Arbeitsgericht Koblenz Urteil, 30. Apr. 2015 - 5 Ca 2268/14

bei uns veröffentlicht am30.04.2015

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.05.2014 nicht zum 31.08.2014 aufgelöst ist.

2. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, den Kläger als Fertigungsleiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2014 zu zahlen.

4. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 4 %, die Beklagte zu 96 %.

5. Der Streitwert wird auf 24.744,00 EUR festgesetzt.

6. Berufung wird nicht zugelassen, soweit nicht bereits kraft Gesetzes statthaft.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer dem Kläger gegenüber ausgesprochenen Kündigung nebst Ansprüchen dessen auf Schmerzensgeldzahlungen.

2

Der am ----- geborene Kläger war seit dem 01.03.2009 bei der Beklagten, einem zum ------Konzern gehörender Backformenhersteller, zuletzt mit einem Bruttomonatsgehalt von EUR 5.686,00 beschäftigt. Im Hause der Beklagten besteht ein Betriebsrat. Zum 01.01.2011 wurde der Kläger zum Fertigungsleiter ernannt. In dieser Eigenschaft erhielt er ab dem 01. Januar 2013 zusätzliche Verantwortung für die Abteilungen Werkzeugbau, Instandhaltung, Industrial Engineering. Am 30.04.2014 kam der Kläger auf Bitten der Beklagten, da dieser in der Zeit vom 22.04. bis 02.05.2014 Urlaub hatte, in den Betrieb. Hintergrund war die Benötigung von Informationen zu der Beschaffung einer Etikettiermaschine. Im Rahmen dieses Gespräches wurde dem Kläger der schriftliche Entwurf eines Aufhebungsvertrages überreicht und ihm Bedenkzeit bis zum 05. Mai 2014 eingeräumt, dem ersten Arbeitstag nach seinem Urlaub. Nachdem mehrere Kontakte hinsichtlich des Aufhebungsvertrages zu keinem Ergebnis führten, trat der Kläger am 09. Mai 2014 (tatsächlich) wieder seine Arbeit an. An diesem Tag wurde der Kläger seitens des Beklagten zu 2), nachdem er sich bei diesem gemeldet hatte, in den Konferenzraum II der Verwaltung geführt und angewiesen, nicht in die Fertigung zu gehen. Zuvor hatte der Beklagte zu 2) den Mitarbeiter ------ gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger nicht in die Fertigung geht, was dieser ablehnte unter Hinweis darauf, dass der Kläger sein Chef sei und er ihm nichts sagen könne. Nachdem der Beklagte zu 2) den Kläger in den Konferenzraum begleitet hatte, entfernte der Beklagte zu 2) das dortige Telefon. Kurze Zeit später erschien der Kläger in Begleitung des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ----- bei der Beklagten zu 2). Im Anschluss an das stattgefundene Gespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, erkrankte der Kläger arbeitsunfähig bis einschließlich 24.05.2014. Am Montag, den 26. Mai 2014, kehrte der Kläger zur Beklagten zurück, wo er sich bis zum Antritt seines Urlaubs am 01.06.2014 ein Büro in dem ihm zugewiesenen Konferenzraum einrichtete. Das dort befindliche Telefon war lediglich zur Inhousenutzung freigeschaltet. Mit Schreiben vom 14.05.2014 wurde der im Hause der Beklagten befindliche Betriebsrat zu der Kündigung des Klägers angehört (Bl. 94 - 97 d. A.). Mit Schreiben vom 27.05.2014, dem Kläger taggleich überreicht, sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine ordentliche Kündigung zum 31.08.2014 aus (s. Bl. 7 d. A.). Mit dem 17.06.2014 stellte die Beklagte den Kläger unwiderruflich und bezahlt unter Anrechnung seiner Urlaubsansprüche von der Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei (Bl. 99 d. A.). Mit seiner am 12. Juni 2014 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die ihm gegenüber ausgesprochene ordentliche Kündigung und begehrt die Zahlung eines Schmerzensgeldes.

3

Er trägt hierzu vor:

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Nachdem er am 09.05.2014 bei der Beklagten zu 1) erschienen sei, habe der Beklagte zu 2) ihn in den dunklen Konferenzraum geführt, in dem sämtliche Jalousien geschlossen und das Licht abgeschaltet gewesen sei, im Übrigen unstreitig. Diese Vorgehensweise sei am Freitag zuvor seitens dessen gegenüber dem Kläger unterstellten Mitarbeitern angekündigt worden. Der Beklagte zu 2) habe ihm strikt untersagt, den Raum zu verlassen. Er habe nun Gelegenheit, sich seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag zu überlegen bzw. sich über die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages klar zu werden, ebenfalls unbestritten. Entsetzt, verängstigt, verwirrt und ungläubig habe er zunächst dort verharrt, bis er mit seinem Handy den Betriebsratsvertreter angerufen habe mit dem er sodann den Beklagten zu 2) aufgesucht habe. Dieser habe ihn sodann angewiesen, sofort und weisungsgemäß in den abgedunkelten Raum zurückzukehren und dort zu bleiben. Die EDV-Abteilung habe die Weisung seitens des Beklagten zu 2) erhalten, ihn durch das fehlende Freischalten des Rechners am Arbeiten zu hindern. Ebenso sei ein Zugang zum firmeninternen Intranet gesperrt worden sowie den Zugang zu sämtlichen Emails. Im Übrigen habe ein Betretungsverbot für alle Räume des Unternehmens, insbesondere des gesamten Produktionsbereiches bestanden.

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Er beantragt,

6

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 27.05.2014 zum 31.08.2014 nicht aufgelöst worden ist.

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2. Die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihn als Fertigungsleiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

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3. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes, das für den Fall der Säumnis beziffert wird auf EUR 2.000,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagten beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Sie tragen hierzu vor:

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Verschiedene Fehlverhalten seien der Kündigung zugrunde zu legen. Zunächst sei der Kläger im März 2014 mit der Beschaffung einer Etikettiermaschine beauftragt gewesen mit einem Investitionsvolumen von EUR 18.000,00. Diese hätte er aufgrund des Volumens und der existierenden Unterschriftenregelung im Hause der Beklagten zu 1) über die Abteilung Einkauf abwickeln müssen, was er versäumt habe. Im Übrigen sei die Bearbeitung der Angelegenheit seitens des Klägers nur schleppend erfolgt, mit der Folge, dass die Maschine erst Ende Juni 2014 zur Verfügung gestanden habe. Ferner habe es der Kläger versäumt, für die Samstagsarbeit in den Kalenderwochen 19 bis 22/14 Mitarbeiter des Werkzeugbaus zur Verfügung zu stellen. Ein Antrag hierüber sei bei dem Betriebsrat nicht gestellt worden. Endgültig zu dem Entschluss, sich von ihm zu trennen, habe ein Gespräch geführt, das der Kläger mit den Fertigungsmeistern ----- und ----- am 17.04.2014 geführt habe. Im Rahmen dessen habe er diesen gegenüber wahrheitswidrig mitgeteilt, dass es zukünftig im Hause der Beklagten zu 1) keine Fertigungsmeister mehr geben werde und die Produktion zukünftig von dem Geschäftsführer und ihm geführt werde. Diese bewusste Falschinformation habe bei den Meistern zu großer Verunsicherung geführt und sei im Übrigen derart nie seitens des Geschäftsführers der Beklagten zu 1) geäußert worden. Das Fehlverhalten sei zuvor auch einschlägig abgemahnt worden. Nachdem man mehrfach methodische und soziale Kompetenz des Klägers bemängelt habe, ebenso wie die Nichteinhaltung vereinbarter Termine und er diesbezüglich auch ein Einzelcoaching erhielt, sei die Situation Mitte 2013 eskaliert, woraufhin es am 25. Juni 2013 zu einem weiteren Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1), dem Beklagten zu 2) und dem Kläger gekommen sei. Eine Mitschrift über dieses Gespräch sei gefertigt worden (Bl. 131 f. d. A.). Dem Kläger wurden im Rahmen dieses Gespräches insbesondere die bestehenden Probleme bei den beiden Produkten Herdbackblech und Pizzablech vorgehalten. Bei dem Herdbackblech habe die Beklagte zu 1) den Auftrag für die Firma ----- über 2.000 Bleche absagen müssen, weil seit der Inbetriebnahme vor einem Jahr die Werkzeuge dafür nicht funktioniert hätten und zu keinem Zeitpunkt eine ausreichende Prozesssicherheit vorhanden gewesen sei. Ähnliche Probleme habe es mit dem Werkzeug für die Pizzaform gegeben, das ebenfalls nicht funktioniert habe, da es der Kläger versäumt habe, rechtzeitig genügend fachlich qualifiziertes Personal zu rekrutieren und auszubilden. Diese Situation habe der Kläger zu beantworten. Zu allem Überfluss hat er im Übrigen unstreitig den beiden Meistern in der Fertigung in der 31. Kalenderwoche 2013 zeitlich Urlaub gewährt. Dies habe zwangsläufig dazu führen müssen, dass er selber zu sehr durch das Tagesgeschäft in Anspruch genommen worden sei und ihm deshalb die Zeit für eine strategische Ausrichtung seines Verantwortungsbereiches gefehlt habe. Am Ende des Gespräches habe der Beklagte zu 2) gegenüber dem Kläger ausdrücklich erklärt, dass dies das letzte Gespräch wegen derartiger Vorfälle sei und die Beklagte sich von ihm trennen werde, sollte sich ähnliches wiederholen. Die Schilderungen des Klägers zu den Geschehnissen seit dem 05.05.2014 seien so nicht richtig. Der Beklagte zu 2) habe sich mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) abgestimmt, dem Kläger den Konferenzraum II im Verwaltungsgebäude zuzuweisen und ihm zu untersagen, die Gebäude der Technik/Fertigung zu betreten, um unnötige Unruhe im Betrieb zu vermeiden. Zuvor habe man noch im Büro des Beklagten zu 2) über die Konditionen des angebotenen Aufhebungsvertrages verhandelt. Zwar seien die Rollos des Konferenzraumes nach unten gelassen gewesen und das Licht ausgeschaltet. Man sei jedoch davon ausgegangen, der Kläger wisse, wie man Licht an macht und Rollos nach oben ziehe. Das Telefon sei nur entfernt worden, um es so schalten zu lassen, dass nur Inhousegespräche möglich gewesen seien. Es sollte vermieden werden, dass der Kläger sich gegen den Willen der Beklagten zu 1) mit Lieferanten in Verbindung setzte. Auch bei dem Gespräch in Begleitung des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ----- im Büro des Beklagten zu 2) sei lediglich auf die Frage, warum er zu ihm komme, seitens des Herrn ----- erklärt worden, dass es um den Kläger gehe, woraufhin der Kläger sofort erklärt habe, dass er sich nicht wohl fühle und zum Arzt müsse, woraufhin ihm seitens des Beklagten zu 2) gute Besserung gewünscht worden sei. Weitere Gespräche hätten nicht stattgefunden. Im Übrigen habe sich der Kläger im Verwaltungsbereich frei bewegen können. Auch ein Laptop und sonstige notwendige Arbeitsmittel seien ihm zur Verfügung gestellt worden, um ihn mit bis dato unerledigten Aufgaben aus seinem Arbeitsbereich zu beschäftigen. Am Tag vor der Wiederaufnahme der Tätigkeit des Klägers am 09.05.2014 habe man den Mitarbeiter ----- gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger nicht in die Fertigung gehe und ihn gebeten, ihn, den Beklagten zu 2) zu informieren, wenn der Kläger eintreffe. Er habe keine Anweisung gegeben, ihn in einen abgedunkelten Raum zu setzen.

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Der Kläger trägt hierzu vor:

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Eine mündliche Abmahnung habe er nie erhalten. Bei dem Gespräch am 25.07.2013 sei es lediglich um die Produktionsprobleme nicht aber um persönliches Fehlverhalten seinerseits gegangen. Die Mitschrift des Gesprächsprotokolls habe er nie gesehen, im Übrigen werde sein Inhalt bestritten. Auch sei der letzte Absatz, die angebliche Abmahnung, des Gesprächsprotokolls nachträglich ergänzt worden. Produktionsprobleme seien ihm nicht anzulasten. Er sei bezüglich der Herdbackbleche zu keinem Zeitpunkt, weder bei der Entwicklung, noch bei der Vergabe und Freigabe des Werkzeugs, einbezogen gewesen. Allein der Werkzeugbau von ----- habe Kontakt zum Hersteller gehabt. Auch bezüglich der Pizzaform sei ihm nichts vorzuwerfen. Nach tagelangem Ringen mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) habe er schließlich die Erlaubnis erhalten, eigens einen Mitarbeiter der Stanzerei zum Schichtleiter zu qualifizieren. Trotz wiederholter Beanstandungen habe der Geschäftsführer stets nur ständig wechselnde Leiharbeiter gestellt und qualifiziertes Personal verweigert. Die Probleme seien, wie so oft, allein auf diese Fehlentscheidung zurückzuführen. Zwar habe er tatsächlich zwei Meistern gleichzeitig Urlaub gegeben, dies habe jedoch den Mitarbeitern zur Motivation gedient, da dies auf drängendes Bitten derer geschehen sei. Auch hinsichtlich der Etikettiermaschine habe er sich korrekt verhalten und alles zeitnah und in Abstimmung mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) veranlasst und auch seine Kompetenzen nicht überschritten. Der Investitionsantrag sei, im Übrigen unstreitig, von dem Geschäftsführer selbst unterzeichnet worden. Das es zu Verzögerungen gekommen sei, habe allein an technischen Problemen des Herstellers ----- gelegen.

15

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle vom 04.09.2014 sowie 30.04.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

17

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde nicht durch die ordentliche Kündigung vom 27.05.2014 zum 31.08.2014 beendet. Die Beklagte zu 1) ist verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen. Die Beklagten zu 1) und 2) sind verpflichtet, gesamtschuldnerisch an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 1.000,00 nebst Zinsen zu zahlen.

I.

18

Die Kündigung vom 27.05.2014 ist sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG. Sie ist nicht durch Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Die von der Beklagten zu 1) vorgetragenen Tatsachen rechtfertigen nicht den Schluss, es lägen verhaltensbedingte Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG vor.

19

Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten einer Vertragspflicht, in der Regel schuldhaft, erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit anderer Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (ständige Rechtsprechung Bundesarbeitsgericht, vgl. BAG 13.12.2007, 2 AZR 818/06, Rz. 37, zitiert nach Juris).

20

Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt jedoch das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die begangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch für die Zukunft belastend auswirken (siehe BAG, 13.12.2007, Rz. 38 a.a.0.). Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzten (BAG, 13.12.2007, a.a.O.). Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung voraus. Dies dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (Bundesarbeitsgericht, 23.06.2009, 2 AZR 283/08 Rz. 14, zitiert nach Juris).

21

Eine Abmahnung hat eine Hinweis- und Warnfunktion zu enthalten. Der Arbeitgeber weist den Arbeitnehmer auf Vertragsverletzung hin und droht für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen an. Er hat in der Abmahnung jeweils konkret die Tatbestände zu bezeichnen, in denen er eine Vertragspflichtverletzung sah und den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass bei wiederholtem Verhalten der gerügten Art mit einer Kündigung gerechnet werden müsse und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei (BAG, 21.05.1987 2 AZR 313/86, Rz. 29, zitiert nach Juris).

22

Im vorliegenden Fall ist die Hinweisfunktion der Abmahnung nicht ausreichend erfüllt. Die Beklagte trägt vor, man habe dem Kläger am 25. Juli 2013 in dem Gespräch die Probleme bei den beiden Produktion Herdbackblech und Pizzablech vorgehalten. Bei dem Herdbackblech habe die Beklagte den Aktionsauftrag für die Firma ----- über 2.000 Bleche absagen müssen, weil von Beginn der Inbetriebnahme an vor einem Jahr die Werkzeuge dafür nicht funktioniert hätten und zu keinem Zeitpunkt eine Prozesssicherung vorhanden gewesen sei. Ihr sei ein Schaden von überschlägig rund 50.000,00 EUR entstanden. Ähnliche Probleme habe es mit dem Werkzeug für die Pizzaform gegeben. Hier habe es der Kläger versäumt, rechtzeitig genügend fachlich qualifiziertes Personal zu rekrutieren und auszubilden. Deshalb sei seinerzeit der Auftrag für -----  in Gefahr gewesen, weshalb der Beklagten ebenfalls ein wirtschaftlicher Schaden gedroht habe. Im Übrigen habe er den beiden Meistern in der 31. Kalenderwoche 2013, im Übrigen unstreitig, zeitgleich Urlaub gewährt. Man habe ihm vorgehalten, dass er trotz aller Fortbildungsmaßnahmen nach wie vor kurzsichtig agiere und ihm die Fähigkeit fehle, Engpässe und Probleme frühzeitig zu erkennen und abzustellen.

23

Nach diesem Vortrag ist eine Vertragspflichtverletzung des Klägers bezüglich der Herdbackbleche und der Pizzableche nicht hinreichend nachvollziehbar. Zunächst ist hinsichtlich der Herdbackbleche ein Fehlverhalten des Klägers nicht erkennbar. Ein solches wird auch seitens der Beklagten nicht geschildert. Allein seine Stellung als Fertigungsleiter führt nicht dazu, dass ihm sämtliche Probleme der Produktion als auf ein Fehlverhalten seinerseits zurückgehend zugerechnet werden. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das Werkzeug offensichtlich zum Zeitpunkt des 25. Juli 2013 schon seit einem Jahr nicht funktioniert hat, der Kläger aber erst am 01.01.2013 die Zuständigkeit als Fertigungsleiter hierfür erhalten hat. Hinsichtlich des Werkzeuges für die Pizzaform wird dem Kläger vorgeworfen, er habe nicht rechtzeitig qualifiziertes Personal rekrutiert und ausgebildet. Dieser Vortrag allein hierfür ist auch nicht ausreichend, um ein Fehlverhalten nachvollziehen zu können. Im Hinblick auf das Bestreiten des Klägers oblag es der Beklagten, substantiiert darzulegen, wieviel Mitarbeiter nötig gewesen seien, zu welchem Zeitpunkt und worin genau das Versäumnis des Klägers gelegen habe. Die Urlaubsgewährung der Meister in der 31. Kalenderwoche ist zwar unstreitig. Auch hierin ist ein Fehlverhalten nicht zu erkennen. Das dies zwangsläufig dazu führen musste, dass der Kläger selbst zu sehr durch das Tagesgeschäft in Anspruch genommen worden sei und ihm deshalb Zeit für eine strategische Ausrichtung seines Verantwortungsbereiches gefehlt habe, ist nicht nachvollziehbar. Es hat sich hier allenfalls um eine Woche gehandelt. Nicht nachvollziehbar sind eventuelle Auswirkungen dieser Entscheidung. Nach alldem kann nach dem Vorliegen einer wirksamen Abmahnung mangels Hinweisfunktion nicht ausgegangen werden. Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob eine Warnfunktion tatsächlich erfüllt wurde, sei es, dass der Wortlaut, man werde sich trennen, ausreicht, um der Warnfunktion Genüge zu tun, sei es, dass diese Äußerung gar nicht gefallen sein soll, entsprechend dem Vortrag des Klägers.

24

Alles in allem fehlt es an einem zuvor als abschlägig abgemahnten Fehlverhalten seitens des Klägers. Dies führt vorliegend nach den oben genannten Grundsätzen zur Unwirksamkeit der verhaltensbedingten Kündigung.

25

Die in Rede stehende, dem Kläger vorgeworfene Pflichtverletzungen, der fehlerhaften Bearbeitung im Rahmen der Bestellung der Etikettiermaschine, das der Nichtabstellung der Mitarbeiter des Werkzeugbereiches für die Samstagsarbeit sowie das Gespräch am 17.04.2014 mit den beiden Meistern ----- und -----, wiegen auch, selbst wenn diese Vorwürfe bestätigt wären, nicht so schwer, dass eine Abmahnung aus diesem Grunde entbehrlich gewesen wäre. Entsprechendes trägt die Beklagte auch nicht vor.

26

Damit hat das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.08.2014 sein Ende gefunden.

II.

27

Die Beklagte zu 1) ist im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Kündigung verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Fertigungsleiter zu beschäftigen.

28

Der gekündigte Arbeitnehmer hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und ein überwiegendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an einer solchen Beschäftigung dem nicht entgegen stehen. Außer im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Unwirksamkeit über den Ausgang des Kündigungsprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses. Dies überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Wie lange ein solches Urteil besteht, kann die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen (BAG, Großer Senat, 27.02.1985, Gs 1/84, zitiert nach Juris).

29

Im Hinblick darauf war der Kläger bis zum Ablauf des Kündigungsschutzverfahrens als Fertigungsleiter weiter zu beschäftigen.

III.

30

Die Beklagten sind gesamtschuldnerisch verpflichtet, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 1.000,00 nebst Zinsen zu zahlen.

31

Der Kläger hat gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) in Verbindung mit § 253 Abs. 2 BGB einen Anspruch gegen die Beklagten auf Schmerzensgeld in Höhe von EUR 1.000,00.

32

Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche wegen Persönlichkeitsverletzung geltend, muss geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene, in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB bzw. ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet, noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes eines Arbeitnehmers führt (BAG 28.10.2010, 8 AZR 546/09, Rz. 17, zitiert nach Juris). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entscheidung seiner Persönlichkeit. Zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sogenannte Ehrenschutz, der unter anderem auch auf den Schutz gegen herabsetzende, entwürdigende Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruches gerichtet ist. Er umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28.10.2010, Rz. 19). Hierzu gehört auch das Recht des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung. Wird dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit zugewiesen, die im Vergleich zur vereinbarten Beschäftigung geringer wertig ist, so kann der soziale Geltungsbereich dessen betroffen sein und dieser in seiner Wertschätzung abgewertet werden, so dass eine unterwertige Beschäftigung das Recht des Menschen auf Anerkennung und Wertschätzung seiner Persönlichkeit tangiert.

33

Im vorliegenden Fall ist eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Klägers zu bejahen.

34

Allein abstellend auf die zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalte, nämlich des Verbotes, die Fertigung zu betreten, dass dem Kläger ein Büro im Verwaltungsgebäude eingerichtet worden ist, und dass er keine Telefonate nach außen führen konnte, ist, all dies in Verbindung mit den unstreitigen Äußerungen des Beklagten, er habe nunmehr Gelegenheit, sich seine Zustimmung zur Vertragsaufhebung zu überlegen bzw. er habe nun genug Zeit, sich über die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages klar zu werden, welcher Wortlaut auch immer gefallen sein soll, der Inhalt und Intension sind gleichwertig, sind geeignet, den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch herabzusetzen.

35

Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt als Fertigungsleiter für die komplette Fertigung beschäftigt. Zunächst wurde dieser Tätigkeitsbereich unstreitig räumlich und inhaltlich eingeschränkt. Die Beklagte trägt zwar vor, der Kläger habe die bis dato unerledigten Aufgaben aus seinem Arbeitsbereich erledigen können. Dies ist jedoch kaum vorstellbar. Dem Kläger wurde als Fertigungsleiter verboten, die Fertigung zu betreten. Telefonate nach außen mit Kunden konnte er nicht führen. Welche Tätigkeiten im Hinblick auf das Bestreiten des Klägers dies gewesen sein sollen, trägt sie nicht vor. Im Hinblick darauf ist davon auszugehen, dass er nicht mehr gleichwertig als Fertigungsleiter tätig werden konnte. In Verbindung mit den Äußerungen des Beklagten zu 2) waren diese Maßnahmen geeignet, den Kläger unter Druck zu setzen, den ihm vorgelegten Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Erschwerend kommt hinzu, dass seitens des Beklagten zu 2) der Mitarbeiter -----, ein Mitarbeiter des Klägers, angewiesen wurde, den Kläger die Fertigung betreten zu lassen. Damit wurde letztlich gegenüber Dritten, dem Kläger untergeordneten Mitarbeitern gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass dieser als Fertigungsleiter keine Beschäftigung mehr finden solle und durch sein Versetzen in den Verwaltungsbereich örtlich und sachlich ausgegrenzt werden sollte. Nach alldem war der Kläger damit in seinem sozialen Geltungsbereich als Fertigungsleiter betroffen. Die Maßnahmen waren geeignet, ihn in der Wertschätzung der Mitarbeiter seiner Fertigung abzuwerten. Die Tätigkeiten, mit denen der Kläger nunmehr beschäftigt war, können im Hinblick auf die Tätigkeitseingrenzung als Fertigungsleiter nur als minderwertig angesehen werden.

36

Nach alldem ist eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers durch die ergriffenen Maßnahmen seitens der Beklagten zu bejahen.

37

Dieser Eingriff war auch so schwerwiegend, dass es ein Ausgleich in Form einer Entschädigung vorlag (LAG Baden-Württemberg, 17.06.2014, 12 Sa 1/10, Rz. 193, zitiert nach Juris). Abgesehen von dem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Geschehnissen und der Arbeitsunfähigkeit des Klägers und der Tatsache, dass sich dies über einen Zeitraum von weniger als einem Monat abgespielt hat, gewinnt die Verletzung jedoch an Gewicht durch die Äußerungen des Beklagten zu 2). Die Äußerungen verdeutlichen, dass die Maßnahmen überwiegend nur dazu dienten, den Kläger zum Unterzeichnen des Aufhebungsvertrages zu bringen. Auch berücksichtigt werden muss der Gesichtsverlust des Klägers vor der Belegschaft der Fertigung durch Einbeziehung derer, im Falle seiner Weiterbeschäftigung. Nach alldem hielt die Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 1.000,00 für angemessen.

38

Das Verhalten des Beklagten zu 2) ist der Beklagten zu 1) nach § 278 BGB zuzurechnen(siehe hierzu LAG Meckenburg-Vorpommern, 05.07.2011, 5 Sa 86/11).

39

Damit war eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 1) und 2) hinsichtlich Schmerzensgeldanspruches zu bejahen.

40

Der Anspruch auf Zinszahlung ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 247 Abs. 1 BGB. Als Zeitpunkt der Rechtshängigkeit wurde die Zustellung beim Beklagten zu 2) gewählt.

IV.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 Abs. 1 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG. Dem Streitwert wurden vier Bruttomonatsgehälter á 5.686,00 EUR nebst EUR 2.000,00 für Schmerzensgeld zugrunde gelegt.

42

Soweit die Berufung nicht ohnehin kraft Gesetzes nach § 64 Abs. 2 Ziff. b-d statthaft ist, konnte sie nicht gemäß § 64 Abs. 2 Ziff. a ArbGG zugelassen werden, da Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Zulassungsgrundes gemäß § 64 Abs. 3 Ziff. 1-3 ArbGG nicht gegeben sind. Diese Entscheidung war in den Tenor aufzunehmen (§ 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG).

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 247 Basiszinssatz


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Arbeitsgericht Koblenz Urteil, 30. Apr. 2015 - 5 Ca 2268/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 05. Juli 2011 - 5 Sa 86/11

bei uns veröffentlicht am 05.07.2011

Tenor I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Okt. 2010 - 8 AZR 546/09

bei uns veröffentlicht am 28.10.2010

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.
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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2016 - 5 Sa 313/15

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.04.2015, Az. 5 Ca 2268/14, teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältni

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Feb. 2015 - 5 SaGa 7/14

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.09.2014, Az. 5 Ga 60/14, wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt

Referenzen

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tenor

I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und im Übrigen das beklagte Land.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in den 1950er Jahren geborene Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologe und war von 1976 bis zum Zusammenbruch der DDR dort als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 („Auswertung PKS“) als Dezernent („Fachbereich PKS, Analyse und Forschung“) und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit universitären Forschungseinrichtungen weiter betrieben. In der Arbeitsplatzbeschreibung zum klägerischen Dienstposten ist der Forschungsanteil mit 55 Prozent angegeben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

4

Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich 1999 und 2000 an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in dieser Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA vorab geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift „Der Kriminalist“, der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift „Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?“, in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M. Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M... bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die „Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses“.

6

Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

7

Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag, aus der polizeilichen Kriminalstatistik „geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten“, die sich für eine Darstellung „im kleineren Umfang“ eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit der Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f der Akte) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag („Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind“) und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn Mi. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn Mi. gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

8

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr Ma., seinerzeit Leiter des Leitungsstabes im LKA und heute Direktor des LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: „1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt; 3. Dir. z.K. ...“ (Kopie Anlage K13, Blatt 156 der Akte).

9

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38 der Akte) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger vom Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 157 der Akte). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 158 der Akte).

10

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59 der Akte). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

11

„1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

12

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

13

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

14

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum „Training für Unterwürfigkeit“ befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab.“

15

In zeitlichem Zusammenhang zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

16

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität G.) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

17

„Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist.“

18

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

19

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (V. Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor des LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten „Arbeitstreffen“ in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll zu diesem Arbeitstreffen heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

20

„Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität V. mitzuteilen.“

21

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

22

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden zwei weitere Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der „50. Jahrestagung PKS“ in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde sein Dienstreiseantrag vom Leiter des Leitungsstabes abgelehnt. Stattdessen wurde die Teilnahme einem Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war, ermöglicht. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, da die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

23

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage und seine Stellungnahmen gegenüber der Presse abmahnte. Der Kläger ist - allerdings ohne Erfolg - gerichtlich gegen die erteilte Abmahnung vorgegangen.

24

Dem BDK bzw. dem Kläger ist es dann im Mai 2005 nochmals gelungen, bundesweites Interesse an der Frage der behaupteten Verfälschung der Kriminalstatistik durch das System der Zielvereinbarungen zu wecken. Nach der offiziellen Polizeistatistik konnte die Aufklärungsquote für Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern von 1999 bis 2004 um rund 10 Prozent von rund 47 auf rund 57 Prozent verbessert werden, was für den seinerzeitigen Innenminister im Frühjahr 2005 Anlass war, im Rahmen einer breit angelegten Pressekonferenz auf die erzielten Fortschritte aufmerksam zu machen. Kurze Zeit später erschien im F... vom 14. Mai 2004 ein Artikel mit der Überschrift „Abwimmeln und schönreden - Experten gehen davon aus, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalstatistik gezielt verfälscht“. Der Artikel nimmt Bezug auf die Erfolgsmeldungen des Innenministers im Rahmen der Pressekonferenz und gibt sodann den Standpunkt des Klägers und des BDK wieder, die davon ausgehen, dass nur eine scheinbare Verbesserung der Aufklärungsquote vorliege, da das erhobene Zahlenmaterial wegen der negativen Nebenwirkungen der Zielvereinbarungen im Polizeibereich seine Aussagekraft verloren habe. - Es steht fest, dass der seinerzeitige Direktor des LKA im Vorfeld durch Kontaktaufnahme mit der Redakteurin des F... versucht hat, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern oder jedenfalls der sachlichen Aussage des Artikels eine andere Richtung zu geben.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 mit kurzen Unterbrechungen im Jahre 2005 praktisch bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger sieht sich mobbingtypisch erkrankt und er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, Ma., Mi.) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M.) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft und chronisch erkrankt.

26

Frau Dr. H., Fachärztin für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine „depressive Verstimmung“, Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst „durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz“ (Kopie Blatt 61 f der Akte). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 „1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der „Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld“ hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Bad Segeberger Kliniken vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

„Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen.“

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. Sch., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (Anlage K24, Blatt 175 ff):

29

„Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist. Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben.“

30

Der Kläger ist inzwischen wegen vollständiger Erwerbsminderung befristet verrentet. In dem sozialgerichtlichen Verfahren hierzu zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung Bund ist Herr Dr. D., Helios Kliniken Schwerin, gebeten worden, ein Gutachten vorzulegen. In dem Gutachten vom 6. Januar 2010 wird dem Kläger eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, mit der sich die länger andauernden depressiven Reaktionen des Klägers und seine diagnostizierte Anpassungsstörung erklären ließen. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Klägers, nochmals selber Erwerbseinkommen zu erzielen, heißt es sodann zusammenfassend auf Seite 14 des Gutachtens:

31

„Die entscheidende Frage ... ist ..., ob der Kläger in der Lage ist, bei einer verweisbaren Tätigkeit die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden. ... [Dies] hängt ... davon ab, wie sehr der Kläger trotz seines persönlichkeitsbedingten Dranges, sich als großartig zu präsentieren, in der Lage ist, seine innere Not zu offenbaren. ... Deshalb geht der Unterzeichner davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung und unter Berücksichtigung der ersten Begutachtung ... [2006] ... auch bei zumutbarer Anspannung seiner seelischen Kräfte nicht in der Lage war, die der Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden.“

32

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit seinem Urteil vom 13. Januar 2009 zunächst zurückgewiesen (5 Sa 112/08). Diese Entscheidung ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Oktober 2010 (8 AZR 546/09 - EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

33

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nach wie vor sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

34

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

35

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift „Der Kriminalist“ im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine „Vielzahl“ von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

36

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

37

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

38

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

39

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

42

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

43

Das beklagte Land beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

46

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M. sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

47

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

48

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

49

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung hat zu einem kleinen Teil Erfolg. Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch seine Vorgesetzten im Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

I.

52

Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro nach § 253 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in den Jahren 2004 und 2005 durch seine Vorgesetzten zu.

1.

53

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 11. Auflage, Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

2.

54

Gemessen an diesem Maßstab haben der seinerzeitige Direktor des Landeskriminalamtes und der seinerzeitige Leiter des Leitungsstabes des Landeskriminalamtes, der heutige Direktor des Landeskriminalamtes, den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 durch mehrere Einzelhandlungen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

a)

55

In der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 gab es mehrere Ereignisse und Entscheidungen, bei denen es zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Nachteilen für den Kläger gekommen ist.

aa)

56

Der damalige Leiter des Leitungsstabes im LKA hat sich durch seinen Vermerk vom 13. März 2004 auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 156 der Akte) und durch die Weiterleitung des Berichts samt seines Vermerkes an den Direktor des LKA außerhalb des Rahmens bewegt, der noch als sachbezogenes Verwaltungshandeln verstanden werden kann.

57

Der Vermerk lässt sich jedenfalls nicht mit dem Erkenntnisinteresse rechtfertigen, das der Anforderung des Berichts beim Kläger zu Grunde lag. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes mit der Ausarbeitung des Klägern nicht zufrieden war, hätte es eigentlich nahe gelegen, den Bericht mit kritischen Anmerkungen dem Kläger zurückzureichen, gegebenenfalls wäre es auch hilfreich gewesen, den Bericht an den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, den Abteilungsleiter 6, weiterzuleiten und auf Behebung der vom Leiter des Leitungsstabes gesehenen Mängel hinzuwirken. - So ist allerdings nicht verfahren worden. Wie sich aus dem Vermerk des Leiters des Leitungsstabes selbst ergibt, hat er nach seiner Kritik an dem klägerischen Werk (Ziffer 1. und 2. des Vermerks) verfügt, das Werk dem Direktor des LKA vorzulegen. Da der Leiter des Leitungsstabes das klägerische Werk für unbrauchbar gehalten hat, kann die Weiterleitung des Berichts mit all seinen Schwächen also nicht mehr dazu gedient haben, das dem Bericht zu Grunde liegende sachliche Erkenntnisinteresse zu befriedigen.

58

Da nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Zweck die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA verfügt wurde, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Leiter des Leitungsstabes die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA nur deshalb vorgenommen hat, um diesen von dem Versagen des Klägers bei der Erfüllung des Berichtsauftrages zu unterrichten. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes einen Bericht, den er selbst als unbrauchbar einschätzt, dem Direktor des LKA zur Kenntnisnahme vorlegen lässt, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Vorlage zur Kenntnisnahme zu dem Zweck erfolgte, den Leiter des LKA auf das Versagen des Klägers aufmerksam zu machen. Diese Zweckrichtung des Handelns des Leiters des Leitungsstabes wird auch durch den Inhalt der Kritik an dem klägerischen Werk deutlich. Denn mit der Aussage „Thema verfehlt“ in Verbindung mit der rückwärtsgewandten weiteren Bemerkung „auch noch verspätet vorgelegt“ wird allein die persönliche Leistung des Klägers beurteilt.

59

Es mag ein legitimes Ziel sein, die Hausspitze über Leistungsmängel einzelner Mitarbeiter zu unterrichten. Dies macht aber nur Sinn im Kontext von daraus möglicherweise resultierenden Personalmaßnahmen. Dann ist es aber falsch, den ganzen Vorgang in der Sachakte zu führen. Denn dort kann den Vorgang jeder, der Zugang zu der Sachakte hat, nachvollziehen, obwohl er als disziplinarischer Vorgang eigentlich unter dem besonderen Schutz der Personalakte vor fremdem Zugriff geschützt werden müsste.

60

In dem vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. Januar 2009 in der vorliegenden Sache hat das Gericht den aufgezeigten Fehler des Leiters des Leitungsstabes in der Bewertung dadurch relativiert, dass es von so eine Art Verkehrsüblichkeit solchen Vorgesetztenverhaltens ausgegangen war. An dieser Relativierung in der Bewertung wird nicht mehr festgehalten. Zurecht weist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 vielmehr darauf hin, dass das Fehlverhalten nicht dadurch geringer zu bewerten sei, wenn es andere Beispielsfälle ähnlichen Fehlverhaltens geben sollte.

bb)

61

Die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Tötungsdelikte“ durch Prof. Dr. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, ein Forschungsprojekt, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte, entbehrt eines sachlichen Grundes.

62

Der Dienstreiseantrag des Klägers für diese Veranstaltung wurde vom Stab im LKA abgelehnt. Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation der Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

63

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195 der Akte: „Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ....“) nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

64

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Dienstreise des Klägers keinen sachlichen Grund gegeben hat.

cc)

65

Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

66

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des „Arbeitstreffens“ mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f der Akte) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft, in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt und es im Hause auch keine andere Person gibt, die wie der Kläger zur Mitarbeit bei Forschungsprojekten im Bereich der Kriminalstatistik geeignet wäre.

67

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

68

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Mitarbeit des Klägers bei dem Projekt keinen sachlichen Grund gegeben hat.

dd)

69

Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den damaligen Leiter des Leitungsstabes am 17. März 2005. Er hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

70

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob der Kollege des Klägers, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

71

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

72

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seinen bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

73

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Reise des Klägers zum BKA-Forum nach Wiesbaden keinen sachlichen Grund gegeben hat.

b)

74

Die vier aufgezeigten Einzelereignisse aus der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 fügen sich zu einem Bild, das nur den Schluss zulässt, der Direktor des LKA und sein Leiter des Leitungsstabes haben seinerzeit versucht, dem Kläger das Leben schwer zu machen. In der Gesamtschau kann das nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bewertet werden.

75

Den roten Faden sieht das Gericht zum einen darin, dass die Ablehnung der beiden Dienstreisen und die Nichtbenennung des Klägers für das Projekt zur Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik alle den Teil der Aufgaben auf dem Dienstposten des Klägers betreffen, auf dem die Attraktivität des Dienstpostens und die Reputation des Klägers beruht. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung zum Dienstposten des Klägers ist er mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Forschungsaufgaben betraut. Da der Kläger im LKA nicht selbstständig forschen konnte, bedeutet Forschung auf dem Dienstposten des Klägers immer gleichzeitig Kooperation mit universitären oder anderen Forschungseinrichtungen.

76

Wenn man den Kläger also nicht mehr reisen lässt, schneidet man ihm die Möglichkeit ab, seinen Aufgaben in der Forschung noch nachkommen zu können. Schon in der vom Bundesarbeitsgericht dann aufgehobenen Entscheidung ist das erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine weiteren Reisen in Zusammenhang mit seinen Forschungsaufgaben unternehmen wollte, und hat daraus gefolgert, dem Kläger seien in der Zeit von Sommer 2004 bis Mai 2005 alle Reisewünsche abschlägig beschieden worden. Dieser Sicht der Dinge ist das beklagte Land auch im Rahmen der Fortsetzung der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten. Das wiederum rechtfertigt die Folgerung, dass den aufgezeigten Einzelereignissen ein Plan zu Grunde liegt.

77

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung der Reisen des Klägers muss daher gefolgert werden, die Reise- und Forschungstätigkeiten sind dem Kläger verweigert worden, um ihn persönlich zu treffen. Man wollte ihm auf dem Aufgabengebiet, das ihm besonders am Herzen liegt, ohne sachlichen Grund Steine in den Weg legen. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

78

Alle Umstände sprechen dafür, dass dieser Plan von dem Direktor des LKA und seinem damaligen Leiter des Leitungsstabes stammt. Darauf deutet bereits die nur disziplinarisch erklärbare Weiterleitung des Berichts des Klägers vom 11. März 2004 samt der Kritik des Leiters des Leitungsstabes an den Direktor hin. Wenn der Leiter des Leitungsstabes einen solchen Vorgang sozusagen routinemäßig beim Direktor vorlegen lässt, müssen sich beide bereits zuvor über den Kläger unterhalten und ihr weiteres Verhalten in dieser causa aufeinander abgestimmt haben. Auch die Ablehnung der beiden Reisen ist entweder vom Leiter des Leitungsstabes selbst veranlasst worden oder zumindest im Stab so entschieden worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht ohne Kenntnis und Billigung durch den Leiter des Leitungsstabes erfolgt ist.

3.

79

Das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers ist nach § 278 BGB dem beklagten Land zuzurechnen.

80

Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Wahrnehmung dieser Schutzpflichten kann der Arbeitgeber aus seine Bediensteten, die er als Vorgesetzte einsetzt, delegieren. Vernachlässigen die Vorgesetzten dann ihre Schutzpflichten, ist das dem Arbeitgeber zuzurechnen.

81

Insoweit ist auch anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

4.

82

Das festgestellte Verhalten ist so schwerwiegend, dass es einen Ausgleich in Form einer Entschädigung erfordert.

83

Insoweit ist es anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

84

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

85

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden kann, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall.

86

Diese Bewertung weicht von der Bewertung des erkennenden Gerichts in der vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Entscheidung in dieser Angelegenheit ab. Die veränderte Bewertung beruht auf dem Umstand, dass nunmehr bereits der Vermerk des Leiters des Leitungsstabes auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 und dessen Weiterleitung an den Leiter des LKA als Element festgestellt wurde, das auf eine systematische Ausgrenzung des Klägers hindeutet. Es muss also festgestellt werden, dass dem Kläger über den Zeitraum von rund 15 Monaten durch die Hausspitze planmäßig das Leben schwer gemacht wurde. Angesichts der Ausnutzung der Vorgesetztenstellung kann das nicht mehr nur als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen werden, die keiner Entschädigung bedarf. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass hier zwar nur vier Einzelereignisse festgestellt werden konnten, die auf den Plan schließen lassen, dass der Plan aber zu einer ständigen Belastung des Klägers im gesamten Betrachtungszeitraum von März 2004 bis Mai 2005 geführt hat.

5.

87

Die zugesprochene Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro ist angemessen.

88

Eine höhere Entschädigung kann nicht zugesprochen werden. Gemessen an dem gesamten Spektrum denkbarer Persönlichkeitsrechtsverletzungen handelt es sich um eine leichtere Verletzung. Denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - „nur“ mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers.

89

Gegen die Festsetzung einer höheren Entschädigung spricht auch der Umstand, dass auch der Kläger selbst durch sein dienstliches Verhalten erheblich mit dazu beigetragen hat, dass die Hausspitze des LKA ihm gegenüber in der angesprochenen Zeit den Pfad der Vernunft verlassen hatte. Denn das Verhalten des Klägers in der Folge seiner Niederlage bei der Frage der Einführung von Zielvereinbarungen im Polizeibereich im Jahre 2000 lässt sich auch für außenstehende Dritte kaum mehr vernünftig nachvollziehen. Und die unerwartet schroffe klägerische Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 mit dem Direktor des LKA hat geradezu einen Personalführungsnotstand hervorgerufen, den sicherlich nur ganz wenige Führungspersönlichkeiten in der Lage gewesen wären, allein mit fairen Mitteln zu lösen.

6.

90

Soweit dem Kläger eine Entschädigung zusteht, steht ihm auch der mit dem Klageantrag zu 1. geforderte Zins darauf seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Es handelt sich um Prozesszinsen, die nach § 291 BGB geschuldet sind. Der geltend gemachte Zins entspricht auch der Höhe nach dem gesetzlichen Mindestzinssatz aus § 288 BGB. Das Gericht hat den Zins ab dem 13. Februar 2007 (Dienstag) zugesprochen, da die Klage an diesem Tag bei Gericht eingegangen war.

II.

91

Im Übrigen ist der auf Entschädigung wegen Mobbings gerichtete Klageantrag zu 1. nicht begründet. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen.

92

Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können weder in der Einzelbetrachtung noch in der Zusammenschau nicht als herabwürdigend begriffen werden. Die zugesprochene Entschädigung kann daher nicht erhöht werden.

1.

93

Das beklagte Land hat durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers weder missachtet noch verletzt.

94

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, das Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Sachfrage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

95

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Sachfrage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

2.

96

Auch der Leserbrief von Herrn M. in der Zeitschrift Der Kriminalist Heft 2/2001 (Kopie Blatt 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M. kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

97

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt („verkürzte Sichtweise“ und „falsches Vorverständnis“). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister „hinreißen lassen“, greift ebenfalls noch nicht die Person an. Das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

98

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers aus dem Innenministerium erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

99

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine „beispiellose Herabwürdigung“ erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

3.

100

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium „zu Ihrer Kenntnis“ an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung.

101

Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Herrn M. aus dem Innenministerium deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

4.

102

Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

103

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wiederkehrende Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte zumindest sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

104

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen“ im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

5.

105

Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation“.

106

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Leitenden Kriminaldirektor M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn Mi., beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, der Direktor des LKA, war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf seine Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt Vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

107

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn Mi., aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

6.

108

Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien im Jahre 2003 geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

109

Der Kläger kritisiert insoweit, dass das Innenministerium das LKA mit Schreiben vom 25. April 2003 (Kopie als Anlage K 8 überreicht, hier Blatt 58 der Akte, es wird Bezug genommen) aufgefordert habe, Tatsachenmaterial zusammenzutragen, mit dem man den klägerischen Sachvortrag in der Eingruppierungsklage substantiiert bestreiten könne. Der Kläger schließt aus dieser Aufforderung, dass das Ministerium voreingenommen an den Eingruppierungsrechtsstreit herangegangen sei. Dem Ministeriums sei es von Anfang an nur darum gegangen, sein berechtigtes Höhergruppierungsverlangen zu vereiteln. Auch dies müsse man im Gesamtkontext als Angriff auf seine Person bewerten.

110

Diese Bewertung ist für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Aufforderungsschreiben um ein Standardanschreiben ohne jeden gegen den Kläger gerichteten Einschlag. Im Gegenteil ist aus dem Schreiben vielmehr zu schließen, dass der Referent im Ministerium den klägerischen Vortrag zur Höhergruppierung durchaus für beachtlich hält und er daher nunmehr das LKA auffordert, nicht nur Stimmung zu machen, sondern Fakten zu liefern.

111

Im Übrigen ist ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Behördenleiters, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Behördenleiters, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurechtkommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Behördenleiter daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze, über die der Kläger berichtet hat, drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

7.

112

Die Vorstellung des Klägers, die 2003 erhobene Forderung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

113

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt der Kläger im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort „qualifiziert“ in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

114

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht „nicht qualifizierten“ Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und dass er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

8.

115

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

116

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

117

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f der Akte) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

118

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die „deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing“ als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit seinem Direktor vorwirft, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen seine Person beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt.

9.

119

Auch der Abteilungsleiter im Innenministerium Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f der Akte).

120

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist, was die Pflichtverletzung des Klägers betrifft, zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

121

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld zwischen Landtag und Ministerium ausgetragen werden, und der betroffene untergebende Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Geheimhaltungspflicht und den Unterrichtungswünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich auch im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig lediglich in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

122

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht nicht der Schluss ziehen, die vielleicht etwas übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen im LKA gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und nicht bewältigt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

10.

123

Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im F... vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern, so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

11.

124

Auch die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 durch die Hausspitze des LKA kann nicht als persönlich gegen den Kläger gerichtet angesehen werden.

125

Denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar schon der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

12.

126

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

127

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Die übergeordnete Behörde musste daher im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

128

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

129

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

13.

130

Auch die Zusammenschau all der vom Kläger angeführten Ereignisse ergibt kein anderes Bild. Allein schon die Anzahl der Personen, die sich an dem Mobbing zu Lasten des Klägers beteiligt haben sollen, macht es unwahrscheinlich, dass all diese Personen tatsächlich nach einem gemeinsamen Plan gehandelt haben oder wenigstens alle an einem Strang gezogen haben. Wie oben aufgezeigt gab es für die 12 hier untersuchten und als nicht mobbing-relevant eingeschätzten Vorkommnisse auch stets einen sachlichen Anlass für das Verhalten der handelnden Personen. Als gegen den Kläger gerichtet könnten diese Vorkommnisse also nur dann gewertet werden, wenn man feststellen könnte, dass unter dem Deckmantel eines sachlichen Anlasses andere Ziele verfolgt wurden. Das ist trotz aller Bemühungen des Gerichts um die Aufklärung des Sachverhalts bis zum Schluss aber spekulativ geblieben.

131

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

132

Selbst wenn man hilfsweise die oben unter oben 11. untersuchte Verweigerung der Dienstreise zur 50. Jahrestagung PKS im Juni 2005 in Berlin noch zu den Vorkommnissen zählen würde, in denen sich ein unfaires Verhalten gegenüber dem Kläger ausdrückt, weil diese Verweigerung in das oben herausgearbeitete Muster des Mobbing-Verhaltens passt, würde sich daraus keine höhere Entschädigung zu Gunsten des Klägers ergeben. Denn bei der Bemessung der Entschädigung hat das Gericht ohnehin des gesamten Zeitraum von März 2004 bis zur klägerischen Abordnung im Juni 2005 bewertet; es wäre daher nicht entscheidungserheblich, wenn zu den 4 in diesem Zeitraum festgestellten Einzelereignissen ein weiteres gleichgelagertes dazukommen würde.

III.

133

Die Berufung ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2 entgangenes Entgelt als Schadensersatz wegen der inzwischen eingetretenen Gesundheitsschäden fordert.

134

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

1.

135

Durch die Abordnung und spätere Versetzung im Jahre 2005 hat das beklagte Land nicht vorwerfbar die Gesundheit des Klägers geschädigt.

136

Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen würde und er aufgrund seiner Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einem gesundheitlichen Defizit leidet, das seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

137

Diese Feststellung kann durch eine vergleichende Betrachtung der Pflichten des Arbeitgebers, dem gesundheitlich geschwächten Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten, bestätigt werden. In der Rechtsprechung ist es insoweit anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung fußt auf der Fürsorgepflicht und sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der gesundheitlichen Einschränkungen soll erst dann in Betracht kommen, wenn es nicht mehr möglich ist, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen und es auch nicht mehr möglich ist, ihm einen leidensgereichten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht wird aber begrenzt durch die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Seine Pflicht zur leidensgerechten Beschäftigung des Arbeitnehmers endet dort, wo ihm dies unzumutbar wird.

138

Nach allen medizinischen Stellungnahmen, die sich in der Akte befinden, wäre der einzige leidensgerechte Arbeitsplatz für den Kläger sein alter Arbeitsplatz im LKA. Es ist für das beklagte Land unzumutbar, ihn auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen. Daher kann die Abordnung und spätere Versetzung des Klägers, trotz ihrer möglicherweise erkennbar gewesenen gesundheitlichen Risiken für den Kläger nicht als vorwerfbare Missachtung der Gebrechen des Klägers bewertet werden.

2.

139

Es kann nicht festgestellt werden, dass die inzwischen beim Kläger aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme kausal auf der oben festgestellten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen März 2004 und seiner Abordnung im Juni 2005 beruhen.

140

Die Darlegungs- und Beweislast für den beim Schadensersatz notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten, hier beim Kläger. Eine Beweiserleichterung bei mobbing-typischen Erkrankungen hat das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO).

141

Anerkannt ist allerdings, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des geschädigten Arbeitnehmers führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO und ihm folgend LAG Mecklenburg-Vorpommern 13. Januar 2009 - 5 Sa 86/08). Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier durchaus gegeben, denn die krankheitsbedingten Ausfallzeiten begannen sozusagen unmittelbar in Anschluss an die Zeit, als der Kläger 2004 und 2005 unfair durch die Hausspitze im LKA behandelt wurde.

142

Dieser feststellbare enge zeitliche Zusammenhang reicht aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht aus, um von einer Kausalität zwischen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden auszugehen. Maßgebend für diese Bewertung durch das Gericht sind die inzwischen zahlreichen medizinischen Stellungnahmen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers. Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Stellungnahmen die Herstellung des Zusammenhangs zwischen der Abordnung und späteren Versetzung des Klägers und dem Auftreten der depressiven Verstimmung. Als maßgebend wird hierfür die in der Persönlichkeit des Klägers begründete Unfähigkeit zur Anpassung an das neue Arbeitsumfeld angesehen. Daraus muss das Gericht schließen, dass die depressive Verstimmung des Klägers und der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nicht auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 beruht, sondern auf der sich daran anschließenden Maßnahme der Abordnung und Versetzung. Damit verliert der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens seine Aussagekraft, denn sozusagen im Schnittpunkt beider Zeitabschnitte hat es ein weiteres Ereignis gegeben, dass aus medizinischer Sicht die Probleme des Klägers hervorgerufen hat.

143

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit von März 2004 bis zu klägerischen Abordnung an eine andere Dienststelle ab Juni 2005 auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

IV.

144

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben III.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

145

Auch der Klageantrag zu 4., der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, ist nicht begründet. Eine weitere Entschädigung steht dem Kläger nicht zu. Er wird entschädigt für seine unfaire Behandlung in den letzten 15 Monaten seiner Tätigkeit im LKA, der Vorgang ist abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in der Zukunft noch ein Anlass zu weiterer Entschädigung ergeben sollte. Auch die Feststellung der weitern Schadensersatzpflicht ist unbegründet, da das Gericht insgesamt nicht davon ausgeht, dass sich das beklagte Land schadensersatzbegründend verhalten hat.

V.

146

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO und sie berücksichtigt sowohl das teilweise Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit als auch die Kosten des erfolgreichen Revisionsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind von der Kostenentscheidung mit umfasst.

147

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.