und Ausmaß der einzelnen körperlichen Gebrechen oder sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Qualifikation als solche an, sondern letztlich darauf, ob der Beamte aufgrund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten fähig oder ggf. auch dauernd unfähig ist. Nicht erforderlich ist dabei, dass die Fähigkeit zur Dienstleistung schlechthin verloren gegangen ist. So liegt eine dauernde Dienstunfähigkeit selbst dann vor, wenn etwa durch eine Vielzahl in relativ kurzen Zeitabständen immer wieder auftretender – sei es gleicher oder zum Teil unterschiedlicher – Erkrankungen von längerer Dauer, die auf eine Schwäche der Gesamtkonstitution und eine damit verbundene Anfälligkeit des Beamten schließen lassen, der Dienstbetrieb empfindlich und unzumutbar beeinträchtigt wird und wenn eine Besserung des Zustandes in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris, Rn. 42.
46Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten ist das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d.h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann. Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Beamte die Aufgaben bewältigen kann, die das konkret-funktionelle Amt, also der Dienstposten, mit sich bringt.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 -, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris, Rn. 46; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44.
48Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
49Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 -, juris, Rn. 14, und vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 -, juris, Rn. 11 und OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2016 – 6 A 915/14 -, juris, Rn. 72.
50Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Beschäftigungsbehörde im vorstehenden Sinne anzusehen.
51Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 46, 53.
52Hiernach ist im Falle der Klägerin Dienstunfähigkeit anzunehmen. Ihr war zuletzt das abstrakt-funktionelle Amt einer Lehrerin an der Gemeinschaftsgrundschule I. übertragen worden. Ein Dienstposten, der ihrem Statusamt (Lehrerin im gehobenen Dienst, Besoldungsgruppe A 12 BBesO) zugeordnet war, und dessen Anforderungen die Klägerin gesundheitlich gewachsen gewesen wäre, stand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung bei der Beschäftigungsbehörde nicht zur Verfügung.
53Zwar stellt die Stadtärztin Dr. N. in ihrem amtsärztlichen Gutachten vom 10. Januar 2012 fest, dass eine Dienstunfähigkeit nicht gegeben sei, weil die Klägerin über vielfältige Kompetenzen und auch berufliche Qualifikationen verfüge, unter anderem über ein hohes Maß an sozioemotionaler Kompetenz, die es ihr bis zu einem Dienstunfallereignis vom 25. Februar 2010 ermöglicht hätten, eine Vielfalt beruflich schwieriger Situationen zu bewältigen und auch zu kompensieren. Sie rät jedoch gleichzeitig „dringend“ davon ab, die Klägerin im „direkten“ Grundschulunterricht einzusetzen. Zur Begründung führte sie aus: (…) da hier doch ein deutlicher Ambitendenzkonflikt besteht, der ihr durch den hohen Leistungsanspruch und Engagement im sozialen Bereich vor dem Hintergrund der Primärpersönlichkeit keine hinreichende Abgrenzung der Lehramtstätigkeit zu sozialarbeiterischer Tätigkeit erlaubt. Hierdurch wird es vermutlich weiter in konflikthaften Situationen und ungünstigen Rahmenbedingungen zu einer Selbstüberforderung kommen“. Auch der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie C. hat in seinem Gutachten vom 9. Dezember 2011 „von einer erneuten Tätigkeit im direkten bisherigen Schuldienst als Lehrerin (…) dringend abgeraten“. Danach ist die Bezirksregierung E. zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin dienstunfähig ist. Die angeführten ärztlichen Stellungnahmen stützen die angegriffene Einschätzung (keine weitere dienstliche Verwendung der Klägerin als Grundschullehrerin), auch wenn sie rechtsirrig zu einer anderen Bewertung der Dienstunfähigkeit gelangen. Insoweit ist in den ärztlichen Gutachten der Begriff der Dienstunfähigkeit mit dem einer möglichen anderweitigen Verwendung vermengt worden. Der Einholung eines weiteren Gutachtens oder einer weiteren ergänzenden ärztlichen Stellungnahme bedurfte es nicht. Die ärztlichen Feststellungen, dass die Klägerin gesundheitlich nicht in der Lage ist, Grundschulunterricht zu leisten, sind eindeutig und im Übrigen von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt worden. Im Gegenteil hat sie die Verfügung der Bezirksregierung E. vom 19. Juli 2012, mit der ihr aufgegeben worden war, ihren Dienst an der Grundschule wieder aufzunehmen, verwaltungsgerichtlich angefochten (2 K 5760/12).
54Für die Frage Dienstunfähigkeit ist es in dem vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend, auf welche Umstände sie zurückzuführen ist. Die psychischen Erkrankungen der Klägerin mögen Ausfluss eines Dienstunfalls vom 25. Februar 2010 (Bedrohungen durch den Vater eines Schülers) sein. Dies führt entgegen der in der Klagebegründung geäußerten Rechtsauffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin indes nicht dazu, dass das beklagte Land von der Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit hätte Abstand nehmen müssen. Im Gegenteil verbleibt ihm kein dahingehender Entscheidungsspielraum mehr, wenn der Beamte – wie hier – aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seinen Dienst zu verrichten.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2016 – 6 A 915/14 -, juris, Rn. 70, unter Hinweis darauf, dass der Dienstherr bei Dienstunfähigkeit des Beamten zur Zurruhesetzung verpflichtet ist und ihm insoweit kein Ermessensspielraum eröffnet ist.
56Mit Blick auf den Vortrag der Klägerin merkt die Kammer weiter an, dass es unerheblich ist, dass sie aufgrund verschiedener Fortbildungsmaßnahmen ein „erweitertes Leistungsfeld“ aufweise (Schriftsatz vom 3. Juli 2015). Denn sie kann jedenfalls nicht mehr - worauf es entscheidend ankommt - als Lehrerin im Grundschulunterricht eingesetzt werden.
57Das beklagte Land ist auch der sich aus § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Absatz 2 BeamtStG ergebenden umfassenden Prüfpflicht nach einer anderweitigen Verwendung der Klägerin nachgekommen. Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Dies ist nach § 26 Abs. 2 BeamtStG der Fall, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
58Die Suchpflicht entfällt, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
59Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 1364/14 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
60Die letztgenannten Voraussetzungen lagen hier – was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – nicht vor.
61Den danach geltenden Anforderungen ist der Beklagte gerecht geworden. Die Bezirksregierung E. hat nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten im schulischen Umfeld gesucht, die sich jedoch an keiner (anderen) Schulform eröffnet haben. Dahingestellt bleiben kann, ob der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Suche nach Einsatzmöglichkeiten im schulischen Bereich auf andere Regierungsbezirke zu erstrecken.
62Vgl. VG Minden, Urteil vom 26. März 2015 – 4 K 237/14 -, juris, Rn. 53.
63Denn zum einen hätte die Klägerin aus den angeführten gesundheitlichen Gründen auch in anderen Regierungsbezirken nicht als Grundschullehrerin verwendet werden können, und zum anderen besitzt sie für andere Schulformen nicht die Lehramtsbefähigung. Lediglich angemerkt wird, ohne dass es entscheidend darauf ankommt, dass die Klägerin gegenüber dem Landesamt für Finanzen NRW – und im Übrigen auch im Termin zur mündlichen Verhandlung – unmissverständlich angegeben hat, unabhängig von der Art des ihr angebotenen Dienstpostens keine Bereitschaft mehr gehabt zu haben, den Regierungsbezirk zu wechseln. Auch wenn die Prüfung der Möglichkeit einer Weiterverwendung ausschließlich Aufgabe des Dienstherrn ist,
64vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 -, juris, -
65erscheint die Pflicht, nach dienstlichen Verwendungen des Beamten in anderen Regierungsbezirken Ausschau zu halten, jedenfalls dann, wenn der Beamte wie hier einen Regierungsbezirkswechsel eindeutig und unmissverständlich ablehnt, als bloße Förmelei.
66Schließlich hat das beklagte Land die Klägerin im Rahmen des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ auf mehrere Stellenangebote hingewiesen und damit seiner Pflicht zur Suche einer anderen Verwendungsmöglichkeit hinreichend Rechnung getragen. So sind etwa dienstliche Verwendungen bei der RAA S. , der Justizvollzugsanstalt E. , den Kommunalen Integrationszentren des Kreises N1. , des F. -S2. -Kreises, der Stadt L. , des S3. -F1. -Kreises und des S3. -Kreises O. geprüft worden (vgl. auch die Stellungnahme des Landesamtes für Finanzen NRW vom 18. August 2015 sowie den bereits in Bezug genommenen Abschlussbericht derselben Behörde vom 22. August 2014).
67Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
68Beschluss:
69Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000 Euro festgesetzt.
70Gründe:
71Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG.
Tatbestand
- 1
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Die Klägerin wendet sich gegen ihre vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.
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Die 1946 geborene Klägerin stand seit 1973 als beamtete Realschullehrerin im Dienst des Beklagten. Zuletzt war sie an einer Realschule in Teilzeitbeschäftigung in den Fächern Englisch, Französisch und Bildende Kunst tätig.
- 3
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Seit März 2008 bemängelten der Schulleiter und Elternvertreter den Englischunterricht der Klägerin. Beratungsgespräche und Unterrichtsbesuche führten nicht zu einer Verbesserung. Da sich die Beschwerden häuften und wegen der Fehlzeiten der Klägerin von 21 Arbeitstagen innerhalb eines Schuljahres forderte das Regierungspräsidium das Gesundheitsamt des Landkreises auf, die Klägerin amtsärztlich zu untersuchen sowie festzustellen, welche gesundheitlichen Probleme die Klägerin habe und gegebenenfalls Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Diese Aufforderung wurde der Klägerin nachrichtlich übersandt. Sie leistete weder dieser noch einer zweiten Untersuchungsaufforderung Folge.
- 4
-
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage gegen die Untersuchungsaufforderung erklärte die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht aufgrund eines gerichtlichen Hinweises für erledigt; der Beklagte stimmte zu.
- 5
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Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Zurruhesetzungsverfügung aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
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Der Verstoß gegen die besondere Pflicht zur Anhörung vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung sei unbeachtlich. Der Beklagte habe von der Dienstunfähigkeit der Klägerin ausgehen können, weil diese zweimal die angeordnete Untersuchung verweigert habe. Die Untersuchungsaufforderung könne nicht mehr inhaltlich untersucht werden, weil sie bestandskräftig geworden sei.
- 7
-
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie beantragt,
-
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2011 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2009 zurückzuweisen.
- 8
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Der Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG; § 127 Nr. 2 BRRG). Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand verstößt gegen §§ 53 und 55 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg - LBG BW - in der hier anwendbaren Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 19. März 1996 (GBl S. 285), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, des Landespersonalvertretungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 3. Mai 2005 (GBl S. 321).
- 10
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Die angegriffene Verfügung hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin inzwischen die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand erreicht hat. Denn die vorzeitige Zurruhesetzung entfaltet weiterhin Rechtswirkungen. Zum einen bleibt der Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Bemessung des Ruhegehalts außer Betracht. Auch ist sie Grundlage für die Einbehaltung eines Teils ihrer Bezüge (§ 55 Satz 3 LBG BW).
- 11
-
Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (Urteile vom 16. Oktober 1997 - BVerwG 2 C 7.97 - BVerwGE 105, 267 <269 ff.> = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 22 S. 4 f.; vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 12, vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - Buchholz 237.95 § 208 SHLBG Nr. 1 Rn. 11 und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 9).
- 12
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Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG BW ist der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Nach Satz 3 ist der Beamte, sofern Zweifel über seine Dienstunfähigkeit bestehen, verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen. Entzieht sich der Beamte trotz zweimaliger schriftlicher Aufforderung, ohne hierfür einen hinreichenden Grund nachzuweisen, der Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde untersuchen oder beobachten zu lassen, so kann er nach Satz 4, wenn er die Versetzung in den Ruhestand nicht beantragt hat, so behandelt werden, als ob seine Dienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt worden wäre. Satz 5 verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten auf die Rechtsfolge des Satzes 4 hinzuweisen.
- 13
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Die Zurruhesetzung der Klägerin ist rechtswidrig, weil die Annahme der Dienstunfähigkeit der Klägerin entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW gestützt werden kann. Denn die zugrundeliegende Untersuchungsaufforderung vom März 2008 ist ihrerseits rechtswidrig (1). Zudem hat das Regierungspräsidium die Klägerin entgegen § 55 Satz 2 LBG BW vor Erlass der Verfügung nicht angehört (2) sowie der Suchpflicht des § 53 Abs. 3 LBG BW nicht genügt (3).
- 14
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1. Der Behörde ist durch § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW kein Ermessen eröffnet, dessen Ausübung an den Anforderungen des § 40 LVwVfG BW zu messen oder nach § 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG BW zu begründen wäre. Das Wort "kann" in § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW bringt die Berechtigung der Behörde zum Ausdruck, von der Verweigerung der geforderten Begutachtung auf die - amtsärztlich festgestellte - Dienstunfähigkeit des Beamten zu schließen. Die Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW stellt vergleichbar mit dem allgemeinen Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO eine Beweisregel dar. Sie gestattet, im Rahmen der Beweiswürdigung Schlüsse aus dem Verhalten des Beamten zu ziehen, der die rechtmäßig abverlangte Mitwirkung an der Klärung des Sachverhalts verweigert hat. Auch wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW erfüllt sind, darf die Behörde den Beamten nicht schematisch in den Ruhestand versetzen. Vielmehr muss sie die Gründe, die der Beamte für sein Verhalten angegeben hat, berücksichtigen und in die Entscheidungsfindung einbeziehen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - a.a.O. Rn. 14 und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - a.a.O. Rn. 12). Dies wird durch die Begründung des Entwurfs des Gesetzes, durch das § 53 Abs. 1 Satz 4 und 5 LBG BW angefügt worden sind (LTDrucks 11/6585, S. 28 zu Nr. 11 a), bestätigt. Danach soll die Regelung des Satzes 4 die Grundlage bieten, die Dienstunfähigkeit des betreffenden Beamten vermuten zu können. Daraus folgt, dass die Vermutung widerlegt werden kann.
- 15
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Die Dienstunfähigkeit der Klägerin kann hier nicht auf § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW gestützt werden. Da die erste Untersuchungsaufforderung rechtswidrig ist, musste die Klägerin ihr nicht Folge leisten (Urteile vom 26. Januar 2012 a.a.O. Rn. 15 und vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 13).
- 16
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Der Senat ist an der Prüfung der Rechtmäßigkeit der ersten Untersuchungsaufforderung nicht gehindert. Diese konnte nicht in Bestandskraft erwachsen, weil es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Die Anordnung ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, wie dies die Begriffsbestimmung gemäß § 35 Satz 1 LVwVfG BW als Merkmal eines Verwaltungsaktes verlangt. Dieses Merkmal fehlt Maßnahmen gegenüber Beamten, die nach ihrem objektiven Sinngehalt auf organisationsinterne Wirkung abzielen, weil sie dazu bestimmt sind, den Beamten nicht als Träger subjektiver Rechte, sondern als Amtswalter und Glied der Verwaltung anzusprechen (Urteil vom 2. März 2006 - BVerwG 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 = Buchholz 237.8 § 84 RhPLBG Nr. 1 jeweils Rn. 10). Die Aufforderung zur Untersuchung regelt lediglich einen einzelnen Schritt in einem gestuften Verfahren, das bei Feststellung der Dienstunfähigkeit mit der Zurruhesetzung endet (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 14 f.). Eine Maßnahme, die kein Verwaltungsakt ist, wird auch nicht dadurch zu einem solchen, dass über sie durch Widerspruchsbescheid entschieden oder sie von der Widerspruchsbehörde als solcher bezeichnet wurde (Urteil vom 2. März 2006 a.a.O. Rn. 11) oder die Behörde ihren Sofortvollzug angeordnet hat.
- 17
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Die erste Untersuchungsaufforderung vom März 2008 konnte den Schluss auf die Dienstunfähigkeit der Klägerin nach § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW aus mehreren Gründen nicht rechtfertigen. Sie war nicht an die Klägerin, sondern an das Gesundheitsamt des Landratsamts adressiert. Dieser wurde lediglich eine Mehrfertigung übersandt. Wegen ihrer weitgehenden Wirkungen muss die vollständig begründete Untersuchungsaufforderung an den Beamten gerichtet sein. Denn Adressat ist der Betroffene; dieser muss in die Lage versetzt werden, an Hand ihrer konkreten Begründung ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
- 18
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Die Aufforderung genügt auch nicht den inhaltlichen und formellen Anforderungen (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 17 f.).
- 19
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Nach § 53 Abs. 1 Satz 3 LBG BW ist die Behörde zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten bestehen. Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (vgl. Urteile vom 28. Juni 1990 - BVerwG 2 C 18.89 - Buchholz 237.6 § 56 NdsLBG Nr. 1, vom 23 September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55> = Buchholz 239.1 § 36 BeamtVG Nr. 2 und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 4.04 - Buchholz 237.7 § 194 NWLBG Nr. 2 Rn. 10). Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69 <85 f.>; Beschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 19). Die Feststellung, die für die Anordnung sprechenden Gründe "seien nicht aus der Luft gegriffen", reicht für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung nicht aus.
- 20
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Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind (Urteil vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14 S. 6). Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, "worum es geht".
- 21
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Eine unzureichende Begründung kann nicht durch das Nachschieben weiterer Gründe geheilt werden. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Anordnung tatsächliche Umstände vorlagen, die den Schluss auf Zweifel eine Dienstfähigkeit gerechtfertigt hätten. Für eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG BW ist wegen des Zwecks der Untersuchungsaufforderung kein Raum. Erkennt die Behörde die Begründungsmängel der ersten Aufforderung zur Untersuchung, kann sie eine neue Aufforderung mit verbesserter Begründung erlassen.
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Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 a.a.O. S. 82 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 17).
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Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.
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Danach ist die Untersuchungsaufforderung vom März 2008 bereits deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium Art und Umfang der Untersuchung nicht einmal in den Grundzügen bestimmt, sondern diese vollständig dem Gesundheitsamt überlassen und damit der Klägerin die inhaltliche Prüfung der Anordnung unmöglich gemacht hat.
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Zur Begründung der Aufforderung hat das Regierungspräsidium auf Klagen von Elternvertretern und Schülern über die nachlassende Qualität des Unterrichts der Klägerin sowie auf deren wiederholte Krankmeldungen und die damit verbundenen unterrichtlichen Defizite verwiesen. Zudem sei das Verhältnis zum Schulleiter durch die Beratungsgespräche belastet worden, weil die Klägerin Vereinbarungen und Ratschläge nicht annehme. Durch die ständigen dienstlichen Auseinandersetzungen seien das Schulklima außerordentlich belastet und der Schulfrieden gefährdet.
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Diese Umstände sind in der Aufforderung vom März 2008 nicht in einer Weise dargestellt und belegt, dass der Klägerin die Prüfung ihrer inhaltlichen Richtigkeit möglich gewesen wäre.
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Zwar können Fehlzeiten grundsätzlich Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 3 LBG BW begründen. Dies muss aber schlüssig dargelegt werden. Denn Fehlzeiten können auch auf Erkrankungen zurückzuführen sein, die die Dienstfähigkeit eines Beamten tatsächlich nicht dauerhaft berühren. Zur Klärung hätte das Regierungspräsidium den Schulleiter beauftragen können, die Klägerin nach den Ursachen ihrer Fehlzeiten zu befragen. Sollte das Regierungspräsidium Zweifel an der Belastbarkeit der privatärztlichen Bescheinigungen über die Dienstunfähigkeit der Klägerin gehabt haben, so wäre es in Betracht gekommen, dieser aufzuerlegen, künftig zum Nachweis ihrer Dienstunfähigkeit ein amtsärztliches Attest ab dem ersten Werktag vorzulegen (Beschluss vom 23. Februar 2006 - BVerwG 2 A 12.04 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 29).
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2. Die Zurruhesetzungsverfügung ist auch deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium die Klägerin vor ihrem Erlass entgegen § 55 Satz 2 LBG BW nicht angehört hat.
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§ 55 Satz 2 LBG BW schreibt vor, dass der Beamte Gelegenheit erhält, sich zu den für die Zurruhesetzung erheblichen Tatsachen innerhalb eines Monats schriftlich zu äußern. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat das Regierungspräsidium die Klägerin vor der Bekanntgabe der Verfügung nicht nach § 55 Satz 2 LBG BW angehört. Die besondere Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW ist auch den Fällen des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW geboten. Ist der Beamte der zweimaligen Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen, so kann er im Rahmen der Anhörung geltend machen, die Untersuchungsanordnung als solche genüge nicht den formellen oder inhaltlichen Anforderungen mit der Folge, dass aus der Verweigerung der Untersuchung nicht auf seine Dienstunfähigkeit geschlossen werden dürfe.
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Die Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW konnte nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 LVwVfG BW im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden. Der Gesetzgeber hat durch mehrere gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht spezielle Regelungen, wie das zwingende Erfordernis einer Anhörung, die Schriftform und die Anhörungsfrist, deutlich gemacht, dass der Beamte vor der Entscheidung über seine Zurruhesetzung anzuhören ist (LTDrucks 13/3783, S. 20).
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§ 46 LVwVfG BW ist aber auf den festgestellten Verstoß gegen § 55 Satz 2 LBG BW nicht anwendbar. Nach § 46 LVwVfG BW kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG BW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Annahme der "Offensichtlichkeit" im Sinne von § 46 LVwVfG BW ist aber bereits dann ausgeschlossen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre (Urteile vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <361 f.>, vom 25. Januar 1996 -BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>, vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 38 und vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - a.a.O. Rn. 20 und 23).
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Sind im Verfahren der Zurruhesetzung ärztliche Gutachten erstellt worden, so scheidet die Anwendung von § 46 LVwVfG BW regelmäßig aus. Die Entscheidung über die Dienstunfähigkeit des Beamten anhand dieser Gutachten ist in der Regel tatsächlich und rechtlich schwierig. Die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung aufgrund einer Stellungnahme des Betroffenen zu diesen ärztlichen Feststellungen ist nicht auszuschließen. Aber auch in den Fällen, in denen der Beamte die Begutachtung verweigert hat, kann die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung aufgrund der Angaben des Beamten im Rahmen seiner Anhörung nicht ausgeschlossen werden. Die gesetzliche Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW ist Ausdruck des allgemeinen, aus §§ 427, 444 und 446 ZPO abgeleiteten Rechtsgrundsatzes, wonach das die Beweisführung vereitelnde Verhalten eines Beteiligten zu dessen Nachteil berücksichtigt werden kann. Dieser Schluss ist aber auch bei einer gesetzlichen Regelung nicht zwingend vorgegeben, so dass die Behörde auch hier sämtliche Umstände zu würdigen hat (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 23 m.w.N.).
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Hier lässt es sich nicht ausschließen, dass die Klägerin im Falle ihrer Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW vor Erlass der Verfügung geltend gemacht hätte, die konkrete Untersuchungsanordnung genüge nicht den an sie zu stellenden formellen und inhaltlichen Anforderungen und das Regierungspräsidium deshalb vom Erlass der Zurruhesetzungsverfügung abgesehen hätte.
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3. Die Zurruhesetzungsverfügung ist schließlich deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium nicht der Suchpflicht des § 53 Abs. 3 LBG BW genügt hat.
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Nach § 53 Abs. 3 Satz 1 LBG BW soll von der Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Vorrang der Weiterverwendung eines Beamten vor seiner Versorgung nicht gelten soll, wenn die Annahme der Dienstunfähigkeit des Beamten auf der Verweigerung einer von der Behörde angeordneten ärztlichen Begutachtung beruht.
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§ 53 Abs. 3 Satz 1 LBG BW begründet für den Dienstherrn die Pflicht, nach einer anderweitigen Verwendung des Beamten zu suchen. Die Soll-Vorschrift gestattet eine Abweichung von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an diese Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist. Wie sich aus § 53 Abs. 3 Satz 2 LBG BW ergibt, ist die Suche nach einer anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Da es um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind, ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er entsprechend § 53 Abs. 3 LBG BW nach einer Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten gesucht hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 20 ff.).
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Aus den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und auch aus den Verwaltungsakten, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO verwiesen hat, ergibt sich nicht, dass der Beklagte als Dienstherr der ihm obliegenden Suchpflicht Genüge getan hat.
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4. Ist eine Verwaltungsentscheidung, wie hier nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG BW, gebunden und trifft die von der Behörde gegebene Begründung nicht zu, so obliegt dem Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Prüfung, ob der Verwaltungsakt aus anderen als den von der Behörde genannten Gründen rechtmäßig ist (Urteil vom 19. August 1988 - BVerwG 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96).
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Hier scheidet jedoch die Prüfung im gerichtlichen Verfahren aus, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG dienstunfähig war. Denn hierfür bestand kein tatsächlicher Anhaltspunkt.
(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(4) Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe zugeordnet sein wie das derzeitige Amt. Für die Übertragung bedarf es keiner Ernennung.
(5) Die Beamtin oder der Beamte, die oder der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitzt, ist verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(6) Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit, besteht die Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen.
(7) Gesetzliche Vorschriften, die für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen, bleiben unberührt.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die 1975 geborene, mittlerweile 40-jährige Klägerin trat 1994 in den Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein und absolvierte eine Ausbildung im mittleren Dienst der Finanzverwaltung. Nach bestandener Laufbahnprüfung im August 1996 war sie seit Dezember 1996 an ihrer jetzigen Dienststelle, dem Finanzamt C. H. , beschäftigt. Im Anschluss an die im Jahr 2007 bestandene Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst war sie zunächst in wechselnden Einsatzgebieten tätig. Ab Dezember 2008 war sie für die Steuerfestsetzung von natürlichen Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit in einem Veranlagungsbezirk zuständig. Zuletzt wurde sie am 27. April 2009 zur Steuerinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) befördert.
3Die Klägerin war in den Jahren 2010 bis 2011 unter anderem vom 25. Januar bis zum 26. Februar 2010 sowie vom 11. bis zum 22. Juli 2011, im Jahr 2012 an 184 Arbeitstagen und im Jahr 2013 an 83 Arbeitstagen dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 28. März 2012 entband sie der Leiter des Finanzamtes C. H. wegen Dienstunfähigkeit von den Dienstgeschäften. Bereits mit Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hatte er ein Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeleitet. Dabei hatte er darauf verwiesen, dass sie seit Beginn ihres Einsatzes den Arbeitsanforderungen ihres Arbeitsbereiches nicht gerecht werde. Darüber hinaus sei es am 25. Januar 2010 zu einem Vorfall gekommen, in dessen Verlauf sie akustische Halluzinationen und die Befürchtung eines gegen sie gerichteten Mordkomplotts von Kollegenseite geschildert habe. Nach einer Wiedereingliederung unter psychiatrischer Begleitung habe sich an ihrer Überforderung auch nach einem Zuständigkeitswechsel nichts geändert. Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sei wenig verständnisvoll. Auf Kritik reagiere sie eher aggressiv.
4Der von der Amtsärztin hinzugezogene Facharzt für Psychiatrie X. E. kam in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 zu folgendem Ergebnis:
5„Aus psychiatrischer Sicht ist diagnostisch von einer Persönlichkeit mit emotional instabilen und paranoiden Anteilen auszugehen. Es kommt zu erheblichen Einschränkungen der Beziehungsfähigkeit, sodass Publikumsverkehr nicht möglich ist. Bei fehlender Krankheitseinsicht, wie es bei Persönlichkeitsstörungen in der Regel der Fall ist, ist eine therapeutische Zugänglichkeit kaum möglich. Offenbar hat es mindestens eine psychotische Episode zumindest mit wahnhaften Verkennungen gegeben, sodass unter diesem Eindruck zeitweise eine psychiatrisch medikamentöse Behandlung durchgeführt wurde. Die erheblichen Beziehungsstörungen schränken die Dienstfähigkeit insbesondere im Bereich des kollegialen Miteinanders ein. Offenbar wird nach Mitteilung des Dienstherrn auch die erforderte Leistung nicht gebracht, sodass vermutet werden kann, dass durch die am Arbeitsplatz entstehenden Anpassungsstörungen an die kollegiale Gemeinschaft, es zu kognitiven Einschränkungen kommt, die zu einer Leistungsminderung führen. Hinweise dazu bot das hier auffällige sehr schnelle Denk- und Sprachtempo, dem kaum zu folgen war, ohne dass sich allerdings inhaltliche Auffälligkeiten ergaben.
6Aus psychiatrischer Sicht besteht daher eine Einschränkung der Dienstfähigkeit hinsichtlich der Fähigkeit mit Publikum, aber auch Kollegen umzugehen, sodass es sich empfehlen würde, eine Arbeit vorzusehen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten auftreten und wobei Arbeitstempo und Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen. Insofern kann die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für ihre Laufbahn aus psychiatrischer Sicht derzeit verneint werden und die oben genannten arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen wären geeignet, um eine weitere Gefährdung der Gesundheit zu vermindern. Bei fehlender Krankheitseinsicht ist derzeit keine psychotherapeutische oder pharmakologische Therapie möglich, sodass mit einem Andauern des gegenwärtigen Gesundheitszustandes gerechnet werden muss.“
7Auf der Grundlage dieses fachärztlichen Zusatzgutachtens und der am 20. Januar 2012 durchgeführten eigenen Untersuchung der Klägerin kam die Amtsärztin Dr. T. in ihrem Gutachten vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei wegen einer Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Die Wiederherstellung innerhalb eines längeren Zeitraumes erscheine nicht wahrscheinlich. Die Beamtin werde für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. Im Falle der vorzeitigen Zurruhesetzung werde eine Nachuntersuchung vor Ablauf von drei Jahren für nicht zweckmäßig gehalten. Der Beamtin sei eine Tätigkeit zu empfehlen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten aufträten und das Arbeitstempo und die Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen sollten. Die Amtsärztin ergänzte ihre Ausführungen mit Schreiben vom 30. März 2012 dahin, dass für die bisherige Tätigkeit der Klägerin aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei und eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit zu einer Gefährdung ihrer Gesundheit führe.
8Unter dem 5. April 2012 ersuchte der Leiter des Finanzamts C. H. die Oberfinanzdirektion S. um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vorbehaltlich der ergebnislosen Prüfung einer anderweitigen Verwendung. Mit Anschreiben vom 10. April 2012 beteiligte er den örtlichen Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung und die Gleichstellungsbeauftragte. Sowohl Personalrat als auch Schwerbehindertenvertretung sahen sich angesichts der noch laufenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung zu einer Stellungnahme nicht in der Lage.
9Unter dem 30. April 2012 bat der Leiter des Finanzamtes C. H. das Landesamt für Personaleinsatzmanagement NRW zu prüfen, ob die Klägerin angesichts ihres Gesundheitszustandes in einem anderen Ressort noch eingesetzt werden könne. Zu einem ersten Gespräch mit dem Landesamt erschien die Klägerin am 11. Juli 2012 in Begleitung ihres damaligen Prozessbevollmächtigten. Sie verwies darauf, dass sie weiterhin in der Finanzverwaltung tätig sein wolle. Die für eine Durchführung des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ notwendige Vereinbarung unterzeichnete die Klägerin nicht. Laut Vermerk vom 14. Dezember 2012 fand am 6. Dezember 2012 ein weiteres Gespräch zwischen dem Landesamt und dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin statt. Die Klägerin selbst nahm daran nicht teil. Mit Bericht vom 10. Januar 2013 teilte das Finanzministerium NRW, in dessen Verantwortung das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ zwischenzeitlich übergegangen war, mit, dass die ausgeprägte Fokussierung der Klägerin auf eine Tätigkeit in der Finanzverwaltung auch mit Blick auf den gesundheitlichen Zustand keine aktive Unterstützung des Vermittlungsprozesses erwarten lasse. Das Projektteam habe verschiedene Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung an die in Frage kommenden Dienststellen gerichtet. Dies sei jedoch erfolglos geblieben. Hinsichtlich einer in Betracht kommenden Stelle habe die Stadt M. Interesse gezeigt. Eine Vermittlung sei jedoch an der fehlenden Reaktion der Klägerin auf das Ersuchen um ihre Einwilligung zur Einsichtnahme in ihre Personalakte gescheitert. Auf eine vom Projektteam übermittelte Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. habe sie nicht reagiert. Abschließend habe das Projektteam die im Land zu besetzenden Stellen (A 9 BBesO) nochmals im Hinblick auf ihre gesundheitliche Leistungsfähigkeit abgeglichen. Die Stellen seien jedoch ausschließlich für Tarifbeschäftigte vorgesehen oder aber derart spezifisch ausgerichtet, dass eine Qualifizierung nicht in Betracht komme. Eine Vermittlung der Klägerin werde daher nicht für möglich erachtet.
10Mit am 5. Februar 2013 zugestellten Schreiben hörte der Leiter des Finanzamtes C. H. die Klägerin zu der beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand an. Zugleich gab er ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Schreibens. Am 26. Februar 2013 teilten die jetzigen Prozessbevollmächtigten die Mandatsübernahme mit und baten um Akteneinsicht. Am 15. März 2013 ersuchten sie um ein Abwarten mit der Entscheidung, weil die Klägerin nochmals das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ angehen wolle.
11Nach Zustimmung des örtlichen und des Bezirkspersonalrats und Beteiligung der örtlichen Schwerbehindertenvertretung sowie der Gleichstellungsbeauftragten versetzte die Oberfinanzdirektion S. (heute: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, im Folgenden: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen) mit Bescheid vom 16. April 2013 die Klägerin mit Ablauf des 30. April 2013 in den Ruhestand. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei wegen ihrer Erkrankung seit längerer Zeit dienstunfähig. Nach dem amtsärztlichen Zeugnis vom 28. Februar 2012 könne mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorerst nicht gerechnet werden. Die Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei erfolglos verlaufen.
12Die Klägerin hat am 14. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es fehle bereits eine die Versetzung in den Ruhestand rechtfertigende Dienstunfähigkeit. Sowohl aus dem Gutachten von Dr. E. als auch dem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich lediglich eine Einschränkung der Dienstfähigkeit. Sie sei nunmehr bereit, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ anzugehen. Das habe sie dem Finanzamt schon vor Erlass der streitbefangenen Verfügung signalisiert. Das beklagte Land habe gegen die ihm obliegende Fürsorgepflicht verstoßen, indem es über ihre Bereitschaft zur Mitarbeit hinweg gegangen sei und sie in den Ruhestand versetzt habe. Sie leide nicht an einer Persönlichkeitsstörung. Vielmehr habe ihre Erkrankung mit dem unangemessenen dienstlichen Umgang mit ihr zu tun. So habe man zunächst keinerlei Rücksicht auf ihre polymorphe Lichtallergie genommen.
13Die Klägerin hat beantragt,
14den streitbefangenen Zurruhesetzungsbescheid aufzuheben.
15Das beklagte Land hat unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des angefochtenen Bescheides beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Ergänzend hat es ausgeführt, eine andere Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin habe es nicht gegeben. Die in dem psychiatrischen Gutachten festgestellten Einschränkungen in der Dienstfähigkeit schlössen eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung aus. Die Klägerin habe die Vereinbarung zur Aufnahme eines individuellen Vermittlungsversuchs durch das Projektteam „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ bis heute nicht unterschrieben, für weitere Vermittlungsversuche bestünden deshalb keine Erfolgsaussichten.
18Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gewesen. Sie habe innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate krankheitsbedingt keinen Dienst geleistet. Es habe auch keine Aussicht bestanden, dass innerhalb von weiteren sechs Monaten ihre Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt sei. Die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG habe nicht bestanden. Es sei angesichts des Krankheitsbildes der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar, dass innerhalb der Finanzverwaltung kein adäquater Dienstposten für die Klägerin zu finden sei. Eine Vermittlung eines Dienstpostens außerhalb der Finanzverwaltung sei an der fehlenden Mitwirkung der Klägerin gescheitert. Insoweit sei ihre Bekräftigung, sie wolle sich dem Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zuwenden, unerheblich. Diese sei erst nach Ablauf der Anhörung erfolgt. Sie stehe zudem im Widerspruch zu ihrer Angabe, sich weiterhin für dienstfähig in der Finanzverwaltung zu halten.
19Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 23. März 2015 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
20Es könne bereits nicht von ihrer Dienstunfähigkeit ausgegangen werden. Insoweit sei sowohl in dem amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten ausschließlich von einer Einschränkung in der Dienstfähigkeit die Rede, soweit es den Umgang mit Kollegen und Dritten betreffe. Zudem sei ein Sachverständigengutachten zur Frage ihrer Dienstfähigkeit einzuholen.
21Darüber hinaus habe eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit für sie bestanden. Ihr hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zu durchlaufen. Dies habe sie auch mit dem Finanzamt C. H. bereits telefonisch vorbesprochen, nachdem sie durch ihre neuen Prozessbevollmächtigten ausführlich beraten worden sei. Die anderweitige Entscheidung der Oberfinanzdirektion verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
22Die Klägerin beantragt,
23das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 aufzuheben.
24Das beklagte Land beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Es trägt vor:
27Zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand sei die Klägerin dienstunfähig gewesen. Eine Verwendung innerhalb der Finanzverwaltung sei nicht mehr möglich gewesen.
28Die Klägerin sei seit ihrem Aufstieg in den gehobenen Dienst den an sie gestellten dienstlichen Anforderungen nicht gerecht geworden. Später habe sie massive Beeinträchtigungen ihrer psychischen Gesundheit gezeigt. In Gesprächen über ihr Leistungsbild und ihr Verhalten im Dienst habe sie wenig verständnisvoll, vielmehr eher aggressiv reagiert. Sowohl im amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten sei eine Persönlichkeitsstörung festgestellt worden, die einen Publikumsverkehr nicht mehr erlaube und erhebliche Einschränkungen im kollegialen Umgang zur Folge habe. Könnten diese Einschränkungen bei einem anderweitigen Einsatz nicht berücksichtigt werden, sei von einer Dienstunfähigkeit auszugehen.
29Entgegen ihrer Ansicht gebe es keinen anderweitigen geeigneten Arbeitsplatz für sie in der Finanzverwaltung. Diese zeichne sich durch ein vernetztes, effizientes Arbeiten aus, das schon aus den Gesichtspunkten der Bürgerfreundlichkeit und Transparenz ein hohes Maß an sozialen Fähigkeiten erfordere. Die Ansprüche an ein effizientes Arbeiten stiegen in der Finanzverwaltung kontinuierlich. Die von der Klägerin angeführte Tätigkeit als Betriebsprüferin im Außendienst beinhalte entgegen ihrer Einschätzung besondere Anforderungen an den Umgang mit Steuerbürgern und deren rechtlichen Beratern. Beamte müssten dabei in hohem Maße fähig sein, Konflikte zu bewältigen. Darüber hinaus erfordere diese Tätigkeit ebenfalls die Zusammenarbeit mit anderen Kollegen innerhalb der Finanzverwaltung.
30Das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei mit ausführlicher Begründung unter dem 10. Januar 2013 beendet worden, weil eine Vermittlung der Klägerin unter anderem aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht möglich gewesen sei. Sie habe ihre Mitwirkung an diesem Projekt verweigert. Eine gleichwohl durchgeführte Prüfung der Vermittelbarkeit anhand der offenen Stellen sei ergebnislos verlaufen.
31Die nach Ablauf der Anhörungsfrist eingegangene Ankündigung der Klägerin, das Projekt nochmals anzugehen, begründe keinen Anspruch auf erneute Vermittlungsbemühungen. Das Projekt sei unter Mitwirkung der damaligen Prozessbevollmächtigten abgeschlossen worden. Zudem bestünden Zweifel daran, dass sie ernsthaft bereit gewesen sei, an einer nochmaligen Vermittlung teilzunehmen.
32Schließlich stelle sich die Frage, ob angesichts der ärztlichen Diagnosen überhaupt eine Suchpflicht des Dienstherrn bestanden habe. Aufgrund der Erkrankung der Klägerin habe es keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes (acht Hefte) verwiesen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
35Die Berufung hat Erfolg.
36Sie ist zulässig, auch wenn die Klägerin in der Berufungsbegründung ausschließlich auf ihre Zulassungsbegründung verwiesen und keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt hat. Mit dem gesonderten Schriftsatz zur Begründung ihrer Berufung hat sie hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie das Berufungsverfahren nach der Zulassung durchführen möchte. Darüber hinaus sind mit Blick auf die Zulassungsbegründung und den Gegenstand des Verfahrens auch Ziel und Umfang der Urteilsanfechtung ausreichend erkennbar.
37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Oktober 2009 – 2 B 51.09 -, juris, Rn. 4, und vom 10. März 2011 – 2 B 37.10 -, juris, Rn. 11.
38Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vom 16. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt sie dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin kann aufgrund der ungenügenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung nicht als dienstunfähig gemäß § 26 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 34 LBG NRW in den Ruhestand versetzt werden.
39Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, juris, Rn. 11.
41Dies ist im Streitfall die Entscheidung über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand am 16. April 2013. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen nicht vor. Die Klägerin war zwar dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (dazu unter I.). Das beklagte Land hat jedoch die umfassende Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG nur unvollständig durchgeführt (dazu unter II.). Desgleichen fehlt eine Prüfung der Verwendung in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG (dazu unter III.).
42I. Nach der Legaldefinition des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2015 – 6 A 371/12 -, juris, Rn. 106, und Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f., m.w.N.
44Das beklagte Land hat aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 28. Februar 2012 in der Ergänzung vom 30. März 2012 und des fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens 15. Februar 2012 ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten als Steuerinspektorin,
45vgl. zur Maßgeblichkeit des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn: BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 -, juris Rn. 2; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44.
46dauernd unfähig ist. Bei der Beschäftigungsbehörde der Klägerin, dem Finanzamt C. H. , steht kein Dienstposten zur Verfügung, der dem statusrechtlichen Amt der Klägerin zugeordnet und für sie gesundheitlich geeignet ist.
47Nach den ärztlichen Gutachten ist die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung dauerhaft nicht mehr in der Lage, mit Drittkontakten, sei es Publikum oder Kollegen, umzugehen. Gleichfalls erfordert ihre Erkrankung, Arbeitstempo und Arbeitsmenge dem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechend auszurichten. Die ärztlichen Einschätzungen ergeben sich aus den festgestellten Beziehungsstörungen der Klägerin, die sich aus dem diagnostizierten Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung mit sensitiv paranoiden Anteilen ergeben. Diese Diagnose, die der Facharzt für Psychiatrie E. in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 aufgrund eigener Untersuchung und der seitens der Beschäftigungsbehörde geschilderten Erfahrungen mit der Klägerin getroffen hat, ist in sich schlüssig. Die Amtsärztin kommt unter Würdigung und in inhaltlicher Übereinstimmung dieses Gutachtens mit ihren eigenen Feststellungen in ihrer Stellungnahme vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Persönlichkeitsstörung vorliege. Diese führe dazu, dass die Klägerin derzeit, innerhalb von sechs Monaten und auf absehbare Zeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Vielmehr wird sie für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 30. März 2012 erläutert die Amtsärztin, dass für die bisherige Tätigkeit aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei.
48Der daraus seitens des beklagten Landes gezogene Schluss auf die Dienstunfähigkeit der Klägerin in Bezug auf ihr Amt als Steuerinspektorin weist keinen Rechtsfehler auf. Bereits in ihrem Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hat die Beschäftigungsbehörde darauf verwiesen, dass neben der Klägerin 23 weitere Mitarbeiter/innen mit gleicher Qualifikation die Tätigkeit ausüben. Diese Art der Tätigkeit erfordert nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Dienstherrn eine sehr strukturierte, gewichtende Arbeitsweise. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben sei die Fähigkeit, dauerhaft auch unter Zeitdruck nachhaltige Entscheidungen treffen zu können, von zentraler Bedeutung. Insgesamt führten diese Anforderungen zu einer vergleichsweise hohen psychischen Belastung. In der Klageerwiderung vom 15. Januar 2014 und nochmals in der Berufungserwiderung vom 23. April 2015 hat das beklagte Land plausibel erläutert, dass die ärztlicherseits empfohlene Stelle in einer Verwaltung nicht existiert, in der die zahlreichen Einzelschritte im Bereich der Steuerfestsetzung und –erhebung auf verschiedene Stellen aufgeteilt sind, die effizient und vernetzt zusammenarbeiten müssen. Insoweit verweist es auf die Anforderungsmerkmale des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (www.fm.nrw.de) für eine Bewerbung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung, die unter anderem Teamfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft als Einstellungsvoraussetzungen benennen. Soweit die Klägerin sich für eine Tätigkeit als Betriebsprüferin als geeignet ansieht, verkennt sie die Anforderungen an eine derartige Außendiensttätigkeit. Diese hat das beklagte Land nachvollziehbar mit einer hohen Konfliktfähigkeit im Umgang mit Steuerbürgern und ihren rechtlichen Beratern sowie effizienter kollegialer Zusammenarbeit beschrieben.
49Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der aus den ärztlichen Stellungnahmen gewonnene Eindruck über die Dienstfähigkeit der Klägerin unzutreffend sein könnte. Es ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht nochmals ein Sachverständigengutachten zu ihrer Dienstfähigkeit einzuholen. Zwar unterliegt die Beurteilung der Dienstfähigkeit schon mit Blick auf die gerichtliche Amtsermittlungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Eines weiteren Gutachtens bedarf es jedoch nur dann, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck erfüllen kann, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts notwendige Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die für die Entscheidung notwendige Überzeugungsbildung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Entscheidungsfindung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 B 80.10 -, juris, Rn. 7.
51Derartige Mängel der vorliegenden Gutachten hat die Klägerin weder aufgezeigt, noch lassen sie sich den Akten entnehmen.
52II. Das beklagte Land ist jedoch der sich aus § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ergebenden umfassenden Prüfpflicht nach einer anderweitigen Verwendung der Klägerin nur unvollständig nachgekommen.
53Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Dies ist nach § 26 Abs. 2 BeamtStG der Fall, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
54Dass im Streitfall die im Regelfall („soll“) durchzuführende Suche nach einer anderweitigen Verwendung ausnahmsweise unterbleiben konnte, ist nicht erkennbar. Insbesondere war das beklagte Land seiner Suchpflicht nicht enthoben. Die Suchpflicht entfällt, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
55Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 1 A 2111/13 -, juris, Rn. 12.
56Anhaltspunkte dafür ergeben sich indes weder aus dem fachpsychiatrischen Gutachten noch aus den amtsärztlichen Stellungnahmen. Vielmehr wird der Klägerin ärztlich ein prinzipiell nicht eingeschränktes Leistungsvermögen, wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen, bescheinigt. Da bislang keine entsprechenden Arbeitsversuche stattgefunden haben, ist nichts dafür erkennbar, dass sie auch unter den genannten Voraussetzungen den dienstlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen oder es bei Wiederaufnahme der Tätigkeit zu erheblichen Fehlzeiten kommen werde.
57Für die Ausgestaltung der in § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG festgelegten Suchpflicht hat das Bundesverwaltungsgericht genaue Vorgaben aufgestellt, um gesetzlich nicht vorgesehenen Zweckmäßigkeitserwägungen des Dienstherrn vorzubeugen. In seinem Urteil vom 19. März 2015,
58- 2 C 37.13 -, juris, Rn. 17 ff.,
59heißt es:
60„Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.
61Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08- BVerwGE 133, 297 Rn. 29).
62Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.
63Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).
64Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. … Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.
65In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10- IÖD 2012, 122 <123>).“
66Der erkennende Senat hat sich bereits mit Urteil vom 2. Juli 2009,
67- 6 A 3712/06 -, a. a. O.,
68der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umfang und Nachweis der Suchpflicht des Dienstherrn,
69vgl. Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris,
70angeschlossen. Auch den im zitierten Urteil vom 19. März 2015 weiter konkretisierten Anforderungen folgt der Senat zur Wahrung der Rechtseinheit.
71Die danach geltenden Anforderungen hat das beklagte Land im Streitfall auch unter Einschaltung des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nicht erfüllt.
72Dabei ist es entgegen seiner Ansicht unerheblich, dass die Klägerin im Rahmen des Projektes nicht mitgewirkt hat. Die Suchpflicht ist allein dem Dienstherrn übertragen. Mit § 26 BeamtStG bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Prüfung der Möglichkeit einer Weiterverwendung ausschließlich Aufgabe des Dienstherrn ist. Der Wortlaut der Vorschrift bietet keinen Anhalt für eine Mitwirkungspflicht des betroffenen Beamten bei der Suche nach einer geeigneten Weiterverwendungsmöglichkeit. Das ist bereits dadurch bedingt, dass es um Vorgänge im Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 20,
74in die der Beamte in der Regel keinen Einblick hat und auf die er keinen Einfluss nehmen kann. Überdies zeigt § 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG, dass Entscheidungen über die Weiterverwendung eines dienstunfähigen Beamten sogar gegen seinen Willen getroffen werden können. Nach dieser Vorschrift ist die Übertragung eines neuen Amtes in bestimmten Fällen unter den dort geregelten Voraussetzungen nicht von der Zustimmung des Beamten abhängig. Mitwirkungspflichten des Beamten stellt § 26 BeamtStG lediglich für die Zeit nach erfolgreicher Suche des Dienstherrn auf. § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG verpflichtet den Beamten, an gegebenenfalls erforderlichen Qualifikationsmaßnahmen für eine Weiterverwendung teilzunehmen. Dass der Gesetzgeber dennoch die Suche von einer Mitwirkung des Beamten abhängig machen wollte, lässt sich dem zugrunde liegenden Gesetzentwurf nicht entnehmen. Vielmehr wird in dessen Begründung – ohne eine Mitwirkungspflicht des Beamten auszusprechen – allein auf die verbindliche Regelung der Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung vor der Zulässigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit verwiesen. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicher gestellt werden, dass der Ruhestand bei Dienstunfähigkeit immer nur die „ultima ratio“ sein kann.
75Vgl. Begründung zu § 27 „Dienstunfähigkeit“, Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 28, 29.
76Ebenso wenig sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift für eine Abhängigkeit der Suche von einer Mitwirkung des Beamten. Der in dieser Norm festgeschriebene Grundsatz der „Weiterverwendung vor Versorgung“ würde nicht nur dann unterlaufen, wenn dem Dienstherrn unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten eine Entscheidung über eine Verwendung zustünde,
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 15,
78sondern auch, wenn seine Verpflichtung von etwaigen – gegebenenfalls auch noch von ihm festzulegenden – Mitwirkungspflichten des betroffenen Beamten abhinge.
79Das beklagte Land hat ausweislich der vorgelegten Unterlagen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ folgende Vermittlungsbemühungen unternommen: Anschreiben an die Städte C. H. , M. , Bonn, Köln, den Landesbetrieb Straßenbau, den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen, den Landesbetrieb Wald und Holz, das Landesarbeitsgericht, das Oberlandesgericht Köln und die Bezirksregierung Köln unter Beifügung eines Personalbogens der Klägerin – ohne Mitteilung der gesundheitlichen Einschränkungen –. Antworten sind von der Stadt Köln und dem Landesbetrieb Wald und Holz ausgeblieben. Die Stadt M. hat unter dem 30. Juli 2012 Interesse an einer Vermittlung gezeigt. Die übrigen Antworten sind negativ ausgefallen. Zudem hat es die aktuellen Stellenausschreibungen von Mitte August bis Ende November 2012 in Bezug auf eine mögliche Vermittlung der Klägerin gesichtet. Von einer Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. hat es die Klägerin informiert und gleichzeitig ein Anschreiben an das Klinikum gerichtet, welches jedoch negativ beantwortet worden ist. Eine Vermittlung an die Stadt M. konnte nicht weiter betrieben werden, weil die Klägerin auf die Bitte um ihr Einverständnis mit der Übersendung ihrer Personalakte an die Stadt M. nicht reagiert hat. Mit Abschlusserklärung vom 6. Dezember 2012 und Abschlussbericht an die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 10. Januar 2013 wurde mitgeteilt, dass eine Vermittlung nicht habe erfolgen können.
80Mit den aufgezählten Vermittlungsbemühungen ist das beklagte Land seiner Suchverpflichtung nicht hinreichend nachgekommen. Bereits die Anstrengungen zur Vermittlung der Klägerin genügen den oben genannten Anforderungen nicht. In den Anschreiben an die unterschiedlichen Behörden fehlt schon eine Kurzbeschreibung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Demgemäß konnten die angeschriebenen Stellen nicht prüfen, ob ein gesundheitlich angemessener Dienstposten vorhanden oder aber absehbar besetzbar ist. Darüber hinaus hat das beklagte Land auf ausgebliebene Antworten nicht mit einer nochmaligen Nachfrage reagiert. Ebenso ist eine Nachfrage hinsichtlich der unter Verweis auf die fehlenden Laufbahnvoraussetzungen der Klägerin erfolgten Absage der Bezirksregierung Köln unterblieben.
81Dessen ungeachtet mangelt es aufgrund der gesetzlich nicht vorgesehenen, allerdings wohl im vermuteten Interesse der Klägerin erfolgten Einschränkung der Suche auf die Regionen Köln, Bonn, M. und C. H. an einer Erstreckung der Suche auf den gesamten Bereich des Dienstherrn. Schon angesichts der aus §§ 2 ff. des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (LOG NRW) ersichtlichen Vielzahl der Dienststellen der Landesverwaltung hätten Anfragen an weitaus mehr Dienststellen gerichtet werden müssen als tatsächlich geschehen (unter anderem Ministerien, alle Bezirksregierungen). Entsprechende, konkrete Anfragen waren angesichts der Sichtung der freien Stellen im Newsletter nicht entbehrlich. Die Verpflichtung des beklagten Landes erstreckt sich nicht nur auf die freien, besetzbaren Stellen, die anhand von Stellenausschreibungen abgefragt werden können. Sie bezieht sich auch auf diejenigen Stellen, die innerhalb der nächsten sechs Monate frei werden. Derartige Stellen müssen nicht bereits von Stellenausschreibungen erfasst sein.
82Der Klägerin kann hinsichtlich einer Einschränkung der Suche ein treuwidriges Verhalten nicht vorgehalten werden. Dass sie auf einer geographisch eingeengten Suche bestanden habe, lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen. Die Rahmenbedingungen im Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“, in denen ein Wunsch der Klägerin nach einer Tätigkeit möglichst in der Region Köln, M. , C. H. und gegebenenfalls Bonn erwähnt wird, hat sie nicht unterzeichnet. Dass das beklagte Land diesen Wunsch als verbindlich angesehen hat, ist im Übrigen auszuschließen. Denn es hat ihn mit dem Angebot einer Tätigkeit am Universitätsklinikum B. die Region weit überschritten. Auch hat das Projektteam die im (gesamten) Land zu besetzenden Stellen im Hinblick auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit der Klägerin abgeglichen.
83III. Des Weiteren fehlt eine Prüfung der Verwendung der Klägerin in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
84Die Prüfung dieser Vorschrift musste sich aus Sicht des beklagten Landes bereits deshalb aufdrängen, weil es selbst von der Unmöglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ausgegangen ist. Sie ist jedoch (tatsächlich) ausgeblieben. Erfolglos bleibt auch insoweit der pauschale Einwand des beklagten Landes, eine Suchpflicht habe deshalb nicht bestanden, weil es aufgrund der Erkrankung der Klägerin keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben habe. Die Feststellung von derart weitreichenden gesundheitlichen Einschränkungen lässt sich, wie bereits ausgeführt, den ärztlichen Gutachten nicht entnehmen. Überdies spricht die Tatsache, dass die Klägerin vor ihrer Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst ihrer Tätigkeit im mittleren Dienst beanstandungsfrei nachgekommen ist, dafür, dass eine vorzeitige Zurruhesetzung durch eine geringerwertige Tätigkeit hätte vermieden werden können.
85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(4) Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe zugeordnet sein wie das derzeitige Amt. Für die Übertragung bedarf es keiner Ernennung.
(5) Die Beamtin oder der Beamte, die oder der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitzt, ist verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(6) Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit, besteht die Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen.
(7) Gesetzliche Vorschriften, die für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen, bleiben unberührt.
Gründe
- 1
-
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor. Aufgrund des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist der Senat darauf beschränkt, über die Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO ausschließlich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung zu entscheiden.
- 2
-
Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter. Er leistete seit April 2005 längere Zeit krankheitsbedingt keinen Dienst. Im Jahr 2007 musste er eine Wiedereingliederungsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen für sechs Monate unterbrechen. Seit dem 1. November 2007 erledigte er Büroarbeiten. Nach mehreren weiteren krankheitsbedingten Abwesenheitsphasen leistete der Kläger seit September 2008 keinen Dienst mehr. Auf der Grundlage des polizeiärztlichen und eines vom Polizeiarzt eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens versetzte die Beklagte den Kläger mit Wirkung ab 1. September 2009 vorzeitig in den Ruhestand.
- 3
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzlich erfolgreiche Klage gegen die Zurruhesetzungsverfügung abgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es im Wesentlichen, der Kläger sei nicht nur polizeidienstunfähig, sondern allgemein dienstunfähig. Nach den Gutachten könne er aufgrund seiner Erkrankungen auf unabsehbare Zeit keinen Innendienst leisten, weil dabei sog. Flashbacks und Überlastungssituationen auftreten könnten. Die häufigen Abwesenheitszeiten des Klägers bei Verrichtung von Büroarbeiten bestätigten diese Einschätzung. Aufgrund des fehlenden Leistungsvermögens könne der Kläger weder im Polizeidienst noch im allgemeinen Verwaltungsdienst weiterverwendet werden.
- 4
-
1. Mit der Grundsatzrüge wirft der Kläger die Rechtsfrage auf, ob die Regelungen über die Polizeidienstunfähigkeit durch Regelungen über die allgemeine Dienstunfähigkeit ergänzt werden können.
- 5
-
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).
- 6
-
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Voraussetzungen, unter denen ein dauerhaft polizeidienstunfähiger Polizeivollzugsbeamter im Polizeidienst oder in einer anderen Laufbahn weiterverwendet werden kann, sind - soweit hier entscheidungserheblich - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
- 7
-
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3, Abs. 2 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind und eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist. Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d.h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann (stRspr; vgl. nur Urteile vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 13 f. und vom 5. Juni 2014 - BVerwG 2 C 22.13 - NVwZ 2014, 1319 Rn. 14
).
- 8
-
Für den Polizeivollzugsdienst haben die Länder aufgrund der Ermächtigung des § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG Sonderregelungen für die Dienstunfähigkeit getroffen. Nach § 110 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 25. März 2009 - NBG - (GVBl S. 72) ist ein Polizeivollzugsbeamter dienstunfähig (§ 26 Abs. 1 BeamtStG), wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit), es sei denn, die ausgeübte oder konkret auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt.
- 9
-
Der Bedeutungsgehalt dieser Regelung ist insbesondere durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 4.04 - (Buchholz 237.7 § 194 NWLBG Nr. 2) geklärt, das zur weitgehend wortgleichen Vorschrift des § 194 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen ergangen ist.
- 10
-
Danach ist Maßstab der Polizeidienstfähigkeit nicht das abstrakt-funktionelle Amt eines Polizeibeamten bei seiner Beschäftigungsbehörde, sondern sämtliche Ämter der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes. Der Polizeivollzugsbeamte muss zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspricht. Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand scheidet trotz Polizeidienstunfähigkeit aus, wenn der Polizeivollzugsbeamte in einer Funktion des Polizeidienstes verwendet werden kann, deren Aufgaben er erfüllen kann, ohne polizeidienstfähig zu sein (Urteile vom 3. März 2005 a.a.O. S. 2 f. und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 = Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 jeweils Rn. 10).
- 11
-
Die Weiterverwendung im Polizeidienst setzt voraus, dass dort eine Funktion, d.h. ein Dienstposten, zur Verfügung steht, dessen Aufgaben der Beamte dauerhaft, d.h. voraussichtlich bis zum Erreichen der besonderen Altersgrenze, bewältigen kann (Urteil vom 3. März 2005 a.a.O. S. 3 f.). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Dienstherr verpflichtet ist, nach einer derartigen Funktion zu suchen. Insoweit können die Anforderungen herangezogen werden, die das Bundesverwaltungsgericht für die Suchpflicht nach § 42 Abs. 3 BBG a.F. aufgestellt hat (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 25 f.).
- 12
-
Maßstab für die Prüfung der gesundheitlichen Eignung sind die Anforderungen derjenigen Dienstposten, die für eine Weiterverwendung des Polizeivollzugsbeamten zur Verfügung stehen (Urteil vom 3. März 2005 a.a.O. S. 3). Diese Eignungsbeurteilung unterliegt der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 = Buchholz 232.01 § 9 BeamtStG Nr. 1 jeweils Rn. 24 f.).
- 13
-
Der Dienstherr ist von der Suche nach einer Funktion für die Weiterverwendung im Sinne des § 110 NBG nur dann entbunden, wenn feststeht, dass der Polizeivollzugsbeamte in dem von § 110 NBG vorgegebenen Zeitraum, d.h. in den nächsten zwei Jahren keinerlei Dienst leisten kann oder erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erwarten sind (vgl. bereits Urteil vom 5. Juni 2014 a.a.O. Rn. 34 f. zur Weiterverwendung nach § 44 Abs. 3 BBG n.F.). Unter dieser Voraussetzung kommt es auf die konkreten Anforderungen der für die Weiterverwendung in Betracht kommenden Dienstposten nicht mehr an. Daher besteht in diesem Fall keine Pflicht zur Suche nach einem solchen Dienstposten im Polizeidienst, weil deren Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann.
- 14
-
Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht nicht auf die gesundheitliche Eignung des Klägers für eine Funktion im Sinne von § 110 NBG, sondern auf dessen allgemeine Dienstfähigkeit im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtG abgestellt. Dies wirkt sich indessen im Ergebnis nicht aus, weil das Oberverwaltungsgericht seine nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden, weil nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen dahingehend gewürdigt hat, dass der Kläger im maßgebenden Zeitraum außerstande war, ohne erhebliche Fehlzeiten Dienst auch nur in Form von Bürotätigkeit zu leisten. Davon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht folgerichtig angenommen, eine Suchpflicht nach einer Funktion im Sinne von § 110 NBG habe nicht bestanden.
- 15
-
Entsprechendes gilt für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung außerhalb des Polizeidienstes nach § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG. Diese Regelungen finden auch für Polizeivollzugsbeamte Anwendung, weil die Länder nach § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG nicht zur Regelung der weiteren Voraussetzungen für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand befugt sind. Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 2 BeamtStG setzt allerdings regelmäßig die allgemeine Dienstfähigkeit des Polizeivollzugsbeamten voraus. Eine Suchpflicht besteht nicht, wenn feststeht, dass er generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist. Besteht auch diese nicht, muss er vorzeitig in den Ruhestand zu versetzt werden (vgl. Urteil vom 5. Juni 2014 a.a.O. Rn. 34 f.).
- 16
-
Davon ist das Oberverwaltungsgericht aufgrund seiner bindenden tatsächlichen Feststellungen ausgegangen.
- 17
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2. An die einzelfallbezogene rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts zur krankheitsbedingten Unmöglichkeit einer Weiterverwendung des Klägers innerhalb und außerhalb des Polizeidienstes ist der Senat gebunden, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass den zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anhaftet.
- 18
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Die Rüge, der Dienstherr habe die Suche nach einer Funktion im Sinne von § 110 NBG und nach einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 2 BeamtStG rechtsfehlerhaft unterlassen, ist nicht geeignet, einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO darzulegen. Dieser gesetzliche Begriff erfasst Verstöße des Gerichts gegen verwaltungsprozessrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, nicht aber Fehler des Verwaltungsverfahrens (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - NVwZ-RR 2008, 477 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2 jeweils Rn. 3).
- 19
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In Bezug auf die Suche nach einer anderweitigen Verwendung scheidet ein Verstoß des Oberverwaltungsgerichts gegen die Pflicht zur gerichtlichen Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO aus, weil nach dessen insoweit maßgebenden Rechtsauffassung keine Suchpflicht bestanden hat. Die Aufklärungspflicht verlangt nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil deren Ergebnis nach seinem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich ist (stRspr; Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 5 S. 58 f.; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 1 f.).
- 20
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Die Rüge des Klägers, die polizei- und fachärztlichen Untersuchungen seien nicht verwertbar, weil ihnen keine rechtmäßige Untersuchungsanordnung zugrunde gelegen habe, kann bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil sich der Kläger den Untersuchungen unterzogen hat. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung ist jedenfalls nach Erstellung und Bekanntgabe des Gutachtens ohne Bedeutung (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. jeweils Rn. 18).
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Auch die Rüge, die dem Berufungsurteil zugrunde liegende ärztliche Bewertung sei nicht umfassend und stehe in Widerspruch zu der Bewertung des Polizeiarztes aus den Jahren 2007 und 2008, ist nicht geeignet, einen Verstoß des Oberverwaltungsgerichts gegen die Aufklärungspflicht darzulegen.
- 22
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Über die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens entscheidet das Tatsachengericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO). Seine Weigerung, ein weiteres Gutachten einzuholen, findet im Prozessrecht nur dann keine Stütze, wenn das bereits vorliegende Gutachten nicht geeignet ist, dem Gericht die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist etwa der Fall, wenn das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass gibt, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln. Ein weiteres Gutachten muss nicht schon dann eingeholt werden, wenn ein Beteiligter ein vorliegendes Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr; vgl. nur Beschlüsse vom 26. Februar 2008 a.a.O. Rn. 29 und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - NJW 2009, 2614 = Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 jeweils Rn. 7).
- 23
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Einen derartigen Mangel der Gutachten des Polizeiarztes und der von ihm beauftragten Fachärztin hat der Kläger nicht nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, weil die Beschwerdebegründung insoweit völlig unsubstanziiert ist. Es fehlt jede Auseinandersetzung mit den Diagnosen und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen der Ärzte. Auch geht der Kläger nicht darauf ein, dass das Oberverwaltungsgericht eingehend dargelegt hat, die Einschätzung des Polizeiarztes werde durch den beruflichen Werdegang des Klägers seit 2005 bestätigt.
- 24
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3. Die Divergenzrüge genügt offensichtlich den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht; der Kläger hat sie mit keinem Wort begründet.
- 25
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 5 Nr. 1 GKG.
(1) Beamtinnen und Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurden, sind verpflichtet, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis Folge zu leisten, wenn ihnen im Dienstbereich ihres früheren Dienstherrn ein Amt ihrer früheren oder einer anderen Laufbahn mit mindestens demselben Endgrundgehalt übertragen werden soll und zu erwarten ist, dass sie den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügen. Der Dienstherr ist verpflichtet, in regelmäßigen Abständen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit zu überprüfen, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalls kommt eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht.
(2) Beamtinnen und Beamten, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurden, kann ferner unter Übertragung eines Amtes ihrer früheren Laufbahn nach Absatz 1 auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und ihnen die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung ihrer früheren Tätigkeit zumutbar ist.
(3) Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(4) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, zur Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit an geeigneten und zumutbaren gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen teilzunehmen. Diese Verpflichtung gilt auch zur Vermeidung einer drohenden Dienstunfähigkeit. Vor der Versetzung in den Ruhestand sind sie auf diese Pflicht hinzuweisen, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalls kommt eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht. Der Dienstherr hat, sofern keine anderen Ansprüche bestehen, die Kosten für diese gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen zu tragen.
(5) Beantragen Beamtinnen oder Beamte nach Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, ist diesem Antrag zu entsprechen, falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.
(6) Die erneute Berufung in ein Beamtenverhältnis ist auch in den Fällen der begrenzten Dienstfähigkeit möglich.
(7) Zur Prüfung ihrer Dienstfähigkeit sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen. Sie können eine solche Untersuchung verlangen, wenn sie einen Antrag auf erneute Berufung in das Beamtenverhältnis stellen.
(8) Bei einer erneuten Berufung gilt das frühere Beamtenverhältnis als fortgesetzt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.