Arbeitsgericht Mannheim Urteil, 17. März 2015 - 8 Ca 233/14

bei uns veröffentlicht am17.03.2015

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 295.058,82.

4. Soweit die Berufung nicht von Gesetzes wegen zulässig ist, wird sie nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

 
A.
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus einer vertraglich vereinbarten Mitarbeiterbeteiligung sowie im Wege der Stufenklage um Erteilung von Auskünften, Richtigkeitsversicherung und Abrechnung.
Der Kläger war auf Grund des Anstellungsvertrages vom 30. Mai 2001, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Akten-Bl. 17 ff.), seit dem 01. Juni 2001 bei der Firma 20/10 P. V. ... GmbH (fortan PV GmbH) als IT-Systembetreuer beschäftigt. Im Jahr 2005 wurde diese Gesellschaft rechtsformwechselnd in die 20/10 P. V. AG (fortan PV AG) umgewandelt. In einem weiteren Schritt wurde im Januar 2009 durch Ausgliederung aus dieser Aktiengesellschaft die 20/10 P. V. O. GmbH geschaffen, wobei die von der Umwandlung betroffenen Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter der PV AG - wie auch das des Klägers - ausweislich des Unterrichtungsschreibens vom 09. Februar 2009 (Akten-Bl. 45 ff.) auf die neu gegründete 20/10 P. V. O. GmbH nach § 613 a BGB übergegangen sind. Ebenfalls noch im Jahr 2009 wurde diese 20/10 P. V. O. GmbH auf die nunmehrige Beklagte, also die T. P. V. GmbH, nach den Vorgaben des Umwandlungsgesetzes im Wege eines Joint-Ventures mit einem Konzernunternehmen des Marktkonkurrenten B.+ L. I. (fortan B + L) rechtsnachfolgend verschmolzen. An dem Stammkapital der Beklagten war die PV AG zunächst mit 36,7 % beteiligt; die übrigen Anteile wurden von der B + L gehalten. Seit Januar 2013 ist die PV AG nicht mehr Gesellschafterin der Beklagten, nachdem sie ihre Anteile an der Beklagten an die B + L veräußerte. Unter dem Datum vom 28.01.2013 erschien hierzu eine Pressemitteilung der B + L (Akten-Bl. 37), ausweislich derer sie die Übernahme der Beklagten abgeschlossen hat.
Der Kläger schied Ende des Jahres 2010 aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Mit seiner vormaligen Arbeitgeberin, der PV GmbH, schloss der Kläger - wie auch mindestens weitere acht Arbeitnehmer mit wortgleicher Fassung - mit Datum vom 28. Februar 2005 eine Zusatzvereinbarung über eine Mitarbeiterbeteiligung ab. Diese Zusatzvereinbarung erhält auszugsweise folgende Regelungen:
1. Vorbemerkung
Die 20/10 P. V. ... GmbH mit Sitz in H. („GmbH“) beabsichtigt, ihre Mitarbeiter am Erfolg der GmbH zu beteiligen, um eine längerfristige Bindung der Mitarbeiter an die GmbH zu erreichen. Dies ist der ausschließliche Zweck der nachfolgenden Vereinbarung, die insbesondere keine Vergütung für bisher oder zukünftig geleistete Dienste darstellt und auch keinen gehaltsähnlichen Charakter hat. Die GmbH wird sich zu diesem Zweck gegenüber den Mitarbeitern verpflichten, für den Fall der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile durch die Gesellschafter den Veräußerungserlös eines virtuellen Geschäftsanteils (nachfolgend: „virtueller Geschäftsanteil“) an die begünstigten Mitarbeiter abzuführen. Die Beteiligung der Mitarbeiter der GmbH am Unternehmenserfolg soll durch eine finanzielle Beteiligung an diesem Erlös und durch eine Beteiligung an Ausschüttungen erfolgen.
2. Virtueller Geschäftsanteil
Die GmbH verfügt zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Vereinbarung über ein Stammkapital in Höhe von nominal Euro 76.050,00. Der virtuelle Geschäftsanteil beträgt nominal Euro 3.802,50, zur Zeit 5 % des Stammkapitals. …
3. Beteiligung des Mitarbeiters am „Veräußerungserlös“ für den virtuellen Geschäftsanteil
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a) Die finanzielle Beteiligung des Mitarbeiters wird in Punkten ausgedrückt, die an den jeweiligen Mitarbeiter als freiwillige Leistung der Gesellschaft vergeben werden können und den Anteil des Mitarbeiters am nachfolgend definierten „Veräußerungserlös“ für den virtuellen Geschäftsanteil und an den rechnerisch auf den virtuellen Geschäftsanteil entfallenden Ausschüttungen ausdrücken.
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Veräußerungserlös“ im Sinne dieser Vereinbarung ist der durchschnittliche Kaufpreis, den ein Geschäftsanteil der GmbH mit demselben Nominalbetrag (3.802,50 Euro) im Verkaufsfall (vgl. hierzu unter lit. b) erzielt hätte, gemindert um alle Kosten und Aufwendungen (z.B. Erfolgsprovision eines Vermittlers, usw.), die bei der Veräußerung eines entsprechenden Geschäftsanteils durch die Gesellschafter entstanden wären. Maßgeblich hierfür sind die von den Gesellschaftern mit einem Käufer abgeschlossenen Vereinbarungen, der dort vereinbarte Kaufpreis ist also entscheidend. Auch hier gilt als Vergleichsmaßstab der Veräußerungsvorgang der Gesellschafter.
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b) Der Verkaufsfall liegt vor, wenn
13 
(1) alle Geschäftsanteile der Gesellschaft durch die Gesellschafter veräußert werden,
(2) und ein tatsächlicher Zahlungseingang des vereinbarten Kaufpreises bei den Gesellschaftern (bzw. Einbuchung von Anteilen oder Rechten, die als Gegenleistung vereinbart wurden) für die Veräußerung ihrer Geschäftsanteile vorliegt.
14 
Eine wie auch immer geartete Verpflichtung der Gesellschafter zur Veräußerung von Geschäftsanteilen besteht nicht.
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c) Der Mitarbeiter erhält ferner für die Dauer seines Anstellungsverhältnisses und bis zum Verkaufsfall eine finanzielle Beteiligung an Ausschüttungen, die auf den virtuellen Geschäftsanteil erfolgen würden, ebenfalls in Höhe von 200 Punkten. …
16 
Ausschüttungen der GmbH sind auf absehbare Zeit nicht geplant. Nach dem Verkaufsfall erlischt das Recht des Mitarbeiters auf Ausschüttungen. …
17 
4. Anteile oder Rechte als Gegenleistung im Verkaufsfall
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Besteht die Gegenleistung im Verkaufsfall nicht in Geld, sondern in Anteilen oder sonstigen Rechten an einem Rechtsträger, so gelten die Vorschriften dieser Vereinbarung mit der Maßgabe entsprechend, dass die Beteiligung des Mitarbeiters am Veräußerungserlös nicht in Geld, sondern in Anteilen oder Rechten in entsprechender Anzahl und Stückelung besteht. Dabei entstehende Spitzen gehen zu Lasten des Mitarbeiters, die Gesellschaft wird sich aber um Verwertung und Barausgleich von Spitzen bemühen.
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5. Beendigung/Kündigung des Anstellungsverhältnisses
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Falls das Anstellungsverhältnis des Mitarbeiters zum Zeitpunkt des Eintritts des Verkaufsfalls (= im Verkaufsfall) bereits beendet ist (gleich aus welchem Grund), so gilt folgendes:
21 
- wurde eine Kündigung der GmbH aus vom Mitarbeiter zu vertretendem wichtigem Grund oder verhaltensbedingt im Verkaufsfall ausgesprochen oder ist das Anstellungsverhältnis im Verkaufsfall wegen einer Kündigung, die aufgrund eines vom Mitarbeiter zu vertretenden wichtigen Grunds oder verhaltensbedingt erfolgte bereits beendet, so entfällt die Beteiligung (vgl. Ziff. 3 lit. d) entschädigungslos.
22 
- In allen übrigen Fällen, in denen im Verkaufsfall das Anstellungsverhältnis bereits beendet ist, behält der Mitarbeiter seine Beteiligung wie folgt:
23 
- Bei einer Beendigung vor Ablauf eines Kalenderjahres nach Abschluß vorliegender Vereinbarung entfällt die Beteiligung entschädigungslos,
24 
- Bei einer Beendigung nach Ablauf eines Kalenderjahres und vor Ablauf von zwei Kalenderjahren nach Abschluß vorliegender Vereinbarung behält Mitarbeiter 10 % seiner Beteiligung,
25 
- Bei einer Beendigung nach Ablauf von zwei Kalenderjahren und vor Ablauf von drei Kalenderjahren nach Abschluß vorliegender Vereinbarung erhält Mitarbeiter 25 % seiner Beteiligung,
26 
- Bei einer Beendigung nach Ablauf von drei Kalenderjahren und vor Ablauf von vier Kalenderjahren nach Abschluß vorliegender Vereinbarung erhält Mitarbeiter 50 % seiner Beteiligung.
27 
Bei einer Beendigung nach Ablauf von vier Kalenderjahren nach Abschluß dieser Vereinbarung erhält Mitarbeiter die Beteiligung in voller Höhe, auch wenn sein Anstellungsverhältnis im Verkaufsfall bereits beendet ist. Ausschüttungen entfallen abweichend hiervon generell mit Beendigung des Anstellungsverhältnisses.
28 
7. Börsengang, Rechtsformwechsel der GmbH, Stimmrechte, Beteiligungsvertrag
29 
Für den Fall dass die Anteile der GmbH umgewandelt oder durch Verschmelzung verändert werden, gilt der nachfolgende Vertrag sinngemäß für die daraus entstehenden Anteile. Für den Fall eines Börsengangs werden sich die Gesellschafter hinsichtlich der dann gehaltenen Aktien allen kapitalmarktrechtlich und sonstigen Vereinbarungen (z.B. Lock up Verpflichtung) unterwerfen, die ihnen erforderlich erscheine. Der Mitarbeiter erklärt sich hiermit vorsorglich einverstanden. …
30 
Nach vorangegangener schriftlicher Geltendmachung, die von der Beklagten zuletzt mit E-Mail vom 04. Oktober 2013 (Akten-Bl. 44) zurückgewiesen wurde, nimmt der Kläger mit seiner am 13. November 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Beklagte nunmehr gerichtlich auf Auskunftserteilung u.a. über den von der B + L geschuldeten Kaufpreis sowie über die seit 2005 von der Beklagten erfolgte bzw. beschlossenen Gewinnausschüttung in Anspruch. Mit weiteren Klaganträgen verfolgt er Ansprüche auf Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben, Abrechnung sowie aus Auszahlung der sich aus der Abrechnung über die Beteiligung ergebenden Beträge.
31 
Der Kläger ist der Meinung, die Pressemitteilung vom 28. Januar 2013, wonach die B + L die Übernahme der Beklagten abgeschlossen hat, lege nahe, dass ein Verkaufsfall gem. der Zusatzvereinbarung vom 08. Februar 2005 (fortan ZV) eingetreten ist oder demnächst eintreten werde.
32 
Entgegen dem Wortlaut der ZV käme es hinsichtlich der Begründung des Anspruchs auf Beteiligung am Veräußerungserlös nicht auf die Veräußerung von Anteilen bzw. Aktien der PV AG an, denn rechtlich, finanziell, wirtschaftlich und auch organisatorisch stelle die Beklagte das allein maßgebliche Nachfolgeunternehmen der PV AG dar. Die ZV habe den Zweck verfolgt, Arbeitnehmer, die für den Erfolg des Unternehmens der Gesellschaft unentbehrlich waren, dauerhaft an die Gesellschaft zu binden, nachdem es bei dieser bereits seit geraumer Zeit keine Gehaltserhöhungen mehr gegeben hätte. Die Gesellschaft habe nämlich zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung auf Grund ihrer wirtschaftlichen Lage keine marktgerechte Vergütungen an ihre qualifizierten Fachkräfte zahlen können. Um eine Kündigung durch die Mitarbeiter zu verhindern und diese zu bewegen, dauerhaft für eine Vergütung zu arbeiten, die unterhalb der am Markt erzielbaren gelegen hätte, seien sie durch die Vereinbarung Gesellschaftern gleichgestellt worden. Solche Beteiligungen seien insbesondere bei jungen Unternehmen, wie vorliegend aus der technologieorientierten Start-up-Branche, gang und gäbe. Zwar erfolge eine solche Beteiligung üblicherweise durch eine direkte Unternehmensbeteiligung mit echten Gesellschaftsanteilen, die als Anteile verkauft, an die Börse gebracht oder auf andere Weise wirtschaftlich verwertet werden könnten. Im vorliegenden Fall sei jedoch - was völlig untypisch sei - eine Lösung gewählt worden, bei der keine echten, sondern nur virtuelle Gesellschaftsanteile der Mitarbeiter bestehen. Die Mitarbeiter hätten das bekommen sollen, was sie im Rahmen einer direkten Unternehmensbeteiligung mit echten Geschäftsanteilen erhalten würden, allerdings nicht auf Grund einer vollwertigen Rechtsstellung als Gesellschafter, sondern nur auf Grund eines schuldrechtlichen Vertrages mit der Gesellschaft.
33 
Nach Sinn und Zweck der ZV spiele es keine Rolle, auf welche Weise die wirtschaftliche Verwertung der vom Kläger und den übrigen betroffenen Arbeitnehmern geschaffenen Vermögenswerte erfolge. Es sei insbesondere nicht erforderlich, dass tatsächlich ein „Kaufvertrag“ im Rechtssinne zu Stande komme, weil sich sonst durch eine entsprechende rechtliche Gestaltung der Anspruch des Klägers auf Beteiligung an dem von ihm geschaffenen wirtschaftlichen Wert leicht umgehen ließe. Letztlich lasse sich bei Transaktionen der vorliegenden Art im Voraus oft nicht festlegen, auf welche Weise die wirtschaftliche Verwertung am Ende stattfinden werde, da hierfür Erwägungen maßgeblich seien, insbesondere steuerlicher Art, die sich einer Beurteilung im Vorhinein entzögen. Die ZV trage diesem Umstand aber dadurch Rechnung, dass die Gegenleistung, wie beim Kaufvertrag üblich, nicht nur in Geld bestehen könne, sondern auch in Anteilen oder in sonstigen Rechten (vgl. Ziffer 4 der ZV). Keinem der Mitarbeiter sei jedoch gesagt worden, dass die Beteiligung am Gewinn dann nicht erfolgen würde, wenn dieser Gewinn nicht durch einen ganz bestimmten Veräußerungsfall erzielt würde.
34 
Unerheblich sei auch, dass die PV AG, aus der die Beklagte letztlich durch Ausgründung entstanden ist, noch besteht. Ebenso sei es im Ergebnis ohne Bedeutung, ob neben der Beklagten möglicherweise noch ein anderer Rechtsträger als mithaftender (Gesamt-) Schuldner in Betracht käme. Jedenfalls lasse es die Auslegung der ZV zu, mindestens auch die Beklagte als Schuldnerin anzusehen. Im Übrigen sei zu beachten, dass es sich bei den Regelungen der ZV um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele. Unklarheiten und Zweifel bei der Auslegung gingen gem. § 305 c Abs. 2 BGB somit zu Lasten des Verwenders, mithin der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Arbeitgeberin des Klägers.
35 
Der Kläger trägt des Weiteren vor, er habe von dem Verkauf der Anteile nur zufällig über die Pressemitteilung der B + L vom 28. Januar 2013 erfahren. Soweit ein in der Fachpresse genannter Kaufpreis von 165 Millionen Euro zutreffen würde, berechne sich der Wert seiner virtuellen Beteiligung unter Berücksichtigung eines weiteren Anspruchs aus der ZV auf Gewinnausschüttungen auf insgesamt Euro 295.058,82. Eine genaue und abschließende Bezifferung sei dem Kläger an Hand der ihm zugänglichen Informationen und der von der Beklagten bisher hierzu erteilten Auskünfte derzeit allerdings unmöglich.
36 
Der Kläger beantragt,
37 
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger folgende Auskünfte zu erteilten:
38 
a) über die Höhe des von B. + L. geschuldeten Kaufpreises für die GmbH-Geschäftsanteile an der T. P. V. GmbH entsprechend der Pressemeldung von B. + L. vom 28. Januar 2013 in welcher mitgeteilt wird, dass es die Geschäftsanteile der Beklagten übernommen hat durch Vorlage geeigneter Belege, insbesondere des Kaufvertrags und der Bankbelege
39 
b) über den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung Bst. a) an die Gesellschafter der Beklagten
40 
c) über die seit 2005 erfolgten bzw. beschlossenen Gewinnausschüttungen der Beklagten
41 
d) über sonstige, für die Anspruchsbemessung bedeutende Umstände
42 
2. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides Statt zu versichern.
43 
3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, gegenüber dem Kläger über seine Beteiligung an dem Verkaufserlös und den Gewinnausschüttungen abzurechnen und den sich hieraus ergebenden Betrag nebst einer Verzinsung von 5% p.a. über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auszuzahlen.
44 
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
45 
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, ggfs. gegen Sicherheitsleistung.
46 
Die Beklagte beantragt,
47 
die Klage abzuweisen.
48 
Die Beklagte ist der Auffassung, das Vorbringen des Klägers sei unschlüssig, denn er habe nicht dargetan, dass ein „Verkaufsfall“ im Sinne der Ziffer 3 lit. b ZV eingetreten sei. Ein solcher Verkaufsfall könne nur vorliegen, wenn Aktien der PV AG ver-äußert werden. Das sei aber - selbst nach dem Vortrag des Klägers - bisher unstreitig nicht geschehen.
49 
Richtig sei, dass dem Kläger durch seine damalige Arbeitgeberin, der PV GmbH, im Rahmen der ZV eine virtuelle Beteiligung, d.h. schuldrechtliche Zahlungsansprüche, an ihrem Stammkapital eingeräumt wurde. Die Höhe des Zahlungsanspruchs richtete sich nach dem Nennbetrag der virtuellen Beteiligung (2 % von Euro 3.802,50) und belief sich demnach auf Euro 76,05. Durch die Umwandlung der PV GmbH in die PV AG sei aus dem virtuellen Geschäftsanteil an der GmbH eine virtuelle Beteiligung des Klägers am Grundkapital der PV AG mit dem gleichen Nennbetrag geworden. Diese virtuelle Beteiligung an der PV AG halte der Kläger noch heute. Aktien der PV AG seien - soweit der Beklagten bekannt - bisher jedoch nicht verkauft worden. Solches werde jedenfalls vom Kläger auch nicht behauptet.
50 
Zwar habe die PV AG, was die Beklagte einräume, in mehreren Schritten in den Jahren 2008 und 2009 ihre Vermögensgegenstände, die ihren Geschäftsbetrieb ausmachten, im Ergebnis auf die Beklagte übertragen. Auch wenn im Wege dieser Ausgliederung die Beklagte gem. §§ 324 UmWG, 613 a BGB Arbeitgeberin des Klägers geworden ist, habe dies keinerlei Auswirkungen auf die virtuelle Beteiligung des Klägers am Grundkapital der AG. Rechtsfolge wäre nämlich allenfalls, dass die Beklagte (auch) für die Ansprüche des Klägers aus der ZV haften würde, wenn ein solcher Verkaufsfall eingetreten wäre. Voraussetzung sei aber, dass die Aktien der PV AG - und nicht der Beklagten - verkauft worden seien. Ziffer 3 lit. b der ZV spreche nämlich ausdrücklich von der „Gesellschaft“ und nicht von dem „Arbeitgeber“. Die Formulierung in Ziffer 3 lit. b ZV gebe auch keinen Anlass zu Zweifeln bei der Auslegung im Sinne von § 305 c Abs. 2 BGB. Der Begriff der „Gesellschaft“ sei nämlich weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig, sondern habe sich ursprünglich eindeutig auf die PV GmbH bezogen und beziehe sich nach dem Rechtsformwechsel gemäß Ziffer 7 ZV auf die PV AG. Deren Anteile jedenfalls seien durch die spätere Ausgliederung der Beklagten weder „umgewandelt“ noch „durch Verschmelzung verändert worden“, sodass es vorliegend selbst nach dem Vortrag des Klägers an einer anspruchsbegründenden Veräußerung mangele.
51 
Entgegen der Auffassung des Klägers sei es aber auch wirtschaftlich sinnvoll, dass der Kläger nach wie vor Inhaber der virtuellen Beteiligung am Grundkapital der PV AG sei und keinen virtuellen Geschäftsanteil an der Beklagten erworben habe. Für den Marktwert der virtuellen Beteiligung des Klägers am Grundkapital der PV AG und die Höhe des Zahlungsanspruchs sei es nämlich gleich, ob die PV AG ihren Geschäftsbetrieb selbst halte oder - wie geschehen - ausgliedere. Gegenteiliges habe der Kläger jedenfalls nicht vorgetragen. Der vom Kläger beschworene Wert des Unternehmens der früheren PV GmbH sei ihm erhalten geblieben.
52 
Wenn aber der Kläger recht hätte und er auf Grund der Ausgliederung tatsächlich eine virtuelle Beteiligung an der Beklagten erworben hätte, läge erst recht kein Verkaufsfall im Sinne von Ziffer 3 lit. b ZV vor, denn im Januar 2013 hat die B + L nur die Geschäftsanteile an der Beklagten erworben, die sie nicht schon inne hatte. Es wären also dann - wenn man annähme, dass „Gesellschaft“ im Sinne der ZV die Beklagte sei - nicht „alle Geschäftsanteile an der Gesellschaft durch die Gesellschafter veräußert“ worden.
53 
Im Übrigen sei die Behauptung des Klägers, er und seine Kollegen seien bei Abschluss der ZV getäuscht worden, falsch.
54 
Zur Höhe des Kaufpreises werde vorsorglich darauf hingewiesen, dass das Auskunftsbegehren des Klägers schon deshalb keinen Erfolg haben könne, weil der Kaufpreis bekanntlich zwischen Käufer und Verkäufer einer Beteiligung ausgehandelt und in diesem Verhältnis regelmäßig einer Vertraulichkeitspflicht unterworfen werde. Die Beklagte habe als bloßes Kaufobjekt keine Kenntnisse von den Konditionen und Bedingungen, die auf Ebene ihrer Gesellschafter verhandelt und vereinbart worden seien.
55 
Ferner werde darauf hingewiesen, dass eine Dividendenausschüttung an die Aktionäre der PV AG erstmals in der Hauptversammlung am 07. März 2014 beschlossen worden sei. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers jedoch bereits mit Wirkung zum Jahresende 2010 geendet hat und vor dem 07. März 2014 keine Ausschüttungen an die Aktionäre der AG erfolgt seien, sei auch das Recht des Klägers auf Beteiligung an Ausschüttungen gemäß Ziffer 3 lit. c und Ziffer 5 der ZV erloschen.
56 
Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschriften vollumfänglich verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
B.
57 
Die Klage ist mit Ausnahme des Klagantrags Ziffer 1 lit. d zulässig, aber unbegründet.
58 
I. Zulässigkeit der Klage
59 
1. Nach § 254 ZPO kann bei einer Stufenklage die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe dessen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet. Das Gesetz lässt somit in Abweichung von dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Vorbehalt zu, die Angabe des Leistungsanspruchs nach Rechnungslegung zu bestimmen. Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft und Richtigkeitsversicherung lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die einstweilige Befreiung von dem prozessualen Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und der daraus folgenden Bezifferungspflicht ist jedoch nur zulässig, wo die Auskunft der Bestimmung des Leistungsanspruchs dient. Die Regelung des § 254 ZPO entbindet jedoch bezüglich der vorbereitenden Anträge auf Auskunft bzw. Versicherung nicht von den Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 254 Rn. 2; Geisler in Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl. § 254 Rn. 7; LAG Baden-Württemberg, 17. Januar 2012 - 22 Sa 7/11 - Rn. 111, Juris).
60 
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Klagantrag Ziffer 1 lit. d unbestimmt, denn er lässt weder aus sich heraus noch aus der weiteren Begründung der Klageschrift erkennen, was der Kläger unter „Auskünfte über sonstige, für die Anspruchsbemessung bedeutende Umstände“ konkret versteht. Die mangelnde Bestimmtheit des Antrages lässt völlig offen, worauf sich die Auskunftspflicht überhaupt konkret beziehen soll mit der Folge, dass eine diesbezügliche Rechtsverteidigung für die Beklagte oder im Falle ihres etwaigen Unterliegens eine Vollstreckung des Urteils nicht möglich wäre.
61 
Im Übrigen bestehen bezüglich der sonstigen Anträge keine prozessualen Bedenken. Insbesondere ist der Kläger ohne die begehrte Auskunft nach seinem Vortrag nicht in der Lage, die weitere Berechnung und konkrete Bezifferung der von ihm geltend gemachten Leistungsansprüche vorzunehmen. Dem steht auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, ihr sei eine Auskunftserteilung, soweit sie sich auf die Verhältnisse der PV AG bezieht, mangels eigener Erkenntnis unmöglich. Zwar ist eine Klage, die auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, unzulässig (vgl. BAG, 11. August 1998 - 9 AZR 39/97 - AP Nr. 160 zu § 242 BGB „Gleichbehandlung“). Dies gilt jedoch nur, soweit eine Leistung von Anfang an oder auch durch Zeitablauf unmöglich geworden ist, wie es § 306 BGB a. F. vorgesehen hatte. Ist die Beklagte dagegen lediglich subjektiv gehindert, die geforderte Leistung zu erbringen, d.h. vorliegend die Auskunft zu erteilen, beeinflusst dies nicht die Zulässigkeit der Klage, sondern kann allenfalls dazu führen, dass die Klage unbegründet ist, soweit der Einwand überhaupt erheblich sein sollte (vgl. z.B. LAG München, 6. Juni 2007 - 10 Sa 1349/06 - Rn. 129, 131, Juris).
62 
II. Begründetheit der Klage
63 
Die Klage ist jedoch, soweit zulässig, vollumfänglich als unbegründet abzuweisen.
64 
Es kann dabei ausdrücklich dahingestellt bleiben, ob sich für den Kläger aus der mit der vormaligen Arbeitgeberin, der PV GmbH, geschlossenen ZV ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen die Beklagte ergibt. Ein solcher (vorbereitender) Anspruch besteht nämlich schon dann nicht, wenn bereits vor der Auskunft unzweifelhaft feststeht, dass sich ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte auch nach einer erfolgten Auskunft nicht ergeben kann. Dies ist nach Überzeugung der Kammer jedoch vorliegend der Fall.
65 
Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Beteiligung am Veräußerungserlös für den virtuellen Geschäftsanteil nach Ziffer 3 lit. b ZV (hierzu im Folgenden unter 1.) noch auf Ausschüttung nach Ziffer 3 lit. c ZV (nachfolgend unter 2.) zu. Da den geltend gemachten Hauptansprüchen nach Auffassung der Kammer die Grundlage fehlt, ist die gesamte (zulässige) Stufenklage, also auch der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung, abzuweisen (unter 3.). Im Übrigen sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Abrechnung über die Beteiligungen des Klägers nicht gegeben (unter 4.)
66 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beteiligung am Veräußerungserlös für den virtuellen Geschäftsanteil nach Ziffer 3 lit. b ZV. Dies folgt aus der Auslegung der Bestimmungen der ZV.
67 
a) Bei den Regelungen der ZV handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Hierfür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung. Zudem hat der Kläger, insoweit von der Beklagten nicht bestritten, dargelegt, dass die PV GmbH mit weiteren acht Arbeitnehmern wortgleiche Zusatzvereinbarungen abgeschlossen hatte. Von einer mehrfachen, formularmäßigen Verwendung der Formulierungen der ZV ist daher auszugehen.
68 
b) Für die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen der ZV kommt es somit darauf an, wie die Klausel nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind (vgl. BAG, 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - NZA 2009, 154). Ausgangspunkt der Auslegung ist dabei in erster Linie der Vertragswortlaut (vgl. BAG, 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - NZA 2010, 170; 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Juris). Für dessen Interpretation kommt es entscheidend darauf an, wie er aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Ferner ist auch der mit dem Vertrag verfolgte Sinn und Zweck einzubeziehen, wobei hier allein auf die typischen und von redlichen Geschäftspartnern verfolgten Ziele abzustellen ist (vgl. BAG, 20. Januar 2010, a.a.O.). Außerdem gehört die systematische Gesamtschau der Vertragsbestimmungen zu den herkömmlichen Auslegungsmethoden, die bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen auszuschöpfen sind, bevor auf die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden kann (vgl. BAG, 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38; 18. August 2009 - 9 AZR 482/08 - Juris). Eine im Einzelfall etwa bestehende übereinstimmende Vorstellung der Vertragsparteien vom Inhalt der Klausel geht, wie eine Individualvereinbarung dem Ergebnis selbst einer abweichenden objektiven Auslegung vor, § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (vgl. BAG, 24. September 2008, a.a.O.).
69 
c) In Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt sich, dass entgegen der Auffassung des Klägers mit Ziffer 3 lit. b ZV keine allgemeine Beteiligung der Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg der damaligen Arbeitgeberin und etwaiger ausgegliederter Unternehmen vereinbart werden sollte.
70 
aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel.
71 
Die finanzielle Beteiligung des Mitarbeiters am Veräußerungserlös setzt einen Verkaufsfall voraus, der in Ziffer 3 lit. b ZV definiert ist. Der Verkaufsfall liegt demnach vor, wenn (1) alle Geschäftsanteile der Gesellschaft durch die Gesellschafter veräußert werden und (2) ein tatsächlicher Zahlungseingang des vereinbarten Kaufpreises bei den Gesellschaftern für die Veräußerung ihrer Geschäftsanteile vorliegt. Die Klausel stellt somit ausdrücklich auf die „Gesellschaft“ ab, womit zweifelsohne die damals vertragsschließende PV GmbH gemeint war. Nach dem Wortlaut der Regelung sollte Anspruchsvoraussetzung die Veräußerung aller Geschäftsanteile der Gesellschaft durch die Gesellschafter sein, ohne dass auf andere Möglichkeiten der Verwertung des Unternehmensvermögens verwiesen oder in sonstiger Weise diesbezügliche Anspruchsvoraussetzungen selbst formuliert worden wären. Ebenso wurde nach dem Text der Klausel keine Regelung getroffen für den Fall einer Beteiligung bei Vornahme gesellschaftsrechtlicher Aufspaltungen der Gesellschaft. Allein in Ziffer 7 ZV wurde geregelt, dass für den Fall der Umwandlung der GmbH im Zuge eines Rechtsformwechsels oder Veränderung durch Verschmelzung die vertraglichen Regelungen sinngemäß für die daraus entstehenden Anteile der Gesellschaft gelten.
72 
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel soll demnach die PV GmbH beziehungsweise nach deren formwechselnder Umwandlung die PV AG zur Beteiligung der Mitarbeiter am Verkaufserlös hinsichtlich des fiktiven Anteils verpflichtet sein, wenn alle Aktien der AG durch die Aktionäre der PV AG veräußert werden und den Aktionären ein tatsächlicher Zahlungseingang des vereinbarten Kaufpreises (bzw. Einbuchung von Anteilen oder Rechten) vorliegt. Die ZV regelt ihrem Wortlaut nach selbst und ab-schließend, was unter dem anspruchsbegründenden Verkaufsfall zu verstehen ist. Den Fall der Veräußerung des Anlagevermögens oder der gesellschaftsrechtlichen Ausgliederung spricht sie nicht an. Für einen vom vollständigen Aktienverkauf unabhängigen Anspruch auf Beteiligung der Mitarbeiter an dem wirtschaftlichen Erfolg der PV AG bieten die Formulierungen der ZV somit keinen Anhaltspunkt.
73 
bb) Sinn und Zweck der ZV stützen dieses Verständnis.
74 
Die Gewährung von virtuellen Geschäftsanteilen (bei GmbHs) oder virtuellen Aktienoptionen (bei AGs) ist eine Form der Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmenserfolg, die typischerweise in Start-up-Gesellschaften eingesetzt wird. Die Risikokapitalgeber der Start-ups verfolgen eine möglichst schnelle Wertsteigerung des Unternehmens, um ihre Beteiligung mit einem hohen Gewinn zu verkaufen. Wesentliches Unternehmensziel ist damit die schnelle vollständige Verwertung der Anteile bzw. der Aktien der Gesellschaft, der sogenannte Exit. Bei der Gewährung einer virtuellen Beteiligung werden qualifizierte Mitarbeiter gewonnen, um zügig eine Wertsteigerung des Unternehmens und einen Exit zu erreichen. Wenn der gewinnträchtige Unternehmensverkauf gelingt, werden die beteiligten Mitarbeiter über die getroffene Beteiligungsvereinbarung ähnlich einem Gesellschafter zeitnah zügig am Kaufpreis wirtschaftlich beteiligt (vgl. hierzu näher, LAG Baden-Württemberg, 17. Januar 2012 - 22 Sa 7/11 - Rn. 114 f., Juris). Demgegenüber räumen „echte“ Aktienoptionen dem Inhaber der Option nach Maßgabe der Optionsbedingungen das Recht ein, von dem gewährenden Unternehmen Aktien innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu einem vorher bestimmten Kurs zu erwerben. Ziel dieser Form der Entlohnung ist dabei, neben den generellen mit Mitarbeiterbeteiligung verfolgten Zielen der Mitarbeiterbindung und -motivation die stärkere Ausrichtung der Unternehmensführung an dem Shareholder-Value (vgl. BAG, 16. Januar 2008 - 7 AZR 887/06 - Rn. 17, Juris; Rieder/Holzmann in Grigoleit, AktG, § 192 Rn. 26). „Echte“ Aktienoptionen unterscheiden sich von den virtuellen Beteiligungsformen dadurch, dass sie nach Ablauf der Wartefrist von mindestens vier Jahren, die zwischen Ausgabe und Ausübung der Aktienoption liegen muss (§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG), quasi zeitverzögert eine Beteiligung am laufenden Gewinn des Unternehmens vermitteln. Virtuelle Anteile oder Aktienoptionen beteiligen hingegen zum Zwecke der Liquiditätssicherung nicht am laufenden Gewinn des Unternehmens, sondern entfalten ihre Partizipation am Unternehmenswert in aller Regel nur im Falle des erfolgreichen Unternehmensverkaufs und haben somit einen höheren spekulativen Charakter (vgl. BAG, 28. Mai 2008 - 10 AZR 351/07 - Rn. 31, Juris; LAG Baden-Württemberg, 17. Januar 2012, a.a.O.; Löw/Glück, Der Betrieb 2015, Seite 187 (189 ff.)).
75 
Aus diesen Grundsätzen folgt vorliegend:
76 
Ausweislich der Vorbemerkung unter Ziffer 1 der ZV ist beabsichtigt, die Mitarbeiter am Erfolg der GmbH zu beteiligen und somit eine längerfristige Bindung der Mitarbeiter an die GmbH zu erreichen. Aus Satz 3 der Vorbemerkung geht des Weiteren hervor, dass die finanzielle Beteiligung einen durch die Veräußerung der Gesellschaftsanteile der Gesellschafter generierten Veräußerungserlös voraussetzt. In Ziffer 3 lit. b Satz 3 ZV wird ferner ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine wie auch immer geartete Verpflichtung der Gesellschafter zur Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nicht besteht (und im Übrigen auch Ausschüttungen der GmbH auf absehbare Zeit nicht geplant waren, Ziffer 3 lit. c Satz 4 ZV). Sinn und Zweck der Regelung der Ziffer 3 lit. b ZV ist es deshalb, den Mitarbeitern eine wirtschaftliche Beteiligung im Falle des Ausstiegs aller Gesellschafter aus der GmbH durch Verkauf all ihrer Anteile zu gewähren. Wie aus dem ausdrücklichen Hinweis in Ziffer 3 lit. b Satz 3 ZV zu folgern ist, sollte es dabei völlig offen sein, ob und ggf. wann es zu einer solchen Veräußerung aller Anteile durch die Gesellschafter kommen würde. Damit bezweckten die Vertragspartner der ZV den typischen Zweck einer virtuellen Unternehmensbeteiligung, nämlich im Falle eines angestrebten Exits die begünstigten Mitarbeiter wie Gesellschafter der Gesellschaft am erzielten Veräußerungserlös zu beteiligen. Diesem typischen Zweck liefe es zuwider, wenn die Mitarbeiter unabhängig vom derart definierten Verkaufsfall an den laufenden Gewinnen oder Teilverwertungen des Anlagevermögens allgemein beteiligt würden.
77 
cc) Diese Auslegung der ZV wird nicht zuletzt auch durch systematische Überlegungen gestärkt.
78 
In Ziffer 3 lit. c ZV werden nämlich die typischen Geschäftszwecke der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung im Verkaufsfall mit einer Beteiligung an erfolgten Ausschüttungen der GmbH kombiniert. Damit sollte typischerweise eine wirtschaftliche Beteiligung bei laufendem Geschäftsbetrieb erfolgen, wenn die Gesellschafter der GmbH durch Ausschüttungen an dem Erfolg des laufenden Unternehmens teilhaben. Auch diesbezüglich sollten die begünstigten Mitarbeiter - fiktiv - so wie die übrigen Gesellschafter behandelt werden.
79 
Damit bildet die ZV ein in sich geschlossenes Konzept der Mitarbeiterbeteiligung ab. Ziffer 1 ZV beschreibt in der Vorbemerkung ebenso wie in Ziffer 3 lit. b die Bedingungen einer klassischen Mitarbeiterbeteiligung in der Gestalt der Gewährung virtueller Geschäftsanteile. In Ziffer 2 ZV werden der Nennwert des dem Mitarbeiter gewährten virtuellen Geschäftsanteil und dessen weitere Einzelheiten beschrieben. Ziffer 3 ZV regelt des Weiteren die Einzelheiten der Berechnung und Realisierung der Mitarbeiterbeteiligung und in Ziffer 5 ZV sind Klauseln zum Ausscheiden der Mitarbeiter aus der Gesellschaft verankert. Demnach handelt es sich bei den Regelungen der ZV um typische Klauseln der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung, die typischerweise den Fall des erfolgreichen Exits der Gesellschaft flankieren und sicherstellen sollen, dass die Mitarbeiter am erfolgreichen Verkauf der Gesellschaft oder bei Kapitalentnahmen der Gesellschafter wirtschaftlich teilhaben. Entgegen der Auffassung des Klägers ist jedoch in Ziffer 3 lit. b ZV gerade eine allgemeine Teilhabe an jeglicher wirtschaftlicher Verwertung des Anlagevermögens der Gesellschaft oder ausgegliederter Unternehmen nicht festgeschrieben. Maßgebend ist allein der Verkauf aller Geschäftsanteile der PV GmbH durch deren Gesellschafter bzw. der Verkauf aller Aktien der PV AG durch deren Aktionäre. Der vom Kläger zur Begründung der Klage vorgebrachte Sachverhalt hat mit dem, der nach Ziffer 3 lit. b ZV zur Beteiligung der Mitarbeiter am Erlös der Veräußerung führt, nichts zu tun. Es liegt nach dem Vortrag des Klägers kein Verkaufsfall im Sinne der Ziffer 3 lit. b ZV vor.
80 
dd) Dieses Auslegungsergebnis wird nach Auffassung der Kammer auch durch nachfolgende Kontrollüberlegung bestätigt:
81 
Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hätten die Mitarbeiter der PV GmbH im Zuge der vereinbarten Beteiligung das bekommen sollen, was sie auch im Rahmen einer direkten Unternehmensbeteiligung mit „echten“ Geschäftsanteilen erhalten hätten - allerdings nicht auf Grund einer vollwertigen Rechtsstellung als Gesellschafter, sondern nur auf Grund eines schuldrechtlichen Vertrages mit der Gesellschaft. Wenn jedoch diese Gesellschaft ihr Anlagevermögen oder ihre Beteiligung an einem ausgegliederten Unternehmen veräußert, dann fließt der Gesellschaft der entsprechende Kaufpreis zu. Damit bleibt, soweit die Vermögens- bzw. Beteiligungswerte dem Kaufpreis entsprechen, der Unternehmenswert der Gesellschaft unverändert. Würde nun das Kapital der Gesellschaft durch Ausschüttung an die Gesellschafter ausgegeben, würden die durch die ZV begünstigten Mitarbeiter wie Gesellschafter behandelt entsprechend den Vorgaben von Ziff. 3 lit. c ZV.
82 
Hat also vorliegend die PV AG im Jahr 2013 ihre 40-prozentige Beteiligung an der Beklagten - für vom Kläger angenommene 165 Millionen Euro - an den Konkurrenten B + L verkauft, so fließt der PV AG dieser Kaufpreis als Einnahme zu. Über die Verwendung eines sich etwa hieraus ergebenden, in der Bilanz ausgewiesenen Gewinns beschließt die Hauptversammlung, also die Gesamtheit der stimmberechtigten Aktionäre der PV AG, in den Grenzen des §§ 58 Abs. 3, Abs. 4 AktG frei. Soweit eine Ausschüttung beschlossen würde (§ 174 AktG), entstünde dadurch für den einzelnen Aktionär ein unentziehbarer Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils, nämlich der Dividende. Hinsichtlich dieses Gewinnanteils wäre ein durch die ZV begünstigter Arbeitnehmer nach den Vorgaben des Ziff. 3 lit. c ZV hinsichtlich seines virtuellen Beteiligungsanspruchs den übrigen Aktionären gleichzustellen. Sollten hingegen alle Aktionäre der AG ihre Anteile an der PV AG in Ansehung des durch den Zufluss des Verkaufspreises erhöhten Kapitals veräußern, so läge der in Ziff. 3 lit. b ZV definierte Exit-Fall vor. Eines Schutzes durch ein im Sinne des Klägers überschießend weit ausgelegtes Verständnis der Regelungen der ZV bedarf es demnach grundsätzlich nicht. Dass der Kläger keinen Anspruch auf Ausschüttung gem. Ziff. 3 lit. c ZV hat, weil das Arbeitsverhältnis bereits im Jahr 2010 beendet wurde (hierzu nachfolgend unter 2), fällt auf Grund der mangelnden fortdauernden Bindung an die Gesellschaft (vgl. hierzu Vorbemerkung der ZV) in seinen Risikobereich.
83 
In diesem Sinn trägt auch die Beklagte vor, wenn sie darauf hinweist, dass es für den Wert der virtuellen Beteiligung des Klägers am Grundkapital der PV AG und der Höhe seines Zahlungsanspruchs im Ergebnis gleich sei, ob die PV AG ihren Geschäftsbetrieb selbst halte oder ausgliedere. Der vom Kläger beschworene Wert des Unternehmens der früheren GmbH sei ihm jedenfalls erhalten geblieben.
84 
Hierzu hat der Kläger trotz Rüge der Beklagten jedoch nichts erwidert.
85 
ee) Selbst wenn man der Auffassung des Klägers folgen würde, wonach bezüglich des Verkaufsfalls nach Ziff. 3 lit. b ZV nicht auf die PV AG, sondern auf die Beklagte abzustellen sei, wäre ein Anspruch des Klägers am Veräußerungserlös nicht gegeben. Da die PV AG nämlich ihre Beteiligung in Höhe von 40 Prozent der Geschäftsanteile der Beklagten veräußert hat, liegt gerade kein Fall vor, bei dem alle Geschäftsanteile der Gesellschaft durch die Gesellschafter veräußert wurden. „Alle Geschäftsanteile“ der Gesellschaft bedeutet nämlich nicht, dass es ausreicht, wenn ein Gesellschafter alle in seinem Besitz stehenden Anteile veräußert. Der „Verkaufsfall“ im Sinne des Ziff. 3 lit. b ZV setzt voraus, dass „alle“ im Sinn von 100 Prozent der Geschäftsanteile der in Bezug genommenen Gesellschaft veräußert werden. Dies liegt jedoch unstreitig weder bezüglich der PV AG noch bezüglich der Beklagten vor.
86 
d) Die vom Kläger vertretene, anderweitige Auffassung ergibt sich auch nicht als die dem Arbeitnehmer günstigere Regelung aus § 305 c Abs. 2 BGB.
87 
Bleibt bei der Auslegung einer allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dieser zu Lasten des Verwenders. Dies setzt aber voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung des § 305 c Abs. 2 BGB nicht (LAG München, 22. Juli 2014 - 9 Sa 255/14 - Rn. 87 unter Hinweis auf BAG, 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Juris).
88 
Der Wortlaut der Ziffer 3 lit. b ZV ist eindeutig. Er knüpft an den Verkaufsfall der Veräußerung aller Geschäftsanteile durch die Gesellschafter, nach rechtsformwahrender Umwandlung folglich an den Verkauf aller Aktien durch die Aktionäre der PV AG an. Eine Differenzierung danach, dass eine Verwertung des Vermögens des Unternehmens oder dessen Nachfolge durch Übertragung von Wirtschaftsgütern (sogenannte Asset-Deals) stattfindet, hat im Wortlaut keinen Niederschlag gefunden. Entgegen der Auffassung des Klägers soll, wie es sich auch aus der teleologischen und systematischen Auslegung ergibt, eine Beteiligung der Mitarbeiter am Verkaufserlös nur im Falle eines Exits erfolgen. Auf Grund des nach Auffassung der Kammer eindeutigen Auslegungsergebnisses bleibt für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB demnach kein Raum.
89 
e) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, dass eine Veräußerung der Geschäftsanteile an der Beklagten durch die PV AG zu einer Beteiligung am Veräußerungserlös nach Ziff. 3 lit. b führen soll, kommt nach Auffassung der Kammer nicht in Betracht.
90 
aa) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrages bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vortrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wegen der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise zu füllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (vgl. jüngst BAG, 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 27 unter Hinweis auf BAG, 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43, Juris).
91 
bb) Selbst wenn der Vortrag des Klägers zutreffen sollte, dass sich bei wirtschaftlichen Transaktionen oft im Voraus nicht festlegen lasse, auf welche Weise die wirtschaftliche Verwertung eines Unternehmens am Ende stattfinden würde und sich durch eine Beschränkung auf einen bestimmten Verkaufsfall die Beteiligung der Arbeitnehmer an den von ihnen geschaffenen Werten leicht umgehen ließe, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Wie bereits zuvor aufgezeigt, handelt es sich bei der ZV um ein in sich geschlossenes Konzept der Mitarbeiterbeteiligung, wonach lediglich im Falle des Exits eine Beteiligung am Veräußerungserlös erfolgen soll. Dass das Eintreten eines solchen Veräußerungsfalls höchst ungewiss war, haben die vertragsschließenden Parteien erkannt, denn sonst hätte die ausdrückliche Regelung unter Ziffer 3 lit. b Satz 3 ZV, wonach eine wie auch immer geartete Verpflichtung der Gesellschafter zur Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nicht besteht, keinen Sinn gemacht. Deshalb musste auch den begünstigten Arbeitnehmern - wie auch dem Kläger - klar gewesen sein, dass die Gewährung ihrer Beteiligung auf Basis eines virtuellen Geschäftsanteils einen großen spekulativen Charakter hat und sie auf die Werthaltigkeit ihrer Beteiligung nur eingeschränkt, nämlich lediglich für den Fall des Exits oder der Ausschüttung, vertrauen durften. Unerheblich ist daher, ob der Kläger bei Abschluss der Vereinbarung darauf hingewiesen wurde, dass eine Beteiligung am Gewinn nur bei einem ganz bestimmten Veräußerungsfall erfolgen würde. Denn hierbei handelt es sich - den Vortrag des Klägers zu Grunde gelegt - um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Inhalts (vgl. insoweit BAG 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 28, Juris).
92 
f) Entgegen der Meinung des Klägers liegt auch kein treuwidriges Verhalten vor, für das die Beklagte etwa einzustehen hätte. Weder die Ausgliederung der P. V. O. GmbH aus der PV AG unter Übertragung der wesentlichen Vermögenswerte auf vorgenannte GmbH noch deren Verschmelzung im Zuge eines Joint-Ventures auf die Beklagte im Jahr 2009 stellen ein treuwidriges Verhalten im Sinne von §§ 162 Abs. 1 oder 242 BGB dar.
93 
aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, das niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf (BAG, 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, Juris). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BAG, 23. September 2014, a.a.O., Rn. 32 unter Hinweis auf BGH, 16. September 2009 - V ZR 244/04, Juris).
94 
bb) Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Treuwidrigkeit bereits deshalb aus, da der Kläger ausweislich des eindeutigen Wortlauts sowie des Hinweises auf eine nicht gegebene Verpflichtung zur Veräußerung der Geschäftsanteile gem. Ziffer 3 lit. b ZV Kenntnis davon haben musste, dass es gänzlich ungewiss gewesen ist, ob ein Exit der Gesellschafter überhaupt erfolgen und eine Beteiligung am Verkaufserlös sich wiederspiegelnde Wertsteigerung der emittierenden Gesellschaft überhaupt jemals zur Auszahlung kommen würde. Ferner hat der Kläger weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die PV AG die Ausgliederung der 20/10 P. V. O. GmbH bzw. die Verschmelzung dieser mit dem Joint-Venture-Partner zur nunmehrigen Beklagten allein deswegen durchgeführt habe, um ein Entstehen des Beteiligungsanspruchs des Klägers sowie der sonstigen begünstigten Arbeitnehmer zu verhindern. Im Übrigen sind diese Maßnahmen der betrieblichen und gesellschaftsrechtlichen Organisation als Ausfluss des Grundsatzes der freien Unternehmerentscheidung durch Art. 2 Abs. 1, 12 und 14 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position. Dem gegenüber handelt es sich ausweislich der Vorbemerkung der ZV bei der streitgegenständlichen Mitarbeiterbeteiligung ausdrücklich nicht um eine Vergütung für bisher oder zukünftige geleistete Dienste. Sie ist bezüglich des Eintritts der anspruchsbegründenden Bedingung, nämlich des Falls des Exits der Gesellschafter der PV AG, höchst ungewiss. Diese Ungewissheit liegt jedoch in dem vorbeschriebenen typischen Zweck der gewählten Beteiligungsform begründet. Anhaltspunkte dafür, dass es mit Sicherheit niemals zu einer Erlösausschüttung nach Ziff. 3 lit. b ZV im Sinne der durch die vorgenannte Auslegung gewonnenen Erkenntnisse wird, sind zumindest weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
95 
2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gewinnausschüttung nach Ziffer 3 lit. c ZV zu, denn ausweislich der eindeutigen Regelung der Ziffer 5 Satz 4 ZV entfallen Ausschüttungen generell mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
96 
Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten wurde eine Dividendenausschüttung an die Aktionäre der PV AG erstmalig in der Hauptversammlung am 07. März 2014 beschlossen. Da zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis des Klägers längst beendet gewesen ist, liegen die Anspruchsvoraussetzungen insoweit nicht vor. Auch diesbezüglich ist die Klage folglich als unbegründet abzuweisen.
97 
3. Auch die Anträge auf Erteilung von Auskünften und Versicherung deren Richtigkeit sind, soweit sie nicht unzulässig sind, als unbegründet abzuweisen.
98 
a) Nach der Rechtsprechung des BAG (21. November 2011 - 9 AZR 665/99 - Rn. 52 unter Hinweis auf 05. September 1995 - 9 AZR 660/94 - Juris; vgl. auch Geisler in Prütting/Gehrlein, a.a.O., § 254 Rn. 15) ist ein Anspruch auf Auskunft und Versicherung deren Richtigkeit gegenstandslos, wenn feststeht, dass der Gläubiger auf Grund der Auskunft keinesfalls etwas fordern könnte. Denn die vorbereitenden Ansprüche auf Auskunft und Richtigkeitsversicherung sind im Verhältnis zum Haupt(-leistungs-)anspruch nur Hilfsansprüche, weil sie dessen Durchsetzung ermöglichen sollen. Stellt das Gericht fest, dass der mit der Stufenklage verfolgte Leistungsanspruch nicht gegeben ist, wird dem Begehren auf Auskunft und Versicherung gleichzeitig die Grundlage entzogen mit der Folge, dass die Stufenklage insgesamt durch ein einheitliches Endurteil abzuweisen ist (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 254 Rn. 9; MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl., § 254 Rn. 20).
99 
b) Dies ist vorliegend gegeben. Wie zuvor aufgezeigt, stehen dem Kläger die mit dem Leistungsantrag verfolgten Ansprüche aus der ZV auf Mitarbeiterbeteiligung nicht zu. Dem Hauptanspruch fehlt somit die rechtliche Grundlage, weswegen auch keine diesem vorgelagerten Hilfsansprüche auf Auskunft und Richtigkeitsversicherung bestehen können.
100 
4. Schließlich steht dem Kläger auch nicht der geltend gemachte Anspruch auf Abrechnungserteilung über seine Beteiligungen zu.
101 
Nach § 108 GewO ist dem Arbeitnehmer, wenn ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt besteht, bei Zahlung eine Abrechnung zu erteilen. Die Abrechnung dient der Transparenz und bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Dagegen gewährt § 108 GewO keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, Juris BAG 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - Rn. 18 Juris; LAG Rheinland-Pfalz 13. Dezember 2012 - 3 Sa 175/12 - Rn. 47 Juris).
102 
An einer bereits erfolgten Zahlung auf die geltendgemachten Beteiligungsansprüche fehlt es vorliegend jedoch.
103 
Die Klage ist daher, soweit sie zulässig ist, insgesamt als unbegründet abzuweisen.
104 
III. Nebenentscheidungen
105 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V. mit § 91 ZPO.
106 
2. Die Streitwertfestsetzung beruht dem Grunde nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG.
107 
Die Höhe des Streitwertes richtet sich bei der Stufenklage gem. § 44 GKG nach dem Wert des höchsten Anspruchs. Dies ist regelmäßig der Wert des Zahlungsantrages auf der letzten Stufe und wird bestimmt durch das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Anspruchsverfolgung, das gem. § 3 ZPO von der Erwartung des Klägers hinsichtlich des wirtschaftlichen Ziels der Prozessführung geprägt wird. Diesen Wert hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts in der Kammerverhandlung vom 17. März 2015 auf Euro 295.058, 82 beziffert.
108 
3. Die Berufung ist für den Kläger nach Maßgabe des § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,-- Euro übersteigt. Eine gesonderte Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG war mangels des Vorliegens der diesbezüglichen Voraussetzung nicht veranlasst.

Gründe

 
B.
57 
Die Klage ist mit Ausnahme des Klagantrags Ziffer 1 lit. d zulässig, aber unbegründet.
58 
I. Zulässigkeit der Klage
59 
1. Nach § 254 ZPO kann bei einer Stufenklage die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe dessen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet. Das Gesetz lässt somit in Abweichung von dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Vorbehalt zu, die Angabe des Leistungsanspruchs nach Rechnungslegung zu bestimmen. Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft und Richtigkeitsversicherung lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die einstweilige Befreiung von dem prozessualen Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und der daraus folgenden Bezifferungspflicht ist jedoch nur zulässig, wo die Auskunft der Bestimmung des Leistungsanspruchs dient. Die Regelung des § 254 ZPO entbindet jedoch bezüglich der vorbereitenden Anträge auf Auskunft bzw. Versicherung nicht von den Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 254 Rn. 2; Geisler in Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl. § 254 Rn. 7; LAG Baden-Württemberg, 17. Januar 2012 - 22 Sa 7/11 - Rn. 111, Juris).
60 
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Klagantrag Ziffer 1 lit. d unbestimmt, denn er lässt weder aus sich heraus noch aus der weiteren Begründung der Klageschrift erkennen, was der Kläger unter „Auskünfte über sonstige, für die Anspruchsbemessung bedeutende Umstände“ konkret versteht. Die mangelnde Bestimmtheit des Antrages lässt völlig offen, worauf sich die Auskunftspflicht überhaupt konkret beziehen soll mit der Folge, dass eine diesbezügliche Rechtsverteidigung für die Beklagte oder im Falle ihres etwaigen Unterliegens eine Vollstreckung des Urteils nicht möglich wäre.
61 
Im Übrigen bestehen bezüglich der sonstigen Anträge keine prozessualen Bedenken. Insbesondere ist der Kläger ohne die begehrte Auskunft nach seinem Vortrag nicht in der Lage, die weitere Berechnung und konkrete Bezifferung der von ihm geltend gemachten Leistungsansprüche vorzunehmen. Dem steht auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, ihr sei eine Auskunftserteilung, soweit sie sich auf die Verhältnisse der PV AG bezieht, mangels eigener Erkenntnis unmöglich. Zwar ist eine Klage, die auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, unzulässig (vgl. BAG, 11. August 1998 - 9 AZR 39/97 - AP Nr. 160 zu § 242 BGB „Gleichbehandlung“). Dies gilt jedoch nur, soweit eine Leistung von Anfang an oder auch durch Zeitablauf unmöglich geworden ist, wie es § 306 BGB a. F. vorgesehen hatte. Ist die Beklagte dagegen lediglich subjektiv gehindert, die geforderte Leistung zu erbringen, d.h. vorliegend die Auskunft zu erteilen, beeinflusst dies nicht die Zulässigkeit der Klage, sondern kann allenfalls dazu führen, dass die Klage unbegründet ist, soweit der Einwand überhaupt erheblich sein sollte (vgl. z.B. LAG München, 6. Juni 2007 - 10 Sa 1349/06 - Rn. 129, 131, Juris).
62 
II. Begründetheit der Klage
63 
Die Klage ist jedoch, soweit zulässig, vollumfänglich als unbegründet abzuweisen.
64 
Es kann dabei ausdrücklich dahingestellt bleiben, ob sich für den Kläger aus der mit der vormaligen Arbeitgeberin, der PV GmbH, geschlossenen ZV ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen die Beklagte ergibt. Ein solcher (vorbereitender) Anspruch besteht nämlich schon dann nicht, wenn bereits vor der Auskunft unzweifelhaft feststeht, dass sich ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte auch nach einer erfolgten Auskunft nicht ergeben kann. Dies ist nach Überzeugung der Kammer jedoch vorliegend der Fall.
65 
Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Beteiligung am Veräußerungserlös für den virtuellen Geschäftsanteil nach Ziffer 3 lit. b ZV (hierzu im Folgenden unter 1.) noch auf Ausschüttung nach Ziffer 3 lit. c ZV (nachfolgend unter 2.) zu. Da den geltend gemachten Hauptansprüchen nach Auffassung der Kammer die Grundlage fehlt, ist die gesamte (zulässige) Stufenklage, also auch der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung, abzuweisen (unter 3.). Im Übrigen sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Abrechnung über die Beteiligungen des Klägers nicht gegeben (unter 4.)
66 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beteiligung am Veräußerungserlös für den virtuellen Geschäftsanteil nach Ziffer 3 lit. b ZV. Dies folgt aus der Auslegung der Bestimmungen der ZV.
67 
a) Bei den Regelungen der ZV handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Hierfür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung. Zudem hat der Kläger, insoweit von der Beklagten nicht bestritten, dargelegt, dass die PV GmbH mit weiteren acht Arbeitnehmern wortgleiche Zusatzvereinbarungen abgeschlossen hatte. Von einer mehrfachen, formularmäßigen Verwendung der Formulierungen der ZV ist daher auszugehen.
68 
b) Für die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen der ZV kommt es somit darauf an, wie die Klausel nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind (vgl. BAG, 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - NZA 2009, 154). Ausgangspunkt der Auslegung ist dabei in erster Linie der Vertragswortlaut (vgl. BAG, 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - NZA 2010, 170; 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Juris). Für dessen Interpretation kommt es entscheidend darauf an, wie er aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Ferner ist auch der mit dem Vertrag verfolgte Sinn und Zweck einzubeziehen, wobei hier allein auf die typischen und von redlichen Geschäftspartnern verfolgten Ziele abzustellen ist (vgl. BAG, 20. Januar 2010, a.a.O.). Außerdem gehört die systematische Gesamtschau der Vertragsbestimmungen zu den herkömmlichen Auslegungsmethoden, die bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen auszuschöpfen sind, bevor auf die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden kann (vgl. BAG, 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38; 18. August 2009 - 9 AZR 482/08 - Juris). Eine im Einzelfall etwa bestehende übereinstimmende Vorstellung der Vertragsparteien vom Inhalt der Klausel geht, wie eine Individualvereinbarung dem Ergebnis selbst einer abweichenden objektiven Auslegung vor, § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (vgl. BAG, 24. September 2008, a.a.O.).
69 
c) In Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt sich, dass entgegen der Auffassung des Klägers mit Ziffer 3 lit. b ZV keine allgemeine Beteiligung der Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg der damaligen Arbeitgeberin und etwaiger ausgegliederter Unternehmen vereinbart werden sollte.
70 
aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel.
71 
Die finanzielle Beteiligung des Mitarbeiters am Veräußerungserlös setzt einen Verkaufsfall voraus, der in Ziffer 3 lit. b ZV definiert ist. Der Verkaufsfall liegt demnach vor, wenn (1) alle Geschäftsanteile der Gesellschaft durch die Gesellschafter veräußert werden und (2) ein tatsächlicher Zahlungseingang des vereinbarten Kaufpreises bei den Gesellschaftern für die Veräußerung ihrer Geschäftsanteile vorliegt. Die Klausel stellt somit ausdrücklich auf die „Gesellschaft“ ab, womit zweifelsohne die damals vertragsschließende PV GmbH gemeint war. Nach dem Wortlaut der Regelung sollte Anspruchsvoraussetzung die Veräußerung aller Geschäftsanteile der Gesellschaft durch die Gesellschafter sein, ohne dass auf andere Möglichkeiten der Verwertung des Unternehmensvermögens verwiesen oder in sonstiger Weise diesbezügliche Anspruchsvoraussetzungen selbst formuliert worden wären. Ebenso wurde nach dem Text der Klausel keine Regelung getroffen für den Fall einer Beteiligung bei Vornahme gesellschaftsrechtlicher Aufspaltungen der Gesellschaft. Allein in Ziffer 7 ZV wurde geregelt, dass für den Fall der Umwandlung der GmbH im Zuge eines Rechtsformwechsels oder Veränderung durch Verschmelzung die vertraglichen Regelungen sinngemäß für die daraus entstehenden Anteile der Gesellschaft gelten.
72 
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel soll demnach die PV GmbH beziehungsweise nach deren formwechselnder Umwandlung die PV AG zur Beteiligung der Mitarbeiter am Verkaufserlös hinsichtlich des fiktiven Anteils verpflichtet sein, wenn alle Aktien der AG durch die Aktionäre der PV AG veräußert werden und den Aktionären ein tatsächlicher Zahlungseingang des vereinbarten Kaufpreises (bzw. Einbuchung von Anteilen oder Rechten) vorliegt. Die ZV regelt ihrem Wortlaut nach selbst und ab-schließend, was unter dem anspruchsbegründenden Verkaufsfall zu verstehen ist. Den Fall der Veräußerung des Anlagevermögens oder der gesellschaftsrechtlichen Ausgliederung spricht sie nicht an. Für einen vom vollständigen Aktienverkauf unabhängigen Anspruch auf Beteiligung der Mitarbeiter an dem wirtschaftlichen Erfolg der PV AG bieten die Formulierungen der ZV somit keinen Anhaltspunkt.
73 
bb) Sinn und Zweck der ZV stützen dieses Verständnis.
74 
Die Gewährung von virtuellen Geschäftsanteilen (bei GmbHs) oder virtuellen Aktienoptionen (bei AGs) ist eine Form der Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmenserfolg, die typischerweise in Start-up-Gesellschaften eingesetzt wird. Die Risikokapitalgeber der Start-ups verfolgen eine möglichst schnelle Wertsteigerung des Unternehmens, um ihre Beteiligung mit einem hohen Gewinn zu verkaufen. Wesentliches Unternehmensziel ist damit die schnelle vollständige Verwertung der Anteile bzw. der Aktien der Gesellschaft, der sogenannte Exit. Bei der Gewährung einer virtuellen Beteiligung werden qualifizierte Mitarbeiter gewonnen, um zügig eine Wertsteigerung des Unternehmens und einen Exit zu erreichen. Wenn der gewinnträchtige Unternehmensverkauf gelingt, werden die beteiligten Mitarbeiter über die getroffene Beteiligungsvereinbarung ähnlich einem Gesellschafter zeitnah zügig am Kaufpreis wirtschaftlich beteiligt (vgl. hierzu näher, LAG Baden-Württemberg, 17. Januar 2012 - 22 Sa 7/11 - Rn. 114 f., Juris). Demgegenüber räumen „echte“ Aktienoptionen dem Inhaber der Option nach Maßgabe der Optionsbedingungen das Recht ein, von dem gewährenden Unternehmen Aktien innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu einem vorher bestimmten Kurs zu erwerben. Ziel dieser Form der Entlohnung ist dabei, neben den generellen mit Mitarbeiterbeteiligung verfolgten Zielen der Mitarbeiterbindung und -motivation die stärkere Ausrichtung der Unternehmensführung an dem Shareholder-Value (vgl. BAG, 16. Januar 2008 - 7 AZR 887/06 - Rn. 17, Juris; Rieder/Holzmann in Grigoleit, AktG, § 192 Rn. 26). „Echte“ Aktienoptionen unterscheiden sich von den virtuellen Beteiligungsformen dadurch, dass sie nach Ablauf der Wartefrist von mindestens vier Jahren, die zwischen Ausgabe und Ausübung der Aktienoption liegen muss (§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG), quasi zeitverzögert eine Beteiligung am laufenden Gewinn des Unternehmens vermitteln. Virtuelle Anteile oder Aktienoptionen beteiligen hingegen zum Zwecke der Liquiditätssicherung nicht am laufenden Gewinn des Unternehmens, sondern entfalten ihre Partizipation am Unternehmenswert in aller Regel nur im Falle des erfolgreichen Unternehmensverkaufs und haben somit einen höheren spekulativen Charakter (vgl. BAG, 28. Mai 2008 - 10 AZR 351/07 - Rn. 31, Juris; LAG Baden-Württemberg, 17. Januar 2012, a.a.O.; Löw/Glück, Der Betrieb 2015, Seite 187 (189 ff.)).
75 
Aus diesen Grundsätzen folgt vorliegend:
76 
Ausweislich der Vorbemerkung unter Ziffer 1 der ZV ist beabsichtigt, die Mitarbeiter am Erfolg der GmbH zu beteiligen und somit eine längerfristige Bindung der Mitarbeiter an die GmbH zu erreichen. Aus Satz 3 der Vorbemerkung geht des Weiteren hervor, dass die finanzielle Beteiligung einen durch die Veräußerung der Gesellschaftsanteile der Gesellschafter generierten Veräußerungserlös voraussetzt. In Ziffer 3 lit. b Satz 3 ZV wird ferner ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine wie auch immer geartete Verpflichtung der Gesellschafter zur Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nicht besteht (und im Übrigen auch Ausschüttungen der GmbH auf absehbare Zeit nicht geplant waren, Ziffer 3 lit. c Satz 4 ZV). Sinn und Zweck der Regelung der Ziffer 3 lit. b ZV ist es deshalb, den Mitarbeitern eine wirtschaftliche Beteiligung im Falle des Ausstiegs aller Gesellschafter aus der GmbH durch Verkauf all ihrer Anteile zu gewähren. Wie aus dem ausdrücklichen Hinweis in Ziffer 3 lit. b Satz 3 ZV zu folgern ist, sollte es dabei völlig offen sein, ob und ggf. wann es zu einer solchen Veräußerung aller Anteile durch die Gesellschafter kommen würde. Damit bezweckten die Vertragspartner der ZV den typischen Zweck einer virtuellen Unternehmensbeteiligung, nämlich im Falle eines angestrebten Exits die begünstigten Mitarbeiter wie Gesellschafter der Gesellschaft am erzielten Veräußerungserlös zu beteiligen. Diesem typischen Zweck liefe es zuwider, wenn die Mitarbeiter unabhängig vom derart definierten Verkaufsfall an den laufenden Gewinnen oder Teilverwertungen des Anlagevermögens allgemein beteiligt würden.
77 
cc) Diese Auslegung der ZV wird nicht zuletzt auch durch systematische Überlegungen gestärkt.
78 
In Ziffer 3 lit. c ZV werden nämlich die typischen Geschäftszwecke der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung im Verkaufsfall mit einer Beteiligung an erfolgten Ausschüttungen der GmbH kombiniert. Damit sollte typischerweise eine wirtschaftliche Beteiligung bei laufendem Geschäftsbetrieb erfolgen, wenn die Gesellschafter der GmbH durch Ausschüttungen an dem Erfolg des laufenden Unternehmens teilhaben. Auch diesbezüglich sollten die begünstigten Mitarbeiter - fiktiv - so wie die übrigen Gesellschafter behandelt werden.
79 
Damit bildet die ZV ein in sich geschlossenes Konzept der Mitarbeiterbeteiligung ab. Ziffer 1 ZV beschreibt in der Vorbemerkung ebenso wie in Ziffer 3 lit. b die Bedingungen einer klassischen Mitarbeiterbeteiligung in der Gestalt der Gewährung virtueller Geschäftsanteile. In Ziffer 2 ZV werden der Nennwert des dem Mitarbeiter gewährten virtuellen Geschäftsanteil und dessen weitere Einzelheiten beschrieben. Ziffer 3 ZV regelt des Weiteren die Einzelheiten der Berechnung und Realisierung der Mitarbeiterbeteiligung und in Ziffer 5 ZV sind Klauseln zum Ausscheiden der Mitarbeiter aus der Gesellschaft verankert. Demnach handelt es sich bei den Regelungen der ZV um typische Klauseln der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung, die typischerweise den Fall des erfolgreichen Exits der Gesellschaft flankieren und sicherstellen sollen, dass die Mitarbeiter am erfolgreichen Verkauf der Gesellschaft oder bei Kapitalentnahmen der Gesellschafter wirtschaftlich teilhaben. Entgegen der Auffassung des Klägers ist jedoch in Ziffer 3 lit. b ZV gerade eine allgemeine Teilhabe an jeglicher wirtschaftlicher Verwertung des Anlagevermögens der Gesellschaft oder ausgegliederter Unternehmen nicht festgeschrieben. Maßgebend ist allein der Verkauf aller Geschäftsanteile der PV GmbH durch deren Gesellschafter bzw. der Verkauf aller Aktien der PV AG durch deren Aktionäre. Der vom Kläger zur Begründung der Klage vorgebrachte Sachverhalt hat mit dem, der nach Ziffer 3 lit. b ZV zur Beteiligung der Mitarbeiter am Erlös der Veräußerung führt, nichts zu tun. Es liegt nach dem Vortrag des Klägers kein Verkaufsfall im Sinne der Ziffer 3 lit. b ZV vor.
80 
dd) Dieses Auslegungsergebnis wird nach Auffassung der Kammer auch durch nachfolgende Kontrollüberlegung bestätigt:
81 
Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hätten die Mitarbeiter der PV GmbH im Zuge der vereinbarten Beteiligung das bekommen sollen, was sie auch im Rahmen einer direkten Unternehmensbeteiligung mit „echten“ Geschäftsanteilen erhalten hätten - allerdings nicht auf Grund einer vollwertigen Rechtsstellung als Gesellschafter, sondern nur auf Grund eines schuldrechtlichen Vertrages mit der Gesellschaft. Wenn jedoch diese Gesellschaft ihr Anlagevermögen oder ihre Beteiligung an einem ausgegliederten Unternehmen veräußert, dann fließt der Gesellschaft der entsprechende Kaufpreis zu. Damit bleibt, soweit die Vermögens- bzw. Beteiligungswerte dem Kaufpreis entsprechen, der Unternehmenswert der Gesellschaft unverändert. Würde nun das Kapital der Gesellschaft durch Ausschüttung an die Gesellschafter ausgegeben, würden die durch die ZV begünstigten Mitarbeiter wie Gesellschafter behandelt entsprechend den Vorgaben von Ziff. 3 lit. c ZV.
82 
Hat also vorliegend die PV AG im Jahr 2013 ihre 40-prozentige Beteiligung an der Beklagten - für vom Kläger angenommene 165 Millionen Euro - an den Konkurrenten B + L verkauft, so fließt der PV AG dieser Kaufpreis als Einnahme zu. Über die Verwendung eines sich etwa hieraus ergebenden, in der Bilanz ausgewiesenen Gewinns beschließt die Hauptversammlung, also die Gesamtheit der stimmberechtigten Aktionäre der PV AG, in den Grenzen des §§ 58 Abs. 3, Abs. 4 AktG frei. Soweit eine Ausschüttung beschlossen würde (§ 174 AktG), entstünde dadurch für den einzelnen Aktionär ein unentziehbarer Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils, nämlich der Dividende. Hinsichtlich dieses Gewinnanteils wäre ein durch die ZV begünstigter Arbeitnehmer nach den Vorgaben des Ziff. 3 lit. c ZV hinsichtlich seines virtuellen Beteiligungsanspruchs den übrigen Aktionären gleichzustellen. Sollten hingegen alle Aktionäre der AG ihre Anteile an der PV AG in Ansehung des durch den Zufluss des Verkaufspreises erhöhten Kapitals veräußern, so läge der in Ziff. 3 lit. b ZV definierte Exit-Fall vor. Eines Schutzes durch ein im Sinne des Klägers überschießend weit ausgelegtes Verständnis der Regelungen der ZV bedarf es demnach grundsätzlich nicht. Dass der Kläger keinen Anspruch auf Ausschüttung gem. Ziff. 3 lit. c ZV hat, weil das Arbeitsverhältnis bereits im Jahr 2010 beendet wurde (hierzu nachfolgend unter 2), fällt auf Grund der mangelnden fortdauernden Bindung an die Gesellschaft (vgl. hierzu Vorbemerkung der ZV) in seinen Risikobereich.
83 
In diesem Sinn trägt auch die Beklagte vor, wenn sie darauf hinweist, dass es für den Wert der virtuellen Beteiligung des Klägers am Grundkapital der PV AG und der Höhe seines Zahlungsanspruchs im Ergebnis gleich sei, ob die PV AG ihren Geschäftsbetrieb selbst halte oder ausgliedere. Der vom Kläger beschworene Wert des Unternehmens der früheren GmbH sei ihm jedenfalls erhalten geblieben.
84 
Hierzu hat der Kläger trotz Rüge der Beklagten jedoch nichts erwidert.
85 
ee) Selbst wenn man der Auffassung des Klägers folgen würde, wonach bezüglich des Verkaufsfalls nach Ziff. 3 lit. b ZV nicht auf die PV AG, sondern auf die Beklagte abzustellen sei, wäre ein Anspruch des Klägers am Veräußerungserlös nicht gegeben. Da die PV AG nämlich ihre Beteiligung in Höhe von 40 Prozent der Geschäftsanteile der Beklagten veräußert hat, liegt gerade kein Fall vor, bei dem alle Geschäftsanteile der Gesellschaft durch die Gesellschafter veräußert wurden. „Alle Geschäftsanteile“ der Gesellschaft bedeutet nämlich nicht, dass es ausreicht, wenn ein Gesellschafter alle in seinem Besitz stehenden Anteile veräußert. Der „Verkaufsfall“ im Sinne des Ziff. 3 lit. b ZV setzt voraus, dass „alle“ im Sinn von 100 Prozent der Geschäftsanteile der in Bezug genommenen Gesellschaft veräußert werden. Dies liegt jedoch unstreitig weder bezüglich der PV AG noch bezüglich der Beklagten vor.
86 
d) Die vom Kläger vertretene, anderweitige Auffassung ergibt sich auch nicht als die dem Arbeitnehmer günstigere Regelung aus § 305 c Abs. 2 BGB.
87 
Bleibt bei der Auslegung einer allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dieser zu Lasten des Verwenders. Dies setzt aber voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung des § 305 c Abs. 2 BGB nicht (LAG München, 22. Juli 2014 - 9 Sa 255/14 - Rn. 87 unter Hinweis auf BAG, 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Juris).
88 
Der Wortlaut der Ziffer 3 lit. b ZV ist eindeutig. Er knüpft an den Verkaufsfall der Veräußerung aller Geschäftsanteile durch die Gesellschafter, nach rechtsformwahrender Umwandlung folglich an den Verkauf aller Aktien durch die Aktionäre der PV AG an. Eine Differenzierung danach, dass eine Verwertung des Vermögens des Unternehmens oder dessen Nachfolge durch Übertragung von Wirtschaftsgütern (sogenannte Asset-Deals) stattfindet, hat im Wortlaut keinen Niederschlag gefunden. Entgegen der Auffassung des Klägers soll, wie es sich auch aus der teleologischen und systematischen Auslegung ergibt, eine Beteiligung der Mitarbeiter am Verkaufserlös nur im Falle eines Exits erfolgen. Auf Grund des nach Auffassung der Kammer eindeutigen Auslegungsergebnisses bleibt für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB demnach kein Raum.
89 
e) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, dass eine Veräußerung der Geschäftsanteile an der Beklagten durch die PV AG zu einer Beteiligung am Veräußerungserlös nach Ziff. 3 lit. b führen soll, kommt nach Auffassung der Kammer nicht in Betracht.
90 
aa) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrages bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vortrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wegen der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise zu füllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (vgl. jüngst BAG, 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 27 unter Hinweis auf BAG, 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43, Juris).
91 
bb) Selbst wenn der Vortrag des Klägers zutreffen sollte, dass sich bei wirtschaftlichen Transaktionen oft im Voraus nicht festlegen lasse, auf welche Weise die wirtschaftliche Verwertung eines Unternehmens am Ende stattfinden würde und sich durch eine Beschränkung auf einen bestimmten Verkaufsfall die Beteiligung der Arbeitnehmer an den von ihnen geschaffenen Werten leicht umgehen ließe, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Wie bereits zuvor aufgezeigt, handelt es sich bei der ZV um ein in sich geschlossenes Konzept der Mitarbeiterbeteiligung, wonach lediglich im Falle des Exits eine Beteiligung am Veräußerungserlös erfolgen soll. Dass das Eintreten eines solchen Veräußerungsfalls höchst ungewiss war, haben die vertragsschließenden Parteien erkannt, denn sonst hätte die ausdrückliche Regelung unter Ziffer 3 lit. b Satz 3 ZV, wonach eine wie auch immer geartete Verpflichtung der Gesellschafter zur Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nicht besteht, keinen Sinn gemacht. Deshalb musste auch den begünstigten Arbeitnehmern - wie auch dem Kläger - klar gewesen sein, dass die Gewährung ihrer Beteiligung auf Basis eines virtuellen Geschäftsanteils einen großen spekulativen Charakter hat und sie auf die Werthaltigkeit ihrer Beteiligung nur eingeschränkt, nämlich lediglich für den Fall des Exits oder der Ausschüttung, vertrauen durften. Unerheblich ist daher, ob der Kläger bei Abschluss der Vereinbarung darauf hingewiesen wurde, dass eine Beteiligung am Gewinn nur bei einem ganz bestimmten Veräußerungsfall erfolgen würde. Denn hierbei handelt es sich - den Vortrag des Klägers zu Grunde gelegt - um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Inhalts (vgl. insoweit BAG 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 28, Juris).
92 
f) Entgegen der Meinung des Klägers liegt auch kein treuwidriges Verhalten vor, für das die Beklagte etwa einzustehen hätte. Weder die Ausgliederung der P. V. O. GmbH aus der PV AG unter Übertragung der wesentlichen Vermögenswerte auf vorgenannte GmbH noch deren Verschmelzung im Zuge eines Joint-Ventures auf die Beklagte im Jahr 2009 stellen ein treuwidriges Verhalten im Sinne von §§ 162 Abs. 1 oder 242 BGB dar.
93 
aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, das niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf (BAG, 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, Juris). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BAG, 23. September 2014, a.a.O., Rn. 32 unter Hinweis auf BGH, 16. September 2009 - V ZR 244/04, Juris).
94 
bb) Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Treuwidrigkeit bereits deshalb aus, da der Kläger ausweislich des eindeutigen Wortlauts sowie des Hinweises auf eine nicht gegebene Verpflichtung zur Veräußerung der Geschäftsanteile gem. Ziffer 3 lit. b ZV Kenntnis davon haben musste, dass es gänzlich ungewiss gewesen ist, ob ein Exit der Gesellschafter überhaupt erfolgen und eine Beteiligung am Verkaufserlös sich wiederspiegelnde Wertsteigerung der emittierenden Gesellschaft überhaupt jemals zur Auszahlung kommen würde. Ferner hat der Kläger weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die PV AG die Ausgliederung der 20/10 P. V. O. GmbH bzw. die Verschmelzung dieser mit dem Joint-Venture-Partner zur nunmehrigen Beklagten allein deswegen durchgeführt habe, um ein Entstehen des Beteiligungsanspruchs des Klägers sowie der sonstigen begünstigten Arbeitnehmer zu verhindern. Im Übrigen sind diese Maßnahmen der betrieblichen und gesellschaftsrechtlichen Organisation als Ausfluss des Grundsatzes der freien Unternehmerentscheidung durch Art. 2 Abs. 1, 12 und 14 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position. Dem gegenüber handelt es sich ausweislich der Vorbemerkung der ZV bei der streitgegenständlichen Mitarbeiterbeteiligung ausdrücklich nicht um eine Vergütung für bisher oder zukünftige geleistete Dienste. Sie ist bezüglich des Eintritts der anspruchsbegründenden Bedingung, nämlich des Falls des Exits der Gesellschafter der PV AG, höchst ungewiss. Diese Ungewissheit liegt jedoch in dem vorbeschriebenen typischen Zweck der gewählten Beteiligungsform begründet. Anhaltspunkte dafür, dass es mit Sicherheit niemals zu einer Erlösausschüttung nach Ziff. 3 lit. b ZV im Sinne der durch die vorgenannte Auslegung gewonnenen Erkenntnisse wird, sind zumindest weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
95 
2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gewinnausschüttung nach Ziffer 3 lit. c ZV zu, denn ausweislich der eindeutigen Regelung der Ziffer 5 Satz 4 ZV entfallen Ausschüttungen generell mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
96 
Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten wurde eine Dividendenausschüttung an die Aktionäre der PV AG erstmalig in der Hauptversammlung am 07. März 2014 beschlossen. Da zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis des Klägers längst beendet gewesen ist, liegen die Anspruchsvoraussetzungen insoweit nicht vor. Auch diesbezüglich ist die Klage folglich als unbegründet abzuweisen.
97 
3. Auch die Anträge auf Erteilung von Auskünften und Versicherung deren Richtigkeit sind, soweit sie nicht unzulässig sind, als unbegründet abzuweisen.
98 
a) Nach der Rechtsprechung des BAG (21. November 2011 - 9 AZR 665/99 - Rn. 52 unter Hinweis auf 05. September 1995 - 9 AZR 660/94 - Juris; vgl. auch Geisler in Prütting/Gehrlein, a.a.O., § 254 Rn. 15) ist ein Anspruch auf Auskunft und Versicherung deren Richtigkeit gegenstandslos, wenn feststeht, dass der Gläubiger auf Grund der Auskunft keinesfalls etwas fordern könnte. Denn die vorbereitenden Ansprüche auf Auskunft und Richtigkeitsversicherung sind im Verhältnis zum Haupt(-leistungs-)anspruch nur Hilfsansprüche, weil sie dessen Durchsetzung ermöglichen sollen. Stellt das Gericht fest, dass der mit der Stufenklage verfolgte Leistungsanspruch nicht gegeben ist, wird dem Begehren auf Auskunft und Versicherung gleichzeitig die Grundlage entzogen mit der Folge, dass die Stufenklage insgesamt durch ein einheitliches Endurteil abzuweisen ist (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 254 Rn. 9; MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl., § 254 Rn. 20).
99 
b) Dies ist vorliegend gegeben. Wie zuvor aufgezeigt, stehen dem Kläger die mit dem Leistungsantrag verfolgten Ansprüche aus der ZV auf Mitarbeiterbeteiligung nicht zu. Dem Hauptanspruch fehlt somit die rechtliche Grundlage, weswegen auch keine diesem vorgelagerten Hilfsansprüche auf Auskunft und Richtigkeitsversicherung bestehen können.
100 
4. Schließlich steht dem Kläger auch nicht der geltend gemachte Anspruch auf Abrechnungserteilung über seine Beteiligungen zu.
101 
Nach § 108 GewO ist dem Arbeitnehmer, wenn ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt besteht, bei Zahlung eine Abrechnung zu erteilen. Die Abrechnung dient der Transparenz und bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Dagegen gewährt § 108 GewO keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, Juris BAG 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - Rn. 18 Juris; LAG Rheinland-Pfalz 13. Dezember 2012 - 3 Sa 175/12 - Rn. 47 Juris).
102 
An einer bereits erfolgten Zahlung auf die geltendgemachten Beteiligungsansprüche fehlt es vorliegend jedoch.
103 
Die Klage ist daher, soweit sie zulässig ist, insgesamt als unbegründet abzuweisen.
104 
III. Nebenentscheidungen
105 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V. mit § 91 ZPO.
106 
2. Die Streitwertfestsetzung beruht dem Grunde nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG.
107 
Die Höhe des Streitwertes richtet sich bei der Stufenklage gem. § 44 GKG nach dem Wert des höchsten Anspruchs. Dies ist regelmäßig der Wert des Zahlungsantrages auf der letzten Stufe und wird bestimmt durch das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Anspruchsverfolgung, das gem. § 3 ZPO von der Erwartung des Klägers hinsichtlich des wirtschaftlichen Ziels der Prozessführung geprägt wird. Diesen Wert hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts in der Kammerverhandlung vom 17. März 2015 auf Euro 295.058, 82 beziffert.
108 
3. Die Berufung ist für den Kläger nach Maßgabe des § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,-- Euro übersteigt. Eine gesonderte Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG war mangels des Vorliegens der diesbezüglichen Voraussetzung nicht veranlasst.

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 1 Inhalt und Form des Tarifvertrags


(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

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(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit


(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


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(1) Die Satzung kann nur für den Fall, daß die Hauptversammlung den Jahresabschluß feststellt, bestimmen, daß Beträge aus dem Jahresüberschuß in andere Gewinnrücklagen einzustellen sind. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung kann höchstens die H

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(1) Der Beschluß über die bedingte Kapitalerhöhung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. § 1

Aktiengesetz - AktG | § 174


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Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

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(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2008 - 3/15 Sa 1327/07 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Juli 2007 - 1 Ca 91/07 - in Höhe von insgesamt 1.025,25 Euro zuzüglich darauf entfallender Zinsen zurückgewiesen hat. Das bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Kassel wird insoweit abgeändert und in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Unter Aufrechterhaltung im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Mai 2005 - 1 Ca 55/05 - insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 343,42 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 abgewiesen wurde. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.025,25 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 343,42 Euro seit dem 1. Januar 2005, 343,78 Euro seit dem 1. Januar 2006 und 338,05 Euro seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten erster und zweiter Instanz haben die Klägerin zu 85 % und der Beklagte zu 15 % zu tragen, mit Ausnahme der Kosten, die durch das Versäumnisurteil vom 25. Mai 2005 entstanden sind. Diese Kosten hat die Klägerin allein zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung. Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin, der Pflegeheime und Internate betreibt. Die Klägerin ist examinierte Altenpflegerin und seit dem 15. Oktober 1996 als Dauernachtwache bei dem Beklagten beschäftigt.

2

Die Klägerin bezieht nach § 5 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 16. Oktober 1996 eine Vergütung nach „BAT Kr. IV“. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags verhält sich über Sonderzahlungen wie folgt:

        

„Sämtliche Sonderzahlungen sind freiwillige Zuwendungen, für die kein Rechtsanspruch besteht (z. B. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld richten sich nach den Bestimmungen des BAT).“

3

Der Beklagte zahlte bis zum Jahr 2003 als Weihnachtsgeld mit der Novembervergütung einen Betrag, der nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in seiner jeweiligen Fassung (nachfolgend: TV Zuwendung) berechnet wurde. Anlässlich der Zahlung erhielten die Mitarbeiter ein Schreiben, in dem wortgleich jeweils ua. ausgeführt war:

        

„Unter der Lohnart … können Sie das Ihnen zustehende Weihnachtsgeld in Höhe von

        

…       

        

entnehmen.

        

Wir möchten erneut betonen, dass es sich nach den vertraglichen Vereinbarungen um eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers handelt, für die kein Rechtsanspruch besteht.“

4

Entsprechend einer Ankündigung im Begleitschreiben für das Jahr 2003 erbrachte der Beklagte seit dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung. Der Basiswert dieser Sonderzahlung wurde nach dem TV Zuwendung errechnet. Zur Auszahlung kam ein individuell für jeden Mitarbeiter anhand einer Leistungsbeurteilung ermittelter prozentualer Anteil.

5

Die Klägerin macht für die Jahre 2004 bis 2006 der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitige Differenzen zwischen der geleisteten Sonderzahlung und der vollen Zuwendung nach dem TV Zuwendung geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags bestehe ein vertraglicher Anspruch.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.025,25 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags seien sämtliche Sonderzahlungen freiwillige Leistungen, auf die kein Anspruch bestehe. Er sei deshalb nicht gehindert gewesen, ab dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung zu erbringen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Zahlungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags, § 2 Abs. 1 TV Zuwendung iVm. der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung einen Anspruch auf die geltend gemachten Zuwendungsdifferenzbeträge. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Bestimmung nach Maßgabe des § 305c Abs. 2 BGB.

11

1. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Das Landesarbeitsgericht hat entsprechende Feststellungen getroffen. Darüber streiten die Parteien nicht.

12

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - mwN, aaO).

13

3. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags beinhaltet eine einheitliche, aus einem Freiwilligkeitsvorbehalt und einem Klammerzusatz bestehende Klausel.

14

a) Der Freiwilligkeitsvorbehalt ohne Klammerzusatz kann dem Wortlaut nach geeignet sein, einen vertraglichen Anspruch auf eine Sonderzahlung nicht entstehen zu lassen. Sämtliche Sonderzahlungen sollen danach freiwillige Zuwendungen sein, für die kein Rechtsanspruch besteht. Der Senat erkennt Freiwilligkeitsvorbehalte, die sich nicht in dem bloßen Hinweis erschöpfen, dass sich der Arbeitgeber „freiwillig“ zur Erbringung einer Sonderzahlung verpflichtet, sondern die einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung bei wiederholter Zahlung nicht entstehen lassen, auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich als zulässig an (BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38). Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt weicht nicht von § 611 Abs. 1 BGB ab und verstößt, sofern es sich um einen klar und verständlich formulierten Vorbehalt handelt, nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB, da es bereits an einer versprochenen Leistung fehlt(BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - aaO; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - aaO).

15

b)Der Klammerzusatz steht zu dem Freiwilligkeitsvorbehalt im Widerspruch. Nach der Verknüpfung „z. B.“ nimmt er zwar Bezug auf den Vorbehalt, soll ihn also anscheinend erläutern. Vor dem Hintergrund des nachfolgenden Klammertextes ist dies jedoch nicht eindeutig. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld sollen sich nach den Bestimmungen des BAT „richten“. Für sich genommen wird nach dem Wortlaut des Klammerzusatzes („richten sich“) ein vertraglicher, der Höhe nach in § 2 TV Zuwendung geregelter Anspruch auf eine Sonderzuwendung begründet, sofern der Arbeitnehmer die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 TV Zuwendung erfüllt. Dass mit „den Bestimmungen des BAT“ bezogen auf die Weihnachtsgratifikation der TV Zuwendung gemeint ist, liegt im Hinblick darauf, dass der BAT keine eigene Regelung enthält, nahe und wird von den Parteien auch nicht anders verstanden.

16

c) Eine Verknüpfung von Vorbehalt und Klammerzusatz in dem Sinne, dass der Klammerzusatz lediglich die beispielhafte Aufzählung der Sonderzahlungen enthält, die unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen, läge nahe, wenn dieser ohne die Worte „richten sich“ formuliert wäre. Da der Klammerzusatz einen Anspruch formuliert, ist aber auch eine einschränkende Auslegung im Sinne der Klägerin rechtlich vertretbar, dass zwar grundsätzlich Sonderzahlungen freiwillige Zuwendungen sind, aber Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen des BAT gezahlt werden. Schließlich erscheint die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auslegung möglich, der Verweis auf die Bestimmungen des BAT betreffe nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Leistung; allerdings bestehen auch hierfür keine durchgreifenden Anhaltspunkte. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags erweist sich als mehrdeutig.

17

d) Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Beklagten. Die Norm kommt dann zur Anwendung, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Widersprechen sich hingegen mehrere Klauseln inhaltlich, ist § 305c Abs. 2 BGB unanwendbar und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB greift(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 §   307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259).

18

Da nach der textlichen Gestaltung von Vorbehalt und Klammerzusatz und der Verknüpfung durch „z. B.“ eine einzelne Klausel über die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation auszulegen ist, greift § 305c Abs. 2 BGB. Der Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst nicht die im Klammerzusatz aufgeführte Weihnachtsgratifikation. Zugunsten der Klägerin ist § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags dahin auszulegen, dass im Streitzeitraum ein vertraglicher Anspruch auf eine Sonderzuwendung nach Maßgabe des TV Zuwendung bestanden hat.

19

4. Unerheblich ist, dass der Dienstvertrag vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Vertrauen auf die damals geltende Rechtslage vereinbart wurde. Die jetzt in § 305c Abs. 2 BGB normierte Unklarheitenregel war schon vor Inkrafttreten des AGBG und während seiner Geltung allgemein anerkannt und galt auch für Formulararbeitsverträge(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 26. Januar 2005 - 10 AZR 331/04 - BAGE 113, 265).

20

5. Die Parteien haben den Anspruch der Klägerin auf eine Sonderzuwendung nach dem TV Zuwendung nicht vertraglich abgeändert. Die jährlichen Begleitschreiben des Beklagten im Zusammenhang mit der Zahlung enthalten kein Angebot an die Klägerin, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen und einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation zukünftig auszuschließen. Sie sind wie § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags in sich widersprüchlich, indem sie einerseits auf ein „zustehendes“ Weihnachtsgeld Bezug nehmen und andererseits einen Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistung enthalten. Selbst wenn sich die Begleitschreiben als Angebot auf Abänderung des Dienstvertrags auslegen ließen, hätte die Klägerin ein solches Angebot nicht angenommen. Das Schweigen gegenüber einem Angebot auf Verschlechterung eines Vertrags ist grundsätzlich keine Annahme eines solches Angebots (§ 151 BGB). Das gilt bei einer widerspruchslosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zumindest dann, wenn sich die angetragene Veränderung nicht unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 -).

21

6. Der Anspruch besteht in der geltend gemachten Höhe. Im Streitzeitraum betrug die Sonderzuwendung entsprechend der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung 82,14 % des Bemessungssatzes. Die Zuwendungsdifferenzen sind durch die Klägerin zutreffend für das Jahr 2004 mit 343,42 Euro, für das Jahr 2005 mit 343,78 Euro und für das Jahr 2006 mit 338,05 Euro berechnet worden. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2, § 288 Abs. 1 BGB.

22

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 344 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Walter Huber    

        

    Kiel    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Der Beschluß über die bedingte Kapitalerhöhung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. § 182 Abs. 2 und § 187 Abs. 2 gelten.

(2) Im Beschluß müssen auch festgestellt werden

1.
der Zweck der bedingten Kapitalerhöhung;
2.
der Kreis der Bezugsberechtigten;
3.
der Ausgabebetrag oder die Grundlagen, nach denen dieser Betrag errechnet wird; bei einer bedingten Kapitalerhöhung für die Zwecke des § 192 Abs. 2 Nr. 1 genügt es, wenn in dem Beschluss oder in dem damit verbundenen Beschluss nach § 221 der Mindestausgabebetrag oder die Grundlagen für die Festlegung des Ausgabebetrags oder des Mindestausgabebetrags bestimmt werden; sowie
4.
bei Beschlüssen nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 auch die Aufteilung der Bezugsrechte auf Mitglieder der Geschäftsführungen und Arbeitnehmer, Erfolgsziele, Erwerbs- und Ausübungszeiträume und Wartezeit für die erstmalige Ausübung (mindestens vier Jahre).

(1) Die Satzung kann nur für den Fall, daß die Hauptversammlung den Jahresabschluß feststellt, bestimmen, daß Beträge aus dem Jahresüberschuß in andere Gewinnrücklagen einzustellen sind. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung kann höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden. Dabei sind Beträge, die in die gesetzliche Rücklage einzustellen sind, und ein Verlustvortrag vorab vom Jahresüberschuß abzuziehen.

(2) Stellen Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluß fest, so können sie einen Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte, in andere Gewinnrücklagen einstellen. Die Satzung kann Vorstand und Aufsichtsrat zur Einstellung eines größeren oder kleineren Teils des Jahresüberschusses ermächtigen. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung dürfen Vorstand und Aufsichtsrat keine Beträge in andere Gewinnrücklagen einstellen, wenn die andere Gewinnrücklagen die Hälfte des Grundkapitals übersteigen oder soweit sie nach der Einstellung die Hälfte übersteigen würden. Absatz 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2a) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 können Vorstand und Aufsichtsrat den Eigenkapitalanteil von Wertaufholungen bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens in andere Gewinnrücklagen einstellen. Der Betrag dieser Rücklagen ist in der Bilanz gesondert auszuweisen; er kann auch im Anhang angegeben werden.

(3) Die Hauptversammlung kann im Beschluß über die Verwendung des Bilanzgewinns weitere Beträge in Gewinnrücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen. Sie kann ferner, wenn die Satzung sie hierzu ermächtigt, auch eine andere Verwendung als nach Satz 1 oder als die Verteilung unter die Aktionäre beschließen.

(4) Die Aktionäre haben Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch Hauptversammlungsbeschluß nach Absatz 3 oder als zusätzlicher Aufwand auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen ist. Der Anspruch ist am dritten auf den Hauptversammlungsbeschluss folgenden Geschäftstag fällig. In dem Hauptversammlungsbeschluss oder in der Satzung kann eine spätere Fälligkeit festgelegt werden.

(5) Sofern die Satzung dies vorsieht, kann die Hauptversammlung auch eine Sachausschüttung beschließen.

(1) Die Hauptversammlung beschließt über die Verwendung des Bilanzgewinns. Sie ist hierbei an den festgestellten Jahresabschluß gebunden.

(2) In dem Beschluß ist die Verwendung des Bilanzgewinns im einzelnen darzulegen, namentlich sind anzugeben

1.
der Bilanzgewinn;
2.
der an die Aktionäre auszuschüttende Betrag oder Sachwert;
3.
die in Gewinnrücklagen einzustellenden Beträge;
4.
ein Gewinnvortrag;
5.
der zusätzliche Aufwand auf Grund des Beschlusses.

(3) Der Beschluß führt nicht zu einer Änderung des festgestellten Jahresabschlusses.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Oktober 2011 - 7 Sa 452/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines von der Beklagten zu zahlenden Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag des Klägers.

2

Der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten schlossen am 22. September/25. September 2003 einen Aufhebungsvertrag. In diesem heißt es ua.:

        

„Aufhebungsvertrag

        

1       

…       

                 

Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wird daher auf Veranlassung der B AG zum 31. Oktober 2004 aufgehoben.

        

3       

…       

                 

Unter Anrechnung von Leistungen Dritter, z. B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, gesetzlichen Rentenversicherung sowie Bezügen aus anderweitiger beruflicher Tätigkeit, garantieren wir Ihnen eine Gesamtleistung von insgesamt 138.672,87 EUR brutto.

                 

Diese Gesamtleistung setzt sich zusammen aus:

                          

einer Einmalzahlung im November 2004 von

                          

5.532,87 EUR brutto,

                          

sowie vom 1. November 2004 bis 31. Oktober 2009 Leistungen von monatlich 2.219,00 EUR brutto.

                 

Abweichungen von den monatlichen Beträgen können sich auf Grund der Anrechnung von Leistungen Dritter ergeben.

                 

…       

        

5       

Zusätzlich übernimmt die B AG - sofern hierzu nicht ein anderer Träger verpflichtet ist - die während des Ausgleichszeitraumes zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben, maximal bis zu der Höhe des Beitrages der zuständigen Betriebskrankenkasse der B AG.

        

…“    

        
3

Die Krankenkassenbeiträge wurden zunächst von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unmittelbar an deren Betriebskrankenkasse, die B BKK, überwiesen. Ab November 2006 wurde das Einzugsverfahren durch die Rechtsnachfolgerin der B BKK, die p BKK, umgestellt. Dies hatte zur Folge, dass der Kläger seine Krankenversicherungsbeiträge selbst an die Krankenkasse abführen musste und der Krankenversicherungszuschuss unmittelbar an ihn ausbezahlt wurde. Da der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis mehr stand, war er bei der p BKK als freiwilliges Mitglied versichert. Diese stellte sich auf den Standpunkt, dass für den von der Beklagten an den Kläger gezahlten Zuschuss ebenfalls Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen seien, er also ebenfalls der Verbeitragung unterliege. Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 teilte sie dem Kläger ua. mit:

        

„…    

        

wie mit Ihnen besprochen, sind wir damit einverstanden, dass Sie für die Zeit ab dem 01.11.2006 die Beiträge nur in Höhe an uns entrichten, wie diese ohne Berücksichtigung des Zuschusses zur Krankenversicherung zu entrichten wären.

        

Den Beitrag, der aus dem Zuschuss anfällt, werden wir solange stunden, bis geklärt ist, wie die endgültige Beitragsberechnung zu erfolgen hat.

        

…“    

4

Am 25. Mai 2010 schrieb die p BKK an den Kläger:

        

„…    

        

Sie erhielten von der B GmbH eine monatliche Abfindung und einen Krankenkassenzuschuss. Mit Schreiben vom 21.02.2008 [richtig wohl: 22.02.2008] erklärten wir uns damit einverstanden, Ihnen den Beitrag insoweit zu stunden, als er auf den Krankenkassenzuschuss entfällt. Grund hierfür war, dass die Frage der Beitragspflicht aus in monatlichen Raten gezahlten Abfindungen bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist.

        

Zwischenzeitlich steht fest, dass es zu der ursprünglich angestrebten gerichtlichen Klärung nicht kommen wird, da sich kein Mitglied gefunden hat, welches bereit war, einen Musterrechtsstreit zu führen. Unsere zu dieser Rechtsfrage vertretene Auffassung wird vom Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen geteilt. Auch das Bundesversicherungsamt beanstandet diese Beitragsberechnung nicht.

        

Wir heben daher die Stundung auf und berechnen für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2009 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung neu.

        

…       

        

Damit sind für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2009 Beiträge in Höhe von 1.717,32 € nachzuzahlen.

        

…“    

5

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf. Dieser Rechtsstreit ist noch anhängig.

6

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung des von der p BKK geforderten Nachzahlungsbetrages in Höhe von insgesamt 1.717,32 Euro.

7

Er meint, die Beklagte habe sich im Aufhebungsvertrag dazu verpflichtet, die Krankenkassenbeiträge in voller Höhe zu übernehmen. Wenn die Beklagte nunmehr einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen zahle und dies dazu führe, dass sich der von ihm zu zahlende Krankenversicherungsbeitrag erhöhe, so habe die Beklagte dafür zu sorgen, dass ihm keine zusätzlichen Kosten entstünden.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.717,32 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2010 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie vertritt die Ansicht, dass sie, wie sich aus Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ergebe, die Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag schulde und nicht zusätzlich die Zahlung der auf diese Zuschüsse entfallenden Krankenversicherungsbeiträge. Die zugesagte Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge beziehe sich nur auf die monatliche Abfindungszahlung von 2.219,00 Euro, nicht aber auf die zusätzlich gezahlten Krankenversicherungsbeiträge. Außerdem wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers aufgrund der einmonatigen Ausschlussfrist des auf das Arbeitsverhältnis vereinbarungsgemäß anzuwendenden § 17 MTV verfallen. Die Fälligkeit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs wäre mit dem Bescheid der p BKK vom 25. Mai 2010 eingetreten, so dass die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs mit Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 21. Juli 2010 verspätet gewesen wäre.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

14

Die Beklagte sei nur verpflichtet, dem Kläger die auf die in Ziff. 3 des Aufhebungsvertrages zugesagte monatliche Leistung in Höhe von 2.219,99 Euro [richtig wohl: 2.219,00 Euro] entfallenden Krankenkassenbeiträge zu erstatten. Dies ergebe die Auslegung der Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages. Ausweislich dieser Bestimmung sei unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte die zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge „als Bruttobetrag“ übernehme. Sollte diese Leistung ihrerseits der Krankenversicherungspflicht unterliegen, so handele es sich dabei um eine gesetzliche Folge, die nicht die Beklagte, sondern den Kläger als Arbeitnehmer treffe. Dies sei für diesen auch erkennbar gewesen, weil bei der Zusage einer Bruttoleistung feststehe, dass hiervon Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung abgingen. Zu Recht weise die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ändern könnten, welche auf die Voraussetzungen etwaiger Abzüge und deren etwaige Höhe Einfluss haben. Gerade durch eine Bruttovereinbarung werde deutlich, dass der vertragschließende Arbeitgeber das Risiko derartiger Veränderungen nicht tragen wolle. Soweit der Kläger behaupte, das Zustandekommen der Aufhebungsvereinbarung sei „von dem Wunsch beider Parteien“ geprägt gewesen, ihm eine feste monatliche Abfindungsleistung zur Verfügung zu stellen, welche ihm ein festes monatliches Einkommen habe ermöglichen sollen, sei diese von der Beklagten bestrittene Behauptung unsubstantiiert. Die Annahme eines derartigen „Wunsches“ finde in der Aufhebungsvereinbarung auch keinerlei Stütze, weil dort alle an den Kläger zu zahlenden Beträge als Bruttobeträge bezeichnet seien, wodurch hinreichend und auch für den Kläger erkennbar klargestellt sei, dass die hierauf entfallenden Steuern, Abgaben und zusätzlichen Krankenversicherungsbeiträge von ihm selbst zu tragen sein sollten.

15

Es könne auch nicht von einer Nettolohnvereinbarung der Parteien ausgegangen werden. So könne kein „klar erkennbarer Wille“ der Parteien zum Abschluss einer Nettolohnvereinbarung festgestellt werden. Vielmehr befänden sich in der Vereinbarung ausschließlich Anhaltspunkte für den „Normalfall“, nämlich eine Bruttolohnvereinbarung. Vom Kläger seien auch keine Umstände vorgetragen worden, warum die Beklagte von diesem „Normalfall“ abgewichen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die von ihr an den Kläger ausgezahlten Krankenkassenbeiträge so zu gestalten, dass für ihn ein Einkommen nach Maßgabe eines Bruttomonatsentgelts in Höhe von 2.219,00 Euro gewährleistet sei. Aus dem Aufhebungsvertrag selbst ergebe sich, dass der von der Beklagten übernommene Krankenversicherungsbeitrag höhenmäßig auf die Leistungen aus dem Aufhebungsvertrag begrenzt sein sollte. Dies ergebe sich hinreichend deutlich aus der Formulierung, dass die Beklagte die Krankenkassenbeiträge als Bruttobeträge übernehme, „soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergäben“. Damit hätten die Parteien in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ersichtlich nicht auf die tatsächlich vom Kläger zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge abstellen wollen, sondern nur auf die Krankenversicherungsbeiträge, die sich aufgrund der Leistungen aus Ziff. 3 der Vereinbarung ergeben.

16

Die streitgegenständlichen Regelungen seien auch unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, wirksam. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB komme nicht zur Anwendung. Dafür genüge es nicht, dass Streit über die Auslegung bestehe. Voraussetzung sei vielmehr, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibe und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar seien. Weise die Klausel bei objektiver Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf oder hätten die Parteien sie übereinstimmend in einem bestimmten Sinne verstanden, sei für eine Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Dies sei vorliegend der Fall.

17

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

Die zulässige Klage ist unbegründet.

19

1. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht unmittelbar aus den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.

20

a) Dem Kläger steht aufgrund der mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen im Aufhebungsvertrag kein Anspruch auf Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu, welche die p BKK als Beiträge auf den von der Beklagten gemäß Ziff. 5 des Vertrages geleisteten Krankenversicherungszuschuss verlangt hat. Die insoweit vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Vertragsvereinbarungen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

21

b) Das Berufungsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei den einschlägigen Regelungen im Aufhebungsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Nach der Legaldefinition in § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6).

22

Davon, dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist trotz fehlender ausdrücklicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht auszugehen. Zunächst tragen beide Parteien vor, dass der Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages entsprechende Vereinbarungen auch in anderen Fällen von „Frühverrentungen“ verwendet worden sind, und zum anderen liegen auch den im Rechtsstreit vorgelegten Urteilen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 21. September 2010 (- 5 Sa 193/10 -) und des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 18. Februar 2009 (- 7 Ca 3698/08 -) mit anderen Arbeitnehmern vereinbarte gleichlautende Vertragsklauseln zugrunde.

23

c) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der einschlägigen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu wertenden Bestimmungen des Aufhebungsvertrages unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

24

d) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 24 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

25

e) Bereits der Wortlaut der im Aufhebungsvertrag getroffenen Vereinbarung spricht für das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis. So heißt es in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages, dass die Beklagte die „Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben“, übernimmt. Aus der Verwendung des Begriffes „Bruttobetrag“ ergibt sich, dass der Kläger als Arbeitnehmer alle Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung, welche auf diesen Krankenversicherungszuschuss entfallen, tragen sollte. Der Begriff „Brutto“(-Entgelt) stellt nämlich rechtsterminologisch das Gegenteil von „Netto“(-Entgelt) dar. Unter einer Nettolohnvereinbarung ist eine Abrede zwischen den Parteien eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses des Inhalts zu verstehen, dass der Arbeitgeber - gegebenenfalls neben der Übernahme von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung - dem Arbeitnehmer dadurch zusätzlichen Lohn zuwendet, dass er auch die Lohnsteuer trägt (vgl. BFH 28. Februar 1992 - VI R 146/87 - zu 1 a der Gründe, BFHE 167, 507 = AP BGB § 611 Nettolohn Nr. 5). Im Ergebnis bedeutet der Begriff „netto“ nach allgemeinem Sprachgebrauch im Zusammenhang mit einer Vergütungsvereinbarung, dass der Arbeitnehmer den genannten Betrag in der angegebenen Höhe vom Arbeitgeber ausbezahlt erhält und keine Abgaben auf diesen ausbezahlten Betrag mehr zu leisten hat.

26

Letztlich verlangt der Kläger von der Beklagten, so gestellt zu werden, als hätte er mit dieser vereinbart, den Krankenversicherungszuschuss „netto“ auszuzahlen, dh. alle darauf entfallenden Krankenversicherungsbeiträge zu tragen. Gegen eine solche Auslegung der getroffenen Vereinbarung spricht auch, dass sich die Höhe des Krankenversicherungszuschusses ausschließlich an den im „Vertrag zugesagten Leistungen“ orientieren sollte. Darunter können aber nur die in Ziff. 3 aufgeführten Leistungen der Beklagten, nicht der in Ziff. 5 genannte Krankenversicherungszuschuss selbst gemeint sein.

27

Einem solchen Verständnis der Begriffe „brutto“ und „netto“ steht nicht entgegen, dass es sich im Streitfalle um Krankenversicherungsbeiträge handelt, welche aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung vom Kläger an die p BKK zu zahlen waren (vgl. BAG 26. August 2009 - 5 AZR 616/08 - Rn. 17, USK 2009-71).

28

Der grundsätzliche Unterschied zwischen den Begriffen „Nettobetrag“ und „Bruttobetrag“ ist den im Arbeitsleben Stehenden regelmäßig bekannt. Besondere Rechtskenntnisse sind für diese allgemeine Unterscheidung nicht erforderlich.

29

f) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Anwendbarkeit der so genannten „Unklarheitenregelung“ des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum ist. Bleibt bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dieser nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Dies setzt aber voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB nicht(BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

30

Das vom Berufungsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Auslegungsergebnis lässt keine solchen Zweifel entstehen.

31

g) Für die Annahme, dass die Parteien etwas anderes vereinbaren wollten, als sich aus dem Wortlaut und der Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen ergibt, lässt sich aus dem Aufhebungsvertrag nichts ableiten. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis ebenfalls zutreffend entschieden.

32

h) Eine Inhaltskontrolle der getroffenen Abrede nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB scheidet aus. Eine solche würde voraussetzen, dass durch die Vereinbarung über die Zahlung des Krankenversicherungszuschusses eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung vereinbart worden wäre (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfange Arbeitnehmer auf ihnen vom Arbeitgeber geleistete Zuschüsse Sozialversicherungsabgaben leisten müssen, ist gesetzlich geregelt. Durch die Vereinbarung, dass die Krankenversicherungszuschüsse „brutto“ ausbezahlt werden, wollten die Parteien von den gesetzlichen Bestimmungen weder abweichen noch diese ergänzen.

33

Für die Anwendbarkeit des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB, nach dem „andere Bestimmungen“ nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein können, ist kein Raum. Dies würde voraussetzen, dass „die Bestimmung nicht klar und verständlich“ (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ist. Dies ist aber - wie oben dargelegt - nicht der Fall.

34

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anpassung der getroffenen Vereinbarungen bzgl. des Krankenversicherungszuschusses.

35

Selbst wenn dem Kläger und möglicherweise auch der Beklagten die Problematik bei Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht bewusst gewesen ist, dass der Krankenversicherungszuschuss seinerseits der Krankenversicherungsbeitragspflicht unterliegen könnte, ändert dies am Inhalt der getroffenen Vereinbarung nichts, insbesondere würde dies keinen Anspruch des Klägers auf Anpassung des Vertrages begründen. Ein solcher Anspruch auf Anpassung der arbeitsvertraglichen Regelungen im Sinne des klägerischen Begehrens könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) vorläge. Wird zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass er den Aufhebungsvertrag nicht oder nur mit dem von ihm gewünschten Inhalt geschlossen hätte, wenn er von der Beitragspflicht bezüglich des Krankenversicherungszuschusses gewusst hätte, so scheidet eine Anwendbarkeit des § 313 BGB und damit ein Anspruch auf Anpassung des Aufhebungsvertrages allein deshalb aus, weil es dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht unzumutbar ist, am Aufhebungsvertrag in unveränderter Form festzuhalten(§ 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB). Bei dem Gesamtvolumen der dem Kläger aufgrund des Aufhebungsvertrages von der Beklagten gewährten Leistungen (138.672,87 Euro nebst den Krankenversicherungszuschüssen) ist es dem Kläger - auch unter Berücksichtigung, dass er als Gegenleistung auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses verzichtet hat - nicht unzumutbar, insgesamt 1.717,32 Euro an Beiträgen für seine - letztlich nur ihm zugutekommende - Krankenversicherung zu zahlen.

36

3. Da bereits dem Grunde nach kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung eines von ihm ggf. auf den Krankenversicherungszuschuss zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrages besteht, kommt es nicht darauf an, ob die p BKK diesen Beitrag zu Recht vom Kläger gefordert hat, dh. ob dessen Klage vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Erfolg hat.

37

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Bloesinger    

        

    St. Soost    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. April 2012 - 13 Sa 1210/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 Vorruhestandsgeld zu zahlen.

2

Die Beklagte ist ein Bankinstitut. Der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger war bis zum 30. September 2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als AT-Mitarbeiter und Prokurist gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 6.263,33 Euro beschäftigt. Seit dem 20. März 1992 war er Inhaber eines Schwerbehindertenausweises. Der Grad der Behinderung betrug 80. Am 6. September 2004 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Vorruhestandsvereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2004 vorsah. Unter Ziff. 2.1 des Vorruhestandsvertrags ist geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Oktober 2004 bis zum gesetzlichen Rentenbeginn ein monatliches Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto erhält. Des Weiteren enthält der Vorruhestandsvertrag - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - folgende Regelungen:

        

4.    

Grundlage und Erlöschen der Ansprüche

        

4.1     

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011. Erforderliche Antragstellungen obliegen Herrn B.

        

…       

        
        

5.    

Mitwirkungspflichten

        

5.1     

Herr B ist verpflichtet, Änderungen der ihn betreffenden Verhältnisse, die auf die Ansprüche auf Vorruhestandsgeld Auswirkungen haben können, der Bank unverzüglich mitzuteilen. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer Tätigkeit, für die Herr B eine Vergütung für den Einsatz seiner Arbeitskraft erhält. Während der Dauer der Vorruhestandsvereinbarung erhaltene Bezüge sowie eventuelle Leistungen aus den Sozialversicherungen werden auf das von der Bank zu zahlende Vorruhestandsgeld angerechnet.

        

…       

        
        

5.3     

Herr B verpflichtet sich, einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf vergleichbare Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, zu stellen.“

3

Seit Ende 2004 lebt der Kläger in Bolivien. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 Auskunft über die Folgen eines Umzugs nach Bolivien im Hinblick auf die Sozialversicherungsabgaben erteilt. Vorausgegangen war ein Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt einkommenssteuerpflichtige Arbeitnehmer, den der Kläger am 15. September 2004 der Personalabteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt hatte und in dem er seinen Wegzug nach Bolivien angegeben hatte.

4

Mit Bescheid des Versorgungsamts der Freien Hansestadt Bremen vom 15. September 2010 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises bestandskräftig mit der Begründung abgelehnt, für die Verlängerung bedürfe es nach dem Gesetz eines gewöhnlichen Aufenthalts oder einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Die vom Kläger am 9. Februar 2011 beantragte Altersrente wegen Schwerbehinderung bewilligte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund mit derselben Begründung nicht. Das vom Kläger gegen deren Bescheid vom 19. April 2011 angestrengte Widerspruchsverfahren ruht.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Vorruhestandsgeld sei nicht erloschen, weil er aufgrund seines dauerhaften Aufenthalts in Bolivien keinen Anspruch auf vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung habe. Er sei auch nicht verpflichtet, nach Deutschland zurückzukehren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe vor Abschluss der Vereinbarung Kenntnis von seiner Auswanderungsabsicht gehabt. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung sei zudem diskriminierend und daher nicht wirksam, weil er bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente höhere Abschläge hinzunehmen hätte als ein nicht schwerbehinderter Mensch. Auch habe sich sein Gesundheitszustand deutlich gebessert.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 den monatlichen Bruttobetrag von 4.800,00 Euro zu zahlen,

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm die finanziellen Nachteile auszugleichen, die er aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung aufgrund Ziff. 5.3 der Vorruhestandsvereinbarung gegenüber einem nicht schwerbehinderten Beschäftigten in der gleichen Situation erleidet, vollumfänglich auszugleichen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dem Kläger sei das Angebot auf Abschluss des Vorruhestandsvertrags ausschließlich aufgrund seiner persönlichen Situation als schwerbehinderter Mensch sowie seiner Stellung als Betriebsratsmitglied unterbreitet worden. Derartige Vereinbarungen seien bei ihrer Rechtsvorgängerin unüblich gewesen. In den Jahren 1999 bis 2008 sei lediglich mit zwei weiteren Mitarbeitern eine Vorruhestandsvereinbarung abgeschlossen worden, jedoch zu deutlich schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter. Nach der Vereinbarung mit dem Kläger trage dieser das Risiko, aufgrund eines von ihm verursachten Umstands keine vorzeitige Altersrente wegen der Schwerbehinderung beziehen zu können. Ihre Rechtsvorgängerin sollte nach Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung lediglich das Risiko einer etwaigen nach Vertragsschluss erfolgten Änderung von Rechtsnormen tragen, die zu einem späteren als dem bei Vertragsschluss erwarteten Rentenbezug ab dem 1. Januar 2011 führten. Nicht die Rechtslage, sondern die Tatsachenlage habe sich durch den Wegzug des Klägers verändert. Jedenfalls könne sich der Kläger nach § 162 Abs. 1, § 242 BGB nicht auf den nicht gegebenen Rentenanspruch ab Vollendung seines 60. Lebensjahres berufen, weil er den zum Anspruchsverlust führenden Umstand selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund stehe ihr auch ein Schadensersatzanspruch zu. Mit diesem könne sie aufrechnen. Die Forderung des Klägers sei auch gemäß § 242 BGB wegen des entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs einredebehaftet. Notfalls sei § 254 BGB analog heranzuziehen. Von den Auswanderungsplänen des Klägers habe ihre Rechtsvorgängerin vor Vertragsschluss nichts gewusst. Letztlich sei der Anspruch des Klägers jedenfalls zu kürzen, da durch den drei Jahre späteren Renteneintritt die Abschläge bei der Rente geringer ausfielen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 monatlich 4.800,00 Euro brutto zu zahlen.

10

I. Die Klage ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

11

1. Der Hauptantrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, etwa auf bestimmte Ansprüche beschränken (BAG 15. April 2014 - 3 AZR 288/12 - Rn. 32 mwN). Der Anspruch auf Zahlung eines Vorruhestandsgelds iHv. 4.800,00 Euro pro Monat im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 ist mithin ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. auch BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

12

2. Das von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigende Feststellungsinteresse ist gegeben.

13

a) Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Die Rechtsprechung ist vom Vorrang der Leistungsklage abgegangen, soweit erst im Laufe des Rechtsstreits die Bezifferung einer Forderung möglich geworden ist (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 306). Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zu dem Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte. Ein Kläger ist nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese erst nachträglich im Laufe des Verfahrens möglich wird (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 256 Rn. 7a). Eine Feststellungsklage ist allgemein dann zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

14

b) Danach ist die Feststellungsklage zulässig. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2010 war das Vorruhestandsgeld für den Klagezeitraum noch nicht fällig. Dass zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung der streitige Zahlungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 vollständig abgelaufen war, ist für das Feststellungsinteresse unerheblich. Maßgebend ist allein, dass das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über das „Ob“ der Pflicht zur Zahlung von Vorruhestandsgeld in der Zeit zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres des Klägers, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht selbst (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 20, BAGE 129, 72).

15

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß Ziff. 2.1 der Vorruhestandsvereinbarung für die Monate Januar 2011 bis einschließlich Dezember 2013 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. jeweils 4.800,00 Euro brutto.

16

1. Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld war nicht auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung.

17

a) Die streitgegenständliche Klausel enthält eine sog. nichttypische Erklärung. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, weil der Kläger auf den Klauselinhalt Einfluss nehmen konnte. Dieser hat selbst vorgetragen, auf seinen Wunsch hin sei Ziff. 4.1 um die Formulierung „das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“ ergänzt worden.

18

b) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Für die revisionsrechtliche Überprüfung kommt es daher nur darauf an, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer nichttypischen Erklärung rechtlich möglich ist, nicht aber, ob sie tatsächlich richtig ist (BAG 20. März 2014 - 8 AZR 269/13, 8 AZR 8 AZR 560/13 - Rn. 34 mwN). Ist eine Tatsachenfeststellung revisionsrechtlich zu beanstanden, ist der Rechtsstreit zur erneuten Tatsachenermittlung und Auslegung grundsätzlich an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Revisionsgericht darf aber auch nichttypische Verträge selbst auslegen, wenn der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt ist und kein weiteres tatsächliches Vorbringen zu erwarten ist (BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 15 mwN). So verhält es sich hier. Bis auf den nicht entscheidungsrelevanten Umstand der Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten von den Wegzugsplänen des Klägers bei Vertragsschluss sind keine Tatsachen klärungsbedürftig. Weiterer Vortrag der Parteien ist nicht zu erwarten.

19

c) Die Vorruhestandsvereinbarung enthält kein festes Enddatum. Nach ihrer Ziff. 4.1 erlöschen die Ansprüche aus der Vereinbarung „mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“. Diese Regelung kann nicht dahin gehend verstanden werden, dass der Anspruch zwar grundsätzlich endet, wenn der Kläger eine Rente beziehen kann, spätestens aber am 31. Dezember 2010. Vielmehr sollte der Leistungsanspruch nach dem klaren Wortlaut der Klausel nur auflösend bedingt sein für den Fall, dass der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann. Der zweite Halbsatz enthält keine eigenständige auflösende Bedingung, sondern nur eine Wissenserklärung. Anderenfalls hätte die Regelung dahin lauten müssen, dass die Ansprüche aus der Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann, spätestens aber am 1. Januar 2011. Klauseln mit einem festen Enddatum hat die Beklagte ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Vorruhestandsvereinbarungen mit ihrer Mitarbeiterin G und ihrem Mitarbeiter M in anderen Fällen verwandt. Demgegenüber fehlt in Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung der Parteien ein festes Enddatum. Dementsprechend sieht Ziff. 2.1 die Zahlung des Vorruhestandsgelds „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ vor.

20

2. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Vorruhestandsgelds ist nicht untergegangen, weil dieser seinen Wohnsitz nach Bolivien verlegt hatte und deshalb ab dem 1. Januar 2011 keine Altersrente wegen Schwerbehinderung beziehen konnte. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger entgegen seinen Behauptungen aufgrund seines körperlichen Zustands über dem 31. Dezember 2010 hinaus die Voraussetzungen für die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch erfüllte.

21

a) Ein Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Zahlung von Vorruhestandsgeld gemäß Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung mit Ablauf des 31. Dezember 2010 setzt voraus, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2011 eine „gesetzliche Rente wegen des Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung“ beanspruchen konnte. Dies war nicht der Fall. Insbesondere bestand kein Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI. Zwar vollendete der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger im Dezember 2010 sein 60. Lebensjahr. Weitere Voraussetzung war nach § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aber die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns. Schwerbehindert sind jedoch ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Norm nur solche Personen, die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iSd. § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX haben. Hieran fehlt es, weil der Kläger seit Ende 2004 in Bolivien lebt.

22

b) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf Vorruhestandsgeld grundsätzlich nur bei tatsächlichem Bestehen eines Rentenanspruchs erlischt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass ihre Rechtsvorgängerin bzw. deren Vertreter bei Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von dem Umzug des Klägers nach Bolivien hatten.

23

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel. Erforderlich ist danach, dass der Kläger eine Rente „beanspruchen kann“ und nicht, dass er nach einer Rückkehr nach Deutschland eine derartige Rente „beanspruchen könnte“.

24

bb) Sinn und Zweck der Vereinbarung stützen dieses Verständnis. Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 750/09 - Rn. 34, BAGE 137, 136). Eine Abweichung von diesem typischen Regelungszweck ist vorliegend nicht erkennbar. Der Kläger sollte danach als wirtschaftliche Absicherung „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ (Ziff. 2.1 Satz 1 der Vorruhestandsvereinbarung) zumindest die vereinbarten 4.800,00 Euro brutto zum Bestreiten des Lebensunterhalts beziehen, wobei anderweitig erhaltene Arbeitsvergütung sowie Sozialleistungen angerechnet werden sollten (Ziff. 5.1 Satz 3). Eine wirtschaftliche Absicherung besteht jedoch nur bei einer tatsächlichen und nicht schon bei einer theoretischen Rentenbezugsberechtigung.

25

cc) In systematischer Hinsicht verstärkt sich dieser Befund durch die unter Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung geregelten „Mitwirkungspflichten“ des Klägers. Nach Ziff. 5.3 obliegt es dem Kläger ua., „zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, [einen Antrag auf Altersrente] zu stellen“. Auch in Ziff. 4.1 Satz 2 der Vereinbarung wird die Obliegenheit zur Antragstellung genannt. Eine Pflicht bzw. Obliegenheit zum Wohnsitzwechsel, um die Voraussetzungen eines Rentenbezugs erst herbeizuführen, ist nicht vereinbart.

26

dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin gehend, dass den Kläger eine derartige, nicht ausdrücklich genannte Mitwirkungspflicht treffen sollte, kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in Betracht.

27

(1) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43 mwN).

28

(2) Wusste die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung, dass der Kläger dauerhaft nach Bolivien auswandern wollte, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Unerheblich ist, ob der Personalleiterin unbekannt war, dass die Auswanderung des Klägers zeitlich zu einer Verschiebung des Renteneintrittsalters führt. Denn insoweit handelte es sich um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umstands (vgl. zur Unbeachtlichkeit eines Rechtsfolgenirrtums im Rahmen der Anfechtung auch: BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 234/95 - zu II 1 der Gründe).

29

(3) Hatte die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der mit der Vorruhestandsvereinbarung verfolgte Zweck, den Kläger bis zum Bezug einer Rente wirtschaftlich abzusichern, als Ausgangspunkt einer Vertragsergänzung spricht für eine Belastung der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Risiko einer Verlängerung ihrer Zahlungspflicht über den 31. Dezember 2010 hinaus.

30

ee) Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld ist auch nicht aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage entfallen. § 313 Abs. 1 BGB kann - unabhängig vom Vorliegen einer entsprechenden rechtsgestaltenden Erklärung der Beklagten iSd. § 313 Abs. 3 BGB - bereits aufgrund der beschriebenen vertraglichen Risikozuweisung nicht zur Anwendung gelangen. Enthält ein Vertrag nach seinem Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB aus(vgl. BAG 28. September 2006 - 8 AZR 568/05 - Rn. 22 mwN). Dies ist hier der Fall.

31

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ein treuwidriges Verhalten des Klägers verneint. Weder der Wegzug aus Deutschland im Jahr 2004 noch die unterbliebene Rückkehr Ende 2010 stellen ein treuwidriges Verhalten des Klägers iSv. § 162 Abs. 1 oder § 242 BGB dar.

32

aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf(BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, BAGE 125, 147). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH 16. September 2005 - V ZR 244/04 - zu II 1 der Gründe). Ein Verschulden im technischen Sinn ist zwar keine Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit, jedoch bei der Gesamtabwägung zu bewerten (Staudinger/Bork (2010) § 162 Rn. 10). Maßgebend zu berücksichtigen sind weiter die vertragliche Risikozuordnung sowie die Grundrechte als Ausdruck der objektiven Werteordnung (BeckOK BGB/Sutschet Stand 1. August 2014 § 242 Rn. 19, 22 ff.).

33

bb) Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so hat das Landesarbeitsgericht eine Treuwidrigkeit des Klägers zu Recht nicht angenommen.

34

(1) Eine solche scheidet von vornherein aus, wenn die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, Kenntnis hatte. In diesem Fall hätte der Kläger in der Ausdrucksweise des Landesarbeitsgerichts „mit offenen Karten“ gespielt.

35

(2) Wird zugunsten der Beklagten davon ausgegangen, dass die Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vorruhestandsvereinbarung nicht bekannt war, fehlen Anhaltspunkte, dass der Kläger Ende 2004 nach Bolivien zog, um den Erwerb von Rentenansprüchen und damit das Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld mit Ablauf des 31. Dezember 2010 zu verhindern. Schon wegen der großen zeitlichen Differenz ist eine derartige Annahme fernliegend. Bei Anknüpfung an die unterbliebene Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Ende 2010 gilt dasselbe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine bereits geplante Rückkehr nur deshalb unterließ, weil er sich seinen Anspruch auf Vorruhestandsgeld erhalten und die Zahlungspflicht der Beklagten verlängern wollte. Die Beweggründe des Klägers, die zu seiner Auswanderung bzw. der unterbliebenen Rückkehr geführt haben, können nach alledem rechtlich nicht missbilligt werden.

36

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es dem Kläger frei stand, seinen Wohnsitz nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nach Bolivien zu verlegen. Insoweit gehört die Ausreisefreiheit zwar nicht zu der durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten innerdeutschen Freizügigkeit, sie ist aber doch als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position, worauf das Bundesverfassungsgericht bereits in der Elfes-Entscheidung hingewiesen hat(BVerfG 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - zu II 3 der Gründe, BVerfGE 6, 32). Da die Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht getroffen haben, kann dahinstehen, ob vor diesem Hintergrund ein Verbot des Umzugs nach Bolivien überhaupt rechtswirksam hätte vereinbart werden können.

37

d) Die dem Kläger somit zustehenden Ansprüche auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto pro Monat im Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2013 sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu kürzen. Eine derartige Anspruchskürzung ist in der Vorruhestandsvereinbarung nicht vorgesehen. Diese regelt in Ziff. 5.3 lediglich, dass der Kläger zur Stellung eines Antrags auf Altersrente „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ verpflichtet ist und insoweit nach Ziff. 4.3 auch Abschläge bei der Rente hinnehmen muss. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Kläger dann, wenn sein Antrag auf vorzeitigen Rentenbezug abschlägig beschieden wurde, die hieraus resultierenden Vorteile in Bezug auf die Höhe der späteren Rente anrechnen lassen muss. Solche Vorteile sind zwar angesichts der fortdauernd zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge während des Bezugs von Vorruhestandsgeld (Ziff. 3.3 der Vorruhestandsvereinbarung) nicht von der Hand zu weisen. Damit hat sich aber lediglich das vertragliche Risiko der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin realisiert, dass nicht eine vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung, sondern erst die vorzeitige Regelaltersrente zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld führt. Für eine Anrechnung von Vorteilen bleibt danach kein Raum.

38

e) Die Ansprüche sind auch nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung (teilweise) erloschen oder analog § 254 BGB zu kürzen bzw. gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 BGB einredebehaftet, wie die Beklagte meint.

39

aa) Eine Aufrechnung scheitert bereits an dem fehlenden Vortrag einer Aufrechnungserklärung. Der im Konjunktiv gehaltene Vortrag in der Revisionsbegründung, die Beklagte „könnte“ jedenfalls aufrechnen, stellt eine solche Erklärung nicht dar.

40

bb) Eine analoge Anwendung von § 254 BGB kommt in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Dies käme einer gesetzlichen Korrektur der vertraglich vereinbarten Risikozuweisung gleich. Diese soll aber nach dem Willen des Gesetzes grundsätzlich unangetastet bleiben (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).

41

cc) Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. iVm. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheiden schon mangels Pflichtverletzung aus. Der Kläger war nicht verpflichtet, nach dem Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung in Deutschland zu bleiben oder nach mehreren Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Bolivien aufzugeben und Ende 2010 nach Deutschland zurückzukehren.

42

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Merte    

        

    Pielenz    

                 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 - 25 Sa 1257/12 und 25 Sa 1395/12 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses.

2

Zwischen den Parteien bestand bis zum 31. Dezember 1998 ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin erbrachte im Rahmen einer Personalgestellung ihre Arbeitsleistung bei der Betriebskrankenkasse des beklagten Landes, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (im Folgenden: BKK Berlin). Im August 1995 lehnte das beklagte Land gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin die weitere Übernahme der Personalkosten für die Führung der Krankenkasse ab.

3

Die Klägerin erhielt ein schriftliches Arbeitsvertragsangebot von der BKK Berlin. Mit Schreiben vom 20. April 1998 gab das beklagte Land, vertreten durch den damaligen Senator für Inneres, gegenüber der Klägerin und den anderen ca. 200 betroffenen Arbeitnehmern folgende Erklärung ab:

„…

die BKK Berlin hat Ihnen aufgrund des Arbeitgeberwechsels zum 01.01.1999 einen neuen Arbeitsvertrag ausgehändigt.

Vorausgesetzt, dass Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die BKK Berlin zugestimmt haben, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass der Senat von Berlin Ihnen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin für den Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin einräumt.

…“

4

Die Klägerin unterzeichnete den Arbeitsvertrag mit der BKK Berlin.

5

Das beklagte Land schloss mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) am 12. August 1998 eine Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung (im Folgenden: VBSV BKK). Diese enthielt ua. folgende Regelungen:

        

㤠1

        

Anwendungsbereich

        

Die nachfolgenden Regelungen gelten für den Übergang der Arbeitnehmer des Landes Berlin auf die Betriebskrankenkasse des Landes Berlin (BKK Berlin).

                 
        

§ 2

        

Übergang der Beschäftigungsverhältnisse und

        

Rückkehrrecht

        

…       

        

(2)     

Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund des § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergegangen sind, haben das Recht, im Falle einer Vereinigung (§ 150 SGB V), soweit sie selbst von Personalfreisetzungen im Zuge der Vereinigung betroffen sind, einer Auflösung (§ 152 SGB V) und einer Schließung (§ 153 SGB V) in ein Arbeitsverhältnis zum Land Berlin zurückzukehren.

                 

Die Senatsverwaltung für Inneres wird den genannten Arbeitnehmern die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit dem Land Berlin in einem Aufgabengebiet, für das der Arbeitnehmer nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten geeignet ist, im unmittelbaren Anschluss an das bei der BKK Berlin beendete Arbeitsverhältnis zu den für das Land Berlin zum Zeitpunkt der Neubegründung des Arbeitsverhältnisses geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen anbieten.

        

(3)     

Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergegangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der BKK Berlin aus und wird im unmittelbaren Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G/ BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen.

        

(4)     

Die Veränderungen nach Absatz 2, Unterabsatz 1 sind jedem Arbeitnehmer persönlich und unverzüglich in schriftlicher Form mitzuteilen. ...

        

…       

        
                          
        

§ 3

        

Feststellung nach der Beschäftigungssicherungsvereinbarung

        

Diese Vereinbarung ist eine Vereinbarung im Sinne der Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 der Vereinbarung über den Umgang mit der Personalüberhangsituation zur Beschäftigungssicherung vom 29. Mai 1997. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass die in Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 dieser Vereinbarung getroffene Regelung ebenso für Fälle einer Nichtzustimmung nach § 147 Abs. 2 SGB V gilt.“

6

Die Klägerin erhielt vom beklagten Land eine schriftliche Mitteilung vom 20. August 1998, in der es heißt:

„…

wie wir Ihnen bereits in unserem Schreiben vom 20.4.1998 mitgeteilt haben, wird Ihnen als Beschäftigte/r der BKK unter bestimmten Voraussetzungen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin gewährt. Dieses Rückkehrrecht ist zwischenzeitlich in einer Vereinbarung, die zwischen den Gewerkschaften ÖTV und DAG und dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Inneres, abgeschlossen wurde, zusätzlich abgesichert und konkretisiert worden. ...“

7

Zum 1. Januar 2004 erfolgte eine freiwillige Vereinigung der BKK Berlin mit der BKK Hamburg zur City BKK. Das beklagte Land teilte der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) mit Schreiben vom 13. Mai 2004 mit, dass nach der Fusion der Fortbestand der VBSV BKK nicht erforderlich erscheine, und bat um Mitteilung, ob eine einvernehmliche Aufhebung möglich sei. Darauf antwortete ver.di dem beklagten Land im Juni 2004 ua. Folgendes:

„… Aufgrund dieser Fusion zum 1. Januar 2004 und der sie ergänzenden tariflichen Verständigung mit der City BKK sehen wir die Grundlage der VBSV BKK als nicht mehr gegeben an, so dass sie mit Wirkung der Fusion der beiden BKKen in Berlin und Hamburg zur City BKK entbehrlich geworden ist.

Hinsichtlich der in § 3 Absatz 1 der VBSV BKK getroffenen Regelung bezüglich der Berücksichtigung von in der BKK Berlin erbrachten Beschäftigungs- und Dienstzeiten würde es uns der Einfachheit halber genügen, wenn Sie uns schriftlich bestätigen, dass Sie diese Regelung inhaltlich ggf. zur Anwendung brächten. Mithin würde die VBSV BKK vom 12.8.1998 mit Wirkung des 1.1.2004 keine Anwendung mehr finden.

Sollten Sie wie wir mit dem Eintreten der Fusion zum 1.1.2004 die Wirkung der VBSV BKK vom 12.8.1998 als beendet ansehen und mit der unbürokratischen Verfahrensweise bezüglich einer möglichen Anwendung der sinngemäßen Regelungen hinsichtlich der in der BKK Berlin erbrachten Beschäftigungs- und Dienstzeiten einverstanden sein, bitten wir Sie lediglich um eine kurze schriftliche Bestätigung.“

8

Das beklagte Land erwiderte hierauf mit Schreiben vom 21. Juni 2004:

        

„…    

        

unter Bezugnahme auf Ihr o. g. Schreiben bestätige ich Ihnen, dass mit dem Eintreten der Fusion der BKK Berlin mit der BKK Hamburg zur City BKK zum 01.01.2004 die Beschäftigungssicherungsvereinbarung BKK (VBSV BKK) vom 12. August 1998 als beendet angesehen wird.

        

Die bisher in § 2 Abs. 3 VBSV BKK getroffene Regelung bezüglich der Berücksichtigung von in der BKK Berlin erbrachter Beschäftigungs- und Dienstzeiten wird infolge der Fusion künftig ggf. wie folgt zur Anwendung kommen:

                 

‚Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der City BKK aus und wird in unmittelbarem Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bis zum 31.12.2003 bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen.‘

        
        

…“    

                 
9

Zum 1. Januar 2005 fusionierte die City BKK mit der BKK Bauknecht und der BeneVita BKK. Die dadurch entstandene Betriebskrankenkasse führte ebenfalls den Namen City BKK. Mit Bescheid vom 4. Mai 2011 ordnete das Bundesversicherungsamt die Schließung der City BKK mit Ablauf des 30. Juni 2011 an. Diese teilte der Klägerin im Mai 2011 mit, dass ihr Arbeitsverhältnis nach § 164 Abs. 4 SGB V mit Ablauf des 30. Juni 2011 ende. Vorsorglich kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2011 sowie hilfsweise zum 31. Dezember 2011. Die Klägerin verfolgt in einem gesonderten Verfahren die Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses zur City BKK.

10

Im Mai 2011 machte die Klägerin unter Hinweis auf das Schreiben des beklagten Landes vom 20. April 1998 und die VBSV BKK schriftlich ihr Rückkehrrecht gegenüber dem beklagten Land geltend. Dieses lehnte mit Schreiben vom 7. Juni 2011 die von der Klägerin beantragte Wiedereinstellung ab.

11

Die Klägerin ist der Auffassung, die Voraussetzungen der Rückkehrzusage des beklagten Landes vom 20. April 1998 seien erfüllt. Sie behauptet, sie habe dem Wechsel zur BKK Berlin nur wegen dieser Zusage zugestimmt. Sie habe einen Anspruch auf Berücksichtigung der beim beklagten Land, der BKK Berlin und der City BKK erbrachten Beschäftigungszeiten.

12

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, ihr den Abschluss eines Arbeitsvertrags in Vollzeittätigkeit beginnend mit dem 1. Juli 2011 für eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte mit einem Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 unter Berücksichtigung der bei dem beklagten Land bis zum 31. Dezember 1998 und bei der BKK Berlin bis zum 31. Dezember 2003 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L sowie der bei der City BKK bis zum 30. Juni 2011 und der danach bei der City BKK (KdöR in Abwicklung) zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 4 TV-L anzubieten.

13

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Fall der Schließung der City BKK sei von seiner Rückkehrzusage nicht umfasst. Diese habe sich ausschließlich auf die Schließung/Auflösung der BKK Berlin bezogen. Dementsprechend sei auch die VBSV BKK im Einvernehmen mit ver.di aufgehoben worden. Jedenfalls sei für dieses Begehren keine Anspruchsgrundlage ersichtlich. Die im Schreiben vom 21. Juni 2004 an ver.di erfolgte Zusage der Anerkennung von Beschäftigungs- und Dienstzeiten habe sich nur auf die durch die Vereinigung mit der BKK Hamburg entstandene City BKK, nicht aber auf die Betriebskrankenkasse gleichen Namens bezogen, die durch die spätere Vereinigung mit den weiteren zwei Kassen entstanden sei.

14

Das Arbeitsgericht hat dem ersten Hilfsantrag teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise dahin abgeändert, dass das vom beklagten Land abzugebende Angebot auf den 1. Juli 2011 zurückwirkt und auch die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2011 umfasst. Soweit die Klägerin auch eine Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit bei der „City BKK (KdöR in Abwicklung)“ ab dem 1. Juli 2011 begehrt hat, hat das Landesarbeitsgericht ihre Berufung zurückgewiesen. Das beklagte Land verfolgt mit seiner Revision den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet.

16

I. Der auf die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe eines Angebots gerichtete Klageantrag ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Klageantrag dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.

17

1. Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht gezwungen ist, ihre Klage auf die Abgabe einer Annahmeerklärung zu richten (vgl. auch § 2 Abs. 2 Unterabs. 2 VBSV BKK). Es kann auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen, nicht schon mit Rechtskraft des seiner Klage stattgebenden Urteils vertraglich gebunden zu sein, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände entscheiden zu können, ob er das Vertragsangebot des Arbeitgebers annimmt. Dafür spricht ua., dass im Fall einer Wiedereinstellungsklage eine Regelung fehlt, die § 12 Satz 1 KSchG entspricht. Der Arbeitnehmer könnte sich nicht durch besondere Erklärung einseitig von dem Arbeitsverhältnis lösen, das mit Rechtskraft des Urteils durch die Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO entstünde. Ihm bliebe nur sein - idR ordentliches - Kündigungsrecht, wenn er inzwischen ein anderes Arbeitsverhältnis eingegangen wäre. Dem Arbeitnehmer kann es demnach im ersten Schritt auch nur um die Abgabe eines Angebots gehen (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 33/11 - Rn. 21 mwN).

18

2. Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für einen solchen Vertrag notwendigen Mindestinhalt(essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu die „versprochenen Dienste“ und damit Art und Beginn der Arbeitsleistung. Die Art der Arbeitsleistung kann sich - mittelbar - auch über die Angabe einer Eingruppierung in ein kollektives Entgeltschema erschließen, wenn dieses bestimmte Tätigkeiten einer Entgelt- oder Vergütungsgruppe zuordnet (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20). Eine Einigung über weitere Inhalte ist grundsätzlich nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung vergütet werden soll. Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, ist gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen(vgl. BAG 13. März 2013 - 7 AZR 344/11 - Rn. 16; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 19 mwN). Ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Antrag ist freilich nur dann bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist. Nimmt der Kläger in seinen Klageantrag über den für den Abschluss eines Arbeitsvertrags notwendigen Mindestinhalt noch weitere Arbeitsbedingungen auf, müssen diese bestimmt bezeichnet sein. Zur Ermittlung des Inhalts einer mit der Klage erstrebten Willenserklärung kann - wie bei anderen auslegungsbedürftigen Klageanträgen - die Klagebegründung herangezogen werden (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20).

19

3. Daran gemessen hat die Klägerin den Inhalt des beanspruchten Arbeitsvertrags hinreichend bestimmt beschrieben.

20

a) Der Vertrag soll - vorbehaltlich der Annahme der Klägerin - mit Wirkung zum 1. Juli 2011 geschlossen werden. Die von der Klägerin verlangte Beschäftigung als Verwaltungsangestellte führt nicht zur Unbestimmtheit des Klageantrags, sondern zu einem entsprechend weiten Direktionsrecht des Arbeitgebers (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20), das allerdings durch die Angabe der Vergütungs-/Entgeltgruppe eingeschränkt wird. Der öffentliche Arbeitgeber ist nicht berechtigt, dem Arbeitnehmer (auf Dauer) eine Tätigkeit einer niedrigeren als der vereinbarten Vergütungsgruppe zu übertragen (vgl. BAG 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 112, 361).

21

b) Auch die weiteren Arbeitsbedingungen sind hinreichend konkret beschrieben. Die Klägerin begehrt ein Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 (Angleichungs-TV Land Berlin) unter Berücksichtigung der beim beklagten Land und bei der BKK Berlin zurückgelegten Betriebszugehörigkeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L sowie der bei der City BKK bis zum 30. Juni 2011 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 4 TV-L.

22

II. Die Klage ist auch begründet.

23

1. Der Begründetheit des Antrags steht nicht entgegen, dass die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe eines Angebots zum 1. Juli 2011 wirken soll.

24

a) Seit dem Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots begründet werden soll (BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 17; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 35, BAGE 134, 223). Die Pflicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Annahme eines Vertragsangebots setzt grundsätzlich den Zugang des Angebots voraus.

25

b) Diese Grundsätze stehen einer Verurteilung des beklagten Landes nicht entgegen. Durch den klagestattgebenden Tenor wird zwischen den Parteien noch kein Arbeitsverhältnis begründet. Soweit das beklagte Land verpflichtet wird, ein zum 1. Juli 2011 zurückwirkendes Angebot abzugeben, rechtfertigt sich dies aus der erteilten Rückkehrzusage und dem Umstand, dass die Klägerin bereits vor diesem Zeitpunkt im Mai 2011 ihr Rückkehrrecht geltend gemacht hat.

26

2. Das beklagte Land ist aufgrund des in seinem Schreiben vom 20. April 1998 zugesagten Rückkehrrechts zur Abgabe des Vertragsangebots verpflichtet.

27

a) Das Schreiben enthält eine rechtsverbindliche Erklärung des beklagten Landes. Es begründet unter den genannten Voraussetzungen die Verpflichtung des beklagten Landes zum Abschluss eines Arbeitsvertrags mit rückkehrwilligen Arbeitnehmern. Darüber besteht kein Streit.

28

b) Die gemäß § 151 Satz 1 BGB auch ohne ausdrückliche Annahmeerklärung der Klägerin zustande gekommene Vereinbarung über ihr Rückkehrrecht ist nicht nach § 4 Abs. 2 BAT iVm. §§ 125, 126 BGB nichtig. Es handelt sich nicht um eine dem Schriftformerfordernis unterliegende Nebenabrede zum Arbeitsvertrag iSd. § 4 Abs. 2 BAT, die in Bezug auf das vormals bestehende Arbeitsverhältnis nur sekundäre Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regelte(vgl. dazu BAG 7. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - zu 2 der Gründe, BAGE 52, 33). Vielmehr wurde mit der Vereinbarung ein Anspruch der Klägerin auf Neuabschluss eines Arbeitsverhältnisses unter den genannten Bedingungen begründet. Aus der Annahme, dass ein Arbeitgeber aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht den Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen nach Ausspruch einer Kündigung wieder einstellen muss (vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 21), folgt entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht, dass eine entsprechende Vereinbarung der Parteien über ein Rückkehrrecht als Nebenabrede iSd. § 4 Abs. 2 BAT anzusehen ist. Deshalb kann dahinstehen, ob es dem beklagten Land nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf eine Unwirksamkeit der Zusage wegen Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses zu berufen.

29

c) Die Schließung der City BKK durch das Bundesversicherungsamt mit Ablauf des 30. Juni 2011 löste das Rückkehrrecht gemäß § 158 Abs. 1 BGB aus.

30

aa) Bei dem Schreiben vom 20. April 1998 handelt es sich um eine typische Erklärung, die vom beklagten Land für eine Vielzahl von Fällen formuliert wurde. Das an die Klägerin gerichtete Schreiben entspricht - mit Ausnahme der Anrede - wortgleich den Schreiben, mit denen das beklagte Land den anderen betroffenen Arbeitnehmern das Rückkehrrecht einräumte.

31

bb) Typische Willenserklärungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Das Revisionsgericht kann den Inhalt von solchen Mustererklärungen, die keine individuellen Besonderheiten enthalten, uneingeschränkt selbstständig auslegen (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 670/10 - Rn. 26; 20. Mai 2008 - 9 AZR 271/07 - Rn. 18).

32

cc) Entgegen der Rechtsauffassung des beklagten Landes ist ein Rückkehrrecht entstanden, obwohl die vom Bundesversicherungsamt zum 30. Juni 2011 geschlossene Arbeitgeberin der Klägerin unter dem Namen City BKK im Rechtsverkehr auftrat und aus dem Zusammenschluss der BKK Berlin mit anderen Betriebskrankenkassen hervorgegangen war.

33

(1) Der Wortlaut der Erklärung steht diesem Verständnis nicht entgegen. Zwar ist im Schreiben vom 20. April 1998 nur der Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin ausdrücklich genannt. Für die Erklärungsempfänger war aus dieser Formulierung jedoch nicht zu entnehmen, dass ein Rückkehrrecht nur im Falle der Schließung/Auflösung der im Zeitpunkt der Zusage bestehenden und unter „BKK Berlin“ firmierenden Betriebskrankenkasse entstehen und die Schließung einer - ggf. unter anderem Namen auftretenden - Rechtsnachfolgerin nicht erfasst sein sollte. Zum Zeitpunkt der Einräumung des Rückkehrrechts existierten die Rechtsnachfolgerinnen noch nicht. Die BKK Berlin konnte auch als „Platzhalter“ für mögliche Rechtsnachfolgerinnen verstanden werden. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes hat die Erklärung insoweit keinen eindeutigen Inhalt. Ob eine empfangsbedürftige Willenserklärung eindeutig ist, steht erst als Ergebnis einer Auslegung fest (vgl. BAG 20. Juli 2004 - 9 AZR 626/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 111, 260; BGH 8. Dezember 1982 - IVa ZR 94/81 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 86, 41; Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 133 BGB Rn. 6; MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 133 Rn. 53). Der Beschränkung des Rückkehrrechts auf den Fall der Schließung/Auflösung der „BKK Berlin“ im wörtlichen Sinn steht schon die Möglichkeit der Namensänderung der Betriebskrankenkasse entgegen. Das eingeräumte Rückkehrrecht wäre praktisch wertlos, wenn der Bedingungseintritt durch eine bloße Umbenennung der Körperschaft hätte ausgeschlossen werden können. Letzteres hat auch das beklagte Land in der Revisionsverhandlung so gesehen.

34

(2) Vor allem der von dem beklagten Land mit der Erteilung der Wiedereinstellungszusage verfolgte Zweck gebietet ein Verständnis, dass das Rückkehrrecht durch den Zusammenschluss mit einer anderen Betriebskrankenkasse weder ausgelöst wurde noch unterging.

35

(a) Das beklagte Land weist zwar zutreffend darauf hin, dass kein Recht auf Rückkehr von einer im Wege einer Vereinigung entstandenen neuen Betriebskrankenkasse bestünde, wenn bereits die freiwillige Vereinigung der BKK Berlin mit einer anderen Betriebskrankenkasse das Rückkehrrecht ausgelöst hätte (vgl. zum Vorbehalt der Konzernzugehörigkeit: BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 37). Die Erklärung vom 20. April 1998 begründet jedoch entgegen der Ansicht des beklagten Landes für den Fall einer solchen Vereinigung kein Rückkehrrecht. Aus dem Umstand, dass nach den Vorschriften des SGB V Rechtsfolge einer Vereinigung zweier Betriebskrankenkassen ist, dass diese geschlossen sind, folgt nicht, dass bereits die Vereinigung der BKK Berlin mit der BKK Hamburg das Rückkehrrecht auslöste. Mit der Formulierung „für den Fall der Schließung/Auflösung“ stellte die Rückkehrzusage des beklagten Landes nicht auf die in § 150 SGB V geregelte freiwillige Vereinigung von Betriebskrankenkassen ab, sondern auf die Regelungen in §§ 152, 153 SGB V, die die Auflösung und Schließung von Betriebskrankenkassen betreffen. Das wird schon daraus deutlich, dass die Vereinigung von Betriebskrankenkassen regelmäßig nicht per se zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führt, den das Rückkehrrecht ausgleichen soll. Die Vereinigung führt vielmehr zu einer Gesamtrechtsnachfolge, die auch die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der fusionierten Krankenkassen erfasst (BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 25, BAGE 135, 327).

36

(b) Dass nach dem Willen des beklagten Landes die Vereinigung mit einer anderen Betriebskrankenkasse das im Schreiben vom 20. April 1998 zugesagte Rückkehrrecht grundsätzlich noch nicht auslösen sollte, zeigt auch die Regelung in § 2 Abs. 2 Unterabs. 1 VBSV BKK. Danach besteht ein Recht zur Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis zum beklagten Land zwar ausdrücklich auch für den Fall der Vereinigung iSd. § 150 SGB V, jedoch nur, wenn die Arbeitnehmer selbst von „Personalfreisetzungen im Zuge der Vereinigung betroffen sind“.

37

(c) Der Zweck der Einräumung des Rückkehrrechts gebietet ein Verständnis, das auch die Schließung einer Rechtsnachfolgerin umfasst, die in die Arbeitsverhältnisse im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist. Das Rückkehrrecht sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit dem beklagten Land im Vergleich zu der BKK Berlin, die unstreitig bereits im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 20. April 1998 wirtschaftliche Probleme hatte, einen „sicheren“ Arbeitgeber verloren. Für den damit vom beklagten Land verfolgten Zweck, den zur BKK Berlin wechselnden Arbeitnehmern bei einem Verlust ihres Arbeitsplatzes einen Arbeitsplatz bei ihm zu garantieren, ist es ohne Bedeutung, wenn an die Stelle der „BKK Berlin“ im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 150 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V ein anderer Arbeitgeber getreten ist(vgl. zur Rechtsnachfolge gemäß § 613a BGB: BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 41).

38

(d) Wirtschaftliche Interessen des beklagten Landes geben kein anderes Auslegungsergebnis vor. Zwar ist bei der Auslegung einer Willenserklärung neben den Verständnismöglichkeiten des Empfängers auch das Interesse des Erklärenden daran zu berücksichtigen, dass sich der Empfänger darum bemüht, die Erklärung nicht misszuverstehen (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 25, BAGE 116, 336). Auch muss ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen dieser rechtlich verpflichtet ist (BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 112, 112). Allerdings war das beklagte Land nicht zur Einräumung des Rückkehrrechts verpflichtet. Die Rückkehrzusage lag freilich in seinem wirtschaftlichen Interesse. Das beklagte Land hatte bis 1998 die Arbeitnehmer der BKK Berlin gestellt. Es hatte jedoch gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin erklärt, es lehne die weitere Übernahme der Kosten des für die Führung der Geschäfte erforderlichen Personals ab. Gemäß § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V hatte dies zur Folge, dass die BKK Berlin die bisher mit der Führung der Geschäfte der Betriebskrankenkasse beauftragten Personen übernahm. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse hing jedoch von der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer ab. Die Rückkehrzusage diente dazu, diese Zustimmung zu erreichen. Das beklagte Land nahm in seinem Schreiben vom 20. April 1998 ausdrücklich auf den von der BKK Berlin an die Arbeitnehmer übersandten Arbeitsvertragsentwurf Bezug und räumte das Rückkehrrecht für den Fall des Abschlusses eines Arbeitsvertrags ein.

39

(e) Vor diesem Hintergrund kann die Formulierung „unbefristetes Rückkehrrecht“ aus der Sicht der betroffenen Arbeitnehmer nur so verstanden werden, dass auch die Schließung oder Auflösung einer Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin dieses Recht auslöst. Insofern unterscheidet sich die Zusage des beklagten Landes erheblich von der Zusage, über deren Auslegung das Bundesarbeitsgericht am 19. Oktober 2005 (- 7 AZR 32/05 -) zu entscheiden hatte. Jene Zusage war in einer Betriebsvereinbarung enthalten, die im Wesentlichen nur eine befristete Beibehaltung der bisher bei der Arbeitgeberin geltenden Arbeitsbedingungen und Vergünstigungen vorsah (vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - Rn. 20). Die Erstreckung der Rückkehrzusage auch auf den Fall der Schließung einer aufgrund von Vereinigungen entstandenen Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin stellte auch kein unkalkulierbares Risiko für das beklagte Land dar (vgl. zum Risikoaspekt: BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - Rn. 25). Typischerweise sinkt die Zahl der Anspruchsberechtigten im Laufe der Zeit aufgrund altersbedingten Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Im Übrigen ging das beklagte Land das verbleibende Risiko bewusst ein. Bereits die Einflussmöglichkeiten des beklagten Landes auf die BKK Berlin, auf die sich das Rückkehrrecht unstreitig bezog, waren aufgrund der Regelungen zum Verwaltungsrat der Betriebskrankenkasse wesentlich geringer als der Einfluss einer herrschenden Gesellschaft auf eine Tochtergesellschaft im Konzern.

40

(3) Das vom beklagten Land eingeräumte Rückkehrrecht steht nicht unter der Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass das mit der BKK Berlin bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin begründete Arbeitsverhältnis infolge der Schließung beendet ist. Bereits ihrem Wortlaut nach knüpft die Erklärung vom 20. April 1998 an die Schließung/Auflösung der Betriebskrankenkasse und nicht an die Beendigung des einzelnen Arbeitsverhältnisses an. Dies ist auch interessengerecht. So stellt die Schließung einer Betriebskrankenkasse eine konkrete Gefahr für den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse dar. Zwar enthielt § 155 SGB V aF noch keinen Verweis auf § 164 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB V. Spätestens nach der Abwicklung der Geschäfte durch den Vorstand entfällt jedoch typischerweise der Beschäftigungsbedarf für die Arbeitnehmer. Es dient zudem der Rechtssicherheit, für die Frage des Bedingungseintritts nach § 158 Abs. 1 BGB nicht an die unter Umständen erst durch ein gerichtliches Verfahren zu klärende Frage der Beendigung des konkreten Arbeitsverhältnisses anzuknüpfen, sondern an die Schließung/Auflösung der Betriebskrankenkasse und die damit verbundene typische Gefahr für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

41

3. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L nach Maßgabe des Angleichungs-TV Land Berlin und auf Berücksichtigung der bei dem beklagten Land bis zum 31. Dezember 1998 und bei der BKK Berlin bis zum 31. Dezember 2003 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L sowie der bei der City BKK bis zum 30. Juni 2011 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 4 TV-L. Auch dies folgt bereits aus der Zusage des beklagten Landes vom 20. April 1998.

42

a) Das beklagte Land wollte mit der Rückkehrzusage bewirken, dass die betroffenen Arbeitnehmer dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse iSd. § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V zustimmen. Insofern unterscheidet sich die Situation von der eines Betriebsübergangs, in der die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber nach § 613a Abs. 1 BGB übergehen, wenn die Arbeitnehmer passiv bleiben und dem Betriebsübergang nicht widersprechen. Nach § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V bedurfte es zum Übergang der Arbeitsverhältnisse der Zustimmung und damit eines aktiven Tuns der betroffenen Arbeitnehmer. Hierzu lag diesen ein Arbeitsvertragsangebot der BKK Berlin vor. Es war für das beklagte Land erkennbar, dass die Arbeitnehmer ihren beim beklagten Land erreichten sozialen Besitzstand nur dann aufgeben würden, wenn sie im Falle einer Schließung oder Auflösung der Betriebskrankenkasse die Folgen ihrer Zustimmung rückgängig machen konnten. Wenn das beklagte Land in dieser Situation ohne weitere Vorbehalte ein Rückkehrrecht einräumte, durften die betroffenen Arbeitnehmer die Rückkehrzusage so verstehen, dass sie im Falle ihrer Rückkehr so gestellt werden, als wären sie durchgehend beim beklagten Land beschäftigt gewesen. Auch wenn diese Rechtsfolge nicht jeder Rückkehrzusage immanent ist (vgl. zu § 17 Satz 1 HVFG: BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 138/10 - Rn. 29), folgt dies aus den Besonderheiten der Situation im Jahre 1998. Ins Gewicht fällt, dass die betroffenen Arbeitnehmer aufgrund der Personalgestellung durch das beklagte Land bereits seit Jahren bei der BKK Berlin tätig waren. Ohne die Ablehnungserklärung des beklagten Landes iSd. § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin hätte diese Form der gespaltenen Arbeitgeberstellung fortgeführt werden können. Die Ausübung des Rückkehrrechts stellt also nur die Situation her, die ohne die Ablehnungserklärung des beklagten Landes und die Zustimmung der Arbeitnehmer gemäß § 147 Abs. 2 SGB V bestanden hätte. Eine Besserstellung der zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer ist mit ihrer Rückkehr zum beklagten Land entgegen dessen Ansicht nicht verbunden.

43

b) Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Rückkehrzusage die zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer im Falle ihrer Rückkehr zum beklagten Land nicht so stellen sollte, als wären sie bei diesem durchgehend beschäftigt gewesen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Nach dem Inkrafttreten des Angleichungs-TV Land Berlin wird anders als unter der Geltung des BAT das Entgelt in den einzelnen Entgeltgruppen nicht nach Lebensaltersstufen bemessen, sodass das Alter für die Höhe der Vergütung ohne Bedeutung ist. Dies konnten weder das beklagte Land noch die zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer voraussehen. Die durch das Inkrafttreten des Angleichungs-TV Land Berlin nachträglich entstandene Regelungslücke in der Wiedereinstellungszusage kann nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nur so geschlossen werden, dass die Stufenzuordnung mithilfe des (fiktiven) Vergleichsentgelts vorzunehmen ist. Ist eine vertragliche Regelung planwidrig unvollständig, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 512/11 - Rn. 34 mwN). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 31 mwN). Die Arbeitnehmer sollten durch den Wechsel zur BKK Berlin nicht Gefahr laufen, ihren bei dem beklagten Land erworbenen sozialen Besitzstand im Falle einer Auflösung oder Schließung der sie beschäftigenden Betriebskrankenkasse zu verlieren. Diesem Regelungszweck der Rückkehrzusage wird eine Stufenzuordnung nach § 16 TV-L nicht gerecht. Im Jahre 1998 erfolgte die Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer nach dem BAT. Nach § 27 BAT bemaß sich die Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - BAGE 140, 1). Die vom Übergang nach § 147 Abs. 2 SGB V betroffenen Arbeitnehmer durften berechtigt darauf vertrauen, dass die Bemessung der Vergütung nach erreichten Lebensaltersstufen auch nach der Rückkehr zum beklagten Land Berücksichtigung findet. Dies ist nur bei einer Überleitung anhand des fiktiven Vergleichsentgelts gewährleistet.

44

c) Danach hat die Klägerin einen Anspruch, in dem neu zu begründenden Arbeitsverhältnis so gestellt zu werden, als habe über den 31. Dezember 1998 hinaus ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis zum beklagten Land bestanden. Dies umfasst auch die Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten beim beklagten Land, bei der BKK Berlin und der City BKK iSd. § 34 Abs. 3 TV-L. Das beklagte Land hat in der Revision auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Tätigkeiten der ehemaligen Vergütungsgruppe Vb BAT der Entgeltgruppe 9 TV-L entsprechen, nicht in Zweifel gezogen (vgl. Anlage 4 zum TVÜ-Länder).

45

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    M. Lücke    

        

    Kranzusch    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. April 2012 - 13 Sa 1210/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 Vorruhestandsgeld zu zahlen.

2

Die Beklagte ist ein Bankinstitut. Der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger war bis zum 30. September 2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als AT-Mitarbeiter und Prokurist gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 6.263,33 Euro beschäftigt. Seit dem 20. März 1992 war er Inhaber eines Schwerbehindertenausweises. Der Grad der Behinderung betrug 80. Am 6. September 2004 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Vorruhestandsvereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2004 vorsah. Unter Ziff. 2.1 des Vorruhestandsvertrags ist geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Oktober 2004 bis zum gesetzlichen Rentenbeginn ein monatliches Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto erhält. Des Weiteren enthält der Vorruhestandsvertrag - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - folgende Regelungen:

        

4.    

Grundlage und Erlöschen der Ansprüche

        

4.1     

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011. Erforderliche Antragstellungen obliegen Herrn B.

        

…       

        
        

5.    

Mitwirkungspflichten

        

5.1     

Herr B ist verpflichtet, Änderungen der ihn betreffenden Verhältnisse, die auf die Ansprüche auf Vorruhestandsgeld Auswirkungen haben können, der Bank unverzüglich mitzuteilen. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer Tätigkeit, für die Herr B eine Vergütung für den Einsatz seiner Arbeitskraft erhält. Während der Dauer der Vorruhestandsvereinbarung erhaltene Bezüge sowie eventuelle Leistungen aus den Sozialversicherungen werden auf das von der Bank zu zahlende Vorruhestandsgeld angerechnet.

        

…       

        
        

5.3     

Herr B verpflichtet sich, einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf vergleichbare Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, zu stellen.“

3

Seit Ende 2004 lebt der Kläger in Bolivien. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 Auskunft über die Folgen eines Umzugs nach Bolivien im Hinblick auf die Sozialversicherungsabgaben erteilt. Vorausgegangen war ein Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt einkommenssteuerpflichtige Arbeitnehmer, den der Kläger am 15. September 2004 der Personalabteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt hatte und in dem er seinen Wegzug nach Bolivien angegeben hatte.

4

Mit Bescheid des Versorgungsamts der Freien Hansestadt Bremen vom 15. September 2010 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises bestandskräftig mit der Begründung abgelehnt, für die Verlängerung bedürfe es nach dem Gesetz eines gewöhnlichen Aufenthalts oder einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Die vom Kläger am 9. Februar 2011 beantragte Altersrente wegen Schwerbehinderung bewilligte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund mit derselben Begründung nicht. Das vom Kläger gegen deren Bescheid vom 19. April 2011 angestrengte Widerspruchsverfahren ruht.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Vorruhestandsgeld sei nicht erloschen, weil er aufgrund seines dauerhaften Aufenthalts in Bolivien keinen Anspruch auf vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung habe. Er sei auch nicht verpflichtet, nach Deutschland zurückzukehren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe vor Abschluss der Vereinbarung Kenntnis von seiner Auswanderungsabsicht gehabt. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung sei zudem diskriminierend und daher nicht wirksam, weil er bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente höhere Abschläge hinzunehmen hätte als ein nicht schwerbehinderter Mensch. Auch habe sich sein Gesundheitszustand deutlich gebessert.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 den monatlichen Bruttobetrag von 4.800,00 Euro zu zahlen,

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm die finanziellen Nachteile auszugleichen, die er aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung aufgrund Ziff. 5.3 der Vorruhestandsvereinbarung gegenüber einem nicht schwerbehinderten Beschäftigten in der gleichen Situation erleidet, vollumfänglich auszugleichen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dem Kläger sei das Angebot auf Abschluss des Vorruhestandsvertrags ausschließlich aufgrund seiner persönlichen Situation als schwerbehinderter Mensch sowie seiner Stellung als Betriebsratsmitglied unterbreitet worden. Derartige Vereinbarungen seien bei ihrer Rechtsvorgängerin unüblich gewesen. In den Jahren 1999 bis 2008 sei lediglich mit zwei weiteren Mitarbeitern eine Vorruhestandsvereinbarung abgeschlossen worden, jedoch zu deutlich schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter. Nach der Vereinbarung mit dem Kläger trage dieser das Risiko, aufgrund eines von ihm verursachten Umstands keine vorzeitige Altersrente wegen der Schwerbehinderung beziehen zu können. Ihre Rechtsvorgängerin sollte nach Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung lediglich das Risiko einer etwaigen nach Vertragsschluss erfolgten Änderung von Rechtsnormen tragen, die zu einem späteren als dem bei Vertragsschluss erwarteten Rentenbezug ab dem 1. Januar 2011 führten. Nicht die Rechtslage, sondern die Tatsachenlage habe sich durch den Wegzug des Klägers verändert. Jedenfalls könne sich der Kläger nach § 162 Abs. 1, § 242 BGB nicht auf den nicht gegebenen Rentenanspruch ab Vollendung seines 60. Lebensjahres berufen, weil er den zum Anspruchsverlust führenden Umstand selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund stehe ihr auch ein Schadensersatzanspruch zu. Mit diesem könne sie aufrechnen. Die Forderung des Klägers sei auch gemäß § 242 BGB wegen des entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs einredebehaftet. Notfalls sei § 254 BGB analog heranzuziehen. Von den Auswanderungsplänen des Klägers habe ihre Rechtsvorgängerin vor Vertragsschluss nichts gewusst. Letztlich sei der Anspruch des Klägers jedenfalls zu kürzen, da durch den drei Jahre späteren Renteneintritt die Abschläge bei der Rente geringer ausfielen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 monatlich 4.800,00 Euro brutto zu zahlen.

10

I. Die Klage ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

11

1. Der Hauptantrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, etwa auf bestimmte Ansprüche beschränken (BAG 15. April 2014 - 3 AZR 288/12 - Rn. 32 mwN). Der Anspruch auf Zahlung eines Vorruhestandsgelds iHv. 4.800,00 Euro pro Monat im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 ist mithin ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. auch BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

12

2. Das von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigende Feststellungsinteresse ist gegeben.

13

a) Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Die Rechtsprechung ist vom Vorrang der Leistungsklage abgegangen, soweit erst im Laufe des Rechtsstreits die Bezifferung einer Forderung möglich geworden ist (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 306). Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zu dem Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte. Ein Kläger ist nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese erst nachträglich im Laufe des Verfahrens möglich wird (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 256 Rn. 7a). Eine Feststellungsklage ist allgemein dann zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

14

b) Danach ist die Feststellungsklage zulässig. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2010 war das Vorruhestandsgeld für den Klagezeitraum noch nicht fällig. Dass zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung der streitige Zahlungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 vollständig abgelaufen war, ist für das Feststellungsinteresse unerheblich. Maßgebend ist allein, dass das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über das „Ob“ der Pflicht zur Zahlung von Vorruhestandsgeld in der Zeit zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres des Klägers, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht selbst (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 20, BAGE 129, 72).

15

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß Ziff. 2.1 der Vorruhestandsvereinbarung für die Monate Januar 2011 bis einschließlich Dezember 2013 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. jeweils 4.800,00 Euro brutto.

16

1. Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld war nicht auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung.

17

a) Die streitgegenständliche Klausel enthält eine sog. nichttypische Erklärung. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, weil der Kläger auf den Klauselinhalt Einfluss nehmen konnte. Dieser hat selbst vorgetragen, auf seinen Wunsch hin sei Ziff. 4.1 um die Formulierung „das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“ ergänzt worden.

18

b) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Für die revisionsrechtliche Überprüfung kommt es daher nur darauf an, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer nichttypischen Erklärung rechtlich möglich ist, nicht aber, ob sie tatsächlich richtig ist (BAG 20. März 2014 - 8 AZR 269/13, 8 AZR 8 AZR 560/13 - Rn. 34 mwN). Ist eine Tatsachenfeststellung revisionsrechtlich zu beanstanden, ist der Rechtsstreit zur erneuten Tatsachenermittlung und Auslegung grundsätzlich an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Revisionsgericht darf aber auch nichttypische Verträge selbst auslegen, wenn der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt ist und kein weiteres tatsächliches Vorbringen zu erwarten ist (BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 15 mwN). So verhält es sich hier. Bis auf den nicht entscheidungsrelevanten Umstand der Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten von den Wegzugsplänen des Klägers bei Vertragsschluss sind keine Tatsachen klärungsbedürftig. Weiterer Vortrag der Parteien ist nicht zu erwarten.

19

c) Die Vorruhestandsvereinbarung enthält kein festes Enddatum. Nach ihrer Ziff. 4.1 erlöschen die Ansprüche aus der Vereinbarung „mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“. Diese Regelung kann nicht dahin gehend verstanden werden, dass der Anspruch zwar grundsätzlich endet, wenn der Kläger eine Rente beziehen kann, spätestens aber am 31. Dezember 2010. Vielmehr sollte der Leistungsanspruch nach dem klaren Wortlaut der Klausel nur auflösend bedingt sein für den Fall, dass der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann. Der zweite Halbsatz enthält keine eigenständige auflösende Bedingung, sondern nur eine Wissenserklärung. Anderenfalls hätte die Regelung dahin lauten müssen, dass die Ansprüche aus der Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann, spätestens aber am 1. Januar 2011. Klauseln mit einem festen Enddatum hat die Beklagte ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Vorruhestandsvereinbarungen mit ihrer Mitarbeiterin G und ihrem Mitarbeiter M in anderen Fällen verwandt. Demgegenüber fehlt in Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung der Parteien ein festes Enddatum. Dementsprechend sieht Ziff. 2.1 die Zahlung des Vorruhestandsgelds „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ vor.

20

2. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Vorruhestandsgelds ist nicht untergegangen, weil dieser seinen Wohnsitz nach Bolivien verlegt hatte und deshalb ab dem 1. Januar 2011 keine Altersrente wegen Schwerbehinderung beziehen konnte. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger entgegen seinen Behauptungen aufgrund seines körperlichen Zustands über dem 31. Dezember 2010 hinaus die Voraussetzungen für die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch erfüllte.

21

a) Ein Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Zahlung von Vorruhestandsgeld gemäß Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung mit Ablauf des 31. Dezember 2010 setzt voraus, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2011 eine „gesetzliche Rente wegen des Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung“ beanspruchen konnte. Dies war nicht der Fall. Insbesondere bestand kein Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI. Zwar vollendete der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger im Dezember 2010 sein 60. Lebensjahr. Weitere Voraussetzung war nach § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aber die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns. Schwerbehindert sind jedoch ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Norm nur solche Personen, die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iSd. § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX haben. Hieran fehlt es, weil der Kläger seit Ende 2004 in Bolivien lebt.

22

b) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf Vorruhestandsgeld grundsätzlich nur bei tatsächlichem Bestehen eines Rentenanspruchs erlischt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass ihre Rechtsvorgängerin bzw. deren Vertreter bei Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von dem Umzug des Klägers nach Bolivien hatten.

23

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel. Erforderlich ist danach, dass der Kläger eine Rente „beanspruchen kann“ und nicht, dass er nach einer Rückkehr nach Deutschland eine derartige Rente „beanspruchen könnte“.

24

bb) Sinn und Zweck der Vereinbarung stützen dieses Verständnis. Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 750/09 - Rn. 34, BAGE 137, 136). Eine Abweichung von diesem typischen Regelungszweck ist vorliegend nicht erkennbar. Der Kläger sollte danach als wirtschaftliche Absicherung „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ (Ziff. 2.1 Satz 1 der Vorruhestandsvereinbarung) zumindest die vereinbarten 4.800,00 Euro brutto zum Bestreiten des Lebensunterhalts beziehen, wobei anderweitig erhaltene Arbeitsvergütung sowie Sozialleistungen angerechnet werden sollten (Ziff. 5.1 Satz 3). Eine wirtschaftliche Absicherung besteht jedoch nur bei einer tatsächlichen und nicht schon bei einer theoretischen Rentenbezugsberechtigung.

25

cc) In systematischer Hinsicht verstärkt sich dieser Befund durch die unter Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung geregelten „Mitwirkungspflichten“ des Klägers. Nach Ziff. 5.3 obliegt es dem Kläger ua., „zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, [einen Antrag auf Altersrente] zu stellen“. Auch in Ziff. 4.1 Satz 2 der Vereinbarung wird die Obliegenheit zur Antragstellung genannt. Eine Pflicht bzw. Obliegenheit zum Wohnsitzwechsel, um die Voraussetzungen eines Rentenbezugs erst herbeizuführen, ist nicht vereinbart.

26

dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin gehend, dass den Kläger eine derartige, nicht ausdrücklich genannte Mitwirkungspflicht treffen sollte, kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in Betracht.

27

(1) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43 mwN).

28

(2) Wusste die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung, dass der Kläger dauerhaft nach Bolivien auswandern wollte, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Unerheblich ist, ob der Personalleiterin unbekannt war, dass die Auswanderung des Klägers zeitlich zu einer Verschiebung des Renteneintrittsalters führt. Denn insoweit handelte es sich um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umstands (vgl. zur Unbeachtlichkeit eines Rechtsfolgenirrtums im Rahmen der Anfechtung auch: BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 234/95 - zu II 1 der Gründe).

29

(3) Hatte die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der mit der Vorruhestandsvereinbarung verfolgte Zweck, den Kläger bis zum Bezug einer Rente wirtschaftlich abzusichern, als Ausgangspunkt einer Vertragsergänzung spricht für eine Belastung der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Risiko einer Verlängerung ihrer Zahlungspflicht über den 31. Dezember 2010 hinaus.

30

ee) Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld ist auch nicht aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage entfallen. § 313 Abs. 1 BGB kann - unabhängig vom Vorliegen einer entsprechenden rechtsgestaltenden Erklärung der Beklagten iSd. § 313 Abs. 3 BGB - bereits aufgrund der beschriebenen vertraglichen Risikozuweisung nicht zur Anwendung gelangen. Enthält ein Vertrag nach seinem Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB aus(vgl. BAG 28. September 2006 - 8 AZR 568/05 - Rn. 22 mwN). Dies ist hier der Fall.

31

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ein treuwidriges Verhalten des Klägers verneint. Weder der Wegzug aus Deutschland im Jahr 2004 noch die unterbliebene Rückkehr Ende 2010 stellen ein treuwidriges Verhalten des Klägers iSv. § 162 Abs. 1 oder § 242 BGB dar.

32

aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf(BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, BAGE 125, 147). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH 16. September 2005 - V ZR 244/04 - zu II 1 der Gründe). Ein Verschulden im technischen Sinn ist zwar keine Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit, jedoch bei der Gesamtabwägung zu bewerten (Staudinger/Bork (2010) § 162 Rn. 10). Maßgebend zu berücksichtigen sind weiter die vertragliche Risikozuordnung sowie die Grundrechte als Ausdruck der objektiven Werteordnung (BeckOK BGB/Sutschet Stand 1. August 2014 § 242 Rn. 19, 22 ff.).

33

bb) Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so hat das Landesarbeitsgericht eine Treuwidrigkeit des Klägers zu Recht nicht angenommen.

34

(1) Eine solche scheidet von vornherein aus, wenn die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, Kenntnis hatte. In diesem Fall hätte der Kläger in der Ausdrucksweise des Landesarbeitsgerichts „mit offenen Karten“ gespielt.

35

(2) Wird zugunsten der Beklagten davon ausgegangen, dass die Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vorruhestandsvereinbarung nicht bekannt war, fehlen Anhaltspunkte, dass der Kläger Ende 2004 nach Bolivien zog, um den Erwerb von Rentenansprüchen und damit das Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld mit Ablauf des 31. Dezember 2010 zu verhindern. Schon wegen der großen zeitlichen Differenz ist eine derartige Annahme fernliegend. Bei Anknüpfung an die unterbliebene Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Ende 2010 gilt dasselbe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine bereits geplante Rückkehr nur deshalb unterließ, weil er sich seinen Anspruch auf Vorruhestandsgeld erhalten und die Zahlungspflicht der Beklagten verlängern wollte. Die Beweggründe des Klägers, die zu seiner Auswanderung bzw. der unterbliebenen Rückkehr geführt haben, können nach alledem rechtlich nicht missbilligt werden.

36

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es dem Kläger frei stand, seinen Wohnsitz nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nach Bolivien zu verlegen. Insoweit gehört die Ausreisefreiheit zwar nicht zu der durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten innerdeutschen Freizügigkeit, sie ist aber doch als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position, worauf das Bundesverfassungsgericht bereits in der Elfes-Entscheidung hingewiesen hat(BVerfG 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - zu II 3 der Gründe, BVerfGE 6, 32). Da die Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht getroffen haben, kann dahinstehen, ob vor diesem Hintergrund ein Verbot des Umzugs nach Bolivien überhaupt rechtswirksam hätte vereinbart werden können.

37

d) Die dem Kläger somit zustehenden Ansprüche auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto pro Monat im Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2013 sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu kürzen. Eine derartige Anspruchskürzung ist in der Vorruhestandsvereinbarung nicht vorgesehen. Diese regelt in Ziff. 5.3 lediglich, dass der Kläger zur Stellung eines Antrags auf Altersrente „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ verpflichtet ist und insoweit nach Ziff. 4.3 auch Abschläge bei der Rente hinnehmen muss. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Kläger dann, wenn sein Antrag auf vorzeitigen Rentenbezug abschlägig beschieden wurde, die hieraus resultierenden Vorteile in Bezug auf die Höhe der späteren Rente anrechnen lassen muss. Solche Vorteile sind zwar angesichts der fortdauernd zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge während des Bezugs von Vorruhestandsgeld (Ziff. 3.3 der Vorruhestandsvereinbarung) nicht von der Hand zu weisen. Damit hat sich aber lediglich das vertragliche Risiko der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin realisiert, dass nicht eine vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung, sondern erst die vorzeitige Regelaltersrente zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld führt. Für eine Anrechnung von Vorteilen bleibt danach kein Raum.

38

e) Die Ansprüche sind auch nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung (teilweise) erloschen oder analog § 254 BGB zu kürzen bzw. gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 BGB einredebehaftet, wie die Beklagte meint.

39

aa) Eine Aufrechnung scheitert bereits an dem fehlenden Vortrag einer Aufrechnungserklärung. Der im Konjunktiv gehaltene Vortrag in der Revisionsbegründung, die Beklagte „könnte“ jedenfalls aufrechnen, stellt eine solche Erklärung nicht dar.

40

bb) Eine analoge Anwendung von § 254 BGB kommt in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Dies käme einer gesetzlichen Korrektur der vertraglich vereinbarten Risikozuweisung gleich. Diese soll aber nach dem Willen des Gesetzes grundsätzlich unangetastet bleiben (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).

41

cc) Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. iVm. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheiden schon mangels Pflichtverletzung aus. Der Kläger war nicht verpflichtet, nach dem Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung in Deutschland zu bleiben oder nach mehreren Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Bolivien aufzugeben und Ende 2010 nach Deutschland zurückzukehren.

42

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Merte    

        

    Pielenz    

                 

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 244/04 Verkündet am:
16. September 2005
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist die Wirksamkeit eines Vertrages durch die Entscheidung eines Dritten aufschiebend
bedingt und ist die Vertragspartei, zu deren Nachteil der Bedingungseintritt
gereichte, nach Treu und Glauben gehalten, dem Dritten einen für dessen Entscheidung
wesentlichen Umstand mitzuteilen, stellt sich die damit verbundene Einflussnahme
auf die Entschließung des Dritten auch dann nicht als treuwidrig dar, wenn
die Mitteilung in der Absicht erfolgte, den Eintritt der Bedingung zu verhindern.
BGH, Urteil vom 16. September 2005 - V ZR 244/04 - OLG Hamm
LG Münster
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision und die Anschlussrevision gegen das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. November 2004 werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 93 % und die Beklagten 7 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten beabsichtigten, von den Klägern das Parkhotel B. in T. zu erwerben und als solches fortzuführen. Dabei wollten sie ein zinsgünstiges Darlehen, das die Klägerin zu 1 im Jahr 1964 als Investitionshilfe für die Errichtung des Hotels von dem Rechtsvorgänger des Landkreises S. erhalten hatte, unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen. Der Landrat stellte die Zustimmung des Landkreises hierzu in Aussicht.
Am 21. Dezember 2001 schlossen die Parteien unter Vereinbarung mehrerer aufschiebender Bedingungen, deren Eintritt bis zum 15. Januar 2002 nachgewiesen sein musste, und unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung einen notariellen Kaufvertrag über das Hotelgrundstück. Zu den Bedingungen zählte unter anderem die Genehmigung der vereinbarten Darlehensübernahme durch den Landkreis.
Nach der Übergabe des Hotels am 23. Dezember 2001 gelangten die Beklagten zu der Einschätzung, dass die Fortführung des Betriebs angesichts des ermittelten Sanierungsbedarfs unwirtschaftlich sei. Sie werfen den Klägern insoweit vor, erhebliche Mängel des Hotels arglistig verschwiegen zu haben.
Anfang Januar 2002 teilte der Vater der Beklagten, der Zeuge K. , dem Landrat mit, dass seine Söhne wegen des unerwartet hohen Sanierungsbedarfs nicht beabsichtigten, das Hotel zu renovieren und fortzuführen; sie wollten deshalb den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Mit Schreiben vom 14. Januar 2002 verweigerte der Landkreis seine Zustimmung zur Übernahme des Darlehens. Mit entscheidungserheblich sei, so die Begründung, dass die Käufer den Kaufvertrag nicht erfüllen wollten und damit die Geschäftsgrundlage für die Fortsetzung des Darlehensvertrages mit ihnen entfallen sei. Diese Begründung ergänzte der Landrat in einem Schreiben vom 15. Januar 2002 wie folgt: "Die Formulierung, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu wollen, bittet Herr K. so zu verstehen, dass er nach fachmännischer Beratung wegen Abgängigkeit der Bausubstanz nicht bereit ist, das Hotel umzubauen und es als solches weiterzuführen. Da damit die….Objektbezogenheit des seinerzeit gewährten Darlehens entfiele, ist eine
Geschäftsgrundlage für die Darlehensübernahme nicht mehr gegeben. Deshalb muss es bei meiner Entscheidung bleiben".
Die Beklagten stellten den Hotelbetrieb am 16. Januar 2002 ein und reichten die Schlüssel an den Notar zurück. Gegenüber den Klägern machten sie Schadensersatz in Höhe von 27.000 € geltend, weil sie im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags eine Betriebsgesellschaft gegründet und das erforderliche Stammkapital von 27.000 € eingezahlt hätten, welches zur Erfüllung von Verbindlichkeiten verbraucht worden sei.
Mit der Klage verlangen die Kläger neben einer Zahlung von 4.151,69 € für den nach dem Kaufvertrag zu übernehmenden Warenbestand die Feststellung , dass die Beklagten den Klägern zu 1 bis 3 wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu Schadensersatz verpflichtet sind. Ferner beantragen sie die Feststellung, dass den Beklagten der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 27.000 € nicht zusteht.
Das Landgericht hat diesem Feststellungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger und die Anschlussberufung der Beklagten sind erfolglos geblieben.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit ihnen nicht entsprochen worden ist, weiter. Die Beklagten treten der Revision entgegen und wollen im Wege der Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erreichen, dass das Berufungsurteil aufgehoben und die negative Feststellungsklage ab-
gewiesen wird, soweit über sie auch bezogen auf einen Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB a.F. entschieden worden ist.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, den Klägern stünden keine Ansprüche wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu, da dieser mangels Eintritts der vereinbarten aufschiebenden Bedingungen nicht wirksam geworden sei. Die Genehmigung der Darlehensübernahme durch den Landkreis sei von den Beklagten auch nicht treuwidrig vereitelt worden. Sie hätten ihre Absicht, den Kaufvertrag nicht zu erfüllen und den Hotelbetrieb nicht fortzuführen, dem Landrat zwar mitgeteilt, um ihn von der Zustimmung zur Darlehensübernahme abzuhalten. Da sie hierfür jedoch wirtschaftlich vernünftige Gründe gehabt hätten und sich ein beeinflussendes Verhalten in der Regel nicht als treuwidrig darstelle, wenn es auf solchen Gründen beruhe, sei der Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt worden. Bei einer Übernahme des Darlehens hätten die Beklagten gegenüber dem Landkreis die Verpflichtung zur Weiterführung des Hotels übernehmen müssen und wären daher gegenüber dem Landkreis vertragsbrüchig geworden, wenn sie den Hotelbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt hätten. In diesem Zusammenhang stelle auch das erst nachträglich erkannte Ausmaß der Mängel einen wirtschaftlich vernünftigen Grund dar, der das Verhalten der Beklagten nicht als treuwidrig erscheinen lasse.
Die Anschlussberufung sei unbegründet, weil den Beklagten der Schadensersatzanspruch , dessen sie sich wegen der Aufwendungen für die Betriebsgesellschaft berühmt hätten, nicht zustehe. Auf § 463 BGB a.F. lasse er sich mangels wirksamen Kaufvertrags nicht stützen. Ob das behauptete arglistige Verhalten der Kläger einen Anspruch wegen Verschuldens bei Vertrags-
schluss begründe, könne offen bleiben, weil die Beklagten einen Schaden in der geltend gemachten Höhe nicht konkretisiert hätten.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision der Kläger im Ergebnis stand.
Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass der Kaufvertrag im Hinblick auf die erforderliche Genehmigung der Darlehensübernahme durch den Landkreis aufschiebend bedingt geschlossen wurde (§ 158 Abs. 1 BGB) und Ansprüche der Kläger wegen Nichterfüllung des Vertrags deshalb nur in Betracht kommen, wenn die Erteilung der Genehmigung von den Beklagten treuwidrig vereitelt worden ist (§ 162 BGB). Nicht zu beanstanden ist ferner seine Feststellung, der als Verhandlungsführer aufgetretene Vater der Beklagten habe die Willensbildung des Landrats beeinflusst und dadurch die Versagung der Genehmigung provoziert. Entgegen der Auffassung der Revision erweist sich auch die Annahme, der Eintritt der Bedingung sei nicht wider Treu und Glauben vereitelt worden, im Ergebnis als zutreffend.
1. Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 1984, VIII ZR 286/82,
NJW 1984, 2568, 2569). Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (vgl. Staudinger/Bork, BGB [2003], § 162 Rdn. 7; MünchKommBGB /H.P.Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 9; Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 7). Bei der Würdigung kann auch von Bedeutung sein, ob die Partei vernünftige wirtschaftliche Gründe hatte, auf den Eintritt oder das Ausbleiben der Bedingung Einfluss zu nehmen (z.B. BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich ein allgemeiner Grundsatz, wonach eine Einflussnahme auf den Bedingungseintritt in der Regel nicht treuwidrig ist, wenn sie auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen beruht , allerdings nicht aufstellen. Ein solcher Grundsatz liegt auch den Entscheidungen , die von der Kommentarliteratur unter diesem Stichwort zusammengestellt sind (vgl. Staudinger/Bork, aaO, § 162 Rdn. 9; Bamberger /Roth/Rövekamp, BGB, § 162 Rdn. 6), nicht zugrunde. Die jeweilige Annahme , der Bedingungseintritt habe ohne Verstoß gegen Treu und Glauben aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen beeinflusst werden können, stellt sich vielmehr auch dort als Ergebnis der gebotenen Würdigung des Einzelfalls dar, wobei vielfach der Inhalt des bedingt geschlossenen Rechtsgeschäfts ausschlaggebend war.
Zum einen betreffen die Entscheidungen nämlich Sachverhalte, in denen es im pflichtgemäßen Ermessen einer Vertragspartei stand, die den Bedingungseintritt auslösende Handlung vorzunehmen. In einem solchen Fall wird
ein auf vernünftige wirtschaftliche Gründe gestützter, den Bedingungseintritt beeinflussender Entschluss dieser Partei in der Regel auch im Verhältnis zu ihrem Vertragspartner sachlich gerechtfertigt und damit nicht treuwidrig sein (zur Anwendbarkeit von § 162 BGB auf Wollensbedingungen, vgl. BGH, Urt. v. 25. September 1996, VIII ZR 172/95, NJW 1996, 3338, 3340 sowie Staudinger /Bork, aaO, § 162 Rdn. 4). Demgemäß wurde die Entscheidung eines Vermieters , sein Grundstück zu verkaufen, im Verhältnis zu seinem Vertragspartner , mit dem er einen durch den Wiederaufbau des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes bedingten Mietvertrag geschlossen hatte, als in seinem Ermessen stehend und deshalb als nicht treuwidrig bewertet (BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922), das Verhalten eines Käufers, der die Ratenzahlung einstellte, im Hinblick auf die vereinbarten Verzugsfolgen als eine vertraglich eingeräumte und damit nicht gegen Treu und Glauben verstoßende Möglichkeit der Lösung vom Kaufvertrag angesehen (BGH, Urt. v. 21. März 1984, VIII ZR 286/82, NJW 1984, 2568, 2569) oder der Entschluss eines Händlers, von einem zur Bedingung erhobenen Verkauf abzusehen, weil sich dieser wirtschaftlich nicht lohnte, als nicht treuwidrig gewürdigt, da der Händler nur die ihm von seinem Vertragspartner zugestandene Freiheit ausgeübt habe (KG, DAR 1980, 118, 119). In anderen Fällen erschienen die mit der Wirksamkeit des Vertrages oder dem fortbestehenden Schwebezustand einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen für eine Partei bei Würdigung der von ihr durch den Abschluss des bedingten Rechtsgeschäfts übernommen Risiken nicht zumutbar und die Einflussnahme auf den Geschehensablauf aus diesem Grund nicht treuwidrig (z.B. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1366: die zur Bedingung gemachte Finanzierung scheitert an den Einkommensverhältnissen des Schuldners; OLG Köln, OLGZ 1974, 8, 10: Partei verzichtet auf den Ver-
such, die zur Bedingung erhobene behördliche Genehmigung durch ein langwieriges Rechtsmittelverfahren zu erhalten).
2. Die im Rahmen von § 162 BGB gebotene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfordert hier die Feststellung, ob von den Beklagten erwartet werden konnte, dem Landkreis vor dessen Entscheidung über die Zustimmung zur Darlehensübernahme keine Mitteilung davon zu machen, dass sie das Hotel entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht fortführen und den Kaufvertrag nicht erfüllen wollten.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagten nach Treu und Glauben von dieser Mitteilung hätten absehen müssen, wenn sie allein dazu diente, ihnen eine sonst nicht bestehende Möglichkeit zu eröffnen, sich von einem als wirtschaftlich nachteilig erkannten Vertrag zu lösen. So liegt der Fall indessen nicht. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kann nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zwischen den Parteien vereinbarte Schuldübernahme (§ 415 Abs. 1 BGB) auch rechtliche Beziehungen der Beklagten zu dem Landkreis als ihrem künftigen Vertragspartner begründete und sich hieraus sachliche Gründe für die Mitteilung ergeben, das Hotel nicht fortführen zu wollen.

a) Diese Gründe lassen sich allerdings nicht auf die Annahme des Berufungsgerichts stützen, die Beklagten hätten sich gegenüber dem Landkreis verpflichten müssen, den Hotelbetrieb fortzusetzen. Die Revision rügt zu Recht, dass tatsächliche Feststellungen zu einer möglichen Absicht des Landkreises, die Genehmigung der Darlehensübernahme von einer Verpflichtung der Beklagten zur Fortführung des Hotelbetriebs abhängig zu machen, nicht getroffen
worden sind. Die von dem Berufungsgericht statt dessen herangezogenen Umstände – das Darlehen sei objektbezogen gewesen und die Parteien seien bei Abschluss des Kaufvertrags übereinstimmend von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs durch die Beklagten ausgegangen – rechtfertigen einen solchen Schluss nicht.

b) Das Urteil erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Unterrichtung des Landrats über die veränderte Sachlage war auch unabhängig von einer Verpflichtung der Beklagten, das Hotel fortzuführen, sachlich geboten und deshalb nicht treuwidrig.
aa) Nach den getroffenen Feststellungen handelte es sich bei der Absicht der Beklagten, das Hotel fortzuführen, jedenfalls um einen für die Willensbildung des Landrats nicht unwesentlichen Umstand. Demgemäß entsprach es dem Gebot der Fairness, wenn nicht gar einer aus den Verhandlungen mit dem Landrat erwachsenen Aufklärungspflicht der Beklagten, ihn über eine unerwartete Änderung dieser Absicht rechtzeitig zu i nformieren.
(1) Die Parteien hatten bei dem Landrat die berechtigte Erwartung geweckt , die Beklagten würden das Hotel der Kläger fortführen. Das ergibt sich zum einen aus dem Schreiben der Kläger vom 19. November 2001, in dem sie dem Landrat ihre Absicht mitteilten, die Anlage an einen neuen Hotelbetreiber zu veräußern, dessen Konzeption sich aber nur bei Übernahme des Darlehens rechne. Es folgt auch daraus, dass die Beklagten ernsthaft an der Fortführung des Hotels interessiert erschienen – sie hatten eine Hotelbetriebsgesellschaft gegründet, planten nach dem Vortrag der Revision eine Vollsanierung des Hotels und hatten im Kaufvertrag die Belegschaft, das Inventar sowie die Waren-
vorräte des Hotels übernommen – und bei lebensnaher Betrachtung angenommen werden kann, dass diese Absicht in den Vorgesprächen mit dem Landrat zum Ausdruck gekommen ist. Ferner belegt die im Schreiben vom 15. Januar 2002 enthaltene Erklärung des Landrats, angesichts der fehlenden Bereitschaft der Käufer, das Hotel fortzuführen, sei für den Landkreis die Geschäftsgrundlage der Darlehensübernahme entfallen, dass er von einer Fortführung des Hotels durch die Beklagten ausgegangen ist.
(2) Diese Erwartung hatte erkennbar Einfluss auf die Entscheidung des Landrats, die Darlehensübernahme zu genehmigen. Nach den dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts beabsichtigte der Landkreis zum damaligen Zeitpunkt, das in der Nähe des Hotels gelegene Kreisheimathaus an die Stadt T. zu veräußern, und war deshalb besonders daran interessiert, dass das zum Verkauf stehende Hotel gut geführt und für Veranstaltungen von Kongressen und Tagungen geeignet sein würde. Bei dieser Sachlage erscheint es gänzlich unwahrscheinlich, dass die Beklagten angenommen hätten, dem Landrat sei alleine an der weiteren Bedienung des Darlehens, nicht aber auch an der Fortführung des Hotels gelegen gewesen. Entgegenstehenden Vortrag der für die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Kläger zeigt die Revision auch nicht auf.
bb) War die Absicht der Beklagten, das Hotel zu übernehmen, somit erkennbar geeignet, die Willensbildung des Landrats zu beeinflussen, hätte sich dieser zu Recht in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt, wenn nicht gar hintergangen gefühlt, wenn ihm die Information über die veränderte Sachlage
vorenthalten worden wäre. In dieser Situation konnten die Kläger nicht erwarten , dass die Beklagten die Unterrichtung des Landrats unterlassen würden.
Die Beklagten waren insbesondere nicht gehalten, die Interessen der Kläger an der Durchführung des Vertrags über die berechtigten Interessen des Landkreises zu stellen. Das folgt bereits daraus, dass sich eine unterlassene Aufklärung des Landrats bei Wirksamwerden des Kaufvertrags voraussichtlich auch zu ihrem Nachteil ausgewirkt hätte. Hätte der Landrat später erfahren, dass ihm wesentliche Informationen vorenthalten worden waren, hätten die Beklagten damit rechnen müssen, dass der Landkreis die Genehmigung der Darlehensübernahme anfechten oder den Darlehensvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder bewusst unrichtiger Angaben aus wichtigem Grund kündigen würde. Selbst wenn eine Auseinandersetzung hierüber im Ergebnis zu ihren Gunsten ausgegangen wäre – sei es, dass die Bedingung nach einer erfolgreichen Anfechtung der Genehmigung als nicht eingetreten gegolten hätte (§ 142 Abs. 1 BGB), sei es, dass sich eine Kündigung als unberechtigt herausgestellt hätte –, mussten sie nicht um des Interesses der Kläger an der Vertragsdurchführung Willen einen solchen Konflikt auf sich nehmen. Die Kläger können auch nicht einwenden, dass der Konflikt vermieden worden wäre, wenn die Beklagten das Hotel fortgeführt hätten. Da sich die Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber den Klägern weder zur Renovierung noch zur Fortführung des Hotels verpflichtet hatten, stand es ihnen nämlich frei, aus wirtschaftlichen Erwägungen von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs abzusehen.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision war das Verhalten des Zeugen K. auch nicht deshalb treuwidrig, weil er sich nach den Feststellun-
gen des Berufungsgerichts nicht auf die Mitteilung beschränkt hat, dass von einer Renovierung und von dem Betrieb des Hotels Abstand genommen werde, sondern auch erklärt hat, die Beklagten wollten den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Dies folgt schon daraus, dass beide Äußerungen in einem untrennbaren tatsächliche n Zusammenhang stehen. Da der Sinneswandel der Beklagten erklärungsbedürftig war, konnte nicht erwartet werden, dass sie dessen Hintergrund verschwiegen, dem Landrat also nicht erläuterten, dass sie sich von den Klägern arglistig getäuscht fühlten und deshalb beabsichtigten, den Vertrag nicht zu erfüllen. Im Übrigen kann auch nicht angenommen werden, dass die nach Auffassung der Revision "überschießende" Mitteilung für den Nichteintritt der Bedingung ursächlich geworden ist (zum Erfordernis der Kausalität: BGH, Urt. v. 8. Januar 1958, VII ZR 126/57, JZ 1958, 211; MünchKomm-BGB/H.P. Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 11). Nach den Äußerungen des Landrats in seinem Sch reiben vom 15. Januar 2002 ist vielmehr davon auszugehen, dass er die Darlehensübernahme auch dann nicht genehmigt hätte, wenn die Beklagten ihm ausschließlich mitgeteilt hätten, das Hotel nicht fortführen zu wollen.
dd) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich die Beklagten im Ergebnis wegen Mängeln der Kaufsache und ohne den Nachweis , dass die Kläger diese arglistig verschwiegen haben, von dem – einen Ausschluss der Sachmängelhaftung enthaltenden – Kaufvertrag lösen können. Bei der Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 BGB steht nämlich nicht in Frage, ob der bedingt Verpflichtete sich einer vertraglichen Verpflichtung entzogen hat; entscheidend ist vielmehr nur, ob er wider Treu und Glauben den Eintritt des zur Bedingung erhobenen Ereignisses verhindert hat (RGZ 79, 96, 97 f.). Bei dieser Beurteilung ist zwar auch das Interesse der Gegenseite an der Durch-
führung des Vertrages zu berücksichtigen. Führt die Würdigung aber, wie hier, zu dem Ergebnis, dass der den Bedingungseintritt beeinflussenden Partei nicht zuzumuten war, ihre Handlung zu unterlassen, muss die Gegenseite die damit verbundene Rechtsfolge – den Wegfall der durch das bedingte Rechtsgeschäft begründeten Bindungen – hinnehmen.
Das gilt auch dann, wenn die Einwirkung auf den Bedingungseintritt in der Absicht erfolgte, das Wirksamwerden des Vertrages zu vereiteln. Da § 162 BGB den regelwidrigen Eingriff in den Geschehensablauf, nicht aber die innere Einstellung des Handelnden sanktioniert (vgl. MünchKomm-BGB/H.P. Westermann , aaO, § 162 Rdn. 11), begründet allein der Umstand, dass der Bedingungseintritt gezielt vereitelt wurde, nicht den Vorwurf der Treuwidrigkeit. Die subjektive Einstellung des Handelnden ist vielmehr im Rahmen der Gesamtwertung zu berücksichtigten. Folglich kann sich im Einzelfall sowohl fahrlässiges Handeln als treuwidrig als auch – wie hier – absichtliches Handeln als nicht treuwidrig darstellen (vgl. Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 8).

III.


Die Anschlussrevision ist zulässig (§ 554 ZPO), aber unbegründet. Das Berufungsgericht hat die von den Klägern beantragte Feststellung, den Beklagten stünde kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Gründung der Hotelbetriebsgesellschaft in Höhe von 27.000 € zu, rechtsfehlerfrei auch im Hinblick auf einen möglichen Schadensersatzanspruch gemäß § 463 BGB a.F. geprüft. Das folgt bereits daraus, dass die Beklagten sich - entgegen der Darstellung der Anschlussrevision - ausweislich des Schreibens ihres erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 12. November 2002 ausdrücklich eines
Schadenersatzanspruchs aus § 463 BGB a.F. berühmt haben, ein diesbezügliches Feststellungsinteresse der Kläger also nicht zweifelhaft sein kann.
Aber auch dann, wenn sich die Beklagten stets nur eines Anspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluss berühmt hätten, war das Berufungsgericht nicht gehindert, § 463 BGB a.F. als Anspruchsgrundlage zu erwägen. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision betrifft diese Vorschrift nicht einen von dem Antrag der Kläger nicht erfassten Streitgegenstand. Die dazu angestellte Überlegung, bei einer auf § 463 BGB a.F. gestützten Erstattung der 27.000 € handele es sich einen anderen Streitgegenstand als die Geltendmachung desselben Betrags unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss , weil das eine Mal der Ersatz des positiven, das andere Mal der Ersatz des negativen Interesses in Rede stehe, gehen fehl. Wäre eine Klage der Beklagten auf Erstattung der für die Gründung der Betriebsgesellschaft aufgewendeten 27.000 € rechtskräftig abgewiesen worden, stünde damit fest, dass sie diese Rechtsfolge aus dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt nicht herleiten können, und zwar unabhängig davon, auf welche Anspruchsgrundlage die Klage gestützt war und welche Anspruchsgrundlagen das Gericht erkannt und geprüft hat (vgl. BGHZ 157, 47, 53; Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, NJW 1995, 1757, 1758). Ob die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen auf Ersatz des positiven oder des negativen Interesses gerichtet sind, ist ebenfalls unerheblich. Entsprechendes gilt für das Gegenteil eines die Klage auf Erstattung der 27.000 € abweisenden Urteils (vgl. Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, aaO), also für das das Nichtbestehen eines solchen Anspruchs feststellende Berufungsurteil.
Etwas anderes folgt nicht aus dem von der Anschlussrevision zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem es an einer Stelle heißt, ein derartiger, auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch sei nicht Streitgegenstand der Klage (BGH, Urt. v. 5. November 2002, X ZR 232/00, WM 2003, 1379, 1380 r.Sp.). Im dortigen Verfahren war nämlich kein Schaden geltend gemacht worden, der sowohl unter dem Aspekt des positiven als auch des negativen Interesses ersetzt verlangt werden konnte; vielmehr war entgangener Gewinn (positives Interesse) beansprucht worden, obwohl nur ein Anspruch auf Ersatz – nicht eingeklagter – nutzloser Aufwendungen (negatives Interesse) bestand.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.

(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 8.3.2012 - 1 Ca 285/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Abrechnung und Vergütung.

2

Der Kläger war seit 1981 bei der Beklagten als Malergeselle beschäftigt und kündigte sein Arbeitsverhältnis selbst zum 15. August 2011. In der Zeit vom 15. bis 22. Juli 2011 war er arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 20. Juli 2011 machte er aufgrund von Lohnrückständen ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Erbringung seiner Arbeitsleistung geltend und nahm danach seine Arbeit bei der Beklagten bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 15. August 2011 nicht wieder auf.

3

Mit seiner beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein erhobenen Klage hat der Kläger Abrechnungs- und Zahlungsansprüche geltend gemacht.

4

Im Kammertermin vom 20. Oktober 2011 vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger folgende Anträge gestellt:

5

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.174,00 EUR netto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte wird verurteilt, für Juni 2011 Abrechnung zu erteilen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 1. Juli 2011 auszuzahlen.

7

Die Beklagte wird verurteilt, für Juli 2011 Abrechnung zu erteilen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 1. August 2011 auszuzahlen.

8

Die Beklagte wird verurteilt, für August 2011 Abrechnung zu erteilen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 16. August 2011 auszuzahlen.

9

Die Beklagte wird verurteilt, an die Urlaubskasse im Maler- und Lackiererhandwerk für das Jahr 2011 auf das Urlaubskonto des Klägers Beiträge für 22 Tage einzuzahlen und dem Kläger die Zahlung zu bescheinigen.

10

(= Antrag zu 6 aus dem Schriftsatz vom 30. September 2011)

11

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Endzeugnis zu erteilen.

12

Die Beklagte hat in diesem Termin keinen Antrag gestellt, woraufhin der Kläger den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt hat. Das Arbeitsgericht hat sodann folgendes "Teilversäumnis- und Teilurteil" vom 20. Oktober 2011 - 1 Ca 285/11 - verkündet:

13

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.174,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 6.10.2011 zu zahlen.

14

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger

15

für Juni 2011,
für Juli 2011 und
für August 2011
Abrechnung zu erteilen.

16

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen.

17

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen (Antrag Ziffer 6 aus dem Schriftsatz vom 30.09.2011).

18

Die Kostenentscheidung wird dem Schlussurteil vorbehalten.

19

Der Streitwert wird in Höhe von 19.142,89 EUR festgesetzt.

20

Sofern die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes (§ 64 Abs. 2 Buchst. b und c ArbGG) statthaft ist, wird sie nicht zugelassen.

21

Gegen das ihr am 23. November 2011 zugestellte Teilversäumnisurteil vom 20. Oktober 2011 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. November 2011, beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein am gleichen Tag eingegangen, Einspruch eingelegt.

22

Im Kammertermin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache vom 8. März 2012 vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien einen Teil-Vergleich geschlossen, nach dem die Beklagte dem Kläger unter dem Datum des 15. August 2011 ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis mit einer der Note "gut" entsprechenden Leistungs-, Führungs- und Verhaltensbewertung erteilt und damit das Verfahren hinsichtlich der Ziffer 3 des Teil-Versäumnisurteils vom 20. Oktober 2011 erledigt ist.

23

Der Kläger hat beantragt,

24

das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20. Oktober 2011 hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 aufrechtzuerhalten.

25

Die Beklagte hat beantragt,

26

das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

27

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein hat im Termin vom 8. März 2012 sodann folgendes "Schlussurteil" (Az.: 1 Ca 285/11) verkündet:

28

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20. Oktober 2011 wird bezüglich der Ziffer 1. des Versäumnisurteils aufrechterhalten.

29

Das Versäumnisurteil wird im übrigen (Ziffer 2.) aufgehoben und die Klage abgewiesen.

30

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 20 %, der Beklagten zu 80 % auferlegt.

31

Der Streitwert wird auf 19.074,00 EUR festgesetzt.

32

Sofern die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes statthaft ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b und c ArbGG), wird sie nicht zugelassen.

33

Im Schlussurteil vom 8. März 2012 - 1 Ca 285/11 -, auf dessen Tatbestand zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte die ausstehende Restvergütung in Gesamthöhe von 16.174,00 EUR netto zahlen müsse, während Abrechnungsansprüche für den Zeitraum Juni bis einschließlich August 2011 nicht bestünden. Zwar habe der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung, da er eine nach Stunden bemessene Vergütung erhalte. Die Beklagte benötige hierfür jedoch die vom Kläger ausgefüllten Stundenzettel. Im Hinblick darauf, dass zwischen den Parteien streitig sei, ob die Beklagte im Besitz der Stundenzettel für die Monate Juni, Juli und August 2011 sei, hätte der Kläger dezidiert vortragen müssen, wann er die Stundenzettel der Beklagten zur Verfügung gestellt habe. Alternativ hätte er Durchschriften der Stundenzettel der Beklagten im Laufe dieses Verfahrens zur Verfügung stellen müssen, was er nicht getan habe. Aus diesem Grund sei die Beklagte nicht in der Lage, die vom Kläger in den Monaten Juni bis August 2011 geleisteten Arbeitsstunden nachzuvollziehen.

34

Gegen das ihm am 30. März 2012 zugestellte Schlussurteil des Arbeitsgerichts vom 8. März 2012 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 5. April 2012, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 11. April 2012 eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. Juli 2012 mit Schriftsatz vom 2. Juli 2012, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

35

Er trägt vor, die Beklagte habe aufgrund seiner Arbeiten für den Zeitraum Juni und Juli 2011 Abrechnungen gegenüber ihren Auftraggebern erteilt sowie Rechnungen gestellt, wozu seine Unterlagen, insbesondere die Stundennachweise zwingend erforderlich gewesen seien. Er habe in seinen Unterlagen handschriftliche Aufzeichnungen in seinen Notizbüchern über die geleisteten Stunden gefunden. Die Stundenzettel seien zuvor jeweils am letzten Arbeitstag im Juni bzw. Juli am 28. Juli 2011 per Einschreiben an die Beklagte übergeben worden. Ablichtungen habe er in der Anlage zu seinem Schriftsatz vom 2. Juli 2012 (Bl. 253 bis 260 d.A.) beigefügt.

36

Der Kläger beantragt:

37

Die Beklagte wird verurteilt, für Juni 2011 Abrechnungen zu erteilen und den sich hier ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.07.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, für Juli 2011 Abrechnungen zu erteilen und den sich hier ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.08.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, für August 2011 Abrechnungen zu erteilen und den sich hier ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.08.2011 zu zahlen.

38

Die Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Sie erwidert, der Kläger könne keine Abrechnung der Monate Juni bis August 2011 und daraus resultierend keine Zahlung der entsprechenden Nettobeträge beanspruchen, weil er nicht darzulegen vermocht habe, wann er die Stundenzettel ihr übergeben haben wolle.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

42

Die gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

43

Die auch ansonsten zulässige Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Ein selbständiger Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen für die Monate Juni bis August 2011 besteht nicht. Im übrigen sind die in der Berufungsinstanz weiterverfolgten Klageanträge unzulässig.

I.

44

Der Kläger hat mit seinem Berufungsantrag sowohl den Antrag auf Erteilung von Abrechnungen für die Monate Juni bis August 2011 (1. Stufe) als auch den unbezifferten Antrag auf Zahlung des sich hieraus ergebenden Nettobetrags (2. Stufe) weiterverfolgt (Stufenklage i.S.v. § 254 ZPO). Das Arbeitsgericht hat ausdrücklich ein "Schlussurteil" erlassen, mit dem es das Versäumnisurteil im Übrigen aufgehoben sowie die Klage abgewiesen hat. Dementsprechend hat das Arbeitsgericht auch eine abschließende Kostenentscheidung getroffen. Nach der Überschrift und dem Tenor des Urteils ist nicht nur der Abrechnungsanspruch durch ein Teilurteil, sondern die gesamte Stufenklage durch ein "Schlussurteil" abgewiesen worden, so dass sowohl der Abrechnungsanspruch als auch der unbezifferte Zahlungsantrag in der Berufungsinstanz angefallen ist, auch wenn das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen nur die Abweisung des Abrechnungsanspruchs für die Monate Juni bis August 2011 begründet und zu dem unbezifferten Zahlungsantrag keine Ausführungen gemacht hat. Unabhängig davon ist das Berufungsgericht befugt, auch über einen noch im ersten Rechtszug anhängig gebliebenen Teil des Streitgegenstandes zu entscheiden, wenn beide Parteien das Berufungsgericht um Entscheidung des gesamten Streitgegenstandes angehen oder ein solches Einverständnis infolge Rügeverzichts zu vermuten ist (BGH 25. März 1986 - IX ZR 104/85 - Rn. 37, NJW 1986, 2108). Der Kläger hat mit seinem Berufungsantrag nicht nur den Antrag auf Erteilung von Abrechnungen, sondern auch den Antrag auf Zahlung des sich hieraus ergebenden Nettobetrags weiterverfolgt, ohne dass die Beklagte gerügt hat, dass der Kläger eine Entscheidung über einen vom Arbeitsgericht noch nicht beschiedenen Antrag begehre.

II.

45

Nach § 254 ZPO kann mit der Klage auf Abrechnungserteilung ein unbezifferter Zahlungsantrag verbunden werden, wenn die Abrechnung der Bezifferung des Zahlungsantrags dient. Die begehrte Abrechnung muss zur Erhebung eines bestimmten Antrags erforderlich sein (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 11, NZA 2006, 1294). Danach ist die Stufenklage im Streitfall unzulässig. Es fehlt an dem vorbereitenden Charakter des Abrechnungsantrags. Ausweislich der vom Kläger mit der Berufungsbegründung selbst vorgelegten Aufzeichnungen über die von ihm in den Monaten Juni und Juli 2011 geleisteten Stunden könnte er ohne weiteres die von ihm geltend gemachten Vergütungsansprüche berechnen und beziffern. Es handelt sich um nach der behaupteten Arbeitszeit leicht zu berechnende Zahlungsansprüche, zu deren Bezifferung er keiner Abrechnung bedarf. Gleiches gilt, soweit er ab dem 15. Juli 2011 bis 22. Juli 2012 arbeitsunfähig erkrankt war bzw. mit Schreiben vom 20. Juli 2011 ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat. Auch insoweit war er ohne weiteres in der Lage, den behaupteten Entgeltfortzahlungsanspruch bzw. Annahmeverzugslohnanspruch zu berechnen und seine Zahlungsansprüche zu beziffern. Mangels Zulässigkeit einer Stufenklage sind die Anträge in Bezug auf den Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen und den Anspruch auf Zahlung des sich hiernach ergebenden Nettobetrags selbständig zu beurteilen (vgl. BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 11, NZA 2006, 1294).

III.

46

Der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen für die Monate Juni, Juli und August 2011 besteht nicht.

47

Nach § 108 GewO ist dem Arbeitnehmer, wenn ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt besteht, bei Zahlung eine Abrechnung zu erteilen. Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Die Regelung dient der Transparenz. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Dagegen regelt § 108 GewO keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, NZA 2006, 1294; BAG 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - Rn. 18, NZA 2007, 679). Für den Abrechnungsanspruch aus § 34 Nr. 5 des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (RTV) gilt nichts anderes (vgl. zum Abrechnungsanspruch aus § 5 Nr. 7.1 Unterabs. 1 BRTV-Bau: BAG 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - Rn. 18, NZA 2007, 679; zum Abrechnungsanspruch aus § 36 Abs. 4 BAT: BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 14, NZA 2006, 1294). Es geht auch bei dieser Vorschrift um die Zusammensetzung und Erläuterung der "nach Abschluss der Lohnperiode" erfolgten Zahlung. Soweit die Abrechnung auch die geleisteten Stunden und den Stand des Arbeitszeitkontos ausweisen muss, dient dies ebenfalls der Transparenz, damit der Arbeitnehmer anhand der Abrechnung auch erkennen kann, für welche Arbeitszeiten die gezahlte Vergütung geleistet worden ist. Die Abrechnung ist ebenso wie nach § 108 GewO im Zusammenhang mit der tatsächlichen Zahlung zu deren Erläuterung sowie Nachprüfung zu erteilen und kann nicht selbständig vor der Zahlung zur Vorbereitung eines Anspruchs gefordert werden.

48

Zwar kann der Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen Auskunft über die Grundlagen seines Vergütungsanspruchs verlangen, wenn er hierüber unverschuldet keine Kenntnis hat. Das schließt den Anspruch auf eine Abrechnung mit ein, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf die Zahlung konkret verfolgen zu können (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 15 NZA 2006, 1294). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil der Kläger ausweislich der von ihm selbst vorgelegten Stundenaufzeichnungen über die von ihm in den Monaten Juni und Juli 2011 geleisteten Stunden Kenntnis hat.

IV.

49

Der unbezifferte Zahlungsantrag auf Zahlung des sich aus den geforderten Abrechnungen ergebenden Nettobetrags ist nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und deshalb unzulässig. Die Stufenklage und damit die einstweilige Befreiung von der Bezifferungspflicht des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist nur zulässig, wenn die begehrte Abrechnung bzw. Auskunft zur Erhebung eines bestimmten Antrags erforderlich ist (BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 527/10 - Rn. 53, [juris]; BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 10, NZA 2006, 1294). Das ist hier nicht der Fall, weil der Kläger keiner Abrechnung zum Zwecke der Bezifferung der von ihm behaupteten Zahlungsansprüche bedarf.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

51

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2008 - 3/15 Sa 1327/07 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Juli 2007 - 1 Ca 91/07 - in Höhe von insgesamt 1.025,25 Euro zuzüglich darauf entfallender Zinsen zurückgewiesen hat. Das bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Kassel wird insoweit abgeändert und in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Unter Aufrechterhaltung im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Mai 2005 - 1 Ca 55/05 - insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 343,42 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 abgewiesen wurde. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.025,25 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 343,42 Euro seit dem 1. Januar 2005, 343,78 Euro seit dem 1. Januar 2006 und 338,05 Euro seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten erster und zweiter Instanz haben die Klägerin zu 85 % und der Beklagte zu 15 % zu tragen, mit Ausnahme der Kosten, die durch das Versäumnisurteil vom 25. Mai 2005 entstanden sind. Diese Kosten hat die Klägerin allein zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung. Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin, der Pflegeheime und Internate betreibt. Die Klägerin ist examinierte Altenpflegerin und seit dem 15. Oktober 1996 als Dauernachtwache bei dem Beklagten beschäftigt.

2

Die Klägerin bezieht nach § 5 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 16. Oktober 1996 eine Vergütung nach „BAT Kr. IV“. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags verhält sich über Sonderzahlungen wie folgt:

        

„Sämtliche Sonderzahlungen sind freiwillige Zuwendungen, für die kein Rechtsanspruch besteht (z. B. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld richten sich nach den Bestimmungen des BAT).“

3

Der Beklagte zahlte bis zum Jahr 2003 als Weihnachtsgeld mit der Novembervergütung einen Betrag, der nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in seiner jeweiligen Fassung (nachfolgend: TV Zuwendung) berechnet wurde. Anlässlich der Zahlung erhielten die Mitarbeiter ein Schreiben, in dem wortgleich jeweils ua. ausgeführt war:

        

„Unter der Lohnart … können Sie das Ihnen zustehende Weihnachtsgeld in Höhe von

        

…       

        

entnehmen.

        

Wir möchten erneut betonen, dass es sich nach den vertraglichen Vereinbarungen um eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers handelt, für die kein Rechtsanspruch besteht.“

4

Entsprechend einer Ankündigung im Begleitschreiben für das Jahr 2003 erbrachte der Beklagte seit dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung. Der Basiswert dieser Sonderzahlung wurde nach dem TV Zuwendung errechnet. Zur Auszahlung kam ein individuell für jeden Mitarbeiter anhand einer Leistungsbeurteilung ermittelter prozentualer Anteil.

5

Die Klägerin macht für die Jahre 2004 bis 2006 der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitige Differenzen zwischen der geleisteten Sonderzahlung und der vollen Zuwendung nach dem TV Zuwendung geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags bestehe ein vertraglicher Anspruch.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.025,25 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags seien sämtliche Sonderzahlungen freiwillige Leistungen, auf die kein Anspruch bestehe. Er sei deshalb nicht gehindert gewesen, ab dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung zu erbringen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Zahlungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags, § 2 Abs. 1 TV Zuwendung iVm. der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung einen Anspruch auf die geltend gemachten Zuwendungsdifferenzbeträge. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Bestimmung nach Maßgabe des § 305c Abs. 2 BGB.

11

1. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Das Landesarbeitsgericht hat entsprechende Feststellungen getroffen. Darüber streiten die Parteien nicht.

12

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - mwN, aaO).

13

3. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags beinhaltet eine einheitliche, aus einem Freiwilligkeitsvorbehalt und einem Klammerzusatz bestehende Klausel.

14

a) Der Freiwilligkeitsvorbehalt ohne Klammerzusatz kann dem Wortlaut nach geeignet sein, einen vertraglichen Anspruch auf eine Sonderzahlung nicht entstehen zu lassen. Sämtliche Sonderzahlungen sollen danach freiwillige Zuwendungen sein, für die kein Rechtsanspruch besteht. Der Senat erkennt Freiwilligkeitsvorbehalte, die sich nicht in dem bloßen Hinweis erschöpfen, dass sich der Arbeitgeber „freiwillig“ zur Erbringung einer Sonderzahlung verpflichtet, sondern die einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung bei wiederholter Zahlung nicht entstehen lassen, auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich als zulässig an (BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38). Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt weicht nicht von § 611 Abs. 1 BGB ab und verstößt, sofern es sich um einen klar und verständlich formulierten Vorbehalt handelt, nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB, da es bereits an einer versprochenen Leistung fehlt(BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - aaO; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - aaO).

15

b)Der Klammerzusatz steht zu dem Freiwilligkeitsvorbehalt im Widerspruch. Nach der Verknüpfung „z. B.“ nimmt er zwar Bezug auf den Vorbehalt, soll ihn also anscheinend erläutern. Vor dem Hintergrund des nachfolgenden Klammertextes ist dies jedoch nicht eindeutig. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld sollen sich nach den Bestimmungen des BAT „richten“. Für sich genommen wird nach dem Wortlaut des Klammerzusatzes („richten sich“) ein vertraglicher, der Höhe nach in § 2 TV Zuwendung geregelter Anspruch auf eine Sonderzuwendung begründet, sofern der Arbeitnehmer die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 TV Zuwendung erfüllt. Dass mit „den Bestimmungen des BAT“ bezogen auf die Weihnachtsgratifikation der TV Zuwendung gemeint ist, liegt im Hinblick darauf, dass der BAT keine eigene Regelung enthält, nahe und wird von den Parteien auch nicht anders verstanden.

16

c) Eine Verknüpfung von Vorbehalt und Klammerzusatz in dem Sinne, dass der Klammerzusatz lediglich die beispielhafte Aufzählung der Sonderzahlungen enthält, die unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen, läge nahe, wenn dieser ohne die Worte „richten sich“ formuliert wäre. Da der Klammerzusatz einen Anspruch formuliert, ist aber auch eine einschränkende Auslegung im Sinne der Klägerin rechtlich vertretbar, dass zwar grundsätzlich Sonderzahlungen freiwillige Zuwendungen sind, aber Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen des BAT gezahlt werden. Schließlich erscheint die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auslegung möglich, der Verweis auf die Bestimmungen des BAT betreffe nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Leistung; allerdings bestehen auch hierfür keine durchgreifenden Anhaltspunkte. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags erweist sich als mehrdeutig.

17

d) Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Beklagten. Die Norm kommt dann zur Anwendung, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Widersprechen sich hingegen mehrere Klauseln inhaltlich, ist § 305c Abs. 2 BGB unanwendbar und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB greift(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 §   307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259).

18

Da nach der textlichen Gestaltung von Vorbehalt und Klammerzusatz und der Verknüpfung durch „z. B.“ eine einzelne Klausel über die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation auszulegen ist, greift § 305c Abs. 2 BGB. Der Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst nicht die im Klammerzusatz aufgeführte Weihnachtsgratifikation. Zugunsten der Klägerin ist § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags dahin auszulegen, dass im Streitzeitraum ein vertraglicher Anspruch auf eine Sonderzuwendung nach Maßgabe des TV Zuwendung bestanden hat.

19

4. Unerheblich ist, dass der Dienstvertrag vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Vertrauen auf die damals geltende Rechtslage vereinbart wurde. Die jetzt in § 305c Abs. 2 BGB normierte Unklarheitenregel war schon vor Inkrafttreten des AGBG und während seiner Geltung allgemein anerkannt und galt auch für Formulararbeitsverträge(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 26. Januar 2005 - 10 AZR 331/04 - BAGE 113, 265).

20

5. Die Parteien haben den Anspruch der Klägerin auf eine Sonderzuwendung nach dem TV Zuwendung nicht vertraglich abgeändert. Die jährlichen Begleitschreiben des Beklagten im Zusammenhang mit der Zahlung enthalten kein Angebot an die Klägerin, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen und einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation zukünftig auszuschließen. Sie sind wie § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags in sich widersprüchlich, indem sie einerseits auf ein „zustehendes“ Weihnachtsgeld Bezug nehmen und andererseits einen Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistung enthalten. Selbst wenn sich die Begleitschreiben als Angebot auf Abänderung des Dienstvertrags auslegen ließen, hätte die Klägerin ein solches Angebot nicht angenommen. Das Schweigen gegenüber einem Angebot auf Verschlechterung eines Vertrags ist grundsätzlich keine Annahme eines solches Angebots (§ 151 BGB). Das gilt bei einer widerspruchslosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zumindest dann, wenn sich die angetragene Veränderung nicht unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 -).

21

6. Der Anspruch besteht in der geltend gemachten Höhe. Im Streitzeitraum betrug die Sonderzuwendung entsprechend der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung 82,14 % des Bemessungssatzes. Die Zuwendungsdifferenzen sind durch die Klägerin zutreffend für das Jahr 2004 mit 343,42 Euro, für das Jahr 2005 mit 343,78 Euro und für das Jahr 2006 mit 338,05 Euro berechnet worden. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2, § 288 Abs. 1 BGB.

22

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 344 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Walter Huber    

        

    Kiel    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Der Beschluß über die bedingte Kapitalerhöhung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. § 182 Abs. 2 und § 187 Abs. 2 gelten.

(2) Im Beschluß müssen auch festgestellt werden

1.
der Zweck der bedingten Kapitalerhöhung;
2.
der Kreis der Bezugsberechtigten;
3.
der Ausgabebetrag oder die Grundlagen, nach denen dieser Betrag errechnet wird; bei einer bedingten Kapitalerhöhung für die Zwecke des § 192 Abs. 2 Nr. 1 genügt es, wenn in dem Beschluss oder in dem damit verbundenen Beschluss nach § 221 der Mindestausgabebetrag oder die Grundlagen für die Festlegung des Ausgabebetrags oder des Mindestausgabebetrags bestimmt werden; sowie
4.
bei Beschlüssen nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 auch die Aufteilung der Bezugsrechte auf Mitglieder der Geschäftsführungen und Arbeitnehmer, Erfolgsziele, Erwerbs- und Ausübungszeiträume und Wartezeit für die erstmalige Ausübung (mindestens vier Jahre).

(1) Die Satzung kann nur für den Fall, daß die Hauptversammlung den Jahresabschluß feststellt, bestimmen, daß Beträge aus dem Jahresüberschuß in andere Gewinnrücklagen einzustellen sind. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung kann höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden. Dabei sind Beträge, die in die gesetzliche Rücklage einzustellen sind, und ein Verlustvortrag vorab vom Jahresüberschuß abzuziehen.

(2) Stellen Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluß fest, so können sie einen Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte, in andere Gewinnrücklagen einstellen. Die Satzung kann Vorstand und Aufsichtsrat zur Einstellung eines größeren oder kleineren Teils des Jahresüberschusses ermächtigen. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung dürfen Vorstand und Aufsichtsrat keine Beträge in andere Gewinnrücklagen einstellen, wenn die andere Gewinnrücklagen die Hälfte des Grundkapitals übersteigen oder soweit sie nach der Einstellung die Hälfte übersteigen würden. Absatz 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2a) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 können Vorstand und Aufsichtsrat den Eigenkapitalanteil von Wertaufholungen bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens in andere Gewinnrücklagen einstellen. Der Betrag dieser Rücklagen ist in der Bilanz gesondert auszuweisen; er kann auch im Anhang angegeben werden.

(3) Die Hauptversammlung kann im Beschluß über die Verwendung des Bilanzgewinns weitere Beträge in Gewinnrücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen. Sie kann ferner, wenn die Satzung sie hierzu ermächtigt, auch eine andere Verwendung als nach Satz 1 oder als die Verteilung unter die Aktionäre beschließen.

(4) Die Aktionäre haben Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch Hauptversammlungsbeschluß nach Absatz 3 oder als zusätzlicher Aufwand auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen ist. Der Anspruch ist am dritten auf den Hauptversammlungsbeschluss folgenden Geschäftstag fällig. In dem Hauptversammlungsbeschluss oder in der Satzung kann eine spätere Fälligkeit festgelegt werden.

(5) Sofern die Satzung dies vorsieht, kann die Hauptversammlung auch eine Sachausschüttung beschließen.

(1) Die Hauptversammlung beschließt über die Verwendung des Bilanzgewinns. Sie ist hierbei an den festgestellten Jahresabschluß gebunden.

(2) In dem Beschluß ist die Verwendung des Bilanzgewinns im einzelnen darzulegen, namentlich sind anzugeben

1.
der Bilanzgewinn;
2.
der an die Aktionäre auszuschüttende Betrag oder Sachwert;
3.
die in Gewinnrücklagen einzustellenden Beträge;
4.
ein Gewinnvortrag;
5.
der zusätzliche Aufwand auf Grund des Beschlusses.

(3) Der Beschluß führt nicht zu einer Änderung des festgestellten Jahresabschlusses.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Oktober 2011 - 7 Sa 452/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines von der Beklagten zu zahlenden Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag des Klägers.

2

Der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten schlossen am 22. September/25. September 2003 einen Aufhebungsvertrag. In diesem heißt es ua.:

        

„Aufhebungsvertrag

        

1       

…       

                 

Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wird daher auf Veranlassung der B AG zum 31. Oktober 2004 aufgehoben.

        

3       

…       

                 

Unter Anrechnung von Leistungen Dritter, z. B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, gesetzlichen Rentenversicherung sowie Bezügen aus anderweitiger beruflicher Tätigkeit, garantieren wir Ihnen eine Gesamtleistung von insgesamt 138.672,87 EUR brutto.

                 

Diese Gesamtleistung setzt sich zusammen aus:

                          

einer Einmalzahlung im November 2004 von

                          

5.532,87 EUR brutto,

                          

sowie vom 1. November 2004 bis 31. Oktober 2009 Leistungen von monatlich 2.219,00 EUR brutto.

                 

Abweichungen von den monatlichen Beträgen können sich auf Grund der Anrechnung von Leistungen Dritter ergeben.

                 

…       

        

5       

Zusätzlich übernimmt die B AG - sofern hierzu nicht ein anderer Träger verpflichtet ist - die während des Ausgleichszeitraumes zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben, maximal bis zu der Höhe des Beitrages der zuständigen Betriebskrankenkasse der B AG.

        

…“    

        
3

Die Krankenkassenbeiträge wurden zunächst von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unmittelbar an deren Betriebskrankenkasse, die B BKK, überwiesen. Ab November 2006 wurde das Einzugsverfahren durch die Rechtsnachfolgerin der B BKK, die p BKK, umgestellt. Dies hatte zur Folge, dass der Kläger seine Krankenversicherungsbeiträge selbst an die Krankenkasse abführen musste und der Krankenversicherungszuschuss unmittelbar an ihn ausbezahlt wurde. Da der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis mehr stand, war er bei der p BKK als freiwilliges Mitglied versichert. Diese stellte sich auf den Standpunkt, dass für den von der Beklagten an den Kläger gezahlten Zuschuss ebenfalls Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen seien, er also ebenfalls der Verbeitragung unterliege. Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 teilte sie dem Kläger ua. mit:

        

„…    

        

wie mit Ihnen besprochen, sind wir damit einverstanden, dass Sie für die Zeit ab dem 01.11.2006 die Beiträge nur in Höhe an uns entrichten, wie diese ohne Berücksichtigung des Zuschusses zur Krankenversicherung zu entrichten wären.

        

Den Beitrag, der aus dem Zuschuss anfällt, werden wir solange stunden, bis geklärt ist, wie die endgültige Beitragsberechnung zu erfolgen hat.

        

…“    

4

Am 25. Mai 2010 schrieb die p BKK an den Kläger:

        

„…    

        

Sie erhielten von der B GmbH eine monatliche Abfindung und einen Krankenkassenzuschuss. Mit Schreiben vom 21.02.2008 [richtig wohl: 22.02.2008] erklärten wir uns damit einverstanden, Ihnen den Beitrag insoweit zu stunden, als er auf den Krankenkassenzuschuss entfällt. Grund hierfür war, dass die Frage der Beitragspflicht aus in monatlichen Raten gezahlten Abfindungen bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist.

        

Zwischenzeitlich steht fest, dass es zu der ursprünglich angestrebten gerichtlichen Klärung nicht kommen wird, da sich kein Mitglied gefunden hat, welches bereit war, einen Musterrechtsstreit zu führen. Unsere zu dieser Rechtsfrage vertretene Auffassung wird vom Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen geteilt. Auch das Bundesversicherungsamt beanstandet diese Beitragsberechnung nicht.

        

Wir heben daher die Stundung auf und berechnen für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2009 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung neu.

        

…       

        

Damit sind für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2009 Beiträge in Höhe von 1.717,32 € nachzuzahlen.

        

…“    

5

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf. Dieser Rechtsstreit ist noch anhängig.

6

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung des von der p BKK geforderten Nachzahlungsbetrages in Höhe von insgesamt 1.717,32 Euro.

7

Er meint, die Beklagte habe sich im Aufhebungsvertrag dazu verpflichtet, die Krankenkassenbeiträge in voller Höhe zu übernehmen. Wenn die Beklagte nunmehr einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen zahle und dies dazu führe, dass sich der von ihm zu zahlende Krankenversicherungsbeitrag erhöhe, so habe die Beklagte dafür zu sorgen, dass ihm keine zusätzlichen Kosten entstünden.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.717,32 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2010 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie vertritt die Ansicht, dass sie, wie sich aus Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ergebe, die Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag schulde und nicht zusätzlich die Zahlung der auf diese Zuschüsse entfallenden Krankenversicherungsbeiträge. Die zugesagte Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge beziehe sich nur auf die monatliche Abfindungszahlung von 2.219,00 Euro, nicht aber auf die zusätzlich gezahlten Krankenversicherungsbeiträge. Außerdem wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers aufgrund der einmonatigen Ausschlussfrist des auf das Arbeitsverhältnis vereinbarungsgemäß anzuwendenden § 17 MTV verfallen. Die Fälligkeit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs wäre mit dem Bescheid der p BKK vom 25. Mai 2010 eingetreten, so dass die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs mit Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 21. Juli 2010 verspätet gewesen wäre.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

14

Die Beklagte sei nur verpflichtet, dem Kläger die auf die in Ziff. 3 des Aufhebungsvertrages zugesagte monatliche Leistung in Höhe von 2.219,99 Euro [richtig wohl: 2.219,00 Euro] entfallenden Krankenkassenbeiträge zu erstatten. Dies ergebe die Auslegung der Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages. Ausweislich dieser Bestimmung sei unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte die zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge „als Bruttobetrag“ übernehme. Sollte diese Leistung ihrerseits der Krankenversicherungspflicht unterliegen, so handele es sich dabei um eine gesetzliche Folge, die nicht die Beklagte, sondern den Kläger als Arbeitnehmer treffe. Dies sei für diesen auch erkennbar gewesen, weil bei der Zusage einer Bruttoleistung feststehe, dass hiervon Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung abgingen. Zu Recht weise die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ändern könnten, welche auf die Voraussetzungen etwaiger Abzüge und deren etwaige Höhe Einfluss haben. Gerade durch eine Bruttovereinbarung werde deutlich, dass der vertragschließende Arbeitgeber das Risiko derartiger Veränderungen nicht tragen wolle. Soweit der Kläger behaupte, das Zustandekommen der Aufhebungsvereinbarung sei „von dem Wunsch beider Parteien“ geprägt gewesen, ihm eine feste monatliche Abfindungsleistung zur Verfügung zu stellen, welche ihm ein festes monatliches Einkommen habe ermöglichen sollen, sei diese von der Beklagten bestrittene Behauptung unsubstantiiert. Die Annahme eines derartigen „Wunsches“ finde in der Aufhebungsvereinbarung auch keinerlei Stütze, weil dort alle an den Kläger zu zahlenden Beträge als Bruttobeträge bezeichnet seien, wodurch hinreichend und auch für den Kläger erkennbar klargestellt sei, dass die hierauf entfallenden Steuern, Abgaben und zusätzlichen Krankenversicherungsbeiträge von ihm selbst zu tragen sein sollten.

15

Es könne auch nicht von einer Nettolohnvereinbarung der Parteien ausgegangen werden. So könne kein „klar erkennbarer Wille“ der Parteien zum Abschluss einer Nettolohnvereinbarung festgestellt werden. Vielmehr befänden sich in der Vereinbarung ausschließlich Anhaltspunkte für den „Normalfall“, nämlich eine Bruttolohnvereinbarung. Vom Kläger seien auch keine Umstände vorgetragen worden, warum die Beklagte von diesem „Normalfall“ abgewichen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die von ihr an den Kläger ausgezahlten Krankenkassenbeiträge so zu gestalten, dass für ihn ein Einkommen nach Maßgabe eines Bruttomonatsentgelts in Höhe von 2.219,00 Euro gewährleistet sei. Aus dem Aufhebungsvertrag selbst ergebe sich, dass der von der Beklagten übernommene Krankenversicherungsbeitrag höhenmäßig auf die Leistungen aus dem Aufhebungsvertrag begrenzt sein sollte. Dies ergebe sich hinreichend deutlich aus der Formulierung, dass die Beklagte die Krankenkassenbeiträge als Bruttobeträge übernehme, „soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergäben“. Damit hätten die Parteien in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ersichtlich nicht auf die tatsächlich vom Kläger zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge abstellen wollen, sondern nur auf die Krankenversicherungsbeiträge, die sich aufgrund der Leistungen aus Ziff. 3 der Vereinbarung ergeben.

16

Die streitgegenständlichen Regelungen seien auch unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, wirksam. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB komme nicht zur Anwendung. Dafür genüge es nicht, dass Streit über die Auslegung bestehe. Voraussetzung sei vielmehr, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibe und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar seien. Weise die Klausel bei objektiver Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf oder hätten die Parteien sie übereinstimmend in einem bestimmten Sinne verstanden, sei für eine Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Dies sei vorliegend der Fall.

17

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

Die zulässige Klage ist unbegründet.

19

1. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht unmittelbar aus den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.

20

a) Dem Kläger steht aufgrund der mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen im Aufhebungsvertrag kein Anspruch auf Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu, welche die p BKK als Beiträge auf den von der Beklagten gemäß Ziff. 5 des Vertrages geleisteten Krankenversicherungszuschuss verlangt hat. Die insoweit vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Vertragsvereinbarungen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

21

b) Das Berufungsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei den einschlägigen Regelungen im Aufhebungsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Nach der Legaldefinition in § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6).

22

Davon, dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist trotz fehlender ausdrücklicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht auszugehen. Zunächst tragen beide Parteien vor, dass der Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages entsprechende Vereinbarungen auch in anderen Fällen von „Frühverrentungen“ verwendet worden sind, und zum anderen liegen auch den im Rechtsstreit vorgelegten Urteilen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 21. September 2010 (- 5 Sa 193/10 -) und des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 18. Februar 2009 (- 7 Ca 3698/08 -) mit anderen Arbeitnehmern vereinbarte gleichlautende Vertragsklauseln zugrunde.

23

c) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der einschlägigen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu wertenden Bestimmungen des Aufhebungsvertrages unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

24

d) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 24 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

25

e) Bereits der Wortlaut der im Aufhebungsvertrag getroffenen Vereinbarung spricht für das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis. So heißt es in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages, dass die Beklagte die „Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben“, übernimmt. Aus der Verwendung des Begriffes „Bruttobetrag“ ergibt sich, dass der Kläger als Arbeitnehmer alle Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung, welche auf diesen Krankenversicherungszuschuss entfallen, tragen sollte. Der Begriff „Brutto“(-Entgelt) stellt nämlich rechtsterminologisch das Gegenteil von „Netto“(-Entgelt) dar. Unter einer Nettolohnvereinbarung ist eine Abrede zwischen den Parteien eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses des Inhalts zu verstehen, dass der Arbeitgeber - gegebenenfalls neben der Übernahme von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung - dem Arbeitnehmer dadurch zusätzlichen Lohn zuwendet, dass er auch die Lohnsteuer trägt (vgl. BFH 28. Februar 1992 - VI R 146/87 - zu 1 a der Gründe, BFHE 167, 507 = AP BGB § 611 Nettolohn Nr. 5). Im Ergebnis bedeutet der Begriff „netto“ nach allgemeinem Sprachgebrauch im Zusammenhang mit einer Vergütungsvereinbarung, dass der Arbeitnehmer den genannten Betrag in der angegebenen Höhe vom Arbeitgeber ausbezahlt erhält und keine Abgaben auf diesen ausbezahlten Betrag mehr zu leisten hat.

26

Letztlich verlangt der Kläger von der Beklagten, so gestellt zu werden, als hätte er mit dieser vereinbart, den Krankenversicherungszuschuss „netto“ auszuzahlen, dh. alle darauf entfallenden Krankenversicherungsbeiträge zu tragen. Gegen eine solche Auslegung der getroffenen Vereinbarung spricht auch, dass sich die Höhe des Krankenversicherungszuschusses ausschließlich an den im „Vertrag zugesagten Leistungen“ orientieren sollte. Darunter können aber nur die in Ziff. 3 aufgeführten Leistungen der Beklagten, nicht der in Ziff. 5 genannte Krankenversicherungszuschuss selbst gemeint sein.

27

Einem solchen Verständnis der Begriffe „brutto“ und „netto“ steht nicht entgegen, dass es sich im Streitfalle um Krankenversicherungsbeiträge handelt, welche aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung vom Kläger an die p BKK zu zahlen waren (vgl. BAG 26. August 2009 - 5 AZR 616/08 - Rn. 17, USK 2009-71).

28

Der grundsätzliche Unterschied zwischen den Begriffen „Nettobetrag“ und „Bruttobetrag“ ist den im Arbeitsleben Stehenden regelmäßig bekannt. Besondere Rechtskenntnisse sind für diese allgemeine Unterscheidung nicht erforderlich.

29

f) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Anwendbarkeit der so genannten „Unklarheitenregelung“ des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum ist. Bleibt bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dieser nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Dies setzt aber voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB nicht(BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

30

Das vom Berufungsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Auslegungsergebnis lässt keine solchen Zweifel entstehen.

31

g) Für die Annahme, dass die Parteien etwas anderes vereinbaren wollten, als sich aus dem Wortlaut und der Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen ergibt, lässt sich aus dem Aufhebungsvertrag nichts ableiten. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis ebenfalls zutreffend entschieden.

32

h) Eine Inhaltskontrolle der getroffenen Abrede nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB scheidet aus. Eine solche würde voraussetzen, dass durch die Vereinbarung über die Zahlung des Krankenversicherungszuschusses eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung vereinbart worden wäre (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfange Arbeitnehmer auf ihnen vom Arbeitgeber geleistete Zuschüsse Sozialversicherungsabgaben leisten müssen, ist gesetzlich geregelt. Durch die Vereinbarung, dass die Krankenversicherungszuschüsse „brutto“ ausbezahlt werden, wollten die Parteien von den gesetzlichen Bestimmungen weder abweichen noch diese ergänzen.

33

Für die Anwendbarkeit des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB, nach dem „andere Bestimmungen“ nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein können, ist kein Raum. Dies würde voraussetzen, dass „die Bestimmung nicht klar und verständlich“ (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ist. Dies ist aber - wie oben dargelegt - nicht der Fall.

34

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anpassung der getroffenen Vereinbarungen bzgl. des Krankenversicherungszuschusses.

35

Selbst wenn dem Kläger und möglicherweise auch der Beklagten die Problematik bei Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht bewusst gewesen ist, dass der Krankenversicherungszuschuss seinerseits der Krankenversicherungsbeitragspflicht unterliegen könnte, ändert dies am Inhalt der getroffenen Vereinbarung nichts, insbesondere würde dies keinen Anspruch des Klägers auf Anpassung des Vertrages begründen. Ein solcher Anspruch auf Anpassung der arbeitsvertraglichen Regelungen im Sinne des klägerischen Begehrens könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) vorläge. Wird zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass er den Aufhebungsvertrag nicht oder nur mit dem von ihm gewünschten Inhalt geschlossen hätte, wenn er von der Beitragspflicht bezüglich des Krankenversicherungszuschusses gewusst hätte, so scheidet eine Anwendbarkeit des § 313 BGB und damit ein Anspruch auf Anpassung des Aufhebungsvertrages allein deshalb aus, weil es dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht unzumutbar ist, am Aufhebungsvertrag in unveränderter Form festzuhalten(§ 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB). Bei dem Gesamtvolumen der dem Kläger aufgrund des Aufhebungsvertrages von der Beklagten gewährten Leistungen (138.672,87 Euro nebst den Krankenversicherungszuschüssen) ist es dem Kläger - auch unter Berücksichtigung, dass er als Gegenleistung auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses verzichtet hat - nicht unzumutbar, insgesamt 1.717,32 Euro an Beiträgen für seine - letztlich nur ihm zugutekommende - Krankenversicherung zu zahlen.

36

3. Da bereits dem Grunde nach kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung eines von ihm ggf. auf den Krankenversicherungszuschuss zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrages besteht, kommt es nicht darauf an, ob die p BKK diesen Beitrag zu Recht vom Kläger gefordert hat, dh. ob dessen Klage vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Erfolg hat.

37

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Bloesinger    

        

    St. Soost    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. April 2012 - 13 Sa 1210/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 Vorruhestandsgeld zu zahlen.

2

Die Beklagte ist ein Bankinstitut. Der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger war bis zum 30. September 2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als AT-Mitarbeiter und Prokurist gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 6.263,33 Euro beschäftigt. Seit dem 20. März 1992 war er Inhaber eines Schwerbehindertenausweises. Der Grad der Behinderung betrug 80. Am 6. September 2004 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Vorruhestandsvereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2004 vorsah. Unter Ziff. 2.1 des Vorruhestandsvertrags ist geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Oktober 2004 bis zum gesetzlichen Rentenbeginn ein monatliches Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto erhält. Des Weiteren enthält der Vorruhestandsvertrag - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - folgende Regelungen:

        

4.    

Grundlage und Erlöschen der Ansprüche

        

4.1     

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011. Erforderliche Antragstellungen obliegen Herrn B.

        

…       

        
        

5.    

Mitwirkungspflichten

        

5.1     

Herr B ist verpflichtet, Änderungen der ihn betreffenden Verhältnisse, die auf die Ansprüche auf Vorruhestandsgeld Auswirkungen haben können, der Bank unverzüglich mitzuteilen. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer Tätigkeit, für die Herr B eine Vergütung für den Einsatz seiner Arbeitskraft erhält. Während der Dauer der Vorruhestandsvereinbarung erhaltene Bezüge sowie eventuelle Leistungen aus den Sozialversicherungen werden auf das von der Bank zu zahlende Vorruhestandsgeld angerechnet.

        

…       

        
        

5.3     

Herr B verpflichtet sich, einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf vergleichbare Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, zu stellen.“

3

Seit Ende 2004 lebt der Kläger in Bolivien. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 Auskunft über die Folgen eines Umzugs nach Bolivien im Hinblick auf die Sozialversicherungsabgaben erteilt. Vorausgegangen war ein Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt einkommenssteuerpflichtige Arbeitnehmer, den der Kläger am 15. September 2004 der Personalabteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt hatte und in dem er seinen Wegzug nach Bolivien angegeben hatte.

4

Mit Bescheid des Versorgungsamts der Freien Hansestadt Bremen vom 15. September 2010 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises bestandskräftig mit der Begründung abgelehnt, für die Verlängerung bedürfe es nach dem Gesetz eines gewöhnlichen Aufenthalts oder einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Die vom Kläger am 9. Februar 2011 beantragte Altersrente wegen Schwerbehinderung bewilligte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund mit derselben Begründung nicht. Das vom Kläger gegen deren Bescheid vom 19. April 2011 angestrengte Widerspruchsverfahren ruht.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Vorruhestandsgeld sei nicht erloschen, weil er aufgrund seines dauerhaften Aufenthalts in Bolivien keinen Anspruch auf vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung habe. Er sei auch nicht verpflichtet, nach Deutschland zurückzukehren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe vor Abschluss der Vereinbarung Kenntnis von seiner Auswanderungsabsicht gehabt. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung sei zudem diskriminierend und daher nicht wirksam, weil er bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente höhere Abschläge hinzunehmen hätte als ein nicht schwerbehinderter Mensch. Auch habe sich sein Gesundheitszustand deutlich gebessert.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 den monatlichen Bruttobetrag von 4.800,00 Euro zu zahlen,

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm die finanziellen Nachteile auszugleichen, die er aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung aufgrund Ziff. 5.3 der Vorruhestandsvereinbarung gegenüber einem nicht schwerbehinderten Beschäftigten in der gleichen Situation erleidet, vollumfänglich auszugleichen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dem Kläger sei das Angebot auf Abschluss des Vorruhestandsvertrags ausschließlich aufgrund seiner persönlichen Situation als schwerbehinderter Mensch sowie seiner Stellung als Betriebsratsmitglied unterbreitet worden. Derartige Vereinbarungen seien bei ihrer Rechtsvorgängerin unüblich gewesen. In den Jahren 1999 bis 2008 sei lediglich mit zwei weiteren Mitarbeitern eine Vorruhestandsvereinbarung abgeschlossen worden, jedoch zu deutlich schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter. Nach der Vereinbarung mit dem Kläger trage dieser das Risiko, aufgrund eines von ihm verursachten Umstands keine vorzeitige Altersrente wegen der Schwerbehinderung beziehen zu können. Ihre Rechtsvorgängerin sollte nach Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung lediglich das Risiko einer etwaigen nach Vertragsschluss erfolgten Änderung von Rechtsnormen tragen, die zu einem späteren als dem bei Vertragsschluss erwarteten Rentenbezug ab dem 1. Januar 2011 führten. Nicht die Rechtslage, sondern die Tatsachenlage habe sich durch den Wegzug des Klägers verändert. Jedenfalls könne sich der Kläger nach § 162 Abs. 1, § 242 BGB nicht auf den nicht gegebenen Rentenanspruch ab Vollendung seines 60. Lebensjahres berufen, weil er den zum Anspruchsverlust führenden Umstand selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund stehe ihr auch ein Schadensersatzanspruch zu. Mit diesem könne sie aufrechnen. Die Forderung des Klägers sei auch gemäß § 242 BGB wegen des entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs einredebehaftet. Notfalls sei § 254 BGB analog heranzuziehen. Von den Auswanderungsplänen des Klägers habe ihre Rechtsvorgängerin vor Vertragsschluss nichts gewusst. Letztlich sei der Anspruch des Klägers jedenfalls zu kürzen, da durch den drei Jahre späteren Renteneintritt die Abschläge bei der Rente geringer ausfielen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 monatlich 4.800,00 Euro brutto zu zahlen.

10

I. Die Klage ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

11

1. Der Hauptantrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, etwa auf bestimmte Ansprüche beschränken (BAG 15. April 2014 - 3 AZR 288/12 - Rn. 32 mwN). Der Anspruch auf Zahlung eines Vorruhestandsgelds iHv. 4.800,00 Euro pro Monat im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 ist mithin ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. auch BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

12

2. Das von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigende Feststellungsinteresse ist gegeben.

13

a) Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Die Rechtsprechung ist vom Vorrang der Leistungsklage abgegangen, soweit erst im Laufe des Rechtsstreits die Bezifferung einer Forderung möglich geworden ist (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 306). Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zu dem Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte. Ein Kläger ist nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese erst nachträglich im Laufe des Verfahrens möglich wird (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 256 Rn. 7a). Eine Feststellungsklage ist allgemein dann zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

14

b) Danach ist die Feststellungsklage zulässig. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2010 war das Vorruhestandsgeld für den Klagezeitraum noch nicht fällig. Dass zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung der streitige Zahlungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 vollständig abgelaufen war, ist für das Feststellungsinteresse unerheblich. Maßgebend ist allein, dass das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über das „Ob“ der Pflicht zur Zahlung von Vorruhestandsgeld in der Zeit zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres des Klägers, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht selbst (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 20, BAGE 129, 72).

15

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß Ziff. 2.1 der Vorruhestandsvereinbarung für die Monate Januar 2011 bis einschließlich Dezember 2013 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. jeweils 4.800,00 Euro brutto.

16

1. Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld war nicht auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung.

17

a) Die streitgegenständliche Klausel enthält eine sog. nichttypische Erklärung. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, weil der Kläger auf den Klauselinhalt Einfluss nehmen konnte. Dieser hat selbst vorgetragen, auf seinen Wunsch hin sei Ziff. 4.1 um die Formulierung „das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“ ergänzt worden.

18

b) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Für die revisionsrechtliche Überprüfung kommt es daher nur darauf an, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer nichttypischen Erklärung rechtlich möglich ist, nicht aber, ob sie tatsächlich richtig ist (BAG 20. März 2014 - 8 AZR 269/13, 8 AZR 8 AZR 560/13 - Rn. 34 mwN). Ist eine Tatsachenfeststellung revisionsrechtlich zu beanstanden, ist der Rechtsstreit zur erneuten Tatsachenermittlung und Auslegung grundsätzlich an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Revisionsgericht darf aber auch nichttypische Verträge selbst auslegen, wenn der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt ist und kein weiteres tatsächliches Vorbringen zu erwarten ist (BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 15 mwN). So verhält es sich hier. Bis auf den nicht entscheidungsrelevanten Umstand der Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten von den Wegzugsplänen des Klägers bei Vertragsschluss sind keine Tatsachen klärungsbedürftig. Weiterer Vortrag der Parteien ist nicht zu erwarten.

19

c) Die Vorruhestandsvereinbarung enthält kein festes Enddatum. Nach ihrer Ziff. 4.1 erlöschen die Ansprüche aus der Vereinbarung „mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“. Diese Regelung kann nicht dahin gehend verstanden werden, dass der Anspruch zwar grundsätzlich endet, wenn der Kläger eine Rente beziehen kann, spätestens aber am 31. Dezember 2010. Vielmehr sollte der Leistungsanspruch nach dem klaren Wortlaut der Klausel nur auflösend bedingt sein für den Fall, dass der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann. Der zweite Halbsatz enthält keine eigenständige auflösende Bedingung, sondern nur eine Wissenserklärung. Anderenfalls hätte die Regelung dahin lauten müssen, dass die Ansprüche aus der Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann, spätestens aber am 1. Januar 2011. Klauseln mit einem festen Enddatum hat die Beklagte ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Vorruhestandsvereinbarungen mit ihrer Mitarbeiterin G und ihrem Mitarbeiter M in anderen Fällen verwandt. Demgegenüber fehlt in Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung der Parteien ein festes Enddatum. Dementsprechend sieht Ziff. 2.1 die Zahlung des Vorruhestandsgelds „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ vor.

20

2. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Vorruhestandsgelds ist nicht untergegangen, weil dieser seinen Wohnsitz nach Bolivien verlegt hatte und deshalb ab dem 1. Januar 2011 keine Altersrente wegen Schwerbehinderung beziehen konnte. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger entgegen seinen Behauptungen aufgrund seines körperlichen Zustands über dem 31. Dezember 2010 hinaus die Voraussetzungen für die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch erfüllte.

21

a) Ein Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Zahlung von Vorruhestandsgeld gemäß Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung mit Ablauf des 31. Dezember 2010 setzt voraus, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2011 eine „gesetzliche Rente wegen des Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung“ beanspruchen konnte. Dies war nicht der Fall. Insbesondere bestand kein Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI. Zwar vollendete der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger im Dezember 2010 sein 60. Lebensjahr. Weitere Voraussetzung war nach § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aber die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns. Schwerbehindert sind jedoch ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Norm nur solche Personen, die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iSd. § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX haben. Hieran fehlt es, weil der Kläger seit Ende 2004 in Bolivien lebt.

22

b) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf Vorruhestandsgeld grundsätzlich nur bei tatsächlichem Bestehen eines Rentenanspruchs erlischt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass ihre Rechtsvorgängerin bzw. deren Vertreter bei Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von dem Umzug des Klägers nach Bolivien hatten.

23

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel. Erforderlich ist danach, dass der Kläger eine Rente „beanspruchen kann“ und nicht, dass er nach einer Rückkehr nach Deutschland eine derartige Rente „beanspruchen könnte“.

24

bb) Sinn und Zweck der Vereinbarung stützen dieses Verständnis. Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 750/09 - Rn. 34, BAGE 137, 136). Eine Abweichung von diesem typischen Regelungszweck ist vorliegend nicht erkennbar. Der Kläger sollte danach als wirtschaftliche Absicherung „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ (Ziff. 2.1 Satz 1 der Vorruhestandsvereinbarung) zumindest die vereinbarten 4.800,00 Euro brutto zum Bestreiten des Lebensunterhalts beziehen, wobei anderweitig erhaltene Arbeitsvergütung sowie Sozialleistungen angerechnet werden sollten (Ziff. 5.1 Satz 3). Eine wirtschaftliche Absicherung besteht jedoch nur bei einer tatsächlichen und nicht schon bei einer theoretischen Rentenbezugsberechtigung.

25

cc) In systematischer Hinsicht verstärkt sich dieser Befund durch die unter Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung geregelten „Mitwirkungspflichten“ des Klägers. Nach Ziff. 5.3 obliegt es dem Kläger ua., „zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, [einen Antrag auf Altersrente] zu stellen“. Auch in Ziff. 4.1 Satz 2 der Vereinbarung wird die Obliegenheit zur Antragstellung genannt. Eine Pflicht bzw. Obliegenheit zum Wohnsitzwechsel, um die Voraussetzungen eines Rentenbezugs erst herbeizuführen, ist nicht vereinbart.

26

dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin gehend, dass den Kläger eine derartige, nicht ausdrücklich genannte Mitwirkungspflicht treffen sollte, kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in Betracht.

27

(1) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43 mwN).

28

(2) Wusste die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung, dass der Kläger dauerhaft nach Bolivien auswandern wollte, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Unerheblich ist, ob der Personalleiterin unbekannt war, dass die Auswanderung des Klägers zeitlich zu einer Verschiebung des Renteneintrittsalters führt. Denn insoweit handelte es sich um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umstands (vgl. zur Unbeachtlichkeit eines Rechtsfolgenirrtums im Rahmen der Anfechtung auch: BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 234/95 - zu II 1 der Gründe).

29

(3) Hatte die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der mit der Vorruhestandsvereinbarung verfolgte Zweck, den Kläger bis zum Bezug einer Rente wirtschaftlich abzusichern, als Ausgangspunkt einer Vertragsergänzung spricht für eine Belastung der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Risiko einer Verlängerung ihrer Zahlungspflicht über den 31. Dezember 2010 hinaus.

30

ee) Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld ist auch nicht aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage entfallen. § 313 Abs. 1 BGB kann - unabhängig vom Vorliegen einer entsprechenden rechtsgestaltenden Erklärung der Beklagten iSd. § 313 Abs. 3 BGB - bereits aufgrund der beschriebenen vertraglichen Risikozuweisung nicht zur Anwendung gelangen. Enthält ein Vertrag nach seinem Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB aus(vgl. BAG 28. September 2006 - 8 AZR 568/05 - Rn. 22 mwN). Dies ist hier der Fall.

31

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ein treuwidriges Verhalten des Klägers verneint. Weder der Wegzug aus Deutschland im Jahr 2004 noch die unterbliebene Rückkehr Ende 2010 stellen ein treuwidriges Verhalten des Klägers iSv. § 162 Abs. 1 oder § 242 BGB dar.

32

aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf(BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, BAGE 125, 147). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH 16. September 2005 - V ZR 244/04 - zu II 1 der Gründe). Ein Verschulden im technischen Sinn ist zwar keine Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit, jedoch bei der Gesamtabwägung zu bewerten (Staudinger/Bork (2010) § 162 Rn. 10). Maßgebend zu berücksichtigen sind weiter die vertragliche Risikozuordnung sowie die Grundrechte als Ausdruck der objektiven Werteordnung (BeckOK BGB/Sutschet Stand 1. August 2014 § 242 Rn. 19, 22 ff.).

33

bb) Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so hat das Landesarbeitsgericht eine Treuwidrigkeit des Klägers zu Recht nicht angenommen.

34

(1) Eine solche scheidet von vornherein aus, wenn die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, Kenntnis hatte. In diesem Fall hätte der Kläger in der Ausdrucksweise des Landesarbeitsgerichts „mit offenen Karten“ gespielt.

35

(2) Wird zugunsten der Beklagten davon ausgegangen, dass die Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vorruhestandsvereinbarung nicht bekannt war, fehlen Anhaltspunkte, dass der Kläger Ende 2004 nach Bolivien zog, um den Erwerb von Rentenansprüchen und damit das Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld mit Ablauf des 31. Dezember 2010 zu verhindern. Schon wegen der großen zeitlichen Differenz ist eine derartige Annahme fernliegend. Bei Anknüpfung an die unterbliebene Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Ende 2010 gilt dasselbe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine bereits geplante Rückkehr nur deshalb unterließ, weil er sich seinen Anspruch auf Vorruhestandsgeld erhalten und die Zahlungspflicht der Beklagten verlängern wollte. Die Beweggründe des Klägers, die zu seiner Auswanderung bzw. der unterbliebenen Rückkehr geführt haben, können nach alledem rechtlich nicht missbilligt werden.

36

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es dem Kläger frei stand, seinen Wohnsitz nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nach Bolivien zu verlegen. Insoweit gehört die Ausreisefreiheit zwar nicht zu der durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten innerdeutschen Freizügigkeit, sie ist aber doch als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position, worauf das Bundesverfassungsgericht bereits in der Elfes-Entscheidung hingewiesen hat(BVerfG 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - zu II 3 der Gründe, BVerfGE 6, 32). Da die Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht getroffen haben, kann dahinstehen, ob vor diesem Hintergrund ein Verbot des Umzugs nach Bolivien überhaupt rechtswirksam hätte vereinbart werden können.

37

d) Die dem Kläger somit zustehenden Ansprüche auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto pro Monat im Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2013 sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu kürzen. Eine derartige Anspruchskürzung ist in der Vorruhestandsvereinbarung nicht vorgesehen. Diese regelt in Ziff. 5.3 lediglich, dass der Kläger zur Stellung eines Antrags auf Altersrente „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ verpflichtet ist und insoweit nach Ziff. 4.3 auch Abschläge bei der Rente hinnehmen muss. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Kläger dann, wenn sein Antrag auf vorzeitigen Rentenbezug abschlägig beschieden wurde, die hieraus resultierenden Vorteile in Bezug auf die Höhe der späteren Rente anrechnen lassen muss. Solche Vorteile sind zwar angesichts der fortdauernd zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge während des Bezugs von Vorruhestandsgeld (Ziff. 3.3 der Vorruhestandsvereinbarung) nicht von der Hand zu weisen. Damit hat sich aber lediglich das vertragliche Risiko der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin realisiert, dass nicht eine vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung, sondern erst die vorzeitige Regelaltersrente zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld führt. Für eine Anrechnung von Vorteilen bleibt danach kein Raum.

38

e) Die Ansprüche sind auch nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung (teilweise) erloschen oder analog § 254 BGB zu kürzen bzw. gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 BGB einredebehaftet, wie die Beklagte meint.

39

aa) Eine Aufrechnung scheitert bereits an dem fehlenden Vortrag einer Aufrechnungserklärung. Der im Konjunktiv gehaltene Vortrag in der Revisionsbegründung, die Beklagte „könnte“ jedenfalls aufrechnen, stellt eine solche Erklärung nicht dar.

40

bb) Eine analoge Anwendung von § 254 BGB kommt in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Dies käme einer gesetzlichen Korrektur der vertraglich vereinbarten Risikozuweisung gleich. Diese soll aber nach dem Willen des Gesetzes grundsätzlich unangetastet bleiben (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).

41

cc) Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. iVm. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheiden schon mangels Pflichtverletzung aus. Der Kläger war nicht verpflichtet, nach dem Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung in Deutschland zu bleiben oder nach mehreren Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Bolivien aufzugeben und Ende 2010 nach Deutschland zurückzukehren.

42

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Merte    

        

    Pielenz    

                 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 - 25 Sa 1257/12 und 25 Sa 1395/12 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses.

2

Zwischen den Parteien bestand bis zum 31. Dezember 1998 ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin erbrachte im Rahmen einer Personalgestellung ihre Arbeitsleistung bei der Betriebskrankenkasse des beklagten Landes, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (im Folgenden: BKK Berlin). Im August 1995 lehnte das beklagte Land gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin die weitere Übernahme der Personalkosten für die Führung der Krankenkasse ab.

3

Die Klägerin erhielt ein schriftliches Arbeitsvertragsangebot von der BKK Berlin. Mit Schreiben vom 20. April 1998 gab das beklagte Land, vertreten durch den damaligen Senator für Inneres, gegenüber der Klägerin und den anderen ca. 200 betroffenen Arbeitnehmern folgende Erklärung ab:

„…

die BKK Berlin hat Ihnen aufgrund des Arbeitgeberwechsels zum 01.01.1999 einen neuen Arbeitsvertrag ausgehändigt.

Vorausgesetzt, dass Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die BKK Berlin zugestimmt haben, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass der Senat von Berlin Ihnen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin für den Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin einräumt.

…“

4

Die Klägerin unterzeichnete den Arbeitsvertrag mit der BKK Berlin.

5

Das beklagte Land schloss mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) am 12. August 1998 eine Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung (im Folgenden: VBSV BKK). Diese enthielt ua. folgende Regelungen:

        

㤠1

        

Anwendungsbereich

        

Die nachfolgenden Regelungen gelten für den Übergang der Arbeitnehmer des Landes Berlin auf die Betriebskrankenkasse des Landes Berlin (BKK Berlin).

                 
        

§ 2

        

Übergang der Beschäftigungsverhältnisse und

        

Rückkehrrecht

        

…       

        

(2)     

Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund des § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergegangen sind, haben das Recht, im Falle einer Vereinigung (§ 150 SGB V), soweit sie selbst von Personalfreisetzungen im Zuge der Vereinigung betroffen sind, einer Auflösung (§ 152 SGB V) und einer Schließung (§ 153 SGB V) in ein Arbeitsverhältnis zum Land Berlin zurückzukehren.

                 

Die Senatsverwaltung für Inneres wird den genannten Arbeitnehmern die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit dem Land Berlin in einem Aufgabengebiet, für das der Arbeitnehmer nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten geeignet ist, im unmittelbaren Anschluss an das bei der BKK Berlin beendete Arbeitsverhältnis zu den für das Land Berlin zum Zeitpunkt der Neubegründung des Arbeitsverhältnisses geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen anbieten.

        

(3)     

Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergegangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der BKK Berlin aus und wird im unmittelbaren Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G/ BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen.

        

(4)     

Die Veränderungen nach Absatz 2, Unterabsatz 1 sind jedem Arbeitnehmer persönlich und unverzüglich in schriftlicher Form mitzuteilen. ...

        

…       

        
                          
        

§ 3

        

Feststellung nach der Beschäftigungssicherungsvereinbarung

        

Diese Vereinbarung ist eine Vereinbarung im Sinne der Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 der Vereinbarung über den Umgang mit der Personalüberhangsituation zur Beschäftigungssicherung vom 29. Mai 1997. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass die in Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 dieser Vereinbarung getroffene Regelung ebenso für Fälle einer Nichtzustimmung nach § 147 Abs. 2 SGB V gilt.“

6

Die Klägerin erhielt vom beklagten Land eine schriftliche Mitteilung vom 20. August 1998, in der es heißt:

„…

wie wir Ihnen bereits in unserem Schreiben vom 20.4.1998 mitgeteilt haben, wird Ihnen als Beschäftigte/r der BKK unter bestimmten Voraussetzungen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin gewährt. Dieses Rückkehrrecht ist zwischenzeitlich in einer Vereinbarung, die zwischen den Gewerkschaften ÖTV und DAG und dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Inneres, abgeschlossen wurde, zusätzlich abgesichert und konkretisiert worden. ...“

7

Zum 1. Januar 2004 erfolgte eine freiwillige Vereinigung der BKK Berlin mit der BKK Hamburg zur City BKK. Das beklagte Land teilte der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) mit Schreiben vom 13. Mai 2004 mit, dass nach der Fusion der Fortbestand der VBSV BKK nicht erforderlich erscheine, und bat um Mitteilung, ob eine einvernehmliche Aufhebung möglich sei. Darauf antwortete ver.di dem beklagten Land im Juni 2004 ua. Folgendes:

„… Aufgrund dieser Fusion zum 1. Januar 2004 und der sie ergänzenden tariflichen Verständigung mit der City BKK sehen wir die Grundlage der VBSV BKK als nicht mehr gegeben an, so dass sie mit Wirkung der Fusion der beiden BKKen in Berlin und Hamburg zur City BKK entbehrlich geworden ist.

Hinsichtlich der in § 3 Absatz 1 der VBSV BKK getroffenen Regelung bezüglich der Berücksichtigung von in der BKK Berlin erbrachten Beschäftigungs- und Dienstzeiten würde es uns der Einfachheit halber genügen, wenn Sie uns schriftlich bestätigen, dass Sie diese Regelung inhaltlich ggf. zur Anwendung brächten. Mithin würde die VBSV BKK vom 12.8.1998 mit Wirkung des 1.1.2004 keine Anwendung mehr finden.

Sollten Sie wie wir mit dem Eintreten der Fusion zum 1.1.2004 die Wirkung der VBSV BKK vom 12.8.1998 als beendet ansehen und mit der unbürokratischen Verfahrensweise bezüglich einer möglichen Anwendung der sinngemäßen Regelungen hinsichtlich der in der BKK Berlin erbrachten Beschäftigungs- und Dienstzeiten einverstanden sein, bitten wir Sie lediglich um eine kurze schriftliche Bestätigung.“

8

Das beklagte Land erwiderte hierauf mit Schreiben vom 21. Juni 2004:

        

„…    

        

unter Bezugnahme auf Ihr o. g. Schreiben bestätige ich Ihnen, dass mit dem Eintreten der Fusion der BKK Berlin mit der BKK Hamburg zur City BKK zum 01.01.2004 die Beschäftigungssicherungsvereinbarung BKK (VBSV BKK) vom 12. August 1998 als beendet angesehen wird.

        

Die bisher in § 2 Abs. 3 VBSV BKK getroffene Regelung bezüglich der Berücksichtigung von in der BKK Berlin erbrachter Beschäftigungs- und Dienstzeiten wird infolge der Fusion künftig ggf. wie folgt zur Anwendung kommen:

                 

‚Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der City BKK aus und wird in unmittelbarem Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bis zum 31.12.2003 bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen.‘

        
        

…“    

                 
9

Zum 1. Januar 2005 fusionierte die City BKK mit der BKK Bauknecht und der BeneVita BKK. Die dadurch entstandene Betriebskrankenkasse führte ebenfalls den Namen City BKK. Mit Bescheid vom 4. Mai 2011 ordnete das Bundesversicherungsamt die Schließung der City BKK mit Ablauf des 30. Juni 2011 an. Diese teilte der Klägerin im Mai 2011 mit, dass ihr Arbeitsverhältnis nach § 164 Abs. 4 SGB V mit Ablauf des 30. Juni 2011 ende. Vorsorglich kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2011 sowie hilfsweise zum 31. Dezember 2011. Die Klägerin verfolgt in einem gesonderten Verfahren die Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses zur City BKK.

10

Im Mai 2011 machte die Klägerin unter Hinweis auf das Schreiben des beklagten Landes vom 20. April 1998 und die VBSV BKK schriftlich ihr Rückkehrrecht gegenüber dem beklagten Land geltend. Dieses lehnte mit Schreiben vom 7. Juni 2011 die von der Klägerin beantragte Wiedereinstellung ab.

11

Die Klägerin ist der Auffassung, die Voraussetzungen der Rückkehrzusage des beklagten Landes vom 20. April 1998 seien erfüllt. Sie behauptet, sie habe dem Wechsel zur BKK Berlin nur wegen dieser Zusage zugestimmt. Sie habe einen Anspruch auf Berücksichtigung der beim beklagten Land, der BKK Berlin und der City BKK erbrachten Beschäftigungszeiten.

12

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, ihr den Abschluss eines Arbeitsvertrags in Vollzeittätigkeit beginnend mit dem 1. Juli 2011 für eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte mit einem Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 unter Berücksichtigung der bei dem beklagten Land bis zum 31. Dezember 1998 und bei der BKK Berlin bis zum 31. Dezember 2003 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L sowie der bei der City BKK bis zum 30. Juni 2011 und der danach bei der City BKK (KdöR in Abwicklung) zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 4 TV-L anzubieten.

13

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Fall der Schließung der City BKK sei von seiner Rückkehrzusage nicht umfasst. Diese habe sich ausschließlich auf die Schließung/Auflösung der BKK Berlin bezogen. Dementsprechend sei auch die VBSV BKK im Einvernehmen mit ver.di aufgehoben worden. Jedenfalls sei für dieses Begehren keine Anspruchsgrundlage ersichtlich. Die im Schreiben vom 21. Juni 2004 an ver.di erfolgte Zusage der Anerkennung von Beschäftigungs- und Dienstzeiten habe sich nur auf die durch die Vereinigung mit der BKK Hamburg entstandene City BKK, nicht aber auf die Betriebskrankenkasse gleichen Namens bezogen, die durch die spätere Vereinigung mit den weiteren zwei Kassen entstanden sei.

14

Das Arbeitsgericht hat dem ersten Hilfsantrag teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise dahin abgeändert, dass das vom beklagten Land abzugebende Angebot auf den 1. Juli 2011 zurückwirkt und auch die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2011 umfasst. Soweit die Klägerin auch eine Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit bei der „City BKK (KdöR in Abwicklung)“ ab dem 1. Juli 2011 begehrt hat, hat das Landesarbeitsgericht ihre Berufung zurückgewiesen. Das beklagte Land verfolgt mit seiner Revision den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet.

16

I. Der auf die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe eines Angebots gerichtete Klageantrag ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Klageantrag dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.

17

1. Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht gezwungen ist, ihre Klage auf die Abgabe einer Annahmeerklärung zu richten (vgl. auch § 2 Abs. 2 Unterabs. 2 VBSV BKK). Es kann auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen, nicht schon mit Rechtskraft des seiner Klage stattgebenden Urteils vertraglich gebunden zu sein, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände entscheiden zu können, ob er das Vertragsangebot des Arbeitgebers annimmt. Dafür spricht ua., dass im Fall einer Wiedereinstellungsklage eine Regelung fehlt, die § 12 Satz 1 KSchG entspricht. Der Arbeitnehmer könnte sich nicht durch besondere Erklärung einseitig von dem Arbeitsverhältnis lösen, das mit Rechtskraft des Urteils durch die Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO entstünde. Ihm bliebe nur sein - idR ordentliches - Kündigungsrecht, wenn er inzwischen ein anderes Arbeitsverhältnis eingegangen wäre. Dem Arbeitnehmer kann es demnach im ersten Schritt auch nur um die Abgabe eines Angebots gehen (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 33/11 - Rn. 21 mwN).

18

2. Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für einen solchen Vertrag notwendigen Mindestinhalt(essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu die „versprochenen Dienste“ und damit Art und Beginn der Arbeitsleistung. Die Art der Arbeitsleistung kann sich - mittelbar - auch über die Angabe einer Eingruppierung in ein kollektives Entgeltschema erschließen, wenn dieses bestimmte Tätigkeiten einer Entgelt- oder Vergütungsgruppe zuordnet (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20). Eine Einigung über weitere Inhalte ist grundsätzlich nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung vergütet werden soll. Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, ist gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen(vgl. BAG 13. März 2013 - 7 AZR 344/11 - Rn. 16; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 19 mwN). Ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Antrag ist freilich nur dann bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist. Nimmt der Kläger in seinen Klageantrag über den für den Abschluss eines Arbeitsvertrags notwendigen Mindestinhalt noch weitere Arbeitsbedingungen auf, müssen diese bestimmt bezeichnet sein. Zur Ermittlung des Inhalts einer mit der Klage erstrebten Willenserklärung kann - wie bei anderen auslegungsbedürftigen Klageanträgen - die Klagebegründung herangezogen werden (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20).

19

3. Daran gemessen hat die Klägerin den Inhalt des beanspruchten Arbeitsvertrags hinreichend bestimmt beschrieben.

20

a) Der Vertrag soll - vorbehaltlich der Annahme der Klägerin - mit Wirkung zum 1. Juli 2011 geschlossen werden. Die von der Klägerin verlangte Beschäftigung als Verwaltungsangestellte führt nicht zur Unbestimmtheit des Klageantrags, sondern zu einem entsprechend weiten Direktionsrecht des Arbeitgebers (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20), das allerdings durch die Angabe der Vergütungs-/Entgeltgruppe eingeschränkt wird. Der öffentliche Arbeitgeber ist nicht berechtigt, dem Arbeitnehmer (auf Dauer) eine Tätigkeit einer niedrigeren als der vereinbarten Vergütungsgruppe zu übertragen (vgl. BAG 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 112, 361).

21

b) Auch die weiteren Arbeitsbedingungen sind hinreichend konkret beschrieben. Die Klägerin begehrt ein Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 (Angleichungs-TV Land Berlin) unter Berücksichtigung der beim beklagten Land und bei der BKK Berlin zurückgelegten Betriebszugehörigkeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L sowie der bei der City BKK bis zum 30. Juni 2011 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 4 TV-L.

22

II. Die Klage ist auch begründet.

23

1. Der Begründetheit des Antrags steht nicht entgegen, dass die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe eines Angebots zum 1. Juli 2011 wirken soll.

24

a) Seit dem Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots begründet werden soll (BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 17; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 35, BAGE 134, 223). Die Pflicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Annahme eines Vertragsangebots setzt grundsätzlich den Zugang des Angebots voraus.

25

b) Diese Grundsätze stehen einer Verurteilung des beklagten Landes nicht entgegen. Durch den klagestattgebenden Tenor wird zwischen den Parteien noch kein Arbeitsverhältnis begründet. Soweit das beklagte Land verpflichtet wird, ein zum 1. Juli 2011 zurückwirkendes Angebot abzugeben, rechtfertigt sich dies aus der erteilten Rückkehrzusage und dem Umstand, dass die Klägerin bereits vor diesem Zeitpunkt im Mai 2011 ihr Rückkehrrecht geltend gemacht hat.

26

2. Das beklagte Land ist aufgrund des in seinem Schreiben vom 20. April 1998 zugesagten Rückkehrrechts zur Abgabe des Vertragsangebots verpflichtet.

27

a) Das Schreiben enthält eine rechtsverbindliche Erklärung des beklagten Landes. Es begründet unter den genannten Voraussetzungen die Verpflichtung des beklagten Landes zum Abschluss eines Arbeitsvertrags mit rückkehrwilligen Arbeitnehmern. Darüber besteht kein Streit.

28

b) Die gemäß § 151 Satz 1 BGB auch ohne ausdrückliche Annahmeerklärung der Klägerin zustande gekommene Vereinbarung über ihr Rückkehrrecht ist nicht nach § 4 Abs. 2 BAT iVm. §§ 125, 126 BGB nichtig. Es handelt sich nicht um eine dem Schriftformerfordernis unterliegende Nebenabrede zum Arbeitsvertrag iSd. § 4 Abs. 2 BAT, die in Bezug auf das vormals bestehende Arbeitsverhältnis nur sekundäre Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regelte(vgl. dazu BAG 7. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - zu 2 der Gründe, BAGE 52, 33). Vielmehr wurde mit der Vereinbarung ein Anspruch der Klägerin auf Neuabschluss eines Arbeitsverhältnisses unter den genannten Bedingungen begründet. Aus der Annahme, dass ein Arbeitgeber aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht den Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen nach Ausspruch einer Kündigung wieder einstellen muss (vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 21), folgt entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht, dass eine entsprechende Vereinbarung der Parteien über ein Rückkehrrecht als Nebenabrede iSd. § 4 Abs. 2 BAT anzusehen ist. Deshalb kann dahinstehen, ob es dem beklagten Land nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf eine Unwirksamkeit der Zusage wegen Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses zu berufen.

29

c) Die Schließung der City BKK durch das Bundesversicherungsamt mit Ablauf des 30. Juni 2011 löste das Rückkehrrecht gemäß § 158 Abs. 1 BGB aus.

30

aa) Bei dem Schreiben vom 20. April 1998 handelt es sich um eine typische Erklärung, die vom beklagten Land für eine Vielzahl von Fällen formuliert wurde. Das an die Klägerin gerichtete Schreiben entspricht - mit Ausnahme der Anrede - wortgleich den Schreiben, mit denen das beklagte Land den anderen betroffenen Arbeitnehmern das Rückkehrrecht einräumte.

31

bb) Typische Willenserklärungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Das Revisionsgericht kann den Inhalt von solchen Mustererklärungen, die keine individuellen Besonderheiten enthalten, uneingeschränkt selbstständig auslegen (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 670/10 - Rn. 26; 20. Mai 2008 - 9 AZR 271/07 - Rn. 18).

32

cc) Entgegen der Rechtsauffassung des beklagten Landes ist ein Rückkehrrecht entstanden, obwohl die vom Bundesversicherungsamt zum 30. Juni 2011 geschlossene Arbeitgeberin der Klägerin unter dem Namen City BKK im Rechtsverkehr auftrat und aus dem Zusammenschluss der BKK Berlin mit anderen Betriebskrankenkassen hervorgegangen war.

33

(1) Der Wortlaut der Erklärung steht diesem Verständnis nicht entgegen. Zwar ist im Schreiben vom 20. April 1998 nur der Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin ausdrücklich genannt. Für die Erklärungsempfänger war aus dieser Formulierung jedoch nicht zu entnehmen, dass ein Rückkehrrecht nur im Falle der Schließung/Auflösung der im Zeitpunkt der Zusage bestehenden und unter „BKK Berlin“ firmierenden Betriebskrankenkasse entstehen und die Schließung einer - ggf. unter anderem Namen auftretenden - Rechtsnachfolgerin nicht erfasst sein sollte. Zum Zeitpunkt der Einräumung des Rückkehrrechts existierten die Rechtsnachfolgerinnen noch nicht. Die BKK Berlin konnte auch als „Platzhalter“ für mögliche Rechtsnachfolgerinnen verstanden werden. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes hat die Erklärung insoweit keinen eindeutigen Inhalt. Ob eine empfangsbedürftige Willenserklärung eindeutig ist, steht erst als Ergebnis einer Auslegung fest (vgl. BAG 20. Juli 2004 - 9 AZR 626/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 111, 260; BGH 8. Dezember 1982 - IVa ZR 94/81 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 86, 41; Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 133 BGB Rn. 6; MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 133 Rn. 53). Der Beschränkung des Rückkehrrechts auf den Fall der Schließung/Auflösung der „BKK Berlin“ im wörtlichen Sinn steht schon die Möglichkeit der Namensänderung der Betriebskrankenkasse entgegen. Das eingeräumte Rückkehrrecht wäre praktisch wertlos, wenn der Bedingungseintritt durch eine bloße Umbenennung der Körperschaft hätte ausgeschlossen werden können. Letzteres hat auch das beklagte Land in der Revisionsverhandlung so gesehen.

34

(2) Vor allem der von dem beklagten Land mit der Erteilung der Wiedereinstellungszusage verfolgte Zweck gebietet ein Verständnis, dass das Rückkehrrecht durch den Zusammenschluss mit einer anderen Betriebskrankenkasse weder ausgelöst wurde noch unterging.

35

(a) Das beklagte Land weist zwar zutreffend darauf hin, dass kein Recht auf Rückkehr von einer im Wege einer Vereinigung entstandenen neuen Betriebskrankenkasse bestünde, wenn bereits die freiwillige Vereinigung der BKK Berlin mit einer anderen Betriebskrankenkasse das Rückkehrrecht ausgelöst hätte (vgl. zum Vorbehalt der Konzernzugehörigkeit: BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 37). Die Erklärung vom 20. April 1998 begründet jedoch entgegen der Ansicht des beklagten Landes für den Fall einer solchen Vereinigung kein Rückkehrrecht. Aus dem Umstand, dass nach den Vorschriften des SGB V Rechtsfolge einer Vereinigung zweier Betriebskrankenkassen ist, dass diese geschlossen sind, folgt nicht, dass bereits die Vereinigung der BKK Berlin mit der BKK Hamburg das Rückkehrrecht auslöste. Mit der Formulierung „für den Fall der Schließung/Auflösung“ stellte die Rückkehrzusage des beklagten Landes nicht auf die in § 150 SGB V geregelte freiwillige Vereinigung von Betriebskrankenkassen ab, sondern auf die Regelungen in §§ 152, 153 SGB V, die die Auflösung und Schließung von Betriebskrankenkassen betreffen. Das wird schon daraus deutlich, dass die Vereinigung von Betriebskrankenkassen regelmäßig nicht per se zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führt, den das Rückkehrrecht ausgleichen soll. Die Vereinigung führt vielmehr zu einer Gesamtrechtsnachfolge, die auch die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der fusionierten Krankenkassen erfasst (BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 25, BAGE 135, 327).

36

(b) Dass nach dem Willen des beklagten Landes die Vereinigung mit einer anderen Betriebskrankenkasse das im Schreiben vom 20. April 1998 zugesagte Rückkehrrecht grundsätzlich noch nicht auslösen sollte, zeigt auch die Regelung in § 2 Abs. 2 Unterabs. 1 VBSV BKK. Danach besteht ein Recht zur Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis zum beklagten Land zwar ausdrücklich auch für den Fall der Vereinigung iSd. § 150 SGB V, jedoch nur, wenn die Arbeitnehmer selbst von „Personalfreisetzungen im Zuge der Vereinigung betroffen sind“.

37

(c) Der Zweck der Einräumung des Rückkehrrechts gebietet ein Verständnis, das auch die Schließung einer Rechtsnachfolgerin umfasst, die in die Arbeitsverhältnisse im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist. Das Rückkehrrecht sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit dem beklagten Land im Vergleich zu der BKK Berlin, die unstreitig bereits im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 20. April 1998 wirtschaftliche Probleme hatte, einen „sicheren“ Arbeitgeber verloren. Für den damit vom beklagten Land verfolgten Zweck, den zur BKK Berlin wechselnden Arbeitnehmern bei einem Verlust ihres Arbeitsplatzes einen Arbeitsplatz bei ihm zu garantieren, ist es ohne Bedeutung, wenn an die Stelle der „BKK Berlin“ im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 150 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V ein anderer Arbeitgeber getreten ist(vgl. zur Rechtsnachfolge gemäß § 613a BGB: BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 41).

38

(d) Wirtschaftliche Interessen des beklagten Landes geben kein anderes Auslegungsergebnis vor. Zwar ist bei der Auslegung einer Willenserklärung neben den Verständnismöglichkeiten des Empfängers auch das Interesse des Erklärenden daran zu berücksichtigen, dass sich der Empfänger darum bemüht, die Erklärung nicht misszuverstehen (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 25, BAGE 116, 336). Auch muss ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen dieser rechtlich verpflichtet ist (BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 112, 112). Allerdings war das beklagte Land nicht zur Einräumung des Rückkehrrechts verpflichtet. Die Rückkehrzusage lag freilich in seinem wirtschaftlichen Interesse. Das beklagte Land hatte bis 1998 die Arbeitnehmer der BKK Berlin gestellt. Es hatte jedoch gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin erklärt, es lehne die weitere Übernahme der Kosten des für die Führung der Geschäfte erforderlichen Personals ab. Gemäß § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V hatte dies zur Folge, dass die BKK Berlin die bisher mit der Führung der Geschäfte der Betriebskrankenkasse beauftragten Personen übernahm. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse hing jedoch von der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer ab. Die Rückkehrzusage diente dazu, diese Zustimmung zu erreichen. Das beklagte Land nahm in seinem Schreiben vom 20. April 1998 ausdrücklich auf den von der BKK Berlin an die Arbeitnehmer übersandten Arbeitsvertragsentwurf Bezug und räumte das Rückkehrrecht für den Fall des Abschlusses eines Arbeitsvertrags ein.

39

(e) Vor diesem Hintergrund kann die Formulierung „unbefristetes Rückkehrrecht“ aus der Sicht der betroffenen Arbeitnehmer nur so verstanden werden, dass auch die Schließung oder Auflösung einer Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin dieses Recht auslöst. Insofern unterscheidet sich die Zusage des beklagten Landes erheblich von der Zusage, über deren Auslegung das Bundesarbeitsgericht am 19. Oktober 2005 (- 7 AZR 32/05 -) zu entscheiden hatte. Jene Zusage war in einer Betriebsvereinbarung enthalten, die im Wesentlichen nur eine befristete Beibehaltung der bisher bei der Arbeitgeberin geltenden Arbeitsbedingungen und Vergünstigungen vorsah (vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - Rn. 20). Die Erstreckung der Rückkehrzusage auch auf den Fall der Schließung einer aufgrund von Vereinigungen entstandenen Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin stellte auch kein unkalkulierbares Risiko für das beklagte Land dar (vgl. zum Risikoaspekt: BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - Rn. 25). Typischerweise sinkt die Zahl der Anspruchsberechtigten im Laufe der Zeit aufgrund altersbedingten Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Im Übrigen ging das beklagte Land das verbleibende Risiko bewusst ein. Bereits die Einflussmöglichkeiten des beklagten Landes auf die BKK Berlin, auf die sich das Rückkehrrecht unstreitig bezog, waren aufgrund der Regelungen zum Verwaltungsrat der Betriebskrankenkasse wesentlich geringer als der Einfluss einer herrschenden Gesellschaft auf eine Tochtergesellschaft im Konzern.

40

(3) Das vom beklagten Land eingeräumte Rückkehrrecht steht nicht unter der Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass das mit der BKK Berlin bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin begründete Arbeitsverhältnis infolge der Schließung beendet ist. Bereits ihrem Wortlaut nach knüpft die Erklärung vom 20. April 1998 an die Schließung/Auflösung der Betriebskrankenkasse und nicht an die Beendigung des einzelnen Arbeitsverhältnisses an. Dies ist auch interessengerecht. So stellt die Schließung einer Betriebskrankenkasse eine konkrete Gefahr für den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse dar. Zwar enthielt § 155 SGB V aF noch keinen Verweis auf § 164 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB V. Spätestens nach der Abwicklung der Geschäfte durch den Vorstand entfällt jedoch typischerweise der Beschäftigungsbedarf für die Arbeitnehmer. Es dient zudem der Rechtssicherheit, für die Frage des Bedingungseintritts nach § 158 Abs. 1 BGB nicht an die unter Umständen erst durch ein gerichtliches Verfahren zu klärende Frage der Beendigung des konkreten Arbeitsverhältnisses anzuknüpfen, sondern an die Schließung/Auflösung der Betriebskrankenkasse und die damit verbundene typische Gefahr für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

41

3. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Entgelt nach Entgeltgruppe 9 TV-L nach Maßgabe des Angleichungs-TV Land Berlin und auf Berücksichtigung der bei dem beklagten Land bis zum 31. Dezember 1998 und bei der BKK Berlin bis zum 31. Dezember 2003 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L sowie der bei der City BKK bis zum 30. Juni 2011 zurückgelegten Betriebszugehörigkeit als Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 Satz 4 TV-L. Auch dies folgt bereits aus der Zusage des beklagten Landes vom 20. April 1998.

42

a) Das beklagte Land wollte mit der Rückkehrzusage bewirken, dass die betroffenen Arbeitnehmer dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse iSd. § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V zustimmen. Insofern unterscheidet sich die Situation von der eines Betriebsübergangs, in der die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber nach § 613a Abs. 1 BGB übergehen, wenn die Arbeitnehmer passiv bleiben und dem Betriebsübergang nicht widersprechen. Nach § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V bedurfte es zum Übergang der Arbeitsverhältnisse der Zustimmung und damit eines aktiven Tuns der betroffenen Arbeitnehmer. Hierzu lag diesen ein Arbeitsvertragsangebot der BKK Berlin vor. Es war für das beklagte Land erkennbar, dass die Arbeitnehmer ihren beim beklagten Land erreichten sozialen Besitzstand nur dann aufgeben würden, wenn sie im Falle einer Schließung oder Auflösung der Betriebskrankenkasse die Folgen ihrer Zustimmung rückgängig machen konnten. Wenn das beklagte Land in dieser Situation ohne weitere Vorbehalte ein Rückkehrrecht einräumte, durften die betroffenen Arbeitnehmer die Rückkehrzusage so verstehen, dass sie im Falle ihrer Rückkehr so gestellt werden, als wären sie durchgehend beim beklagten Land beschäftigt gewesen. Auch wenn diese Rechtsfolge nicht jeder Rückkehrzusage immanent ist (vgl. zu § 17 Satz 1 HVFG: BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 138/10 - Rn. 29), folgt dies aus den Besonderheiten der Situation im Jahre 1998. Ins Gewicht fällt, dass die betroffenen Arbeitnehmer aufgrund der Personalgestellung durch das beklagte Land bereits seit Jahren bei der BKK Berlin tätig waren. Ohne die Ablehnungserklärung des beklagten Landes iSd. § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin hätte diese Form der gespaltenen Arbeitgeberstellung fortgeführt werden können. Die Ausübung des Rückkehrrechts stellt also nur die Situation her, die ohne die Ablehnungserklärung des beklagten Landes und die Zustimmung der Arbeitnehmer gemäß § 147 Abs. 2 SGB V bestanden hätte. Eine Besserstellung der zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer ist mit ihrer Rückkehr zum beklagten Land entgegen dessen Ansicht nicht verbunden.

43

b) Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Rückkehrzusage die zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer im Falle ihrer Rückkehr zum beklagten Land nicht so stellen sollte, als wären sie bei diesem durchgehend beschäftigt gewesen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Nach dem Inkrafttreten des Angleichungs-TV Land Berlin wird anders als unter der Geltung des BAT das Entgelt in den einzelnen Entgeltgruppen nicht nach Lebensaltersstufen bemessen, sodass das Alter für die Höhe der Vergütung ohne Bedeutung ist. Dies konnten weder das beklagte Land noch die zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer voraussehen. Die durch das Inkrafttreten des Angleichungs-TV Land Berlin nachträglich entstandene Regelungslücke in der Wiedereinstellungszusage kann nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nur so geschlossen werden, dass die Stufenzuordnung mithilfe des (fiktiven) Vergleichsentgelts vorzunehmen ist. Ist eine vertragliche Regelung planwidrig unvollständig, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 512/11 - Rn. 34 mwN). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 31 mwN). Die Arbeitnehmer sollten durch den Wechsel zur BKK Berlin nicht Gefahr laufen, ihren bei dem beklagten Land erworbenen sozialen Besitzstand im Falle einer Auflösung oder Schließung der sie beschäftigenden Betriebskrankenkasse zu verlieren. Diesem Regelungszweck der Rückkehrzusage wird eine Stufenzuordnung nach § 16 TV-L nicht gerecht. Im Jahre 1998 erfolgte die Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer nach dem BAT. Nach § 27 BAT bemaß sich die Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - BAGE 140, 1). Die vom Übergang nach § 147 Abs. 2 SGB V betroffenen Arbeitnehmer durften berechtigt darauf vertrauen, dass die Bemessung der Vergütung nach erreichten Lebensaltersstufen auch nach der Rückkehr zum beklagten Land Berücksichtigung findet. Dies ist nur bei einer Überleitung anhand des fiktiven Vergleichsentgelts gewährleistet.

44

c) Danach hat die Klägerin einen Anspruch, in dem neu zu begründenden Arbeitsverhältnis so gestellt zu werden, als habe über den 31. Dezember 1998 hinaus ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis zum beklagten Land bestanden. Dies umfasst auch die Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten beim beklagten Land, bei der BKK Berlin und der City BKK iSd. § 34 Abs. 3 TV-L. Das beklagte Land hat in der Revision auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Tätigkeiten der ehemaligen Vergütungsgruppe Vb BAT der Entgeltgruppe 9 TV-L entsprechen, nicht in Zweifel gezogen (vgl. Anlage 4 zum TVÜ-Länder).

45

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    M. Lücke    

        

    Kranzusch    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. April 2012 - 13 Sa 1210/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 Vorruhestandsgeld zu zahlen.

2

Die Beklagte ist ein Bankinstitut. Der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger war bis zum 30. September 2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als AT-Mitarbeiter und Prokurist gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 6.263,33 Euro beschäftigt. Seit dem 20. März 1992 war er Inhaber eines Schwerbehindertenausweises. Der Grad der Behinderung betrug 80. Am 6. September 2004 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Vorruhestandsvereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2004 vorsah. Unter Ziff. 2.1 des Vorruhestandsvertrags ist geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Oktober 2004 bis zum gesetzlichen Rentenbeginn ein monatliches Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto erhält. Des Weiteren enthält der Vorruhestandsvertrag - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - folgende Regelungen:

        

4.    

Grundlage und Erlöschen der Ansprüche

        

4.1     

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011. Erforderliche Antragstellungen obliegen Herrn B.

        

…       

        
        

5.    

Mitwirkungspflichten

        

5.1     

Herr B ist verpflichtet, Änderungen der ihn betreffenden Verhältnisse, die auf die Ansprüche auf Vorruhestandsgeld Auswirkungen haben können, der Bank unverzüglich mitzuteilen. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer Tätigkeit, für die Herr B eine Vergütung für den Einsatz seiner Arbeitskraft erhält. Während der Dauer der Vorruhestandsvereinbarung erhaltene Bezüge sowie eventuelle Leistungen aus den Sozialversicherungen werden auf das von der Bank zu zahlende Vorruhestandsgeld angerechnet.

        

…       

        
        

5.3     

Herr B verpflichtet sich, einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf vergleichbare Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, zu stellen.“

3

Seit Ende 2004 lebt der Kläger in Bolivien. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 Auskunft über die Folgen eines Umzugs nach Bolivien im Hinblick auf die Sozialversicherungsabgaben erteilt. Vorausgegangen war ein Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt einkommenssteuerpflichtige Arbeitnehmer, den der Kläger am 15. September 2004 der Personalabteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt hatte und in dem er seinen Wegzug nach Bolivien angegeben hatte.

4

Mit Bescheid des Versorgungsamts der Freien Hansestadt Bremen vom 15. September 2010 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises bestandskräftig mit der Begründung abgelehnt, für die Verlängerung bedürfe es nach dem Gesetz eines gewöhnlichen Aufenthalts oder einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Die vom Kläger am 9. Februar 2011 beantragte Altersrente wegen Schwerbehinderung bewilligte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund mit derselben Begründung nicht. Das vom Kläger gegen deren Bescheid vom 19. April 2011 angestrengte Widerspruchsverfahren ruht.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Vorruhestandsgeld sei nicht erloschen, weil er aufgrund seines dauerhaften Aufenthalts in Bolivien keinen Anspruch auf vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung habe. Er sei auch nicht verpflichtet, nach Deutschland zurückzukehren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe vor Abschluss der Vereinbarung Kenntnis von seiner Auswanderungsabsicht gehabt. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung sei zudem diskriminierend und daher nicht wirksam, weil er bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente höhere Abschläge hinzunehmen hätte als ein nicht schwerbehinderter Mensch. Auch habe sich sein Gesundheitszustand deutlich gebessert.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 den monatlichen Bruttobetrag von 4.800,00 Euro zu zahlen,

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm die finanziellen Nachteile auszugleichen, die er aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung aufgrund Ziff. 5.3 der Vorruhestandsvereinbarung gegenüber einem nicht schwerbehinderten Beschäftigten in der gleichen Situation erleidet, vollumfänglich auszugleichen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dem Kläger sei das Angebot auf Abschluss des Vorruhestandsvertrags ausschließlich aufgrund seiner persönlichen Situation als schwerbehinderter Mensch sowie seiner Stellung als Betriebsratsmitglied unterbreitet worden. Derartige Vereinbarungen seien bei ihrer Rechtsvorgängerin unüblich gewesen. In den Jahren 1999 bis 2008 sei lediglich mit zwei weiteren Mitarbeitern eine Vorruhestandsvereinbarung abgeschlossen worden, jedoch zu deutlich schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter. Nach der Vereinbarung mit dem Kläger trage dieser das Risiko, aufgrund eines von ihm verursachten Umstands keine vorzeitige Altersrente wegen der Schwerbehinderung beziehen zu können. Ihre Rechtsvorgängerin sollte nach Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung lediglich das Risiko einer etwaigen nach Vertragsschluss erfolgten Änderung von Rechtsnormen tragen, die zu einem späteren als dem bei Vertragsschluss erwarteten Rentenbezug ab dem 1. Januar 2011 führten. Nicht die Rechtslage, sondern die Tatsachenlage habe sich durch den Wegzug des Klägers verändert. Jedenfalls könne sich der Kläger nach § 162 Abs. 1, § 242 BGB nicht auf den nicht gegebenen Rentenanspruch ab Vollendung seines 60. Lebensjahres berufen, weil er den zum Anspruchsverlust führenden Umstand selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund stehe ihr auch ein Schadensersatzanspruch zu. Mit diesem könne sie aufrechnen. Die Forderung des Klägers sei auch gemäß § 242 BGB wegen des entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs einredebehaftet. Notfalls sei § 254 BGB analog heranzuziehen. Von den Auswanderungsplänen des Klägers habe ihre Rechtsvorgängerin vor Vertragsschluss nichts gewusst. Letztlich sei der Anspruch des Klägers jedenfalls zu kürzen, da durch den drei Jahre späteren Renteneintritt die Abschläge bei der Rente geringer ausfielen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 monatlich 4.800,00 Euro brutto zu zahlen.

10

I. Die Klage ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

11

1. Der Hauptantrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, etwa auf bestimmte Ansprüche beschränken (BAG 15. April 2014 - 3 AZR 288/12 - Rn. 32 mwN). Der Anspruch auf Zahlung eines Vorruhestandsgelds iHv. 4.800,00 Euro pro Monat im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 ist mithin ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. auch BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

12

2. Das von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigende Feststellungsinteresse ist gegeben.

13

a) Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Die Rechtsprechung ist vom Vorrang der Leistungsklage abgegangen, soweit erst im Laufe des Rechtsstreits die Bezifferung einer Forderung möglich geworden ist (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 306). Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zu dem Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte. Ein Kläger ist nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese erst nachträglich im Laufe des Verfahrens möglich wird (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 256 Rn. 7a). Eine Feststellungsklage ist allgemein dann zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

14

b) Danach ist die Feststellungsklage zulässig. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2010 war das Vorruhestandsgeld für den Klagezeitraum noch nicht fällig. Dass zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung der streitige Zahlungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 vollständig abgelaufen war, ist für das Feststellungsinteresse unerheblich. Maßgebend ist allein, dass das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über das „Ob“ der Pflicht zur Zahlung von Vorruhestandsgeld in der Zeit zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres des Klägers, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht selbst (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 20, BAGE 129, 72).

15

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß Ziff. 2.1 der Vorruhestandsvereinbarung für die Monate Januar 2011 bis einschließlich Dezember 2013 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. jeweils 4.800,00 Euro brutto.

16

1. Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld war nicht auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung.

17

a) Die streitgegenständliche Klausel enthält eine sog. nichttypische Erklärung. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, weil der Kläger auf den Klauselinhalt Einfluss nehmen konnte. Dieser hat selbst vorgetragen, auf seinen Wunsch hin sei Ziff. 4.1 um die Formulierung „das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“ ergänzt worden.

18

b) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Für die revisionsrechtliche Überprüfung kommt es daher nur darauf an, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer nichttypischen Erklärung rechtlich möglich ist, nicht aber, ob sie tatsächlich richtig ist (BAG 20. März 2014 - 8 AZR 269/13, 8 AZR 8 AZR 560/13 - Rn. 34 mwN). Ist eine Tatsachenfeststellung revisionsrechtlich zu beanstanden, ist der Rechtsstreit zur erneuten Tatsachenermittlung und Auslegung grundsätzlich an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Revisionsgericht darf aber auch nichttypische Verträge selbst auslegen, wenn der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt ist und kein weiteres tatsächliches Vorbringen zu erwarten ist (BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 15 mwN). So verhält es sich hier. Bis auf den nicht entscheidungsrelevanten Umstand der Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten von den Wegzugsplänen des Klägers bei Vertragsschluss sind keine Tatsachen klärungsbedürftig. Weiterer Vortrag der Parteien ist nicht zu erwarten.

19

c) Die Vorruhestandsvereinbarung enthält kein festes Enddatum. Nach ihrer Ziff. 4.1 erlöschen die Ansprüche aus der Vereinbarung „mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“. Diese Regelung kann nicht dahin gehend verstanden werden, dass der Anspruch zwar grundsätzlich endet, wenn der Kläger eine Rente beziehen kann, spätestens aber am 31. Dezember 2010. Vielmehr sollte der Leistungsanspruch nach dem klaren Wortlaut der Klausel nur auflösend bedingt sein für den Fall, dass der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann. Der zweite Halbsatz enthält keine eigenständige auflösende Bedingung, sondern nur eine Wissenserklärung. Anderenfalls hätte die Regelung dahin lauten müssen, dass die Ansprüche aus der Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann, spätestens aber am 1. Januar 2011. Klauseln mit einem festen Enddatum hat die Beklagte ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Vorruhestandsvereinbarungen mit ihrer Mitarbeiterin G und ihrem Mitarbeiter M in anderen Fällen verwandt. Demgegenüber fehlt in Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung der Parteien ein festes Enddatum. Dementsprechend sieht Ziff. 2.1 die Zahlung des Vorruhestandsgelds „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ vor.

20

2. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Vorruhestandsgelds ist nicht untergegangen, weil dieser seinen Wohnsitz nach Bolivien verlegt hatte und deshalb ab dem 1. Januar 2011 keine Altersrente wegen Schwerbehinderung beziehen konnte. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger entgegen seinen Behauptungen aufgrund seines körperlichen Zustands über dem 31. Dezember 2010 hinaus die Voraussetzungen für die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch erfüllte.

21

a) Ein Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Zahlung von Vorruhestandsgeld gemäß Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung mit Ablauf des 31. Dezember 2010 setzt voraus, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2011 eine „gesetzliche Rente wegen des Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung“ beanspruchen konnte. Dies war nicht der Fall. Insbesondere bestand kein Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI. Zwar vollendete der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger im Dezember 2010 sein 60. Lebensjahr. Weitere Voraussetzung war nach § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aber die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns. Schwerbehindert sind jedoch ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Norm nur solche Personen, die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iSd. § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX haben. Hieran fehlt es, weil der Kläger seit Ende 2004 in Bolivien lebt.

22

b) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf Vorruhestandsgeld grundsätzlich nur bei tatsächlichem Bestehen eines Rentenanspruchs erlischt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass ihre Rechtsvorgängerin bzw. deren Vertreter bei Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von dem Umzug des Klägers nach Bolivien hatten.

23

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel. Erforderlich ist danach, dass der Kläger eine Rente „beanspruchen kann“ und nicht, dass er nach einer Rückkehr nach Deutschland eine derartige Rente „beanspruchen könnte“.

24

bb) Sinn und Zweck der Vereinbarung stützen dieses Verständnis. Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 750/09 - Rn. 34, BAGE 137, 136). Eine Abweichung von diesem typischen Regelungszweck ist vorliegend nicht erkennbar. Der Kläger sollte danach als wirtschaftliche Absicherung „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ (Ziff. 2.1 Satz 1 der Vorruhestandsvereinbarung) zumindest die vereinbarten 4.800,00 Euro brutto zum Bestreiten des Lebensunterhalts beziehen, wobei anderweitig erhaltene Arbeitsvergütung sowie Sozialleistungen angerechnet werden sollten (Ziff. 5.1 Satz 3). Eine wirtschaftliche Absicherung besteht jedoch nur bei einer tatsächlichen und nicht schon bei einer theoretischen Rentenbezugsberechtigung.

25

cc) In systematischer Hinsicht verstärkt sich dieser Befund durch die unter Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung geregelten „Mitwirkungspflichten“ des Klägers. Nach Ziff. 5.3 obliegt es dem Kläger ua., „zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, [einen Antrag auf Altersrente] zu stellen“. Auch in Ziff. 4.1 Satz 2 der Vereinbarung wird die Obliegenheit zur Antragstellung genannt. Eine Pflicht bzw. Obliegenheit zum Wohnsitzwechsel, um die Voraussetzungen eines Rentenbezugs erst herbeizuführen, ist nicht vereinbart.

26

dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin gehend, dass den Kläger eine derartige, nicht ausdrücklich genannte Mitwirkungspflicht treffen sollte, kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in Betracht.

27

(1) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43 mwN).

28

(2) Wusste die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung, dass der Kläger dauerhaft nach Bolivien auswandern wollte, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Unerheblich ist, ob der Personalleiterin unbekannt war, dass die Auswanderung des Klägers zeitlich zu einer Verschiebung des Renteneintrittsalters führt. Denn insoweit handelte es sich um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umstands (vgl. zur Unbeachtlichkeit eines Rechtsfolgenirrtums im Rahmen der Anfechtung auch: BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 234/95 - zu II 1 der Gründe).

29

(3) Hatte die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der mit der Vorruhestandsvereinbarung verfolgte Zweck, den Kläger bis zum Bezug einer Rente wirtschaftlich abzusichern, als Ausgangspunkt einer Vertragsergänzung spricht für eine Belastung der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Risiko einer Verlängerung ihrer Zahlungspflicht über den 31. Dezember 2010 hinaus.

30

ee) Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld ist auch nicht aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage entfallen. § 313 Abs. 1 BGB kann - unabhängig vom Vorliegen einer entsprechenden rechtsgestaltenden Erklärung der Beklagten iSd. § 313 Abs. 3 BGB - bereits aufgrund der beschriebenen vertraglichen Risikozuweisung nicht zur Anwendung gelangen. Enthält ein Vertrag nach seinem Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB aus(vgl. BAG 28. September 2006 - 8 AZR 568/05 - Rn. 22 mwN). Dies ist hier der Fall.

31

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ein treuwidriges Verhalten des Klägers verneint. Weder der Wegzug aus Deutschland im Jahr 2004 noch die unterbliebene Rückkehr Ende 2010 stellen ein treuwidriges Verhalten des Klägers iSv. § 162 Abs. 1 oder § 242 BGB dar.

32

aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf(BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, BAGE 125, 147). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH 16. September 2005 - V ZR 244/04 - zu II 1 der Gründe). Ein Verschulden im technischen Sinn ist zwar keine Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit, jedoch bei der Gesamtabwägung zu bewerten (Staudinger/Bork (2010) § 162 Rn. 10). Maßgebend zu berücksichtigen sind weiter die vertragliche Risikozuordnung sowie die Grundrechte als Ausdruck der objektiven Werteordnung (BeckOK BGB/Sutschet Stand 1. August 2014 § 242 Rn. 19, 22 ff.).

33

bb) Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so hat das Landesarbeitsgericht eine Treuwidrigkeit des Klägers zu Recht nicht angenommen.

34

(1) Eine solche scheidet von vornherein aus, wenn die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, Kenntnis hatte. In diesem Fall hätte der Kläger in der Ausdrucksweise des Landesarbeitsgerichts „mit offenen Karten“ gespielt.

35

(2) Wird zugunsten der Beklagten davon ausgegangen, dass die Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vorruhestandsvereinbarung nicht bekannt war, fehlen Anhaltspunkte, dass der Kläger Ende 2004 nach Bolivien zog, um den Erwerb von Rentenansprüchen und damit das Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld mit Ablauf des 31. Dezember 2010 zu verhindern. Schon wegen der großen zeitlichen Differenz ist eine derartige Annahme fernliegend. Bei Anknüpfung an die unterbliebene Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Ende 2010 gilt dasselbe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine bereits geplante Rückkehr nur deshalb unterließ, weil er sich seinen Anspruch auf Vorruhestandsgeld erhalten und die Zahlungspflicht der Beklagten verlängern wollte. Die Beweggründe des Klägers, die zu seiner Auswanderung bzw. der unterbliebenen Rückkehr geführt haben, können nach alledem rechtlich nicht missbilligt werden.

36

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es dem Kläger frei stand, seinen Wohnsitz nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nach Bolivien zu verlegen. Insoweit gehört die Ausreisefreiheit zwar nicht zu der durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten innerdeutschen Freizügigkeit, sie ist aber doch als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position, worauf das Bundesverfassungsgericht bereits in der Elfes-Entscheidung hingewiesen hat(BVerfG 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - zu II 3 der Gründe, BVerfGE 6, 32). Da die Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht getroffen haben, kann dahinstehen, ob vor diesem Hintergrund ein Verbot des Umzugs nach Bolivien überhaupt rechtswirksam hätte vereinbart werden können.

37

d) Die dem Kläger somit zustehenden Ansprüche auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto pro Monat im Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2013 sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu kürzen. Eine derartige Anspruchskürzung ist in der Vorruhestandsvereinbarung nicht vorgesehen. Diese regelt in Ziff. 5.3 lediglich, dass der Kläger zur Stellung eines Antrags auf Altersrente „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ verpflichtet ist und insoweit nach Ziff. 4.3 auch Abschläge bei der Rente hinnehmen muss. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Kläger dann, wenn sein Antrag auf vorzeitigen Rentenbezug abschlägig beschieden wurde, die hieraus resultierenden Vorteile in Bezug auf die Höhe der späteren Rente anrechnen lassen muss. Solche Vorteile sind zwar angesichts der fortdauernd zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge während des Bezugs von Vorruhestandsgeld (Ziff. 3.3 der Vorruhestandsvereinbarung) nicht von der Hand zu weisen. Damit hat sich aber lediglich das vertragliche Risiko der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin realisiert, dass nicht eine vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung, sondern erst die vorzeitige Regelaltersrente zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld führt. Für eine Anrechnung von Vorteilen bleibt danach kein Raum.

38

e) Die Ansprüche sind auch nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung (teilweise) erloschen oder analog § 254 BGB zu kürzen bzw. gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 BGB einredebehaftet, wie die Beklagte meint.

39

aa) Eine Aufrechnung scheitert bereits an dem fehlenden Vortrag einer Aufrechnungserklärung. Der im Konjunktiv gehaltene Vortrag in der Revisionsbegründung, die Beklagte „könnte“ jedenfalls aufrechnen, stellt eine solche Erklärung nicht dar.

40

bb) Eine analoge Anwendung von § 254 BGB kommt in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Dies käme einer gesetzlichen Korrektur der vertraglich vereinbarten Risikozuweisung gleich. Diese soll aber nach dem Willen des Gesetzes grundsätzlich unangetastet bleiben (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).

41

cc) Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. iVm. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheiden schon mangels Pflichtverletzung aus. Der Kläger war nicht verpflichtet, nach dem Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung in Deutschland zu bleiben oder nach mehreren Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Bolivien aufzugeben und Ende 2010 nach Deutschland zurückzukehren.

42

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Merte    

        

    Pielenz    

                 

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 244/04 Verkündet am:
16. September 2005
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist die Wirksamkeit eines Vertrages durch die Entscheidung eines Dritten aufschiebend
bedingt und ist die Vertragspartei, zu deren Nachteil der Bedingungseintritt
gereichte, nach Treu und Glauben gehalten, dem Dritten einen für dessen Entscheidung
wesentlichen Umstand mitzuteilen, stellt sich die damit verbundene Einflussnahme
auf die Entschließung des Dritten auch dann nicht als treuwidrig dar, wenn
die Mitteilung in der Absicht erfolgte, den Eintritt der Bedingung zu verhindern.
BGH, Urteil vom 16. September 2005 - V ZR 244/04 - OLG Hamm
LG Münster
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision und die Anschlussrevision gegen das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. November 2004 werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 93 % und die Beklagten 7 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten beabsichtigten, von den Klägern das Parkhotel B. in T. zu erwerben und als solches fortzuführen. Dabei wollten sie ein zinsgünstiges Darlehen, das die Klägerin zu 1 im Jahr 1964 als Investitionshilfe für die Errichtung des Hotels von dem Rechtsvorgänger des Landkreises S. erhalten hatte, unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen. Der Landrat stellte die Zustimmung des Landkreises hierzu in Aussicht.
Am 21. Dezember 2001 schlossen die Parteien unter Vereinbarung mehrerer aufschiebender Bedingungen, deren Eintritt bis zum 15. Januar 2002 nachgewiesen sein musste, und unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung einen notariellen Kaufvertrag über das Hotelgrundstück. Zu den Bedingungen zählte unter anderem die Genehmigung der vereinbarten Darlehensübernahme durch den Landkreis.
Nach der Übergabe des Hotels am 23. Dezember 2001 gelangten die Beklagten zu der Einschätzung, dass die Fortführung des Betriebs angesichts des ermittelten Sanierungsbedarfs unwirtschaftlich sei. Sie werfen den Klägern insoweit vor, erhebliche Mängel des Hotels arglistig verschwiegen zu haben.
Anfang Januar 2002 teilte der Vater der Beklagten, der Zeuge K. , dem Landrat mit, dass seine Söhne wegen des unerwartet hohen Sanierungsbedarfs nicht beabsichtigten, das Hotel zu renovieren und fortzuführen; sie wollten deshalb den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Mit Schreiben vom 14. Januar 2002 verweigerte der Landkreis seine Zustimmung zur Übernahme des Darlehens. Mit entscheidungserheblich sei, so die Begründung, dass die Käufer den Kaufvertrag nicht erfüllen wollten und damit die Geschäftsgrundlage für die Fortsetzung des Darlehensvertrages mit ihnen entfallen sei. Diese Begründung ergänzte der Landrat in einem Schreiben vom 15. Januar 2002 wie folgt: "Die Formulierung, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu wollen, bittet Herr K. so zu verstehen, dass er nach fachmännischer Beratung wegen Abgängigkeit der Bausubstanz nicht bereit ist, das Hotel umzubauen und es als solches weiterzuführen. Da damit die….Objektbezogenheit des seinerzeit gewährten Darlehens entfiele, ist eine
Geschäftsgrundlage für die Darlehensübernahme nicht mehr gegeben. Deshalb muss es bei meiner Entscheidung bleiben".
Die Beklagten stellten den Hotelbetrieb am 16. Januar 2002 ein und reichten die Schlüssel an den Notar zurück. Gegenüber den Klägern machten sie Schadensersatz in Höhe von 27.000 € geltend, weil sie im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags eine Betriebsgesellschaft gegründet und das erforderliche Stammkapital von 27.000 € eingezahlt hätten, welches zur Erfüllung von Verbindlichkeiten verbraucht worden sei.
Mit der Klage verlangen die Kläger neben einer Zahlung von 4.151,69 € für den nach dem Kaufvertrag zu übernehmenden Warenbestand die Feststellung , dass die Beklagten den Klägern zu 1 bis 3 wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu Schadensersatz verpflichtet sind. Ferner beantragen sie die Feststellung, dass den Beklagten der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 27.000 € nicht zusteht.
Das Landgericht hat diesem Feststellungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger und die Anschlussberufung der Beklagten sind erfolglos geblieben.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit ihnen nicht entsprochen worden ist, weiter. Die Beklagten treten der Revision entgegen und wollen im Wege der Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erreichen, dass das Berufungsurteil aufgehoben und die negative Feststellungsklage ab-
gewiesen wird, soweit über sie auch bezogen auf einen Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB a.F. entschieden worden ist.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, den Klägern stünden keine Ansprüche wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu, da dieser mangels Eintritts der vereinbarten aufschiebenden Bedingungen nicht wirksam geworden sei. Die Genehmigung der Darlehensübernahme durch den Landkreis sei von den Beklagten auch nicht treuwidrig vereitelt worden. Sie hätten ihre Absicht, den Kaufvertrag nicht zu erfüllen und den Hotelbetrieb nicht fortzuführen, dem Landrat zwar mitgeteilt, um ihn von der Zustimmung zur Darlehensübernahme abzuhalten. Da sie hierfür jedoch wirtschaftlich vernünftige Gründe gehabt hätten und sich ein beeinflussendes Verhalten in der Regel nicht als treuwidrig darstelle, wenn es auf solchen Gründen beruhe, sei der Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt worden. Bei einer Übernahme des Darlehens hätten die Beklagten gegenüber dem Landkreis die Verpflichtung zur Weiterführung des Hotels übernehmen müssen und wären daher gegenüber dem Landkreis vertragsbrüchig geworden, wenn sie den Hotelbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt hätten. In diesem Zusammenhang stelle auch das erst nachträglich erkannte Ausmaß der Mängel einen wirtschaftlich vernünftigen Grund dar, der das Verhalten der Beklagten nicht als treuwidrig erscheinen lasse.
Die Anschlussberufung sei unbegründet, weil den Beklagten der Schadensersatzanspruch , dessen sie sich wegen der Aufwendungen für die Betriebsgesellschaft berühmt hätten, nicht zustehe. Auf § 463 BGB a.F. lasse er sich mangels wirksamen Kaufvertrags nicht stützen. Ob das behauptete arglistige Verhalten der Kläger einen Anspruch wegen Verschuldens bei Vertrags-
schluss begründe, könne offen bleiben, weil die Beklagten einen Schaden in der geltend gemachten Höhe nicht konkretisiert hätten.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision der Kläger im Ergebnis stand.
Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass der Kaufvertrag im Hinblick auf die erforderliche Genehmigung der Darlehensübernahme durch den Landkreis aufschiebend bedingt geschlossen wurde (§ 158 Abs. 1 BGB) und Ansprüche der Kläger wegen Nichterfüllung des Vertrags deshalb nur in Betracht kommen, wenn die Erteilung der Genehmigung von den Beklagten treuwidrig vereitelt worden ist (§ 162 BGB). Nicht zu beanstanden ist ferner seine Feststellung, der als Verhandlungsführer aufgetretene Vater der Beklagten habe die Willensbildung des Landrats beeinflusst und dadurch die Versagung der Genehmigung provoziert. Entgegen der Auffassung der Revision erweist sich auch die Annahme, der Eintritt der Bedingung sei nicht wider Treu und Glauben vereitelt worden, im Ergebnis als zutreffend.
1. Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 1984, VIII ZR 286/82,
NJW 1984, 2568, 2569). Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (vgl. Staudinger/Bork, BGB [2003], § 162 Rdn. 7; MünchKommBGB /H.P.Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 9; Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 7). Bei der Würdigung kann auch von Bedeutung sein, ob die Partei vernünftige wirtschaftliche Gründe hatte, auf den Eintritt oder das Ausbleiben der Bedingung Einfluss zu nehmen (z.B. BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich ein allgemeiner Grundsatz, wonach eine Einflussnahme auf den Bedingungseintritt in der Regel nicht treuwidrig ist, wenn sie auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen beruht , allerdings nicht aufstellen. Ein solcher Grundsatz liegt auch den Entscheidungen , die von der Kommentarliteratur unter diesem Stichwort zusammengestellt sind (vgl. Staudinger/Bork, aaO, § 162 Rdn. 9; Bamberger /Roth/Rövekamp, BGB, § 162 Rdn. 6), nicht zugrunde. Die jeweilige Annahme , der Bedingungseintritt habe ohne Verstoß gegen Treu und Glauben aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen beeinflusst werden können, stellt sich vielmehr auch dort als Ergebnis der gebotenen Würdigung des Einzelfalls dar, wobei vielfach der Inhalt des bedingt geschlossenen Rechtsgeschäfts ausschlaggebend war.
Zum einen betreffen die Entscheidungen nämlich Sachverhalte, in denen es im pflichtgemäßen Ermessen einer Vertragspartei stand, die den Bedingungseintritt auslösende Handlung vorzunehmen. In einem solchen Fall wird
ein auf vernünftige wirtschaftliche Gründe gestützter, den Bedingungseintritt beeinflussender Entschluss dieser Partei in der Regel auch im Verhältnis zu ihrem Vertragspartner sachlich gerechtfertigt und damit nicht treuwidrig sein (zur Anwendbarkeit von § 162 BGB auf Wollensbedingungen, vgl. BGH, Urt. v. 25. September 1996, VIII ZR 172/95, NJW 1996, 3338, 3340 sowie Staudinger /Bork, aaO, § 162 Rdn. 4). Demgemäß wurde die Entscheidung eines Vermieters , sein Grundstück zu verkaufen, im Verhältnis zu seinem Vertragspartner , mit dem er einen durch den Wiederaufbau des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes bedingten Mietvertrag geschlossen hatte, als in seinem Ermessen stehend und deshalb als nicht treuwidrig bewertet (BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922), das Verhalten eines Käufers, der die Ratenzahlung einstellte, im Hinblick auf die vereinbarten Verzugsfolgen als eine vertraglich eingeräumte und damit nicht gegen Treu und Glauben verstoßende Möglichkeit der Lösung vom Kaufvertrag angesehen (BGH, Urt. v. 21. März 1984, VIII ZR 286/82, NJW 1984, 2568, 2569) oder der Entschluss eines Händlers, von einem zur Bedingung erhobenen Verkauf abzusehen, weil sich dieser wirtschaftlich nicht lohnte, als nicht treuwidrig gewürdigt, da der Händler nur die ihm von seinem Vertragspartner zugestandene Freiheit ausgeübt habe (KG, DAR 1980, 118, 119). In anderen Fällen erschienen die mit der Wirksamkeit des Vertrages oder dem fortbestehenden Schwebezustand einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen für eine Partei bei Würdigung der von ihr durch den Abschluss des bedingten Rechtsgeschäfts übernommen Risiken nicht zumutbar und die Einflussnahme auf den Geschehensablauf aus diesem Grund nicht treuwidrig (z.B. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1366: die zur Bedingung gemachte Finanzierung scheitert an den Einkommensverhältnissen des Schuldners; OLG Köln, OLGZ 1974, 8, 10: Partei verzichtet auf den Ver-
such, die zur Bedingung erhobene behördliche Genehmigung durch ein langwieriges Rechtsmittelverfahren zu erhalten).
2. Die im Rahmen von § 162 BGB gebotene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfordert hier die Feststellung, ob von den Beklagten erwartet werden konnte, dem Landkreis vor dessen Entscheidung über die Zustimmung zur Darlehensübernahme keine Mitteilung davon zu machen, dass sie das Hotel entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht fortführen und den Kaufvertrag nicht erfüllen wollten.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagten nach Treu und Glauben von dieser Mitteilung hätten absehen müssen, wenn sie allein dazu diente, ihnen eine sonst nicht bestehende Möglichkeit zu eröffnen, sich von einem als wirtschaftlich nachteilig erkannten Vertrag zu lösen. So liegt der Fall indessen nicht. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kann nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zwischen den Parteien vereinbarte Schuldübernahme (§ 415 Abs. 1 BGB) auch rechtliche Beziehungen der Beklagten zu dem Landkreis als ihrem künftigen Vertragspartner begründete und sich hieraus sachliche Gründe für die Mitteilung ergeben, das Hotel nicht fortführen zu wollen.

a) Diese Gründe lassen sich allerdings nicht auf die Annahme des Berufungsgerichts stützen, die Beklagten hätten sich gegenüber dem Landkreis verpflichten müssen, den Hotelbetrieb fortzusetzen. Die Revision rügt zu Recht, dass tatsächliche Feststellungen zu einer möglichen Absicht des Landkreises, die Genehmigung der Darlehensübernahme von einer Verpflichtung der Beklagten zur Fortführung des Hotelbetriebs abhängig zu machen, nicht getroffen
worden sind. Die von dem Berufungsgericht statt dessen herangezogenen Umstände – das Darlehen sei objektbezogen gewesen und die Parteien seien bei Abschluss des Kaufvertrags übereinstimmend von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs durch die Beklagten ausgegangen – rechtfertigen einen solchen Schluss nicht.

b) Das Urteil erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Unterrichtung des Landrats über die veränderte Sachlage war auch unabhängig von einer Verpflichtung der Beklagten, das Hotel fortzuführen, sachlich geboten und deshalb nicht treuwidrig.
aa) Nach den getroffenen Feststellungen handelte es sich bei der Absicht der Beklagten, das Hotel fortzuführen, jedenfalls um einen für die Willensbildung des Landrats nicht unwesentlichen Umstand. Demgemäß entsprach es dem Gebot der Fairness, wenn nicht gar einer aus den Verhandlungen mit dem Landrat erwachsenen Aufklärungspflicht der Beklagten, ihn über eine unerwartete Änderung dieser Absicht rechtzeitig zu i nformieren.
(1) Die Parteien hatten bei dem Landrat die berechtigte Erwartung geweckt , die Beklagten würden das Hotel der Kläger fortführen. Das ergibt sich zum einen aus dem Schreiben der Kläger vom 19. November 2001, in dem sie dem Landrat ihre Absicht mitteilten, die Anlage an einen neuen Hotelbetreiber zu veräußern, dessen Konzeption sich aber nur bei Übernahme des Darlehens rechne. Es folgt auch daraus, dass die Beklagten ernsthaft an der Fortführung des Hotels interessiert erschienen – sie hatten eine Hotelbetriebsgesellschaft gegründet, planten nach dem Vortrag der Revision eine Vollsanierung des Hotels und hatten im Kaufvertrag die Belegschaft, das Inventar sowie die Waren-
vorräte des Hotels übernommen – und bei lebensnaher Betrachtung angenommen werden kann, dass diese Absicht in den Vorgesprächen mit dem Landrat zum Ausdruck gekommen ist. Ferner belegt die im Schreiben vom 15. Januar 2002 enthaltene Erklärung des Landrats, angesichts der fehlenden Bereitschaft der Käufer, das Hotel fortzuführen, sei für den Landkreis die Geschäftsgrundlage der Darlehensübernahme entfallen, dass er von einer Fortführung des Hotels durch die Beklagten ausgegangen ist.
(2) Diese Erwartung hatte erkennbar Einfluss auf die Entscheidung des Landrats, die Darlehensübernahme zu genehmigen. Nach den dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts beabsichtigte der Landkreis zum damaligen Zeitpunkt, das in der Nähe des Hotels gelegene Kreisheimathaus an die Stadt T. zu veräußern, und war deshalb besonders daran interessiert, dass das zum Verkauf stehende Hotel gut geführt und für Veranstaltungen von Kongressen und Tagungen geeignet sein würde. Bei dieser Sachlage erscheint es gänzlich unwahrscheinlich, dass die Beklagten angenommen hätten, dem Landrat sei alleine an der weiteren Bedienung des Darlehens, nicht aber auch an der Fortführung des Hotels gelegen gewesen. Entgegenstehenden Vortrag der für die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Kläger zeigt die Revision auch nicht auf.
bb) War die Absicht der Beklagten, das Hotel zu übernehmen, somit erkennbar geeignet, die Willensbildung des Landrats zu beeinflussen, hätte sich dieser zu Recht in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt, wenn nicht gar hintergangen gefühlt, wenn ihm die Information über die veränderte Sachlage
vorenthalten worden wäre. In dieser Situation konnten die Kläger nicht erwarten , dass die Beklagten die Unterrichtung des Landrats unterlassen würden.
Die Beklagten waren insbesondere nicht gehalten, die Interessen der Kläger an der Durchführung des Vertrags über die berechtigten Interessen des Landkreises zu stellen. Das folgt bereits daraus, dass sich eine unterlassene Aufklärung des Landrats bei Wirksamwerden des Kaufvertrags voraussichtlich auch zu ihrem Nachteil ausgewirkt hätte. Hätte der Landrat später erfahren, dass ihm wesentliche Informationen vorenthalten worden waren, hätten die Beklagten damit rechnen müssen, dass der Landkreis die Genehmigung der Darlehensübernahme anfechten oder den Darlehensvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder bewusst unrichtiger Angaben aus wichtigem Grund kündigen würde. Selbst wenn eine Auseinandersetzung hierüber im Ergebnis zu ihren Gunsten ausgegangen wäre – sei es, dass die Bedingung nach einer erfolgreichen Anfechtung der Genehmigung als nicht eingetreten gegolten hätte (§ 142 Abs. 1 BGB), sei es, dass sich eine Kündigung als unberechtigt herausgestellt hätte –, mussten sie nicht um des Interesses der Kläger an der Vertragsdurchführung Willen einen solchen Konflikt auf sich nehmen. Die Kläger können auch nicht einwenden, dass der Konflikt vermieden worden wäre, wenn die Beklagten das Hotel fortgeführt hätten. Da sich die Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber den Klägern weder zur Renovierung noch zur Fortführung des Hotels verpflichtet hatten, stand es ihnen nämlich frei, aus wirtschaftlichen Erwägungen von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs abzusehen.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision war das Verhalten des Zeugen K. auch nicht deshalb treuwidrig, weil er sich nach den Feststellun-
gen des Berufungsgerichts nicht auf die Mitteilung beschränkt hat, dass von einer Renovierung und von dem Betrieb des Hotels Abstand genommen werde, sondern auch erklärt hat, die Beklagten wollten den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Dies folgt schon daraus, dass beide Äußerungen in einem untrennbaren tatsächliche n Zusammenhang stehen. Da der Sinneswandel der Beklagten erklärungsbedürftig war, konnte nicht erwartet werden, dass sie dessen Hintergrund verschwiegen, dem Landrat also nicht erläuterten, dass sie sich von den Klägern arglistig getäuscht fühlten und deshalb beabsichtigten, den Vertrag nicht zu erfüllen. Im Übrigen kann auch nicht angenommen werden, dass die nach Auffassung der Revision "überschießende" Mitteilung für den Nichteintritt der Bedingung ursächlich geworden ist (zum Erfordernis der Kausalität: BGH, Urt. v. 8. Januar 1958, VII ZR 126/57, JZ 1958, 211; MünchKomm-BGB/H.P. Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 11). Nach den Äußerungen des Landrats in seinem Sch reiben vom 15. Januar 2002 ist vielmehr davon auszugehen, dass er die Darlehensübernahme auch dann nicht genehmigt hätte, wenn die Beklagten ihm ausschließlich mitgeteilt hätten, das Hotel nicht fortführen zu wollen.
dd) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich die Beklagten im Ergebnis wegen Mängeln der Kaufsache und ohne den Nachweis , dass die Kläger diese arglistig verschwiegen haben, von dem – einen Ausschluss der Sachmängelhaftung enthaltenden – Kaufvertrag lösen können. Bei der Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 BGB steht nämlich nicht in Frage, ob der bedingt Verpflichtete sich einer vertraglichen Verpflichtung entzogen hat; entscheidend ist vielmehr nur, ob er wider Treu und Glauben den Eintritt des zur Bedingung erhobenen Ereignisses verhindert hat (RGZ 79, 96, 97 f.). Bei dieser Beurteilung ist zwar auch das Interesse der Gegenseite an der Durch-
führung des Vertrages zu berücksichtigen. Führt die Würdigung aber, wie hier, zu dem Ergebnis, dass der den Bedingungseintritt beeinflussenden Partei nicht zuzumuten war, ihre Handlung zu unterlassen, muss die Gegenseite die damit verbundene Rechtsfolge – den Wegfall der durch das bedingte Rechtsgeschäft begründeten Bindungen – hinnehmen.
Das gilt auch dann, wenn die Einwirkung auf den Bedingungseintritt in der Absicht erfolgte, das Wirksamwerden des Vertrages zu vereiteln. Da § 162 BGB den regelwidrigen Eingriff in den Geschehensablauf, nicht aber die innere Einstellung des Handelnden sanktioniert (vgl. MünchKomm-BGB/H.P. Westermann , aaO, § 162 Rdn. 11), begründet allein der Umstand, dass der Bedingungseintritt gezielt vereitelt wurde, nicht den Vorwurf der Treuwidrigkeit. Die subjektive Einstellung des Handelnden ist vielmehr im Rahmen der Gesamtwertung zu berücksichtigten. Folglich kann sich im Einzelfall sowohl fahrlässiges Handeln als treuwidrig als auch – wie hier – absichtliches Handeln als nicht treuwidrig darstellen (vgl. Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 8).

III.


Die Anschlussrevision ist zulässig (§ 554 ZPO), aber unbegründet. Das Berufungsgericht hat die von den Klägern beantragte Feststellung, den Beklagten stünde kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Gründung der Hotelbetriebsgesellschaft in Höhe von 27.000 € zu, rechtsfehlerfrei auch im Hinblick auf einen möglichen Schadensersatzanspruch gemäß § 463 BGB a.F. geprüft. Das folgt bereits daraus, dass die Beklagten sich - entgegen der Darstellung der Anschlussrevision - ausweislich des Schreibens ihres erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 12. November 2002 ausdrücklich eines
Schadenersatzanspruchs aus § 463 BGB a.F. berühmt haben, ein diesbezügliches Feststellungsinteresse der Kläger also nicht zweifelhaft sein kann.
Aber auch dann, wenn sich die Beklagten stets nur eines Anspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluss berühmt hätten, war das Berufungsgericht nicht gehindert, § 463 BGB a.F. als Anspruchsgrundlage zu erwägen. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision betrifft diese Vorschrift nicht einen von dem Antrag der Kläger nicht erfassten Streitgegenstand. Die dazu angestellte Überlegung, bei einer auf § 463 BGB a.F. gestützten Erstattung der 27.000 € handele es sich einen anderen Streitgegenstand als die Geltendmachung desselben Betrags unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss , weil das eine Mal der Ersatz des positiven, das andere Mal der Ersatz des negativen Interesses in Rede stehe, gehen fehl. Wäre eine Klage der Beklagten auf Erstattung der für die Gründung der Betriebsgesellschaft aufgewendeten 27.000 € rechtskräftig abgewiesen worden, stünde damit fest, dass sie diese Rechtsfolge aus dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt nicht herleiten können, und zwar unabhängig davon, auf welche Anspruchsgrundlage die Klage gestützt war und welche Anspruchsgrundlagen das Gericht erkannt und geprüft hat (vgl. BGHZ 157, 47, 53; Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, NJW 1995, 1757, 1758). Ob die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen auf Ersatz des positiven oder des negativen Interesses gerichtet sind, ist ebenfalls unerheblich. Entsprechendes gilt für das Gegenteil eines die Klage auf Erstattung der 27.000 € abweisenden Urteils (vgl. Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, aaO), also für das das Nichtbestehen eines solchen Anspruchs feststellende Berufungsurteil.
Etwas anderes folgt nicht aus dem von der Anschlussrevision zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem es an einer Stelle heißt, ein derartiger, auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch sei nicht Streitgegenstand der Klage (BGH, Urt. v. 5. November 2002, X ZR 232/00, WM 2003, 1379, 1380 r.Sp.). Im dortigen Verfahren war nämlich kein Schaden geltend gemacht worden, der sowohl unter dem Aspekt des positiven als auch des negativen Interesses ersetzt verlangt werden konnte; vielmehr war entgangener Gewinn (positives Interesse) beansprucht worden, obwohl nur ein Anspruch auf Ersatz – nicht eingeklagter – nutzloser Aufwendungen (negatives Interesse) bestand.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.

(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 8.3.2012 - 1 Ca 285/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Abrechnung und Vergütung.

2

Der Kläger war seit 1981 bei der Beklagten als Malergeselle beschäftigt und kündigte sein Arbeitsverhältnis selbst zum 15. August 2011. In der Zeit vom 15. bis 22. Juli 2011 war er arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 20. Juli 2011 machte er aufgrund von Lohnrückständen ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Erbringung seiner Arbeitsleistung geltend und nahm danach seine Arbeit bei der Beklagten bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 15. August 2011 nicht wieder auf.

3

Mit seiner beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein erhobenen Klage hat der Kläger Abrechnungs- und Zahlungsansprüche geltend gemacht.

4

Im Kammertermin vom 20. Oktober 2011 vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger folgende Anträge gestellt:

5

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.174,00 EUR netto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte wird verurteilt, für Juni 2011 Abrechnung zu erteilen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 1. Juli 2011 auszuzahlen.

7

Die Beklagte wird verurteilt, für Juli 2011 Abrechnung zu erteilen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 1. August 2011 auszuzahlen.

8

Die Beklagte wird verurteilt, für August 2011 Abrechnung zu erteilen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 16. August 2011 auszuzahlen.

9

Die Beklagte wird verurteilt, an die Urlaubskasse im Maler- und Lackiererhandwerk für das Jahr 2011 auf das Urlaubskonto des Klägers Beiträge für 22 Tage einzuzahlen und dem Kläger die Zahlung zu bescheinigen.

10

(= Antrag zu 6 aus dem Schriftsatz vom 30. September 2011)

11

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Endzeugnis zu erteilen.

12

Die Beklagte hat in diesem Termin keinen Antrag gestellt, woraufhin der Kläger den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt hat. Das Arbeitsgericht hat sodann folgendes "Teilversäumnis- und Teilurteil" vom 20. Oktober 2011 - 1 Ca 285/11 - verkündet:

13

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.174,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 6.10.2011 zu zahlen.

14

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger

15

für Juni 2011,
für Juli 2011 und
für August 2011
Abrechnung zu erteilen.

16

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen.

17

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen (Antrag Ziffer 6 aus dem Schriftsatz vom 30.09.2011).

18

Die Kostenentscheidung wird dem Schlussurteil vorbehalten.

19

Der Streitwert wird in Höhe von 19.142,89 EUR festgesetzt.

20

Sofern die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes (§ 64 Abs. 2 Buchst. b und c ArbGG) statthaft ist, wird sie nicht zugelassen.

21

Gegen das ihr am 23. November 2011 zugestellte Teilversäumnisurteil vom 20. Oktober 2011 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. November 2011, beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein am gleichen Tag eingegangen, Einspruch eingelegt.

22

Im Kammertermin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache vom 8. März 2012 vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien einen Teil-Vergleich geschlossen, nach dem die Beklagte dem Kläger unter dem Datum des 15. August 2011 ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis mit einer der Note "gut" entsprechenden Leistungs-, Führungs- und Verhaltensbewertung erteilt und damit das Verfahren hinsichtlich der Ziffer 3 des Teil-Versäumnisurteils vom 20. Oktober 2011 erledigt ist.

23

Der Kläger hat beantragt,

24

das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20. Oktober 2011 hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 aufrechtzuerhalten.

25

Die Beklagte hat beantragt,

26

das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

27

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein hat im Termin vom 8. März 2012 sodann folgendes "Schlussurteil" (Az.: 1 Ca 285/11) verkündet:

28

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20. Oktober 2011 wird bezüglich der Ziffer 1. des Versäumnisurteils aufrechterhalten.

29

Das Versäumnisurteil wird im übrigen (Ziffer 2.) aufgehoben und die Klage abgewiesen.

30

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 20 %, der Beklagten zu 80 % auferlegt.

31

Der Streitwert wird auf 19.074,00 EUR festgesetzt.

32

Sofern die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes statthaft ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b und c ArbGG), wird sie nicht zugelassen.

33

Im Schlussurteil vom 8. März 2012 - 1 Ca 285/11 -, auf dessen Tatbestand zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte die ausstehende Restvergütung in Gesamthöhe von 16.174,00 EUR netto zahlen müsse, während Abrechnungsansprüche für den Zeitraum Juni bis einschließlich August 2011 nicht bestünden. Zwar habe der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung, da er eine nach Stunden bemessene Vergütung erhalte. Die Beklagte benötige hierfür jedoch die vom Kläger ausgefüllten Stundenzettel. Im Hinblick darauf, dass zwischen den Parteien streitig sei, ob die Beklagte im Besitz der Stundenzettel für die Monate Juni, Juli und August 2011 sei, hätte der Kläger dezidiert vortragen müssen, wann er die Stundenzettel der Beklagten zur Verfügung gestellt habe. Alternativ hätte er Durchschriften der Stundenzettel der Beklagten im Laufe dieses Verfahrens zur Verfügung stellen müssen, was er nicht getan habe. Aus diesem Grund sei die Beklagte nicht in der Lage, die vom Kläger in den Monaten Juni bis August 2011 geleisteten Arbeitsstunden nachzuvollziehen.

34

Gegen das ihm am 30. März 2012 zugestellte Schlussurteil des Arbeitsgerichts vom 8. März 2012 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 5. April 2012, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 11. April 2012 eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. Juli 2012 mit Schriftsatz vom 2. Juli 2012, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

35

Er trägt vor, die Beklagte habe aufgrund seiner Arbeiten für den Zeitraum Juni und Juli 2011 Abrechnungen gegenüber ihren Auftraggebern erteilt sowie Rechnungen gestellt, wozu seine Unterlagen, insbesondere die Stundennachweise zwingend erforderlich gewesen seien. Er habe in seinen Unterlagen handschriftliche Aufzeichnungen in seinen Notizbüchern über die geleisteten Stunden gefunden. Die Stundenzettel seien zuvor jeweils am letzten Arbeitstag im Juni bzw. Juli am 28. Juli 2011 per Einschreiben an die Beklagte übergeben worden. Ablichtungen habe er in der Anlage zu seinem Schriftsatz vom 2. Juli 2012 (Bl. 253 bis 260 d.A.) beigefügt.

36

Der Kläger beantragt:

37

Die Beklagte wird verurteilt, für Juni 2011 Abrechnungen zu erteilen und den sich hier ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.07.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, für Juli 2011 Abrechnungen zu erteilen und den sich hier ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.08.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, für August 2011 Abrechnungen zu erteilen und den sich hier ergebenden Nettobetrag an den Kläger nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.08.2011 zu zahlen.

38

Die Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Sie erwidert, der Kläger könne keine Abrechnung der Monate Juni bis August 2011 und daraus resultierend keine Zahlung der entsprechenden Nettobeträge beanspruchen, weil er nicht darzulegen vermocht habe, wann er die Stundenzettel ihr übergeben haben wolle.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

42

Die gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

43

Die auch ansonsten zulässige Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Ein selbständiger Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen für die Monate Juni bis August 2011 besteht nicht. Im übrigen sind die in der Berufungsinstanz weiterverfolgten Klageanträge unzulässig.

I.

44

Der Kläger hat mit seinem Berufungsantrag sowohl den Antrag auf Erteilung von Abrechnungen für die Monate Juni bis August 2011 (1. Stufe) als auch den unbezifferten Antrag auf Zahlung des sich hieraus ergebenden Nettobetrags (2. Stufe) weiterverfolgt (Stufenklage i.S.v. § 254 ZPO). Das Arbeitsgericht hat ausdrücklich ein "Schlussurteil" erlassen, mit dem es das Versäumnisurteil im Übrigen aufgehoben sowie die Klage abgewiesen hat. Dementsprechend hat das Arbeitsgericht auch eine abschließende Kostenentscheidung getroffen. Nach der Überschrift und dem Tenor des Urteils ist nicht nur der Abrechnungsanspruch durch ein Teilurteil, sondern die gesamte Stufenklage durch ein "Schlussurteil" abgewiesen worden, so dass sowohl der Abrechnungsanspruch als auch der unbezifferte Zahlungsantrag in der Berufungsinstanz angefallen ist, auch wenn das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen nur die Abweisung des Abrechnungsanspruchs für die Monate Juni bis August 2011 begründet und zu dem unbezifferten Zahlungsantrag keine Ausführungen gemacht hat. Unabhängig davon ist das Berufungsgericht befugt, auch über einen noch im ersten Rechtszug anhängig gebliebenen Teil des Streitgegenstandes zu entscheiden, wenn beide Parteien das Berufungsgericht um Entscheidung des gesamten Streitgegenstandes angehen oder ein solches Einverständnis infolge Rügeverzichts zu vermuten ist (BGH 25. März 1986 - IX ZR 104/85 - Rn. 37, NJW 1986, 2108). Der Kläger hat mit seinem Berufungsantrag nicht nur den Antrag auf Erteilung von Abrechnungen, sondern auch den Antrag auf Zahlung des sich hieraus ergebenden Nettobetrags weiterverfolgt, ohne dass die Beklagte gerügt hat, dass der Kläger eine Entscheidung über einen vom Arbeitsgericht noch nicht beschiedenen Antrag begehre.

II.

45

Nach § 254 ZPO kann mit der Klage auf Abrechnungserteilung ein unbezifferter Zahlungsantrag verbunden werden, wenn die Abrechnung der Bezifferung des Zahlungsantrags dient. Die begehrte Abrechnung muss zur Erhebung eines bestimmten Antrags erforderlich sein (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 11, NZA 2006, 1294). Danach ist die Stufenklage im Streitfall unzulässig. Es fehlt an dem vorbereitenden Charakter des Abrechnungsantrags. Ausweislich der vom Kläger mit der Berufungsbegründung selbst vorgelegten Aufzeichnungen über die von ihm in den Monaten Juni und Juli 2011 geleisteten Stunden könnte er ohne weiteres die von ihm geltend gemachten Vergütungsansprüche berechnen und beziffern. Es handelt sich um nach der behaupteten Arbeitszeit leicht zu berechnende Zahlungsansprüche, zu deren Bezifferung er keiner Abrechnung bedarf. Gleiches gilt, soweit er ab dem 15. Juli 2011 bis 22. Juli 2012 arbeitsunfähig erkrankt war bzw. mit Schreiben vom 20. Juli 2011 ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat. Auch insoweit war er ohne weiteres in der Lage, den behaupteten Entgeltfortzahlungsanspruch bzw. Annahmeverzugslohnanspruch zu berechnen und seine Zahlungsansprüche zu beziffern. Mangels Zulässigkeit einer Stufenklage sind die Anträge in Bezug auf den Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen und den Anspruch auf Zahlung des sich hiernach ergebenden Nettobetrags selbständig zu beurteilen (vgl. BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 11, NZA 2006, 1294).

III.

46

Der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen für die Monate Juni, Juli und August 2011 besteht nicht.

47

Nach § 108 GewO ist dem Arbeitnehmer, wenn ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt besteht, bei Zahlung eine Abrechnung zu erteilen. Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Die Regelung dient der Transparenz. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Dagegen regelt § 108 GewO keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, NZA 2006, 1294; BAG 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - Rn. 18, NZA 2007, 679). Für den Abrechnungsanspruch aus § 34 Nr. 5 des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (RTV) gilt nichts anderes (vgl. zum Abrechnungsanspruch aus § 5 Nr. 7.1 Unterabs. 1 BRTV-Bau: BAG 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - Rn. 18, NZA 2007, 679; zum Abrechnungsanspruch aus § 36 Abs. 4 BAT: BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 14, NZA 2006, 1294). Es geht auch bei dieser Vorschrift um die Zusammensetzung und Erläuterung der "nach Abschluss der Lohnperiode" erfolgten Zahlung. Soweit die Abrechnung auch die geleisteten Stunden und den Stand des Arbeitszeitkontos ausweisen muss, dient dies ebenfalls der Transparenz, damit der Arbeitnehmer anhand der Abrechnung auch erkennen kann, für welche Arbeitszeiten die gezahlte Vergütung geleistet worden ist. Die Abrechnung ist ebenso wie nach § 108 GewO im Zusammenhang mit der tatsächlichen Zahlung zu deren Erläuterung sowie Nachprüfung zu erteilen und kann nicht selbständig vor der Zahlung zur Vorbereitung eines Anspruchs gefordert werden.

48

Zwar kann der Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen Auskunft über die Grundlagen seines Vergütungsanspruchs verlangen, wenn er hierüber unverschuldet keine Kenntnis hat. Das schließt den Anspruch auf eine Abrechnung mit ein, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf die Zahlung konkret verfolgen zu können (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 15 NZA 2006, 1294). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil der Kläger ausweislich der von ihm selbst vorgelegten Stundenaufzeichnungen über die von ihm in den Monaten Juni und Juli 2011 geleisteten Stunden Kenntnis hat.

IV.

49

Der unbezifferte Zahlungsantrag auf Zahlung des sich aus den geforderten Abrechnungen ergebenden Nettobetrags ist nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und deshalb unzulässig. Die Stufenklage und damit die einstweilige Befreiung von der Bezifferungspflicht des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist nur zulässig, wenn die begehrte Abrechnung bzw. Auskunft zur Erhebung eines bestimmten Antrags erforderlich ist (BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 527/10 - Rn. 53, [juris]; BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 10, NZA 2006, 1294). Das ist hier nicht der Fall, weil der Kläger keiner Abrechnung zum Zwecke der Bezifferung der von ihm behaupteten Zahlungsansprüche bedarf.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

51

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.