Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 03. Mai 2018 - L 12 SF 233/15

bei uns veröffentlicht am03.05.2018
vorgehend
Sozialgericht München, S 56 SF 156/15 E, 05.08.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG München vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für einen beigeordneten Rechtsanwalt. Streitig ist allein die Höhe der Verfahrensgebühr.

In der am 09.02.2012 durch ihre damalige Bevollmächtigte unter dem Az.: S 41 U 65/12 erhobenen Klage zum Sozialgericht München (SG) waren streitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Leistungen zur Erlangung des Hauptschulabschlusses. Ebenfalls am 09.02.2012 erhob die Klägerin durch ihre damalige Bevollmächtigte unter dem Az.: S 41 U 66/12 eine weitere Klage zum SG München, mit der sie sich gegen die Festschreibung der ihr gewährten Rente verwahrt. Die damalige Bevollmächtigte stellte gleichzeitig mit der Klageerhebung jeweils einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) und reichte die Unterlagen zur Einkommensermittlung ein. Nachdem Entbindungserklärung und Fragebogen vorgelegt waren, übersandte die Beklagte im Verfahren S 41 U 66/12 die siebenbändige Verwaltungsakte (Blatt 1-1371) und verwies auf die zugrundeliegenden Gutachten vom 11.11.2010 und 30.11.2010. Im Verfahren übersandte die Beklagte am 16.03.2012 eine Kopie von Auszügen der Verwaltungsakte, die im Original bereits zu dem Verfahren S 41 U 66/12 übermittelt worden war.

Am 21.03.2012 mahnte die Bevollmächtigte die Entscheidung über den PKH-Antrag im Verfahren S 41 U 66/12 an, da ansonsten die zur Akteneinsicht übersandte Akte unbearbeitet zurückgegeben werden müsse.

Mit Schriftsätzen vom 11.02.2013 bestellte sich der Beschwerdeführer jeweils unter Vorlage einer Vollmacht für die Klägerin und teilte mit, dass die Klägerin wieder ihren früheren Familiennamen führe und die Kollegin das Mandat in beiden Verfahren niedergelegt habe. Gleichzeitig bat er um Akteneinsicht. Am 02.07.2013 teilte die ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass sie diese ab sofort nicht mehr anwaltlich vertrete und den Antrag auf Beiordnung der Unterzeichnerin im Rahmen der Prozesskostenhilfe vom 09.02.2012 zurücknehme. Mit Schriftsatz vom 23.12.2013 (0,5 Seiten) erhob der Beschwerdeführer in beiden Verfahren Verzögerungsrüge und begründete den Antrag kurz.

Mit Beschluss vom 19.03.2014 wurden die Verfahren und S 41 U 66/12 unter dem führenden Az.: S 41 U 65/12 verbunden.

Nach Verbindung der Verfahren nahm der Beschwerdeführer Akteneinsicht. Die Begründung der Klage erfolgte mit Schriftsatz vom 12.05.2014, der 1/2 bis 2/3 Seiten umfasst, ergänzt um einen Schriftsatz vom 14.07.2014 im Umfang von etwa einer 3/4 Seite.

Am 11.08.2014 teilte der Beschwerdeführer mit, die Terminsmitteilung erhalten zu haben. Mit Schriftsatz vom 12.08.2014, eingegangen am 13.08.2014, wiederholte der Beschwerdeführer den Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 09.02.2012 mit der Bitte, ihn beizuordnen. Eine Bezugnahme auf den bereits gestellten Antrag sei möglich, zudem werde auch für das Verfahren S 41 U 66/12 um PKH-Bewilligung gebeten. Weiter machte er in dem 0,5 Seiten umfassenden Schriftsatz unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und bat um Entscheidung vor dem am 25.08.2014 anberaumten Termin.

Nach gerichtlichem Hinweis begründete der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.08.2014 (0,5 Seiten), dass vorliegend keine neue Beiordnung erfolgen solle, da eine Entscheidung über den PKH-Antrag noch nicht erfolgt sei und daher der Beschwerdeführer beigeordnet werden könne.

Mit Beschluss vom 19.08.2014 wurde der Klägerin unter dem Az.: ab dem 12.08.2014 PKH ohne Ratenzahlung bewilligt und der Beschwerdeführer beigeordnet. Zur Begründung führte das SG aus, der ursprüngliche Antrag auf PKH sei zurückgenommen worden, der vom Beschwerdeführer am 12.08.2014 gestellte Antrag sei daher als Neuantrag zu werten. Der Beschluss ist bestandskräftig.

Nach Umladung machte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.09.2014 (0,5 Seiten) Ausführungen zur Begründung der Klage, die ursprünglich unter dem Az.: S 41 U 66/12 geführt wurde. Am 29.09.2014 wies das SG die Klagen durch Urteil ab. Ausweislich der Sitzungsniederschrift dauerte die Sitzung von 10.20 bis 11.25 Uhr.

Am 15.10.2014 beantragte der Beschwerdeführer, die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 1.493,21 € festzusetzen. Dabei setzte er für das Verfahren S 41 U 65/12 eine Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300,00 € und für das Verfahren S 41 U 66/12 eine Verfahrensgebühr Nr. 3103, 3102 VV RVG in Höhe von 250,00 € an.

Es sei das RVG alter Fassung anzuwenden. Die Schwierigkeit der Angelegenheit sei wegen der Auseinandersetzung mit zahlreichen ärztlichen Gutachten erhöht gewesen, ebenso sei die Bedeutung für die Klägerin erhöht gewesen. Die Terminsgebühr sei zu erhöhen, da die Verhandlung von überdurchschnittlicher Dauer gewesen sei.

Mit Schreiben vom 15.01.2015 teilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle dem Beschwerdeführer mit, dass im Verfahren S 41 U 66/14 weder eine Beiordnung erfolgt noch ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt worden sei und das Verfahren nach der Aktenordnung als erledigt zu betrachten sei. Es werde davon ausgegangen, dass er in beiden Vorverfahren tätig gewesen sei. Es komme das bis zum 30.07.2013 geltende Recht zur Anwendung. Es werde vorgeschlagen, die Nr. 3103 VV RVG wegen des erheblichen Aktenumfangs und der Verfahrensdauer auf 210,00 € festzusetzen. Die Nrn. 3106, 7003 und 7005 VV RVG könnten antragsgemäß festgesetzt werden.

Der Beschwerdeführer verwies am 22.01.2015 darauf, das Verfahren S 41 U 66/12 sei durch die Verbindung nicht untergegangen und stellte daraufhin folgende korrigierte Rechnung:

Nr. 3103 VV RVG 300,00 €

Nr. 3106 VV RVG 240,00 €

Summe 540,00 €

Nr. 7002 20,00 €

Nr. 7003

1.216 km x 0,30 € 364,80 €

Nr. 7005 VV RVG 60,00 € Zwischensumme 984,80 €

Nr. 7008 VV RVG 187,11 € Gesamt 1.171,91 €.

Mit Beschluss vom 14.04.2015 wurde die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 1.064,81 € festgesetzt. Dabei setzte die Urkundsbeamtin die Nr. 3103 VV RVG auf 210,00 € und die Nrn. 3106, 7003 und 7005 VV RVG antragsgemäß fest.

Die Beiordnung beziehe sich nur auf das Verfahren S 41 U 65/12, so dass nur die Gebühren für dieses Verfahren in Ansatz gebracht werden könnten. Für das Verfahren S 41 U 66/12 sei auch kein PKH-Antrag gestellt worden. Es komme das bis zum 31.07.2013 geltende Recht zur Anwendung, da die Vollmacht vom 11.02.2013 datiere. Der Erinnerungsführer sei bereits im Verwaltungsverfahren tätig gewesen, so dass die Gebühr Nr. 3103 VV RVG in Ansatz zu bringen sei. Der Umfang der Tätigkeit sei leicht überdurchschnittlich, da Aktenumfang und Verfahrensdauer deutlich über dem Durchschnitt gelegen hätten. Die Schwierigkeit sei als leicht überdurchschnittlich, die Bedeutung als durchschnittlich anzusehen. Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheine eine Verfahrensgebühr von 210,00 € ausreichend und angemessen.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 17.04.2015 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, das Verfahren S 41 U 66/12 sei durch die Verbindung nicht untergegangen, es sei vielmehr bei der Gebührenbestimmung zu berücksichtigen. Bereits die frühere Prozessbevollmächtigte habe einen PKH-Antrag gestellt, über den nicht entschieden und der auch nicht zurückgenommen worden sei. Die Rücknahme habe sich allein auf die Beiordnung bezogen. Prozesskostenhilfe habe bereits auf diesen Antrag hin bewilligt werden müssen. Auf seiner Seite habe schlichtes Versehen vorgelegen, dass nicht mit der Vertretungsanzeige der PKH-Antrag gestellt worden sei.

Der Beschwerdegegner führte aus, dass die Verfahrensgebühr wegen der nach der Verbindung größeren Bedeutung sowie höherem Zeitaufwand zwar angemessen erhöht werden müsse.

Für eine Gebührenminderung spreche aber, dass der Beschwerdeführer erst am 12.08.2014 PKH beantragt habe und damit entsprechend der Regelung des § 48 RVG in der Fassung ab dem 01.07.2013 erst Tätigkeiten des Beschwerdeführers ab diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden könnten. Dies gelte auch für die alte Rechtslage. Die gegenteilige Auffassung des BayLSG im Beschluss vom 22.07.2010, L 15 SF 303/09 B E überzeuge nicht.

Das SG hat die Erinnerung mit Beschluss vom 05.08.2015 zurückgewiesen. Zutreffend sei nur eine Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht worden, da das Klageverfahren S 41 U 66/12 durch die Verbindung seine eigenständige Existenz verloren habe. Dementsprechend sei PKH auch nur im Verfahren bewilligt worden. Die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers sei aber unbillig. Nach Auffassung der Kammer könne bei der Betrachtung der Verfahrensgebühr vorliegend nur die Tätigkeit berücksichtigt werden, die ab Antragstellung erfolgt sei. Unter Verweis auf eine Entscheidung des SG Fulda vom 19.03.2012, S 4 SF 51/11 E, führte das SG aus, durch die Bewilligung der PKH könnten nur die Tätigkeit abgegolten werden, die nach Antragstellung als frühestem Beiordnungszeitpunkt bzw. eventueller späterer Beiordnung vorgenommen worden seien. Die Bewilligung könne nicht auf einen Zeitpunkt vor Antragstellung erstreckt werden. Dies erscheine auch nicht unbillig, da es der jeweilige Bevollmächtigte in der Hand habe, mit Eintritt in den Prozess einen PKH-Antrag zu stellen und damit einen möglichst frühen Bewilligungszeitpunkt zu erreichen. Ein Grund, die Tätigkeit vor Stellung des PKH-Antrages auf Kosten der Staatskasse zu vergüten, sei nicht ersichtlich. Diese Auffassung werde durch die neue Fassung des § 48 Abs. 4 RVG bestätigt. Hiervon ausgehend sei festzustellen, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers nach Stellung des PKH Antrages am 12.08.2014 weit unterdurchschnittlich gewesen sei. Er habe lediglich begründet, warum entgegen der Auffassung des Vorsitzenden PKH zu bewilligen ist (Umfang 0,5 Seiten) und habe eine Klagebegründung zu dem Anspruch der ursprünglichen Klage S 41 U 66/12 (Einfrieren der Rentenleistung, Umfang 0,5 Seiten) eingereicht. Maßgeblich sei auch nicht der Zeitpunkt der Stellung des PKH-Antrages durch die ehemalige Prozessbevollmächtigte, sondern der Antrag auf die eigene Beiordnung.

Zugunsten des Beschwerdeführers könne auch nicht berücksichtigt werden, dass nach der neuen gesetzlichen Regelung auch die vorbereitenden Tätigkeiten für die PKH-Bewilligung bei der Gebührenbestimmung Berücksichtigung finden. Denn die vor Stellung des PKH-Antrags gefertigten Schriftsätze des Beschwerdeführers seien nicht zur Vorbereitung des PKH-Antrages gefertigt worden, sie seien vielmehr Bestandteil der Begründung der Klage und der Führung des Prozesses durch den Beschwerdeführer gewesen. Ausgehend von einer leicht überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit, einer durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin und unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin, der PKH bewilligt wurde, erscheine in der Gesamtbetrachtung die in Ansatz gebrachte über der Mittelgebühr von 170,00 € liegende Gebühr von 210,00 € mehr als ausreichend, die Tätigkeit des Erinnerungsführers angemessen zu vergüten. Das SG hat die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Gegen den Beschluss des SG hat der Beschwerdeführer am 10.08.2015 Beschwerde eingelegt. Das SG habe nicht beachtet, dass das Verfahren S 41 U 66/12 durch die Verbindung nicht untergegangen sei, sondern nur noch eine Angelegenheit im kostenrechtlichen Sinne vorgelegen habe. Somit sei das verbundene Verfahren bei der Bestimmung der Gebühren gleichwohl zu berücksichtigen, wenn es sich überhaupt hinsichtlich der Verfahrensgebühr um ein verbundenes Verfahren handle, was bezweifelt werde. Das SG habe in seinem Beschluss zutreffend festgestellt, dass der PKH-Antrag bereits durch die vormalige Prozessbevollmächtigte gestellt und dieser Antrag nicht zurückgenommen worden sei. Das SG verkenne mit seiner Ansicht, es komme sodann nur auf die Beiordnung an, dass PKH-Bewilligung und Beiordnung getrennte Verfahren seien. Das Verfahren über die PKH-Bewilligung sei in den §§ 114 - 120 ZPO geregelt. Das SG hätte danach bereits im Jahr 2012 zwingend PKH bewilligen müssen, so dass die Wirkung gemäß § 122 ZPO eingetreten wäre. Danach erhalte der Bevollmächtigte seine Vergütung aus der Staatskasse entsprechend seiner Beiordnung. Die Beiordnung erstrecke sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt wird (§ 48 Abs. 4 Satz 1 RVG). Die Bestimmung des SG in seinem PKH-Bewilligungsbeschluss vom 19.08.2014, in dem der Klägerin PKH erst ab dem 12.08.2014 bewilligt werde, sei willkürlich und entfalte somit keine Bindungswirkung. Infolgedessen treffe der PKH-Beschluss vom 19.08.2014 keine Bestimmung im Sinne des § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG, so dass die PKH-Bewilligung auf den Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 2012 zurückfalle. Das SG habe die Verfahren erst mit Beschluss vom 19.03.2014 verbunden. Bereits vor diesem Zeitpunkt habe sich der Beschwerdeführer für die Klägerin in beiden Verfahren gemeldet. Die Beiordnung bewirke lediglich, dass der Bevollmächtigte die Gebühren nicht mehr gegen die Mandantin, sondern nur noch gegen die Staatskasse geltend machen könne. Eine zeitliche Beschränkung der insoweit mit einzubeziehenden Tätigkeiten bewirke sie indessen nicht. Da die Bewilligung der PKH auf den Antrag im Jahr 2012 zurückwirke und die Verfahren zu jenem Zeitpunkt noch nicht verbunden gewesen seien, entstehe auch für das Verfahren

S 41 U 66/12 die Verfahrensgebühr. An einer entsprechenden Feststellung habe der Beschwerdeführer auch ein Feststellungsinteresse.

Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, der PKH-Beschluss vom 19.08.2014 sei bindend und dürfe im Kostenfeststellungsverfahren nicht abgeändert werden. Nur Umstände, die in diesen bindend festgesetzten Zeitraum fielen, könnten im Rahmen der Ausfüllung der Kriterien des § 14 RVG zur Bestimmung der Gebührenhöhe herangezogen werden.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahren und die Akten mit den Aktenzeichen und S 41 U 66/12 verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1) Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der an sich nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).

2) Zur Anwendung kommen für die Gebührenfestsetzung gemäß der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.) die Regelungen des RVG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung (RVG a.F.). Denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG für die Klagen ist dem Beschwerdeführer vor dem 31.07.2013 erteilt worden.

3) Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da das SG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde zugelassen hat, §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG. Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 S. 1 RVG).

4) Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Der Beschwerdeführer hat weder einen Anspruch auf eine (weitere) Verfahrensgebühr für das Verfahren S 41 U 66/12 (dazu unter a) noch kann er die Festsetzung einer höheren Verfahrensgebühr für das Verfahren S 41 U 65/12 (dazu unter b) verlangen.

Streitig im Beschwerdeverfahren ist allein die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG. Zum Streitgegenstand zählt auch die darauf fallende Umsatzsteuer.

a) Offenbleiben kann, ob die Festsetzung einer weiteren Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG für das Verfahren S 41 U 66/12 schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Beschwerdeführer in seinem „korrigierten“ Antrag auf Kostenfestsetzung vom 22.01.2015 lediglich eine Verfahrensgebühr unter dem Az. S 41 U 65/12 beantragt hat und damit bereits sein Ermessen ausgeübt haben könnte. Hat der Rechtsanwalt sein Ermessen ausgeübt und den Rahmen der Gebühr im Einzelfall bestimmt, so ist er an das ausgeübte Ermessen gebunden (vgl. z.B. Baumgärtel, in: Ders. /Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl., § 14, Rn. 3, m.w.N.; Mayer, in: Gerold/ Schmidt, RVG, 22. Auf., § 14, Rn. 4).

Denn die Festsetzung einer weiteren Verfahrensgebühr scheitert schon daran, dass zum Zeitpunkt der PKH-Bewilligung und Beiordnung des Beschwerdeführers mit Wirkung zum 12.08.2014 die Verfahren S 41 U 65/12 und S 41 U 66/12 bereits verbunden waren (Beschluss vom 19.03.2014) und damit nur noch eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne des § 15 Abs. 1 RVG bestand. Dementsprechend wurde dem Beschwerdeführer auch nur im Verfahren S 41 U 65/12 PKH bewilligt. Gebühren in einer Angelegenheit können nur einmal gefordert werden (vgl. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG a.F.).

Der Beschwerdeführer geht zwar Recht in der Annahme, das Klageverfahren S 41 U 66/12 sei auch noch nach der Hinzuverbindung prozessual existent gewesen. Denn es verkörperte einen eigenständigen Streitgegenstand neben einem anderen unter einem einheitlichen Aktenzeichen. Ab dem Zeitpunkt der Verbindung lag eine nachträgliche objektive Klagehäufung vor, also die Verfolgung mehrerer Streitgegenstände in einem einzigen Prozess (§ 260 ZPO). Gemäß § 113 Abs. 1 SGG kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, sofern ein im Gesetz näher bezeichneter Konnex zwischen diesen vorliegt. Die gesetzlich vorgesehene Verbindung führt in der Praxis und auch hier dazu, dass die miteinander verbundenen Verfahren nur unter einem Aktenzeichen, nämlich unter demjenigen des so genannten führenden Verfahrens, weiterbetrieben werden. Die nach der Verbindung entstandenen Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts (vgl. hierzu unter b) fallen sodann nur noch im führenden Verfahren an (so schon BayLSG, Beschluss vom 31.07.2012 - L 15 SF 214/10 B E -, juris).

Der Senat sieht keinen Anlass, im hier vorliegenden Fall von dieser Ansicht abzurücken; sie steht im Einklang mit der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung (vgl. Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 15 Rn. 5f.). Die Verbindung der Streitsachen hat hier bewirkt, dass nur noch eine Angelegenheit im vergütungsrechtlichen Sinn vorlag.

Die Festsetzung einer eigenen Verfahrensgebühr für das Verfahren S 41 U 66/12 kommt daher nicht in Betracht.

b) Die Urkundsbeamtin und die Kostenrichterin haben die Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG) auch der Höhe nach mit 210,00 € zutreffend festgesetzt. Der Beschwerdeführer hat seinerseits die Gebühren zu hoch veranschlagt. Seine Gebührenbestimmung entspricht nicht mehr billigem Ermessen und ist damit für die Staatskasse nicht verbindlich.

Bei Betragsrahmengebühren gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG, um die es hier geht, ist im Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV RVG) jeweils ein Gebührenrahmen vorgesehen. Die Forderung des Beschwerdeführers, ihm stünde für die Verfahrensgebühr ein Betrag in Höhe von 300,00 € zu, ist nicht berechtigt. Denn auch nach Auffassung des Senats kann bei der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr vorliegend nur die Tätigkeit berücksichtigt werden, die ab dem im PKH-Bewilligungsbeschluss genannten Datum der Antragstellung und Beiordnung (12.08.2014) erfolgt ist.

Zentrale Bedeutung hat § 14 RVG. Ausgangspunkt für die Vergütungsfestsetzung bei Betragsrahmengebühren ist die Bestimmung der konkreten Gebühr durch den Rechtsanwalt. Das Leistungsbestimmungsrecht des Rechtsanwalts gehört in seiner Ausübung zum Entstehungstatbestand des Vergütungsanspruchs (vgl. den Beschluss des BayLSG vom 21.03.2011, L 15 SF 204/09 B E, m.w.N.). Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen Anspruch auf die Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH geltend macht (a.a.O.).

Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, um nach Möglichkeit Streit über die billige Gebühr zu vermeiden. Der Rechtsanwalt hat die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen und dabei die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen. Verbindlich ist die von ihm vorgenommene Bestimmung der Gebühr nur, wenn sie tatsächlich billigem Ermessen entspricht.

Die vorliegend vom Beschwerdeführer vorgenommene Bestimmung der angefallenen Verfahrensgebühr in der o.g. Höhe ist nicht verbindlich. Auch unter Berücksichtigung des Toleranzrahmens von 20% entspricht diese Gebührenbestimmung nicht billigem Ermessen. Die Kostenbeamtin durfte und musste die Gebühr neu festsetzen, ohne an die Bestimmung durch den Beschwerdeführer gebunden zu sein.

Mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass zur Bestimmung der Vergütungshöhe auch bei Anwendung des RVG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung allein die Tätigkeiten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sind, die er nach Stellung des Prozesskostenhilfeantrags mit Schriftsatz vom 12.08.2014 vorgenommen hat.

aa) Der Beschwerdeführer dringt mit seinem Argument, die Bewilligung der PKH wirke wegen der Stellung eines PKH-Antrages durch die vormalige Prozessbevollmächtigte auf das Jahr 2012 zurück, nicht durch.

Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nach den Beschlüssen, durch die die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Er ist damit nach Grund und Höhe vom Umfang der Beiordnung abhängig (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, § 48 RVG Rn 5 m.w.N.). Dabei ist die Entscheidung des in der Sache zuständigen Spruchkörpers über den Umfang der Bewilligung von PKH und der Beiordnung für das gesamte Festsetzungsverfahren vorgreiflich und bindend (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017). Eine inhaltliche Überprüfung und Korrektur dieser Entscheidung durch den für die Kostenfestsetzung zuständigen Spruchkörper ist nicht möglich (so auch Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 10.07.2015, L 2 SF 11/15 E, juris Rn 23).

Mit Beschluss vom 19.08.2014 hat das SG der Klägerin Prozesskostenhilfe ab dem 12.08.2014 bewilligt und den Beschwerdeführer beigeordnet. Dass das SG nach der Begründung des Beschlusses fälschlicherweise von einer Rücknahme des PKH-Antrages durch die vormalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausging, spielt wegen der Bindungswirkung des Beschlusses für das Kostenfestsetzungsverfahren keine Rolle. Denn der Beschluss ist bestandskräftig.

bb) Durch die Bewilligung der PKH werden nur die Tätigkeiten abgegolten, die der Beschwerdeführer nach der erneuten PKH-Antragstellung am 12.08.2014 vorgenommen hat. Tätigkeiten, die vor PKH-Antragstellung erfolgt sind, dürfen bei der Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 14 Abs. 1 RVG nicht berücksichtigt werden. Ob der Zeitraum zwischen der PKH-Antragstellung und Beiordnung vergütungsrechtlich relevant ist, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da beide Zeitpunkte zusammenfallen.

Wie schon das SG Fulda in seiner Entscheidung vom 19.03.2012, S 4 SF 51/11 (Juris Rn. 23 ff) ausführt, spricht gegen die Berücksichtigung von Tätigkeiten, welche bereits vor der Beiordnung erfolgt sind, zunächst das Antragsprinzip, woraus folgt, dass der Bewilligungszeitraum überhaupt nur den Zeitraum ab Antragstellung umfassen kann. Der anwaltliche Gebührenausfall stellt weder eine nicht akzeptable Folge dar, noch ist der Vergütungsverlust seinerseits nicht gerechtfertigt. Auch kann die Forderungssperre des § 122 ZPO nicht als durchgreifende Begründung dafür herangezogen werden, den PKH-Grundsatz zu durchbrechen, dass Tätigkeiten vor Beiordnung, jedenfalls aber vor Antragstellung, nicht durch die Staatskasse zu vergüten sind. Zutreffend verweist das SG Fulda darauf, dass sich der Gebührenausfall verfassungsrechtlich (nur) als Berufsausübungsregelung darstellt, die durch vernünftige Argumente des Allgemeinwohls zu legitimieren ist (SG Fulda, aaO unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG, BVerfGE 7, 377, 405 f.). Dieser auch vom SG in dem angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung schließt sich der Senat an.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, dass eine „Kürzung“ der Verfahrensgebühr nicht mit dem Argument der zeitlich beschränkten Bewilligung in Betracht komme: Das RVG biete keine Grundlage für eine solche Betrachtungsweise, die auf eine „Quotelung“ der Gebühren hinausliefe, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Vielmehr sei stets der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand zu würdigen, nicht nur der Aufwand nach dem Wirksamwerden der Beiordnung. Dabei falle maßgeblich ins Gewicht, dass das RVG aus Gründen der Kostengerechtigkeit und Vereinfachung vom Grundsatz der Pauschgebühr beherrscht werde und die Gebühren nach § 15 Abs. 1 RVG die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten würden. Auch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (in Verbindung mit § 73a SGG), wonach die Bewilligung von PKH bewirke, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen den Beteiligten nicht geltend machen könnten, spreche gegen eine Kürzung der Verfahrensgebühr in Abhängigkeit vom Beiordnungszeitpunkt. Die zugunsten des bedürftigen Beteiligten eingreifende Forderungssperre würde andernfalls bewirken, dass der Rechtsanwalt einen nicht gerechtfertigten Ausfall hinnehmen müsse (so ausdrücklich Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.07.2010, L 15 SF 303/09 B E, juris; im Ergebnis auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.09.2008, L 19 B 21/08 AS, juris).

Diese Auffassung berücksichtigt nach Auffassung dieses Senats jedoch nicht hinreichend, dass es nach § 45 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 RVG für den Vergütungsanspruch in erster Linie auf die konkrete Bestimmung in den Beschlüssen ankommt, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Sofern das zuständige Gericht (hier das SG) in seinem Beschluss ausdrücklich eine bestimmte zeitliche Beschränkung wie vorliegend den Zeitpunkt der Antragstellung aufnimmt, bei der Kostenfestsetzung gleichwohl auch die vor diesem Zeitpunkt angefallenen Tätigkeiten berücksichtigt würden, würde der nach § 48 Abs. 1 RVG maßgebende Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses durch die konkrete Kostenfestsetzung faktisch korrigiert bzw. ausgehebelt. Die zeitliche Beschränkung im Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss wäre andernfalls bei der Kostenfestsetzung faktisch bedeutungslos. Mit der zeitlichen Beschränkung im Rahmen der Bewilligung und Beiordnung hat das SG aber die ihm zu diesem Zeitpunkt obliegende Entscheidung darüber getroffen, in welchem (zeitlichen) Umfang die anwaltlichen Tätigkeiten zu berücksichtigen sind. Diese Entscheidung des in der Sache zuständigen Spruchkörpers über den Umfang der Bewilligung von PKH ist jedenfalls für das Festsetzungsverfahren vorgreiflich und bindend. Sofern das SG insoweit die Auffassung vertritt, Tätigkeiten auch vor Antragstellung bei der Kostenfestsetzung berücksichtigt sehen zu wollen, hätte es dies nach der Systematik des RVG bereits bei Abfassung des Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses umzusetzen, nicht aber bei der späteren Kostenfestsetzung. Letzteres würde faktisch auf eine inhaltliche „Änderung“ der Bewilligung und Beiordnung hinauslaufen, wofür jedoch keine Zuständigkeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens mehr gegeben ist (so auch Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.03.2017, L 4 AS 141/16 B, juris). Denn der für die Festsetzung zuständige Spruchkörper hat nicht die inhaltliche Berechtigung einer erfolgten zeitlichen Begrenzung zu prüfen (Hessisches LSG, Beschluss vom 10.07.2015, L 2 SF 11/15 E).

Die Tatsache, dass nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm. § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine Forderungssperre eintritt, die eine Geltendmachung der Gebühren gegenüber dem Vertretenen hindert und nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 21.02.2008, I ZR 142/06, juris) auch für bereits zuvor verwirklichte Gebührentatbestände gilt, führt zu keiner anderen Beurteilung (so aber noch Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.07.2010, L 15 SF 303/09 B E, juris, Rn. 21; SG Dortmund, Beschluss vom 25.07.2015, S 28 SF 311/13 E, juris Rn. 16). Soweit sich aus der Vorschrift eine vollständige „Sperre“ ergeben sollte, wäre dies als gesetzgeberische Wertungsentscheidung hinzunehmen (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.02.2017, L 4 AS 140/16 B, juris).

Zwar kann diese Auslegung, wie hier, zur Folge haben, dass eine im Klageverfahren erbrachte Tätigkeit nicht in die Gebührenbemessung mit eingeht. Dies ist aber grundsätzlich nicht zu beanstanden, da es der bevollmächtigte Rechtsanwalt in der Hand hat, den Antrag auf Prozesskostenhilfe rechtzeitig zu stellen. Dass das hier aus besonderen Gründen nicht der Fall war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr hat der Beschwerdeführer selbst eingeräumt, die Stellung des PKH-Antrages zu einem früheren Zeitpunkt versehentlich unterlassen zu haben. Zudem würde die gleiche Wirkung eintreten, wenn der später beigeordnete Rechtsanwalt bereits im gerichtlichen Verfahren tätig wurde und die PKH erst - beispielsweise, weil die Bedürftigkeit erst während des Verfahrens eintritt - zu einem späteren Zeitpunkt während des laufenden Verfahrens beantragt wird. Auch hier würde die Beiordnung maximal auf den Antragszeitpunkt zurückwirken und die anwaltliche Tätigkeit vor diesem Zeitpunkt bei der Gebührenfestsetzung unbeachtet bleiben (so auch Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25.07.2017, L 8 AL 69/16 B KO, juris Rn. 22, allerdings zu § 48 RVG idF des 2. KostRMoG).

Die Einfügung von § 48 Abs. 4 RVG mit seinem heutigen Inhalt bestätigt diese Auffassung. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit. Wie das SG zutreffend ausführt, ist Regelfall damit die Vergütung der Tätigkeit ab Antragstellung als frühestmöglichem Beiordnungszeitpunkt. Raum für eine abweichende Bestimmung durch das Gericht wird insbesondere dann bestehen, wenn der ursprünglich eingereichte Antrag nicht vollständig war und daher die Beiordnung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll.

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Festsetzung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, bestätigt durch das SG, zutreffend. Denn die vor dem 12.08.2014, dem Zeitpunkt der PKH-Antragstellung, angefallenen Tätigkeiten sind für die Gebührenhöhe nicht relevant. Damit sind insbesondere die Schriftsätze vom 11.02.2013 sowie die Akteneinsicht, die Verzögerungsrüge (Schriftsätze vom 23.12.2013) sowie die Klagebegründungen (Schriftsätze vom 12.05.2014 und 14.07.2014) keine für die Bestimmung der Verfahrensgebühr maßgebenden Tätigkeiten. Entsprechendes gilt für alle sonstigen vor dem 12.08.2014 erfolgten Maßnahmen, beispielsweise etwaigen Besprechungen mit der Klägerin im Hinblick auf die Ausgangsverfahren S 41 U 65/12 und S 41 U 66/12.

Bei der Höhe der Gebühr zu berücksichtigen waren vielmehr insbesondere die Ausführungen vom 15.08.2014 sowie 27.09.2014 zur Klage S 41 U 65/12, die wegen der Verbindung mit dem Verfahren S 41 U 66/12 auch den Streitgegenstand dieser Klage enthielt. Ausführungen zum vormaligen Verfahren S 41 U 66/12 wirken sich damit gebührentechnisch im Verfahren ebenso aus wie die Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 29.09.2014.

Wie das SG zutreffend ausführt, erscheint somit ausgehend von einer leicht überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit, einer durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin und unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin, der PKH bewilligt wurde, in der Gesamtbetrachtung die in Ansatz gebrachte über der Mittelgebühr von 170,00 € liegende Gebühr von 210,00 € mehr als ausreichend, die Tätigkeit des Beschwerdeführers angemessen zu vergüten.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 15 Abgeltungsbereich der Gebühren


(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. (2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 60 Übergangsvorschrift


(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staats

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 48 Umfang des Anspruchs und der Beiordnung


(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 260 Anspruchshäufung


Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 122 Wirkung der Prozesskostenhilfe


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass 1. die Bundes- oder Landeskasse a) die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,b) die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte geg

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 3 Gebühren in sozialrechtlichen Angelegenheiten


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggebe

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 113


(1) Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten oder verschiedener Beteiligter zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Rechtsstreit

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 142/06 vom 21. Februar 2008 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Februar 2008 durch die Richter Dr. Bergmann, Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch beschlossen: Der

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(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.

(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten oder verschiedener Beteiligter zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten bilden, in Zusammenhang stehen oder von vornherein in einer Klage hätten geltend gemacht werden können.

(2) Die Verbindung kann, wenn es zweckmäßig ist, auf Antrag oder von Amts wegen wieder aufgehoben werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes genannten Personen gehört; im Verfahren nach § 201 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes werden die Gebühren immer nach dem Gegenstandswert berechnet. In Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 202 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes) werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.

(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

Tenor

Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2016 sowie der Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Dessau-Roßlau in dem Verfahren S 14 AS 1403/12 vom 28. Oktober 2014 abgeändert.

Die aus der Prozesskostenhilfe an die Erinnerungsführerin zu erstattende Vergütung wird auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 710,43 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau (Aktenzeichen: S 14 AS 1403/12), in welchem die Erinnerungsführerin, Erinnerungsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) die Kläger vertreten und das SG Prozesskostenhilfe erst ab einem bestimmten Stichtag bewilligt hatte.

2

Die fünf Kläger (Mutter und vier Kinder) standen zunächst mit dem Ehemann der Klägerin zu 1) als Bedarfsgemeinschaft beim Jobcenter … (Beklagter des vor dem SG geführten Ausgangsverfahrens) im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Mit Bescheiden vom 20. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum von November 2010 bis April 2011 in Höhe von monatlich je 849,27 EUR (November 2010 bis Januar 2011) bzw. 946,17 EUR (Februar bis April 2011) sowie für den Zeitraum von Mai bis Juli 2011 in Höhe von monatlich je 946,17 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 wurden für den Zeitraum von Januar bis Juli 2011 monatliche Leistungen in Höhe von 951,17 EUR bewilligt. Aufgrund eines nach der Trennung der Eheleute erfolgten Umzugs in eine kostengünstigere Unterkunft und des Bezugs von bisher nicht berücksichtigten Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz hob der Beklagte die Leistungsbewilligung – nach entsprechender Anhörung – mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. Dezember 2011 gegenüber den Klägern unter Berufung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) für den Zeitraum von Dezember 2010 bis Juli 2011 teilweise auf und forderte insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.264,17 EUR zurück (§ 50 SGB X). Hiergegen legten die Kläger am 13. Januar 2012 Widerspruch ein. Mit Korrekturbescheid vom 11. Mai 2012 forderte der Beklagte – nunmehr auf Grundlage der §§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 50 SGB X – noch einen Betrag in Höhe von 1.690,67 EUR zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2012 wies der Beklagte den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

3

Am 8. Juni 2012 erhoben die Kläger, anwaltlich vertreten durch die Beschwerdegegnerin, Klage vor dem SG. Gleichzeitig beantragten sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin. Mit Schreiben vom 7. August 2012 gewährte das SG der Beschwerdegegnerin Einsicht in die Verwaltungsakte des Beklagten. Nach einer Betreibensaufforderung trugen die Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 10. Juli 2013 zur Begründung der Klage vor, der Bedarf der Kläger sei nicht zutreffend ermittelt worden. Der Ehemann der Klägerin zu 1) sei bereits im November 2010 ausgezogen. Außerdem sei ein von den Heizkosten vorgenommener Abzug für Warmwasserbereitung rechtswidrig gewesen. Auch eine Verrechnung von Nachzahlungs- mit Überzahlungsansprüchen sei unzulässig erfolgt. Veränderte Einkommensverhältnisse seien noch vor Erlass des Änderungsbescheides mitgeteilt worden. Dieser sei mithin von Beginn an rechtswidrig gewesen. Die Kläger hätten auf dessen Rechtmäßigkeit vertrauen können.

4

Am 19. November 2013 reichten die Kläger eine "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse – Anlage zum Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe" nebst weiteren Anlagen beim SG ein.

5

Mit Beschluss vom 14. August 2014 bewilligte das SG den Klägern für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung ab dem 19. November 2013 und ordnete die Beschwerdegegnerin zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei.

6

Am 3. September 2014 fand vor dem SG ein Erörterungstermin statt, welcher 1:07 Stunden dauerte und in welchem auch ein weiteres – zwischen den Beteiligten geführtes – Verfahren (S 14 AS 1339/12) erörtert wurde. In diesem Termin wies das SG darauf hin, dass für die Kläger zu 1) und 2) insgesamt ein höherer Leistungsanspruch von 1.364,40 EUR errechnet, dieser jedoch in unzulässiger Weise mit Rückforderungsansprüchen gegenüber den übrigen Klägern verrechnet worden sei. Eine "Verböserung" scheitere ihnen gegenüber unter Vertrauensschutzgesichtspunkten. Das SG schlug eine Reduzierung des Rückforderungsbetrages auf 326,27 EUR vor. Daraufhin erklärte der Vertreter des Beklagten: "Der Rückforderungsbetrag aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. Dezember 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2012 wird von 1.690,67 EUR auf 326,27 EUR reduziert. Für den Zeitraum Dezember 2010 bis Juli 2011 wird der Beklagte keine weiteren Forderungen gegenüber den Klägern geltend machen. Des Weiteren erstattet der Beklagte den Klägern 90 Prozent der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens S 14 AS 1403/12." Die Beschwerdegegnerin erklärte als Prozessbevollmächtigte der Kläger: "Das Teilanerkenntnis sowie das Kostengrundteilanerkenntnis in dem Verfahren S 14 AS 1403/12 werden angenommen und der Rechtstreit im Übrigen für erledigt erklärt."

7

Am 19. September 2014 beantragte die Beschwerdegegnerin die Festsetzung der Gebühren und Auslagen nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) wie folgt:

8

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

170,00 EUR

Erhöhung um 1,2 gemäß Nr. 1008 VV RVG:

204,00 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

 200,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG:

190,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG:

25,00 EUR

        

809,00 EUR

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

153,71 EUR

                 

Gesamtbetrag:

962,71 EUR

9

Mit dem der Beschwerdegegnerin am 3. November 2014 zugestellten Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 28. Oktober 2014 setzte der Urkundsbeamte des SG die aus der Landeskasse zu erstattenden Kosten auf 829,19 EUR fest. Der Festsetzung lag folgende Berechnung zu Grunde:

10

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

 119,00 EUR

Gebührenerhöhung um 1,2 nach Nr. 1008 VV RVG:

 142,80 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

 200,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1005, 1006, 1002 VV RVG:

 190,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 VV RVG:

 25,00 EUR

        

 696,80 EUR

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

 132,39 EUR

                 

Gesamtbetrag:

 829,19 EUR

11

Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Verfahrensgebühr sei unbillig gewesen: Der Umfang der Sache sei auch unter Berücksichtigung der gefertigten Schriftsätze als unterdurchschnittlich zu bewerten, ebenso die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Auftraggeber. Die Schwierigkeiten der Sache, die Bedeutung der Angelegenheit für die Auftraggeber sowie das Haftungsrisiko würden als durchschnittlich bewertet.

12

Der Betrag in Höhe von 829,19 EUR wurde an die Beschwerdegegnerin ausgezahlt.

13

Am 1. Dezember 2014 hat die Beschwerdegegnerin gegen den Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 28. Oktober 2014 Erinnerung eingelegt: Bei der Verfahrensgebühr sei kein Abschlag von 30 % vorzunehmen. Die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr könne nur auf einen Ermessensmissbrauch überprüft werden. Die anwaltliche Tätigkeit habe in der Erhebung und Begründung der Klage, einer weiteren Stellungnahme und Einsichtnahme in die umfangreiche Verwaltungsakte bestanden. Auch habe eine Besprechung mit der Klägerin stattgefunden. Der Umfang sei als durchschnittlich anzusehen.

14

Am 26. Februar 2015 hat auch der Beschwerdeführer Erinnerung gegen den Beschluss vom 28. Oktober 2014 eingelegt: Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin sei erst ab dem 19. November 2013 bewilligt worden. Mithin wirke der Beschluss ausschließlich für die ab diesem Zeitpunkt erbrachten Tätigkeiten der beigeordneten Beschwerdegegnerin. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nicht unerhebliche Synergie-Effekte in Bezug auf ein parallel geführtes und inhaltlich gleich gelagertes Verfahren (Aktenzeichen des SG: S 14 AS 1339/12; hiesiges Aktenzeichen des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des SG im Erinnerungsverfahren: L 4 AS 140/16 B) gegeben gewesen seien. Überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit und unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse der Kläger würden sich praktisch aufheben. Es werde lediglich die Hälfte der Mittelgebühr als angemessene Verfahrensgebühr (zuzüglich der Erhöhung für vier weitere Streitgenossen) für angemessen gehalten. Wegen der zusätzlichen Erörterung eines weiteren Verfahrens (Synergieeffekt) seien hinsichtlich der Terminsgebühr 3/4 der Mittelgebühr und bezüglich der Erledigungsgebühr die Hälfte der Mittelgebühr anzusetzen. Wegen der Dokumentenpauschale sei die Notwendigkeit der Erstellung von Kopien nicht substantiiert vorgetragen worden. Außerdem seien diese Kosten vor dem im Beschluss genannten Zeitpunkt entstanden. Es ergebe sich mithin folgende Berechnung:

15

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

 85,00 EUR

Gebührenerhöhung um 1,2 nach Nr. 1008:

102,00 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

150,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1005, 1006, 1002 VV RVG:

 95,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale:

 20,00 EUR

        

 452,00 EUR

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

 85,88 EUR

                 

Gesamtbetrag:

 537,88 EUR

16

Die Beschwerdegegnerin hat auf die Erinnerung des Beschwerdeführers geltend gemacht, die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr sei angemessen und nicht unbillig. Im Übrigen seien beide Verfahren zwar in einem Termin, allerdings getrennt voneinander besprochen worden. Auch die Erledigungsgebühr sei in der beantragten Höhe zuzuerkennen.

17

Mit Beschluss vom 4. März 2016 hat das SG den PKH-Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 28. Oktober 2014 abgeändert und die aus der PKH zu erstattende Vergütung auf insgesamt 799,44 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Vergütungsanspruch bestimme sich gemäß § 48 Abs. 1 RVG nach dem Beschluss, durch den PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden sei. Der Rechtsanwalt könne daher nur für solche Tätigkeiten eine Vergütung fordern, die er nach dem Wirksamwerden der Beiordnung geleistet habe. Dies beziehe sich indes nur auf die Frage, ob überhaupt eine Gebühr dem Grunde nach angefallen sei. Bei "Dauergebühren", die fortlaufende oder wiederholte Tätigkeiten abgelten sollen (wie die Verfahrensgebühr), sei dann jedoch die gesamte Tätigkeit bei der Bestimmung der konkreten Gebühr innerhalb des Rahmens zu berücksichtigen, wenn zumindest auch nach dem Wirksamwerden der Beiordnung eine gebührenauslösende Tätigkeit gegeben sei. Dafür spreche auch ein Vergleich mit den streitwertgebundenen Wertgebühren in Verfahren nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG), die in voller Höhe erstattungsfähig seien, wenn nach dem Wirksamwerden der Beiordnung – unabhängig von der vorangegangenen Tätigkeit des Rechtsanwalts – noch eine gebührenauslösende Maßnahme erfolge. Sei eine Gebühr dem Grunde nach ab der Beiordnung entstanden, komme es für die Höhe also auch hier auf die gesamte Tätigkeit des beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren an. Andernfalls müsste der Rechtsanwalt im Hinblick auf die Forderungssperre gegenüber seinem Mandanten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) für alle nach der Beiordnung verwirklichten Tatbestände einen nicht gerechtfertigten Ausfall hinnehmen.

18

Die Bestimmung der Verfahrensgebühr in Höhe von 374,00 EUR (Mittelgebühr von 170,00 EUR + Erhöhung um 204,00 EUR für vier weitere Auftraggeber) sei vorliegend – auch unter Beachtung des Toleranzrahmens – gleichwohl als unbillig zu bewerten. Es werde ein Abschlag von 30 % von der Mittelgebühr als angemessen erachtet, also eine Gebühr in Höhe von 119,00 EUR. Für jeden weiteren Auftraggeber sei eine Erhöhung um 0,3 vorzunehmen, woraus sich insgesamt eine Verfahrensgebühr in Höhe von 261,80 EUR ergebe. Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit der Beschwerdegegnerin seien unter Beachtung eines erheblichen Synergieeffektes wegen des parallel geführten Verfahrens S 14 AS 1339/12 als unterdurchschnittlich zu bewerten. Abzustellen sei allerdings auf die gesamte Tätigkeit während des gerichtlichen Verfahrens, da die Verfahrensgebühr auch nach dem Wirksamwerden der Beiordnung fortlaufend entstanden sei. Alle wesentlichen Handlungen (Erhebung der Klage, Akteneinsicht, Klagebegründung) seien im selben zeitlichen Ablauf wie im Verfahren S 14 AS 1339/12 erfolgt. Eine Befassung mit der Verwaltungsakte sei bereits im Parallelverfahren erfolgt, zusätzliche Mandantengespräche seien nicht erforderlich gewesen. Auf der anderen Seite sei eine Rückforderung in Höhe von (zuletzt) 1.690,67 EUR für sechs Monate streitgegenständlich gewesen, so dass die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger und das Haftungsrisiko der Beschwerdegegnerin als höher einzuschätzen seien. Eine weiter gehende Reduzierung als um 30 % verbiete sich in Anbetracht der gegenüber dem Verfahren S 14 AS 1339/12 in einigen Punkten abweichenden inhaltlichen Problematik. Die unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger würden insgesamt auch keine weitere Reduzierung begründen. Die Vorbefassung durch das Widerspruchsverfahren schlage sich bereits im reduzierten Gebührenrahmen gemäß Nr. 3103 VV RVG nieder.

19

Die Bestimmung der Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr (200,00 EUR) sei nicht unbillig. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien im durchschnittlichen Bereich einzuordnen. Im etwa einstündigen Termin seien zwar zwei Verfahren erörtert worden, allerdings ausweislich der Sitzungsniederschrift nacheinander. Wegen der abweichenden sachlichen und rechtlichen Problematik sei ein Synergieeffekt – anders als bei der Verfahrensgebühr – als gering einzuschätzen, der sich im Hinblick auf den Toleranzrahmen bei der Bestimmung der Gebühr durch die Beschwerdegegnerin nicht gebührenmindernd auswirke.

20

Weiterhin sei eine Erledigungsgebühr entstanden. Denn der Rechtsstreit habe sich durch anwaltliche Mitwirkung mit dem Ergebnis der Abänderung des belastenden Verwaltungsakts im Sinne von Nr. 1002 VV RVG erledigt. Die erforderliche qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung liege zum Beispiel in der Einwirkung des Rechtsanwalts auf den Mandanten, sich mit einem Teilanerkenntnis (der Gegenseite) zufrieden zu geben. Ohne eine entsprechende Kommunikation der Beschwerdegegnerin mit den Klägern wäre es auch in Anbetracht der Höhe der Rückforderung nicht zur unstreitigen Erledigung gekommen. Wegen des abweichenden Sach- und Streitstandes zum Verfahren S 14 AS 1339/12 sei auch keine Kürzung gerechtfertigt. Beide Verfahren seien getrennt voneinander einer Erledigung zugeführt worden.

21

Eine Dokumentenpauschale könne die Beschwerdegegnerin hingegen nicht beanspruchen. Denn etwaige gebührenauslösende Tätigkeiten seien jedenfalls vor Wirksamwerden der Beiordnung erfolgt. Unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale sowie der Umsatzsteuer ergebe sich nach alldem ein Vergütungsanspruch in Höhe von 799,44 EUR. Da bereits eine Auszahlung in Höhe von 829,19 EUR erfolgt sei, sei ein Betrag in Höhe von 29,75 EUR zu viel geleistet worden.

22

Gegen den ihm am 11. März 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. März 2016 Beschwerde eingelegt: Mit Beschluss des SG vom 14. August 2014 sei PKH unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin ab dem 19. November 2013 bewilligt und damit ein konkreter Bewilligungszeitraum festgelegt worden. Mit dieser Datumsangabe sei im Beschluss der Umfang der PKH-Bewilligung konstitutiv in einer Weise festgelegt worden, dass der Urkundsbeamte bei der Entscheidung über die Vergütungsfestsetzung hieran gebunden sei und der Beschluss ausschließlich für in der Zukunft liegende Tätigkeiten wirke. Dies folge auch aus § 48 Abs. 1 und 2 RVG. Ob die Bewilligung mit Wirkung ab einem früheren Zeitpunkt hätte erfolgen können, obliege der Beurteilung des Gerichts im Bewilligungsverfahren und sei der Beurteilung im Verfahren der Vergütungsfestsetzung entzogen (vgl. auch § 48 Abs. 4 letzter Halbsatz RVG). Darüber hinaus sei der Gebührenanspruch eines beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren nach §§ 183, 184 SGG nicht mit dem eines beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren nach § 197a SGG vergleichbar. In Verfahren, in denen Rahmengebühren entstehen, richteten sich diese gerade nicht am Streitwert aus, sondern an den in § 14 RVG genannten Kriterien. Aus dem Gesichtspunkt einer "Forderungssperre" gegenüber dem Mandanten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO könne im Ergebnis jedenfalls nichts anderes folgen. Zur Beurteilung der angemessenen Gebühren seien vorliegend nach § 14 RVG u. a. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommensverhältnisse der Mandanten innerhalb des Bewilligungszeitraumes zu bewerten. Diese stellten sich in der Gesamtheit "sehr unterdurchschnittlich" dar. Nach alldem ergebe sich die durch den Beschwerdeführer im Erinnerungsverfahren vor dem SG angestellte Berechnung (Gesamtbetrag: 537,88).

23

Der Beschwerdeführer beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

24

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2016 und den PKH-Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Dessau-Roßlau am 28. Oktober 2014 abzuändern und die aus der Prozesskostenhilfe an die Beschwerdegegnerin zu erstattende Vergütung auf einen Betrag von insgesamt 537,88 EUR festzusetzen.

25

Die Beschwerdegegnerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

26

die Beschwerde zurückzuweisen.

27

Zur Begründung trägt sie vor, die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr dürfe nur auf einen Ermessensmissbrauch überprüft werden. Eine Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt sei immer dann billig, wenn sie nicht grob vom Üblichen abweiche. Im Hinblick auf die Verfahrensgebühr seien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als durchschnittlich anzusehen. Die Bedeutung für die Kläger sei wegen einer Rückforderung von (zuletzt) 1.690,67 EUR überdurchschnittlich gewesen. Die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger würden durch diese überdurchschnittliche Bedeutung kompensiert. Die vom SG in Ansatz gebrachte Verfahrensgebühr in Höhe von 261,80 EUR (119,00 EUR + 120% Erhöhung) sei angemessen. Im Übrigen sei die Verfahrensgebühr nach dem 19. November 2013 durch die Wahrnehmung des Termins am 3. September 2014 und die Mitwirkung bei der Verfahrensbeendigung ausgelöst worden. Es sei unerheblich, dass der Anspruch auf die Verfahrensgebühr auch schon mehrfach vor dem Wirksamwerden der Beiordnung am 19. November 2013 entstanden sei, nachdem die Beschwerdegegnerin das Klageverfahren zunächst als Wahlanwältin geführt und dabei verschiedene anwaltliche Tätigkeiten entfaltet habe. Denn gemäß §§ 45, 48 RVG entstehe der Vergütungsanspruch ebenso bei erneuter gebührenauslösender Tätigkeit.

28

Wegen der Terminsgebühr sei zu berücksichtigen, dass die beiden Verfahren am 3. September 2014 getrennt voneinander besprochen worden seien. Die Terminsgebühr in Höhe von 200,00 EUR sei angemessen. Auch die in Ansatz gebrachte Erledigungsgebühr sei in Höhe von 190,00 EUR erstattungsfähig. Die Einwirkung auf die Klägerin zu 1) erfülle die Voraussetzungen der erforderlichen Mitwirkung.

29

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

30

Die Beschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als sie sich gegen die Festsetzung einer über der hälftigen Mittelgebühr liegenden Verfahrensgebühr (nämlich in Höhe eines nur um 30% unter der Mittelgebühr liegenden Betrages) wendet. Im Übrigen ist sie (hinsichtlich der beanstandeten Höhe von Termins- und Erledigungsgebühr) unbegründet.

31

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist zwar prinzipiell der Berichterstatter als Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Aufgrund der hier in Rede stehenden Frage, ob sich eine zeitliche Begrenzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Verfahrensgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren auswirkt, hat der Berichterstatter die Sache jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit mit Beschluss vom 30. Januar 2017 gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat als Gesamtspruchkörper übertragen.

32

1. Die Beschwerde ist zulässig. Dem steht insbesondere die Vorschrift des § 178 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht entgegen. Durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (Bundesgesetzblatt 2013 Teil I Nr. 55 S. 3533) hat der Gesetzgeber in § 73a Abs. 1 SGG durch Anfügen des Satzes 4 geregelt, dass sich die Vergütung für den beigeordneten Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG richtet. Daraus folgt, dass das RVG und damit insbesondere die dort geregelten Beschwerdemöglichkeiten innerhalb des SGG für die Vergütung im Rahmen der Prozesskostenhilfe anwendbar sind. Die Beschwerdemöglichkeit nach dem RVG in sozialgerichtlichen Verfahren wird auch im RVG nochmals bestätigt. Nach § 1 Abs. 3 RVG in der Fassung vom 23. Juli 2013 gehen die Vorschriften des RVG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen spezialgesetzlicher Verfahrensvorschriften (z.B. des SGG) vor. Aufgrund der Rechtsänderung ist die frühere Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 30. Oktober 2009 – L 4 P 8/09 B, juris) nicht mehr anwendbar (vgl. hierzu schon Landessozialgericht [LSG] Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. November 2015 – L 4 AS 427/15 B).

33

Die Beschwerde ist auch im konkreten Fall statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Nach den mit der Beschwerde geltend gemachten Auffassungen und Berechnungen des Beschwerdeführers würde sich durch die Beschwerde die Kostenfestsetzung gegenüber dem angefochtenen Beschluss des SG um 261,56 EUR (799,44 EUR - 537,88 EUR) zum Nachteil der Beschwerdegegnerin verringern. Auch ist die Beschwerde fristgerecht eingelegt worden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).

34

2. Die Beschwerde ist insoweit begründet, als sich der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe eines gegenüber der Mittelgebühr lediglich um 30% abgesenkten Betrages durch das SG wendet und dabei konkret die Berücksichtigung von vor dem Wirksamwerden der PKH-Bewilligung liegenden anwaltlichen Tätigkeiten angreift.

35

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hatte den Klägern mit Beschluss vom 14. August 2014 (mit Wirkung ab 19. November 2013) PKH bewilligt. Die Kläger waren im Ausgangsverfahren S 14 AS 1403/12 kostenprivilegierte Beteiligte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).

36

Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); außerdem ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht abschließend, so dass weitere (unbenannte) Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Für jede Rahmengebühr ist dabei eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sog. "Toleranzgrenze") von 20 % zusteht (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09, juris; Thüringer Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 27. Oktober 2016 – L 6 SF 1611/15 B, juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet hat; in diesem Falle erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren (Thüringer LSG, a. a. O.).

37

b) Bei der Verfahrensgebühr handelt es sich um eine Tätigkeitsgebühr, mit der jede prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwalts abgegolten wird, für die das RVG keine gesonderte Gebühr vorsieht. Sie entsteht für das Betreiben eines Geschäfts einschließlich der Information und gilt u. a. für die Prüfung der Schlüssigkeit der Klage durch den Rechtsanwalt anhand von Rechtsprechung und Literatur, die im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren notwendigen Besprechungen des Rechtsanwalts mit dem Auftraggeber, Dritten, Gericht oder Sachverständigen sowie den Schriftwechsel mit dem Auftraggeber, Dritten, Behörden und dem Gericht, ferner die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln, die Sammlung und den Vortrag des aus der Sicht des Rechtsanwalts relevanten Stoffs sowie das Anbieten von Beweismitteln (Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 210). Der durchschnittliche Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hat sich dabei am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung und dem Ablauf des Verfahrens, hier des sozialgerichtlichen Verfahrens, zu orientieren. Von Bedeutung ist darüber hinaus auch, welchen Einsatz der Rechtsanwalt im Einzelnen erbringen muss. Zu berücksichtigen ist dabei zum Beispiel das Lesen der Verwaltungsentscheidung, die Beratung mit dem Mandanten, das Aktenstudium, das Anfertigen von Notizen, bei Geltendmachung eines Anspruchs die Darlegung, wie sich dieser rechnerisch ermittelt, und zwar unter Eingehung auf die streitigen Rechtsvorschriften sowie die Heranziehung von Kommentarliteratur und einschlägiger Rechtsprechung.

38

Es entspricht dabei allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden (BSG, a. a. O.).

39

c) Nach diesen Grundsätzen wäre der Ansatz einer gegenüber der Mittelgebühr nur um 30% reduzierten Gebühr durch das SG für die Verfahrensgebühr grundsätzlich nicht zu beanstanden, soweit – wie vom SG angenommen – auch die zeitlich vor dem Wirksamwerden der PKH-Bewilligung liegenden anwaltlichen Tätigkeiten für die Bemessung der Verfahrensgebühr relevant wären. Wegen der diesbezüglichen Erwägungen wird entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die insofern zutreffenden Erwägungen im Beschluss des SG Bezug genommen. Dies gilt insbesondere auch für den jedenfalls mit Blick auf die Verfahrensgebühr zu berücksichtigenden erheblichen Synergieeffekt wegen des parallel geführten Verfahrens S 14 AS 1339/12. Unter Beachtung dieses Effektes und der weiteren vom SG im Grundsatz zutreffend in Ansatz gebrachten Bemessungskriterien ergäbe sich – auch unter Berücksichtigung des Toleranzrahmens – die Unbilligkeit der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Mittelgebühr und die Angemessenheit eines insoweit von der Mittelgebühr vorzunehmenden Abschlags von 30 %.

40

Im Ergebnis ist gleichwohl von einer unrichtigen Festsetzung der Verfahrensgebühr auch durch das SG auszugehen. Denn – entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin und des SG – sind zur Überzeugung des Senats für die Bestimmung der Verfahrensgebühr nur die anwaltlichen Tätigkeiten der Beschwerdegegnerin zugrunde zu legen, die diese ab dem Wirksamwerden der PKH-Bewilligungsentscheidung entfaltet hat (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 10. Juli 2015 – L 2 SF 11/15 E; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 1 B 127/08 SK, juris). Dies bedeutet, dass die vor dem 19. November 2013 angefallenen Tätigkeiten für die Gebührenhöhe nicht relevant sind. Damit sind insbesondere die Erhebung der Klage mit Anwaltsschriftsatz vom 8. Juni 2012, die Akteneinsicht und die Klagebegründung mit Anwaltsschriftsatz vom 10. Juli 2013 keine für die Bestimmung der Verfahrensgebühr maßgebenden Tätigkeiten. Entsprechendes gilt für alle sonstigen vor dem 19. November 2013 erfolgten Maßnahmen, beispielsweise etwaigen Besprechungen mit den Klägern im Hinblick auf das hiesige Ausgangsverfahren.

41

Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, dass eine "Kürzung" der Verfahrensgebühr nicht mit dem Argument der zeitlich beschränkten Bewilligung in Betracht komme: Das RVG biete keine Grundlage für eine solche Betrachtungsweise, die auf eine "Quotelung" der Gebühren hinaus liefe, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Vielmehr sei stets der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand zu würdigen, nicht nur der Aufwand nach dem Wirksamwerden der Beiordnung. Dabei falle maßgeblich ins Gewicht, dass das RVG aus Gründen der Kostengerechtigkeit und Vereinfachung vom Grundsatz der Pauschgebühr beherrscht werde und die Gebühren nach § 15 Abs. 1 RVG die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten würden. Auch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (in Verbindung mit § 73a SGG), wonach die Bewilligung von PKH bewirke, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen den Beteiligten nicht geltend machen könnten, spreche gegen eine Kürzung der Verfahrensgebühr in Abhängigkeit vom Beiordnungszeitpunkt. Die zugunsten des bedürftigen Beteiligten eingreifende Forderungssperre würde andernfalls bewirken, dass der Rechtsanwalt einen nicht gerechtfertigten Ausfall hinnehmen müsse (so ausdrücklich Bayerisches LSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – L 15 SF 303/09 B E, juris; s. hierzu im Ergebnis auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. September 2008 – L 19 B 21/08 AS, juris; Thüringer LSG, Beschluss vom 6. März 2008 – L 6 B 198/07 SF, juris sowie 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 9. August 2012 – L 5 SF 2/09 E, juris).

42

Zur Überzeugung des Senats berücksichtigt diese Auffassung indes nicht hinreichend, dass es nach § 45 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 RVG für den Vergütungsanspruch in erster Linie auf die konkrete Bestimmung in den Beschlüssen ankommt, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Wenn das zuständige Gericht (hier das SG) in seinem Beschluss ausdrücklich eine bestimmte zeitliche Beschränkung aufnimmt, bei der Kostenfestsetzung gleichwohl auch die vor diesem Zeitpunkt angefallenen Tätigkeiten berücksichtigt würden, bedeutete dies faktisch eine "Korrektur" bzw. "Aushebelung" des nach § 48 Abs. 1 RVG maßgebenden Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses. Mit der zeitlichen Beschränkung im Rahmen der Bewilligung und Beiordnung hat das SG insoweit die ihm zu diesem Zeitpunkt obliegende Entscheidung darüber getroffen, in welchem (zeitlichen) Umfang die anwaltlichen Tätigkeiten zu berücksichtigen sind. Folgte man der oben dargestellten Auffassung einer nicht in Betracht kommenden "Kürzung" unter dem Gesichtspunkt des Zeitpunkts der Beiordnung wäre dies daher nach der Systematik des RVG zur Überzeugung des Senats bereits bei Abfassung des Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses umzusetzen, nicht aber bei der späteren Kostenfestsetzung. Letzteres würde – wie bereits ausgeführt – faktisch auf eine inhaltliche "Änderung" der Bewilligung und Beiordnung hinauslaufen, wofür jedoch keine Zuständigkeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens mehr gegeben ist. Insbesondere hat der für die Festsetzung zuständige Spruchkörper nicht die inhaltliche Berechtigung einer erfolgten zeitlichen Begrenzung zu prüfen (Hessisches LSG, a. a. O.).

43

Hier hat das SG offenbar darauf abgestellt, dass zwar bereits mit dem Schriftsatz vom 8. Juni 2012 PKH beantragt worden, die Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen zur Glaubhaftmachung allerdings erst am 19. November 2013 bei Gericht eingegangen ist. Das SG ist deshalb davon ausgegangen, dass erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Antrag vorgelegen hat (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 73a SGG). Vor diesem Hintergrund kann es dahinstehen, ob aus § 48 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 RVG abzuleiten sein könnte, dass bereits die bloße Beantragung als solche (also ohne Einreichung der erforderlichen "PKH-Unterlagen") für den Beginn der Bewilligung und Beiordnung ausreichend sein soll. Die Vorschrift stellt im Grundsatz auf den "Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe" ab. Der letzte Halbsatz des § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG enthält jedoch die Einschränkung "wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist". In dem Abstellen auf den Zeitpunkt des Eingangs der vollständigen Unterlagen wäre jedenfalls eine solche abweichende Bestimmung durch das SG zu sehen (s. hierzu auch Hessisches LSG, a. a. O.).

44

Zur Überzeugung des Senats greift darüber hinaus der Vergleich mit den streitwertabhängigen Wertgebühren in Verfahren, in denen das GKG anwendbar ist, nicht durch (so aber der 5. des Senat des LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O.). Denn dort ist gerade eine sich allein nach dem Streitwert richtende Pauschalierung des Anspruchs gegeben, der in keiner Weise auf den Umfang der konkreten Tätigkeit des Rechtsanwalts abstellt. Der Gesichtspunkt der Pauschalierung ist demgegenüber in § 14 Abs. 1 RVG deutlich eingeschränkt, indem – neben anderen Kriterien – gerade auch dem Umfang der Tätigkeit ausdrücklich eine wesentliche Bedeutung zuerkannt wird. Aus den oben dargestellten Erwägungen der Maßgeblichkeit der Bewilligungs- und Beiordnungsentscheidung des SG kann es dann in diesem Zusammenhang konsequenterweise nur auf den Umfang ab der Beiordnung ankommen.

45

Soweit darüber hinaus mit der "Sperrwirkung" des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO argumentiert wird, ist vorliegend nicht über die Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Umständen möglicherweise ergänzende Ansprüche gegen den Beteiligten selbst bestehen könnten. Denn die Entscheidung des in der Sache zuständigen Spruchkörpers über den Umfang der Bewilligung von PKH ist jedenfalls für das Festsetzungsverfahren vorgreiflich und bindend (Hessisches LSG, a. a. O.). Soweit sich aus der Vorschrift eine vollständige "Sperre" ergeben sollte, wäre dies als gesetzgeberische Wertungsentscheidung hinzunehmen.

46

d) Der Großteil der anwaltlichen Maßnahmen (insbesondere Erhebung und Begründung der Klage, Akteneinsicht) fand hier bereits vor dem Beiordnungszeitpunkt statt (s. o.). Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für angemessen, mit dem Beschwerdeführer lediglich auf die hälftige Mittelgebühr (für die ab dem Beiordnungszeitpunkt gegebenen anwaltlichen Tätigkeiten) abzustellen. Wegen dieser deutlichen Absenkung schon aus dem Gesichtspunkt des (späten) Zeitpunkts der Beiordnung ist wegen der unter lit. c) erörterten Synergieeffekte in Bezug auf die Verfahrensgebühr allerdings keine weitere – über die "Halbierung" der Mittelgebühr hinaus gehende – Reduzierung mehr vorzunehmen.

47

Somit erweist sich auch nach der hiesigen Auffassung jedenfalls der Ansatz der Mittelgebühr durch die Beschwerdegegnerin – auch unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze von 20 % – als unbillig. Mithin ist nicht auf die Bestimmung durch die Beschwerdegegnerin abzustellen, sondern auf die nach Auffassung des Senats angemessene Verfahrensgebühr, die sich nach den obigen Ausführungen auf die hälftige Mittelgebühr in Höhe von 85,00 EUR beläuft. Demgemäß beträgt die Erhöhung um 1,2 für vier weitere Streitgenossen nach Nr. 1008 VV RVG lediglich noch 102,00 EUR.

48

3. Soweit der Beschwerdeführer auch einen geringeren Ansatz der Terminsgebühr (150,00 EUR statt der Mittelgebühr von 200,00 EUR) sowie der Erledigungsgebühr (95,00 EUR statt der Mittelgebühr von 190,00 EUR) begehrt, ist die Beschwerde nicht begründet. Das Gericht folgt hinsichtlich des Anfallens und der Höhe dieser Gebühren den zutreffenden Ausführungen des SG und macht sich diese nach eigener Prüfung entsprechend § 153 Abs. 2 SGG zu Eigen. Darüber hinaus hatte bereits im Beschluss des SG die ursprünglich von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Dokumentenpauschale aus den dort zutreffend angeführten Erwägungen keine Berücksichtigung gefunden.

49

4. Damit ergibt sich – unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale sowie der Umsatzsteuer – für die aus der Prozesskostenhilfe an die Beschwerdegegnerin zu erstattende Vergütung folgende Berechnung:

50

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

 85,00 EUR

Erhöhung um 1,2 gemäß Nr. 1008 VV RVG:

 102,00 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

 200,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG:

 190,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

        

 597,00 EUR

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

 113,43 EUR

                 

Gesamtbetrag:

 710,43 EUR.

51

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 RVG).

52

Dieser Beschluss ist endgültig (§ 178 Abs. 1 SGG).


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 142/06
vom
21. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Februar 2008 durch
die Richter Dr. Bergmann, Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Der Antrag von Rechtsanwalt X, seine Beiordnung gemäß § 48 Abs. 2 BRAO aufzuheben, wird abgelehnt.

Gründe:


1
I. Mit Beschluss vom 20. September 2007 hat der Senat dem Beklagten für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe gewährt und ihm Rechtsanwalt am Bundesgerichtshof X beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 28. November 2007 hat Rechtsanwalt X beantragt, seine Beiordnung aufzuheben, weil der Beklagte sich weigere, eine Kostenrechnung über die Gebühr gemäß § 13 Nr. 3335 VV RVG auszugleichen. Außerdem habe der Beklagte Rechtsanwalt X aufgefordert, ihm bis spätestens Anfang des Jahres 2008 den Entwurf der Revisionserwiderung zu übersenden, da er zu dessen “Überarbeitung und Optimierung“ einen entsprechenden Zeitraum benötige, obwohl der Beklagte darüber informiert worden sei, dass mit einem Verhandlungstermin erst in der ersten Jahreshälfte 2009 zu rechnen sei.
2
II. Der Antrag ist abzulehnen, da kein wichtiger Grund für die Aufhebung der Beiordnung (§ 48 Abs. 2 BRAO) dargelegt worden ist.
3
1. Nach § 48 Abs. 2 BRAO kann der gemäß § 121 ZPO einer Partei beigeordnete Rechtsanwalt beantragen, die Beiordnung aufzuheben, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant nachhaltig und tiefgreifend gestört ist (BGH, Beschl. v. 31.10.1991 - XII ZR 212/90, NJW-RR 1992, 189).
4
2. Das ist hier nicht hinreichend dargelegt.
5
a) Die Weigerung des Beklagten, die nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erteilte Kostenrechnung über die Gebühr gemäß § 13 Nr. 3335 VV RVG zu bezahlen, ist nicht geeignet, die Zusammenarbeit im Rahmen des Mandatsverhältnisses in empfindlicher Weise in Frage zu stellen. Nach § 16 Nr. 2 RVG sind das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, dieselbe Angelegenheit. Daher entfällt die Gebühr nach Nr. 3335 VV im Nachhinein, wenn dem Prozesskostenhilfegesuch stattgegeben wird (Schons in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., Nr. 3335 VV Rdn. 11). Nach Gewährung der Prozesskostenhilfe kann der beigeordnete Rechtsanwalt Vergütungsansprüche gegen die Partei nicht mehr geltend machen (§§ 119, 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO; vgl. auch § 16 Abs. 2 BORA). Der im Revisionsverfahren beigeordnete Rechtsanwalt erhält seine Vergütung gemäß § 45 Abs. 1 RVG aus der Bundeskasse; auch wegen einer Vorschusszahlung hat er sich an die Staatskasse zu wenden (§ 47 Satz 1 RVG). Die Forderungssperre gegenüber dem Mandanten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gilt für alle nach der Beiordnung verwirklichten Gebührentatbestände , auch wenn diese bereits vor der Beiordnung erfüllt waren (vgl. OLG München MDR 1991, 62; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 122 Rdn. 11; Musie- lak/Fischer, ZPO, 5. Aufl., § 122 Rdn. 8 m.w.N.). Auch der Anwalt, der vor der Beiordnung Wahlanwalt war, kann daher eine vor der Beiordnung entstandene Verfahrensgebühr nach der Beiordnung gegenüber dem Mandanten nicht mehr geltend machen.
6
b) Der Umstand, dass der Beklagte um eine Übersendung des Entwurfs der Revisionserwiderung bis Anfang des Jahres 2008 gebeten hat, obwohl er darüber informiert worden war, dass der Verhandlungstermin beim Senat voraussichtlich erst in der ersten Jahreshälfte 2009 stattfinden wird, reicht für die Aufhebung der Beiordnung ebenfalls nicht aus. Rechtsanwalt X war zwar nicht gehalten, dieser Bitte des Beklagten zu entsprechen. Eine nachhaltige und tiefgreifende Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant folgt aber noch nicht aus unterschiedlichen zeitlichen Vorstellungen über die Sachbearbeitung, die zudem erkennbar auf einer unzureichenden Kenntnis des Mandanten von dem Ablauf des Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof beruhen.
7
c) Der von Rechtsanwalt X vorgelegte Schriftwechsel mit dem Beklagten lässt nicht erkennen, dass der Beklagte die Verantwortung des Rechtsanwalts für die bei Gericht eingereichten Schriftsätze nicht anerkennen will. Verständlicherweise hat der Rechtsanwalt zwar die Ankündigung einer "Überarbeitung und Optimierung" des Entwurfs der Revisionserwiderung durch den Beklagten als im Ton anmaßend empfunden. Bei der Bewertung der Wortwahl des Beklagten muss aber wiederum seine Unerfahrenheit in Revisionssachen berücksichtigt werden. Die Bitte des Mandanten, ihm vor Einreichung des Schriftsatzes den Entwurf der Revisionserwiderung zu übersenden, begründet als solche keine nachhaltige und tiefgreifende Störung des Vertrauensverhältnisses, da auch die beim Bundesgerichtshof eingereichten Anwaltsschriftsätze mit den Voranwälten und den Mandanten abzustimmen sind. Es kommt hinzu, dass ein Schreiben von Rechtsanwalt Y als Vertreter von Rechtsanwalt X vom 22. November 2007 die erste Reaktion auf die Wünsche des Beklagten war und deshalb Rechtsanwalt X zugemutet werden konnte, zunächst die Wirkung jenes Schreibens auf den Beklagten abzuwarten, anstatt sofort das Mandat zu beenden.
8
d) Ebenso wenig kann schließlich ein wichtiger Grund für die Aufhebung der Beiordnung darin gesehen werden, dass der Beklagte in einem Telefax vom 3. September 2007 an seinen Instanzanwalt die Befürchtung geäußert hat, der Antrag auf Prozesskostenhilfe könnte negativen Einfluss auf den Inhalt der Revisionserwiderung haben. Eine solche Befürchtung ist zwar unbegründet. Sie ist aber aus der Sicht eines juristischen Laien nicht von vornherein völlig abwegig. Eine nachhaltige und tiefgreifende Störung des Vertrauensverhältnisses begründet diese Befürchtung nicht.
9
e) Auch bei einer Gesamtbetrachtung haben die vorgetragenen Störungen der Zusammenarbeit mit dem Beklagten kein ausreichendes Gewicht, um die Aufhebung der Beiordnung zu rechtfertigen.
Bergmann Pokrant Schaffert
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.05.2004 - 308 O 610/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.07.2006 - 5 U 105/04 -

Tenor

Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2016 sowie der Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Dessau-Roßlau in dem Verfahren S 14 AS 1339/12 vom 28. Oktober 2014 abgeändert.

Die aus der Prozesskostenhilfe an die Erinnerungsführerin zu erstattende Vergütung wird auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 619,40 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau (Aktenzeichen: S 14 AS 1339/12), in welchem die Erinnerungsführerin, Erinnerungsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) die Kläger vertreten und das SG Prozesskostenhilfe erst ab einem bestimmten Stichtag bewilligt hatte.

2

Die beiden Kläger standen beim Jobcenter Dessau-Roßlau (Beklagter des vor dem SG geführten Ausgangsverfahrens) im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Im Hinblick auf eine von der Klägerin zu 1) aufgenommene schulische Ausbildung zur Ergotherapeutin hob das Jobcenter mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. Dezember 2011 die zuvor mit Bescheid vom 19. Juli 2011 erfolgte Leistungsbewilligung für den Zeitraum von August bis November 2011 unter Berufung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gegenüber der Klägerin zu 1) in Höhe von monatlich 464,73 EUR (Regelbedarf und Mehrbedarf) und gegenüber dem Kläger zu 2) in Höhe von monatlich 49,27 EUR (Sozialgeld) teilweise auf und forderte Beträge in Höhe von insgesamt 2.056,00 EUR zurück. Die Klägerin zu 1) habe dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), so dass ein Leistungsausschluss gegeben sei. Mit Änderungsbescheid vom 4. Januar 2012 reduzierte der Beklagte die Rückforderung auf insgesamt 1.780,00 EUR, wobei nunmehr Beträge in Höhe von viermal 92,00 EUR sowie viermal 81,00 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) zurückgefordert wurden. Gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2011 legten die Kläger am 30. Januar 2012 Widerspruch ein. Auf Nachfrage teilten sie mit, der Widerspruch sei als gegen den Bescheid vom 4. Januar 2012 gerichtet auszulegen. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2012 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig.

3

Am 4. Juni 2012 erhoben die Kläger, anwaltlich vertreten durch die Beschwerdegegnerin, Klage vor dem SG. Gleichzeitig beantragten sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin. Mit Schreiben vom 7. August 2012 gewährte das SG der Beschwerdegegnerin Einsicht in die Verwaltungsakte des Beklagten. Nach einer Betreibensaufforderung trugen die Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 10. Juli 2013 zur Begründung der Klage vor, sie hätten gegen den Bescheid vom 4. Januar 2012 ordnungsgemäß Widerspruch eingelegt. Außerdem habe der Beklagte den nach dem SGB II maßgeblichen Bedarf im Hinblick auf einen Abzug von Kosten für die Warmwasserzubereitung von den Heizkosten unzutreffend ermittelt. Im Übrigen wäre als Rechtsgrundlage nur § 45 SGB X in Betracht gekommen. Die Kläger hätten auf die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Bewilligung vertrauen dürfen. Außerdem seien die Voraussetzungen eines Leistungsausschlusses nicht gegeben gewesen.

4

Am 20. Februar 2014 reichten die Kläger eine "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe" nebst Anlagen beim SG ein.

5

Mit Beschluss vom 14. April 2014 bewilligte das SG den Klägern für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung ab dem 20. Februar 2014 und ordnete die Beschwerdegegnerin zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei.

6

Am 3. September 2014 fand vor dem SG ein Erörterungstermin statt, welcher 1:07 Stunden dauerte und in welchem auch ein weiteres zwischen denselben Beteiligten geführtes Verfahren (S 14 AS 1403/12) erörtert wurde. In diesem Termin wies das SG daraufhin, dass es sich bei der Rückforderung von Leistungen für KdU um eine Verböserung gehandelt haben dürfte und die Voraussetzungen des § 45 SGB X dafür nicht vorgelegen hätten. Es schlug eine Reduzierung des Rückforderungsbetrags auf 1.088,00 EUR vor. Daraufhin erklärte der Vertreter des Beklagten: "Der Rückforderungsbetrag aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. Dezember 2011 in der Fassung des Korrekturbescheides vom 4. Januar 2012 wird von 1.780,00 EUR auf 1.088,00 EUR reduziert. Anderweitige Forderungen wird der Beklagte gegenüber den Klägern für den Zeitraum August 2011 bis November 2011 nicht geltend machen. Des Weiteren erstattet der Beklagte den Klägern 30 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens S 14 AS 1339/12." Die Beschwerdegegnerin erklärte als Prozessbevollmächtigte der Kläger: "Das Teilanerkenntnis sowie das Kostengrundteilanerkenntnis in dem Verfahren S 14 AS 1339/12 werden zwecks Erledigung des Rechtstreits angenommen."

7

Am 25. September 2014 beantragte die Erinnerungsführerin die Festsetzung der Gebühren und Auslagen nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) wie folgt:

8

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

170,00 EUR

Erhöhung um 0,3 gemäß Nr. 1008 VV RVG:

 51,00 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

200,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG:

 190,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG:

25,00 EUR

        

656,00 EUR

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

124,64 EUR

                 

Gesamtbetrag:

780,64 EUR

9

Abzüglich eines bereits gewährten Vorschusses (37,13 EUR) machte die Beschwerdegegnerin die Auszahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 743,51 EUR geltend.

10

Mit dem der Beschwerdegegnerin am 3. November 2014 zugestellten Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 28. Oktober 2014 setzte der Urkundsbeamte des SG die aus der Landeskasse zu erstattenden Kosten auf 701,74 EUR fest, woraus sich unter Berücksichtigung des Vorschusses ein weiterer Auszahlungsbetrag in Höhe von 664,61 EUR ergab. Der Festsetzung lag folgende Berechnung zu Grunde:

11

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

 119,00 EUR

Gebührenerhöhung um 0,3 nach Nr. 1008 VV RVG:

35,70 EUR

        

(insgesamt: 154,70 EUR)

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

200,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1005, 1006, 1002 VV RVG:

 190,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 VV RVG:

25,00 EUR

589,70 EUR

        

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

112,04 EUR

                 

Gesamtbetrag:

701,74 EUR

12

Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Verfahrensgebühr sei unbillig gewesen: Der Umfang der Sache sei auch unter Berücksichtigung der gefertigten Schriftsätze als unterdurchschnittlich zu bewerten, ebenso die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Auftraggeber. Die Schwierigkeiten der Sache, die Bedeutung der Angelegenheit für die Auftraggeber sowie das Haftungsrisiko würden als durchschnittlich bewertet.

13

Der unter Berücksichtigung des Vorschusses verbleibende Differenzbetrag von 664,61 EUR wurde an die Beschwerdegegnerin ausgezahlt.

14

Am 1. Dezember 2014 hat die Beschwerdegegnerin gegen den Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 28. Oktober 2014 Erinnerung eingelegt: Bei der Verfahrensgebühr sei kein Abschlag von 30 % vorzunehmen. Die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr könne nur auf einen Missbrauch überprüft werden. Die anwaltliche Tätigkeit habe in der Erhebung und Begründung der Klage, einer weiteren Stellungnahme und Einsichtnahme in die umfangreiche Verwaltungsakte bestanden. Auch habe eine Besprechung mit der Klägerin stattgefunden. Der Umfang sei als durchschnittlich anzusehen.

15

Am 26. Februar 2015 hat auch der Beschwerdeführer Erinnerung gegen den Beschluss vom 28. Oktober 2014 eingelegt: Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin sei erst ab dem 20. Februar 2014 bewilligt worden. Mithin wirke der Beschluss ausschließlich für die ab diesem Zeitpunkt erbrachten Tätigkeiten der beigeordneten Beschwerdegegnerin. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nicht unerhebliche Synergie-Effekte in Bezug auf ein parallel geführtes und inhaltlich gleich gelagertes Verfahren (Aktenzeichen des SG: S 14 AS 1403/12; hiesiges Aktenzeichen des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des SG im Erinnerungsverfahren: L 4 AS 141/16 B) gegeben gewesen seien. Überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit und unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse der Kläger würden sich praktisch aufheben. Es werde lediglich die Hälfte der Mittelgebühr als angemessene Verfahrensgebühr (zuzüglich der Erhöhung für einen weiteren Streitgenossen) für angemessen gehalten. Wegen der zusätzlichen Erörterung eines weiteren Verfahrens (Synergieeffekt) seien hinsichtlich der Terminsgebühr 3/4 der Mittelgebühr und bezüglich der Erledigungsgebühr die Hälfte der Mittelgebühr anzusetzen. Wegen der Dokumentenpauschale sei die Notwendigkeit der Erstellung von Kopien nicht substantiiert vorgetragen worden. Außerdem seien diese Kosten vor dem im Beschluss genannten Zeitpunkt entstanden. Es ergebe sich mithin folgende Berechnung:

16

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

85,00 EUR

Gebührenerhöhung um 0,3 nach Nr. 1008:

25,50 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

150,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1005, 1006, 1002 VV RVG:

 95,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale:

20,00 EUR

        

375,50 EUR

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

71,35 EUR

                 

Gesamtbetrag:

446,85 EUR

17

Die Beschwerdegegnerin hat auf die Erinnerung des Beschwerdeführers geltend gemacht, dass beide Verfahren zwar in einem Termin, aber getrennt voneinander besprochen worden seien.

18

Mit Beschluss vom 4. März 2016 hat das SG den PKH-Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 28. Oktober 2014 abgeändert und die aus der PKH zu erstattende Vergütung auf insgesamt 750,89 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Vergütungsanspruch bestimme sich gemäß § 48 Abs. 1 RVG nach dem Beschluss, durch den PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden sei. Der Rechtsanwalt könne daher nur für solche Tätigkeiten eine Vergütung fordern, die er nach dem Wirksamwerden der Beiordnung geleistet habe. Dies beziehe sich indes nur auf die Frage, ob überhaupt eine Gebühr dem Grunde nach angefallen sei. Bei "Dauergebühren", die fortlaufende oder wiederholte Tätigkeiten abgelten sollen (wie die Verfahrensgebühr), sei dann jedoch die gesamte Tätigkeit bei der Bestimmung der konkreten Gebühr innerhalb des Rahmens zu berücksichtigen, wenn zumindest auch nach dem Wirksamwerden der Beiordnung eine gebührenauslösende Tätigkeit gegeben sei. Dafür spreche auch ein Vergleich mit den streitwertgebundenen Wertgebühren in Verfahren nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG), die in voller Höhe erstattungsfähig seien, wenn nach dem Wirksamwerden der Beiordnung – unabhängig von der vorangegangenen Tätigkeit des Rechtsanwalts – noch eine gebührenauslösende Maßnahme erfolge. Sei eine Gebühr dem Grunde nach ab der Beiordnung entstanden, komme es für die Höhe also auch hier auf die gesamte Tätigkeit des beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren an.

19

Die Bestimmung der Verfahrensgebühr in Höhe von 221,00 EUR (Mittelgebühr von 170,00 EUR + Erhöhung um 51,00 EUR für einen weiteren Auftraggeber) sei auch im Übrigen unter Beachtung des Toleranzrahmens nicht als unbillig zu bewerten. Der Umfang der Tätigkeit der Beschwerdegegnerin sei als durchschnittlich anzusehen. Die Schwierigkeit der Angelegenheit sei im Hinblick auf die konkreten verfahrensrechtlichen (u. a. Auslegung und Verfristung des Widerspruchs) und materiell-rechtlichen Fragen zur Leistungshöhe keinesfalls als unterdurchschnittlich zu bewerten. Angesichts der in Rede stehenden Rückforderung in Höhe von (zuletzt) 1.780,00 EUR seien auch das Haftungsrisiko und die Bedeutung der Angelegenheit höher einzuschätzen. Die unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger könnten insgesamt keine Reduzierung der Mittelgebühr begründen. Ein Synergieeffekt mit dem zeitlich späteren Klageverfahren S 14 AS 1403/12 sei bei letzterem Verfahren zu berücksichtigen. Die Befassung im Widerspruchsverfahren schlage sich bereits in der reduzierten Gebühr nach Nr. 3103 VV RVG nieder.

20

Auch die Bestimmung der Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr (200,00 EUR) sei nicht unbillig. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien insoweit im durchschnittlichen Bereich einzuordnen. Im etwa einstündigen Termin seien zwar zwei Verfahren erörtert worden, allerdings ausweislich der Sitzungsniederschrift nacheinander. Wegen der abweichenden sachlichen und rechtlichen Problematik sei ein Synergieeffekt als gering einzuschätzen, der sich im Hinblick auf den Toleranzrahmen bei der Bestimmung der Gebühr durch die Beschwerdegegnerin nicht gebührenmindernd auswirke.

21

Weiterhin sei eine Erledigungsgebühr entstanden. Denn der Rechtsstreit habe sich durch anwaltliche Mitwirkung mit dem Ergebnis der Abänderung des belastenden Verwaltungsakts im Sinne von Nr. 1002 VV RVG erledigt. Die erforderliche qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung liege zum Beispiel in der Einwirkung des Rechtsanwalts auf den Mandanten, sich mit einem Teilanerkenntnis (der Gegenseite) zufrieden zu geben. Ohne eine entsprechende Kommunikation der Beschwerdegegnerin mit den Klägern wäre es auch in Anbetracht der Höhe der Rückforderung nicht zur unstreitigen Erledigung gekommen. Wegen des abweichenden Sach- und Streitstandes zum Verfahren S 14 AS 1403/12 sei auch keine Kürzung gerechtfertigt. Beide Verfahren seien getrennt voneinander einer Erledigung zugeführt worden.

22

Eine Dokumentenpauschale könne die Beschwerdegegnerin hingegen nicht beanspruchen. Denn etwaige gebührenauslösende Tätigkeiten seien jedenfalls vor Wirksamwerden der Beiordnung erfolgt. Unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale sowie der Umsatzsteuer ergebe sich nach alldem ein Vergütungsanspruch in Höhe von 750,89 EUR. Abzüglich des Vorschusses (37,13 EUR) und der Zahlung (664,61 EUR) verbleibe ein weiterer Erstattungsanspruch von 49,15 EUR.

23

Gegen den ihm am 11. März 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. März 2016 Beschwerde eingelegt: Mit Beschluss des SG vom 14. April 2014 sei PKH unter Beiordnung der Erinnerungsführerin ab dem 20. Februar 2014 bewilligt und damit ein konkreter Bewilligungszeitraum festgelegt worden. Mit dieser Datumsangabe sei im Beschluss der Umfang der PKH-Bewilligung konstitutiv in einer Weise festgelegt worden, dass der Urkundsbeamte bei der Entscheidung über die Vergütungsfestsetzung hieran gebunden sei und der Beschluss ausschließlich für in der Zukunft liegende Tätigkeiten wirke. Dies folge auch aus § 48 Abs. 1 RVG. Ob die Bewilligung mit Wirkung ab einem früheren Zeitpunkt hätte erfolgen können, obliege der Beurteilung des Gerichts im Bewilligungsverfahren und sei der Beurteilung im Verfahren der Vergütungsfestsetzung entzogen (vgl. auch § 48 Abs. 4 letzter Halbsatz RVG). Darüber hinaus sei der Gebührenanspruch eines beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren nach §§ 183, 184 SGG nicht mit dem eines beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren nach § 197a SGG vergleichbar. In Verfahren, in denen Rahmengebühren entstehen, richteten sich diese gerade nicht am Streitwert aus, sondern an den in § 14 RVG genannten Kriterien. Zur Beurteilung der angemessenen Gebühren seien vorliegend nach § 14 RVG u. a. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommensverhältnisse der Mandanten innerhalb des Bewilligungszeitraumes zu bewerten. Diese stellten sich in der Gesamtheit "sehr unterdurchschnittlich" dar. Nach alldem ergebe sich die durch den Beschwerdeführer im Erinnerungsverfahren vor dem SG angestellte Berechnung (Gesamtbetrag: 446,85 EUR).

24

Der Beschwerdeführer beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

25

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 28. Oktober 2014 und den PKH-Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Dessau-Roßlau am 28. Oktober 2014 abzuändern und die aus der Prozesskostenhilfe an die Beschwerdegegnerin zu erstattende Vergütung auf einen Betrag von insgesamt 446,85 EUR festzusetzen.

26

Die Beschwerdegegnerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

27

die Beschwerde zurückzuweisen.

28

Zur Begründung trägt sie vor, die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr dürfe nur auf einen Missbrauch überprüft werden. Eine Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt sei immer dann billig, wenn sie nicht grob vom Üblichen abweiche. Im Hinblick auf die Verfahrensgebühr seien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als durchschnittlich anzusehen. Die Bedeutung für die Kläger sei wegen einer Rückforderung von 1.780,00 EUR überdurchschnittlich gewesen. Die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger würden durch diese überdurchschnittliche Bedeutung kompensiert. Die vom SG in Ansatz gebrachte Verfahrensgebühr sei demnach angemessen. Im Übrigen sei die Verfahrensgebühr nach dem 20. Februar 2014 durch die Wahrnehmung des Termins am 3. September 2014 und der Mitwirkung bei der Verfahrensbeendigung ausgelöst worden. Es sei unerheblich, dass der Anspruch auf die Verfahrensgebühr auch schon mehrfach vor dem Wirksamwerden der Beiordnung am 20. Februar 2014 entstanden sei, nachdem die Beschwerdegegnerin das Klageverfahren zunächst als Wahlanwältin geführt und dabei verschiedene anwaltliche Tätigkeiten entfaltet habe. Denn gemäß §§ 45, 48 RVG entstehe der Vergütungsanspruch ebenso bei erneuter gebührenauslösender Tätigkeit.

29

Wegen der Terminsgebühr sei zu berücksichtigen, dass die beiden für den 3. September 2014 anberaumten Erörterungstermine nacheinander stattgefunden hätten. Die Terminsgebühr in Höhe von 200,00 EUR sei angemessen. Auch die in Ansatz gebrachte Erledigungsgebühr sei in Höhe von 190,00 EUR erstattungsfähig. Die Einwirkung auf die Klägerin zu 1) erfülle die Voraussetzungen der erforderlichen Mitwirkung.

30

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

31

Die Beschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als sie sich gegen die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr – und dabei insbesondere gegen die Berücksichtigung von vor dem Zeitpunkt der Beiordnung liegenden anwaltlichen Tätigkeiten – wendet. Im Übrigen ist sie (hinsichtlich der beanstandeten Höhe von Termins- und Erledigungsgebühr) unbegründet.

32

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist zwar prinzipiell der Berichterstatter als Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Aufgrund der hier in Rede stehenden Frage, ob sich eine zeitliche Begrenzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Verfahrensgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren auswirkt, hat der Berichterstatter die Sache jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat als Gesamtspruchkörper übertragen.

33

1. Die Beschwerde ist zulässig. Dem steht insbesondere die Vorschrift des § 178 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht entgegen. Durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (Bundesgesetzblatt 2013 Teil I Nr. 55 S. 3533) hat der Gesetzgeber in § 73a Abs. 1 SGG durch Anfügen des Satzes 4 geregelt, dass sich die Vergütung für den beigeordneten Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG richtet. Daraus folgt, dass das RVG und damit insbesondere die dort geregelten Beschwerdemöglichkeiten innerhalb des SGG für die Vergütung im Rahmen der Prozesskostenhilfe anwendbar sind. Die Beschwerdemöglichkeit nach dem RVG in sozialgerichtlichen Verfahren wird auch im RVG nochmals bestätigt. Nach § 1 Abs. 3 RVG in der Fassung vom 23. Juli 2013 gehen die Vorschriften des RVG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen spezialgesetzlicher Verfahrensvorschriften (z.B. des SGG) vor. Aufgrund der Rechtsänderung ist die frühere Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 30. Oktober 2009 – L 4 P 8/09 B, juris) nicht mehr anwendbar (vgl. hierzu schon Landessozialgericht [LSG] Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. November 2015 – L 4 AS 427/15 B).

34

Die Beschwerde ist auch im konkreten Fall statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Nach den mit der Beschwerde geltend gemachten Auffassungen und Berechnungen des Beschwerdeführers würde sich durch die Beschwerde die Kostenfestsetzung gegenüber dem angefochtenen Beschluss des SG um 304,04 EUR (750,89 EUR - 446,85 EUR) zum Nachteil der Beschwerdegegnerin verringern. Auch ist die Beschwerde fristgerecht eingelegt worden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).

35

2. Die Beschwerde ist insoweit begründet, als sich der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr durch das SG – und dabei insbesondere gegen die Berücksichtigung von vor dem Wirksamwerden der PKH-Bewilligung liegenden anwaltlichen Tätigkeiten – wendet.

36

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hatte den Klägern mit Beschluss vom 14. April 2014 (mit Wirkung ab 20. Februar 2014) PKH bewilligt. Die Kläger waren im Ausgangsverfahren S 14 AS 1339/12 kostenprivilegierte Beteiligte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).

37

Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); außerdem ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht abschließend, so dass weitere (unbenannte) Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Für jede Rahmengebühr ist dabei eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sog. "Toleranzgrenze") von 20 % zusteht (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09, juris; Thüringer Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 27. Oktober 2016 – L 6 SF 1611/15 B, juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet hat; in diesem Falle erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren (Thüringer LSG, a. a. O.).

38

b) Bei der Verfahrensgebühr handelt es sich um eine Tätigkeitsgebühr, mit der jede prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwalts abgegolten wird, für die das RVG keine gesonderte Gebühr vorsieht. Sie entsteht für das Betreiben eines Geschäfts einschließlich der Information und gilt u. a. für die Prüfung der Schlüssigkeit der Klage durch den Rechtsanwalt anhand von Rechtsprechung und Literatur, die im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren notwendigen Besprechungen des Rechtsanwalts mit dem Auftraggeber, Dritten, Gericht oder Sachverständigen sowie den Schriftwechsel mit dem Auftraggeber, Dritten, Behörden und dem Gericht, ferner die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln, die Sammlung und den Vortrag des aus der Sicht des Rechtsanwalts relevanten Stoffs sowie das Anbieten von Beweismitteln (Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 210). Der durchschnittliche Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hat sich dabei am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung und dem Ablauf des Verfahrens, hier des sozialgerichtlichen Verfahrens, zu orientieren. Von Bedeutung ist darüber hinaus auch, welchen Einsatz der Rechtsanwalt im Einzelnen erbringen muss. Zu berücksichtigen ist dabei zum Beispiel das Lesen der Verwaltungsentscheidung, die Beratung mit dem Mandanten, das Aktenstudium, das Anfertigen von Notizen, bei Geltendmachung eines Anspruchs die Darlegung, wie sich dieser rechnerisch ermittelt, und zwar unter Eingehung auf die streitigen Rechtsvorschriften sowie die Heranziehung von Kommentarliteratur und einschlägiger Rechtsprechung.

39

Es entspricht dabei allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden (BSG, a. a. O.).

40

c) Nach diesen Grundsätzen wäre der Ansatz der Mittelgebühr durch das SG für die Verfahrensgebühr grundsätzlich nicht zu beanstanden. Wegen der diesbezüglichen Erwägungen, dass – soweit es auf sämtliche anwaltliche Tätigkeiten der Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit dem hier in Rede stehenden Klageverfahren ankäme – von einer Unbilligkeit prinzipiell nicht ausgegangen werden kann, wird entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Erwägungen im Beschluss des SG Bezug genommen.

41

Im Ergebnis ist dennoch von einer Unbilligkeit des Ansatzes der Mittelgebühr auszugehen. Denn – entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin und des SG – sind zur Überzeugung des Senats für die Bestimmung der Verfahrensgebühr nur die anwaltlichen Tätigkeiten der Beschwerdegegnerin zugrunde zu legen, die diese ab dem Wirksamwerden der PKH-Bewilligungsentscheidung entfaltet hat (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 10. Juli 2015 – L 2 SF 11/15 E; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 17. Juli 2008 – L 1 B 127/08 SK, juris). Dies bedeutet, dass die vor dem 20. Februar 2014 angefallenen Tätigkeiten für die Gebührenhöhe nicht relevant sind. Damit sind insbesondere die Erhebung der Klage mit Anwaltsschriftsatz vom 4. Juni 2012, die Akteneinsicht und die Klagebegründung mit Anwaltsschriftsatz vom 10. Juli 2013 keine für die Bestimmung der Verfahrensgebühr maßgebenden Tätigkeiten. Entsprechendes gilt für alle sonstigen vor dem 20. Februar 2014 erfolgten Maßnahmen, insbesondere den damaligen Besprechungen mit den Klägern in Vorbereitung von Klageerhebung und Klagebegründung.

42

Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, dass eine "Kürzung" der Verfahrensgebühr nicht mit dem Argument der zeitlich beschränkten Bewilligung in Betracht komme: Das RVG biete keine Grundlage für eine solche Betrachtungsweise, die auf eine "Quotelung" der Gebühren hinaus liefe, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Vielmehr sei stets der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand zu würdigen, nicht nur der Aufwand nach dem Wirksamwerden der Beiordnung. Dabei falle maßgeblich ins Gewicht, dass das RVG aus Gründen der Kostengerechtigkeit und Vereinfachung vom Grundsatz der Pauschgebühr beherrscht werde und die Gebühren nach § 15 Abs. 1 RVG die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten würden. Auch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (in Verbindung mit § 73a SGG), wonach die Bewilligung von PKH bewirke, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen den Beteiligten nicht geltend machen könnten, spreche gegen eine Kürzung der Verfahrensgebühr in Abhängigkeit vom Beiordnungszeitpunkt. Die zugunsten des bedürftigen Beteiligten eingreifende Forderungssperre würde andernfalls bewirken, dass der Rechtsanwalt einen nicht gerechtfertigten Ausfall hinnehmen müsse (so ausdrücklich Bayerisches LSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – L 15 SF 303/09 B E, juris; s. hierzu im Ergebnis auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. September 2008 – L 19 B 21/08 AS, juris; Thüringer LSG, Beschluss vom 6. März 2008 – L 6 B 198/07 SF, juris sowie 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 9. August 2012 – L 5 SF 2/09 E, juris).

43

Zur Überzeugung des Senats berücksichtigt diese Auffassung indes nicht hinreichend, dass es nach § 45 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 RVG für den Vergütungsanspruch in erster Linie auf die konkrete Bestimmung in den Beschlüssen ankommt, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden sind. Wenn das zuständige Gericht (hier das SG) in seinem Beschluss ausdrücklich eine bestimmte zeitliche Beschränkung aufnimmt, bei der Kostenfestsetzung gleichwohl auch die vor diesem Zeitpunkt angefallenen Tätigkeiten berücksichtigt würden, bedeutete dies faktisch eine "Korrektur" bzw. "Aushebelung" des nach § 48 Abs. 1 RVG maßgebenden Bewilligungs- unter Beiordnungsbeschlusses. Mit der zeitlichen Beschränkung im Rahmen der Bewilligung und Beiordnung hat das SG insoweit die ihm zu diesem Zeitpunkt obliegende Entscheidung darüber getroffen, in welchem (zeitlichen) Umfang die anwaltlichen Tätigkeiten zu berücksichtigen sind. Folgte man der oben dargestellten Auffassung einer nicht in Betracht kommenden "Kürzung" unter dem Gesichtspunkt des Zeitpunkts der Beiordnung wäre dies daher nach der Systematik des RVG zur Überzeugung des Senats bereits bei Abfassung des Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses umzusetzen, nicht aber bei der späteren Kostenfestsetzung. Letzteres würde – wie bereits ausgeführt – faktisch auf eine inhaltliche "Änderung" der Bewilligung und Beiordnung hinauslaufen, wofür jedoch keine Zuständigkeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens mehr gegeben ist. Insbesondere hat der für die Festsetzung zuständige Spruchkörper nicht die inhaltliche Berechtigung einer erfolgten zeitlichen Begrenzung zu prüfen (Hessisches LSG, a. a. O.).

44

Vorliegend hat das SG offenbar darauf abgestellt, dass zwar bereits mit dem Schriftsatz vom 4. Juni 2012 PKH beantragt worden, die Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen zur Glaubhaftmachung allerdings erst am 20. Februar 2014 bei Gericht eingegangen ist. Das SG ist deshalb davon ausgegangen, dass erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Antrag vorgelegen hat (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 73a SGG). Vor diesem Hintergrund kann es dahinstehen, ob aus § 48 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 RVG abzuleiten sein könnte, dass bereits die bloße Beantragung als solche (also ohne Einreichung der erforderlichen "PKH-Unterlagen") für den Beginn der Bewilligung und Beiordnung ausreichend sein soll. Die Vorschrift stellt im Grundsatz auf den "Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe" ab. Der letzte Halbsatz des § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG enthält jedoch die Einschränkung "wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist". In dem Abstellen auf den Zeitpunkt des Eingangs der vollständigen Unterlagen wäre jedenfalls eine solche abweichende Bestimmung durch das SG zu sehen (s. hierzu auch Hessisches LSG, a. a. O.).

45

Zur Überzeugung des Senats greift darüber hinaus der Vergleich mit den streitwertabhängigen Wertgebühren in Verfahren, in denen das GKG anwendbar ist, nicht durch (so aber der 5. des Senat des LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O.). Denn dort ist gerade eine sich allein nach dem Streitwert richtende Pauschalierung des Anspruchs gegeben, der in keiner Weise auf den Umfang der konkreten Tätigkeit des Rechtsanwalts abstellt. Der Gesichtspunkt der Pauschalierung ist demgegenüber in § 14 Abs. 1 RVG deutlich eingeschränkt, indem – neben anderen Kriterien – gerade auch dem Umfang der Tätigkeit ausdrücklich eine wesentliche Bedeutung zuerkannt wird. Aus den oben dargestellten Erwägungen der Maßgeblichkeit der Bewilligungs- und Beiordnungsentscheidung des SG kann es dann in diesem Zusammenhang konsequenterweise nur auf den Umfang ab der Beiordnung ankommen.

46

Soweit darüber hinaus mit der "Sperrwirkung" des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO argumentiert wird, ist nicht über die Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Umständen möglicherweise ergänzende Ansprüche gegen den Beteiligten selbst bestehen könnten. Denn die Entscheidung des in der Sache zuständigen Spruchkörpers über den Umfang der Bewilligung von PKH ist jedenfalls für das Festsetzungsverfahren vorgreiflich und bindend (Hessisches LSG, a. a. O.). Soweit sich aus der Vorschrift eine vollständige "Sperre" ergeben sollte, wäre dies als gesetzgeberische Wertungsentscheidung hinzunehmen.

47

d) Da nach den Ausführungen unter lit. b) die Mittelgebühr allein unter der Prämisse angemessen und billig gewesen wäre, dass auch die Tätigkeiten der Beschwerdegegnerin vor dem Zeitpunkt der Beiordnung Berücksichtigung zu finden hätten, muss nach den Erwägungen unter lit. c) nunmehr – auch unter Berücksichtigung der "Toleranzgrenze" von 20 % – von der Unbilligkeit des Ansatzes der Mittelgebühr für die Verfahrensgebühr ausgegangen werden. Denn – wie bereits dargelegt – fand der Großteil der anwaltlichen Maßnahmen (insbesondere Erhebung und Begründung der Klage, Akteneinsicht) vor dem Beiordnungszeitpunkt statt.

48

Mithin ist nicht auf die Bestimmung durch die Beschwerdegegnerin abzustellen, sondern auf die nach Auffassung des Senats angemessene Verfahrensgebühr. Der Senat hält aus den vorgenannten Erwägungen insoweit den vom Beschwerdeführer in Ansatz gebrachten Betrag von 85,00 EUR (Hälfte der Mittelgebühr) für angemessen. Demgemäß beträgt die Erhöhung um 0,3 für einen weiteren Streitgenossen nach Nr. 1008 VV RVG lediglich noch 25,50 EUR.

49

3. Soweit der Beschwerdeführer auch einen geringeren Ansatz der Terminsgebühr (150,00 EUR statt der Mittelgebühr von 200,00 EUR) sowie der Erledigungsgebühr (95,00 EUR statt der Mittelgebühr von 190,00 EUR) begehrt, ist die Beschwerde nicht begründet. Das Gericht folgt hinsichtlich des Anfallens und der Höhe dieser Gebühren den zutreffenden Ausführungen des SG und macht sich diese nach eigener Prüfung entsprechend § 153 Abs. 2 SGG zu Eigen. Darüber hinaus hatte bereits im Beschluss des SG die ursprünglich von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Dokumentenpauschale aus den dort ausgeführten zutreffenden Erwägungen keine Berücksichtigung gefunden.

50

4. Damit ergibt sich – unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale sowie der Umsatzsteuer – für die aus der Prozesskostenhilfe an die Beschwerdegegnerin zu erstattende Vergütung folgende Berechnung:

51

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103, 3102 VV RVG:

85,00 EUR

Erhöhung um 0,3 gemäß Nr. 1008 VV RVG:

25,50 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG:

200,00 EUR

Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006, 1005, 1002 VV RVG:

 190,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG:

 20,00 EUR

        

520,50 EUR

19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG:

98,90 EUR

                 

Gesamtbetrag:

619,40 EUR

52

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 RVG).

53

Dieser Beschluss ist endgültig (§ 178 Abs. 1 SGG).


(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes genannten Personen gehört; im Verfahren nach § 201 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes werden die Gebühren immer nach dem Gegenstandswert berechnet. In Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 202 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes) werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.