Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter, mit der er die Feststellung begehrt, dass die am 4. Mai 2011 am Flughafen München ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen der Bundespolizei rechtswidrig waren.

Der Kläger, der gemeinsam mit seinem Vater am 4. Mai 2011 nach Manchester fliegen wollte, wurde im Hinblick darauf einer intensiven Ausreisekontrolle unterzogen, dass er selbst als „Gewalttäter Sport“ erfasst war, dass sein Vater im Jahr 1998 wegen Landfriedensbruchs erkennungsdienstlich behandelt worden war und dass am 4. Mai 2011 in Manchester ein Champions-League-Spiel zwischen Manchester United und dem FC Schalke 04 stattfinden sollte, bei dem mit Ausschreitungen gerechnet wurde. Die im Rahmen der Kontrolle getroffenen polizeilichen Maßnahmen dienten der Entscheidung über eine mögliche Untersagung der Ausreise. Die Dauer der Kontrolle führte dazu, dass der Kläger und sein Vater ihren Flug nach Manchester nicht mehr rechtzeitig antreten konnten.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.) zuzulassen.

I.

Die Berufung ist zunächst nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht die Klage mangels des in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen und in diesem Zusammenhang ein auf einer Wiederholungsgefahr beruhendes Feststellungsinteresse verneint hat.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei den polizeilichen Maßnahmen, auf die sich die Klage bezieht, jeweils um Verwaltungsakte handelt und deshalb die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft ist, wovon das Verwaltungsgericht offenbar ausgegangen ist, oder ob die betreffenden Maßnahmen sich nicht als Verwaltungsakte darstellen und daher nur eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO in Betracht kommt. Denn die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO erfordert ebenso wie die der Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung (vgl. BVerwG, U. v. 10.2.2000 - 2 A 3.99 - juris Rn. 11; B. v. 18.7.2000 - 1 WB 34.00 - juris Rn. 2).

Dieses Feststellungsinteresse setzt unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige Maßnahme ergehen wird (vgl. BVerwG, U. v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8; U. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 21; U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 20). Dabei hat der Kläger die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/137 f.; U. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - juris Rn. 25). Ist ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt der betreffenden Maßnahme, so kann ein Feststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. BVerwG, U. v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8).

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr verneint. Der Kläger habe seiner Darlegungslast nicht genügt. Ohne Angaben von Einzelheiten und ohne jeden Beleg habe er lediglich pauschal behauptet, er und sein Vater hätten den Flughafen München mehrmals im Jahr für Urlaubsreisen und die Anreise zu ausländischen Fußballspielen benutzt. Aus diesen Angaben sei aber nicht erkennbar, dass in absehbarer Zeit unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen mit gleichartigen Maßnahmen zulasten des Klägers zu rechnen sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass es sich bei sämtlichen Auslandsspielen deutscher Fußballvereine um Risikospiele handele, die zu vergleichbaren Lageerkenntnissen wie bei der Begegnung in Manchester am 4. Mai 2011 und zu aufgrund solcher Erkenntnisse über die sonst üblichen Stichproben hinausgehenden Ausreisekontrollen führten. Bei Ausreisen im Rahmen von Urlaubsreisen könne im Hinblick auf die Kontrolldichte und die besondere Zielsetzung der Kontrollen am 4. Mai 2011 ebenfalls nicht von einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Da der Kläger zudem trotz der von ihm behaupteten Reisehäufigkeit bislang offenbar nicht von einer weiteren vergleichbaren Ausreisekontrolle betroffen gewesen sei, sei ungewiss, ob in Zukunft noch einmal vergleichbare tatsächliche Verhältnisse eintreten könnten.

Dagegen wendet der Kläger lediglich ein, das Verwaltungsgericht verneine die Wiederholungsgefahr zu Unrecht. Es habe nicht davon ausgehen dürfen, dass ihn über den Vortrag hinaus, er nutze den Flughafen München mehrmals im Jahr zu Flugreisen, eine gesteigerte Darlegungslast treffe. Es sei Urlaubsreisen eigen, dass sie nicht mit stringenter Regelmäßigkeit stattfänden. Soweit das Gericht den Vortrag des Klägers für zu allgemein gehalten habe, habe es den Kläger im Rahmen seiner Aufklärungspflicht darauf hinweisen und ihn zu detaillierteren Schilderungen auffordern müssen, um ihm zu ermöglichen, durch die Vorlage „alter“ Belege die regelmäßige Nutzung des Flughafens darzulegen. Da auch dies die Wiederholungsgefahr in der Zukunft nicht belegt hätte, sei es Sache des Gerichts gewesen, dem Kläger zu erläutern, wie er eine regelmäßige Nutzung des Flughafens darlegen könne. Zumindest sei die Frage durch Anhörung des Klägers aufzuklären gewesen.

Diese Ausführungen rechtfertigen aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Denn sie stellen weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Der Kläger macht lediglich geltend, das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er seiner Darlegungslast insoweit nicht genügt habe, als er die regelmäßige Nutzung des Flughafens nicht ausreichend detailliert dargestellt und belegt habe. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus jedoch unterstellt, dass der Kläger den Flughafen München immer wieder nutze, um in den Urlaub oder zu Fußballspielen im Ausland zu fliegen, und im Einzelnen begründet, warum gleichwohl in absehbarer Zeit unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen nicht mit gleichartigen Maßnahmen gegenüber dem Kläger zu rechnen sei. Mit dieser die Verneinung der Wiederholungsgefahr selbstständig tragenden Begründung hat sich der Kläger aber in seiner Zulassungsbegründung nicht auseinandergesetzt und sie daher auch nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Dies wäre aber zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erforderlich gewesen. Denn ist dieses wie hier hinsichtlich der Frage der Wiederholungsgefahr auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, so kommt eine Zulassung der Berufung nur dann in Betracht, wenn Zulassungsgründe wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes dargelegt werden und vorliegen (vgl. etwa BayVGH, B. v. 3.6.2014 - 10 ZB 12.2312 - juris Rn. 16; B. v. 9.10.2013 - 10 ZB 13.1725 - juris Rn. 8; B. v. 10.10.2013 - 10 ZB 11.607 - juris Rn. 22; B. v. 30.10.2013 - 10 ZB 11.1390 - juris Rn. 12; B. v. 6.3.2014 - 10 ZB 11.2854 - juris Rn. 27; B. v. 29.7.2014 - 10 ZB 12.2448 - juris Rn. 9; B. v.16.12.2014 - 10 ZB 14.1741 - juris Rn. 9).

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen schließlich nicht, soweit sich der Zulassungsantrag dagegen richtet, dass das Verwaltungsgericht ein Feststellungsinteresse auch unter dem Gesichtspunkt eines Rehabilitierungsinteresses verneint hat.

Ein Rehabilitierungsinteresse begründet ein Feststellungsinteresse dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls als schutzwürdig anzusehen ist (vgl. BVerwG, B. v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Kläger durch die streitige Maßnahme in seinem Persönlichkeitsrecht objektiv beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/138; B. v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10), weil diese geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/138 f.; U. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; U. v. 20.06.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 24). Dabei müssen die das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Wirkungen noch in der Gegenwart fortbestehen (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/138 f.; U. v. 19.3.1992 - 5 C 44.87 - juris Rn. 9; B. v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10; U. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; U. v. 20.06.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 24).

Diese Maßstäbe hat auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es führt aus, dass der Kläger durch die polizeilichen Maßnahmen nicht diskriminiert oder sonst derart in seinem Persönlichkeitsrecht berührt worden sei, dass ihm mit Hilfe der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit Genugtuung verschafft werden müsse. Das bloße Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen fortbestünden, reiche für die Annahme eines Rehabilitationsinteresses nicht aus. Ausreisekontrollen seien ein alltäglicher, Flugreisende massenhaft und ohne Ansehen der Person betreffender Vorgang, von dem bei vernünftiger Würdigung grundsätzlich keine diskriminierende, das Persönlichkeitsrecht objektiv beeinträchtigende Wirkung ausgehe. Dies gelte auch im Fall des Klägers. Die auf die Ansprache und den ersten Datenabgleich folgenden Maßnahmen der Befragung zu den Reiseabsichten, der Kontrolle der mitgeführten Gegenstände, der Oberbekleidung und der Reisedokumente sowie der weiteren telefonischen Ermittlungen seien nicht unter den Augen der Öffentlichkeit, sondern auf der Dienststelle durchgeführt worden. Sie hätten ausschließlich der Abklärung der Frage gedient, ob der Kläger zur Gruppe der Problemfans gehört und die Voraussetzungen für ein Ausreiseverbot erfüllt habe. Ohne ein Mindestmaß an Ermittlungen zum Eintrag des Klägers in der Datei „Gewalttäter Sport“ habe die Prognose, dass vom Kläger keine Gefahr für erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, nicht abgesichert und die Ermessensentscheidung über eine Ausreiseuntersagung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 PassG nicht fehlerfrei getroffen werden können. Der Vorwurf strafbarer Handlungen sei mit den Maßnahmen nicht verbunden gewesen. Auch die fast einstündige Dauer der Ermittlungen habe keinen diskriminierenden Charakter gehabt. Sie habe sich zwangsläufig daraus ergeben, dass sich beim Kläger und seinem Vater mehrere, teilweise unterschiedliche Anhaltspunkte für die Zugehörigkeit zur Problemfanszene gefunden hätten und beide daher zu Recht zur Abklärung auf die Dienststelle mitgenommen worden seien. Soweit die Dauer der Kontrolle darauf beruhe, dass der Kläger mit seinem Vater gemeinsam gereist sei und daher die diesen betreffenden Ermittlungen habe abwarten müssen, sei dies nicht der Beklagten anzulasten. Seien die Maßnahmen damit insgesamt nicht geeignet gewesen, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit herabzusetzen, so habe es auch nicht der Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen bedurft, um den Kläger der Öffentlichkeit gegenüber zu rehabilitieren.

a) Insoweit macht der Kläger zunächst geltend, es stelle sehr wohl eine Diskriminierung dar, wenn die Reise aufgrund der überlangen Dauer der Kontrolle nicht angetreten werden könne, weil sich in einem Flugzeug eine Vielzahl von Personen befinde, die mitbekomme, wenn ein Reisender von der Polizei zur Seite gebeten werde. Dies sei zwar möglicherweise per se nicht diskriminierend. Wenn aber die betreffende Person anschließend nicht im gebuchten Flugzeug erscheine, dränge sich dem durchschnittlichen Bürger der Verdacht auf, dass ein Krimineller gerade noch so eben aussortiert worden sei.

Diese Ausführungen stellen jedoch die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Denn es ist daraus nicht hinreichend substantiiert zu entnehmen, dass das Ansehen des Klägers durch die polizeilichen Maßnahmen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabgesetzt worden wäre.

Es lässt sich insbesondere aus dem Vorbringen des Klägers nicht hinreichend erkennen, dass andere Passagiere seines Fluges bemerkt hätten, dass er diesen in Folge der polizeilichen Maßnahmen nicht mehr rechtzeitig erreicht hat, und dass deshalb für diese Passagiere Anlass zu Spekulationen über die Gründe bestanden hätte, aus denen die Polizei die Flugteilnahme des Klägers unterbunden hatte. Selbst wenn einzelnen Mitreisenden aufgefallen sein sollte, dass der Kläger intensiver als andere Reisende kontrolliert und - offenbar ohne großes Aufsehen - zur Dienststelle der Bundespolizei mitgenommen wurde, wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass diese Fluggäste ohne Weiteres hätten überblicken können, ob sich der ihnen bis dahin unbekannte Kläger an Bord ihres Flugzeugs befand, und dass ihnen daher dessen Fehlen mit der Folge bewusst geworden wäre, dass das Ansehen des Klägers herabgesetzt gewesen wäre. Anders könnte es sich lediglich dann verhalten haben, wenn der Kläger nicht nur gemeinsam mit seinem Vater, sondern in einer größeren Gruppe unterwegs gewesen wäre, deren Mitgliedern sein Fehlen hätte auffallen müssen, oder wenn an dem Flug Personen teilgenommen hätten, die ihn kannten und ihn aus diesem Grund vermisst und sich deshalb Gedanken über seinen Verbleib gemacht hätten. Dies trägt der Kläger jedoch nicht vor.

War der Kläger den übrigen Passagieren aber nicht bekannt, so ist aus dem Vorbringen des Klägers nicht ersichtlich, wie sein Ansehen durch die polizeilichen Maßnahmen herabgesetzt worden sein könnte, zumal diese offenbar, soweit sie nicht ohnehin in der Dienststelle der Bundespolizei durchgeführt wurden, kein großes Aufsehen verursacht haben und auch sonst keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass andere Reisende den Grund für die Intensität der Kontrolle des Klägers hätten erkennen können.

b) Schließlich stellt der Kläger die Verneinung eines Rehabilitierungsinteresses durch das Verwaltungsgericht auch nicht insoweit mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage, als er geltend macht, die Dauer der Kontrolle habe bereits als solche diskriminierenden Charakter gehabt, weil sie trotz anderweitiger Möglichkeiten bewusst in die Länge gezogen worden sei und weil anders nicht erklärt werden könne, weshalb in Kenntnis der Abflugzeiten die Maßnahmen gegenüber dem Kläger und seinem Vater nicht parallel und damit in einem für die Flugteilnahme unschädlichen Zeitfenster durchgeführt worden seien. Denn das Verwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass die durchgeführten polizeilichen Maßnahmen zur Entscheidung über die Verhängung eines Ausreiseverbots erforderlich gewesen seien und dass sich ihre Dauer zwangsläufig aus den unterschiedlichen Anhaltspunkten für die Zugehörigkeit des Klägers und seines Vaters zur Problemfanszene ergeben habe, denen habe nachgegangen werden müssen. Mit dieser Argumentation hat sich der Kläger aber durch die pauschale Behauptung, die Dauer der Polizeikontrolle sei diskriminierend, weil anders nicht erklärlich sei, weshalb in Kenntnis der Abflugzeiten die Maßnahmen nicht parallel und damit in einem für die Flugteilnahme unschädlichen Zeitfenster durchgeführt worden seien, nicht hinreichend auseinandergesetzt und sie deshalb auch nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

II.

Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

1. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger der Sache nach geltend macht, das Verwaltungsgericht habe seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und dabei die Beteiligten heranzuziehen.

Der Kläger vertritt insoweit die Auffassung, das Verwaltungsgericht habe die Wiederholungsgefahr nicht mit der Begründung verneinen dürfen, der Kläger habe seiner Darlegungslast nicht genügt, weil er ohne Angabe von Einzelheiten und ohne jeden Beleg behauptet habe, den Flughafen München mehrmals im Jahr für Urlaubsreisen oder für die Anreise zu Fußballspielen im Ausland zu nutzen. Vielmehr habe es den Kläger im Rahmen der Amtsaufklärungspflicht zu detaillierteren Schilderungen auffordern und erklären müssen, wie eine regelmäßige Nutzung des Flughafens hätte dargelegt werden sollen. Insbesondere hätte es den Kläger anhören müssen, um die Frage der Nutzung aufzuklären. Mit diesen Ausführungen ist der gerügte Verfahrensmangel aber nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Dass ein solcher Beweisantrag wie hier nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Kläger darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerwG, B. v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B. v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25; B. v. 25.8.2014 - 10 ZB 12.2673 - juris Rn. 16; B. v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 52).

Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Denn der Kläger hat weder dargelegt, welche tatsächlichen Feststellungen das Verwaltungsgericht getroffen hätte, wenn es ihn unter Erläuterung seiner Erwartungen zu einer detaillierteren Schilderung aufgefordert und zur Aufklärung der regelmäßigen Nutzung angehört hätte, noch inwiefern dies zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte. Insbesondere hat er auch im Zulassungsverfahren weder Angaben dazu gemacht noch Belege dazu vorgelegt, wann der Flughafen München von ihm in der Vergangenheit für Urlaubsreisen oder für Reisen zu Fußballspielen im Ausland genutzt worden ist oder in Zukunft genutzt werden soll.

2. Ein Verfahrensmangel ist schließlich auch nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, soweit der Kläger mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte ihn anhören müssen, um die Frage der Nutzung des Flughafens München durch ihn zu klären, eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG rügt.

Zwar kommt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dann in Betracht, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfG, B. v. 15.2.2011 - 1 BvR 980/10 - juris Rn. 13 m. w. N.). Jedoch erfordert die Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, regelmäßig die substantiierte Darlegung, was der Betroffene bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag entscheidungserheblich gewesen wäre (vgl. BVerwG, B. v. 19.8.1997 - 7 B 261/97 - juris Rn. 4). Dazu enthält die Begründung des Zulassungsantrags jedoch keinerlei Ausführungen. Denn der Kläger sieht den Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör zwar darin, dass ihn das Verwaltungsgericht nicht angehört hat, um die Nutzung des Flughafens zu klären. Er macht aber, wie dargelegt, gerade keine Angaben dazu, wie er den Flughafen in der Vergangenheit im Einzelnen genutzt hat oder in Zukunft zu nutzen beabsichtigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen die Anordnungen der Beklagten weiter, bei der Haltung seiner Jagdhündin dafür zu sorgen, dass diese in bewohnten Gebieten einschließlich öffentlicher Wege, Straßen und Plätze an einer reißfesten Leine von nicht mehr als 1,5 m Länge mit einem schlupfsicheren Halsband nur von einer ausreichend kräftigen und zuverlässigen Person geführt wird und dass ein Verlassen des befriedeten Besitztums des Klägers unter Missachtung dieser Vorgaben ausgeschlossen ist.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die der Sache nach geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.), noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.).

I. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Zutreffend legt das Verwaltungsgericht als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten getroffenen Anordnungen Art. 18 Abs. 2 LStVG zugrunde, nach dem in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 LStVG zum Schutz von Leben, Gesundheit, Eigentum oder öffentlicher Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden getroffen werden können. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geht es dabei davon aus, dass der Erlass solcher Anordnungen das Bestehen einer konkreten Gefahr für eines der genannten Rechtsgüter voraussetzt (st.Rspr.; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 31.7.2014 - 10 ZB 14.688 - juris Rn. 6).

Eine solche Gefahr bejaht das Verwaltungsgericht mit der Begründung, die von jedem Hund ausgehende abstrakte Gefahr habe sich im Falle der Hündin des Klägers dadurch realisiert, dass es zu zwei vom Kläger auch eingeräumten Beißvorfällen gekommen sei. In diesem Fall bestehe aber die konkrete Gefahr weiterer solcher Vorfälle. Unerheblich sei, ob der Beißvorfall vom 14. November 2009, bei dem ein Mann, der Werbeprospekte verteilt habe, durch die nicht angeleinte Hündin des Klägers in die rechte Hand und den linken Oberschenkel gebissen worden sei, durch ein Fehlverhalten des Geschädigten mit verursacht worden sei. Fehlreaktionen von Passanten gegenüber frei umherlaufenden Hunden entsprächen der Lebenserfahrung. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die konkrete Gefahr auch nicht dadurch entfallen, dass zwischen dem letzten Beißvorfall am 3. September 2010, bei dem eine Frau, als sie die Straße betrat, von der sich dort aufhaltenden und nicht angeleinten Hündin des Klägers im Bereich des rechten Knies und Oberschenkels gebissen worden sei, und dem Erlass des die streitgegenständlichen Maßnahmen anordnenden Bescheids vom 24. Juni 2012 kein weiterer Beißvorfall aktenkundig geworden sei. Ein längerer zeitlicher Abstand zwischen einem Beißvorfall und dem sicherheitsrechtlichen Tätigwerden widerlege nicht per se die durch die vorherigen Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage. Es bestehe kein Erfahrungssatz, dass ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum hinweg unauffällig gewesen sei, dies auch bleiben werde. Tatsachen, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass von der Hündin des Klägers in Zukunft keine Gefahren mehr ausgingen, habe der Kläger nicht vorgetragen. Auch die Begutachtung durch die Amtstierärztin belege nicht, dass von der Hündin keine Gefahr mehr ausgehe. Abgesehen davon, dass die durch mehrere Beißvorfälle belegte Gefährlichkeit der Hündin keiner weiteren Überprüfung durch ein Gutachten bedürfe, stelle die Tierärztin fest, dass der Kläger auf von ihm erkannte potenzielle Gefahrensituationen nicht immer prompt reagiert habe. So habe er seine Hündin erst nach einer kurzen Weile zu sich gerufen, als sie in einen nicht eingezäunten Garten mit spielenden Kindern gelaufen sei. Die fehlende Einsichtsfähigkeit eines Hundehalters in die von seinem Hund ausgehenden Gefahren verschärfe die durch das Verhalten des Hundes indizierte Gefahr.

Der Kläger macht insoweit geltend, er habe sich an seine gegenüber der Beklagten abgegebene Erklärung vom 21. Oktober 2010 gehalten, er werde den Hund künftig an der Leine führen. Der Hund sei lediglich einige Male ohne Leine zu einem befreundeten Nachbarn über die Straße gelaufen und werde in Zukunft ohne jegliche Ausnahme an der Leine geführt. Auch der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge, der die Hündin nach seinen Angaben mehrmals unangeleint auf der Straße angetroffen habe, habe einräumen müssen, dass sich die Hündin ihm gegenüber nie aggressiv gezeigt habe und dass er jeweils davon überzeugt gewesen sei, dass sie ihm nichts tun werde. Bei dieser Sachlage könne insbesondere deshalb nicht automatisch auf eine Gefährlichkeit des Hundes geschlossen werden, weil der letzte Beißvorfall vom 3. September 2010 datiere und der Hund seitdem beanstandungsfrei geführt worden sei.

Diese Ausführungen stellen aber die das angefochtene Urteil tragende Annahme, von der Hündin des Klägers gehe eine konkrete Gefahr für die Gesundheit anderer aus, wie dies für Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG erforderlich sei, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, geht von einem Hund eine konkrete Gefahr für die Gesundheit, die Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigen kann, jedenfalls dann aus, wenn es wie hier in der Vergangenheit bereits zu Beißvorfällen gekommen ist. In solchen Fällen sind Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zur Abwehr einer Gefahr, die sich in der Vergangenheit bereits realisiert hat, auch nicht nur zulässig, sondern regelmäßig sogar geboten (st.Rspr.; vgl. zuletzt BayVGH, B.v.31.7.2014 - 10 ZB 14.688 - juris Rn. 9; B.v.28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 24; 10 ZB 11.1837 m. w. N.). Zu Recht geht das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass die damit angesichts der Beißvorfälle vom 14. November 2009 und 3. September 2010 von der Hündin des Klägers ausgehende konkrete Gefahr entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb entfallen ist, weil es seitdem zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen ist. Denn mangels eines Erfahrungssatzes, nach dem ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum unauffällig war, es auch in Zukunft bleiben wird, widerlegt ein längerer seit einem Beißvorfall verstrichener Zeitraum nicht per se die durch die vorherigen Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25). Von einem Wegfall der konkreten Gefahr kann vielmehr allenfalls dann ausgegangen werden, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus Tatsachen vorliegen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden kann, dass von dem betroffenen Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2000 - 24 ZS 00.2789 - juris Rn. 10; B.v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25).

Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht nur dann, wenn vor den Beißvorfällen bereits ein sicherheitsrechtlicher Bescheid zur Haltung der Hunde ergangen war (vgl. BayVGH, B.v.10.11.2000 - 24 ZS 00.2789 - juris, wo wie hier den einige Zeit zurückliegenden Beißvorfällen keine Anordnung nach § 18 Abs. 2 LStVG vorausgegangen war). Denn ob ein Hund, der mehrfach Personen gebissen hat, als solcher gefährlich ist und deshalb von ihm eine konkrete Gefahr ausgeht, die Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigen kann, hängt nicht davon ab, ob bereits Anordnungen zur Hundehaltung getroffen waren, als sich die von ihm ausgehende Gefahr durch die Beißvorfälle tatsächlich realisiert hat.

Damit hat das Verwaltungsgericht aber entgegen der Ansicht des Klägers trotz der seit den Beißvorfällen verstrichenen Zeit zu Recht eine von der Hündin des Klägers ausgehende und fortbestehende konkrete Gefahr bejaht. Denn der Kläger hat Tatsachen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden könnte, dass von seiner Hündin inzwischen keine Gefahr mehr ausgehe, nicht vorgetragen. Die Gesichtspunkte, die seiner Ansicht nach gegen eine konkrete Gefahr sprechen, rechtfertigen einen solchen Schluss jedenfalls nicht.

Insbesondere lässt sich aus der Aussage des vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen, nach der die Hündin des Klägers ihm gegenüber nie aggressiv gewesen sei, nicht sicher schließen, dass von dem Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht. Denn dass das Tier dem Zeugen gegenüber, der selbst Hundehalter ist, kein aggressives Verhalten gezeigt hat, lässt nicht den sicheren Schluss zu, dass es sich gegenüber anderen und vor allem gegenüber im Umgang mit Hunden weniger erfahrenen Personen ebenfalls nicht aggressiv verhalten wird oder dass es unter ähnlichen Umständen wie bei den Beißvorfällen in den Jahren 2009 und 2010 nicht erneut zubeißen wird.

Ebenso wenig lässt es die von der Hündin des Klägers als solcher ausgehende konkrete Gefahr entfallen, dass der Kläger das Tier künftig ausnahmslos an der Leine führen will. Die Gefahr, die von der Hündin des Klägers ausgeht, besteht darin, dass sie Menschen beißt und damit in ihrer Gesundheit beeinträchtigt, wenn sie auf öffentlichen Straßen frei umherläuft. Das Anleinen des Hundes stellt sich demgegenüber als Maßnahme zur Abwehr dieser Gefahr dar. Als Gefahrenabwehrmaßnahme, die nach Art. 18 Abs. 2 LStVG angeordnet werden kann, lässt das Anleinen des Hundes aber nicht das Vorliegen der konkreten Gefahr, deren Abwehr es dient, als Tatbestandsvoraussetzung der seiner Anordnung zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage entfallen. Dass der Kläger seine Hündin in Zukunft ausnahmslos an der Leine führen will, wirft vielmehr die Frage auf, ob die Anordnung des Leinenzwangs deshalb rechtswidrig ist, weil sie nicht erforderlich ist und damit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.

2. Auch wenn man daher das Vorbringen des Klägers, er werde seine Hündin künftig ausnahmslos anleinen, so versteht, dass es sich gegen die Erforderlichkeit der den Gegenstand der Klage bildenden Anordnungen richtet, ergeben sich daraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Verwaltungsgericht geht vielmehr zu Recht davon aus, dass der Erforderlichkeit der das Anleinen des Hundes betreffenden Anordnungen der Beklagten (Nr. I.1., I.2. und I.3. des Bescheids vom 24. Juni 2012) die Zusage des Klägers, er werde seinen Hund freiwillig innerhalb bewohnter Gebiete nur noch angeleint ausführen, nicht entgegensteht. Denn dass der Kläger seine Hündin in Zukunft anleint, ohne dazu durch eine entsprechende Anordnung verpflichtet worden zu sein, ist zur Abwehr der von einem freien Umherlaufen der Hündin ausgehenden Gefahren nicht im gleichen Maß geeignet wie eine entsprechende behördliche Anordnung, die anders als die Selbstverpflichtung des Klägers mit Hilfe von Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Dies gilt umso mehr, als der Kläger bereits in einem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21. Oktober 2010 erklärt hatte, er werde seinen Hund künftig den damals beabsichtigten Anordnungen der Beklagten entsprechend an der Leine führen, er sich daran aber, wie er selbst einräumt, später nicht immer gehalten hat.

II. Die Berufung ist schließlich auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

1. Zwar macht der Kläger der Sache nach geltend, das Gericht habe seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, wenn er sinngemäß ausführt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die von ihm angebotenen Zeugen zum Anleinverhalten des Klägers nicht vernommen. Der Kläger hat den gerügten Verfahrensmangel aber nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Dass ein solcher Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Kläger darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B.v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht dargelegt.

Da der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2012 einen Beweisantrag nicht gestellt hat und damit die Aufhebung des Beweisbeschlusses vom 18. September 2012 hinsichtlich zweier von ihm benannter Zeugen durch die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 und 30. Oktober 2012 sowie das dem Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober mitgeteilte Absehen von der Einvernahme zweier weiterer von ihm benannter Zeugen hat auf sich beruhen lassen, hätte er darlegen müssen, dass sich die Einvernahme der betreffenden Zeugen dem Gericht hätte aufdrängen müssen, weil es auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Dies ist jedoch nicht in den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechender Weise geschehen.

Der Kläger legt zwar dar, dass die Zeugen hätten bekunden können, dass er seine Hündin in der Regel an der Leine geführt habe und sich die gelegentlichen Ausnahmen darauf beschränkt hätten, dass der Hund unangeleint die Straße überquert habe, um zum Grundstück eines befreundeten Nachbarn zu laufen. Er legt aber nicht dar, warum dies für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich gewesen wäre und weshalb es deshalb auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung gehabt hätte.

Dies war im Übrigen auch nicht offensichtlich. Denn das Verwaltungsgericht hat die Erforderlichkeit der das Anleinen der Hündin des Klägers betreffenden Anordnungen unter anderem damit begründet, dass sich der Kläger in der Vergangenheit nicht an seine Zusage gehalten habe, seinen Hund künftig anzuleinen. Es hat diese Feststellung nicht nur auf die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen, sondern auch darauf gestützt, dass der Kläger selbst eingeräumt habe, dass seine Hündin unangeleint zum auf der anderen Straßenseite gelegenen Nachbaranwesen gelaufen sei. Wenn aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts für die Erforderlichkeit der von der Beklagten getroffenen Anordnungen ausreichte, dass der Kläger, wie von ihm eingeräumt, seinen Hund ohne Leine über die Straße zum Nachbaranwesen laufen ließ, so bedurfte es nach dieser Rechtsauffassung nicht mehr der vom Kläger für notwendig erachteten Klärung, ob seine Hündin im Übrigen im öffentlichen Straßenraum regelmäßig an der Leine geführt worden ist.

2. Soweit der Kläger schließlich meint, es sei erforderlich gewesen, die Gefährlichkeit des Hundes konkret bewerten zu lassen, ist auch damit ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen seine Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Denn weder hat der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Beweisantrag gestellt, noch hat er dargelegt, dass sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass es bei einer durch mehrere Beißvorfälle belegten Gefährlichkeit eines Hundes keiner weiteren Nachprüfung durch ein Gutachten bedürfe und dass ein längerer zeitlicher Abstand zwischen einem Beißvorfall und dem sicherheitsrechtlichen Tätigwerden die durch die Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage nicht per se, sondern nur dann widerlege, wenn sonstige Tatsachen vorlägen, aus denen der Schluss gezogen werden könne, dass von der Hündin keine konkrete Gefahr mehr ausgehe. Warum das Verwaltungsgericht auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen, ist dem Vorbringen des Klägers aber nicht zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. August 2009 - 1 LA 28/09 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Damit wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. März 2010 - 1 LA 48/09 - gegenstandslos.

...

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über die Genehmigungsfähigkeit der Nutzung vorhandener Gebäude für eine Schießsportanlage.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist ein eingetragener Verein und betreibt in Schleswig-Holstein ein Schießsportzentrum auf dem Gelände einer ehemaligen Schießanlage der Bundeswehr. Das Schießsportzentrum liegt zum weit überwiegenden Teil auf dem Gebiet der Gemeinde K. und zu einem kleinen Teil auf dem Gebiet der Stadt E. (der Beigeladenen des Ausgangsverfahrens, im Folgenden: Beigeladene). Der Beschwerdeführer beabsichtigt, auf dem Gebiet der Beigeladenen stehende, noch von der Bundeswehr errichtete Gebäude zukünftig als Lager und Toiletteneinheit zu nutzen. Die dafür beantragte Erteilung eines Bauvorbescheids lehnte der Kreis O. (der Beklagte des Ausgangsverfahrens, im Folgenden: Beklagter) im Juli 2005 ab.

3

2. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer Klage zum Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, die dieses mit Urteil vom 28. November 2008 abwies. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts handelte es sich bei den vorgesehenen Gebäudenutzungen entgegen der Auffassung des Beklagten zwar um ein Standort gebundenes und damit privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Ihm stünden jedoch öffentliche Belange entgegen; das Entstehen einer Splittersiedlung sei zu befürchten. Die schriftlichen Urteilsgründe wurden dem Beschwerdeführer am 16. April 2009 zustellt.

4

3. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht lehnte mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 31. August 2009 den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden nicht. Das Vorhaben sei nicht privilegiert im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB. Die vier betroffenen Gebäude müssten im Zusammenhang mit der Schießsportanlage im Bereich des benachbarten Bebauungsplans Nr. 9 der Gemeinde K. gesehen werden. Sie wären nur dann insgesamt nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert, wenn sie überwiegend zu Übungs- und Ausbildungsschießen von Jägern oder sonst - im Interesse der Allgemeinheit - zum Führen von Schusswaffen Berechtigten dienen sollten. Das sei jedoch nicht der Fall. Infolgedessen könnte die Voranfrage nur nach § 35 Abs. 2 BauGB beurteilt werden. In diesem Fall stünden der beabsichtigten Nutzung öffentliche Belange entgegen, weil das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche.

5

4. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 8. März 2010 wies das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zurück. Es habe vor der Entscheidung nicht auf seine Absicht hinweisen müssen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB anders als das Verwaltungsgericht zu beurteilen. Im Übrigen habe der Senat in einem vorangegangenen Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 (1 KN 11/05) entschieden, dass die Schießsportanlage nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei. Daran sei festzuhalten. Bei einer "Fortführung" des Zulassungsverfahrens nach § 152a Abs. 1 VwGO und einer (erneuten) Entscheidung über den Zulassungsantrag wäre diese Rechtsprechung aus dem Normenkontrollverfahren zu berücksichtigen. Eine Berufungszulassung komme daher nicht mehr in Betracht.

II.

6

1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.

7

Er habe im Rahmen der Begründung der Anhörungsrüge umfänglich zu der Frage der Privilegierung sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht vorgetragen und Stellungnahmen des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein e.V. sowie des Deutschen Jagdschutz-Verbandes e.V. beigefügt. Anlässlich dieses Vortrags genüge es der richterlichen Sorgfalt nicht, auf eine bereits zuvor und unter nicht vergleichbaren Voraussetzungen getroffene Entscheidung in einem Normenkontrollverfahren zu verweisen und diese für unzweifelhaft richtig zu erklären. Das Oberverwaltungsgericht hätte seine in dem Normenkontrollurteil zu dem Bebauungsplan Nr. 9 der Gemeinde K. vertretene Meinung spätestens anlässlich des Vorbringens in der Anhörungsrügebegründung ernsthaft zur Disposition stellen müssen.

8

Die angegriffenen Beschlüsse verletzten ihn in seinem Recht auf rechtliches Gehör. Für einen weitergehenden Vortrag zur Frage der Privilegierung habe für ihn vor der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags kein Anlass bestanden. Von den Prozessbeteiligten könne nicht verlangt werden, in jeder Phase eines Verfahrens zu allen Aspekten und unter Einholung verschiedener Gutachten umfänglich vorzutragen, ohne dass sich der Rechtsstreit auf bestimmte Aspekte konkretisiert habe. Damit stehe in Einklang, dass auch in der Begründung des Antrags auf Zulassung einer Berufung nur auf das vorliegende Urteil einzugehen sei, nicht aber darzulegen sei, dass sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweise. Das Oberverwaltungsgericht sei aus eben diesen Gründen verpflichtet, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, bevor es entscheide, ein Urteil des Verwaltungsgerichts wäre aus anderen als den in diesem Urteil selbst genannten Gründen aufrecht zu erhalten. Dies gelte für jeden Austausch der Begründung, der bei gewissenhafter Behandlung weitere tatsächliche oder rechtliche Klärung erfordere, und nicht nur bei der Anführung einer Begründung, deren Möglichkeit im vorherigen Prozessverlauf überhaupt noch nicht thematisiert worden sei. Der Gehörsverstoß sei auch nicht geheilt worden. Das Oberverwaltungsgericht habe sich in seinem die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschluss mit seinem weiteren Vortrag nicht auseinandergesetzt.

9

2. Das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein und die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des gerichtlichen Ausgangsverfahrens sowie die Akten des Normenkontrollverfahrens 1 KN 11/05 wurden beigezogen.

III.

10

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme ist zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts des Beschwerdeführers angezeigt (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden, die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

11

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 31. August 2009 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (dazu 1.). Ob sie darüber hinaus ihn auch in seinen Rechten aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, kann offen bleiben (dazu 2.). Damit wird der Beschluss über die Anhörungsrüge gegenstandslos.

12

1. Das Oberverwaltungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen; dieser Verstoß ist nicht durch den Beschluss über die Anhörungsrüge geheilt.

13

a) Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Verfahrensbeteiligten, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen. An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrundelegt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>, stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>). Zwar ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; BVerfGK 7, 350 <354>).

14

b) Ausgehend hiervon hätte das Oberverwaltungsgericht auf die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung des Vorliegens der in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Voraussetzungen hinweisen müssen.

15

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Oberverwaltungsgericht einem Rechtsmittelführer vorher rechtliches Gehör gewähren, wenn es den Antrag auf Zulassung der Berufung ablehnen will, weil sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als vom Verwaltungsgericht angenommen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

16

Ein solcher Hinweis ist auch zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat aus der Begrenzung der Darlegungsanforderungen im Berufungszulassungsverfahren geschlossen, dass das Oberverwaltungsgericht dem Rechtsmittelführer in der Regel rechtliches Gehör gewähren muss, wenn es den Zulassungsantrag mit der Begründung ablehnen will, dass sich die in Anknüpfung an die tragenden Gründe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufgeworfene Grundsatzfrage aus anderen als den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Gründen im Berufungsverfahren nicht stellen werde (vgl. BVerfGK 7, 350 <355> unter Herleitung aus BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>). Nichts anderes wird regelmäßig gelten, wenn der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Zulassungsantrag mit der Begründung abgelehnt werden soll, das angegriffene Urteil erweise sich aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angenommenen Gründen als richtig (vgl. auch BVerfGK 10, 208 <214>).

17

bb) Im vorliegenden Fall bestand entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kein Grund, von einem solchen Hinweis abzusehen. Der Beschwerdeführer musste nicht damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht von der ausführlich begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Standortgebundenheit und damit grundsätzlichen Privilegierung der Schießsportanlage im Sinne der in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genannten Voraussetzungen abgehen würde. Zu Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, dass im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid keine substantiierte Begründung für die dort angenommene fehlende Privilegierung des Gesamtvorhabens gegeben worden ist, so dass etwaige Gegenargumente zur Standortgebundenheit im Verwaltungsverfahren noch nicht genannt worden waren. Auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht haben sich der Beklagte und die Beigeladene nicht schriftsätzlich zu dieser Frage geäußert. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ergibt sich lediglich, dass die Privilegierungsfrage erörtert worden ist. Die im Beschluss über die Anhörungsrüge geäußerte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es habe in dem Beschluss über die Nichtzulassung der Berufung nicht die Begründung durch einen neuen Gesichtspunkt ersetzt, mit dem der Beschwerdeführer nicht habe rechnen können, sondern lediglich die schon erstinstanzlich streitige Frage der Privilegierung des Vorhabens anders beurteilt als das Verwaltungsgericht, läuft auf das unzumutbare Ergebnis hinaus, dass sich der Antragsteller eines Antrags auf Zulassung der Berufung nicht darauf beschränken darf, das verwaltungsgerichtliche Urteil anzugreifen, sondern dieses vielmehr auch, soweit es für ihn günstige Ausführungen enthält, mit etwaigen weiteren Argumenten und weiteren tatsächlichem Vorbringen verteidigen muss für den Fall, dass das Oberverwaltungsgericht eine abweichende, ihm ungünstige Rechtsauffassung vertritt. Eine solche Verteidigung widerspricht jedoch ersichtlich dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens, in dem - lediglich - zu prüfen ist, ob ein Zulassungsgrund dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Eine umfassende Überprüfung der Richtigkeit eines erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Urteils ist nach der Systematik des Berufungsrechts dem Berufungsverfahren selbst vorbehalten. Tatsächliches oder rechtliches Vorbringen zu einem ihm günstigen Standpunkt des Verwaltungsgerichts für den Fall einer hiervon abweichenden Sichtweise muss der Antragsteller im Berufungszulassungsverfahren auch bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt daher in aller Regel ohne entsprechenden Hinweis des Oberverwaltungsgerichts nicht für geboten halten. Anderes kann nur gelten, sofern besondere Umstände des erstinstanzlichen Verfahrens oder der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gerade dies nahe legen.

18

Für solche besonderen Umstände ist hier nichts erkennbar. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 zur fehlenden Privilegierung des Gesamtvorhabens der Schießsportanlage konnten den Beschwerdeführer schon aus zeitlichen Gründen nicht dazu veranlassen, sich im Verfahren auf Zulassung der Berufung vertieft zur Privilegierung des Vorhabens zu äußern. Denn bei Ablauf der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung am 16. Juni 2009 war dieses Urteil noch nicht einmal gefällt. Selbst bei Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses über die Nichtzulassung der Berufung vom 31. August 2009 lagen die schriftlichen Urteilsgründe zu der Normenkontrollsache noch nicht vor. Diese wurden erst im Dezember 2009 der Geschäftsstelle übergeben und sodann dem Beschwerdeführer zugestellt.

19

cc) Der angegriffene Beschluss vom 31. August 2009 beruht auch auf dem Gehörsverstoß, ohne dass dieser geheilt worden wäre. Im Verfahren der Anhörungsrüge hat der Beschwerdeführer umfassend, seine bisherigen Ausführungen vertiefend, zur konkreten Ausgestaltung des (Gesamt-)Vorhabens Stellung genommen, dabei vorgetragen, dass allein von der Zahl der kalkulierten Nutzer her die Jäger dominierten, sowie die Bedeutung der zugelassenen Schießstände für das jagdliche Schießen dargelegt. Dass das Oberverwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu der Auffassung gelangt wäre, dass das Urteil aus anderen Gründen richtig und infolgedessen die Berufung nicht zuzulassen ist, lässt sich nicht feststellen. Das Oberverwaltungsgericht ist im Beschluss über die Anhörungsrüge gerade nicht auf das zusätzliche tatsächliche Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen. Mit seinem Beschluss über die Anhörungsrüge hat es daher die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch nicht etwa nachträglich geheilt (zu dieser Möglichkeit siehe BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580 <581>). Es verweist vielmehr auf sein Normenkontrollurteil vom 23. Juli 2009 (1 KN 11/05) und behauptet, die dortigen Ausführungen wären in einem Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Woraus sich diese Berücksichtigungspflicht ergeben soll, zumal die Privilegierungsfrage nicht Gegenstand der Normenkontrolle war, sondern dort nur im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags erörtert wurde, und weshalb sie zur Unbeachtlichkeit des weiteren Vorbringens führen soll, legt das Oberverwaltungsgericht nicht dar; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

20

2. Da bereits der festgestellte Gehörsverstoß zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses über die Nichtzulassung der Berufung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht führt, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob dieser Beschluss durch den Austausch der Begründung für die Ergebnisrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines solchen Vorgehens vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f.> m.w.N.) hier auch die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und den Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt.

21

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

22

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.