Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Aug. 2011 - 5 AZR 490/10

published on 17/08/2011 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Aug. 2011 - 5 AZR 490/10
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 2010 - 4 Sa 1481/09 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 5. November 2009 - 4 Ca 2248/08 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.946,33 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. November 2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die weitergehende Berufung des Klägers und die weitergehende Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.

4. Der Kläger hat die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Köln entstandenen Mehrkosten zu tragen. Von den übrigen Kosten der ersten Instanz und den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 49 % und die Beklagte 51 % zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 27 % und die Beklagte zu 73 % zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte als Hauptunternehmerin nach § 1a Arbeitnehmer-Entsendegesetz in der vom 1. Juli 2007 bis zum 23. April 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: AEntG aF) in Anspruch.

2

Die Beklagte führte das Bauvorhaben R in B durch. Sie betraute mit der Erstellung des Rohbaus eine Ro, die ihrerseits Arbeiten an die in Rumänien ansässige Firma Z vergab. Bei dieser war der 1971 geborene Kläger, der rumänischer Staatsangehöriger ist, angestellt. Er wurde in den Monaten Mai und Juni 2008 auf der Baustelle R eingesetzt. Hierfür erteilte ihm die Bundesagentur für Arbeit eine „Arbeitserlaubnis-EU“ als Einschaler. Ferner erhielt der Kläger eine „Bescheinigung E-101“ als Nachweis dafür, dass er während der Dauer seiner Entsendung im rumänischen System der sozialen Sicherheit verblieb. Für seine Arbeit in den Monaten Mai und Juni 2008 zahlten dem Kläger seine Arbeitgeberin einen Abschlag iHv. 800,00 Euro und die Beklagte über den nachmaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers 500,00 Euro.

3

Anlässlich der Auszahlung von 500,00 Euro an den Kläger und 36 weitere Arbeitnehmer der Z, die in einem Dienstgebäude des Hauptzollamts Köln in Anwesenheit einer Dolmetscherin erfolgte und vom Westdeutschen Rundfunk gefilmt wurde, unterschrieb der Kläger folgendes Schriftstück:

        

„Vollmacht

        

Hiermit bevollmächtige ich die Kanzlei Dr. M, mich außergerichtlich sowie auch prozessrechtlich für alle Verfahren gegenüber der Firma O bzw. deren Nachunternehmer zu vertreten. Die Vollmacht erstreckt sich ausdrücklich auch auf die Entgegennahme von Geldern und zu erstattenden Kosten.

        

B,    

€ 500,00 in bar erhalten

        

den 02.07.2008

        
        

…“    

        
4

Mit der am 21. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger unter Bezugnahme auf von ihm selbst geführte Stundenzettel vorgetragen, insgesamt 483 Stunden auf der Baustelle R gearbeitet, zumindest aber die in den Stundenaufzeichnungen der Arbeitgeberin ausgewiesenen 379 Stunden geleistet zu haben. Für die von ihm verrichteten Facharbeitertätigkeiten als Einschaler stehe ihm der Mindestlohn 2 nach dem durch die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 29. August 2005 (BAnz. Nr. 164 vom 31. August 2005 S. 13199) auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckten Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 29. Juli 2005 (TV Mindestlohn) zu. Von dem Bruttomindestentgelt seien außer den erhaltenen Abschlägen lediglich Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag nach deutschem Recht, nicht aber Sozialversicherungsbeiträge abzusetzen. So sei auch die Arbeitgeberin bis April 2008 bei Kollegen des Klägers verfahren.

5

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.830,80 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2008 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers erstinstanzlich vorgelegte Vollmacht habe ihn nicht zur Vertretung in einem gegen die Beklagte gerichteten Rechtsstreit legitimiert. Sie hat die vom Kläger behauptete Tätigkeit auf der Baustelle R nach Art und Umfang mit Nichtwissen bestritten und gemeint, zur Ermittlung des allenfalls von ihr geschuldeten Nettoentgelts seien die Arbeitnehmeranteile zur deutschen, zumindest aber diejenigen zur rumänischen Sozialversicherung abzusetzen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage teilweise stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu weitgehend stattgegeben. Bei der Ermittlung des Nettoentgelts nach § 1a Satz 2 AEntG aF sind die vom Kläger zu tragenden Arbeitnehmeranteile zur rumänischen Sozialversicherung zu berücksichtigen.

9

I. Die Klage ist zulässig.

10

1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts angenommen, die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers auf die Rüge der Beklagten erstinstanzlich vorgelegte Vollmacht berechtige ihn zur Führung eines Zahlungsprozesses gegen die Beklagte. Dabei kann das Revisionsgericht die in der Vollmachtsurkunde enthaltene prozessuale Willenserklärung selbst auslegen (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 60 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 76). Die Auslegung darf auch im Prozessrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Es kommt darauf an, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners objektiv hat (vgl. BGH 11. November 1993 - VII ZB 24/93 - zu II 1 a der Gründe, NJW - RR 1994, 568; BAG 28. August 2008 - 2 AZR 279/07 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 67 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 86).

11

Bei verständiger Betrachtung ist das mit „Vollmacht“ überschriebene Schriftstück nicht nur eine Quittung für die in bar erhaltenen 500,00 Euro, sondern auch eine Prozessvollmacht, die eine gerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten als der „echten“ Hauptunternehmerin abdecken soll. Der Kläger wollte seine Ansprüche aus der Erbringung der Arbeitsleistung auf der Baustelle R gegen alle denkbaren Anspruchsgegner durchgesetzt wissen. Entsprechend weit ist die Vollmacht gefasst. Sie bezieht sich nicht auf ein einzelnes Unternehmen, sondern die gesamte für das Bauvorhaben tätig gewordene Unternehmenskette. Die Rechtsverfolgung liefe gänzlich ins Leere, wenn sich die Vollmacht auf ein Vorgehen gegen eine unstreitig unter der Firmierung „O“ nicht existente Gesellschaft beschränkte. Dass die Beklagte - als Kopf der beteiligten Unternehmenskette - primär in Anspruch genommen werden sollte, folgt zudem aus der ausdrücklichen Erstreckung der Vollmacht auf die Entgegennahme von Geldern. Die gleichzeitig quittierte Abschlagszahlung von 500,00 Euro kam unstreitig von der Beklagten.

12

2. Die auf eine Nettolohnzahlung gerichtete Klage ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. § 1a AEntG aF enthält eine gesetzliche Sonderregelung, die eine Nettolohnklage in Höhe der sich im Jahr des Tätigwerdens ergebenden Vergütung zulässt(BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 617/01 - zu I 3 der Gründe, BAGE 113, 149).

13

II. Die Klage ist teilweise begründet.

14

Die Beklagte haftet dem Kläger nach § 1a Satz 1 AEntG aF auf das Mindestentgelt, das der Kläger von seiner Arbeitgeberin für die Arbeitsleistung auf der Baustelle R beanspruchen kann. Dieses Mindestentgelt umfasst nach § 1a Satz 2 AEntG aF das Nettoentgelt. Das ist nach der gesetzlichen Definition der Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an den Kläger auszuzahlen ist. Zu den Abzugsposten gehören auch die vom Kläger zu tragenden Arbeitnehmeranteile zur rumänischen Sozialversicherung.

15

1. Die Voraussetzungen einer gesetzlichen Bürgenhaftung der Beklagten für Mindestentgeltansprüche des Klägers gegen seine Arbeitgeberin liegen vor.

16

a) Nach § 1a Satz 1 AEntG aF haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers oder eines Nachunternehmers zur Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage(§ 771 BGB) verzichtet hat.

17

Die Beklagte stellt nicht in Abrede, Unternehmer iSd. Norm zu sein (zu der gegenüber § 14 BGB gebotenen einschränkenden Auslegung des Begriffs, vgl. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 617/01 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 113, 149). Sie hat die Baustelle R betrieben und mit der Ro einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werkleistungen beauftragt, der dafür wiederum die Arbeitgeberin des Klägers einschaltete. Die Bürgenhaftung aus § 1a AEntG aF besteht für Ansprüche gegen die gesamte Nachunternehmerkette, also auch für solche gegen einen (Sub-)Subunternehmer(ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 14 AEntG Rn. 3; Mohr in Thüsing AEntG § 14 Rn. 17).

18

b) § 1a Satz 1 AEntG aF ist mit Unionsrecht vereinbar und verstößt auch nicht gegen das Grundgesetz(EuGH 12. Oktober 2004 - C - 60/03 - [Wolff & Müller] Slg. 2004, I-9553; BVerfG 20. März 2007 - 1 BvR 1047/05 - EzAÜG GG Nr. 9; BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 617/01 - BAGE 113, 149). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Haftung des Hauptunternehmers nach § 1a AEntG aF entsprechend dem Gesetzeswortlaut auch im Fall der Insolvenz des Nachunternehmers besteht oder dem Art. 12 Abs. 1 GG entgegensteht(ausdrücklich offengelassen: BVerfG 20. März 2007 - 1 BvR 1047/05 - zu IV 2 b) bb) (4) (b) der Gründe, aaO; BAG 8. Dezember 2010 - 5 AZR 95/10 - Rn. 18, AP AEntG § 1a Nr. 4 = EzA AEntG § 1a Nr. 7). Auf eine Insolvenz der Arbeitgeberin des Klägers und einen darauf gestützten Wegfall ihrer Haftung hat die Beklagte sich nicht berufen.

19

c) Im Baugewerbe war in den streitbefangenen Monaten ein Mindestentgelt iSv. § 1a Satz 1 AEntG aF zu zahlen. Dieses ergab sich aus dem TV Mindestlohn, der durch die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 29. August 2005 (BAnz. Nr. 164 vom 31. August 2005 S. 13199, im Folgenden: 5. MindestlohnVO Bau) auf alle nicht „an ihn“ - also den TV Mindestlohn - gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt wurde und dessen Rechtsnormen auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und deren auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer international zwingend gemäß Art. 34 EGBGB aF Anwendung fand. Die VO 593/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) ist nach ihrem Art. 28 erst auf Verträge anzuwenden, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind.

20

d) Die 5. MindestlohnVO Bau war - was auch die Beklagte nicht bezweifelt - von der Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG aF gedeckt(vgl. BVerfG 18. Juli 2000 - 1 BvR 948/00 - zu II 3 der Gründe, AP AEntG § 1 Nr. 4 = EzA GG Art. 9 Nr. 69 und 26. November 2003 - 1 BvR 908/03 -; ErfK/Schlachter 9. Aufl. § 1 AEntG Rn. 14; Koberski/Asshoff/Eustrup/Winkler 3. Aufl. § 7 AEntG Rn. 15 ff., jeweils mwN; zur Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 aA: OVG Berlin-Brandenburg 18. Dezember 2008 - OVG 1 B 13/08 - Rn. 44 ff., SAE 2009, 167; in der Revisionsinstanz offengelassen: BVerwG 28. Januar 2010 - 8 C 19/09 - BVerwGE 136, 54). Aus dem Gesamtzusammenhang der Norm ergibt sich, dass mit dem Merkmal „nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer“ in § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG aF - wie der Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 Satz 1 AEntG nF klargestellt hat - die nicht an den zu erstreckenden Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 TVG gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeint sind.

21

e) Der Kläger hat gegen seine Arbeitgeberin Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns 2 nach § 2 TV Mindestlohn für die vom Landesarbeitsgericht festgestellten 379 Arbeitsstunden. Das ergibt einen Betrag von 4.737,50 Euro brutto.

22

aa) Der Mindestlohn 2 wird gemäß dem Anhang zum TV-Mindestlohn geschuldet für fachlich begrenzte Arbeiten (Teilleistungen eines Berufsbilds oder angelernte Spezialtätigkeiten) nach Anweisung. Der Kläger verfügt als gelernter Schreiner über die tarifliche Regelqualifikation. Ihm war eine Arbeitserlaubnis - EU (§ 284 SGB III) als Einschaler erteilt worden. Nach den von der Revision nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 ZPO) führte er im Zuge der Errichtung des Rohbaus durch seine Arbeitgeberin nach Anweisung Arbeiten aus dem Bereich der Schreinerei und der Betongießerei aus. Die Arbeit als Schalungsbauer (Einschaler) entspricht dem tariflichen Tätigkeitsbeispiel Nr. 12 für die Lohngruppe 2.

23

bb) Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme angenommen, der Kläger habe auf der Baustelle R in den Monaten Mai und Juni 2008 entsprechend den Aufzeichnungen seiner Arbeitgeberin insgesamt 379 Stunden gearbeitet. Die dagegen erhobene Rüge der Revision greift nicht durch. Das Landesarbeitsgericht hat weder die Anforderungen an die Darlegungslast verkannt, noch sind ihm bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen. Zudem hätte es einer Beweisaufnahme nicht bedurft. Der Sachvortrag des Klägers zu den von ihm geleisteten Arbeitsstunden ist unstreitig, § 138 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO. Die Beklagte durfte ihn nicht mit Nichtwissen bestreiten.

24

Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Dabei ist in Rechtsprechung und Schriftum anerkannt, dass nicht nur Handlungen und Wahrnehmungen der gesetzlichen Vertreter einer Partei, sondern auch Vorgänge im eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich den eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen iSv. § 138 Abs. 4 ZPO gleichzustellen sind. Eine Partei kann sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbereichs ihren prozessualen Erklärungspflichten entziehen, sondern muss innerhalb desselben Erkundigungen anstellen (BAG 2. August 2006 - 10 AZR 688/05 - Rn. 26 f., BAGE 119, 170; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 138 Rn. 16, jeweils mwN). Die Beklagte hatte sich für das von ihr auszuführende Bauvorhaben durch den Einsatz von (Sub-)Subunternehmen einer arbeitsteiligen Organisation bedient und unstreitig durchgehend eigene Arbeitskräfte (Bauleiter und Poliere) auf der Baustelle im Einsatz. Wie bei einem Einsatz eigener Arbeitnehmer traf sie deshalb eine Erkundigungspflicht über die Arbeitsstunden, die der Kläger bei einer unter der (Gesamt-)Leitung der Beklagten tätig gewordenen Firma geleistet hat (vgl. auch BGH 7. Oktober 1998 - VIII ZR 100/97 - NJW 1999, 53).

25

f) Auf einen Verfall des Mindestlohnanspruchs des Klägers gegen seine Arbeitgeberin nach § 2 Abs. 5 TV Mindestlohn hat die Beklagte sich nicht berufen. Die Einhaltung einer tariflichen Ausschlussfrist ist weder von Amts wegen zu berücksichtigen noch eine der Schlüssigkeitsprüfung unterliegende anspruchsbegründende Tatsache. Vielmehr handelt es sich bei ihrer Nichteinhaltung um eine rechtsvernichtende Einwendung, deren Anwendbarkeit vom Schuldner darzulegen ist. Erst wenn dies geschehen ist oder die maßgeblichen Tatsachen unstreitig sind, hat der Gläubiger die Voraussetzungen der Anspruchserhaltung (wie zB schriftliche Geltendmachung) darzulegen.

26

2. Nach § 1a Satz 2 AEntG aF umfasst das Mindestentgelt iSd. Satzes 1 den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist. Bei der Ermittlung dieses Nettoentgelts kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, welchen Betrag der Arbeitgeber tatsächlich ausgezahlt hat. Entscheidend ist allein der nach dem für den betreffenden Arbeitnehmer maßgeblichen Steuer- und Sozialversicherungsrecht zur Auszahlung verbleibende Betrag des Mindestentgelts.

27

a) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht vom Bruttomindestentgelt die bereits vom Kläger selbst berücksichtigte Lohnsteuer nebst dem Solidaritätszuschlag - als einer Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer - nach deutschem Steuerrecht mit einem Betrag von insgesamt 756,86 Euro entsprechend den vom Kläger zur Akte gereichten und von der Beklagten nicht beanstandeten Einzelauskünften abgesetzt. Der Kläger unterlag während seines Einsatzes auf der Baustelle R ausschließlich dem inländischen Einkommensteuerrecht. Das folgt aus Art. 5 und Art. 15 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern von Einkommen und vom Vermögen vom 4. Juli 2001 (BGBl. II 2003 S. 1594) und steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

28

b) Von dem Bruttomindestentgelt sind weiter die vom Kläger zu tragenden Arbeitnehmeranteile zur rumänischen Sozialversicherung abzuziehen.

29

aa) Für den in Rumänien wohnhaften Kläger galt während seiner Tätigkeit auf der Baustelle in B aufgrund der zeitlich befristeten Entsendung durch seine in Rumänien ansässige Arbeitgeberin das rumänische Sozialversicherungsrecht, Art. 14 Abs. 1 Buchst. a VO 1408/71/EWG, die für Rumänien seit dem 1. Januar 2007 verbindlich war (vgl. Art. 52 des Protokolls über die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme der Republik Bulgarien und Rumäniens in die EU, ABl. EU L 157 vom 21. Juni 2005 S. 29 ff.) und - unionsweit - erst zum 1. Mai 2010 von der VO 883/2004/EG abgelöst worden ist. Davon hat der Senat ohne nähere Prüfung wegen der dem Kläger erteilten Bescheinigung E-101 auszugehen (zur Bindungswirkung dieser Bescheinigung auch für die Gerichte des Gaststaats s. EuGH 26. Januar 2006 - C - 2/05 - [Herbosch Kiere] Rn. 33, Slg. 2006, I-1079).

30

bb) Unterliegt der Gläubiger der Haftung nach § 1a AEntG aF ausländischem Sozialversicherungsrecht, kommt entgegen der Auffassung der Beklagten die Berücksichtigung von - fiktiven - Beiträgen zur deutschen Sozialversicherung bei der Ermittlung des Nettoentgelts nach § 1a Satz 2 AEntG nicht in Betracht. Die Norm stellt auf die vom Gläubiger tatsächlich zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung ab und will nicht fiktive Beiträge anrechnen, denen keine gleichwertigen sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche gegenüberstehen, weil das zugrunde liegende Sozialversicherungsrecht überhaupt keine Anwendung findet (Temming jurisPR-ArbR 42/2010 Anm. 3). Dementsprechend hat im Gesamthaftungssystem der Bauunternehmer nach § 28e Abs. 3a Satz 2 SGB IV nicht für die zur deutschen Sozialversicherung, sondern (nur) für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge zu haften.

31

cc) Die Höhe des vom Kläger zu tragenden Anteils zur rumänischen Sozialversicherung betrug im streitbefangenen Zeitraum 15,5 % des Bruttolohns. Das haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Danach sind 734,31 Euro vom Bruttomindestentgelt abzuziehen.

32

c) Unter Berücksichtigung von Abschlägen in einer Gesamthöhe von 1.300,00 Euro haftet die Beklagte damit nach § 1a AEntG aF auf ein Nettoentgelt iHv. 1.946,33 Euro.

33

3. Für seine Forderung kann der Kläger nach § 291 BGB Prozesszinsen ab dem 22. November 2008 beanspruchen. Frühere Verzugszinsen stehen ihm nicht zu, weil er die Beklagte nicht durch eine Mahnung in Verzug gesetzt hat, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Mahnung war nicht entbehrlich iSv. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil § 1a AEntG aF eine Haftung für eigene Schuld des Hauptunternehmers begründet, die nicht zeitgleich und kalendermäßig bestimmt(§ 2 Abs. 4 TV Mindestlohn) mit dem Anspruch auf das Mindestentgelt des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber fällig wird.

34

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17b Abs. 2 Satz 2 GVG.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

23 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Annotations

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Ziele des Gesetzes sind die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die Gewährleistung fairer und funktionierender Wettbewerbsbedingungen durch die Erstreckung der Rechtsnormen von Branchentarifverträgen. Dadurch sollen zugleich sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten und die Ordnungs- und Befriedungsfunktion der Tarifautonomie gewahrt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Ziele des Gesetzes sind die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die Gewährleistung fairer und funktionierender Wettbewerbsbedingungen durch die Erstreckung der Rechtsnormen von Branchentarifverträgen. Dadurch sollen zugleich sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten und die Ordnungs- und Befriedungsfunktion der Tarifautonomie gewahrt werden.

(1) Auf gemeinsamen Antrag der Parteien eines Tarifvertrages im Sinne von § 4 Absatz 1 sowie §§ 5 und 6 kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrages auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung finden, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint, um die in § 1 genannten Gesetzesziele zu erreichen. Satz 1 gilt nicht für tarifvertragliche Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 1a.

(2) Kommen in einer Branche mehrere Tarifverträge mit zumindest teilweise demselben fachlichen Geltungsbereich zur Anwendung, hat der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung nach Absatz 1 im Rahmen einer Gesamtabwägung ergänzend zu den in § 1 genannten Gesetzeszielen die Repräsentativität der jeweiligen Tarifverträge zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Repräsentativität ist vorrangig abzustellen auf

1.
die Zahl der von den jeweils tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigten unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
2.
die Zahl der jeweils unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Mitglieder der Gewerkschaft, die den Tarifvertrag geschlossen hat.

(3) Liegen für mehrere Tarifverträge Anträge auf Allgemeinverbindlicherklärung vor, hat der Verordnungsgeber mit besonderer Sorgfalt die von einer Auswahlentscheidung betroffenen Güter von Verfassungsrang abzuwägen und die widerstreitenden Grundrechtsinteressen zu einem schonenden Ausgleich zu bringen.

(4) Vor Erlass der Rechtsverordnung gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, den Parteien des Tarifvertrages sowie in den Fällen des Absatzes 2 den Parteien anderer Tarifverträge und paritätisch besetzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber zumindest teilweise im Geltungsbereich der Rechtsverordnung festlegen, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung.

(5) Wird in einer Branche nach § 4 Absatz 1 erstmals ein Antrag nach Absatz 1 gestellt, wird nach Ablauf der Frist nach Absatz 4 der Ausschuss nach § 5 Absatz 1 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes (Tarifausschuss) befasst. Stimmen mindestens vier Ausschussmitglieder für den Antrag oder gibt der Tarifausschuss innerhalb von zwei Monaten keine Stellungnahme ab, kann eine Rechtsverordnung nach Absatz 1 erlassen werden. Stimmen zwei oder drei Ausschussmitglieder für den Antrag, kann eine Rechtsverordnung nur von der Bundesregierung erlassen werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Tarifverträge nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 bis 8.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Soweit nach Maßgabe des Beitrittsvertrages eines Mitgliedstaates zur Europäischen Union abweichende Regelungen als Übergangsregelungen von der Arbeitnehmerfreizügigkeit anzuwenden sind, dürfen Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates und ihre freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur ausüben sowie von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen.

(2) Die Genehmigung wird befristet als Arbeitserlaubnis-EU erteilt, wenn nicht Anspruch auf eine unbefristete Erteilung als Arbeitsberechtigung-EU besteht. Die Genehmigung ist vor Aufnahme der Beschäftigung einzuholen.

(3) Die Arbeitserlaubnis-EU kann nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden.

(4) Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nach Absatz 1 und ihre freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und eine Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen wollen, darf eine Arbeitserlaubnis-EU nur erteilt werden, wenn dies durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt oder aufgrund einer Rechtsverordnung zulässig ist. Für die Beschäftigungen, die durch Rechtsverordnung zugelassen werden, ist Staatsangehörigen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Absatz 1 gegenüber Staatsangehörigen aus Drittstaaten vorrangig eine Arbeitserlaubnis-EU zu erteilen, soweit dies der EU-Beitrittsvertrag vorsieht.

(5) Die Erteilung der Arbeitsberechtigung-EU bestimmt sich nach der aufgrund des § 288 erlassenen Rechtsverordnung.

(6) Das Aufenthaltsgesetz und die aufgrund des § 42 des Aufenthaltsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten entsprechend, soweit nicht eine aufgrund des § 288 erlassene Rechtsverordnung günstigere Regelungen enthält. Bei Anwendung der Vorschriften steht die Arbeitsgenehmigung-EU der Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes gleich.

(7) Ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung, der vor dem Tag, an dem der Beitrittsvertrag eines Mitgliedstaates zur Europäischen Union, der Übergangsregelungen hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorsieht, für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist, erteilt wurde, gilt als Arbeitserlaubnis-EU fort. Beschränkungen des Aufenthaltstitels hinsichtlich der Ausübung der Beschäftigung bleiben als Beschränkungen der Arbeitserlaubnis-EU bestehen. Ein vor diesem Zeitpunkt erteilter Aufenthaltstitel, der zur unbeschränkten Ausübung einer Beschäftigung berechtigt, gilt als Arbeitsberechtigung-EU fort.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Ist ein Träger der Kranken- oder Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitgeber, gilt der jeweils für diesen Leistungsträger oder, wenn eine Krankenkasse der Arbeitgeber ist, auch der für die Pflegekasse bestimmte Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als gezahlt; dies gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung auch im Verhältnis der Träger der Rentenversicherung untereinander.

(2) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(2a) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht, die sich für den Arbeitgeber knappschaftlicher Arbeiten im Sinne von § 134 Absatz 4 des Sechsten Buches ergibt, haftet der Arbeitgeber des Bergwerkbetriebes, mit dem die Arbeiten räumlich und betrieblich zusammenhängen, wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers von Seeleuten nach § 13 Absatz 1 Satz 2 haften Arbeitgeber und Reeder als Gesamtschuldner.

(3a) Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Absatz 2 des Dritten Buches beauftragt, haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Satz 1 gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Haftung nach Absatz 3a entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 6a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz. AT 19.02.2019 B2) erfüllt.

(3c) Ein Unternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Unternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Kann der Auskunftsanspruch nach Satz 1 nicht durchgesetzt werden, hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Firma und Anschrift aller Unternehmer, die von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurden, zu benennen.

(3d) Absatz 3a gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275 000 Euro, wobei für Schätzungen die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung gilt.

(3e) Die Haftung des Unternehmers nach Absatz 3a erstreckt sich in Abweichung von der dort getroffenen Regelung auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen, wenn die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der Haftung nach Absatz 3a ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich. Ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, das als Umgehungstatbestand anzusehen ist, ist in der Regel anzunehmen,

a)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder
b)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder
c)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.
Besonderer Prüfung bedürfen die Umstände des Einzelfalles vor allem in den Fällen, in denen der unmittelbare Nachunternehmer seinen handelsrechtlichen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat.

(3f) Der Unternehmer kann den Nachweis nach Absatz 3b Satz 2 anstelle der Präqualifikation auch für den Zeitraum des Auftragsverhältnisses durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstellen für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten.

(3g) Für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt, gelten die Absätze 3a, 3b Satz 1, 3e und 3f entsprechend. Absatz 3b Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Präqualifikation die Voraussetzung erfüllt, dass der Nachunternehmer in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 (ABl. L 337 vom 19.12.2017, S. 19) geändert worden ist, entsprechen. Für einen Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördert, gilt Absatz 3c entsprechend. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist

a)
die Beförderung adressierter Pakete mit einem Einzelgewicht von bis zu 32 Kilogramm, soweit diese mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfolgt,
b)
die stationäre Bearbeitung von adressierten Paketen bis zu 32 Kilogramm mit Ausnahme der Bearbeitung im Filialbereich.

(3h) Die Bundesregierung berichtet unter Beteiligung des Normenkontrollrates zum 31. Dezember 2023 über die Wirksamkeit und Reichweite der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragen, insbesondere über die Haftungsfreistellung nach Absatz 3b und Absatz 3f Satz 1.

(4) Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).

(5) Die Satzung der Einzugsstelle kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen vom Arbeitgeber Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag verlangt werden können.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:

1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar.
2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.

(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt,
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Satz 1 Nr. 1 gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist. Die in § 38 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beschränkungen finden keine Anwendung.

(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.

(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.