Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 25. Jan. 2019 - W 9 K 17.703

bei uns veröffentlicht am25.01.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

II. Es wird festgestellt, dass die von der Polizei am 1. Juli 2017 gegenüber dem Kläger ausgesprochenen Platzverweise aus der K … Straße … I …, G …, sowie die angeordneten Sicherstellungen und Verwahrungen der zwei zu dieser Gewerbeeinheit gehörenden Schlüsselbunde rechtswidrig waren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5.

IV. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen Maßnahmen der Polizeiinspektion Würzburg-Land am 1. Juli 2017.

1. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. Juli 2017, bei Gericht eingegangen am 11. Juli 2017, ließ der Kläger Klage erheben und beantragen festzustellen, dass der Platzverweis am 1. Juli 2017 aus der Gewerbeeinheit, I …, G … (Erdgeschoss und Keller), die Androhung polizeilichen Zwangs und die Sicherstellung und Verwahrung der Schüssel zu dieser Gewerbeeinheit (zwei Schlüsselbunde unter anderem für Haustürschlüssel und Nebenräume) rechtswidrig gewesen sind, und den Beklagten zu verurteilen, die genannten Schlüssel an den Kläger herauszugeben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Maßnahmen der Polizeibeamten rechtswidrig gewesen seien. Der Kläger sei Mieter der Arztpraxis, K … Straße … I …, … G …, aufgrund eines Mietvertrags vom 21. Mai 2010 gewesen. Unter dem 15. Dezember 2016 habe die Vermieterin den Mietvertrag zum 30. Juni 2017 gekündigt. Eine Räumungsklage habe sie nicht erhoben. Die Mietparteien hätten vereinbart, dass die Schlüsselübergabe am 3. Juli 2017 um 16:00 Uhr zu erfolgen habe. Der Kläger habe angeboten, für die Zeit eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Der Anwalt der Vermieterin habe gegenüber einer Bürokraft des Klägerbevollmächtigten am 30. Juni 2017 gegen 11:45 Uhr ein Hausverbot gegen den Kläger ausgesprochen. Am 1. Juli 2017 gegen 1:00 Uhr habe ein Polizeibeamter den Kläger über die Straftat des Hausfriedensbruchs belehrt, ihn aus der Praxis verwiesen und den Praxisschlüssel sichergestellt. Der Beamte habe sich in Begleitung des Sohns der Vermieterin befunden. Der Klägerbevollmächtigte habe am Morgen des 1. Juli 2017 mit Herrn PHK S … telefoniert und nachgefragt, ob ein rechtskräftiger Räumungstitel bestehe, was dieser verneint habe. Der Klägerbevollmächtigte habe darauf hingewiesen, dass in einem Rechtsstaat der Vermieter Räumungsklage erheben müsse und dass mangels Besitzübergang auf die Vermieterin kein Hausfriedensbruch vorliege. Der Beamte habe angekündigt, dass er zur Praxis fahren und den Kläger in Gewahrsam nehmen werde, wenn dieser sich nicht entferne. Der Klägerbevollmächtigte habe den Kläger angerufen und geraten, den Mietvertrag aus dem häuslichen Tresor zu holen, bevor die Streife eintreffe. Weiter habe er ihm geraten, den Anordnungen der Polizeibeamten nachzukommen. Der Kläger habe zu diesem Zeitpunkt gerade mit Helfern die Praxis leergeräumt. Der Kläger und seine Umzugshelfer hätten nach dem Telefonat ihre Tätigkeit unterbrochen. Deshalb habe sich der Kläger der Streife mit seinem Pkw genähert, als der Polizeibeamte entsprechend seiner Ankündigung in G … angekommen sei. Das Gespräch mit dem Beamten habe in höflicher Atmosphäre stattgefunden. Die Umzugshelfer hätten circa in drei Metern Entfernung gestanden. Der Beamte habe den Kläger vor den vor Ort befindlichen Umzugshelfern der Straftat des Hausfriedensbruchs belehrt und habe angekündigt, den Kläger in Gewahrsam zu nehmen, wenn dieser nicht sofort die Räumlichkeiten verlasse. Zudem habe der Beamte den Zweitschlüssel des Klägers sichergestellt. Es sei dem Kläger unangenehm gewesen, dass dies vor den Augen seiner Umzugshelfer und Freunde erfolgt sei. Aufgrund der Sicherstellung der Schlüssel sei die Übergabe am 3. Juli 2017 mit der Vermieterin nicht erfolgt. Die Mietparteien hätten vereinbart, dass ein neuer Übergabetermin am 5. Juli 2017 stattfinden solle. Dem Kläger sei ein wirtschaftlicher Schaden entstanden, da er ein zweites Mal einen Umzugswagen gemietet habe. Der Vermieter könne kein Hausverbot gegen den Mieter aussprechen. Ein Hausfriedensbruch könne vor Übergang des Besitzes an den Eigentümer rechtlich nicht verwirklicht werden. Der Umstand, dass das Mietverhältnis gekündigt sei, ändere am bestehenden Hausrecht des Mieters nichts. Der Platzverweis sei rechtswidrig, weil der Kläger offensichtlich keine Straftat begangen habe. Damit seien auch die Androhung polizeilichen Zwangs, die Sicherstellung und Verwahrung der Schlüssel rechtswidrig und unverhältnismäßig. Diese seien nach Art. 28 PAG herauszugeben. Das rechtliche Interesse für die Fortsetzungsfeststellungsklage folge daraus, dass der Kläger vor den Umzugshelfern bloßgestellt worden sei. Der Platzverweis sei in Anwesenheit eines Dritten, nämlich dem Sohn der Vermieterin, ausgesprochen worden. Die Maßnahme sei mithin diskriminierend und geeignet, dem Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu schaden. Im Übrigen wird auf die Klagebegründung Bezug genommen.

2. Für den Beklagten beantragte das Polizeipräsidium ...,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Am Mittag des 1. Juli 2017 hätten der Kläger und seine Umzugshelfer nicht gerade die Praxis ausgeräumt. Tor und Türen der Praxisräume seien geschlossen gewesen. Der Kläger habe sich in seinem Pkw der Polizeistreife von hinten genähert und sei dann ausgestiegen. Die Umzugshelfer hätten sich auf der Straße aufgehalten. Der Kläger sei nicht vor den Umzugshelfern belehrt worden und eine Ingewahrsamnahme sei dem Kläger nicht angedroht worden. Die Beamten hätten mit dem Kläger im Beisein von dessen Ehefrau gesprochen. Ein vertrauliches Gespräch sei möglich gewesen, da Abstand zu den Umzugshelfern gehalten worden sei. Im Rahmen dieses Gesprächs seien dem Kläger alle in Betracht kommenden Maßnahmen des Eingriffsrechts nach dem PAG inklusive deren Durchsetzung erläutert worden. Dass dem Kläger die Ingewahrsamnahme in Erinnerung geblieben sei, bedeute nicht, dass ihm eine solche konkret in Aussicht gestellt worden sei. Eine Auskunft stelle keine Androhung dar. Die Schlüssel seien am 5. Juli 2017 um 13:45 Uhr an den Kläger ausgehändigt worden. Die Klage sei hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Platzverweises sowie der Sicherstellung unzulässig. Der Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO fehle es an der Zulässigkeitsvoraussetzung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses. Das vom Kläger vorgetragene Rehabilitationsinteresse sei nicht gegeben. Der Kläger sei in keiner Weise vor seinen Umzugshelfern bloßgestellt oder „wie ein Verbrecher“ behandelt worden. Die Unterhaltung mit dem Kläger am 1. Juli 2017 habe im ruhigen Ton und mit Abstand zu den Umzugshelfern stattgefunden, sodass die Situation nicht geeignet gewesen sei, die Achtung des Klägers in der Öffentlichkeit oder vor seinen Umzugshelfern herabzusetzen. Ein diskriminierender Charakter jedweder Handlungen habe gerade nicht vorgelegen. Im Übrigen wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.

3. In der mündlichen Verhandlung am 28. September 2018 wurde die Sach- und Rechtslage mit den erschienenen Beteiligten erörtert. Die Zeugen Frau H …, Frau D … und Herr PHK S … wurden über ihre Wahrnehmungen zu den Polizeieinsätzen am 1. Juli 2017 vernommen. Der Klägerbevollmächtigte stellte einen bedingten Beweisantrag. Auf das Protokoll wird bezüglich des Inhalts der mündlichen Verhandlung, der Zeugeneinvernahme und des bedingten Beweisantrags verwiesen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte festzustellen, dass die Platzverweise am 1. Juli 2017 aus der Gewerbeeinheit, K … Straße … I …, … G … (Erdgeschoss und Keller), die Androhung der Ingewahrsamnahme und polizeilichen Zwangs und die Sicherstellung und Verwahrung der Schüssel zu dieser Gewerbeeinheit (zwei Schlüsselbunde unter anderem für Haustürschlüssel und Nebenräume) rechtswidrig gewesen sind.

Im Übrigen nahm der Klägerbevollmächtige seine Klage zurück.

Die Beklagtenvertreterin beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie stimmte der teilweisen Klagerücknahme zu.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. September 2018 wurde die Verhandlung zur Einvernahme des Zeugen P … H … vertagt.

4. In der mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2019 wurde die Sach- und Rechtslage mit den erschienenen Beteiligten erörtert. Der Zeuge Herr H … wurde über seine Wahrnehmungen zu dem Polizeieinsatz am 1. Juli 2017 vernommen. Der Klägerbevollmächtigte stellte einen bedingten Beweisantrag. Die Beteiligten wiederholten ihre Anträge aus der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2018. Auf das Protokoll wird bezüglich des Inhalts der mündlichen Verhandlung, der Zeugeneinvernahme und des bedingten Beweisantrags verwiesen.

5. Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf das weitere Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.

Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie teilweise zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

1. Die Klage ist insoweit zulässig, als der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Platzverweise, die Sicherstellungen sowie Verwahrungen der Schüssel rechtwidrig gewesen sind.

1.1 Statthafte Klageart für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Platzverweise und Sicherstellungen ist die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Bei diesen polizeilichen Maßnahmen handelt es sich um Verwaltungsakte nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Die Platzverweise haben sich durch ihren Vollzug und die Sicherstellungen spätestens mit der Herausgabe der Schlüssel am 5. Juli 2017 im Sinne des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG vor Klageerhebung erledigt.

Hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verwahrung ist die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bei der Verwahrung handelt es sich um einen Realakt (BayVGH, U.v. 26.1. 2009 - 10 BV 08.1422 - juris Rn. 30), der sich spätestens mit der Herausgabe der Schlüssel am 5. Juli 2017 im Sinne des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG vor Klageerhebung erledigt hat.

Das für die Zulässigkeit erforderliche besondere Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitationsinteresses des Klägers zu bejahen. Ein Rehabilitationsinteresse begründet ein besonderes Feststellungsinteresse dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dies ist der Fall, wenn die begehrte Feststellung, dass die angegriffene polizeiliche Maßnahme rechtswidrig war, als „Genugtuung“ und/oder zur Rehabilitierung erforderlich ist, weil die polizeiliche Maßnahme diskriminierenden Charakter hatte und sich aus ihr eine objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen ergeben hat (vgl. BVerwG, B.v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10). Die objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss dabei geeignet sein, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen - also Außenwirkung erlangt haben -, und in der Gegenwart noch fortbestehen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 12.5.2015 - 10 ZB 13.629 - juris Rn. 13 m.w.N.; OVG Nds, U.v. 26.4. 2018 - 11 LC 288/16 - juris Rn. 28). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Polizeibeamten haben den Kläger dahingehend belehrt, dass er der Straftat des Hausfriedensbruches beschuldigt werde. Der darin enthaltene, auf den Kläger bezogene Vorwurf eines strafbaren Verhaltens stellt ein Unwerturteil dar, das geeignet ist, dessen soziales Ansehen herabzusetzen. Diese objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hat Außenwirkung erlangt und dauert noch an, da private Dritte, nämlich der Sohn der Vermieterin bzw. die Umzugshelfer und Ehefrau des Klägers, zugegen waren.

1.2 Im Übrigen ist die Klage unzulässig.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Androhung der Ingewahrsamnahme rechtswidrig war, fehlt das erforderliche Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, § 43 Abs. 1 VwGO. Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten handelt es sich bei der Androhung der Ingewahrsamnahme nicht um die Androhung eines Zwangsmittels im Sinne der Art. 54 Abs. 1, Abs. 2, Art. 59 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in der bis 24. Mai 2018 geltenden Fassung (Art. 71 Abs. 1, Abs. 2, Art. 76 PAG n.F.) oder um die Androhung unmittelbaren Zwangs nach Art. 54 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Art. 58 Abs. 1 Satz 2, Art. 64 PAG a.F. (Art. 71 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Art. 75 Abs. 1 Satz 2, Art. 81 PAG n.F.). Der Gewahrsam zur Durchsetzung eines Platzverweises nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 3 PAG in der bis 31. Juli 2017 geltenden Fassung (Art. 17 Abs. 1 Nr. 4 PAG n.F.) ist kein Zwangsmittel, sondern eine eigenständige polizeiliche Standardmaßnahme (BayVGH, B.v. 2.7.2014 - 10 C 12.2728 - juris Rn. 29). Dies zeigt sich bereits an der Stellung des Art. 17 PAG a.F. im Abschnitt „Befugnisse der Polizei“ (Art. 11 bis 29 PAG a.F.) und nicht im Abschnitt „Zwang“ (Art. 53 bis 69 PAG a.F.). Eine entsprechende vom Kläger als Androhung einer solchen Maßnahme verstandene Äußerung dient nicht der Einzelfallregelung im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Es handelt sich um einen allgemeinen Hinweis der Beamten oder allenfalls um eine Anhörung zu einer Standardmaßnahme nach Art. 17 PAG a.F., die sich sofort erledigt hat. Da die Anhörung lediglich ein unselbstständiger Teil des Verwaltungsverfahrens ist, ist ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art an der alsbaldigen Feststellung der „Rechtswidrigkeit“ der Anhörung zu einem nicht erlassenen Verwaltungsakt nicht erkennbar.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Androhung „polizeilichen Zwangs“ rechtswidrig war, ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach dem sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Streitgegenstand im Allgemeinen als der prozessuale Anspruch durch die erstrebte, im Klageantrag umschriebene Rechtsfolge und den Klagegrund, d.h. den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet (st. Rspr. des BVerwG, siehe z.B. BVerwG, B.v. 20.9. 2012 - 7 B 5/12 - juris Rn. 6). Dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten lässt sich weder ein konkreter Antrag, noch ein konkreter diesem Antrag zugrundeliegender Lebenssachverhalt entnehmen. Der Klägerbevollmächtigte trägt nicht vor, welches Zwangsmittel dem Kläger angedroht wurde. Es ist bereits fraglich, ob der vom Klägerbevollmächtigten verwendete Begriff des „polizeilichen Zwangs“ Zwangsmittel nach Art. 54 PAG a.F. (Art. 71 PAG n.F) oder unmittelbaren Zwang nach Art. 54 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Art. 58 Abs. 1 Satz 2, Art. 60 ff. PAG a.F. (Art. 71 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Art. 75 Abs. 1 Satz 2, Art. 77 ff. PAG n.F.) bedeuten soll. Auch wenn die Kammer den Klageantrag dahingehend auslegt, dass die Feststellung begehrt wird, die Polizei habe dem Kläger das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs angedroht, ist der Antrag zu unbestimmt. Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Der dem Antrag zugrundeliegende Lebenssachverhalt wird nicht hinreichend konkret geschildert. Der Klägerbevollmächtigte hat in tatsächlicher Hinsicht nicht vorgetragen, dass die Polizeibeamten dem Kläger unmittelbaren Zwang oder ein etwaiges anderes Zwangsmittel angedroht hätten. In seinen Schriftsätzen vom 10. Juli 2017 und vom 5. September 2017 beantragte der Klägerbevollmächtigte zwar die Feststellung, dass die Androhung „polizeilichen Zwangs“ rechtswidrig war, trug jedoch nichts Tatsächliches in dieser Hinsicht vor. Vielmehr führte er aus, dem Kläger sei angedroht worden, er werde in Gewahrsam genommen, wenn er dem Platzverweis nicht Folge leiste. In der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2018 gab der Kläger auf Frage des Gerichts an, ihm sei von den Beamten angedroht worden, in Gewahrsam genommen zu werden, wenn er sich weiter in den Praxisräumen befinde. Wie soeben ausgeführt handelt es sich bei dem Gewahrsam jedoch nicht um ein Zwangsmittel. Dass der Kläger noch eine weitere Feststellung begehrt als die, dass die Androhung des Gewahrsams rechtswidrig war, ergibt sich aus dem Klageantrag selbst. Danach begehrt er kumulativ die Feststellung, dass die Androhung der Ingewahrsamnahme und „polizeilichen Zwangs“ rechtswidrig waren. Aus dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten ergibt sich indes nicht, welchen konkreten Inhalt diese weitere Feststellung haben soll bzw. welcher Lebenssachverhalt dieser zugrunde liegen soll. In diesem Zusammenhang ist auch nicht hinreichend konkret vorgebracht, zur Durchsetzung welches Verwaltungsakts dem Kläger ein Zwangsmittel angedroht wurde. Das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten ist insoweit widersprüchlich. Während er in den Schriftsätzen vom 10. Juli 2017 und vom 5. September 2017 andeutet, dass die Beamten angedroht hätten, den Platzverweis mit Zwangsmitteln durchzusetzen, stellte er in der mündlichen Verhandlung Beweisanträge zum Beweis der Tatsache, dass dem Kläger angedroht worden sei, die Ingewahrsamnahme mit Zwang durchzusetzen.

2. Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Die Platzverweise, die angeordneten Sicherstellungen und Verwahrungen der zwei Schlüsselbunde waren rechtswidrig und haben den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 VwGO.

2.1 Die Platzverweise waren rechtwidrig. Die Beamten der Polizei hatten weder die Aufgabe noch die Befugnis, Platzverweise gegenüber dem Kläger auszusprechen.

Sowohl gegen 1:35 Uhr als auch gegen 12:40 Uhr am 1. Juli 2017 haben die Polizeibeamten gegenüber dem Kläger einen Platzverweis ausgesprochen. Gegen 1:35 Uhr wurde der Kläger von Herrn PHM S … aus den Praxisräumen verwiesen. Gegen 12:40 Uhr untersagte Herr PHK S … dem Kläger das Betreten der Praxis. Aus Art. 16 Satz 1 Alt. 2 PAG a.F. ergibt sich, dass auch ein sogenanntes Betretungsverbot einen Platzverweis darstellt.

Nach Art. 2 Abs. 2 PAG a.F. obliegt der Polizei der Schutz privater Rechte nach dem PAG nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Vermieterin hätte einen Räumungstitel gegen den Kläger erwirken können. In einem Rechtsstaat ist der Bürger in der Lage, seine Rechte mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen. In dringenden Fällen bieten Arrest und einstweilige Verfügungen nach den §§ 916, 935 ff. ZPO schnellen und effektiven Rechtsschutz. Die Polizei ist nicht dazu berufen, strittige Rechtsverhältnisse zu klären. Art. 2 Abs. 2 PAG a.F. entspricht dem rechtsstaatlichen Gebot aus Art. 20 Abs. 3 GG, die Einheit der Rechtsordnung zu gewährleisten, indem Wertungsunterschiede vermieden werden. Es war vorliegend auch nichts dafür ersichtlich, dass die Verwirklichung der Rechte der Vermieterin wesentlich vereitelt oder erschwert werden würde. Eine Aufgabeneröffnung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nach Art. 2 Abs. 1 PAG a.F. Grundsätzlich würde die Einschränkung in Art. 2 Abs. 2 PAG a.F. nicht greifen, wenn die Gefahr für private Rechte zugleich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellen würde (vgl. Nr. 2.3 VollzBek. PAG).

Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, als Voraussetzung für die Eröffnung des polizeilichen Aufgabenbereichs nach Art. 2 Abs. 1 PAG a.F. und der Befugnisnorm des Art. 16 Satz 1 PAG a.F., lag indes nicht vor.

Nach Art. 16 Satz 1 PAG a.F. kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Orts verbieten. Die öffentliche Sicherheit als Schutzgut des Gefahrenabwehrrechts umfasst die Unversehrtheit der Rechtsordnung. Eine Straftat nach § 123 StGB rechtfertigt grundsätzlich einen Platzverweis.

Auf der Grundlage der den handelnden Polizeibeamten im Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der erforderlichen Gefahrenprognose maßgeblich sind, durften sie jedoch nicht allein deshalb von der Verwirklichung einer Straftat gemäß § 123 StGB durch den Kläger ausgehen, weil dieser nach Ablauf der Kündigungsfrist noch in der Praxis verweilte.

Den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs nach § 123 StGB hat der Kläger nicht verwirklicht. Nach § 123 Abs. 1 Alt. 2 StGB macht sich des Hausfriedensbruchs strafbar, wer, wenn er ohne Befugnis in den abgeschlossenen Räumen eines anderen verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt.

Das Verweilen des Klägers in den Praxisräumen über den 30. Juni 2017 24:00 Uhr hinaus war nicht unbefugt, weil der Mietvertrag - trotz Ablauf der Kündigungsfrist - hierfür die Grundlage war. Der Kläger war immer noch Inhaber des Hausrechts. Auch wenn die Vermieterin bereits durch Ablauf der Kündigungsfrist Inhaberin des Hausrechts geworden wäre, wäre der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs nicht verwirklicht gewesen.

An die rechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft, wie sie in der Einstellungsverfügung vom 28. November 2017 (Az.: …) dargelegt wurde, ist das Verwaltungsgericht nicht gebunden.

Wäre die Vermieterin am 1. Juli 2017 Inhaberin des Hausrechts gewesen, wäre das Verweilen des Klägers in der Praxis deshalb nicht unbefugt gewesen, weil sie dem Kläger eine Erlaubnis zum Verweilen in der Praxis erteilt hat. Die Erlaubnis stellt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis dar. Ausweislich des Datenblattes der Polizeiinspektion Würzburg-Land vom 22. August 2017 (Bl. 2 der elektronischen Kriminalakte) haben die Parteien vereinbart, dass die Schlüsselübergabe am Montag, 3. Juli 2017, 16:00 Uhr stattfinden solle. Da die Schlüssel die unmittelbare Verfügungsmacht über Räume begründen, impliziert die Erlaubnis, diese bis zu einem Zeitpunkt zu behalten, auch die Erlaubnis, in diesen Räumen bis zu besagtem Zeitpunkt zu verweilen.

Ob der Anwalt der Vermieterin gegenüber einer Bürokraft des Klägerbevollmächtigten am 30. Juni 2017 gegen 11:45 Uhr ein telefonisches Hausverbot gegen den Kläger ausgesprochen hat, kann offen bleiben. Denn unbeschadet der obigen Ausführungen war ohnehin der Kläger Inhaber des Hausrechts. Ein Hausfriedensbruch setzt das Bestehen eines fremden Hausrechts voraus. Der Inhaber des Hausrechts muss zum Tatzeitpunkt ein stärkeres Recht als der Störer haben. Bei privaten Räumen ist Inhaber des Hausrechts stets der unmittelbare Besitzer der Räumlichkeiten, solange er die Sachherrschaft rechtmäßig begründet hat. Das Hausrecht eines vertraglichen Nutzers endet nicht schon mit der Kündigung oder der Verurteilung zur Räumung, sondern erst, wenn der Eigentümer aufgrund eines Räumungstitels wieder den unmittelbaren Besitz an dem Besitztum erlangt hat. Bereits das Reichsgericht hat mit Urteil vom 16. Juni 1903 (RGSt 36, 322-324 - juris) entschieden, dass der Mieter gegenüber dem Vermieter Inhaber des Hausrechts auch dann ist, wenn er nicht mit Ablauf der Mietzeit räumt und sich nicht des Hausfriedensbruchs strafbar macht. Solange sich der Mieter im unmittelbaren Besitz der Räume befindet, ist er Subjekt und Träger des Hausrechts.

Grundsätzlich muss der Vermieter im Wege eines Zivilprozesses sein Recht verfolgen. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass die Frage der Beendigung eines Mietverhältnisses Gegenstand richterlicher Entscheidung sein kann und auch nach Erlangung eines rechtskräftigen Räumungstitels die Gewährung von Vollstreckungsschutz für den Mieter in Betracht kommen kann. So wird verhindert, dass zivilrechtliche Streitigkeiten auf die Ebene des Strafrechts und der Strafgerichte verlagert werden (Leipziger Kommentar zum StGB, § 123 Rn. 28 ff.).

Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Miete von Wohnungen, sondern aller privaten Räume (vgl. z.B. für Aufsichtsgebäude der S-Bahn: KG Berlin, B.v. 3.8.2015, (2) 161 Ss 160/15 (44/15) - juris; für Grundstücke, zum Aufstellen von Wohnwagen nach Ablauf des Nutzungsvertrages: OLG Hamburg, B.v. 2.3.2006 - III 3/06 1 Ss 2/06 - juris; für Gewerberäume: LG Wuppertal, U.v. 20.5.2015, 17 O 108/15 - juris Rn. 17). Dies folgt daraus, dass Schutzgut von § 123 StGB nicht die Wohnung im Sinne des Art. 13 GG, sondern das Hausrecht ist.

Den Polizeibeamten vor Ort waren alle erforderlichen Tatsachen bekannt, um zu erkennen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 123 Abs. 1 Alt. 2 StGB nicht vorliegen. Sie sind aufgrund der ihnen bekannten Tatsachen irrig davon ausgegangen, dass der Straftatbestand des Hausfriedensbruches erfüllt sei. Der Polizeibeamte PHM S …, der den Platzverweis um 1:35 Uhr ausgesprochen hat, hatte ausweislich des Datenblattes der Polizeiinspektion Würzburg-Land vom 22. August 2017 (Bl. 2 der elektronischen Kriminalakte) von der Vereinbarung zwischen den Mietparteien Kenntnis, dass die Schlüsselübergabe am Montag, 3. Juli 2017, 16:00 Uhr erfolgen solle. Er kannte also die Tatsachen, die ein tatbestandsausschließendes Einverständnis begründeten. Ob auch der Zeuge PHK S …, der den Platzverweis am Mittag ausgesprochen hat, positive Kenntnis von dieser Vereinbarung hatte, kann dahin stehen. Jedenfalls kannten sowohl Herr PHM S … als auch Herr PHK S … die erforderlichen Tatsachen um zu erkennen, dass der Kläger noch Inhaber des Hausrechts war. Ihnen war bekannt, dass die Kündigungsfrist am 30. Juni 2017 abgelaufen war. Dies ergibt sich aus Bl. 2 der elektronischen Kriminalakte und der Aussage des Zeugen Herrn PHK S … in der mündlichen Verhandlung. Als der erste Platzverweis ausgesprochen wurde, war die Kündigungsfrist seit circa eineinhalb Stunden abgelaufen und als der zweite ausgesprochen wurde, seit circa zwölfeinhalb Stunden. Unter diesen Umständen mussten die Beamten davon ausgehen, dass der Kläger seinen rechtmäßig begründeten unmittelbaren Besitz an den Räumlichkeiten ersichtlich und erkennbar noch auf den abgelaufenen Mietvertrag stützt. Ein rechtskräftiger Räumungstitel nach § 885 Abs. 1 Satz 1 ZPO lag nicht vor. Auch wenn ein solcher vorgelegen hätte, ist zweifelhaft, ob ein Platzverweis nach Art. 16 PAG a.F. rechtmäßig gewesen wäre. Vielmehr wäre dann die originäre Aufgabe der Polizei nach Art. 2 Abs. 4 PAG a.F. in Verbindung mit § 758 Abs. 3 ZPO in Betracht gekommen, den Gerichtsvollzieher bei der Anwendung von Gewalt zu unterstützen, wenn der Vollstreckungsschuldner Widerstand leistet.

Wenn die Polizeibeamten vor Ort bei der juristischen Bewertung der ihnen bekannten Tatsachen irren, liegt weder eine Gefahr noch eine Anscheinsgefahr vor, die ein Einschreiten der Polizei rechtfertigen kann. Eine Anscheinsgefahr ist immer dann gegeben, wenn bei objektiver Betrachtung zur Zeit der polizeilichen Maßnahme Tatsachen auf eine drohende Gefahr hindeuten, sie aber in Wirklichkeit nicht vorliegt. Beispiel hierfür ist der Fall, in dem jemand mit einer Spielzeugpistole bewaffnet ist, die Polizei diese aber für eine echte Pistole halten muss. Im vorliegenden Fall waren dagegen die Tatsachen in vollem Umfang geklärt. Auch wenn es im Zeitpunkt der Entscheidung der Beamten schwierig zu beurteilen sein kann, ob tatsächlich eine Straftat verwirklicht war, kann dies nicht zur Rechtmäßigkeit der Maßnahme führen. Nur solche rechtswidrigen Taten, die einen Straftatbestand verwirklichen, stellen Verletzungen der Unversehrtheit der Rechtsordnung und mithin Gefahren für die öffentliche Sicherheit dar. Ist im Einzelfall nicht hinreichend geklärt, ob die zu verhütende Handlung die Tatbestandsmerkmale einer Straftat erfüllt, bleiben der Polizei zwei Möglichkeiten: Entweder sie ergreift Maßnahmen zur Verhütung dieser Handlung mit der Folge, dass sich bei fehlerhafter Subsumtion die Maßnahme als rechtswidrig erweist, oder sie nimmt von Maßnahmen Abstand. Diese Entscheidung zu treffen, mag im Einzelfall schwierig sein, rechtfertigt aber nicht das Ergreifen von Maßnahmen gegen Handlungen, bei denen zweifelhaft erscheint, ob es sich um Straftaten handelt und die sich tatsächlich nicht als Straftaten erweisen. Ansonsten würde man der Polizei die Befugnis zusprechen, alle möglichen Handlungen verhüten oder unterbinden zu können und dies damit zu rechtfertigen, man habe nicht genau gewusst, ob es sich tatsächlich um Straftaten handelt (zum Ganzen: BayVGH, U.v. 8.3.2010 - 10 B 09.1102 - juris Rn. 42 f.).

2.2 Mangels Gefahr war auch die Sicherstellung der Schlüssel nach Art. 25 Nr. 1 PAG a.F. rechtswidrig. Eine andere Befugnis für diese Maßnahme ist nicht ersichtlich.

2.3 Die Verwahrung der Schlüssel war rechtswidrig. Zwar ermächtigt Art. 26 Abs. 1 Satz 1 PAG a.F. die Polizei, sichergestellte Sachen in Verwahrung zu nehmen. Im vorliegenden Fall beruht die Verwahrung jedoch auf einer rechtswidrigen Sicherstellungsanordnung, so dass nach dem in der Lehre teilweise vertretenen Konnexitätsprinzip die Verwahrung schon deswegen rechtswidrig gewesen ist (vgl. BayVGH, U.v. 26.1. 2009 - 10 BV 08.1422 - juris Rn. 32 unter Verweis auf Knemeyer, Polizei- und Sicherheitsrecht, 10. Aufl. 2004, Rn. 358). Anerkennt man dieses Konnexitätsprinzip nicht (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 4. Aufl. 2014, Art. 53 Rn. 6 m.w.N.) und geht man davon aus, dass angesichts der sofortigen Vollziehbarkeit der Sicherstellungsanordnung ein Verwahrungsverhältnis rechtmäßig begründet worden ist, erweist sich die Verwahrung im vorliegenden Fall gleichwohl als rechtswidrig, denn der Kläger hatte bereits vor der polizeilichen Maßnahme einen Anspruch auf sofortige Herausgabe der Schlüssel. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG a.F. besteht ein Herausgabeanspruch, sobald die Voraussetzungen für eine Sicherstellung weggefallen sind. Dieser Anspruch ist Ausdruck des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs und greift unabhängig davon ein, ob die Voraussetzungen einer Sicherstellung bei deren Erlass vorgelegen haben oder nicht. Da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen einer Sicherstellungsanordnung nie vorgelegen haben, hat der Kläger einen Anspruch auf sofortige Herausgabe der Schlüssel gehabt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 26.1. 2009 - 10 BV 08.1422 - juris Rn. 32 m.w.N.).

2.4 Wenn entgegen der unter 1.2 dargelegten Ausführungen von der Zulässigkeit der übrigen Klage auszugehen wäre, wäre diese jedenfalls nicht begründet.

Nach freier gerichtlicher Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) steht zur vollen Überzeugung der Kammer fest, dass die Polizeibeamten gegenüber dem Kläger weder eine Ingewahrsamnahme in den Raum gestellt noch Zwangsmittel angedroht haben. Dies folgt aus dem Inhalt der Behördenakte sowie der glaubhaften Aussagen der glaubwürdigen Zeugen. Das Gericht hat sich in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von den Zeugen verschafft und sieht keinen ernsthaften Grund, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Insbesondere haben die Zeugen, die dem Kläger persönlich nahe stehen, das Vorbringen des Klägers insoweit nicht bestätigt.

In der Behördenakte gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine Ingewahrsamnahme oder Zwangsmittel durch die Polizeibeamten angedroht worden sind. Der Zeuge PHK S … gab in der mündlichen Verhandlung detailreich, nachvollziehbar und ohne sich in Widersprüche zu verstricken an, dass er dem Kläger im sachlichen Ton und ohne Bedrohung erklärt habe, dieser dürfe die Praxis nicht mehr betreten. Er sei an einer schnellen und gütlichen Einigung interessiert gewesen. Zu diesem Zweck habe er die Vermieterin angerufen. Sie habe sich geweigert zu kommen. Er habe keine andere Lösung gesehen, als sich die Schlüssel aushändigen zu lassen. Er habe den Kläger und dessen Ehefrau ohne Androhungen oder Zwangsmittel gebeten, die Schlüssel herauszugeben. Der Zeuge PHK S … erklärte nachvollziehbar und überzeugend, dass ihm daran gelegen sei, die Beteiligten nicht bloß zu stellen. Er widerspreche energisch dem Vorwurf, er habe den Kläger wie einen Schwerverbrecher behandelt. Das ganze Gespräch sei in einem ruhigen und sachlichen Ton erfolgt. Er habe vor Ort keinerlei Zwangsmaßnahmen angedroht. Er habe dem Rechtsanwalt die Maßnahmen Sicherstellung und Platzverweis erläutert und habe gesagt, dass als schlimmste Maßnahme eine Ingewahrsamnahme in Betracht komme.

Dies wurde von der Zeugin Frau H …, der Ehefrau des Klägers, bestätigt. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten und der Zeugen PHK S … sowie Frau H … war sie bei dem Gespräch zwischen dem Kläger und Herrn PHK S … anwesend. Sie erklärte nachvollziehbar, dass sie von dem Gespräch mitbekommen habe, dass sie die Praxis nicht mehr betreten dürften. Sie und der Kläger hätten ihre Schlüssel abgegeben. Der Polizeibeamte habe ihr gegenüber nichts gesagt. Sie könne sich nicht erinnern, dass der Polizeibeamte gesagt habe, was passiere, wenn sie die Praxis trotz Platzverweises betreten würden. Die Person, die gesagt habe, sie würden in Gewahrsam genommen, sei der Klägerbevollmächtigte gewesen.

Aus den Aussagen der Zeugen Frau D … und Herr H … ergibt sich nichts anderes. Beide erklärten, aufgrund der räumlichen Distanz nichts von dem Gespräch zwischen dem Kläger und Herrn PHK S … mitbekommen zu haben. Dass eine räumliche Distanz bestand, deckt sich mit den Angaben der Beteiligten sowie der Zeugen Frau H … und Herr PHK S … Für das Gericht bestand kein Anlass, dem in der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2019 bedingt gestellten Beweisantrag, gerichtet auf die Zeugeneinvernahme des Herrn L … S …, nachzugehen.

Während sich die Voraussetzungen für die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisantrags aus § 86 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO ergeben, wird mit einem nur hilfsweise gestellten Beweisantrag lediglich die weitere Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO angeregt (BVerwG, B.v. 30.5.2014 - 10 B 34/14 - juris Rn. 7). Ein weiterer Aufklärungsbedarf hat sich der Kammer nicht aufgedrängt.

Der Beweisantrag ist bereits unzulässig, da er nicht hinreichend substantiiert ist. Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden (BVerwG, B.v. 30.5.2014 - 10 B 34/14 - juris Rn. 9). Dem Beweisantrag lässt sich nicht die Behauptung einer bestimmten Tatsache entnehmen. Aus ihm ergibt sich nicht, wer wem gegenüber was in welchem Wortlaut angedroht haben soll.

Der Beweisantrag ist auch deshalb unzulässig, weil es sich bei dem bedingt gestellten Beweisantrag des Klägerbevollmächtigten um einen Ausforschungsbeweis handelt. Ein Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag liegt in Bezug auf solche Tatsachenbehauptungen vor, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbaren Anhaltspunkt willkürlich "ins Blaue hinein" aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen (BayVGH, B.v. 22.8.2014 - 5 C 14.1664 - juris Rn. 8). So liegt der Fall hier. Der Zeugenbeweis ist nicht geeignet, die Behauptung substantiiert zu belegen, dem Kläger sei die Ingewahrsamnahme oder Zwangsmittel angedroht worden. In der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2019 gab der Klägerbevollmächtigte an, er könne nicht wissen, was ein Zeuge sagen werde. Deshalb regte der Klägerbevollmächtigte an, bei dem Zeugen „vorab schriftlich anzufragen, ob dieser wahrnehmungsfähig und -bereit gewesen sei“. In dieser Situation hätte es der Klägerseite oblegen, herauszufinden, zu welchen Tatsachen ein Zeuge das taugliche Beweismittel ist. Fehlt es jedoch bereits an einem substantiierten Sachvortrag, stellt sich ein Beweisantrag mit dem Ziel, einen Zeugen zu vernehmen, als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag dar, da die Beweisaufnahme erst die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen ergeben soll.

Dessen unbeschadet, besteht auch aus rechtlichen Gründen kein weiterer Aufklärungsbedarf.

Wie unter 1.2 dargestellt, ist die „Androhung“ der Ingewahrsamnahme die Anhörung zu einer Standardmaßnahme und findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG, der mangels spezieller Vorschriften im PAG Anwendung findet. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum die Beamten diese unselbständige Verfahrenshandlung nicht hätten vornehmen dürfen.

Die Kammer weist den Zeugenbeweis nach § 87b Abs. 3 VwGO zurück, soweit die Einvernahme von Herrn L … S … zum Beweis der Tatsache erfolgen soll, dass dem Kläger „polizeilicher Zwang“ angedroht worden sei. Die Voraussetzungen für die Zurückweisung liegen vor. Mit Schreiben vom 30. Juli 2018 wurde dem Kläger aufgegeben, bis zum 21. September 2018, sämtliche der Klagebegründung dienenden Erklärungen und Beweismittel sowie einen etwaigen weiteren Tatsachenvortrag und Beweismittel anzugeben bzw. vorzulegen. Der Kläger wurde über Folgen einer Fristversäumung nach § 87b Abs. 3 VwGO belehrt. Das Schreiben wurde dem Klägerbevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis am 2. August 2018 zugestellt. Der Beweisantrag wurde erst in der mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2019 gestellt. Die Zulassung des Beweisantrags würde den Rechtsstreit verzögern, weil eine Vertagung zur Zeugeneinvernahme erforderlich wäre. Die Verspätung hat der Klägerbevollmächtigte nicht genügend entschuldigt. Es sind keinerlei Gründe ersichtlich, warum er dieses Beweismittel nicht bereits früher benannt hat. Schriftsätzlich hat der Klägerbevollmächtigte nie vorgetragen, dass dem Kläger ein Zwangsmittel angedroht worden sei. Den Zeugen Herrn L … S … hat der Klägerbevollmächtigte schriftsätzlich nur zu dem Beweis der Tatsachen angeboten, dass Herr PHK S … den Kläger vor den Umzugshelfern wegen der Straftat des Hausfriedensbruchs belehrt habe und angekündigt habe, er werde ihn in Gewahrsam nehmen, wenn dieser nicht sofort die Räumlichkeiten verlassen würde (Bl. 5 der Gerichtsakte). Der Klägerbevollmächtigte hat vor Ablauf der Frist nie vorgetragen, dass der Zeuge als Beweismittel für die Tatsache, dem Kläger sei ein Zwangsmittel durch die Polizeibeamten angedroht worden, in Betracht kommt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Hinblick auf das Maß des wechselseitigen Unterliegens und Obsiegens der Beteiligten ist die Kostentragung in dem Verhältnis von 2/5 durch den Kläger und 3/5 durch den Beklagten angemessen. Der Streitwert beträgt insgesamt 20.000 EUR. Der Kläger obsiegt mit 12.500 EUR (10.000 EUR für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der zwei Platzverweise und 2.500 EUR für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sicherstellung und Verwahrung) und mithin mit ca. 6/10 bzw. 3/5. Der Beklagte obsiegt mit 7.500 EUR (2.500 EUR für die teilweise Klagerücknahme und 5.000 EUR für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Androhung der Ingewahrsamnahme) und mithin mit ca. 4/10 bzw. 2/5.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 13


(1) Die Wohnung ist unverletzlich. (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. (3) Begrü

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 82


(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Wid

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87b


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 885 Herausgabe von Grundstücken oder Schiffen


(1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuwei

Strafgesetzbuch - StGB | § 123 Hausfriedensbruch


(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 758 Durchsuchung; Gewaltanwendung


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter, mit der er die Feststellung begehrt, dass die am 4. Mai 2011 am Flughafen München ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen der Bundespolizei rechtswidrig waren.

Der Kläger, der gemeinsam mit seinem Vater am 4. Mai 2011 nach Manchester fliegen wollte, wurde im Hinblick darauf einer intensiven Ausreisekontrolle unterzogen, dass er selbst als „Gewalttäter Sport“ erfasst war, dass sein Vater im Jahr 1998 wegen Landfriedensbruchs erkennungsdienstlich behandelt worden war und dass am 4. Mai 2011 in Manchester ein Champions-League-Spiel zwischen Manchester United und dem FC Schalke 04 stattfinden sollte, bei dem mit Ausschreitungen gerechnet wurde. Die im Rahmen der Kontrolle getroffenen polizeilichen Maßnahmen dienten der Entscheidung über eine mögliche Untersagung der Ausreise. Die Dauer der Kontrolle führte dazu, dass der Kläger und sein Vater ihren Flug nach Manchester nicht mehr rechtzeitig antreten konnten.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.) zuzulassen.

I.

Die Berufung ist zunächst nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht die Klage mangels des in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen und in diesem Zusammenhang ein auf einer Wiederholungsgefahr beruhendes Feststellungsinteresse verneint hat.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei den polizeilichen Maßnahmen, auf die sich die Klage bezieht, jeweils um Verwaltungsakte handelt und deshalb die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft ist, wovon das Verwaltungsgericht offenbar ausgegangen ist, oder ob die betreffenden Maßnahmen sich nicht als Verwaltungsakte darstellen und daher nur eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO in Betracht kommt. Denn die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO erfordert ebenso wie die der Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung (vgl. BVerwG, U. v. 10.2.2000 - 2 A 3.99 - juris Rn. 11; B. v. 18.7.2000 - 1 WB 34.00 - juris Rn. 2).

Dieses Feststellungsinteresse setzt unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige Maßnahme ergehen wird (vgl. BVerwG, U. v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8; U. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 21; U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 20). Dabei hat der Kläger die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/137 f.; U. v. 15.11.1990 - 3 C 49.87 - juris Rn. 25). Ist ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt der betreffenden Maßnahme, so kann ein Feststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. BVerwG, U. v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8).

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr verneint. Der Kläger habe seiner Darlegungslast nicht genügt. Ohne Angaben von Einzelheiten und ohne jeden Beleg habe er lediglich pauschal behauptet, er und sein Vater hätten den Flughafen München mehrmals im Jahr für Urlaubsreisen und die Anreise zu ausländischen Fußballspielen benutzt. Aus diesen Angaben sei aber nicht erkennbar, dass in absehbarer Zeit unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen mit gleichartigen Maßnahmen zulasten des Klägers zu rechnen sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass es sich bei sämtlichen Auslandsspielen deutscher Fußballvereine um Risikospiele handele, die zu vergleichbaren Lageerkenntnissen wie bei der Begegnung in Manchester am 4. Mai 2011 und zu aufgrund solcher Erkenntnisse über die sonst üblichen Stichproben hinausgehenden Ausreisekontrollen führten. Bei Ausreisen im Rahmen von Urlaubsreisen könne im Hinblick auf die Kontrolldichte und die besondere Zielsetzung der Kontrollen am 4. Mai 2011 ebenfalls nicht von einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Da der Kläger zudem trotz der von ihm behaupteten Reisehäufigkeit bislang offenbar nicht von einer weiteren vergleichbaren Ausreisekontrolle betroffen gewesen sei, sei ungewiss, ob in Zukunft noch einmal vergleichbare tatsächliche Verhältnisse eintreten könnten.

Dagegen wendet der Kläger lediglich ein, das Verwaltungsgericht verneine die Wiederholungsgefahr zu Unrecht. Es habe nicht davon ausgehen dürfen, dass ihn über den Vortrag hinaus, er nutze den Flughafen München mehrmals im Jahr zu Flugreisen, eine gesteigerte Darlegungslast treffe. Es sei Urlaubsreisen eigen, dass sie nicht mit stringenter Regelmäßigkeit stattfänden. Soweit das Gericht den Vortrag des Klägers für zu allgemein gehalten habe, habe es den Kläger im Rahmen seiner Aufklärungspflicht darauf hinweisen und ihn zu detaillierteren Schilderungen auffordern müssen, um ihm zu ermöglichen, durch die Vorlage „alter“ Belege die regelmäßige Nutzung des Flughafens darzulegen. Da auch dies die Wiederholungsgefahr in der Zukunft nicht belegt hätte, sei es Sache des Gerichts gewesen, dem Kläger zu erläutern, wie er eine regelmäßige Nutzung des Flughafens darlegen könne. Zumindest sei die Frage durch Anhörung des Klägers aufzuklären gewesen.

Diese Ausführungen rechtfertigen aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Denn sie stellen weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Der Kläger macht lediglich geltend, das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er seiner Darlegungslast insoweit nicht genügt habe, als er die regelmäßige Nutzung des Flughafens nicht ausreichend detailliert dargestellt und belegt habe. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus jedoch unterstellt, dass der Kläger den Flughafen München immer wieder nutze, um in den Urlaub oder zu Fußballspielen im Ausland zu fliegen, und im Einzelnen begründet, warum gleichwohl in absehbarer Zeit unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen nicht mit gleichartigen Maßnahmen gegenüber dem Kläger zu rechnen sei. Mit dieser die Verneinung der Wiederholungsgefahr selbstständig tragenden Begründung hat sich der Kläger aber in seiner Zulassungsbegründung nicht auseinandergesetzt und sie daher auch nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Dies wäre aber zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erforderlich gewesen. Denn ist dieses wie hier hinsichtlich der Frage der Wiederholungsgefahr auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, so kommt eine Zulassung der Berufung nur dann in Betracht, wenn Zulassungsgründe wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes dargelegt werden und vorliegen (vgl. etwa BayVGH, B. v. 3.6.2014 - 10 ZB 12.2312 - juris Rn. 16; B. v. 9.10.2013 - 10 ZB 13.1725 - juris Rn. 8; B. v. 10.10.2013 - 10 ZB 11.607 - juris Rn. 22; B. v. 30.10.2013 - 10 ZB 11.1390 - juris Rn. 12; B. v. 6.3.2014 - 10 ZB 11.2854 - juris Rn. 27; B. v. 29.7.2014 - 10 ZB 12.2448 - juris Rn. 9; B. v.16.12.2014 - 10 ZB 14.1741 - juris Rn. 9).

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen schließlich nicht, soweit sich der Zulassungsantrag dagegen richtet, dass das Verwaltungsgericht ein Feststellungsinteresse auch unter dem Gesichtspunkt eines Rehabilitierungsinteresses verneint hat.

Ein Rehabilitierungsinteresse begründet ein Feststellungsinteresse dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls als schutzwürdig anzusehen ist (vgl. BVerwG, B. v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Kläger durch die streitige Maßnahme in seinem Persönlichkeitsrecht objektiv beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/138; B. v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10), weil diese geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/138 f.; U. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; U. v. 20.06.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 24). Dabei müssen die das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Wirkungen noch in der Gegenwart fortbestehen (vgl. BVerwG, U. v. 4.3.1976 - 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134/138 f.; U. v. 19.3.1992 - 5 C 44.87 - juris Rn. 9; B. v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10; U. v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; U. v. 20.06.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 24).

Diese Maßstäbe hat auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es führt aus, dass der Kläger durch die polizeilichen Maßnahmen nicht diskriminiert oder sonst derart in seinem Persönlichkeitsrecht berührt worden sei, dass ihm mit Hilfe der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit Genugtuung verschafft werden müsse. Das bloße Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen fortbestünden, reiche für die Annahme eines Rehabilitationsinteresses nicht aus. Ausreisekontrollen seien ein alltäglicher, Flugreisende massenhaft und ohne Ansehen der Person betreffender Vorgang, von dem bei vernünftiger Würdigung grundsätzlich keine diskriminierende, das Persönlichkeitsrecht objektiv beeinträchtigende Wirkung ausgehe. Dies gelte auch im Fall des Klägers. Die auf die Ansprache und den ersten Datenabgleich folgenden Maßnahmen der Befragung zu den Reiseabsichten, der Kontrolle der mitgeführten Gegenstände, der Oberbekleidung und der Reisedokumente sowie der weiteren telefonischen Ermittlungen seien nicht unter den Augen der Öffentlichkeit, sondern auf der Dienststelle durchgeführt worden. Sie hätten ausschließlich der Abklärung der Frage gedient, ob der Kläger zur Gruppe der Problemfans gehört und die Voraussetzungen für ein Ausreiseverbot erfüllt habe. Ohne ein Mindestmaß an Ermittlungen zum Eintrag des Klägers in der Datei „Gewalttäter Sport“ habe die Prognose, dass vom Kläger keine Gefahr für erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland ausgehe, nicht abgesichert und die Ermessensentscheidung über eine Ausreiseuntersagung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 PassG nicht fehlerfrei getroffen werden können. Der Vorwurf strafbarer Handlungen sei mit den Maßnahmen nicht verbunden gewesen. Auch die fast einstündige Dauer der Ermittlungen habe keinen diskriminierenden Charakter gehabt. Sie habe sich zwangsläufig daraus ergeben, dass sich beim Kläger und seinem Vater mehrere, teilweise unterschiedliche Anhaltspunkte für die Zugehörigkeit zur Problemfanszene gefunden hätten und beide daher zu Recht zur Abklärung auf die Dienststelle mitgenommen worden seien. Soweit die Dauer der Kontrolle darauf beruhe, dass der Kläger mit seinem Vater gemeinsam gereist sei und daher die diesen betreffenden Ermittlungen habe abwarten müssen, sei dies nicht der Beklagten anzulasten. Seien die Maßnahmen damit insgesamt nicht geeignet gewesen, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit herabzusetzen, so habe es auch nicht der Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen bedurft, um den Kläger der Öffentlichkeit gegenüber zu rehabilitieren.

a) Insoweit macht der Kläger zunächst geltend, es stelle sehr wohl eine Diskriminierung dar, wenn die Reise aufgrund der überlangen Dauer der Kontrolle nicht angetreten werden könne, weil sich in einem Flugzeug eine Vielzahl von Personen befinde, die mitbekomme, wenn ein Reisender von der Polizei zur Seite gebeten werde. Dies sei zwar möglicherweise per se nicht diskriminierend. Wenn aber die betreffende Person anschließend nicht im gebuchten Flugzeug erscheine, dränge sich dem durchschnittlichen Bürger der Verdacht auf, dass ein Krimineller gerade noch so eben aussortiert worden sei.

Diese Ausführungen stellen jedoch die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Denn es ist daraus nicht hinreichend substantiiert zu entnehmen, dass das Ansehen des Klägers durch die polizeilichen Maßnahmen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabgesetzt worden wäre.

Es lässt sich insbesondere aus dem Vorbringen des Klägers nicht hinreichend erkennen, dass andere Passagiere seines Fluges bemerkt hätten, dass er diesen in Folge der polizeilichen Maßnahmen nicht mehr rechtzeitig erreicht hat, und dass deshalb für diese Passagiere Anlass zu Spekulationen über die Gründe bestanden hätte, aus denen die Polizei die Flugteilnahme des Klägers unterbunden hatte. Selbst wenn einzelnen Mitreisenden aufgefallen sein sollte, dass der Kläger intensiver als andere Reisende kontrolliert und - offenbar ohne großes Aufsehen - zur Dienststelle der Bundespolizei mitgenommen wurde, wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass diese Fluggäste ohne Weiteres hätten überblicken können, ob sich der ihnen bis dahin unbekannte Kläger an Bord ihres Flugzeugs befand, und dass ihnen daher dessen Fehlen mit der Folge bewusst geworden wäre, dass das Ansehen des Klägers herabgesetzt gewesen wäre. Anders könnte es sich lediglich dann verhalten haben, wenn der Kläger nicht nur gemeinsam mit seinem Vater, sondern in einer größeren Gruppe unterwegs gewesen wäre, deren Mitgliedern sein Fehlen hätte auffallen müssen, oder wenn an dem Flug Personen teilgenommen hätten, die ihn kannten und ihn aus diesem Grund vermisst und sich deshalb Gedanken über seinen Verbleib gemacht hätten. Dies trägt der Kläger jedoch nicht vor.

War der Kläger den übrigen Passagieren aber nicht bekannt, so ist aus dem Vorbringen des Klägers nicht ersichtlich, wie sein Ansehen durch die polizeilichen Maßnahmen herabgesetzt worden sein könnte, zumal diese offenbar, soweit sie nicht ohnehin in der Dienststelle der Bundespolizei durchgeführt wurden, kein großes Aufsehen verursacht haben und auch sonst keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass andere Reisende den Grund für die Intensität der Kontrolle des Klägers hätten erkennen können.

b) Schließlich stellt der Kläger die Verneinung eines Rehabilitierungsinteresses durch das Verwaltungsgericht auch nicht insoweit mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage, als er geltend macht, die Dauer der Kontrolle habe bereits als solche diskriminierenden Charakter gehabt, weil sie trotz anderweitiger Möglichkeiten bewusst in die Länge gezogen worden sei und weil anders nicht erklärt werden könne, weshalb in Kenntnis der Abflugzeiten die Maßnahmen gegenüber dem Kläger und seinem Vater nicht parallel und damit in einem für die Flugteilnahme unschädlichen Zeitfenster durchgeführt worden seien. Denn das Verwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass die durchgeführten polizeilichen Maßnahmen zur Entscheidung über die Verhängung eines Ausreiseverbots erforderlich gewesen seien und dass sich ihre Dauer zwangsläufig aus den unterschiedlichen Anhaltspunkten für die Zugehörigkeit des Klägers und seines Vaters zur Problemfanszene ergeben habe, denen habe nachgegangen werden müssen. Mit dieser Argumentation hat sich der Kläger aber durch die pauschale Behauptung, die Dauer der Polizeikontrolle sei diskriminierend, weil anders nicht erklärlich sei, weshalb in Kenntnis der Abflugzeiten die Maßnahmen nicht parallel und damit in einem für die Flugteilnahme unschädlichen Zeitfenster durchgeführt worden seien, nicht hinreichend auseinandergesetzt und sie deshalb auch nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

II.

Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

1. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger der Sache nach geltend macht, das Verwaltungsgericht habe seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und dabei die Beteiligten heranzuziehen.

Der Kläger vertritt insoweit die Auffassung, das Verwaltungsgericht habe die Wiederholungsgefahr nicht mit der Begründung verneinen dürfen, der Kläger habe seiner Darlegungslast nicht genügt, weil er ohne Angabe von Einzelheiten und ohne jeden Beleg behauptet habe, den Flughafen München mehrmals im Jahr für Urlaubsreisen oder für die Anreise zu Fußballspielen im Ausland zu nutzen. Vielmehr habe es den Kläger im Rahmen der Amtsaufklärungspflicht zu detaillierteren Schilderungen auffordern und erklären müssen, wie eine regelmäßige Nutzung des Flughafens hätte dargelegt werden sollen. Insbesondere hätte es den Kläger anhören müssen, um die Frage der Nutzung aufzuklären. Mit diesen Ausführungen ist der gerügte Verfahrensmangel aber nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Dass ein solcher Beweisantrag wie hier nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Kläger darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerwG, B. v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B. v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25; B. v. 25.8.2014 - 10 ZB 12.2673 - juris Rn. 16; B. v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 52).

Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Denn der Kläger hat weder dargelegt, welche tatsächlichen Feststellungen das Verwaltungsgericht getroffen hätte, wenn es ihn unter Erläuterung seiner Erwartungen zu einer detaillierteren Schilderung aufgefordert und zur Aufklärung der regelmäßigen Nutzung angehört hätte, noch inwiefern dies zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte. Insbesondere hat er auch im Zulassungsverfahren weder Angaben dazu gemacht noch Belege dazu vorgelegt, wann der Flughafen München von ihm in der Vergangenheit für Urlaubsreisen oder für Reisen zu Fußballspielen im Ausland genutzt worden ist oder in Zukunft genutzt werden soll.

2. Ein Verfahrensmangel ist schließlich auch nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, soweit der Kläger mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte ihn anhören müssen, um die Frage der Nutzung des Flughafens München durch ihn zu klären, eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG rügt.

Zwar kommt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dann in Betracht, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfG, B. v. 15.2.2011 - 1 BvR 980/10 - juris Rn. 13 m. w. N.). Jedoch erfordert die Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, regelmäßig die substantiierte Darlegung, was der Betroffene bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag entscheidungserheblich gewesen wäre (vgl. BVerwG, B. v. 19.8.1997 - 7 B 261/97 - juris Rn. 4). Dazu enthält die Begründung des Zulassungsantrags jedoch keinerlei Ausführungen. Denn der Kläger sieht den Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör zwar darin, dass ihn das Verwaltungsgericht nicht angehört hat, um die Nutzung des Flughafens zu klären. Er macht aber, wie dargelegt, gerade keine Angaben dazu, wie er den Flughafen in der Vergangenheit im Einzelnen genutzt hat oder in Zukunft zu nutzen beabsichtigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt mit der Beschwerde seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, ihm für eine beabsichtigte Klage gegen polizeiliche Maßnahmen Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Am 8. September 2012 fand in der W. Fußgängerzone ein Straßenmusikfestival statt. Gegen 17.30 Uhr hörte der Antragsteller am D-platz einer Musikgruppe zu. Er stand dabei mit seinem Fahrrad auf den Straßenbahngleisen. Als sich eine Straßenbahn näherte, wurde der Antragsteller von zwei Ordnern aufgefordert, die Gleise freizugeben. Als er sich weigerte, gab sich ein Polizeibeamter in Zivilkleidung, der den Vorgang beobachtet hatte, als solcher zu erkennen und forderte den Antragsteller auf, zur Seite zu gehen und die Straßenbahn vorbeifahren zu lassen. Der Antragsteller ließ sich daraufhin den Dienstausweis des Polizeibeamten zeigen, ging dann auf den Straßenbahngleisen in Richtung Dom und wurde dabei von dem Polizeibeamten begleitet. Dort verließ er die Gleise und begab sich in die P-straße, wo er von einer herbeigerufenen Polizeistreife wegen Nötigung im Straßenverkehr als Beschuldigter vernommen wurde.

Zur Begründung seines am 20. September 2012 beim Verwaltungsgericht eingegangen Prozesskostenhilfeantrags trug er unter anderem vor, er habe der Musikgruppe zugehört. Um ihn herum und hinter ihm hätten weitere Zuhörer gestanden. Als sich eine Straßenbahn genähert habe, hätten die Ordner die Zuhörer auf beide Seiten der Gleise abgedrängt. Der Antragsteller habe der Band weiter zuhören wollen und deshalb versucht, auf deren Seite der Straßenbahnschienen Platz zu finden, was ihm jedoch nicht möglich gewesen sei. Als die Ordner ihn aufgefordert hätten, weiterzugehen, und versucht hätten, ihrer Aufforderung mit sanftem Druck Nachdruck zu verleihen, habe er sie darauf hingewiesen, dass sie dies in der Fußgängerzone zu unterlassen hätten, weil diese eine Aufenthalts- und Kommunikationszone sei. Der daraus entstandene Disput habe etwa 20 Sekunden gedauert. Dann habe ihn der Polizeibeamte in Zivilkleidung angesprochen und ihn darauf hingewiesen, dass er die Straßenbahn nötige. Er habe dies zurückgewiesen und den Polizeibeamten gebeten, seinen Dienstausweis zu zeigen. Der Polizeibeamte habe daraufhin dem Antragsteller seinen Geldbeutel mit dem Dienstausweis hingehalten und dabei mit dem Daumen einen Teil des Sichtfensters aus schwarzem Gewebe verdeckt. Der Antragsteller habe deshalb lediglich den Namen des Beamten erkennen können, nicht jedoch, ob es sich um einen Dienstausweis der Polizei gehandelt habe. Gleichwohl habe er nachgegeben und begonnen, sich vom D-platz in Richtung Dom zu begeben. Der Polizeibeamte sei ihm gefolgt und habe an seinem Fahrrad gezerrt und dem Antragsteller etwa fünfzehn Rammstöße mit der Schulter und dem Gesäß versetzt. An der Einmündung in die P-straße sei der Antragsteller auf eine Polizeistreife gestoßen. Diese habe ihm sofort gedroht, dass man sein Fahrrad sicherstellen und ihn notfalls für die Nacht in Gewahrsam nehmen werde.

Der Antragsteller machte außerdem geltend, die Polizei habe offenbar Probleme, die Vorschriften über Rechte der Fußgänger und die Verpflichtungen des Fahrzeugverkehrs in der Fußgängerzone korrekt anzuwenden. Es bedürfe deshalb der baldigen Klarstellung durch das Verwaltungsgericht. Die von dem Polizeibeamten in Zivilkleidung am D-platz ausgesprochene Platzverweisung sei rechtswidrig gewesen. Eine Gefahr sei vom Antragsteller, der die Fußgängerzone entsprechend ihrem Sinn und Zweck genutzt habe, nicht ausgegangen. Da die Platzverweisung rechtswidrig gewesen sei, sei auch die Androhung, ihn bis zum nächsten Tag in Gewahrsam zu nehmen, nicht rechtens gewesen. Außerdem habe der Antragsteller der Platzverweisung auch Folge geleistet, indem er den D-platz verlassen habe. Mangels einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung sei es ohnehin nicht möglich gewesen, den Antragsteller in Gewahrsam zu nehmen. Auch eine Sicherstellung des Fahrrads sei nicht in Betracht gekommen. Es sei nicht ersichtlich, welche Gefahr von einem im Fußgängerbereich stehenden und von seinem Besitzer gehaltenen Fahrrad für eine pflichtgemäß wartende Straßenbahn ausgehen könne. Im Übrigen hätten während des Straßenmusikfestivals alle Straßenbahnen erhebliche Verzögerungen in Kauf nehmen müssen, wie sich anhand der elektronischen Fahrdatenrekorder der betreffenden Straßenbahnen leicht nachweisen lasse. Durch den Aufenthalt des Antragstellers in der Fußgängerzone sei es zu keinen das normale Maß während des Straßenmusikfestivals übersteigenden Verzögerungen im Straßenverkehr gekommen.

Der Antragsteller kündigte an, im beabsichtigten Klageverfahren die Feststellung zu beantragen,

1. dass der Kläger sich beim Straßenmusikfestival zu Recht in der Fußgängerzone aufgehalten habe und durch die Straßen gebummelt sei und dass er auch mit seinem Zuhören bei den Darbietungen die Fußgängerzone im Rahmen ihres Widmungszwecks als Aufenthalts- und Kommunikationsbereich genutzt habe,

2. dass der Kläger beim Straßenmusikfestival als Fußgänger im Fußgängerbereich die gesamte Verkehrsfläche habe frei nutzen dürfen, dass es keine Regeln gebe, die dem Kläger auf der Fußgängerfläche ein bestimmtes Verhalten auferlegt hätten und dass dies unabhängig vom sonst zulässigen Fahrzeugverkehr gelte, der dem Kläger gegenüber nachrangig gewesen sei und nötigenfalls zu warten gehabt habe,

3. dass der Kläger wegen der hohen Passantendichte beim Straßenmusikfestival sein Fahrrad dort zu schieben gehabt habe, wo die geringste Beeinträchtigung des übrigen Fußgängerverkehrs zu erwarten gewesen sei,

4. dass der zivilgekleidete Polizeibeamte auf Verlangen des Klägers seinen Ausweis ohne Zögern so habe vorzeigen müssen, dass dem Kläger ein einwandfreies Identifizieren ohne Verdeckung und Sichtbehinderung durch das Ausweisfach des Geldbeutels möglich gewesen wäre,

5. dass der zivilgekleidete Polizeibeamte den Platzverweis zu Unrecht ausgesprochen habe, weil vom Kläger, der sich beim Straßenmusikfestival rechtmäßig gemäß ihrem Widmungssinn in der Fußgängerzone aufgehalten habe, keine Gefahr ausgegangen sei,

6. dass die Androhung des zivilgekleideten Polizeibeamten wie auch eines der Streifenbeamten, die Polizei werde das Fahrrad des Klägers sicherstellen, ebenso zu Unrecht erfolgt sei, weil von dem geschobenen Fahrrad in dieser Situation keine Gefahr ausgegangen sei,

7. dass die Androhung der Polizei, man werde den Kläger im Wiederholungsfall über Nacht in Gewahrsam nehmen, ebenfalls unzulässig gewesen sei, und das auch dadurch, dass das Straßenmusikfestival gemäß Programm bis gegen 22.00 Uhr habe beendet sein sollen,

8. dass der zivilgekleidete Polizeibeamte nicht berechtigt gewesen sei, den Kläger, der nach der Platzverweisung vom D-platz in Richtung P-straße gelaufen sei, immer wieder von der Seite anzurempeln und der Gefahr eines schweren Sturzes auszusetzen, und

9. dass die Stadt W. und der Straßenbahnbetrieb selbst es gewesen seien, die die Verzögerungen des Straßenbahnverkehrs durch Besucher des Straßenmusikfestivals allgemein provoziert hätten, dass, wer versuche, mit einer Straßenbahn während einer offiziellen Veranstaltung durch solche Menschenmassen in einer Fußgängerzone zu fahren, als Konsequenz auch erhebliche Verzögerungen in Kauf zu nehmen habe und dass dies von der Polizei insbesondere nicht dem Kläger als Einzelperson habe zur Last gelegt werden dürfen.

Der Antragsteller wies dabei darauf hin, dass es sich bei seinen Anträgen um vorläufige Formulierungen handele. Die endgültigen Formulierungen müssten dem beizuordnenden Rechtsanwalt vorbehalten bleiben. Das angestrebte Klageverfahren solle der Polizei eindeutig zeigen, dass ihr in diesem Fall gezeigtes Handeln nicht den Gesetzen entspreche.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, hinsichtlich der Anträge zu 1., 3. und 9. fehle es an einem Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Die begehrten Feststellungen seien zu keiner Zeit Gegenstand der Auseinandersetzung mit der Polizei gewesen und deshalb bereits nicht streitig. Jedenfalls fehle es aber an einem Feststellungsinteresse, weil eine gerichtliche Entscheidung die Rechtsstellung des Antragstellers nicht verbessere. An einem berechtigten Feststellungsinteresse fehle es auch hinsichtlich des Antrags zu 4. Es seien weder eine konkrete Wiederholungsgefahr noch ein Rehabilitationsinteresse ersichtlich. Die Anträge zu 6. und 7. seien unzulässig, weil es sich bei der Androhung der Sicherstellung und des Gewahrsams um nach § 44a VwGO nicht isoliert anfechtbare behördliche Verfahrenshandlungen handele. Außerdem sei es denkbar, dass eine Sicherstellung des Fahrrads, das der Antragsteller offenbar bewusst einsetze, um ein Hindernis für die Straßenbahn zu schaffen, möglich gewesen sei. Hinsichtlich der Anträge zu 2., 5. und 8. sei die Klage jedenfalls unbegründet. Das Verhalten des Antragstellers in der Fußgängerzone, das er mit dem Antrag zu 2. als zulässig festgestellt haben wolle, verstoße gegen § 1 Abs. 2 StVO und sei als unzulässige Rechtsausübung rechtsmissbräuchlich. Das Rücksichtnahmegebot nach § 1 Abs. 2 StVO diene als allgemeine Auslegungsregel für alle Verkehrsvorschriften und gelte damit auch für Fußgänger in einem Fußgängerbereich. Dagegen verstoße der Antragsteller, weil er durch sein Verhalten den zugelassenen Straßenbahnverkehr mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindere und belästige. Als rechtsmissbräuchlich stelle sich das Verhalten des Antragstellers dar, weil er damit nicht seine Rechte wahrnehmen, sondern die Straßenbahnführer dazu bewegen wolle, sich so zu verhalten, wie er es für ordnungsgemäß halte. Es sei aber nicht Sache des Antragstellers, andere Verkehrsteilnehmer zu erziehen. Es gebe keine Durchsetzung eigener Rechte um jeden Preis. Die Klage hinsichtlich des Platzverweises sei zwar als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Sie sei jedoch unbegründet. Die nach Art. 16 Satz 1 PAG erforderliche Gefahr folge aus den zahlreichen vorangegangenen Vorfällen, in denen der Antragsteller stets ein ähnliches Verhalten in Bezug auf den Straßenbahnverkehr gezeigt und damit jeweils den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt habe. Die Polizeibeamten hätten daher davon ausgehen können, dass der Antragsteller dieses Verhalten wiederhole. Außerdem ergebe sich diese Gefahr, weil der Antragsteller hinsichtlich Straßenbahnen nach einem psychiatrischen Gutachten an einer wahnhaften Störung leide. Schließlich sei der ausgesprochene Platzverweis hinreichend bestimmt und verhältnismäßig. Hinsichtlich des Antrags zu 8. sei die beabsichtigte Klage jedenfalls unbegründet. Das vom Antragsteller geschilderte Verhalten des Polizeibeamten in Zivilkleidung stelle sich als rechtmäßiger unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung des Platzverweises dar.

Gegen den ihm am 6. Dezember 2012 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 19. Dezember 2012 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schreiben Beschwerde erhoben.

Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, maßgeblich für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag seien nicht die von ihm formulierten Anträge, die lediglich das Klageziel umreißen sollten. Die Anträge sollten dazu dienen, die Hintergründe für das rechtswidrige Handeln der Polizei herauszustellen. Es solle der Polizei mit der Klage deutlich gezeigt werden, dass ihr Handeln grob rechtswidrig gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei § 1 Abs. 2 StVO im Fußgängerbereich nicht anwendbar. Die Fußgängerzonen würden zur Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs eingerichtet. Dem psychiatrischen Gutachten werde ausdrücklich widersprochen. Im Übrigen sei die Argumentation des Verwaltungsgerichts mit dem Gutachten eine reine ex-post-Betrachtung. Der handelnde Polizeibeamte wisse von dem psychiatrischen Gutachten bis heute nichts und habe es in keiner seiner beiden Stellungnahmen erwähnt. Hinsichtlich der Ausweispflicht sei dem rechthaberischen Verhalten des Polizeibeamten in Zivilkleidung zu entnehmen, dass es sich gegebenenfalls wiederholen werde. Soweit das Verwaltungsgericht die Erfolgsaussichten hinsichtlich der Androhung der Sicherstellung des Fahrrads und des Gewahrsams verneine, weil darin eine nach § 44a VwGO nicht anfechtbare Verfahrenshandlung liege, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass dies nach § 44a Satz 2 VwGO nicht gelte, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden könnten.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nutze er sein Fahrrad auch nicht als Hindernis für die Straßenbahn. Durch dessen Sicherstellung lasse sich das Ziel der Polizei, der Straßenbahn Vorrang zu verschaffen, nicht erreichen. Oberstes Ziel für die Einrichtung von Fußgängerzonen sei die Sicherheit der Fußgänger, die deshalb Vorrang vor jeglichem Fahrzeugverkehr hätten. § 1 Abs. 2 StVO gelte im Fußgängerbereich nicht, weil nach § 39 Abs. 2 Satz 1 StVO Regelungen durch Verkehrszeichen den allgemeinen Regelungen vorgingen. Zeichen 242.1 der Anlage 2 zu § 41 StVO regele das Verhältnis der Fahrzeugführer zum Fußgänger abschließend. Die Nutzung der Fußgängerzone durch den Antragsteller stelle einen zulässigen und widmungsgemäßen Gebrauch dar. Da die Straßenbahn ihre Geschwindigkeit dem Fußgängerverkehr anpassen müsse, werde sie durch einen Fußgänger, der seinen Vorrang in Anspruch nehme, nicht behindert.

Da die Fußgängerzone entsprechend ihrem Widmungszweck auch als Aufenthalts- und Kommunikationszone diene, seien die von den Besuchern des Straßenmusikfestivals ausgehenden Behinderungen der Straßenbahn unvermeidbare und notwendige Behinderungen, die von ihr hinzunehmen seien. Der Antragsteller sei auch nicht im Schneckentempo vor der Straßenbahn hergelaufen. Dies zeige die hohe Durchschnitts- und Spitzengeschwindigkeit, die sich aus dem Fahrdatenschreiber der betreffenden Straßenbahn ergebe.

Die Rammstöße des Polizeibeamten in Zivilkleidung, die den Antragsteller der Gefahr eines Sturzes ausgesetzt hätten, seien grob rechtswidrig gewesen. Dies habe umso mehr gegolten, als der Antragsteller sich in Fahrtrichtung der Straßenbahn bewegt und diese, wie die Fahrdatenschreiberauswertung zeige, gar nicht unmittelbar hinter ihm hergefahren sei. Es sei auch nicht richtig, dass die Straßenbahn angesichts des starken Fußgängerverkehrs während des Straßenmusikfestivals innerhalb kürzester Zeit am Antragsteller hätte vorbeifahren können, wenn er den Weg frei gemacht hätte. Vielmehr habe die Straßenbahn eine erhebliche Behinderung des Fußgängerverkehrs dargestellt.

Allerdings sei es mit dem Sinn und Zweck der Straßenverkehrsordnung nicht vereinbar, wenn die Fußgänger niemals der Straßenbahn den Weg freigeben müssten. Die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1 Abs. 1 StVO gewinne erst allmählich Bedeutung. Je nach Situation und insbesondere in Situationen wie dem Straßenmusikfestival könnten auch mehr als fünf Minuten Wartezeit für die Straßenbahn angemessen sein. Schließlich gehe es dem Antragsteller nicht darum, andere zu erziehen und damit bewusst Gefahrenlagen zu provozieren.

Der Antragsteller beantragt der Sache nach,

ihm unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts W. vom 4. Dezember 2012 Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Der Antragsgegner hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Ergänzend wird hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Antragstellers auf seine Schriftsätze in den Verfahren 5 K 12.825 und 10 C 12.2728, im Übrigen auf die Gerichtsakten in diesen Verfahren sowie die darin beigezogenen Behörden- und Strafakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F.; vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S.3533]) liegen nicht vor.

1. Gegenstand der beabsichtigten Klage sind nach § 88 VwGO, nach dem das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen darf, aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden ist, die Feststellung, dass die Platzverweisung durch den Polizeibeamten in Zivilkleidung rechtswidrig war (a), die Feststellung, dass die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung der Platzverweisung unzulässig war (b), die Feststellung, dass der Polizeibeamte in Zivilkleidung verpflichtet war, auf Verlangen des Antragstellers seinen Dienstausweis so vorzuzeigen, dass seine Lesbarkeit nicht durch das Ausweisfach beeinträchtigt wurde (c), und schließlich die Feststellung, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, das Fahrrad des Antragstellers sicherzustellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen (d).

a) Dass Gegenstand der beabsichtigten Klage zunächst die Feststellung sein soll, dass die Platzverweisung durch den Polizeibeamten in Zivilkleidung rechtswidrig war, folgt aus dem Wortlaut des Antrags zu 5. ebenso wie aus den Erläuterungen des Antragstellers zu seinen Anträgen.

Der Antrag zu 5. zielt ausdrücklich auf die Feststellung, dass der Polizeibeamte den Platzverweis zu Unrecht aussprach. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Platzverweises entspricht darüber hinaus dem Willen des Antragstellers, der, wie er darlegt, darauf gerichtet ist, der Polizei und insbesondere dem Beamten in Zivilkleidung ganz deutlich zu zeigen, dass ihr Handeln grob rechtswidrig gewesen sei.

Geht man von dieser Zielrichtung der beabsichtigten Klage als dem nach § 88 VwGO für das Verständnis der Klage maßgeblichen Klagebegehren aus, so umfasst der Antrag festzustellen, dass die Platzverweisung durch den Polizeibeamten in Zivilkleidung rechtswidrig war, auch die Anträge zu 1. und 2., die sich auf die Feststellung beziehen, dass der Antragsteller sich zu Recht in der Fußgängerzone aufgehalten und sie im Rahmen des Widmungszwecks als Aufenthalts- und Kommunikationsbereich genutzt habe und dass er als Fußgänger die gesamte Verkehrsfläche unabhängig vom sonst zulässigen Fahrzeugverkehr, der gegenüber dem Antragsteller nachrangig sei und nötigenfalls warten müsse, frei habe nützen dürfen. Denn der Antragsteller betont, dass es bei den von ihm als möglich formulierten Anträgen nur darum gegangen sei, das Streitverhältnis zu umreißen und die Hintergründe für das rechtswidrige Handeln der Polizei herauszustellen, während die endgültige Fassung der Anträge dem beizuordnenden Rechtsanwalt vorbehalten bleiben solle. Entsprechend diesem Anliegen stellen sich die Anträge zu 1. und 2. aber lediglich als die nach Ansicht des Antragstellers für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Platzverweisung maßgeblichen Vorfragen dar. Dementsprechend führt er aus, dass die in den Anträgen zu 1. und 2. herausgearbeiteten Punkte die Grundlage für die Entscheidung über den Antrag zu 5. seien und daher spätestens im Rahmen der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Platzverweises geklärt werden müssten.

b) Mit dem Antrag zu 8. festzustellen, dass der Polizeibeamte in Zivilkleidung nicht berechtigt gewesen sei, den Antragsteller, der nach der Platzverweisung vom D-platz in Richtung P-straße gegangen sei, immer wieder von der Seite anzurempeln und der Gefahr eines schweren Sturzes auszusetzen, begehrt der Antragsteller der Sache nach die Feststellung, dass die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung der Platzverweisung unzulässig war. Denn angesichts der vorangegangenen Aufforderung des Antragstellers durch den Polizeibeamten in Zivilkleidung, die Straßenbahngleise freizugeben, ließe sich ein polizeiliches Handeln in Form eines seitlichen „Anrempelns“, wie der Antragsteller es behauptet, als Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung dieses Platzverweises verstehen. Dies entspricht auch der Vorstellung des Antragstellers. Denn er selbst ordnet die „Rempler“ durch den Polizeibeamten in Zivilkleidung als „körperlichen Zwang“ ein.

Darüber hinaus umfasst das Klagebegehren festzustellen, dass die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung der Platzverweisung unzulässig war, auch den Antrag zu 3., der die Feststellung betrifft, dass der Antragsteller wegen der hohen Passantendichte beim Straßenmusikfestival sein Fahrrad dort zu schieben gehabt habe, wo die geringste Beeinträchtigung des übrigen Fußgängerverkehrs zu erwarten gewesen sei. Denn auch diese Feststellung bezieht sich lediglich auf eine nach Auffassung des Antragstellers maßgebliche Vorfrage. So legt der Antragsteller selbst dar, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anwendung unmittelbaren Zwangs von der Beantwortung der Frage abhänge, ob der Antragsteller sein Fahrrad dort zu schieben gehabt habe, wo die geringste Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs zu erwarten gewesen sei, weil unmittelbarer Zwang seiner Ansicht nach nur dann möglich gewesen wäre, wenn man diese Frage verneine.

c) Dass der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass der Polizeibeamte in Zivilkleidung verpflichtet war, auf Verlangen des Antragstellers seinen Dienstausweis so vorzuzeigen, dass seine Lesbarkeit nicht durch das Ausweisfach beeinträchtigt wurde, ergibt sich mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Vorbringen des Antragstellers unmittelbar aus dem Antrag zu 4.

d) Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die beabsichtigte Klage beantragt festzustellen, dass die Androhung, sein Fahrrad sicherzustellen (Antrag zu 6.), und die Androhung, ihn im Wiederholungsfall über Nacht in Gewahrsam zu nehmen, zu Unrecht erfolgt und unzulässig gewesen seien (Antrag zu 7.), ist sein nach § 88 VwGO maßgebliches Klagebegehren als auf die vorbeugende Feststellung gerichtet zu verstehen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, das Fahrrad des Antragstellers sicherzustellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen.

Dem Antragsteller geht es mit der beabsichtigten Klage um die Klarstellung, dass die Polizei nicht berechtigt sei, ihn wegen seines, wie er meint, zulässigen Verhaltens in der Fußgängerzone während des Straßenmusikfestivals in Gewahrsam zu nehmen und sein Fahrrad sicherzustellen. Diesem Ziel entspricht es, die beabsichtigte Klage entgegen der Formulierung des Antragstellers nicht als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu verstehen, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Androhung gerichtet ist, das Fahrrad des Antragstellers sicherstellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen, sondern als vorbeugende Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO mit dem Antrag festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, das Fahrrad des Antragstellers sicherzustellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen.

aa) Eine Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kommt mit den vom Antragsteller für die beabsichtigte Klage ausdrücklich angekündigten Anträgen festzustellen, dass die Androhung, sein Fahrrad sicherzustellen, und die Androhung, ihn im Wiederholungsfall über Nacht in Gewahrsam zu nehmen, zu Unrecht erfolgt und unzulässig gewesen seien, nicht in Betracht.

Zwar wäre eine solche Klage denkbar, wenn die Polizei dem Antragsteller mit ihren von diesem als Androhung von Sicherstellung und Gewahrsam verstandenen Äußerungen nach Art. 59 Abs. 1 Satz 1 PAG ein Zwangsmittel angedroht hätte. Denn die Zwangsmittelandrohung stellt einen Verwaltungsakt dar (vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 59 Rn. 5), gegen den im Falle seiner Erledigung in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO grundsätzlich mit der Fortsetzungsfeststellungsklage vorgegangen werden kann. Jedoch handelt es sich bei der Äußerung der Polizei, im Falle einer Zuwiderhandlung des Antragstellers gegen den Platzverweis könne sein Fahrrad sichergestellt und er selbst in Gewahrsam genommen werden, nicht um die Androhung von Zwangsmitteln. Denn die Sicherstellung des Fahrrads nach Art. 25 Nr. 1 PAG und der Gewahrsam zur Durchsetzung der Platzverweisung nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 3 PAG stellen keine Zwangsmittel dar, die gemäß Art. 54 Abs. 2 PAG nach Maßgabe von Art. 59 und Art. 64 PAG anzudrohen sind, sondern eigenständige polizeiliche Maßnahmen. Daher dienten auch die vom Antragsteller als Androhung solcher Maßnahmen verstandenen Äußerungen der Polizei nicht der Einzelfallregelung, dass das Fahrrad des Antragstellers sichergestellt und er selbst in Gewahrsam genommen werde, wenn er gegen die Platzverweisung verstoße. Es handelte sich vielmehr, wie der Bericht des beteiligten Polizeibeamten vom 28. September 2012 bestätigt, lediglich um einen eine entsprechende Frage des Antragstellers beantwortenden Hinweis auf die der Polizei im Falle einer Nichtbeachtung des Platzverweises zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Lag damit ein Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG nicht vor, so scheidet auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO aus.

bb) Hingegen entspricht dem Ziel des Antragstellers, die Klarstellung zu erreichen, dass die Polizei nicht berechtigt ist, ihn wegen seines, wie er meint, zulässigen Verhaltens in der Fußgängerzone während des Straßenmusikfestivals in Gewahrsam zu nehmen und sein Fahrrad sicherzustellen, eine vorbeugende Feststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, das Fahrrad des Antragstellers sicherzustellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen.

Anders als eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist eine solche Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO auch statthaft. Denn die Feststellung, auf die sie sich bezieht, betrifft das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, wie dies nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderlich ist. Als Rechtsverhältnis im Sinne dieser Regelung werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1992 - 3 C 50/89 - juris Rn. 29). Danach stellt die Berechtigung des Beklagten, das Fahrrad des Antragstellers sicherzustellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen, aber ein Rechtsverhältnis dar, dessen Nichtbestehen Gegenstand der vom Antragsteller begehrten Feststellung ist. Sie betrifft die rechtlichen Beziehungen des Beklagten zum Antragsteller, die sich unter Bedingungen, wie sie in der W. Fußgängerzone während des Straßenmusikfestes geherrscht haben, aus einem Verhalten des Antragstellers, wie er es unter diesen Bedingungen an den Tag gelegt hat, aus Art. 17 Abs. 1 Nr. 3 und Art. 25 Nr. 1 PAG und damit aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund von diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Normen ergeben.

e) Dem Antrag zu 9. festzustellen, dass die Stadt W. und der Straßenbahnbetrieb selbst es gewesen seien, die die Verzögerungen des Straßenbahnverkehrs durch Besucher des Straßenmusikfestivals allgemein provoziert hätten, dass, wer versuche, mit einer Straßenbahn während einer offiziellen Veranstaltung durch solche Menschenmassen in einer Fußgängerzone zu fahren, als Konsequenz auch erhebliche Verzögerungen in Kauf zu nehmen habe und dass dies von der Polizei insbesondere nicht dem Antragsteller als Einzelperson habe zur Last gelegt werden dürfen, kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Mit ihm will der Antragsteller aufzeigen, dass die Entscheidung, den Straßenbahnverkehr während des Straßenmusikfestivals aufrechtzuerhalten, mit Verzögerungen verbunden gewesen sei, die von der Polizei nicht ihm und den anderen Festbesuchern zugerechnet werden dürften. Damit misst er der Frage der Zurechenbarkeit der Verzögerungen im Straßenverkehr während des Straßenmusikfestivals aber Bedeutung für alle polizeilichen Maßnahmen bei, auf die sich seine beabsichtigte Klage bezieht. Es handelt sich also seiner Ansicht nach um eine bei der Überprüfung dieser Maßnahmen jeweils zu beachtende Vorfrage.

2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a. F. für die im obengenannten Sinne verstandene Klage des Antragstellers liegen nicht vor.

Nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a. F. erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Danach ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe aber nicht zu bewilligen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt (a) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (b).

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2013 - 10 C 12.1757 - juris Rn. 25; B.v. 19.3.2013 - 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 - juris Rn. 26 m. w. N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F.) ein (vgl. BVerwG, B.v. 12.9.2007 - 10 C 39.07 u. a. - juris Rn. 1). Danach war der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe aber mit Eingang der Stellungnahme des Beklagten zu dem vollständigen Prozesskostenhilfeantrag vom 20. September 2012 am 25. Oktober 2012 entscheidungsreif.

b) Nach der Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt bot die beabsichtigte Klage aber keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

aa) Dies gilt zunächst, soweit die Klage auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Platzverweisung durch den Polizeibeamten in Zivilkleidung rechtswidrig war. Denn die als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthafte Klage war zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt unbegründet. Denn die Platzverweisung, die in der an den Antragsteller gerichteten Aufforderung des Polizeibeamten in Zivilkleidung lag, das Straßenbahngleis freizugeben, war rechtmäßig.

Als Rechtsgrundlage kam Art. 16 Satz 1 PAG in Betracht. Danach kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes untersagen. Diese Voraussetzungen waren erfüllt. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Polizeibeamte das ihm dadurch eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte.

aaa) Durch die Aufforderung, zur Seite zu gehen und das Gleis für die Straßenbahn freizugeben, hat der Polizeibeamte den Antragsteller vorübergehend von einem Ort verwiesen. Dies geschah auch zur Abwehr einer Gefahr.

Zur Abwehr einer Gefahr erfolgt die Platzverweisung ebenso wie eine Maßnahme aufgrund von Art. 11 Abs. 1 oder 2 PAG insbesondere, wenn sie der Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit dient (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, 3. Aufl. 2011, Art. 16 Rn. 14; Berner/Köh-ler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 16 Rn. 2). Die öffentliche Sicherheit umfasst dabei die Unversehrtheit der Rechtsordnung. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, zu deren Abwehr eine Platzverweisung grundsätzlich erfolgen kann, besteht daher bei jedem Verstoß gegen Rechtsvorschriften (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rn. 57 und 62 ff.; Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 2 Rn. 5). Danach durfte der Polizeibeamte auf der Grundlage der ihm im Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der erforderlichen Gefahrenprognose maßgeblich sind (vgl. BVerwG, U.v. 26.2.1974 - 1 C 31.72 - juris Rn. 38; U.v. 1.7.1975 - 1 C 35.70 - juris Rn. 32; BayVGH, U.v. 26.11.1992 - 21 B 92/1672 - juris Rn. 34), aber vom Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Zwar ist offen, ob das Verhalten des Antragstellers mit § 1 Abs. 2 StVO im Einklang stand. Jedenfalls hat der Antragsteller aber gegen § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 StVO verstoßen.

(1) Der Antragsteller befand sich zum Zeitpunkt der Platzverweisung in dem durch Zeichen 242.1 ausgewiesenen Fußgängerbereich, der nach § 41 Abs. 1 StVO in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 Nr. 1 zu § 41 Abs. 1 StVO (jeweils in der vom 1. September 2009 bis zum 31. März 2013 gültigen Fassung; a. F.) durch andere Verkehrsteilnehmer nicht benutzt werden durfte, es sei denn, dass dies durch Zusatzzeichen angezeigt war. Fahrzeugführer, die den Fußgängerbereich aufgrund eines solchen Zusatzzeichens benutzen durften, mussten in diesem Fall auf Fußgänger Rücksicht nehmen und die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen. Fußgänger durften weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig mussten Fahrzeugführer warten (§ 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 Nr. 2 zu § 41 Abs. 1 StVO a. F.). Diese Regelung galt auch für die durch den Fußgängerbereich fahrenden Straßenbahnen. Da sie in der W. Fußgängerzone, wie die in den Akten befindlichen Fotos belegen, auf straßenbündigem Bahnkörper fahren, nehmen sie am Straßenverkehr teil (§ 55 Abs. 1 Satz 1 BOStrab). Die Fahrzeugführer müssen dabei die sie betreffenden Vorschriften der Straßenverkehrsordnung beachten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 BOStrab). Nach § 50 Abs. 3 BOStrab darf die für den übrigen Straßenverkehr jeweils geltende Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten werden.

Durfte der Antragsteller danach aber auch den Bereich der zum Fußgängerbereich gehörenden Straßenbahngleise nutzen und hatte er dabei Vorrang vor den Straßenbahnen, deren Fahrzeugführer auf ihn als Fußgänger Rücksicht nehmen mussten, ihre Geschwindigkeit dem Fußgängerverkehr anzupassen hatten, ihn weder gefährden noch behindern durften und wenn nötig warten mussten, so spricht dies im Ausgangspunkt dafür, dass er grundsätzlich auch, wie er es seinen Angaben nach getan hat, auf den Straßenbahnschienen stehen durfte, um einer Musikdarbietung im Rahmen des Straßenmusikfestivals zuzuhören.

Offen ist allerdings insoweit, ob er dadurch gegen § 1 Abs. 2 StVO verstieß, nach dem derjenige, der am Verkehr teilnimmt, sich so zu verhalten hat, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Denn soweit § 1 Abs. 2 StVO die Verpflichtung enthält, sich so zu verhalten, dass kein anderer mehr, als nach den Umständen unvermeidbar behindert wird, ist bereits unklar, ob und in welchem Umfang dieses Gebot im Fußgängerbereich für Fußgänger im Verhältnis zum Fahrzeugverkehr überhaupt galt. Nach § 39 Abs. 2 StVO gehen Regelungen durch Verkehrszeichen den allgemeinen Verkehrsregelungen vor. § 1 Abs. 2 StVO galt deshalb nur, soweit § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 zu § 41 Abs. 1 StVO a. F. die Behinderung des Fahrzeugverkehrs durch Fußgänger im Fußgängerbereich nicht regelte. Ob dies der Fall war, ist allerdings nicht ohne weiteres ersichtlich. Zwar regelte § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 zu § 41 Abs. 1 StVO a. F. das Verhalten von Fußgängern gegenüber dem Fahrzeugverkehr seinem Wortlaut nach nicht ausdrücklich und ließ insoweit Raum für die Anwendung der allgemeinen Regelung des § 1 Abs. 2 StVO. Jedoch kam im Hinblick darauf, dass andere Verkehrsteilnehmer als Fußgänger den Fußgängerbereich nur ausnahmsweise benutzen durften, Fahrzeugführer in diesem Fall auf die Fußgänger Rücksicht nehmen, ihre Geschwindigkeit dem Fußgängerverkehr anpassen und, wenn nötig, warten mussten, auch ein anderes Verständnis von § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 zu § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Betracht. Die Regelung hätte insoweit möglicherweise im Sinne einer Einschränkung des Gebots des § 1 Abs. 2 StVO verstanden werden können, andere nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar zu behindern. Es stellt sich insoweit insbesondere die Frage, ob eine solche Auslegung daraus folgen könnte, dass § 42 Abs. 2 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 3 lfd.Nr. 12 Spalte 3 Nr. 3 zu § 42 Abs. 2 StVO a. F. für den verkehrsberuhigten Bereich, in dem von vornherein Fahrzeugverkehr neben dem Fußgängerverkehr zulässig war, anders als § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 zu § 41 Abs. 1 StVO a. F. für den grundsätzlich dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen Fußgängerbereich ausdrücklich vorsah, dass Fußgänger den Fahrzeugverkehr nicht unnötig behindern durften (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2014 - 10 C 12.132 - Rn. 39).

(2) Jedoch verstieß der Antragsteller gegen § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 StVO, als er sich weigerte, die Straßenbahngleise zu verlassen, um einer wartenden Straßenbahn die Weiterfahrt zu ermöglichen, als ihn die im Rahmen des Straßenmusikfestivals zu diesem Zweck eingesetzten Ordner dazu aufforderten, und als er stattdessen auf dem Recht beharrte, den Musikdarbietungen auch auf den Gleisen zuzuhören, das er für sich in Anspruch nahm. Denn auch wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, muss nach dieser Regelung darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert. Selbst wenn der Antragsteller, wie er meint, aufgrund von § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 Nr. 2 zu § 41 Abs. 1 StVO a. F. berechtigt gewesen wäre, sich weiter auf den Gleisen aufzuhalten, und er auch nicht nach § 1 Abs. 2 StVO verpflichtet gewesen wäre, die wartende Straßenbahn vorbeifahren zu lassen, hätte er danach aber auf seinen Vorrang verzichten müssen. Denn die Verkehrslage erforderte dies.

§ 11 Abs. 3 Halbsatz 1 StVO gebietet es den Verkehrsteilnehmern, nicht auf ihren Vorrang zu pochen, sondern Rücksicht auf andere - an sich nicht Bevorrechtigte - zu nehmen, um ihnen schwierige Verkehrsvorgänge zu erleichtern (vgl. Heß in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 11 StVO Rn. 4). Legt man diesen Zweck zugrunde, so erforderte es hier die Verkehrslage aber offensichtlich, dass der Antragsteller auf seinen Vorrang verzichtete, um die Straßenbahn vorbeifahren zu lassen. Zwar musste diese nach § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd.Nr. 21 Spalte 3 Nr. 2 zu § 41 StVO a. F. auf Fußgänger Rücksicht nehmen, durfte sie nicht behindern und musste, wie sie es auch getan hat, wenn nötig, warten. Unter Beachtung dieses Vorrangs der Fußgänger war sie jedoch gleichwohl berechtigt, durch die Fußgängerzone zu fahren. Unter den Umständen, wie sie beim Straßenmusikfestival auf dem D-platz herrschten, war ihr dies angesichts ihrer Schienengebundenheit jedoch nur dann möglich, wenn der Antragsteller, der mit seinem Fahrrad auf den Straßenbahnschienen stand, um einer Musikdarbietung zuzuhören, sie vorbeifahren ließ. Berücksichtigt man, dass er dazu lediglich für die Dauer des Vorbeifahrens zur Seite gehen musste, so erforderte es die Verkehrslage, dass er auf die Straßenbahn Rücksicht nahm und ihr durch einen Verzicht auf seinen Vorrang die angesichts des hohen Fußgängeraufkommens während des Straßenmusikfestivals schwierige Durchfahrt durch den Fußgängerbereich erleichterte, statt auf diesen Vorrang zu pochen. Da er dies unterließ und damit gegen § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 StVO verstieß, lag aber eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, zu deren Abwehr er nach Art. 16 Satz 1 PAG vorübergehend von den Schienen verwiesen werden konnte.

bbb) Die Platzverweisung war auch nicht ermessensfehlerhaft. Der Polizeibeamte in Zivilkleidung, der den Antragsteller aufforderte, zur Seite zu gehen, hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung in Art. 16 Satz 1 PAG ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten (Art. 40 BayVwVfG; § 114 Satz 1 VwGO).

Da Art. 16 Satz 1 PAG die Polizei ermächtigt, Personen zur Abwehr einer Gefahr von einem Ort zu verweisen, und das Verweilen des Antragstellers auf den Straßenbahngleisen unter Inanspruchnahme seines Vorrangs gegenüber der Straßenbahn, wie ausgeführt, im Hinblick auf den darin liegenden Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 StVO hhhHHheine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellte, entsprach es dem Zweck der Ermächtigung, diese Gefahr durch Aufforderung des Antragstellers zu beseitigen, zur Seite zu gehen und die Gleise zu verlassen.

Diese Platzverweisung war dazu auch geeignet. Denn der Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 StVO wäre beendet gewesen, wenn der Antragsteller unter Verzicht auf seinen Vorrang die Straßenbahngleise verlassen hätte.

Der Platzverweis war darüber hinaus erforderlich, um die in der Verletzung von § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 StVO liegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu beseitigen. Denn die Versuche des Polizeibeamten, den Antragsteller ohne polizeiliche Anordnung im Gespräch durch Argumente dazu zu bringen, die Gleise freiwillig zu verlassen, waren erfolglos geblieben, so dass ein den Antragsteller weniger belastendes Mittel nicht mehr zur Verfügung stand (Art. 4 Abs. 1 PAG).

Schließlich führte die Platzverweisung auch nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Erfolg außer Verhältnis stand (Art. 4 Abs. 2 PAG). Der Nachteil, der für den Antragsteller bestanden hätte, wenn er der Aufforderung, zur Seite zu gehen, um die Straßenbahn vorbeifahren zu lassen, beschränkte sich darauf, dass er die Gleise für einen kurzen Zeitraum verlassen musste. Je nachdem, auf welche Seite der Gleise er sich dabei begeben hätte, hätte er außerdem für die Dauer des Vorbeifahrens der Straßenbahn der Musikdarbietung, der er zuhören wollte, nicht mehr oder nur noch eingeschränkt folgen können. Dieser Nachteil steht aber nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem mit dem Platzverweis erstrebten Erfolg. Denn dieser bestand darin, der Straßenbahn und insbesondere deren Fahrgästen eine weitere Verzögerung von ungewisser Dauer zu ersparen. Das Interesse der Fahrgäste, ohne vermeidbare Verspätung an ihr Ziel zu gelangen, überwog aber im Hinblick darauf, dass der Verzicht auf seinen Vorrang für den Antragsteller, wie dargelegt, nur mit geringen Nachteilen verbunden gewesen wäre, sein Interesse an der Wahrung dieses Vorrangs.

bb) Keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat die beabsichtigte Klage auch, soweit der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung der Platzverweisung rechtswidrig war. Denn insoweit ist die Klage bereits unzulässig. Sie ist nicht in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, weil ein Verwaltungsakt, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden könnte, nicht vorlag.

Zwar handelt es sich bei der Anwendung von unmittelbarem Zwang zur Durchsetzung einer Platzverweisung um einen Verwaltungsakt (vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 58 Rn. 8; BVerwG, U.v. 9.2.1967 - 1 V 69.64 - juris Rn. 14). Jedoch hat der Polizeibeamte in Zivilkleidung aller Wahrscheinlichkeit nach zur Durchsetzung seines Platzverweises keinen unmittelbaren Zwang angewandt.

Der Antragsteller trägt zwar vor, der Polizeibeamte sei auf dem Weg vom D-platz zum Dom schräg hinter oder neben ihm gegangen, habe mehrfach an seinem Fahrrad gezerrt und ihm etwa fünfzehn Rammstöße mit der Schulter oder dem Gesäß versetzt. Bei vier Stößen habe der Antragsteller erhebliche Schwierigkeiten gehabt, nicht seitlich über sein Rad zu stürzen. Jedoch stellt der Polizeibeamte in seiner Stellungnahme vom 28. September 2012 dies in Abrede. Das Vorbringen des Antragstellers entbehre insoweit jeglicher Grundlage. Es sei zwar wohl ein paar Mal zu seitlichem Körperkontakt gekommen. Dies habe aber auf Lenkbewegungen des Antragstellers beruht. Nach Aussage eines Zeugen, der den Antragsteller und den Polizeibeamten auf dem Weg zum Dom begleitete, versuchte der Polizeibeamte zwar, den Antragsteller nach rechts von den Gleisen zu leiten. Von einem Zerren am Fahrrad des Antragstellers oder von Rammstößen mit Schultern oder Gesäß berichtet er jedoch nicht. Nach den Wahrnehmungen der Straßenbahnfahrerin schubste hingegen der Antragsteller.

Unabhängig davon, ob der wiederholte Körperkontakt zwischen dem Antragsteller und dem Polizeibeamten durch den Polizeibeamten herbeigeführt worden ist oder ob er auf dem Verhalten des Antragstellers beruhte, lässt er sich aller Wahrscheinlichkeit nach jedenfalls nicht als Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung des vorangegangen Platzverweises verstehen. Nach seiner Stellungnahme vom 28. September 2012 sah der Polizeibeamte vielmehr von weiteren polizeilichen Maßnahmen ab, um ein Eskalieren der Situation zu vermeiden, nachdem der Antragsteller der Aufforderung, das Straßenbahngleis kurzfristig für den seinetwegen wartenden Straßenbahnzug freizumachen, nicht nachgekommen war. Dass dies zutrifft und dass der Polizeibeamte dementsprechend auch nicht versucht hat, seine Platzverweisung mit Hilfe von unmittelbarem Zwang durchzusetzen, wird dabei dadurch bestätigt, dass er stattdessen eine Polizeistreife angefordert hat, um das Verhalten des Antragstellers zu unterbinden. Schließlich spricht dafür auch, dass der Beamte auf dem Weg vom D-platz zum Dom genügend Zeit gehabt hätte, den Antragsteller tatsächlich mit körperlicher Gewalt von den Schienen zu entfernen, wenn er dies vorgehabt hätte.

cc) Auch soweit der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass der Polizeibeamte in Zivilkleidung verpflichtet war, auf Verlangen des Antragstellers seinen Dienstausweis so vorzuzeigen, dass seine Lesbarkeit nicht durch das Ausweisfach beeinträchtigt wurde, hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klage ist mangels des erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig. Der Antragsteller hat nicht das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses, auf das sich seine Feststellungsklage bezieht. Insbesondere ergibt sich ein solches Feststellungsinteresse weder aus einer Wiederholungsgefahr noch aus einem Rehabilitierungsinteresse des Antragstellers (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 43 Rn. 34).

aaa) Eine Wiederholungsgefahr liegt nicht vor. Eine hinreichend bestimmte Gefahr, dass die Polizei unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ein gleichartiges Verhalten an den Tag legen wird, besteht nicht (vgl. BVerwG, B.v. 21.10.1999 - 1 B 37.99 - juris Rn. 5; U.v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8; U.v. 18.10.2007 - 6 C 47.06 - juris Rn. 13). Zwar ist es nicht auszuschließen, dass der Antragsteller, gegen den wegen des Betretens und Begehens der Straßenbahngleise in der W. Fußgängerzone bereits wiederholt polizeiliche Maßnahmen ergangen sind, erneut in Kontakt mit der Polizei kommen wird. Jedoch bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dies unter den gleichen tatsächlichen Umständen geschehen wird wie während des Straßenmusikfestivals. Insbesondere erscheint es eher unwahrscheinlich, dass erneut ein zufällig hinzukommender Polizeibeamter in Zivilkleidung, der seinen Dienstausweis in einem Ausweisfach seines Geldbeutels mit schwarzer „Fliegendrahtvergitterung“ mit sich führt, wegen des Aufenthalts des Antragstellers auf den Straßenbahngleisen gegen ihn polizeiliche Maßnahmen ergreifen wird, die dem Antragsteller Anlass geben, sich seinen Dienstausweis nach Art. 6 Satz 1 PAG vorlegen zu lassen.

bbb) Auch bestand zum maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage entgegen der Ansicht des Antragstellers ein Rehabilitierungsinteresse nicht wegen der therapeutischen Rehabilitation in Bezug auf seine, wie er vorträgt, durch das polizeiliche Verhalten ausgelöste Retraumatisierung. Denn bei der Annahme eines Feststellungsinteresses nach § 43 Abs. 1 VwGO wegen eines berechtigten Interesses an einer Rehabilitierung geht es nicht um eine Rehabilitation im medizinischen Sinne, wie der Antragsteller sie ins Feld führt. Ein Rehabilitierungsinteresse im Sinne des nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresses kann vielmehr nur bestehen, wenn ein Verwaltungshandeln einen diskriminierenden, ehrenrührigen Inhalt hat, der dem Ansehen des Betroffenen abträglich ist (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 92 m. w. N.). Dass das Vorzeigen eines polizeilichen Dienstausweises nur deshalb einen diskriminierenden oder ehrenrührigen, den Antragsteller herabsetzenden Inhalt haben könnte, weil der Dienstausweis sich in einem mit schwarzer „Fliegendrahtvergitterung“ versehenen Ausweisfach eines Geldbeutels befand, ist aber nicht ersichtlich.

dd) Schließlich bot die beabsichtigte Klage auch insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, als der Antragsteller im Wege der vorbeugenden Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO die Feststellung begehrt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, das Fahrrad des Antragstellers sicherzustellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen. Denn eine solche Klage wäre zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags unzulässig gewesen. Der Antragsteller hatte nicht das für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1985 - 3 C 34.84 - juris Rn. 34), weil ihm die Sicherstellung seines Fahrrads nach Art. 25 Nr. 1 PAG und polizeilicher Gewahrsam nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 3 PAG nicht hinreichend sicher drohten (vgl. Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 25. Ergänzungslieferung 2013, § 43 Rn. 49 und § 42 Abs. 1 Rn. 163 und 165 m. w. N.).

Zwar hat die Polizeistreife, die ihn am Dom wegen Nötigung als Beschuldigten vernommen hat, dem Antragsteller gegenüber geäußert, dass sein Fahrrad sichergestellt werden und er gegebenenfalls während des Straßenmusikfestivals über Nacht in Gewahrsam genommen werden könne, wenn er dem von der Streife ausgesprochenen Platzverweis zuwiderhandele. Jedoch kann daraus nicht mit der erforderlichen hinreichenden Sicherheit geschlossen werden, dass dem Antragsteller zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt Sicherstellung und Gewahrsam tatsächlich drohten. Das Straßenmusikfestival, in Zusammenhang mit dem der Platzverweis und die Äußerungen der Polizeistreife zur Möglichkeit, das Fahrrad des Antragstellers sicherzustellen und ihn in Gewahrsam zu nehmen, erfolgten, war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen, ohne dass das Fahrrad sichergestellt oder der Antragsteller in Gewahrsam genommen worden war. Hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür, dass solche Maßnahmen auch bei einem späteren Straßenmusikfestival noch erfolgen könnten, liegen aber nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.

Gründe

I.

1

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) Einsicht in die Unterlagen, die der Beklagten über ein von der Deutschen Bank AG an die Aktionäre der Deutschen Postbank AG gerichtetes Übernahmeangebot vorlagen. Mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 gab die Beklagte diesem Begehren teilweise statt unter Ablehnung des Antrags im Übrigen. Bereits zuvor hatte der Kläger als außenstehender Aktionär der Postbank AG gegen die Gestattung der Veröffentlichung der freiwilligen Angebotsunterlagen für das Übernahmeangebot Widerspruch erhoben und nach § 29 i.V.m. § 13 Abs. 1 VwVfG die Einsicht in die bei der Beklagten über diesen Vorgang vorhandenen Unterlagen beantragt. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. November 2010 ab. Die gegen beide Bescheide erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2011 zurück und führte in der Rechtsbehelfsbelehrung aus, dass gegen die Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheids Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main erhoben werden könne. Am 21. Februar 2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und dort sein Zugangsbegehren nach dem Informationsfreiheitsgesetz weiterverfolgt. Zugleich hat er am selben Tag gegen den gesamten Widerspruchsbescheid Beschwerde zum Oberlandesgericht erhoben. Auf den Antrag der Beklagten, den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zu verweisen, hat das Verwaltungsgericht den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Er hat die weitere Beschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen.

II.

2

Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof haben zu Recht angenommen, dass für den geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang nach § 1 IFG der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist.

3

Bei dem Rechtsstreit um diesen Anspruch handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Denn die streitentscheidende Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG verpflichtet nur Behörden des Bundes als Träger hoheitlicher Gewalt; sie ist folglich dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. nur Schoch, IFG, 2009, § 9 Rn. 68, 71). Auch die Beklagte stellt das nicht in Frage. Für die Entscheidung über diesen Anspruch sind demnach gemäß der genannten Vorschrift die Verwaltungsgerichte zuständig; denn es fehlt an einer ausdrücklichen Zuweisung an ein anderes Gericht nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO. Entgegen der Ansicht der Beklagten wird der streitige Anspruch von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 48 Abs. 1 und Abs. 4 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes - WpÜG - vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3822), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 46 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3044), nicht erfasst.

4

Nach § 48 Abs. 1 WpÜG ist gegen Verfügungen der Beklagten die Beschwerde statthaft; nach § 48 Abs. 4 WpÜG entscheidet über die Beschwerde ausschließlich das für den Sitz der Beklagten in Frankfurt am Main zuständige Oberlandesgericht. Entgegen dem weiten Wortlaut des § 48 Abs. 1 und 4 WpÜG erstreckt sich die Sonderzuweisung nicht umfassend auf alle Verfügungen der Beklagten. Vielmehr bezieht sich § 48 Abs. 1 und 4 WpÜG nur auf solche Verfügungen der Beklagten, die in dem von § 1 WpÜG umschriebenen Anwendungsbereich des Gesetzes, d.h. in Bezug auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, erlassen worden sind. In erster Linie sind das - wie in § 46 Satz 1 WpÜG ausdrücklich verdeutlichend formuliert - Verfügungen, die "nach diesem Gesetz" ergangen sind (vgl. Wackerbarth/Kresse, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2011, § 48 WpÜG Rn. 4 f.; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010, § 48 WpÜG Rn. 3). Dazu kommen hieran anknüpfende - akzessorische - Verfügungen, etwa in der Verwaltungsvollstreckung, sowie gegebenenfalls sonstige Hilfs- und Nebenansprüche (vgl. etwa zum Rechtsweg für Auskunftsverlangen beim Amtshaftungsanspruch BGH, Beschluss vom 22. März 1976 - GSZ 2/75 - BGHZ 67, 81 <91> und Urteil vom 25. September 1980 - III ZR 74/78 - BGHZ 78, 274 <276 ff.>). Hiernach werden Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz von § 48 Abs. 1 und 4 WpÜG nicht erfasst. Denn sie sind insbesondere nicht als bloße Nebenansprüche zu sonstigen Ansprüchen zu verstehen, die sich aus dem WpÜG ergeben. Vielmehr gewährt das Informationsfreiheitsgesetz einen eigenständigen materiellrechtlichen Anspruch auf Informationszugang, der sich insbesondere vom Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren grundlegend unterscheidet (Urteil vom 3. November 2011 - BVerwG 7 C 3.11 - BVerwGE 141, 122 Rn. 17; vgl. auch BSG, Beschluss vom 4. April 2012 - B 12 SF 1/10 R - juris Rn. 10 ff.). Der Gedanke der prozessualen Zweckmäßigkeit und des Sachzusammenhangs, der der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Grunde liegt, kann deswegen das Fehlen einer ausdrücklichen bundesgesetzlichen Sonderzuweisung nicht ersetzen (siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 8. Mai 2002 - 21 E 349/02 - NWVBl 2003, 23 ).

5

Eine Erstreckung der Rechtswegzuweisung nach § 48 Abs. 1 und 4 WpÜG auf Ansprüche nach § 1 IFG kommt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deswegen in Betracht, weil der Kläger zugleich (siehe § 1 Abs. 3 IFG) ein Akteneinsichtsbegehren nach § 29 VwVfG geltend macht.

6

Es spricht zwar viel dafür, dass über dieses dem Verfahren nach dem WpÜG akzessorische Begehren nach § 48 Abs. 1 und 4 WpÜG vom Oberlandesgericht zu entscheiden ist. Hieraus folgt aber nichts für den Rechtsweg hinsichtlich des Informationsanspruchs nach § 1 IFG. Das gilt auch dann, wenn - wie die Beklagte im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof meint - beide Ansprüche demselben Streitgegenstand zuzuordnen sind. Nach dem sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Streitgegenstand im Allgemeinen als der prozessuale Anspruch durch die erstrebte, im Klageantrag umschriebene Rechtsfolge und den Klagegrund, d.h. den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet (stRspr, siehe etwa Urteile vom 31. August 2011 - BVerwG 8 C 15.10 - BVerwGE 140, 290 Rn. 20 = Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 75 und vom 10. Mai 1994 - BVerwG 9 C 501.93 - BVerwGE 96, 24 <25> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 68 S. 2<3>). Hiervon ausgehend dürfte eine Identität des Streitgegenstandes jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn der Informationszugangsanspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 IFG auf die Gewährung von Akteneinsicht gerichtet ist. Allerdings ist zu erwägen, ob bei einem Verpflichtungsbegehren der Streitgegenstand nicht allein durch die begehrte Rechtsfolge und den Klagegrund bestimmt, sondern durch die gesetzliche Anspruchsgrundlage präzisiert und umgrenzt wird (siehe hierzu Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 121 Rn. 28 m.N.; vgl. auch Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 7 C 4.10 - BVerwGE 139, 184 Rn. 41 = Buchholz 406.27 § 16 BBergG Nr. 1). Dies bedarf hier jedoch keiner Vertiefung. Denn auch die Identität des Streitgegenstandes verändert nicht die Rechtswegzuweisung als solche. Eine einheitliche Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand wird vielmehr dadurch gewährleistet, dass das Gericht, bei dem ein Verfahren zuerst rechtshängig geworden ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG, § 261 Abs. 3 ZPO) nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG rechtswegüberschreitend über sämtliche Anspruchsgrundlagen entscheiden kann (vgl. Rennert, in: Eyermann a.a.O. § 41/§§ 17 - 17b GVG Rn. 18 f. m.w.N.).

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Anfechtung der Entscheidung über den Rechtsweg löst ein selbstständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Vorschriften über die Kosten zu befinden ist (Beschluss vom 18. Mai 2010 - BVerwG 1 B 1.10 - BVerwGE 137, 52 Rn. 13 = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 302).

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Pflicht zur Beförderung von Fahrgästen mit sog. E-Scootern im Linienbusverkehr.

2

Der Kläger ist eine Vereinigung von Menschen mit Körperbehinderungen. Zweck des Klägers ist nach seiner Satzung, die Teilhabe, Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Körperbehinderungen am Leben in den Gemeinschaften und in der Gesellschaft zu fördern, zur Selbstverwirklichung von Menschen mit Körperbehinderungen in der Gesellschaft beizutragen und den Abbau sozialer und gesellschaftlicher, die Mobilität und Kommunikation einschränkender Barrieren voranzutreiben. Er ist in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG an Nr. 8 eingetragen.

3

Die Beklagte ist eine Verkehrsdienstleisterin für den öffentlichen Personennahverkehr in Kiel. Sie ist Mitglied des Verbandes der deutschen Verkehrsunternehmen (im folgenden VDV). Sie ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihre Alleingesellschafterin ist die Landeshauptstadt Kiel.

4

Im Jahre 2014 ließ der VDV mögliche Gefährdungspotenziale bei der bis dahin allgemein üblichen Beförderung von Elektromobilen (E-Scooter) in Linienbussen überprüfen und beauftragte die Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e.V. (im folgenden STUVA), durch den Dr. Ing. ... (Projektleitung) und den Dipl.-Phys.-Ing ..., ein Gutachten zu erstellen. Dieses wurde im Mai 2014 vorgelegt. Im Folgenden kam es zu einem sogenannten Runden Tisch am 22. Oktober 2014 in Düsseldorf mit dem Thema „Mitnahme von Elektro–Scootern im ÖPNV“. Teilnehmer dieser Gesprächsrunde war neben dem VDV auch der Kläger. In dieser Gesprächsrunde wurde vereinbart, das Gefährdungspotenzial weiter zu untersuchen und eine tragbare Dauerlösung zu erarbeiten. Des Weiteren wurde ein Moratorium erörtert, wonach die E-Scooter wie bisher im öffentlichen Personennahverkehr weiterhin transportiert werden sollten. Zu einem solchen Moratorium fand sich die Beklagte jedoch nicht bereit.

5

In einer Pressekonferenz vom 16. Februar 2015 erklärte die Beklagte – wie bereits mit Presseinformation vom 13. Februar 2015 angekündigt – keine E-Scooter mehr in ihren Bussen zu befördern.

6

E-Scooter werden auch Elektromobile oder Seniorenmobile genannt. In Deutschland sind ca. 400 unterschiedliche Typen von E-Scootern erhältlich. Es werden drei- und vierrädrige Fahrzeuge angeboten. Ihre Höchstgeschwindigkeit beträgt 6-15 km/h. Sie haben eine Reichweite von 10 km bis zu über 70 km. Ihre Länge beträgt ca. 90 cm bis 161 cm. Die gesamte Breite liegt zwischen ca. 49 cm bis 78 cm. Sie haben Wendekreise von ca. 160 cm bis 330 cm. Ihr Leergewicht inklusive Batterie variiert von ca. 45 kg bis 230 kg. Die zulässige Zuladung bewegt sich zwischen ca. 100 kg bis 220 kg. Die zulässigen Gesamtgewichte liegen zwischen ca. 210 kg bis 450 kg. In der Regel dienen sie dem Transport eines Fahrzeugführers, sie werden aber auch als Doppelsitzer mit einem geschlossenen Wetterschutz angeboten. In der Regel sind E-Scooter frontgelenkt.

7

Von den E-Scootern ist der Elektrorollstuhl zu unterscheiden. Er ist in der Regel deutlich kürzer und beansprucht damit weniger Platz im Fahrzeug. Er erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 6 km/h in der Stunde. Er hat mindestens 4 Räder, kann auf der Stelle gedreht werden und wird über einen Joystick gesteuert. Zudem haben Elektrorollstühle wegen der anderen Sitzposition der Nutzer einen anderen Schwerpunkt als E-Scooter.

8

Die Beklagte hatte nach ihrer Erklärung, keine E-Scooter mehr in ihren Bussen zu befördern, zunächst folgende Beförderungsmöglichkeiten für E-Scooter-Fahrer angeboten:

9

Zum einen konnte eine Mitnahme bei der Beklagten beantragt werden, wenn der E-Scooter nicht versicherungspflichtig ist, Hersteller oder Vertriebspartner bescheinigen, dass der entsprechende Typ bauartbedingt hinsichtlich der Standstabilität einem E-Rollstuhl herkömmlicher Bauweise gleichkommt, ein Arzt die Notwendigkeit der Benutzung eines E-Scooters bescheinigt und er eine Gesamtlänge von 1,20 m nicht überschreitet.

10

Zum anderen konnte ein E-Scooter-Fahrer, der im Besitz einer gültigen Fahrkarte im SH-Tarif oder eines Schwerbehindertenausweises mit gültiger Wertmarke für die Nutzung des ÖPNV ist, in der Zeit von 6:00 Uhr bis 24 Uhr einen Rufbus benutzen, der alle Haltestellen im Liniennetz der Beklagten anfährt. Der Rufbus musste jeweils angefordert werden und hatte eine Vorlaufzeit von 30-60 Minuten. Er war nicht an die Abfahrtzeiten der Linienbusse nach dem Fahrplan gebunden.

11

Der Kläger nahm die Beklagte zunächst in einem einstweiligen Verfügungsverfahren (17 O 79/15 LG Kiel; 1 U 64/15 OLG Schleswig) auf Mitnahme der E-Scooter in Anspruch. In diesem Verfahren legte die Beklagte ein Gutachten der DEKRA, erstellt durch den Sachverständigen ... , mit Datum vom 19. Mai 2015 über Fahrversuche zum Transport von E-Scootern in Kraftomnibussen vor. Als Versuchsfahrzeuge wurden ein Mercedes Benz Citaro Kraftomnibus, Erstzulassung 2013 und ein MAN Kraftomnibus Typ A2, Erstzulassung 2004 sowie ein Orthopädia-Krankenfahrstuhl Cityliner 2014, Typ 2.664 verwendet. Der Sachverständige kam zu folgenden Ergebnissen:

12

„Für das Erreichen der vorgesehenen Position für Rollstühle entgegen der Fahrtrichtung kann es erforderlich sein, dass das Elektromobil rückwärts in den Bus eingefahren wird.

13

Ein Kippen eines besetzten Elektromobil bei Ausweichvorgängen oder starker Bremsung ist möglich.

14

Ein unbesetztes Elektromobil kann sich, insbesondere bei Nässe, durch einwirkende Quer- oder Längsbeschleunigungen im Innenraum des Kraftomnibusses bewegen.

15

Sowohl die zulässige Belastung der Einfahrrampen als auch die Belastungsvorgaben der Haltelinie für Rollstühle im Kraftomnibus werden bei Ausnutzung des zulässigen Gesamtgewichts des gegenständlichen Elektromobil überschritten.“

16

In der Berufungsinstanz des einstweiligen Verfügungsverfahrens legte der Kläger einen vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein – Westfalen in Auftrag gegebenen Schlussbericht der STUVA über die Untersuchung der Mitnahmemöglichkeiten von E-Scootern in Linienbussen aus dem Oktober 2015 vor. In dem Schlussbericht wird unter anderem auf den Seiten 10 und 73 folgendes ausgeführt:

(S. 10)

17

„Alle bisher durchgeführten Versuche haben gezeigt, dass vierrädrige Elektromobile bei einem Transport im Linienbus kippsicher stehen, wenn die in den obigen Empfehlungen dargestellten Regeln der Aufstellung eingehalten werden (können).

18

Darüber hinaus haben sich auch die Elektromobile selbst in Versuchen mit extremen Fahrsituationen bis hin zu Crash-Tests von Bussen mit Personenkraftwagen als ausreichend stabil erwiesen, um die durch die Fahrmanöver an der Prallplatte bzw. Rückenlehnen auftretenden Kräfte grundsätzlich ohne Schaden aufzunehmen (vgl. Kap. 6). Dabei traten bei extremen Fahrmanövern (Gefahrbremsung) im Bus Kräfte von max. 0,8 g auf, beim Zusammenstoß des Busses mit einem PKW maximal 3 g. Auch die eventuell lateral auf die Seite der Rückenlehne wirkenden Kräfte von etwa 0,3 g führten in verschiedenen Versuchen nicht zu einem Versagen der Bauteile am Elektromobil. Die im Bus an der Prallplatte auftretenden Kräfte sind damit deutlich geringer, als die Kräfte, die bei Verwendung als Fahrzeugsitz bei einem in Fahrtrichtung gerichteten Transport für den Stabilitätsnachweis auf das Hilfsmittel wirken (20 g).

19

Ein Absteigen des Nutzers und Umsetzen auf einen festen Fahrzeugsitz ist nicht erforderlich. Unter Sicherheitsaspekten ist dies sogar eher kritisch zu sehen, da der Weg vom Hilfsmittel zum Fahrzeugsitz (nach dem Einstieg) bzw. vom Fahrzeugsitz zurück zum Hilfsmittel (vor der Ausfahrt aus dem Bus) in die Zeit der Anfahrt bzw. des Abbremsens des Busses fallen kann. Zudem kann der Nutzer das Elektromobil zusätzlich stabilisieren, indem er sich während der Fahrt an der auf der Wandseite des Aufstellplatzes vorgeschriebenen Haltestange festhält. Dadurch können auch die konstruktionsbedingt gegebenenfalls auftretenden Schwankbewegungen des Elektromobils gemindert und sogar unterbunden werden.

(S. 73)

20

Die Testfahrt auf dem Betriebshof Nord der Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB) dauerte ca. 6,5 Minuten. In dieser Zeit wurden im Wechsel unterschiedliche Fahrmanöver im Grenzbereich durchgeführt und auf Video dokumentiert:

21

- Kurvenfahrt (überwiegend Linkskurve, um ein Kippen zum Gang zu erzwingen),
- Gefahrbremsung,
- Lastwechsel (Kurvendurchfahrt rechts und links im Wechsel),
- Gefahrbremsung mit Kurvenfahrt links.

22

Die Testfahrt zeigte, dass das Elektromobil am Aufstellplatz während der gesamten Fahrt kippstabil stand. Bewegungen durch Bremsen wurden durch die Abstützung an der Prallplatte wirksam unterbunden. Bei den Kurvenfahrten zeigte sich, dass das vor allem der Sitz des Elektromobils zeitweise schwankende Bewegungen in seitlicher Richtung machte (vgl. auch [14]). Bei extremen Fahrmanövern kam es auch vor, dass die Räder auf einer Seite wenige Zentimeter vom Boden abhoben, ein Kippen wurde jedoch wirksam durch die Abstützung an der Fahrzeugwand bzw. den auf der Gangseite angebrachten Haltebügel (Bild 40b) verhindert.

23

Die Testfahrt zeigte somit vor allem, dass für die sichere Aufstellung eines Hilfsmittels am Rollstuhlplatz eine 3-seitige Abstützung bzw. Sicherung erforderlich ist, um Rutschen und Kippen wirksam zu verhindern. Vor allem die Rückhalteeinrichtung auf der ganzen Seite spielt eine bedeutende Rolle bei der Sicherung gegen Kippen. Damit die Haltestange wirksam ist, sollte sie von der Prallplatte gemessen mindestens so weit parallel zum Rollstuhlstellplatz in Richtung Aufstellfläche geführt werden, dass eine seitliche Abstützung im Bereich der Rückenlehne des Elektromobils gewährleistet werden kann. Damit dies leicht zu erreichen ist, sollten auch keine auskragenden Zusatzeinrichtungen oder Transportgüter an der Rückenlehne angebracht werden, damit das Elektromobil möglichst nah an der Prallplatte abgestellt werden kann und die Abstützung somit sicher gewährleistet wird.

24

Dass die an dieser Stelle durch die Querbeschleunigung auftretenden Kräfte durch eine Rückenlehne abgefangen werden können, ohne zu Schäden an dieser zu führen, konnte in einer parallel laufenden Untersuchung gezeigt werden [5]. Hier wurde die Stabilität der Elektromobile zwar in Stadtbahnen überprüft, aber es wurden auch Versuche mit quer zur Fahrtrichtung aufgestellten Elektromobilen durchgeführt, die über den seitlichen Bereich der Rückenlehne gegen Kippen abgestützt wurden. Die dort gemessenen Kräfte, die bei einer Gefahrbremsung der Stadtbahn in Längsrichtung auftreten, liegen mit 0,35 g sogar geringfügig über den Kräften, die bei einem Bus bei extremen Fahrsituationen in Querrichtung auftreten (0,3 g) [14, S. xvi].

25

Die Bedeutung der ganzseitigen Haltestange wurde auch noch einmal bei Tests der DEKRA deutlich, die diese im Auftrag der Kieler Verkehrsgesellschaft durchgeführt hat [9]. Bei den dort getätigten Fahrversuchen war ein vierrädriges Elektromobil bei der Testfahrt während einer Kurve in den Gang gekippt. In dem Bus älteren Baujahrs (2004) war auf der Gangseite keine Haltevorrichtung gemäß UN/ECE Nr. 107 vorhanden.

26

Die UN/ECE Nr. 107 gestattet „eine umklappbare Haltestange oder gleichwertige Einrichtung“(Nr.3.8.4.1.5. der Regelung). Bei der Testfahrt der STUVA wurde ein Bus mit einer festen Haltestange verwendet (vgl. Bild 40). Eine feste Haltestelle bietet den Vorteil, dass sie immer einsatzfähig ist und nicht weggeklappt werden kann. Sie sollte daher bei der Ausrüstung der Busse erste Wahl sein.“

27

Die Beklagte legte daraufhin einen videodokumentierten Fahrversuch vom 19. November 2015 vor, den der Senat in Augenschein nahm und dazu auf Seite 11 seines Urteils vom 11. Dezember 2015 folgendes ausführte:

28

„Die Verfügungsbeklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Ergebnisse dieser Studie infrage zu stellen sind. Das ergibt sich nicht aus dem Fahrversuch vom 19.11.2015, in dem es trotz eines Haltesystems zum Kippen des E-Scooters gekommen ist, wobei als wahr unterstellt werden kann, dass der E-Scooter den Parametern, wie sie im Abschlussbericht der STUVA beschrieben sind, entsprach und der Bus so fuhr, wie er im Straßenverkehr fahren würde. Auf den Videoaufnahmen, die der Senat in Augenschein genommen hat, ist zu erkennen, dass die Testperson, die auf dem E-Scooter aufsaß, dass Kippen hätte verhindern können, wenn er sich festgehalten hätte. Er hielt die meiste Zeit die Lenkerstange des E-Scooters umfasst, was nachvollziehbar zu einer Stabilisierung nicht beitrug. Als sich der E-Scooter zum ersten Mal seitlich bewegte und zu kippen drohte, konnte die Testperson das Kippen durch Festhalten an den vorgesehenen Haltestangen des Busses vermeiden. Als der E-Scooter kippte, hielt sie sich gerade nicht fest, sondern hatte trotz der Seitbewegung die Haltestange losgelassen. Dass man sich in einem Bus während der Fahrt festhalten muss, solange man nicht auf einem Sitz des Busses mitfährt – und zum Teil auch dort – ist eine ganz naheliegende Überlegung. Jeder, der etwa stehend mitfährt, tut das. Aus welchem Grund für den Nutzer eines E-Scooters etwas anderes gelten sollte, leuchtet nicht ein.

29

Ob der „Runde Tisch“ in Nordrhein-Westfalen es unter Beteiligung des Verfügungsklägers am 16.11.2015 für notwendig angesehen hat, nach dem Abschlussbericht der STUVA eine weitere Studie einzuholen, ist ohne Bedeutung. Nicht der Verfügungskläger muss nämlich die Ungefährlichkeit des Transports von E-Scootern nachweisen, sondern die Verfügungsbeklagte muss eine Gefährdung durch den Transport nachweisen.“

30

Das OLG Schleswig verurteilte die Beklagte in dem einstweiligen Verfügungsverfahren am 11. Dezember 2015, es zu unterlassen, ohne Differenzierung die Beförderung von E-Scootern in ihren Bussen auszuschließen. Der Kläger hat die Klage in der Hauptsache vom 13. April 2015 parallel zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren eingereicht. Die Beklagte änderte nach der Verurteilung in dem einstweiligen Verfügungsverfahren ihre Mitnahmepraxis von E-Scootern und nimmt diese zum Teil unter bestimmten Bedingungen (Anlage B2, Bl. 47 der Akte) mit.

31

Der Kläger verfolgt seine Klage in vollem Umfange weiter. Er ist der Meinung, dass die Weigerung der Beklagten, Personen mit E-Scootern die Beförderung zu verweigern eine unzulässige Benachteiligung nach dem allgemeinen Gleichheitsgesetz sei. Eine Erledigungswirkung sei durch das Urteil des OLG Schleswig in dem einstweiligen Verfügungsverfahren nicht eingetreten, weil die Beklagte keine Abschlusserklärung abgebe. Im Übrigen beruft er sich auf den Abschlussbericht der STUVA und begehrt nach ausdrücklicher Erklärung seines Prozessvertreters im Termin eine Entscheidung der Kammer auf Basis der bisherigen Gutachten.

32

Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, Fahrgästen mit E-Scootern in ihren Fahrzeugen die Beförderung zu verweigern;

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hilfsweise

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die Beklagte zu verurteilen, es bei Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, ohne Differenzierung die Beförderung von E-Scootern in ihren Bussen auszuschließen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

38

Sie verweist darauf, dass sie ihre Praxis bereits geändert habe und E-Scooter unter bestimmten Bedingungen mitnehme. Gegen eine allgemeine Mitnahmepflicht würden Sicherheitsbedenken sprechen. Insbesondere sei ein Transport von E-Scootern durch die Hersteller nicht zugelassen worden. E-Scooter seien Medizinprodukte. Sie müssten vom Hersteller mit einer CE-Kennzeichnung versehen werden. Dies erfordere, dass der Hersteller ihre Konformität mit den gesetzlichen Anforderungen bescheinige und dafür die Verantwortung übernehme. Das sei für die Mitnahme in Bussen nicht geschehen.

39

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Kammer hat das einstweilige Verfügungsverfahren mit dem AZ: 17 O 79/15 LG Kiel bzw. 1 U 64/15 OLG Schleswig beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

40

Die Klage ist zum Teil zulässig.

41

Gemäß § 13 GVG liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit vor, so dass die ordentliche Gerichtsbarkeit, und damit das Landgericht Kiel, für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig ist. Der Verwaltungsrechtsweg mit der Folge der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Schleswig ist gemäß § 40 VwGO nicht eröffnet. Denn es liegt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 VwGO vor.

42

Das Ziel der Klage ist es, die Beklagte zur Mitnahme von E-Scootern zu verpflichten. Die Fassung des Klagantrages als Unterlassungsanspruch steht dem nicht entgegen. Denn dient ein Unterlassungsantrag der Durchsetzung eines Individualanspruchs, wird tatsächlich eine Leistung verlangt (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 940 Rn. 1 a. E.). Das ist nach dem tatsächlichen Klagbegehren der Fall, weil der Kläger nicht lediglich Handlungen abwehren will, sondern mit der Klage durchsetzen möchte, dass die Beklagte mit E-Scooter-Fahrern Beförderungsverträge abschließt und diese einschließlich ihrer E-Scooter transportiert. Diesem Begehren hat sich die Beklagte zunächst insgesamt verweigert, indem sie in der Pressekonferenz vom 16. Februar 2015 erklärte, keine E-Scooter mehr in ihren Bussen zu befördern. Dies gilt nach wie vor hinsichtlich der E-Scooter, die nicht den von der Beklagten jetzt geforderten Bedingungen entsprechen. Dabei handelt es sich um eine Anweisung an ihre Busfahrer, Personen mit E-Scootern gar nicht erst in den Bus zu lassen, also den Abschluss von Beförderungsverträgen mit diesen Personen zu verweigern. Dies entspricht auch dem tatsächlichen Geschehen. Denn die betroffenen Personen, die auf E-Scooter angewiesen sind, nützt ein Bustransport ohne ihre Hilfsmittel nicht, so dass sie – wie geschehen – nicht ohne ihren E-Scooter in den Bus einsteigen. Beförderungsverträge kommen in diesen Fällen also nicht zustande.

43

Die betroffenen E-Scooter-Fahrer haben aber gemäß § 22 PBefG grundsätzlich einen Anspruch auf Beförderung durch die Beklagte. Danach ist ein (auch privatrechtlich organisierter) Unternehmer zur Beförderung verpflichtet, soweit die weiteren dort genannten Bedingungen eingehalten sind. Dabei handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der – wenn die Beförderung von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft durchgeführt wird – den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet, auch wenn die vertragliche Ausgestaltung der Durchführung der Beförderung privatrechtlich erfolgt. In diesem Fall wären nur Streitigkeiten, die die Durchführung der Beförderung betreffen, vor den ordentlichen Gerichten auszutragen (sog. Zweistufentheorie). Dies gilt jedoch nicht, wenn - wie hier – eine juristische Person des Privatrechts die Beförderung durchführt, wobei es unerheblich ist, ob eine öffentlich-rechtliche Körperschaft Alleingesellschafterin dieser juristischen Person ist. Denn juristische Person des Privatrechts können nur dann vor den Verwaltungsgerichten verklagt werden, wenn sie mit der Durchführung hoheitlicher Aufgaben durch einen besonderen Beleihungsakt beauftragt werden. Andernfalls sind gegen sie gerichtete Klagen auf Abschluss des Vertrages vor den ordentlichen Gerichten zu führen, die verwaltungsrechtliche und verfassungsrechtliche Vorschriften dabei gegebenenfalls ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen haben. Zusätzlich haben die Anspruchsteller die Möglichkeit, die öffentlich-rechtliche Körperschaft, die als Gesellschafterin eine bestimmende Einflussmöglichkeit auf die privatrechtliche juristische Person hat, vor dem Verwaltungsgericht auf Ausübung einer entsprechenden Einflussnahme in Anspruch zu nehmen. (vgl. BVerwG Beschlüsse v. 06.03.1990; AZ.: 7 B 120/89; 29. Mai 1990, AZ.: 7 B 30/90)

44

Die Klage ist nur zum Teil zulässig, weil dem Kläger für den von ihm gestellten Klagantrag nur zum Teil die Prozessführungsbefugnis (Klagebefugnis) zusteht.

45

Die Prozessführungsbefugnis ist von Amts wegen zu prüfen. Sie liegt nur vor, wenn der Kläger berechtigt ist, über das behauptete (streitige) Recht einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen, ohne dass eine eigene materiell-rechtliche Beziehung zum Streitgegenstand vorzuliegen braucht (vgl. Vollkommer a. a. O. vor § 50 Rn. 18/19). Der Kläger macht keinen eigenen Anspruch geltend, sondern will durch eine sogenannte Verbandsklage Rechte von Menschen mit Körperbehinderungen schützen. Um zu diesem Zweck eigenständig Prozesse führen zu können, bedarf es einer besonderen gesetzlichen Regelung, ohne die nicht nur die in der Begründetheit zu prüfende Aktivlegitimation fehlt, sondern es auch bereits an der Prozessführungsbefugnis mangelt (vgl. Köhler in Köhler /Bornkamm, UWG, 34 Aufl. § 3 UKlaG Rn. 3). Zur Geltendmachung von Ansprüchen nach den §§ 3 und 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerbs (UWG) sowie zur Geltendmachung von Ansprüchen gemäß den §§ 1 und 2 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) liegt diese gemäß den §§ 8 Abs. 3 Ziff. 3 UWG, 3 Abs. 1 UKlaG vor, weil der Kläger als qualifizierte Einrichtung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist.

46

Die Prozessführungsbefugnis des Klägers folgt im vorliegenden Fall aus § 2 UKlaG i. V. m. § 22 PBefG; Art. 9 Verordnung (EU) Nr. 181/2011.

47

§ 22 PBefG verpflichtet Unternehmer, jeden Antrag auf Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Beförderungsvertrages anzunehmen, sofern die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1-3 PBefG erfüllt sind. Eine unbeschränkte Beförderungspflicht besteht insbesondere im Omnibuskraftfahrzeuglinienverkehr (vgl. Lampe in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand März 2016, Rn 1 – 14). Gemäß Art. 9 der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 dürfen Beförderer sich nicht allein aufgrund der Behinderung oder eingeschränkten Mobilität einer Person weigern, sie an Bord des Fahrzeugs zu nehmen. Dies gilt auch hinsichtlich der Beförderung von erforderlichen Mobilitätshilfen. Denn nach Art. 17 Verordnung (EU) Nr. 181/2011 ist eine Entschädigung für deren Verlust oder Beschädigung vorgesehen. Gemäß dem Anhang II ist eine Schulung der unmittelbar mit den Fahrgästen in Kontakt kommenden Mitarbeitern hinsichtlich eines sorgfältigen Umgangs mit Rollstühlen und anderen Mobilitätshilfen, einer Vermeidung von Beschädigungen sowie der Hilfeleistungen für Rollstuhlfahrer beim Umsetzen in den und aus dem Rollstuhl sowie der Arten von Hilfsmitteln für behinderte Menschen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität und des Umgangs mit diesen Hilfsmitteln vorgesehen. Daraus ergibt sich, dass vorausgesetzt wird, dass Menschen mit Körperbehinderungen Mobilitätshilfen benötigen, die grundsätzlich mitzutransportieren sind (vgl. Hilpert-Janßen, MDR 2014, 508 – 513). Hierzu gehören auch E-Scooter.

48

Es handelt sich hierbei um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 UKlaG. Eine Vorschrift dient dem Verbraucherschutz, wenn dieser ihr eigentlicher Zweck ist. Die Vorschrift kann neben dem Verbraucherschutz auch andere Zwecke verfolgen. Es genügt jedoch nicht, wenn dem Verbraucherschutz in der Vorschrift nur eine untergeordnete Bedeutung zugemessen wird, er also quasi eine zufällige Nebenerscheinung des eigentlichen Hauptzwecks darstellt (vgl. Micklitz in Münchener Kommentar zur ZPO, 4 Aufl., § 2 UKlaG Rn. 21). Der Schutz hat den Zweck, Verbraucher vor für sie nachteilige Gestaltungen von Verträgen oder Durchführung von Rechtsgeschäften zu schützen. Die unterlegene Marktstellung der Verbraucher soll dadurch ausgeglichen werden. Dabei kann die Regelung auch dem Schutz bestimmter Verbrauchergruppen dienen.

49

Das ist der Fall. § 22 PBefG, Art. 9 Verordnung (EU) Nr. 181/2011 räumen einen Anspruch auf Beförderung ein, wobei die Menschen mit Körperbehinderungen eine Verbrauchergruppe bilden, deren Anspruch auf Beförderung besonders betont wird. Ausdrücklich wird in den Gründen der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 u. a. ausgeführt, dass überall ein hohes Schutzniveau für Fahrgäste sichergestellt und ferner den allgemeinen Erfordernissen des Verbraucherschutzes in vollem Umfang Rechnung getragen werden soll (1). Busverkehrsdienste sollten den Bürgern allgemein zugutekommen. Daher sollten behinderte Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität unabhängig von der Ursache der Beeinträchtigung Busreisemöglichkeiten haben, die mit denen anderer Bürger vergleichbar sind. Behinderte Personen und Personen mit eingeschränkter Mobilität haben das gleiche Recht auf Freizügigkeit, Entscheidungsfreiheit und Nichtdiskriminierung wie alle anderen Bürger (7). Um behinderten Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Busreisemöglichkeiten zu eröffnen, die denen anderer Bürger vergleichbar sind, sollten über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Regeln für die Gleichstellung dieser Personen und für ihre Unterstützung während der Reise festgelegt werden. Die Beförderung dieser Personen sollte daher akzeptiert und nicht wegen ihrer Behinderung oder eingeschränkte Mobilität verweigert werden (8).

50

Diese Rechte von Personen mit Körperbehinderungen sind betroffen, wenn ihnen - wie hier - eine Beförderung von vornherein verweigert wird. Der Kläger ist daher legitimiert, die Rechte von Personen mit Körperbehinderungen prozessual wahrzunehmen.

51

Dies gilt allerdings nur, soweit er Rechte dieser Personen einklagt. Der von ihm gestellte Antrag ist aber auf diesem Personenkreis nicht beschränkt, und zwar unabhängig davon, wie eng oder wie weit die betroffene Personengruppe definiert wird. Denn nach der Fassung des Antrages ist jede Person, also auch eine Person, die keinerlei körperlichen Einschränkungen unterliegt, mit einem E-Scooter zu transportieren. Für die Geltendmachung der Rechte dieser Personen fehlt dem Kläger die Klagebefugnis, so dass die Klage insoweit unzulässig ist.

52

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet.

53

Wie oben bereits dargelegt, haben Menschen mit Körperbehinderungen gemäß § 22 PBefG, Art. 9 Verordnung (EU) Nr. 181/2011) Anspruch auf Beförderung im öffentlichen Busnahverkehr einschließlich der von ihnen genutzten E-Scooter. Damit wird das Recht der Menschen mit Körperbehinderungen auf Freizügigkeit, Entscheidungsfreiheit und Nichtdiskriminierung gewährleistet. Er dient der Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Körperbehinderungen in der Gesellschaft. Dieser Anspruch gilt jedoch nicht unbeschränkt. Er ist abzuwägen mit dem gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Recht aller Fahrgäste auf körperliche Unversehrtheit. Dieses Recht geht dem Anspruch der Menschen mit Körperbehinderungen auf Mitnahme einschließlich ihrer E-Scooter vor. Ein Transport von E-Scootern scheidet also aus, wenn eine Gefährdung der Fahrgäste durch den E-Scooter beim Transport nicht ausgeschlossen werden kann.

54

Der Vorrang der Sicherheit der Fahrgäste ist auch gesetzlich berücksichtigt. Nach § 22 PBefG ist der Unternehmer zu Beförderung nur verpflichtet, wenn die Beförderungsbedingungen eingehalten werden, die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförderungsmitteln möglich ist und die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, die der Unternehmer nicht abwenden und denen er auch nicht abhelfen kann. Nach Art. 10 Verordnung (EU) Nr. 181/2011 können Beförderer sich aufgrund der Behinderung oder der eingeschränkten Mobilität einer Person weigern, diese an Bord des Fahrzeugs zu nehmen, um geltenden Sicherheitsanforderungen nachzukommen, die durch Vorschriften des internationalen Rechts, des Unionsrechts oder des nationalen Rechts festgelegt sind, oder um Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen nachzukommen, die von den zuständigen Behörden erlassen wurden oder wenn es wegen der Bauart des Fahrzeugs physisch nicht möglich ist, die Beförderung des behinderten Menschen oder der Personen mit eingeschränkter Mobilität auf sichere und operationell durchführbare Weise vorzunehmen. Diese Sicherheitsanforderungen haben in § 15 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) eine Regelung gefunden, wonach Sachen so unterzubringen sind, dass die Sicherheit und Ordnung des Betriebs durch sie nicht gefährdet und andere Fahrgäste nicht belästigt werden können. Von der Beförderung sind gefährliche Gegenstände ausgeschlossen, insbesondere unverpackte oder ungeschützte Sachen, durch die Fahrgäste verletzt werden können.

55

Auf Grund des STUVA-Gutachtens vom Mai 2014 und des Abschlussberichts der STUVA vom Oktober 2015 sowie der Fahrversuche gemäß dem Gutachten der DEKRA vom 19. Mai 2015 und dem von der Beklagten dem Senat per Video vorgelegten Fahrversuch vom 19. November 2015 steht fest, dass E-Scooter in Linienbussen rutschen und kippen können, wenn sie ungesichert transportiert werden. Das ergibt sich auch aus dem dem Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 14. Mai 2009, AZ.: 15 U 13/08 bzw. dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. August 2008, AZ.: 331 O 111/08 zugrunde liegenden Sachverhalt. Danach kam es am 29. Juni 2007 zu einem Unfall wegen eines mitgeführten E-Scooters in einem Linienbus. Der E-Scooter kippte dabei um, als der Bus mit einer Geschwindigkeit von 22 bis 23 Km/h eine Linkskurve durchfuhr. Der auf der Bank sitzende, aufgrund eines Hüftleidens gehbehinderte Fahrgast versuchte, seinen E-Scooter mit beiden Händen festzuhalten, kam dabei zu Fall und verletzte sich.

56

Damit steht fest, dass der ungesicherte Transport von E-Scootern zu einer erheblichen Gefährdung der körperlichen Integrität der Fahrgäste führt. Angesichts der Größe, des Materials und des Gewichts der E-Scooter kann es zu ganz erheblichen Verletzungen (z. B. Knochenbrüchen, Verletzungen innerer Organe) kommen, wenn Fahrgäste von einem sich bewegenden oder kippenden E-Scooter getroffen werden. Aufgrund der Situation in den Linienbussen sind die Fahrgäste auch nur eingeschränkt in der Lage, auf eine solche Gefahr zu reagieren. Der Bus befindet sich in Bewegung, sodass schon deshalb ein schnelles und sicheres Reagieren durch die Fahrgäste erschwert ist. Des Weiteren ist der Raum in den Bussen häufig beengt, mit der Folge der fehlenden Möglichkeit der Fahrgäste, einer solchen Gefahr auszuweichen. Die Linienbusse werden insbesondere auch von Menschen mit Körperbehinderungen ohne E-Scooter sowie von älteren Menschen und Kindern genutzt, die von vornherein geringere Möglichkeiten haben, auf solche Gefahren zu reagieren, was ihnen durch die dargestellte Situation im Bus noch zusätzlich erschwert wird. Schließlich sind auch die E-Scooter-Fahrer selbst vor den dargestellten Gefahren zu schützen.

57

Deshalb ist es unvertretbar, E-Scooter ohne Sicherheitsvorkehrungen in Linienbussen zu transportieren. Dementsprechend geht es in dem Abschlussbericht der STUVA vom Oktober 2015 nicht mehr um die Frage, ob E-Scooter ungesichert mitgenommen werden können, sondern um die Frage, welche Sicherungseinrichtungen in den Bussen vorhanden sein müssen, um bestimmte E-Scooter sicher transportieren zu können. Es geht also um die Entwicklung von Unfallverhütungsvorschriften und deren Umsetzung.

58

Die Annahme des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, dass aufgrund des Abschlussberichtes der STUVA vom Oktober 2015 trotz des gegenteiligen Fahrversuches vom 19. November 2015, den der Senat in Augenschein genommen hatte, ein sicherer Transport bestimmter E-Scooter auf Grund zum Teil vorhandener Sicherungssysteme in Bussen gewährleistet sei, ist unzutreffend. Denn angesichts der Gefahr, die von einem E-Scooter für die Fahrgäste ausgeht, ist es nicht vertretbar, seine Sicherung von dem Verhalten, insbesondere der rechtzeitigen Reaktion und der Körperkraft des körperbehinderten E-Scooter-Fahrers abhängig zu machen. Die Gefahr, die von einem E-Scooter ausgeht, ist ungleich höher als die, die von einer Person ausgeht, die sich nicht richtig festhält. Aufgrund des zum Teil erheblichen Gewichts und der unterschiedlichen Stabilität von E-Scootern ist es auch nicht gewährleistet, dass diese im Falle eines Aufschaukelns von dem Nutzer kräftemäßig überhaupt gehalten werden können, zumal es sich um Menschen mit unterschiedlichen körperlichen Einschränkungen handelt. Es ist auch nicht lebensnah, davon auszugehen, dass sich ein Nutzer während einer normalen Fahrt, gerade wenn er sitzt, ständig an der Seitenstange am Bus festhält. Vielmehr ist es naheliegend, dass er davon bei ruhiger Fahrt keinen Gebrauch macht, sondern bequem und ohne besondere Aufmerksamkeit auf seinem E-Scooter sitzt. Kommt es dann zu einer plötzlichen, für einen Mitfahrer eines Busses in der Regel nicht vorhersehbaren Gefahrensituation, erscheint es fraglich, ob der E-Scooter-Fahrer geistesgegenwärtig und auch körperlich in der Lage ist, entsprechend schnell zu reagieren. Soweit der Senat unterstellt, dass der Bus so gefahren sei, wie er im Straßenverkehr fahren würde, übersieht er, dass es darauf bei der Frage der Prüfung der Sicherheit der Fahrgäste gar nicht ankommen kann. Denn bekanntermaßen kann es im Straßenverkehr zu gefahrenträchtigen Situationen kommen, in denen auch Busfahrer nicht nur durch Bremsen, sondern auch durch plötzliche Ausweichbewegungen reagieren müssen. Des Weiteren kann der Bus in Verkehrsunfälle verwickelt werden, in denen es insbesondere zu seitlichen Kollisionen kommen kann. Auch in diesen Fällen muss eine Sicherheit der Fahrgäste vor einem sich durch den Anstoß bewegenden E-Scooter gewährleistet sein. Das ist offensichtlich nicht der Fall, weil der E- Scooter schon bei „normaler Fahrt“ zusätzlich durch Körperkraft des Nutzers stabilisiert werden muss.

59

Öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Befestigung von E-Scootern in Linienbussen sind bisher nicht vorhanden. Es gibt zwar internationale Empfehlungen, auf die auch die STUVA Bezug nimmt, sie sind jedoch nicht mit staatlichen Unfallverhütungsvorschriften vergleichbar. Zudem ergibt sich aus dem Schlussbericht der STUVA vom Oktober 2015, dass die in den Bussen anzubringenden Sicherungssysteme auf die unterschiedlichen Typen von E-Scootern abgestimmt sein müssen. Da verlässliche und staatlich geprüfte Sicherungssysteme nicht einmal für einige Typen von E-Scootern vorhanden sind, ist die Sicherheit der Fahrgäste bei einem Transport von E-Scootern derzeit nicht gewährleistet, so dass die Klage abzuweisen ist.

60

Zwar trägt die Beklagte die Beweislast dafür, dass ein sicherer Transport von E-Scootern nicht möglich ist. Diesen Beweis muss sie jedoch vorliegend nicht erbringen, weil diese Tatsache aufgrund der vorstehenden Ausführungen bereits feststeht. Eine weitergehende Vortrags- und Beweislast obliegt der Beklagten nicht. Insbesondere muss sie nicht darlegen, dass die von ihr verwendeten Linienbusse nicht mit Vorrichtungen versehen werden können, die einen sicheren Transport von E-Scootern erlauben würden.

61

Die Beklagte ist weder Herstellerin von Bussen noch Herstellerin von E-Scootern. Es ist auch nicht ihre Aufgabe bzw. Befugnis, Vorschriften zu entwickeln, die einen Unfall mit in Bussen transportierten E-Scootern vermeiden. Aufgrund des sogenannten Vorsorgeprinzips ist es Aufgabe des Staates, die Bürger vor Gefahren zu bewahren. Dies ergibt sich auch aus Art. 10 Verordnung (EU) Nr. 181/2011, der ausdrücklich auf Vorschriften des internationalen Rechts, des Unionsrechts und des nationalen Rechts sowie auf Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der zuständigen Behörden Bezug nimmt. Es ist deshalb Aufgabe der Bushersteller und der Hersteller von E-Scootern, Sicherungssysteme für den Transport von E-Scootern zu entwickeln, die vor ihrer staatlichen Zulassung zum Beispiel durch den TÜV auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Erst sobald solche Systeme auf dem Markt zur Verfügung stehen, wäre die Beklagte verpflichtet, im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren entsprechende Busse zu erwerben, um eine Benachteiligung von Menschen mit Körperbehinderungen zu vermeiden.

62

Würde die Vortrags- und Beweislast eines Busunternehmens in einem Zivilprozess so weit gehen, dass der Busunternehmer selbst entsprechende Sicherungssysteme einrichten bzw. beweisen müsste, dass solche nicht eingerichtet werden können, würde dies nicht nur zu einer Zersplitterung der Beförderungspraxis der unterschiedlichen Unternehmen führen, sondern auch zu einer Gefährdung der Sicherheit der Fahrgäste. Denn wenn das Busunternehmen seiner Vortrags- und Beweislast nicht nachkommt oder nachkommen kann, würde es schon aus diesem Grunde unterliegen und wäre verpflichtet, E-Scooter zu transportieren, obwohl objektiv ein sicherer Transport nicht gewährleistet ist. Dies ist in der Relativität des Zivilprozessrechtsverhältnisses begründet. Der Zivilprozess dient nicht dazu, eine den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit genügende Regelung zu treffen, sondern es soll nur eine Streitigkeit zwischen den jeweiligen Prozessparteien entschieden werden. In diesem Rahmen ist es gerechtfertigt, dass eine Partei auch die Nachteile zu tragen hat, die ihr aufgrund ihrer unzureichenden Prozessführung oder eben aufgrund der ihr materiell-rechtlich auferlegten Beweislast entstehen. Dem Busunternehmen drohen hier jedoch nur die sekundären Folgen, nämlich eine mögliche Schadensersatzpflicht gegenüber den Fahrgästen, gegen die es sich versichern kann. Die primären Folgen, nämlich unter Umständen erhebliche Verletzungen ihrer körperlichen Unversehrtheit und Gesundheitsbeeinträchtigungen, haben die an dem Rechtsstreit unbeteiligten Fahrgäste zu tragen, was mit Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG unvereinbar ist.

63

Dies stünde auch im Widerspruch mit der in § 22 PBefG geregelten Beförderungspflicht. Danach besteht bundesweit Anspruch auf Beförderung, und zwar unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Fahrgäste. Dem würde nicht Rechnung getragen werden, wenn einzelne Busunternehmer aufgrund verschiedener Zivilprozesse zu unterschiedlichen Bedingungen verpflichtet werden, E-Scooter zu transportieren bzw. das Recht erhalten, einen solchen Transport verweigern. Es kann auch nicht im Interesse der Menschen mit Körperbehinderungen liegen, dass es bundesweit keine einheitliche Regelung gibt, unter welchen Bedingungen sie mit E-Scootern im Linienbusverkehr transportiert werden können. Schließlich haben auch die Busunternehmen Anspruch auf eine einheitliche Regelung, auf die sie ihre Beförderungspraxis ausrichten können. Nach Auffassung der Kammer ist daher der Gesetzgeber gefordert, entsprechende Regelungen einzuführen, um eine diskriminierungsfreie Beförderung von Menschen mit Körperbehinderungen einschließlich der von ihnen genutzten E-Scooter zu gewährleisten.

64

Ein Anspruch aus § 19 AGG ist nicht zu prüfen. Die oben genannten Vorschriften haben bereits das Ziel, eine diskriminierungsfreie Beförderung von Menschen mit Körperbehinderungen im öffentlichen Nahverkehr zu gewährleisten. Sie sind daher gegenüber dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz die spezielleren Vorschriften. Dieses räumt den Menschen mit Körperbehinderungen auch keine weitergehenden Rechte ein, weil nach § 20 AGG eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes nicht vorliegt, wenn für eine unterschiedliche Behandlung ein sachlicher Grund gegeben ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn die unterschiedliche Behandlung der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient. Dies ist aus den oben genannten Gründen der Fall.

65

Schließlich ist es unerheblich, dass auch von anderen in Bussen transportierten Gegenständen, wie E-Rollstühle, Kinderwagen, Rollatoren Gefahren ausgehen können. Zum einen haben diese andere Ausmaße und Gewichte und sind damit mit E-Scootern nicht vergleichbar. Zum anderen ist die Prüfung des Gerichts auf den vorgetragenen Prozessstoff, hier den Transport von E-Scootern, prozessual beschränkt.

66

Damit ist die Klage mit den Nebenentscheidungen aus den §§ 91, 709 ZPO abzuweisen.


(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(2) Bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners, einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner übergeben oder zur Verfügung gestellt.

(3) Ist weder der Schuldner noch eine der bezeichneten Personen anwesend oder wird die Entgegennahme verweigert, hat der Gerichtsvollzieher die in Absatz 2 bezeichneten Sachen auf Kosten des Schuldners in die Pfandkammer zu schaffen oder anderweitig in Verwahrung zu bringen. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, sollen unverzüglich vernichtet werden.

(4) Fordert der Schuldner die Sachen nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Räumung ab, veräußert der Gerichtsvollzieher die Sachen und hinterlegt den Erlös. Der Gerichtsvollzieher veräußert die Sachen und hinterlegt den Erlös auch dann, wenn der Schuldner die Sachen binnen einer Frist von einem Monat abfordert, ohne binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Räumung die Kosten zu zahlen. Die §§ 806, 814 und 817 sind entsprechend anzuwenden. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden.

(5) Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit ohne Weiteres herauszugeben.

(1) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert.

(2) Er ist befugt, die verschlossenen Haustüren, Zimmertüren und Behältnisse öffnen zu lassen.

(3) Er ist, wenn er Widerstand findet, zur Anwendung von Gewalt befugt und kann zu diesem Zweck die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachsuchen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers für das erstinstanzliche Klageverfahren zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dieses biete nicht die nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts an. Gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO sieht er insoweit von einer eigene Darstellung ab und folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung.

Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Es ist dem Kläger auch hiermit nicht gelungen, seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 StAG i. V. m. § 82 Abs. 1 AufenthG entsprechend hinreichend substantiiert darzulegen, dass er aufgrund einer körperlichen Krankheit die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 6 und 7 StAG nicht erfüllen kann (§ 10 Abs. 6 StAG).

Die Bescheinigung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. med. K. S., vom 17. August 2012 verleiht der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht. Sie ist inhaltlich nicht hinreichend belastbar, um die komplexe Diagnostik einer durch multiple Sklerose hervorgerufenen Lernschwäche zu leisten.

Grundsätzlich muss sich aus einem ärztlichen Gutachten nachvollziehbar mindestens ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat, welche Art von Befunderhebung stattgefunden hat und ob die von Patienten geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (vgl. BVerwG, B. v. 26.7.2012 - 10 B 21.12 - juris Rn. 7).

Das vorgelegte Attest leistet dies nicht. Es enthält lediglich die pauschale Behauptung, der Kläger leide an einer schubförmig verlaufenden multiplen Sklerose, die zu einer erheblichen hirnorganischen Beeinträchtigung führe, so dass er nicht in der Lage erscheine, die geforderten Sprachprüfungen durchzuführen, ohne aber darzulegen, seit wann, mit welchem Schweregrad und welchen konkreten Auswirkungen die Krankheit beim Kläger besteht oder auf welcher Grundlage die Diagnose ergangen ist. Konkrete Befundtatsachen, aus denen der Facharzt seine Behauptung ableitet, der Kläger leide an multipler Sklerose mit der Folge erheblicher hirnorganischer Beeinträchtigungen, werden nicht benannt. Dabei geben die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten in seiner Beschwerdebegründung zu der Frage Anlass, ob Herr Dr. S. mit dem Kläger überhaupt ein Gespräch geführt hat, nachdem er in einem Telefonat mit dem Klägerbevollmächtigten darauf hingewiesen hatte, er sei zur Begutachtung des Klägers „definitiv nicht in der Lage“, weil er die russische Sprache nicht beherrsche. Das Attest vom 17. August 2012 erfüllt nach alledem unter keinem Aspekt die inhaltlichen Mindestanforderungen an eine - hier erforderliche - fachärztliche Stellungnahme und ist daher nicht geeignet, die Behauptung des Klägers, er sei aufgrund einer Erkrankung daran gehindert, sich die fehlenden bzw. unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache bzw. der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland anzueignen, zu substantiieren.

Soweit der Klägerbevollmächtigte in seiner Beschwerdebegründung darauf hinweist, dass er im Hauptsacheverfahren die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragen will, dass der Kläger an einer Erkrankung leidet, die seine kognitive Leistungsfähigkeit so erheblich beeinträchtigt, dass sie ursächlich für dessen Unvermögen ist, die geforderten Tests zu bestehen, kann dies die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht begründen. Denn der in Aussicht gestellte Beweisantrag würde einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen und ist daher vorliegend unbeachtlich.

Ein Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag liegt in Bezug auf solche Tatsachenbehauptungen vor, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbaren Anhaltspunkt willkürlich „ins Blaue hinein“ aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen. So liegt der Fall hier: Das Attest des Dr. S. ist, wie oben dargestellt, nicht geeignet, die Behauptung des Klägers substantiiert zu belegen, er sei aufgrund einer MS-Erkrankung nicht in der Lage, die deutsche Sprache zu erlernen. In dieser Situation hätte es dem Kläger oblegen, sich an Herrn Dr. S. zu wenden und sich die Unterlagen geben zu lassen, auf deren Grundlage der Arzt das vorgelegte Attest erstellt hat. Fehlt es aber - wie hier - schon an einem substantiierten Sachvortrag, stellt sich ein Beweisantrag mit dem Ziel, ein Sachverständigengutachten einzuholen, als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag dar, da die Beweisaufnahme erst die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen ergeben soll (vgl. BSG, B. v. 19.11.2009 - B 13 R 303/09 - juris Rn. 12; BGH, U. v. 27.5.2003 - IX ZR 283/99 - MDR 2003, 1365/1366).

Die Angaben des Klägers zu den zu erwartenden Kosten von ca. 3.000 € für die Durchführung einer ärztlichen Begutachtung des Klägers sind nicht nachvollziehbar. Eine entsprechend umfangreiche Begutachtung wurde vom Kläger nicht verlangt. Bei der behaupteten Schwere der Erkrankung ist davon auszugehen, dass sich der bei der AOK pflichtversicherte Kläger bereits seit geraumer Zeit in ärztlicher Behandlung befindet und in der Lage sein müsste, zumindest die beim behandelnden Arzt befindlichen, konkrete Befundtatsachen bzw. bildgebende Befunde enthaltenden Patientenakten bei der zuständigen Behörde vorzulegen, was für den Kläger mit keinerlei Kosten verbunden wäre. Warum das nicht möglich sein soll, erschließt sich dem Senat nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren in erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen kostenpflichtig. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.