Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2005 - V ZR 244/04

bei uns veröffentlicht am16.09.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 244/04 Verkündet am:
16. September 2005
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist die Wirksamkeit eines Vertrages durch die Entscheidung eines Dritten aufschiebend
bedingt und ist die Vertragspartei, zu deren Nachteil der Bedingungseintritt
gereichte, nach Treu und Glauben gehalten, dem Dritten einen für dessen Entscheidung
wesentlichen Umstand mitzuteilen, stellt sich die damit verbundene Einflussnahme
auf die Entschließung des Dritten auch dann nicht als treuwidrig dar, wenn
die Mitteilung in der Absicht erfolgte, den Eintritt der Bedingung zu verhindern.
BGH, Urteil vom 16. September 2005 - V ZR 244/04 - OLG Hamm
LG Münster
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision und die Anschlussrevision gegen das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. November 2004 werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 93 % und die Beklagten 7 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten beabsichtigten, von den Klägern das Parkhotel B. in T. zu erwerben und als solches fortzuführen. Dabei wollten sie ein zinsgünstiges Darlehen, das die Klägerin zu 1 im Jahr 1964 als Investitionshilfe für die Errichtung des Hotels von dem Rechtsvorgänger des Landkreises S. erhalten hatte, unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen. Der Landrat stellte die Zustimmung des Landkreises hierzu in Aussicht.
Am 21. Dezember 2001 schlossen die Parteien unter Vereinbarung mehrerer aufschiebender Bedingungen, deren Eintritt bis zum 15. Januar 2002 nachgewiesen sein musste, und unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung einen notariellen Kaufvertrag über das Hotelgrundstück. Zu den Bedingungen zählte unter anderem die Genehmigung der vereinbarten Darlehensübernahme durch den Landkreis.
Nach der Übergabe des Hotels am 23. Dezember 2001 gelangten die Beklagten zu der Einschätzung, dass die Fortführung des Betriebs angesichts des ermittelten Sanierungsbedarfs unwirtschaftlich sei. Sie werfen den Klägern insoweit vor, erhebliche Mängel des Hotels arglistig verschwiegen zu haben.
Anfang Januar 2002 teilte der Vater der Beklagten, der Zeuge K. , dem Landrat mit, dass seine Söhne wegen des unerwartet hohen Sanierungsbedarfs nicht beabsichtigten, das Hotel zu renovieren und fortzuführen; sie wollten deshalb den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Mit Schreiben vom 14. Januar 2002 verweigerte der Landkreis seine Zustimmung zur Übernahme des Darlehens. Mit entscheidungserheblich sei, so die Begründung, dass die Käufer den Kaufvertrag nicht erfüllen wollten und damit die Geschäftsgrundlage für die Fortsetzung des Darlehensvertrages mit ihnen entfallen sei. Diese Begründung ergänzte der Landrat in einem Schreiben vom 15. Januar 2002 wie folgt: "Die Formulierung, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu wollen, bittet Herr K. so zu verstehen, dass er nach fachmännischer Beratung wegen Abgängigkeit der Bausubstanz nicht bereit ist, das Hotel umzubauen und es als solches weiterzuführen. Da damit die….Objektbezogenheit des seinerzeit gewährten Darlehens entfiele, ist eine
Geschäftsgrundlage für die Darlehensübernahme nicht mehr gegeben. Deshalb muss es bei meiner Entscheidung bleiben".
Die Beklagten stellten den Hotelbetrieb am 16. Januar 2002 ein und reichten die Schlüssel an den Notar zurück. Gegenüber den Klägern machten sie Schadensersatz in Höhe von 27.000 € geltend, weil sie im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags eine Betriebsgesellschaft gegründet und das erforderliche Stammkapital von 27.000 € eingezahlt hätten, welches zur Erfüllung von Verbindlichkeiten verbraucht worden sei.
Mit der Klage verlangen die Kläger neben einer Zahlung von 4.151,69 € für den nach dem Kaufvertrag zu übernehmenden Warenbestand die Feststellung , dass die Beklagten den Klägern zu 1 bis 3 wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu Schadensersatz verpflichtet sind. Ferner beantragen sie die Feststellung, dass den Beklagten der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 27.000 € nicht zusteht.
Das Landgericht hat diesem Feststellungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger und die Anschlussberufung der Beklagten sind erfolglos geblieben.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit ihnen nicht entsprochen worden ist, weiter. Die Beklagten treten der Revision entgegen und wollen im Wege der Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erreichen, dass das Berufungsurteil aufgehoben und die negative Feststellungsklage ab-
gewiesen wird, soweit über sie auch bezogen auf einen Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB a.F. entschieden worden ist.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, den Klägern stünden keine Ansprüche wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu, da dieser mangels Eintritts der vereinbarten aufschiebenden Bedingungen nicht wirksam geworden sei. Die Genehmigung der Darlehensübernahme durch den Landkreis sei von den Beklagten auch nicht treuwidrig vereitelt worden. Sie hätten ihre Absicht, den Kaufvertrag nicht zu erfüllen und den Hotelbetrieb nicht fortzuführen, dem Landrat zwar mitgeteilt, um ihn von der Zustimmung zur Darlehensübernahme abzuhalten. Da sie hierfür jedoch wirtschaftlich vernünftige Gründe gehabt hätten und sich ein beeinflussendes Verhalten in der Regel nicht als treuwidrig darstelle, wenn es auf solchen Gründen beruhe, sei der Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt worden. Bei einer Übernahme des Darlehens hätten die Beklagten gegenüber dem Landkreis die Verpflichtung zur Weiterführung des Hotels übernehmen müssen und wären daher gegenüber dem Landkreis vertragsbrüchig geworden, wenn sie den Hotelbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt hätten. In diesem Zusammenhang stelle auch das erst nachträglich erkannte Ausmaß der Mängel einen wirtschaftlich vernünftigen Grund dar, der das Verhalten der Beklagten nicht als treuwidrig erscheinen lasse.
Die Anschlussberufung sei unbegründet, weil den Beklagten der Schadensersatzanspruch , dessen sie sich wegen der Aufwendungen für die Betriebsgesellschaft berühmt hätten, nicht zustehe. Auf § 463 BGB a.F. lasse er sich mangels wirksamen Kaufvertrags nicht stützen. Ob das behauptete arglistige Verhalten der Kläger einen Anspruch wegen Verschuldens bei Vertrags-
schluss begründe, könne offen bleiben, weil die Beklagten einen Schaden in der geltend gemachten Höhe nicht konkretisiert hätten.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision der Kläger im Ergebnis stand.
Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass der Kaufvertrag im Hinblick auf die erforderliche Genehmigung der Darlehensübernahme durch den Landkreis aufschiebend bedingt geschlossen wurde (§ 158 Abs. 1 BGB) und Ansprüche der Kläger wegen Nichterfüllung des Vertrags deshalb nur in Betracht kommen, wenn die Erteilung der Genehmigung von den Beklagten treuwidrig vereitelt worden ist (§ 162 BGB). Nicht zu beanstanden ist ferner seine Feststellung, der als Verhandlungsführer aufgetretene Vater der Beklagten habe die Willensbildung des Landrats beeinflusst und dadurch die Versagung der Genehmigung provoziert. Entgegen der Auffassung der Revision erweist sich auch die Annahme, der Eintritt der Bedingung sei nicht wider Treu und Glauben vereitelt worden, im Ergebnis als zutreffend.
1. Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 1984, VIII ZR 286/82,
NJW 1984, 2568, 2569). Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (vgl. Staudinger/Bork, BGB [2003], § 162 Rdn. 7; MünchKommBGB /H.P.Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 9; Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 7). Bei der Würdigung kann auch von Bedeutung sein, ob die Partei vernünftige wirtschaftliche Gründe hatte, auf den Eintritt oder das Ausbleiben der Bedingung Einfluss zu nehmen (z.B. BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich ein allgemeiner Grundsatz, wonach eine Einflussnahme auf den Bedingungseintritt in der Regel nicht treuwidrig ist, wenn sie auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen beruht , allerdings nicht aufstellen. Ein solcher Grundsatz liegt auch den Entscheidungen , die von der Kommentarliteratur unter diesem Stichwort zusammengestellt sind (vgl. Staudinger/Bork, aaO, § 162 Rdn. 9; Bamberger /Roth/Rövekamp, BGB, § 162 Rdn. 6), nicht zugrunde. Die jeweilige Annahme , der Bedingungseintritt habe ohne Verstoß gegen Treu und Glauben aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen beeinflusst werden können, stellt sich vielmehr auch dort als Ergebnis der gebotenen Würdigung des Einzelfalls dar, wobei vielfach der Inhalt des bedingt geschlossenen Rechtsgeschäfts ausschlaggebend war.
Zum einen betreffen die Entscheidungen nämlich Sachverhalte, in denen es im pflichtgemäßen Ermessen einer Vertragspartei stand, die den Bedingungseintritt auslösende Handlung vorzunehmen. In einem solchen Fall wird
ein auf vernünftige wirtschaftliche Gründe gestützter, den Bedingungseintritt beeinflussender Entschluss dieser Partei in der Regel auch im Verhältnis zu ihrem Vertragspartner sachlich gerechtfertigt und damit nicht treuwidrig sein (zur Anwendbarkeit von § 162 BGB auf Wollensbedingungen, vgl. BGH, Urt. v. 25. September 1996, VIII ZR 172/95, NJW 1996, 3338, 3340 sowie Staudinger /Bork, aaO, § 162 Rdn. 4). Demgemäß wurde die Entscheidung eines Vermieters , sein Grundstück zu verkaufen, im Verhältnis zu seinem Vertragspartner , mit dem er einen durch den Wiederaufbau des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes bedingten Mietvertrag geschlossen hatte, als in seinem Ermessen stehend und deshalb als nicht treuwidrig bewertet (BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922), das Verhalten eines Käufers, der die Ratenzahlung einstellte, im Hinblick auf die vereinbarten Verzugsfolgen als eine vertraglich eingeräumte und damit nicht gegen Treu und Glauben verstoßende Möglichkeit der Lösung vom Kaufvertrag angesehen (BGH, Urt. v. 21. März 1984, VIII ZR 286/82, NJW 1984, 2568, 2569) oder der Entschluss eines Händlers, von einem zur Bedingung erhobenen Verkauf abzusehen, weil sich dieser wirtschaftlich nicht lohnte, als nicht treuwidrig gewürdigt, da der Händler nur die ihm von seinem Vertragspartner zugestandene Freiheit ausgeübt habe (KG, DAR 1980, 118, 119). In anderen Fällen erschienen die mit der Wirksamkeit des Vertrages oder dem fortbestehenden Schwebezustand einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen für eine Partei bei Würdigung der von ihr durch den Abschluss des bedingten Rechtsgeschäfts übernommen Risiken nicht zumutbar und die Einflussnahme auf den Geschehensablauf aus diesem Grund nicht treuwidrig (z.B. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1366: die zur Bedingung gemachte Finanzierung scheitert an den Einkommensverhältnissen des Schuldners; OLG Köln, OLGZ 1974, 8, 10: Partei verzichtet auf den Ver-
such, die zur Bedingung erhobene behördliche Genehmigung durch ein langwieriges Rechtsmittelverfahren zu erhalten).
2. Die im Rahmen von § 162 BGB gebotene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfordert hier die Feststellung, ob von den Beklagten erwartet werden konnte, dem Landkreis vor dessen Entscheidung über die Zustimmung zur Darlehensübernahme keine Mitteilung davon zu machen, dass sie das Hotel entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht fortführen und den Kaufvertrag nicht erfüllen wollten.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagten nach Treu und Glauben von dieser Mitteilung hätten absehen müssen, wenn sie allein dazu diente, ihnen eine sonst nicht bestehende Möglichkeit zu eröffnen, sich von einem als wirtschaftlich nachteilig erkannten Vertrag zu lösen. So liegt der Fall indessen nicht. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kann nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zwischen den Parteien vereinbarte Schuldübernahme (§ 415 Abs. 1 BGB) auch rechtliche Beziehungen der Beklagten zu dem Landkreis als ihrem künftigen Vertragspartner begründete und sich hieraus sachliche Gründe für die Mitteilung ergeben, das Hotel nicht fortführen zu wollen.

a) Diese Gründe lassen sich allerdings nicht auf die Annahme des Berufungsgerichts stützen, die Beklagten hätten sich gegenüber dem Landkreis verpflichten müssen, den Hotelbetrieb fortzusetzen. Die Revision rügt zu Recht, dass tatsächliche Feststellungen zu einer möglichen Absicht des Landkreises, die Genehmigung der Darlehensübernahme von einer Verpflichtung der Beklagten zur Fortführung des Hotelbetriebs abhängig zu machen, nicht getroffen
worden sind. Die von dem Berufungsgericht statt dessen herangezogenen Umstände – das Darlehen sei objektbezogen gewesen und die Parteien seien bei Abschluss des Kaufvertrags übereinstimmend von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs durch die Beklagten ausgegangen – rechtfertigen einen solchen Schluss nicht.

b) Das Urteil erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Unterrichtung des Landrats über die veränderte Sachlage war auch unabhängig von einer Verpflichtung der Beklagten, das Hotel fortzuführen, sachlich geboten und deshalb nicht treuwidrig.
aa) Nach den getroffenen Feststellungen handelte es sich bei der Absicht der Beklagten, das Hotel fortzuführen, jedenfalls um einen für die Willensbildung des Landrats nicht unwesentlichen Umstand. Demgemäß entsprach es dem Gebot der Fairness, wenn nicht gar einer aus den Verhandlungen mit dem Landrat erwachsenen Aufklärungspflicht der Beklagten, ihn über eine unerwartete Änderung dieser Absicht rechtzeitig zu i nformieren.
(1) Die Parteien hatten bei dem Landrat die berechtigte Erwartung geweckt , die Beklagten würden das Hotel der Kläger fortführen. Das ergibt sich zum einen aus dem Schreiben der Kläger vom 19. November 2001, in dem sie dem Landrat ihre Absicht mitteilten, die Anlage an einen neuen Hotelbetreiber zu veräußern, dessen Konzeption sich aber nur bei Übernahme des Darlehens rechne. Es folgt auch daraus, dass die Beklagten ernsthaft an der Fortführung des Hotels interessiert erschienen – sie hatten eine Hotelbetriebsgesellschaft gegründet, planten nach dem Vortrag der Revision eine Vollsanierung des Hotels und hatten im Kaufvertrag die Belegschaft, das Inventar sowie die Waren-
vorräte des Hotels übernommen – und bei lebensnaher Betrachtung angenommen werden kann, dass diese Absicht in den Vorgesprächen mit dem Landrat zum Ausdruck gekommen ist. Ferner belegt die im Schreiben vom 15. Januar 2002 enthaltene Erklärung des Landrats, angesichts der fehlenden Bereitschaft der Käufer, das Hotel fortzuführen, sei für den Landkreis die Geschäftsgrundlage der Darlehensübernahme entfallen, dass er von einer Fortführung des Hotels durch die Beklagten ausgegangen ist.
(2) Diese Erwartung hatte erkennbar Einfluss auf die Entscheidung des Landrats, die Darlehensübernahme zu genehmigen. Nach den dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts beabsichtigte der Landkreis zum damaligen Zeitpunkt, das in der Nähe des Hotels gelegene Kreisheimathaus an die Stadt T. zu veräußern, und war deshalb besonders daran interessiert, dass das zum Verkauf stehende Hotel gut geführt und für Veranstaltungen von Kongressen und Tagungen geeignet sein würde. Bei dieser Sachlage erscheint es gänzlich unwahrscheinlich, dass die Beklagten angenommen hätten, dem Landrat sei alleine an der weiteren Bedienung des Darlehens, nicht aber auch an der Fortführung des Hotels gelegen gewesen. Entgegenstehenden Vortrag der für die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Kläger zeigt die Revision auch nicht auf.
bb) War die Absicht der Beklagten, das Hotel zu übernehmen, somit erkennbar geeignet, die Willensbildung des Landrats zu beeinflussen, hätte sich dieser zu Recht in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt, wenn nicht gar hintergangen gefühlt, wenn ihm die Information über die veränderte Sachlage
vorenthalten worden wäre. In dieser Situation konnten die Kläger nicht erwarten , dass die Beklagten die Unterrichtung des Landrats unterlassen würden.
Die Beklagten waren insbesondere nicht gehalten, die Interessen der Kläger an der Durchführung des Vertrags über die berechtigten Interessen des Landkreises zu stellen. Das folgt bereits daraus, dass sich eine unterlassene Aufklärung des Landrats bei Wirksamwerden des Kaufvertrags voraussichtlich auch zu ihrem Nachteil ausgewirkt hätte. Hätte der Landrat später erfahren, dass ihm wesentliche Informationen vorenthalten worden waren, hätten die Beklagten damit rechnen müssen, dass der Landkreis die Genehmigung der Darlehensübernahme anfechten oder den Darlehensvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder bewusst unrichtiger Angaben aus wichtigem Grund kündigen würde. Selbst wenn eine Auseinandersetzung hierüber im Ergebnis zu ihren Gunsten ausgegangen wäre – sei es, dass die Bedingung nach einer erfolgreichen Anfechtung der Genehmigung als nicht eingetreten gegolten hätte (§ 142 Abs. 1 BGB), sei es, dass sich eine Kündigung als unberechtigt herausgestellt hätte –, mussten sie nicht um des Interesses der Kläger an der Vertragsdurchführung Willen einen solchen Konflikt auf sich nehmen. Die Kläger können auch nicht einwenden, dass der Konflikt vermieden worden wäre, wenn die Beklagten das Hotel fortgeführt hätten. Da sich die Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber den Klägern weder zur Renovierung noch zur Fortführung des Hotels verpflichtet hatten, stand es ihnen nämlich frei, aus wirtschaftlichen Erwägungen von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs abzusehen.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision war das Verhalten des Zeugen K. auch nicht deshalb treuwidrig, weil er sich nach den Feststellun-
gen des Berufungsgerichts nicht auf die Mitteilung beschränkt hat, dass von einer Renovierung und von dem Betrieb des Hotels Abstand genommen werde, sondern auch erklärt hat, die Beklagten wollten den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Dies folgt schon daraus, dass beide Äußerungen in einem untrennbaren tatsächliche n Zusammenhang stehen. Da der Sinneswandel der Beklagten erklärungsbedürftig war, konnte nicht erwartet werden, dass sie dessen Hintergrund verschwiegen, dem Landrat also nicht erläuterten, dass sie sich von den Klägern arglistig getäuscht fühlten und deshalb beabsichtigten, den Vertrag nicht zu erfüllen. Im Übrigen kann auch nicht angenommen werden, dass die nach Auffassung der Revision "überschießende" Mitteilung für den Nichteintritt der Bedingung ursächlich geworden ist (zum Erfordernis der Kausalität: BGH, Urt. v. 8. Januar 1958, VII ZR 126/57, JZ 1958, 211; MünchKomm-BGB/H.P. Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 11). Nach den Äußerungen des Landrats in seinem Sch reiben vom 15. Januar 2002 ist vielmehr davon auszugehen, dass er die Darlehensübernahme auch dann nicht genehmigt hätte, wenn die Beklagten ihm ausschließlich mitgeteilt hätten, das Hotel nicht fortführen zu wollen.
dd) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich die Beklagten im Ergebnis wegen Mängeln der Kaufsache und ohne den Nachweis , dass die Kläger diese arglistig verschwiegen haben, von dem – einen Ausschluss der Sachmängelhaftung enthaltenden – Kaufvertrag lösen können. Bei der Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 BGB steht nämlich nicht in Frage, ob der bedingt Verpflichtete sich einer vertraglichen Verpflichtung entzogen hat; entscheidend ist vielmehr nur, ob er wider Treu und Glauben den Eintritt des zur Bedingung erhobenen Ereignisses verhindert hat (RGZ 79, 96, 97 f.). Bei dieser Beurteilung ist zwar auch das Interesse der Gegenseite an der Durch-
führung des Vertrages zu berücksichtigen. Führt die Würdigung aber, wie hier, zu dem Ergebnis, dass der den Bedingungseintritt beeinflussenden Partei nicht zuzumuten war, ihre Handlung zu unterlassen, muss die Gegenseite die damit verbundene Rechtsfolge – den Wegfall der durch das bedingte Rechtsgeschäft begründeten Bindungen – hinnehmen.
Das gilt auch dann, wenn die Einwirkung auf den Bedingungseintritt in der Absicht erfolgte, das Wirksamwerden des Vertrages zu vereiteln. Da § 162 BGB den regelwidrigen Eingriff in den Geschehensablauf, nicht aber die innere Einstellung des Handelnden sanktioniert (vgl. MünchKomm-BGB/H.P. Westermann , aaO, § 162 Rdn. 11), begründet allein der Umstand, dass der Bedingungseintritt gezielt vereitelt wurde, nicht den Vorwurf der Treuwidrigkeit. Die subjektive Einstellung des Handelnden ist vielmehr im Rahmen der Gesamtwertung zu berücksichtigten. Folglich kann sich im Einzelfall sowohl fahrlässiges Handeln als treuwidrig als auch – wie hier – absichtliches Handeln als nicht treuwidrig darstellen (vgl. Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 8).

III.


Die Anschlussrevision ist zulässig (§ 554 ZPO), aber unbegründet. Das Berufungsgericht hat die von den Klägern beantragte Feststellung, den Beklagten stünde kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Gründung der Hotelbetriebsgesellschaft in Höhe von 27.000 € zu, rechtsfehlerfrei auch im Hinblick auf einen möglichen Schadensersatzanspruch gemäß § 463 BGB a.F. geprüft. Das folgt bereits daraus, dass die Beklagten sich - entgegen der Darstellung der Anschlussrevision - ausweislich des Schreibens ihres erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 12. November 2002 ausdrücklich eines
Schadenersatzanspruchs aus § 463 BGB a.F. berühmt haben, ein diesbezügliches Feststellungsinteresse der Kläger also nicht zweifelhaft sein kann.
Aber auch dann, wenn sich die Beklagten stets nur eines Anspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluss berühmt hätten, war das Berufungsgericht nicht gehindert, § 463 BGB a.F. als Anspruchsgrundlage zu erwägen. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision betrifft diese Vorschrift nicht einen von dem Antrag der Kläger nicht erfassten Streitgegenstand. Die dazu angestellte Überlegung, bei einer auf § 463 BGB a.F. gestützten Erstattung der 27.000 € handele es sich einen anderen Streitgegenstand als die Geltendmachung desselben Betrags unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss , weil das eine Mal der Ersatz des positiven, das andere Mal der Ersatz des negativen Interesses in Rede stehe, gehen fehl. Wäre eine Klage der Beklagten auf Erstattung der für die Gründung der Betriebsgesellschaft aufgewendeten 27.000 € rechtskräftig abgewiesen worden, stünde damit fest, dass sie diese Rechtsfolge aus dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt nicht herleiten können, und zwar unabhängig davon, auf welche Anspruchsgrundlage die Klage gestützt war und welche Anspruchsgrundlagen das Gericht erkannt und geprüft hat (vgl. BGHZ 157, 47, 53; Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, NJW 1995, 1757, 1758). Ob die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen auf Ersatz des positiven oder des negativen Interesses gerichtet sind, ist ebenfalls unerheblich. Entsprechendes gilt für das Gegenteil eines die Klage auf Erstattung der 27.000 € abweisenden Urteils (vgl. Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, aaO), also für das das Nichtbestehen eines solchen Anspruchs feststellende Berufungsurteil.
Etwas anderes folgt nicht aus dem von der Anschlussrevision zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem es an einer Stelle heißt, ein derartiger, auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch sei nicht Streitgegenstand der Klage (BGH, Urt. v. 5. November 2002, X ZR 232/00, WM 2003, 1379, 1380 r.Sp.). Im dortigen Verfahren war nämlich kein Schaden geltend gemacht worden, der sowohl unter dem Aspekt des positiven als auch des negativen Interesses ersetzt verlangt werden konnte; vielmehr war entgangener Gewinn (positives Interesse) beansprucht worden, obwohl nur ein Anspruch auf Ersatz – nicht eingeklagter – nutzloser Aufwendungen (negatives Interesse) bestand.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2005 - V ZR 244/04

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2005 - V ZR 244/04

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2005 - V ZR 244/04 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 142 Wirkung der Anfechtung


(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. (2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgesc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 158 Aufschiebende und auflösende Bedingung


(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. (2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 554 Anschlussrevision


(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 415 Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer


(1) Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 463 Voraussetzungen der Ausübung


Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2005 - V ZR 244/04 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2005 - V ZR 244/04 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2002 - X ZR 232/00

bei uns veröffentlicht am 05.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 232/00 Verkündet am: 5. November 2002 Potsch Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2005 - V ZR 244/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2007 - VIII ZR 236/06

bei uns veröffentlicht am 13.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 236/06 Verkündet am: 13. Juni 2007 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Amtsgericht Hechingen Urteil, 28. Juli 2016 - 6 C 145/16

bei uns veröffentlicht am 28.07.2016

Tenor (abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO) 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 566,44 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2015 zu zahlen. 2. Die Beklagte hat die Kosten

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 14. Apr. 2015 - 12 U 153/14

bei uns veröffentlicht am 14.04.2015

Tenor 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 26. September 2014 - Az. 7 O 490/13 - abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 28. Oktober 20

Arbeitsgericht Mannheim Urteil, 17. März 2015 - 8 Ca 233/14

bei uns veröffentlicht am 17.03.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.3. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 295.058,82.4. Soweit die Berufung nicht von Gesetzes wegen zulässig ist, wird sie nicht gesondert zugelassen. Tatbestand

Referenzen

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgeteilt hat. Bis zur Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern oder aufheben.

(2) Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuldübernahme als nicht erfolgt. Fordert der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Genehmigung nur bis zum Ablauf der Frist erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(3) Solange nicht der Gläubiger die Genehmigung erteilt hat, ist im Zweifel der Übernehmer dem Schuldner gegenüber verpflichtet, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Genehmigung verweigert.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.

(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 232/00 Verkündet am:
5. November 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
VOB/A § 26 Nr. 1, BGB § 276 a.F. Fa
Bei Geltung der VOB/A ist der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund
nach § 26 Nr. 1 besteht, nicht schlechthin gezwungen, einen der
Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen.
BGH, Urt. v. 5. November 2002 - X ZR 232/00 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen sowie die Richterin Mühlens und den
Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Streithelfers des Beklagten wird das am 7. November 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel einschließlich der durch die Streithilfe entstandenen Kosten zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte schrieb auf der Grundlage der VOB/A die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für die Errichtung eines Wohnheims öffentlich aus. Die Ausschreibung sah vor, daß das Gebäude mit einer Ziegelsteinverblendung zu ver-
sehen sei. Die Klägerin beteiligte sich an der Ausschreibung und gab das im Gesamtbetrag preisgünstigste Angebot (über 550 943,85 DM) ab.
Aufgrund der abgegebenen Angebote kam der Beklagte zu dem Schluß, daß bei Ausführung wie geplant und ausgeschrieben die zuvor erstellte Kostenschätzung um 30 % überschritten werde und bei einer solchen Überschreitung die vorgesehene teilweise Finanzierung des Bauvorhabens durch öffentliche Mittel nicht mehr möglich sei. Der Architekt des Beklagten, der diesem im Revisionsrechtszug als Streithelfer beigetreten ist, teilte der Klägerin deshalb mit, nach Einsichtnahme in die Angebote sei vom Landschaftsverband R. in Verbindung mit dem Beklagten die Entscheidung getroffen worden, entgegen der Ausschreibung keine Ziegelsteinverblendung zu wählen, sondern ein Wärmedämm -Verbundsystem anbringen zu lassen. Eine dies berücksichtigende Auswertung der vorliegenden Angebote habe ergeben, daß die Klägerin nicht mehr der günstigste Bieter sei. Ohne erneute Ausschreibung erhielt sodann ein anderer Bieter den Auftrag, das Bauwerk in der abgeänderten Form zu errichten.
Die Klägerin hat den ihr angeblich entgangenen Gewinn errechnet und diesen nebst der Gebühr für eine Besprechung mit ihrem Anwalt eingeklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das von der Klägerin angerufene Oberlandesgericht hat dieses Urteil abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Gegen dieses Grundurteil wendet sich nunmehr der Streithelfer des Beklagten mit der Revision und dem Antrag,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Streithelfers des Beklagten hat in der Sache Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe sich gegenüber den Unternehmen, die sich an seiner Ausschreibung beteiligt hätten, verpflichtet , die Regeln der VOB/A einzuhalten. Diese Feststellung, welche das Berufungsgericht aufgrund tatrichterlicher Würdigung von dem Beklagten abgegebener Erklärungen getroffen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
Rechtsfehlerfrei und ebenfalls unbeanstandet durch die Revision hat das Berufungsgericht ferner festgestellt, daß die Klägerin das nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A annehmbarste Angebot aller Bieter abgegeben hat.
2. Nach Meinung des Berufungsgerichts hätte dies zur Erteilung des Auftrags auf dieses Angebot hin führen müssen. Die Möglichkeit der Aufhebung der Ausschreibung, auf die sich der Beklagte zur Rechtfertigung seiner Vergabe eines Auftrags an einen anderen Bieter berufen habe, habe nämlich nicht bestanden.
Das bekämpft die Revision mit Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat nach seinen Feststellungen zur Geltung der VOB/A im Ausgangspunkt zutreffend geprüft, ob die Behauptungen des Beklagten einen Grund darlegen, die Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A aufzuheben. Der Vortrag des Beklagten geht dahin, die abgegebenen
Angebote hätten nicht nur (mindestens) 30 % über der Kostenschätzung des von ihm eingeschalteten Architekten, sondern auch deutlich über dem Höchstbetrag gelegen, der für die gewünschte und eingeplante Förderung der Baumaßnahme durch öffentliche Mittel einzuhalten gewesen sei. Zur Erlangung der öffentlichen Mittel habe deshalb eine preiswertere Bauausführung gewählt werden müssen, die der dann beauftragte Bieter am kostengünstigsten angeboten habe.
Das Berufungsgericht hat diese Darlegung nicht ausreichen lassen, weil die erstellte Kostenschätzung offensichtlich falsch gewesen sei. Selbst der von der Klägerin angebotene Preis habe deutlich über den geschätzten Kosten gelegen. Die Schätzung des Architekten, für dessen Verhalten der Beklagte entsprechend § 278 BGB einzustehen habe, sei unzuverlässig gewesen; nach dem eigenen Vortrag des Beklagten seien auf der Grundlage der Kubatur des Baukörpers lediglich Erfahrungswerte für einen Quadratmeter (richtig: Kubikmeter )-Preis und die Kosten der Betriebstechnik in Ansatz gebracht worden. Richtigerweise hätte vor der Ausschreibung eine genauere Kostenberechnung angestellt werden müssen, wie sie nach DIN 276 zu den Grundleistungen der Leistungsphase 3 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI gehöre.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

b) Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß die Unternehmen, die sich an einer Ausschreibung beteiligen, für die der Ausschreibende die Einhaltung der Regeln der VOB/A zugesagt hat, erwarten können , daß der Ausschreibende sich im Hinblick darauf bereits im Vorfeld der Ausschreibung entsprechend verhalten hat. (vgl. Sen.Urt. v. 12.6.2001 - X ZR 150/99, BB 2001, 1449 ff.). Der Bieter darf deshalb davon ausgehen, daß nur Leistungen ausgeschrieben sind, von denen der Ausschreibende bei
pflichtgemäßer Ermittlung ihrer voraussichtlichen Kosten annehmen kann, sie mit den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln auch bezahlen zu können. Bei dem gebotenen strengen Maßstab, der insoweit anzulegen ist (BGHZ 139, 259, 263), ist demgemäß eine Aufhebung der Ausschreibung regelmäßig dann nicht nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A gerechtfertigt, wenn die fehlende Finanzierung bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Ermittlung des Kostenbedarfs bereits vor der Ausschreibung dem Ausschreibenden hätte bekannt sein müssen (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3641, insoweit nicht vollständig in BGHZ 139, 280 ff. abgedr.).

c) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß Umstände, welche die Beantwortung der Frage der ausreichenden Finanzierung entscheidend beeinflussen , im vorhinein nicht feststehen; wie der Senat in der soeben genannten Entscheidung näher ausgeführt hat, muß sich der eine Ausschreibung ins Auge fassende Auftraggeber vielmehr aufgrund einer Prognose entscheiden, die aus nachträglicher Sicht unvollkommen sein kann. Es ist deshalb schon im Ansatz verfehlt, daß das Berufungsgericht der durchgeführten Kostenschätzung entgegengehalten hat, selbst das günstigste Bieterangebot habe deutlich über der Kostenschätzung gelegen, und schon aus dieser - erst nachträglich offenbar gewordenen - Differenz abgeleitet hat, die von dem Beklagten entsprechend § 278 BGB zu vertretende Kostenschätzung des Streithelfers sei offensichtlich falsch gewesen.

d) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht ferner, daß nach der Rechtsprechung des Senats nur unter besonderen Voraussetzungen eine Kostenschätzung ausreiche. Eine Prognose ist notwendigerweise Schätzung. Eine genaue Kostenberechnung kann aus dem genannten Grund im vorhinein nicht erfolgen. Möglich ist nur eine zeitnahe Aufstellung, die alle bereits bei ihrer Ausarbeitung erkennbaren Daten in einer der Materie angemessenen und me-
thodisch vertretbaren Weise unter Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklungen berücksichtigt (Senat, aaO).
Ob eine solche Kostenermittlung gegeben ist, ist daher eine Frage des Einzelfalls. Das verbietet, eine Regel etwa dahin aufzustellen, daß Berechnungen , die ein Auftraggeber von seinem Architekten verlangen kann, zu fordern seien. Wenn - wie der Beklagte geltend gemacht hat - entsprechende Erfahrungswerte existieren, kann es vielmehr durchaus ausreichen, die voraussichtlichen Kosten für die Errichtung eines Gebäudes auf der Grundlage seines Kubikmetervolumens zu errechnen und - pauschalierte - Beträge für Erschließung , Gerät, Außenanlagen und Baunebenkosten hinzuzusetzen. Daß eine solchermaßen beschaffene Kostenschätzung, wie sie der Streithelfer der Beklagten gemäß Anlage BB 1 (GA 163 ff.) vorgenommen hat, keine unter den gegebenen Umständen des Falls dem Beklagten mögliche und zumutbare, vertretbare Prognose der voraussichtlich aufzubringenden Kosten darstellte, wird mithin von den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen.
3. Einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung bedarf es deshalb jedoch nicht. Die Klage ist nämlich unabhängig davon unbegründet, ob der Beklagte - wie schon jetzt ohne Beanstandung durch die Revisionserwiderung und ohne sonst ersichtlichen Rechtsfehler vom Berufungsgericht angenommen worden und damit der revisionsrechtlichen Überprüfung zu Grunde zu legen ist - zwar finanziell nicht in der Lage war, selbst den günstigsten Angebotspreis der Klägerin für die ausgeschriebene Leistung zu bezahlen, dem Beklagten aber gleichwohl kein zur Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 VOB/A berechtigender Grund zur Seite stand. Maßgeblich hierfür ist die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der später tatsächlich ausgesprochene Auftrag nicht auf ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot, sondern auf der Grundlage eines inhaltlich geänderten Angebots deutlich geringeren Kostenumfangs erteilt
worden ist. Diese Feststellung führt dazu, daß der mit der Klage geltend gemachte Anspruch der Klägerin, so gestellt zu werden, wie sie bei Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an sie gestanden hätte (sog. positives Interesse), nicht besteht.

a) In ständiger Rechtsprechung hat der Senat herausgearbeitet, daß trotz Geltung der VOB/A der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 VOB/A besteht, nicht gezwungen werden kann, einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen. Es kann viele Gründe geben, die - unabhängig davon, ob sie die Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 VOB/A erfüllen - den Ausschreibenden hindern, eine einmal in die Wege geleitete Ausschreibung ordnungsgemäß mit der Erteilung des Zuschlags an einen Bieter zu beenden (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3643). Hierzu kann sich ein Ausschreibender insbesondere dann veranlaßt sehen , wenn ein Zuschlag auf ein abgegebenes Angebot seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Die Möglichkeit, bei einem sachlichen Grund eine Ausschreibung vorzeitig zu beenden, ist notwendige Folge davon, daß es ein Zweck des Vergaberechts ist, der öffentlichen Hand eine die Bindung der ihr anvertrauten Mittel und das Gebot sparsamer Wirtschaftsführung beachtende Beschaffung zu angemessenen Preisen zu ermöglichen und die Situation der öffentlichen Hand in dieser Hinsicht durch eine Erweiterung des Bewerberkreises und damit der Entscheidungsgrundlage zu verbessern. Damit wäre die Annahme , es müsse in jedem Fall eines eingeleiteten Vergabeverfahrens ein Zuschlag erteilt werden, schlechthin unvereinbar. Auch der Bieter, der im Rahmen einer geschehenen Ausschreibung das annehmbarste Angebot abgegeben hat, hat deshalb nicht von vornherein Anlaß, darauf zu vertrauen, daß ihm der ausgeschriebene Auftrag erteilt wird und er sein positives Interesse hieran realisieren kann. Regelmäßig kann vielmehr ein sachlich gerechtfertigter Vertrauenstatbestand , der zu einem Ersatz entgangenen Gewinns einschließenden An-
spruch führen kann, erst dann gegeben sein, wenn der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich - wenn auch unter Verstoß gegen die VOB/A - erteilt wurde. Erst durch die Erteilung des Auftrags erweist es sich als berechtigt, auf die eine Realisierung von Gewinn einschließende Durchführung der ausgeschriebenen Maßnahme vertraut zu haben. Unterbleibt die Vergabe des Auftrags, kommt hingegen regelmäßig nur eine Entschädigung im Hinblick auf Vertrauen in Betracht , nicht im Ergebnis nutzlose Aufwendungen für die Erstellung des Angebots und die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren tätigen zu müssen (BGHZ 139, 259 ff.). Ein derartiger auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage.

b) Der vorliegende Sachverhalt gehört zu den Fällen, in denen der Ausschreibende jedenfalls einen sachlichen Grund geltend machen kann, die begonnene Ausschreibung nicht fortzusetzen, und es deshalb zu einer Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags nicht kommt. Wie in den Fällen, in denen die Ausschreibung unberechtigterweise aufgehoben und der Auftraggeber erst nach einer erneuten Ausschreibung einen Auftrag erteilt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644), könnte der nach dem Vorgesagten maßgebliche Rückschluß, daß der annehmbarste Bieter berechtigterweise darauf vertrauen durfte, den Auftrag zu erhalten, gleichwohl dann gezogen werden, wenn der später tatsächlich erteilte Auftrag bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das gleiche Vorhaben und den gleichen Auftragsgegenstand betrifft. Bestehen insoweit erhebliche Unterschiede, kommt ein solcher Schluß hingegen regelmäßig nicht in Betracht. Die Unterschiede stehen dann dafür, daß der ausgeschriebene Auftrag nicht zur Ausführung gelangt ist. Ein Anspruch , der den Ersatz entgangenen Gewinns einschließt, kann deshalb in diesen Fällen regelmäßig nur dann bestehen, wenn der sich übergangen fühlende Bieter auf Besonderheiten verweisen kann, die den Auftraggeber hätten veranlassen müssen, ihm - auch - den geänderten Auftrag zu erteilen.


c) Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Auftrag, der von dem Beklagten dem Drittbieter dann ohne erneute Ausschreibung erteilt worden ist, nicht den gleichen Gegenstand betraf wie der ausgeschriebene Auftrag. Während die ausgeschriebenen Arbeiten der Herstellung eines Gebäudes in Verblendmauerwerk dienen sollten, beinhaltete der erteilte Auftrag die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für ein mit einem Wärmedämmputz versehenes Gebäude. Die Änderung betraf damit eine wesentliche technische Beschaffenheit des Gebäudes ebenso wie sein äußeres Erscheinungsbild. Sie bedeutete auch aus wirtschaftlicher Sicht eine grundlegende Abweichung. Das wird nicht zuletzt durch die von dem Beklagten erzielte Kosteneinsparung belegt. Da der Beklagte sich entschieden hatte, die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten als Einheit von einem Bieter durchführen zu lassen, erweist es sich mithin als unberechtigt, wenn die Klägerin darauf vertraut haben sollte, gleichwohl als Folge ihres Angebots, das die Schaffung von Verblendmauerwerk vorsah, einen Auftrag für die Errichtung eines Gebäudes mit Wärmedämmputz zu erhalten. Besonderheiten, welche den Beklagten dennoch hätten veranlassen müssen, der Klägerin den eingeschränkten Auftrag zu erteilen, sind nicht festgestellt; Rügen sind insoweit nicht erhoben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)