Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 05. Juli 2011 - 5 Sa 86/11

bei uns veröffentlicht am05.07.2011

Tenor

I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und im Übrigen das beklagte Land.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in den 1950er Jahren geborene Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologe und war von 1976 bis zum Zusammenbruch der DDR dort als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 („Auswertung PKS“) als Dezernent („Fachbereich PKS, Analyse und Forschung“) und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit universitären Forschungseinrichtungen weiter betrieben. In der Arbeitsplatzbeschreibung zum klägerischen Dienstposten ist der Forschungsanteil mit 55 Prozent angegeben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

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Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich 1999 und 2000 an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in dieser Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA vorab geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift „Der Kriminalist“, der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift „Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?“, in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M. Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M... bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die „Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses“.

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Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

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Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag, aus der polizeilichen Kriminalstatistik „geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten“, die sich für eine Darstellung „im kleineren Umfang“ eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit der Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f der Akte) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag („Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind“) und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn Mi. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn Mi. gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

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Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr Ma., seinerzeit Leiter des Leitungsstabes im LKA und heute Direktor des LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: „1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt; 3. Dir. z.K. ...“ (Kopie Anlage K13, Blatt 156 der Akte).

9

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38 der Akte) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger vom Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 157 der Akte). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 158 der Akte).

10

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59 der Akte). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

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„1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

12

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

13

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

14

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum „Training für Unterwürfigkeit“ befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab.“

15

In zeitlichem Zusammenhang zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

16

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität G.) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

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„Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist.“

18

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

19

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (V. Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor des LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten „Arbeitstreffen“ in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll zu diesem Arbeitstreffen heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

20

„Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität V. mitzuteilen.“

21

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

22

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden zwei weitere Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der „50. Jahrestagung PKS“ in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde sein Dienstreiseantrag vom Leiter des Leitungsstabes abgelehnt. Stattdessen wurde die Teilnahme einem Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war, ermöglicht. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, da die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

23

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage und seine Stellungnahmen gegenüber der Presse abmahnte. Der Kläger ist - allerdings ohne Erfolg - gerichtlich gegen die erteilte Abmahnung vorgegangen.

24

Dem BDK bzw. dem Kläger ist es dann im Mai 2005 nochmals gelungen, bundesweites Interesse an der Frage der behaupteten Verfälschung der Kriminalstatistik durch das System der Zielvereinbarungen zu wecken. Nach der offiziellen Polizeistatistik konnte die Aufklärungsquote für Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern von 1999 bis 2004 um rund 10 Prozent von rund 47 auf rund 57 Prozent verbessert werden, was für den seinerzeitigen Innenminister im Frühjahr 2005 Anlass war, im Rahmen einer breit angelegten Pressekonferenz auf die erzielten Fortschritte aufmerksam zu machen. Kurze Zeit später erschien im F... vom 14. Mai 2004 ein Artikel mit der Überschrift „Abwimmeln und schönreden - Experten gehen davon aus, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalstatistik gezielt verfälscht“. Der Artikel nimmt Bezug auf die Erfolgsmeldungen des Innenministers im Rahmen der Pressekonferenz und gibt sodann den Standpunkt des Klägers und des BDK wieder, die davon ausgehen, dass nur eine scheinbare Verbesserung der Aufklärungsquote vorliege, da das erhobene Zahlenmaterial wegen der negativen Nebenwirkungen der Zielvereinbarungen im Polizeibereich seine Aussagekraft verloren habe. - Es steht fest, dass der seinerzeitige Direktor des LKA im Vorfeld durch Kontaktaufnahme mit der Redakteurin des F... versucht hat, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern oder jedenfalls der sachlichen Aussage des Artikels eine andere Richtung zu geben.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 mit kurzen Unterbrechungen im Jahre 2005 praktisch bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger sieht sich mobbingtypisch erkrankt und er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, Ma., Mi.) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M.) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft und chronisch erkrankt.

26

Frau Dr. H., Fachärztin für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine „depressive Verstimmung“, Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst „durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz“ (Kopie Blatt 61 f der Akte). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 „1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der „Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld“ hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Bad Segeberger Kliniken vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

„Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen.“

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. Sch., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (Anlage K24, Blatt 175 ff):

29

„Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist. Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben.“

30

Der Kläger ist inzwischen wegen vollständiger Erwerbsminderung befristet verrentet. In dem sozialgerichtlichen Verfahren hierzu zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung Bund ist Herr Dr. D., Helios Kliniken Schwerin, gebeten worden, ein Gutachten vorzulegen. In dem Gutachten vom 6. Januar 2010 wird dem Kläger eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, mit der sich die länger andauernden depressiven Reaktionen des Klägers und seine diagnostizierte Anpassungsstörung erklären ließen. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Klägers, nochmals selber Erwerbseinkommen zu erzielen, heißt es sodann zusammenfassend auf Seite 14 des Gutachtens:

31

„Die entscheidende Frage ... ist ..., ob der Kläger in der Lage ist, bei einer verweisbaren Tätigkeit die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden. ... [Dies] hängt ... davon ab, wie sehr der Kläger trotz seines persönlichkeitsbedingten Dranges, sich als großartig zu präsentieren, in der Lage ist, seine innere Not zu offenbaren. ... Deshalb geht der Unterzeichner davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung und unter Berücksichtigung der ersten Begutachtung ... [2006] ... auch bei zumutbarer Anspannung seiner seelischen Kräfte nicht in der Lage war, die der Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden.“

32

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit seinem Urteil vom 13. Januar 2009 zunächst zurückgewiesen (5 Sa 112/08). Diese Entscheidung ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Oktober 2010 (8 AZR 546/09 - EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

33

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nach wie vor sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

34

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

35

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift „Der Kriminalist“ im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine „Vielzahl“ von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

36

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

37

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

38

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

39

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

42

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

43

Das beklagte Land beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

46

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M. sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

47

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

48

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

49

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung hat zu einem kleinen Teil Erfolg. Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch seine Vorgesetzten im Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

I.

52

Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro nach § 253 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in den Jahren 2004 und 2005 durch seine Vorgesetzten zu.

1.

53

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 11. Auflage, Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

2.

54

Gemessen an diesem Maßstab haben der seinerzeitige Direktor des Landeskriminalamtes und der seinerzeitige Leiter des Leitungsstabes des Landeskriminalamtes, der heutige Direktor des Landeskriminalamtes, den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 durch mehrere Einzelhandlungen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

a)

55

In der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 gab es mehrere Ereignisse und Entscheidungen, bei denen es zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Nachteilen für den Kläger gekommen ist.

aa)

56

Der damalige Leiter des Leitungsstabes im LKA hat sich durch seinen Vermerk vom 13. März 2004 auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 156 der Akte) und durch die Weiterleitung des Berichts samt seines Vermerkes an den Direktor des LKA außerhalb des Rahmens bewegt, der noch als sachbezogenes Verwaltungshandeln verstanden werden kann.

57

Der Vermerk lässt sich jedenfalls nicht mit dem Erkenntnisinteresse rechtfertigen, das der Anforderung des Berichts beim Kläger zu Grunde lag. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes mit der Ausarbeitung des Klägern nicht zufrieden war, hätte es eigentlich nahe gelegen, den Bericht mit kritischen Anmerkungen dem Kläger zurückzureichen, gegebenenfalls wäre es auch hilfreich gewesen, den Bericht an den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, den Abteilungsleiter 6, weiterzuleiten und auf Behebung der vom Leiter des Leitungsstabes gesehenen Mängel hinzuwirken. - So ist allerdings nicht verfahren worden. Wie sich aus dem Vermerk des Leiters des Leitungsstabes selbst ergibt, hat er nach seiner Kritik an dem klägerischen Werk (Ziffer 1. und 2. des Vermerks) verfügt, das Werk dem Direktor des LKA vorzulegen. Da der Leiter des Leitungsstabes das klägerische Werk für unbrauchbar gehalten hat, kann die Weiterleitung des Berichts mit all seinen Schwächen also nicht mehr dazu gedient haben, das dem Bericht zu Grunde liegende sachliche Erkenntnisinteresse zu befriedigen.

58

Da nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Zweck die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA verfügt wurde, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Leiter des Leitungsstabes die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA nur deshalb vorgenommen hat, um diesen von dem Versagen des Klägers bei der Erfüllung des Berichtsauftrages zu unterrichten. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes einen Bericht, den er selbst als unbrauchbar einschätzt, dem Direktor des LKA zur Kenntnisnahme vorlegen lässt, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Vorlage zur Kenntnisnahme zu dem Zweck erfolgte, den Leiter des LKA auf das Versagen des Klägers aufmerksam zu machen. Diese Zweckrichtung des Handelns des Leiters des Leitungsstabes wird auch durch den Inhalt der Kritik an dem klägerischen Werk deutlich. Denn mit der Aussage „Thema verfehlt“ in Verbindung mit der rückwärtsgewandten weiteren Bemerkung „auch noch verspätet vorgelegt“ wird allein die persönliche Leistung des Klägers beurteilt.

59

Es mag ein legitimes Ziel sein, die Hausspitze über Leistungsmängel einzelner Mitarbeiter zu unterrichten. Dies macht aber nur Sinn im Kontext von daraus möglicherweise resultierenden Personalmaßnahmen. Dann ist es aber falsch, den ganzen Vorgang in der Sachakte zu führen. Denn dort kann den Vorgang jeder, der Zugang zu der Sachakte hat, nachvollziehen, obwohl er als disziplinarischer Vorgang eigentlich unter dem besonderen Schutz der Personalakte vor fremdem Zugriff geschützt werden müsste.

60

In dem vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. Januar 2009 in der vorliegenden Sache hat das Gericht den aufgezeigten Fehler des Leiters des Leitungsstabes in der Bewertung dadurch relativiert, dass es von so eine Art Verkehrsüblichkeit solchen Vorgesetztenverhaltens ausgegangen war. An dieser Relativierung in der Bewertung wird nicht mehr festgehalten. Zurecht weist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 vielmehr darauf hin, dass das Fehlverhalten nicht dadurch geringer zu bewerten sei, wenn es andere Beispielsfälle ähnlichen Fehlverhaltens geben sollte.

bb)

61

Die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Tötungsdelikte“ durch Prof. Dr. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, ein Forschungsprojekt, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte, entbehrt eines sachlichen Grundes.

62

Der Dienstreiseantrag des Klägers für diese Veranstaltung wurde vom Stab im LKA abgelehnt. Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation der Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

63

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195 der Akte: „Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ....“) nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

64

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Dienstreise des Klägers keinen sachlichen Grund gegeben hat.

cc)

65

Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

66

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des „Arbeitstreffens“ mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f der Akte) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft, in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt und es im Hause auch keine andere Person gibt, die wie der Kläger zur Mitarbeit bei Forschungsprojekten im Bereich der Kriminalstatistik geeignet wäre.

67

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

68

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Mitarbeit des Klägers bei dem Projekt keinen sachlichen Grund gegeben hat.

dd)

69

Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den damaligen Leiter des Leitungsstabes am 17. März 2005. Er hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

70

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob der Kollege des Klägers, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

71

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

72

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seinen bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

73

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Reise des Klägers zum BKA-Forum nach Wiesbaden keinen sachlichen Grund gegeben hat.

b)

74

Die vier aufgezeigten Einzelereignisse aus der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 fügen sich zu einem Bild, das nur den Schluss zulässt, der Direktor des LKA und sein Leiter des Leitungsstabes haben seinerzeit versucht, dem Kläger das Leben schwer zu machen. In der Gesamtschau kann das nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bewertet werden.

75

Den roten Faden sieht das Gericht zum einen darin, dass die Ablehnung der beiden Dienstreisen und die Nichtbenennung des Klägers für das Projekt zur Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik alle den Teil der Aufgaben auf dem Dienstposten des Klägers betreffen, auf dem die Attraktivität des Dienstpostens und die Reputation des Klägers beruht. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung zum Dienstposten des Klägers ist er mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Forschungsaufgaben betraut. Da der Kläger im LKA nicht selbstständig forschen konnte, bedeutet Forschung auf dem Dienstposten des Klägers immer gleichzeitig Kooperation mit universitären oder anderen Forschungseinrichtungen.

76

Wenn man den Kläger also nicht mehr reisen lässt, schneidet man ihm die Möglichkeit ab, seinen Aufgaben in der Forschung noch nachkommen zu können. Schon in der vom Bundesarbeitsgericht dann aufgehobenen Entscheidung ist das erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine weiteren Reisen in Zusammenhang mit seinen Forschungsaufgaben unternehmen wollte, und hat daraus gefolgert, dem Kläger seien in der Zeit von Sommer 2004 bis Mai 2005 alle Reisewünsche abschlägig beschieden worden. Dieser Sicht der Dinge ist das beklagte Land auch im Rahmen der Fortsetzung der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten. Das wiederum rechtfertigt die Folgerung, dass den aufgezeigten Einzelereignissen ein Plan zu Grunde liegt.

77

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung der Reisen des Klägers muss daher gefolgert werden, die Reise- und Forschungstätigkeiten sind dem Kläger verweigert worden, um ihn persönlich zu treffen. Man wollte ihm auf dem Aufgabengebiet, das ihm besonders am Herzen liegt, ohne sachlichen Grund Steine in den Weg legen. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

78

Alle Umstände sprechen dafür, dass dieser Plan von dem Direktor des LKA und seinem damaligen Leiter des Leitungsstabes stammt. Darauf deutet bereits die nur disziplinarisch erklärbare Weiterleitung des Berichts des Klägers vom 11. März 2004 samt der Kritik des Leiters des Leitungsstabes an den Direktor hin. Wenn der Leiter des Leitungsstabes einen solchen Vorgang sozusagen routinemäßig beim Direktor vorlegen lässt, müssen sich beide bereits zuvor über den Kläger unterhalten und ihr weiteres Verhalten in dieser causa aufeinander abgestimmt haben. Auch die Ablehnung der beiden Reisen ist entweder vom Leiter des Leitungsstabes selbst veranlasst worden oder zumindest im Stab so entschieden worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht ohne Kenntnis und Billigung durch den Leiter des Leitungsstabes erfolgt ist.

3.

79

Das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers ist nach § 278 BGB dem beklagten Land zuzurechnen.

80

Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Wahrnehmung dieser Schutzpflichten kann der Arbeitgeber aus seine Bediensteten, die er als Vorgesetzte einsetzt, delegieren. Vernachlässigen die Vorgesetzten dann ihre Schutzpflichten, ist das dem Arbeitgeber zuzurechnen.

81

Insoweit ist auch anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

4.

82

Das festgestellte Verhalten ist so schwerwiegend, dass es einen Ausgleich in Form einer Entschädigung erfordert.

83

Insoweit ist es anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

84

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

85

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden kann, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall.

86

Diese Bewertung weicht von der Bewertung des erkennenden Gerichts in der vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Entscheidung in dieser Angelegenheit ab. Die veränderte Bewertung beruht auf dem Umstand, dass nunmehr bereits der Vermerk des Leiters des Leitungsstabes auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 und dessen Weiterleitung an den Leiter des LKA als Element festgestellt wurde, das auf eine systematische Ausgrenzung des Klägers hindeutet. Es muss also festgestellt werden, dass dem Kläger über den Zeitraum von rund 15 Monaten durch die Hausspitze planmäßig das Leben schwer gemacht wurde. Angesichts der Ausnutzung der Vorgesetztenstellung kann das nicht mehr nur als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen werden, die keiner Entschädigung bedarf. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass hier zwar nur vier Einzelereignisse festgestellt werden konnten, die auf den Plan schließen lassen, dass der Plan aber zu einer ständigen Belastung des Klägers im gesamten Betrachtungszeitraum von März 2004 bis Mai 2005 geführt hat.

5.

87

Die zugesprochene Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro ist angemessen.

88

Eine höhere Entschädigung kann nicht zugesprochen werden. Gemessen an dem gesamten Spektrum denkbarer Persönlichkeitsrechtsverletzungen handelt es sich um eine leichtere Verletzung. Denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - „nur“ mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers.

89

Gegen die Festsetzung einer höheren Entschädigung spricht auch der Umstand, dass auch der Kläger selbst durch sein dienstliches Verhalten erheblich mit dazu beigetragen hat, dass die Hausspitze des LKA ihm gegenüber in der angesprochenen Zeit den Pfad der Vernunft verlassen hatte. Denn das Verhalten des Klägers in der Folge seiner Niederlage bei der Frage der Einführung von Zielvereinbarungen im Polizeibereich im Jahre 2000 lässt sich auch für außenstehende Dritte kaum mehr vernünftig nachvollziehen. Und die unerwartet schroffe klägerische Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 mit dem Direktor des LKA hat geradezu einen Personalführungsnotstand hervorgerufen, den sicherlich nur ganz wenige Führungspersönlichkeiten in der Lage gewesen wären, allein mit fairen Mitteln zu lösen.

6.

90

Soweit dem Kläger eine Entschädigung zusteht, steht ihm auch der mit dem Klageantrag zu 1. geforderte Zins darauf seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Es handelt sich um Prozesszinsen, die nach § 291 BGB geschuldet sind. Der geltend gemachte Zins entspricht auch der Höhe nach dem gesetzlichen Mindestzinssatz aus § 288 BGB. Das Gericht hat den Zins ab dem 13. Februar 2007 (Dienstag) zugesprochen, da die Klage an diesem Tag bei Gericht eingegangen war.

II.

91

Im Übrigen ist der auf Entschädigung wegen Mobbings gerichtete Klageantrag zu 1. nicht begründet. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen.

92

Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können weder in der Einzelbetrachtung noch in der Zusammenschau nicht als herabwürdigend begriffen werden. Die zugesprochene Entschädigung kann daher nicht erhöht werden.

1.

93

Das beklagte Land hat durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers weder missachtet noch verletzt.

94

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, das Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Sachfrage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

95

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Sachfrage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

2.

96

Auch der Leserbrief von Herrn M. in der Zeitschrift Der Kriminalist Heft 2/2001 (Kopie Blatt 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M. kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

97

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt („verkürzte Sichtweise“ und „falsches Vorverständnis“). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister „hinreißen lassen“, greift ebenfalls noch nicht die Person an. Das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

98

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers aus dem Innenministerium erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

99

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine „beispiellose Herabwürdigung“ erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

3.

100

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium „zu Ihrer Kenntnis“ an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung.

101

Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Herrn M. aus dem Innenministerium deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

4.

102

Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

103

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wiederkehrende Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte zumindest sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

104

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen“ im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

5.

105

Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation“.

106

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Leitenden Kriminaldirektor M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn Mi., beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, der Direktor des LKA, war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf seine Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt Vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

107

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn Mi., aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

6.

108

Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien im Jahre 2003 geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

109

Der Kläger kritisiert insoweit, dass das Innenministerium das LKA mit Schreiben vom 25. April 2003 (Kopie als Anlage K 8 überreicht, hier Blatt 58 der Akte, es wird Bezug genommen) aufgefordert habe, Tatsachenmaterial zusammenzutragen, mit dem man den klägerischen Sachvortrag in der Eingruppierungsklage substantiiert bestreiten könne. Der Kläger schließt aus dieser Aufforderung, dass das Ministerium voreingenommen an den Eingruppierungsrechtsstreit herangegangen sei. Dem Ministeriums sei es von Anfang an nur darum gegangen, sein berechtigtes Höhergruppierungsverlangen zu vereiteln. Auch dies müsse man im Gesamtkontext als Angriff auf seine Person bewerten.

110

Diese Bewertung ist für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Aufforderungsschreiben um ein Standardanschreiben ohne jeden gegen den Kläger gerichteten Einschlag. Im Gegenteil ist aus dem Schreiben vielmehr zu schließen, dass der Referent im Ministerium den klägerischen Vortrag zur Höhergruppierung durchaus für beachtlich hält und er daher nunmehr das LKA auffordert, nicht nur Stimmung zu machen, sondern Fakten zu liefern.

111

Im Übrigen ist ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Behördenleiters, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Behördenleiters, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurechtkommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Behördenleiter daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze, über die der Kläger berichtet hat, drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

7.

112

Die Vorstellung des Klägers, die 2003 erhobene Forderung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

113

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt der Kläger im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort „qualifiziert“ in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

114

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht „nicht qualifizierten“ Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und dass er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

8.

115

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

116

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

117

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f der Akte) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

118

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die „deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing“ als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit seinem Direktor vorwirft, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen seine Person beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt.

9.

119

Auch der Abteilungsleiter im Innenministerium Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f der Akte).

120

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist, was die Pflichtverletzung des Klägers betrifft, zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

121

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld zwischen Landtag und Ministerium ausgetragen werden, und der betroffene untergebende Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Geheimhaltungspflicht und den Unterrichtungswünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich auch im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig lediglich in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

122

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht nicht der Schluss ziehen, die vielleicht etwas übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen im LKA gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und nicht bewältigt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

10.

123

Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im F... vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern, so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

11.

124

Auch die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 durch die Hausspitze des LKA kann nicht als persönlich gegen den Kläger gerichtet angesehen werden.

125

Denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar schon der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

12.

126

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

127

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Die übergeordnete Behörde musste daher im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

128

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

129

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

13.

130

Auch die Zusammenschau all der vom Kläger angeführten Ereignisse ergibt kein anderes Bild. Allein schon die Anzahl der Personen, die sich an dem Mobbing zu Lasten des Klägers beteiligt haben sollen, macht es unwahrscheinlich, dass all diese Personen tatsächlich nach einem gemeinsamen Plan gehandelt haben oder wenigstens alle an einem Strang gezogen haben. Wie oben aufgezeigt gab es für die 12 hier untersuchten und als nicht mobbing-relevant eingeschätzten Vorkommnisse auch stets einen sachlichen Anlass für das Verhalten der handelnden Personen. Als gegen den Kläger gerichtet könnten diese Vorkommnisse also nur dann gewertet werden, wenn man feststellen könnte, dass unter dem Deckmantel eines sachlichen Anlasses andere Ziele verfolgt wurden. Das ist trotz aller Bemühungen des Gerichts um die Aufklärung des Sachverhalts bis zum Schluss aber spekulativ geblieben.

131

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

132

Selbst wenn man hilfsweise die oben unter oben 11. untersuchte Verweigerung der Dienstreise zur 50. Jahrestagung PKS im Juni 2005 in Berlin noch zu den Vorkommnissen zählen würde, in denen sich ein unfaires Verhalten gegenüber dem Kläger ausdrückt, weil diese Verweigerung in das oben herausgearbeitete Muster des Mobbing-Verhaltens passt, würde sich daraus keine höhere Entschädigung zu Gunsten des Klägers ergeben. Denn bei der Bemessung der Entschädigung hat das Gericht ohnehin des gesamten Zeitraum von März 2004 bis zur klägerischen Abordnung im Juni 2005 bewertet; es wäre daher nicht entscheidungserheblich, wenn zu den 4 in diesem Zeitraum festgestellten Einzelereignissen ein weiteres gleichgelagertes dazukommen würde.

III.

133

Die Berufung ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2 entgangenes Entgelt als Schadensersatz wegen der inzwischen eingetretenen Gesundheitsschäden fordert.

134

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

1.

135

Durch die Abordnung und spätere Versetzung im Jahre 2005 hat das beklagte Land nicht vorwerfbar die Gesundheit des Klägers geschädigt.

136

Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen würde und er aufgrund seiner Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einem gesundheitlichen Defizit leidet, das seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

137

Diese Feststellung kann durch eine vergleichende Betrachtung der Pflichten des Arbeitgebers, dem gesundheitlich geschwächten Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten, bestätigt werden. In der Rechtsprechung ist es insoweit anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung fußt auf der Fürsorgepflicht und sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der gesundheitlichen Einschränkungen soll erst dann in Betracht kommen, wenn es nicht mehr möglich ist, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen und es auch nicht mehr möglich ist, ihm einen leidensgereichten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht wird aber begrenzt durch die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Seine Pflicht zur leidensgerechten Beschäftigung des Arbeitnehmers endet dort, wo ihm dies unzumutbar wird.

138

Nach allen medizinischen Stellungnahmen, die sich in der Akte befinden, wäre der einzige leidensgerechte Arbeitsplatz für den Kläger sein alter Arbeitsplatz im LKA. Es ist für das beklagte Land unzumutbar, ihn auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen. Daher kann die Abordnung und spätere Versetzung des Klägers, trotz ihrer möglicherweise erkennbar gewesenen gesundheitlichen Risiken für den Kläger nicht als vorwerfbare Missachtung der Gebrechen des Klägers bewertet werden.

2.

139

Es kann nicht festgestellt werden, dass die inzwischen beim Kläger aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme kausal auf der oben festgestellten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen März 2004 und seiner Abordnung im Juni 2005 beruhen.

140

Die Darlegungs- und Beweislast für den beim Schadensersatz notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten, hier beim Kläger. Eine Beweiserleichterung bei mobbing-typischen Erkrankungen hat das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO).

141

Anerkannt ist allerdings, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des geschädigten Arbeitnehmers führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO und ihm folgend lag Mecklenburg-Vorpommern 13. Januar 2009 - 5 Sa 86/08). Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier durchaus gegeben, denn die krankheitsbedingten Ausfallzeiten begannen sozusagen unmittelbar in Anschluss an die Zeit, als der Kläger 2004 und 2005 unfair durch die Hausspitze im LKA behandelt wurde.

142

Dieser feststellbare enge zeitliche Zusammenhang reicht aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht aus, um von einer Kausalität zwischen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden auszugehen. Maßgebend für diese Bewertung durch das Gericht sind die inzwischen zahlreichen medizinischen Stellungnahmen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers. Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Stellungnahmen die Herstellung des Zusammenhangs zwischen der Abordnung und späteren Versetzung des Klägers und dem Auftreten der depressiven Verstimmung. Als maßgebend wird hierfür die in der Persönlichkeit des Klägers begründete Unfähigkeit zur Anpassung an das neue Arbeitsumfeld angesehen. Daraus muss das Gericht schließen, dass die depressive Verstimmung des Klägers und der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nicht auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 beruht, sondern auf der sich daran anschließenden Maßnahme der Abordnung und Versetzung. Damit verliert der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens seine Aussagekraft, denn sozusagen im Schnittpunkt beider Zeitabschnitte hat es ein weiteres Ereignis gegeben, dass aus medizinischer Sicht die Probleme des Klägers hervorgerufen hat.

143

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit von März 2004 bis zu klägerischen Abordnung an eine andere Dienststelle ab Juni 2005 auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

IV.

144

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben III.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

145

Auch der Klageantrag zu 4., der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, ist nicht begründet. Eine weitere Entschädigung steht dem Kläger nicht zu. Er wird entschädigt für seine unfaire Behandlung in den letzten 15 Monaten seiner Tätigkeit im LKA, der Vorgang ist abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in der Zukunft noch ein Anlass zu weiterer Entschädigung ergeben sollte. Auch die Feststellung der weitern Schadensersatzpflicht ist unbegründet, da das Gericht insgesamt nicht davon ausgeht, dass sich das beklagte Land schadensersatzbegründend verhalten hat.

V.

146

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO und sie berücksichtigt sowohl das teilweise Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit als auch die Kosten des erfolgreichen Revisionsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind von der Kostenentscheidung mit umfasst.

147

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

Strafprozeßordnung - StPO | § 152 Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz


(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen. (2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 376 Vernehmung bei Amtsverschwiegenheit


(1) Für die Vernehmung von Richtern, Beamten und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als Zeugen über Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, und für die Genehmigung zur Aussage gelten die besonderen beamtenrechtli

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Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in der Mitte des fünften Lebensjahrzehnts stehende Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologie und war von 1976 bis 1991 als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 ("Auswertung PKS") als Dezernent ("Fachbereiches PKS, Analyse und Forschung") und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit Forschungseinrichtungen weiter betrieben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

4

Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich zunächst an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in der Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Von den zahlreich vorgetragenen Ereignissen sieht das Gericht die folgenden als wesentlich an.

6

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift "Der Kriminalist", der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift "Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?", in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M2 Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift "Der Kriminalist" veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M2 bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die "Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses".

7

Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

8

Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag aus der polizeilichen Kriminalstatistik "geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten", die sich für eine Darstellung "im kleineren Umfang" eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag ("Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind") und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M2 aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn M3. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn M3 gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

9

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr M., Leiter des Leitungsstabes im LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: "1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt" (Kopie Anlage K13, Blatt 109).

10

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger von Herrn M., Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 110). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an "kriminalwissenschaftlich qualifizierten" Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 111).

11

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

12

"1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

13

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

14

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

15

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum "Training für Unterwürfigkeit" befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab."

16

Zeitgleich zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

17

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität Greifswald) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

18

"Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist."

19

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

20

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (Viadrina Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten "Arbeitstreffen" in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

21

"Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität Viadrina mitzuteilen."

22

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

23

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden weitere zwei Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der "50. Jahrestagung PKS" in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde der Antrag von Herrn M. aus dem Leitungsstab abgelehnt. Stattdessen wurde Herrn M4 die Teilnahme ermöglicht. Herr M4 ist Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, dass die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

24

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage abmahnte.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 praktisch ohne Unterbrechung bis heute arbeitsunfähig erkrankt. Er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, M., M3) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M2) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft erkrankt. Dazu verweist er auf die vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und Atteste.

26

Herr Dr. H., Facharzt für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine "depressive Verstimmung", Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst "durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz" (Kopie Bl. 61 f). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 "1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung" diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der "Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld" hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

"Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen."

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. S., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers:

29

"Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist.

Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben" (Anlage K24, Blatt 175 ff).

30

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden.

31

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

32

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

33

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift "Der Kriminalist" im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine "Vielzahl" von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

34

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

35

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

36

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

37

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

38

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

39

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

40

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

41

Das beklagte Land beantragt,

42

die Berufung zurückzuweisen.

43

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

44

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M2 sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift "Der Kriminalist" gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

45

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

46

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

47

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

48

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

49

Die der Beschwer nach statthafte Berufung, die auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass keine der denkbaren Anspruchsgrundlagen für die geltend gemachten Forderungen erfüllt sind.

I.

50

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung gegeben sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

51

Für die meisten der Vorfälle, durch die sich der Kläger gemobbt fühlt, kann bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts nicht festgestellt werden (unten 3. und 4.). Soweit einige Vorfälle den Schluss zulassen, Vorgesetzte des Klägers hätten mit einzelnen Maßnahmen das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt (unten 2.), kann aber nicht die weitergehende Feststellung getroffen werden, dass durch diese Rechtsverletzungen die gesundheitlichen Probleme des Klägers hervorgerufen wurden (unten 5.).

52

1. Der Anspruch auf Schadensersatz setzt eine Pflichtverletzung durch das beklagte Land voraus. Hierbei kommt sowohl eine vom beklagten Land selbst, also durch seine Organe begangene und ihm gemäß den §§ 31, 89 BGB zuzurechnende oder aber eine durch seine Erfüllungsgehilfen und ihm gemäß § 278 BGB zuzurechnende Pflichtverletzung in Betracht.

53

Verletzt oder vernachlässigt könnte vorliegend insbesondere eine aus § 241 Satz 2 BGB abgeleitete Schutz- oder Rücksichtspflicht des Arbeitgebers sein. Der Arbeitgeber ist danach insbesondere zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer verpflichtet. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen, entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - AP Nr. 6 zu § 611 BGB Mobbing = NZA 2008, 223 = DB 2008, 135; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP NR. 5 zu § 611 BGB Mobbing = NZA 2007, 1154; BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Personalakte = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 4). Danach hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Bei der Frage, was Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht im Einzelfall gebieten, ist insbesondere auf die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen der Verfassung Bedacht zu nehmen. Das durch Art. 1 und Art. 2 Grundgesetz gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist auch im Privatrechtsverkehr und damit auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Verletzt der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch eigene überwiegende Interessen gerechtfertigt ist, liegt darin zugleich ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten.

54

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sogenannte Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Dieterich Art. 2 GG Rn. 48, 85). Das Persönlichkeitsrecht umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BGH 25. Mai 1954 - I ZR 211/53 - BGHZ 13, 334; 2. April 1957 - VI ZR 9/56 - BGHZ 24, 72; 20. Mai 1958 - VI ZR 104/57 - BGHZ 27, 284). Es herrscht Einigkeit darüber, dass den Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Nebenpflicht trifft, seine Arbeitnehmer vor sogenanntem Mobbing und damit vor Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts durch seine Kollegen oder auch Vorgesetzten zu schützen.

55

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist demnach gegeben, wenn der Arbeitnehmer gezielt herabgesetzt, gekränkt oder gedemütigt wird. Die dafür erforderliche feindliche Einstellung gegenüber dem Opfer der Attacke kann offen zu Tage treten. Sie kann sich aber auch lediglich indirekt aus der Zusammenschau mehrerer für sich genommen möglicherweise sogar unauffälliger Maßnahmen ergeben. In Anlehnung an § 3 Absatz 3 AGG ist dann entscheidend, ob festgestellt werden kann, dass durch den oder die Handelnden ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wurde (vgl. nur BAG 25. Oktober 2007 a. a. O.).

56

2. Es ist festzustellen, dass Personen, die das beklagte Land zur Erfüllung seiner (Fürsorge-)Pflichten gegenüber dem Kläger eingesetzt hat (Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 BGB), den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt haben.

57

Es ist anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 a. a. O. ).

58

In der Folge zu dem erfolglos verlaufenen Personalgesprächs zwischen dem Direktor LKA und dem Kläger vom 14. September 2004 ist es zu Handlungen durch die Hausspitze des LKA gekommen, in denen eine Missachtung des Persönlichkeitsrechts des Klägers zum Ausdruck kommt.

59

a) Es hat begonnen mit der Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts "Tötungsdelikte" durch Prof. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte.

60

Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

61

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195: "Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ... .") nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

62

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung des Reiseantrages muss daher gefolgert werden, die Reise sei dem Kläger verweigert worden, um ihn in einem Teil seines Arbeitsgebietes zu treffen, das ihm besonders am Herzen liegt. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch.

63

b) Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

64

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des "Arbeitstreffens" mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt.

65

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

66

c) Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den Leiter des Leitungsstabes Herrn LKD M. am 17. März 2005. Herr M. hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

67

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob Herr M4, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

68

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

69

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seine bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

70

d) Ob dieses Argument in gleicher Weise auch auf die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 übertragbar ist, ist allerdings zweifelhaft, denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

71

e) Aus der Gesamtschau dieser drei Ereignisse in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung und Versetzung des Klägers zum 1. Juni 2005 ergibt sich eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger. Das Gericht stellt bei dieser Bewertung zum einen darauf ab, dass alle drei Maßnahmen die besonders angenehmen Seiten des Dienstpostens des Klägers betrafen, die man mit "Forschen und Reisen" umschreiben könnte. Dem beklagten Land war auch bekannt, dass dieser Teil der Arbeitsaufgabe dem Kläger immer besonders am Herzen gelegen hat. Da die drei Maßnahmen die einzigen Ausprägungen des Aufgabenteils Forschen und Reisen in jener Zeit darstellten, muss man also folgern, dass dem Kläger in dieser achtmonatigen Schwebezeit, der angenehme Teil seiner Aufgabenstellung vollständig entzogen wurde. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

72

3. Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können nicht als Verletzungen des Persönlichkeitsrechts des Klägers begriffen werden.

73

a) Eine Verletzung oder Vernachlässigung der Pflicht zum Schutz vor Mobbing durch das beklagte Land selbst lässt sich nicht feststellen. Abzustellen ist insoweit auf das Handeln der Organe des beklagten Landes, da das beklagte Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst nicht handlungsfähig ist. Nach der Landesverfassung wird das Land Mecklenburg-Vorpommern durch den Ministerpräsidenten vertreten, der aber das verfassungsmäßige Recht hat, seine Befugnisse - und damit auch seine Pflichten - auf die Minister zu übertragen. Das ist erfolgt. Daher vertritt der Innenminister das beklagte Land als Organ des Bundeslandes in allen Angelegenheiten seines Geschäftsbereichs.

74

aa) Es kann nicht festgestellt werden, dass der jetzige Innenminister oder seine Vorgänger sich gegenüber dem Kläger pflichtwidrig verhalten haben, etwa indem sie ihn nicht ausreichend vor dem von ihm behaupteten Mobbing geschützt haben. Dafür wäre zumindest die Kenntnis der Gefährdung oder gar der Verletzung der Ehre oder des Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die als Organ handelnde Person erforderlich (BAG 16. Mai 2007 a. a. O.). Das ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

75

bb) Außerhalb der positiven Kenntnis des Innenministers käme nur noch die Verletzung der Pflicht zur Vorsorge vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Mobbing oder andere Verhaltensweisen in Betracht, die den Dienstherrn im Rahmen der Organisation und Überwachung des Dienstbetriebes trifft. Insoweit ist anerkannt, dass der Arbeitgeber ähnlich wie in § 618 BGB bezüglich der Ausrüstung der Arbeitsplätze auch bei der Arbeitsorganisation und der Überwachung des Betriebes dazu verpflichtet ist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Beschäftigten vor der Gefahr von Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorbeugend zu schützen und im Falle des Auftretens solcher Rechtsverletzungen diese frühzeitig erkennen zu können.

76

Eine Vernachlässigung dieser Organisations- und Überwachungspflicht zu Lasten des Klägers lässt sich vorliegend nicht feststellen. Der Kläger hat dazu nichts vorgetragen und auch sonst ist nicht ersichtlich, dass die Probleme, die der Kläger beschreibt, durch eine mangelhafte Organisation der Arbeit oder eine mangelhafte Überwachung des Dienstbetriebes hervorgerufen oder auch nur begünstigt worden sind.

77

cc) Das beklagte Land hat auch nicht durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers missachtet oder verletzt.

78

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Frage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

79

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Frage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

80

b) Auch Vorgesetzte des Klägers im Ministerium, die das beklagte Land zur Erfüllung seiner Fürsorge- und Schutzpflichten gegenüber dem Kläger eingesetzt hat, haben durch ihr Handeln das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt. Weder dem Leiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herr N. noch dem Referatsleiter 440 Herrn LKD M2 kann ein solcher Vorwurf gemacht werden.

81

aa) Der Leserbrief von Herrn M2 in der Zeitschrift "Der Kriminalist" Heft 2/2001 (Kopie Bl. 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M2 kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

82

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt ("verkürzte Sichtweise" und "falsches Vorverständnis"). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister "hinreißen lassen", greift ebenfalls noch nicht die Person an; das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

83

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

84

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine "beispiellose Herabwürdigung" erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

85

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium "zu Ihrer Kenntnis" an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung. Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Ministeriums deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

86

bb) Auch der Abteilungsleiter Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f).

87

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist in der Sache im Kern zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

88

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld ausgetragen werden, und der betroffene untergebene Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Weisungslage und den Wünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich durchgängig in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er im gesamten Rechtsstreit einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

89

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht, die wegen der Einbettung in die vorliegende Schadensersatz- und Entschädigungsklage trotz der Rechtskraft des Urteil in dem Abmahnungsrechtsstreit eigenständig vorzunehmen ist, nicht der Schluss ziehen, die aus hiesiger Sicht vielleicht übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und gepflegt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

90

c) Auch soweit sich die Vorwürfe des Klägers auf seine Vorgesetzten im LKA beziehen, kann eine weitere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht festgestellt werden.

91

aa) Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

92

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wieder vorfindbare Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

93

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen und ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass "im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen" im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

94

bb) Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine "im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation".

95

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Herrn LKD M2 aus dem Ministerium und den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn M3, beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, Herr Prof. W., war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf die Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

96

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn M3, aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

97

cc) Die handschriftlich verfasste Kritik des Leiters des Leitungsstabes im LKA Herrn LKD M. auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 109) hat zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, denn die Aussage "Thema verfehlt" in Verbindung mit seiner allein rückwärts gewandten weiteren Bemerkung "auch noch verspätet vorgelegt" vermittelt den Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers, die jedenfalls mit der Sachebene des Berichtsauftrages nichts mehr zu tun hat. Der Sache nach handelt es sich um einen Vermerk, der allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört hätte und nicht in die Sachakte, in die er aber als handschriftlicher Zusatz auf dem vom Kläger vorgelegten Dokument gelangt ist und dort auch von Personen wahrgenommen werden kann, denen gegenüber der Inhalt der Personalakte zum Schutz des Klägers geheim gehalten werden müsste.

98

Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts ist aber festzuhalten, dass es bis heute nicht ungewöhnlich ist, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen solche ins persönlich gehende Bemerkungen erlauben. Damit soll ein solches Vorgehen auf keinen Fall gerechtfertigt werden, es zeigt aber, dass darin keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck kommt. Letztlich handelt es sich daher wieder um eine "im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation", die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Darlegung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht ausreicht.

99

dd) Die Vorstellung des Klägers, seine Verpflichtung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

100

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt er im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an "kriminalwissenschaftlich qualifizierten" Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort "qualifiziert" in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

101

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht "nicht qualifizierten" Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

102

ee) Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

103

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

104

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

105

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die "deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing" als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit indirekt auch seinem Direktor unterstellt hat, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen den Kläger beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt und man ist daher sogar geneigt in seiner Erhebung eine Provokation durch den Kläger zu erkennen.

106

d) Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

107

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers in der Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Wenn ein Arbeitnehmer, dem aus gegebenem Anlass gesagt wird, er müsse sich fügen oder man müsse sich trennen, nicht bereit ist, sich zu fügen, dann sind die Künste der Personalführung erschöpft und die übergeordnete Behörde muss im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

108

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

109

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

110

Durch die Abordnung und spätere Versetzung hat das beklagte Land auch nicht zurechenbar die Gesundheit des Klägers geschädigt. Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen wird und er aufgrund einer Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einer gesundheitlichen Schwäche leidet, die seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

111

e) Weitere Verletzungen des Persönlichkeitsrechts kann das Gericht auch unter Einbeziehung der Behauptungen des Klägers nicht feststellen.

112

aa) Dem Arbeitsgericht muss in der Feststellung zugestimmt werden, dass die pauschale Behauptung des Klägers, er sei ständig herabgewürdigt worden, und man habe ständig schlecht über ihn geredet, in dieser Pauschalität einer gerichtlichen Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden kann. Das Gericht erkennt zwar auch, dass es schwer ist, solche Ereignisse und Eindrücke in einer gerichtlich verwertbaren Weise vorzutragen. Gleichwohl muss der Sachvortrag wenigstens so konkret sein, dass der Arbeitgeber sich zu ihm erklären kann. Dazu hätte es ja vielleicht zunächst gereicht, wenn der Kläger eine oder wenige markante Ereignisse schildert, von denen aus man dann unter Umständen auf weitere gleichgelagerte Ereignisse hätte schließen können. Der bloße nicht durch konkrete Tatsachen belegte Vorwurf, Herr LKD M2, Herr M3 oder andere Beschäftigte hätten sich negativ über ihn ausgelassen, kann aber für eine gerichtliche Verwertung nicht ausreichen.

113

bb) Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien in jener Konfliktzeit ebenfalls geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

114

Darauf ist der Kläger bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführlich hingewiesen worden. Daher reicht es aus hier festzuhalten, dass ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Fachvorgesetzten zu sehen ist, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Vorgesetzten, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurecht kommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Fachvorgesetzte daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle als Vorgesetzter heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

115

cc) Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im FOCUS vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

116

Auch die anderen bisher hier nicht ausdrücklich aufgegriffenen beiläufig erwähnten Vorfälle, lassen sich zum Beleg eines von einer feindlichen Einstellung geprägten Vorgehens gegen den Kläger nicht heranziehen, da sie ebenfalls spekulativ geblieben sind.

117

4. Die notwendige Gesamtbetrachtung führt - bis auf die aufgezeigte Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der 8monatigen Schwebezeit bis zur Abordnung und Versetzung - ebenfalls nicht zu weiteren für den Kläger günstigen Feststellungen.

118

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

119

5. Die wenigen festgestellten Verletzungen des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen dem erfolglosen Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung im Juni 2005 müssen in der Bewertung als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die inzwischen aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben können.

120

Das Gericht geht insoweit mit dem Kläger davon aus, dass die Ursachen für seine inzwischen ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen in seinem Arbeitsumfeld zu suchen sind. Da alle vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen einen solchen Zusammenhang zwischen der Arbeitssituation des Klägers und den aufgetretenen Beschwerden herstellen, kann zumindest ausgeschlossen werden, dass die Ursache für die depressive Verstimmung des Klägers in seinem familiären oder dem gesellschaftlichen Bereich, in dem er sich bewegt, zu suchen ist. Insoweit sieht das Gericht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine Ärzte bewusst hat falsch unterrichten wollen. Angesichts des Umstandes, dass es sich insoweit um Stellungnahmen eigens dafür ausgebildeter Fachleute handelt und alle diese Fachleute zur gleichen Aussage gelangen, sieht sich das Gericht nicht in der Lage, deren Befunde mit der abstrakten Gefahr, dass der Kläger sie bewusst getäuscht haben könnte, vom Tisch zu wischen.

121

Allerdings steht damit noch nicht fest, dass die gesundheitlichen Probleme des Klägers auf Handlungen der Dienststelle also auf ein vorwerfbares Verhalten seiner Vorgesetzten zurückzuführen sind. Vielmehr zeigt die oben vorgenommene Aufarbeitung der Konflikthistorie, dass sich der Kläger auch durch allein von ihm zu verantwortenden eigene Schritte in seine Außenseiterposition in der Dienststelle manövriert hat. Zudem muss beachtet werden, dass dem Kläger nach der Abordnung und Versetzung ärztlicherseits mehrfach eine Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt wurde. Für diese Ursache der Beschwerden des Klägers kann der Dienstherr nicht verantwortlich gemacht werden. Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst müssen die Bereitschaft zur Anpassung an veränderte Arbeitssituationen mitbringen, sonst fehlt ihnen die Eignung als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes tätig zu sein. Dies ergibt sich bereits aus der sehr weiten Versetzungsklausel in § 12 BAT-O bzw. heute § 4 TVL.

122

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der teilweise unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit zwischen dem erfolglos verlaufenen Personalgespräch und der Abordnung an eine andere Dienststelle auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

II.

123

Auch der Klageantrag zu 3 ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben I.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

III.

124

Der Kläger hat gegen das beklagte Land auch keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld (Klageantrag zu 1).

125

Der Schmerzensgeldanspruch kann jedenfalls nicht mit immateriellen Begleitschäden in Zusammenhang mit einer Gesundheitsschädigung verlangt werden, da eine vom beklagten Land schuldhaft verursachte Gesundheitsschädigung des Klägers nicht festgestellt werden kann (oben I.).

126

Der Schmerzensgeldanspruch kann vorliegend auch nicht auf die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts gestützt werden. Insoweit ist es zwar anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

127

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

128

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden könnte, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Die dazu erforderlichen Feststellungen können hier nicht getroffen werden.

129

Die schofelige Behandlung des Klägers in der Übergangszeit zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung acht Monate später (vgl. zu den Einzelheiten oben unter Punkt I.2.) kann noch nicht als eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bezeichnet werden.

130

Ausgangspunkt der Bewertung muss wiederum der zentrale Gedanke in der Rechtsprechung des BAG (16. Mai 2007 aaO) sein, dass die Auswirkungen einer "im Arbeitsleben üblichen Konfliktsituation" im Regelfall noch nicht das Niveau einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung erreichen können. Das erkennende Gericht versteht das dahin, dass die typischen Schwächen in der Personalführung, die auftreten, weil Vorgesetzte auch keine perfekten Menschen sind, die stets fehlerfrei führen, nicht geeignet sind, eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen. Im vorliegenden Fall geht das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers im LKA während der achtmonatigen Schwebephase bis zur Abordnung zwar erkennbar über das bloße gelegentliche suboptimale Führen der Untergebenen hinaus, denn es ist ein verbindendes Motiv erkennbar, dem Kläger das Leben im Dienst schwer zu machen, in dem man die angenehmen Seiten seines Dienstpostens einschränkt. Dennoch bleibt es ein Verhalten, das auf der Grenze liegt, denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - "nur" mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers. In der Gesamtbewertung muss auch mit beachtet werden, dass der Klägers durch seine nur schwer nachvollziehbare und unerwartet negative Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 sozusagen selbst den Personalführungsnotstand hervorgerufen hat, in dem ihn dann seine Vorgesetzten über eine Schwebephase von etwa acht Monaten bei drei oder vier Maßnahmen mit Bedacht unfair behandelt haben.

131

Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, dass dem Kläger bereits durch die Feststellung der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts im hiesigen Urteil ausreichend Genugtuung widerfährt, so dass es nicht erforderlich ist, ihn zusätzlich mit Geld zu entschädigen.

IV.

132

Da das Gericht den Schmerzensgeldanspruch des Klägers bereits dem Grunde nach verneint hat (oben III.) kann auch der Antrag zu 4, der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, nicht begründet sein. Insoweit hat für das Gericht daher auch kein Anlass bestanden, im Rahmen seiner Amtspflichten aus § 139 Absatz 1 ZPO im Dialog mit dem Kläger einen nach den Grundsätzen von § 253 ZPO zulässigen Antrag zu erarbeiten.

V.

133

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

134

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Rechtsfragen anhand der schon vorliegenden Rechtsprechung des BAG beantwortet werden konnten und abweichende Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte nicht ersichtlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Für die Vernehmung von Richtern, Beamten und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als Zeugen über Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, und für die Genehmigung zur Aussage gelten die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften.

(2) Für die Mitglieder des Bundestages, eines Landtages, der Bundes- oder einer Landesregierung sowie für die Angestellten einer Fraktion des Bundestages oder eines Landtages gelten die für sie maßgebenden besonderen Vorschriften.

(3) Eine Genehmigung in den Fällen der Absätze 1, 2 ist durch das Prozessgericht einzuholen und dem Zeugen bekannt zu machen.

(4) Der Bundespräsident kann das Zeugnis verweigern, wenn die Ablegung des Zeugnisses dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde.

(5) Diese Vorschriften gelten auch, wenn die vorgenannten Personen nicht mehr im öffentlichen Dienst oder Angestellte einer Fraktion sind oder ihre Mandate beendet sind, soweit es sich um Tatsachen handelt, die sich während ihrer Dienst-, Beschäftigungs- oder Mandatszeit ereignet haben oder ihnen während ihrer Dienst-, Beschäftigungs- oder Mandatszeit zur Kenntnis gelangt sind.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Zahlung von Schadenersatz und Entschädigung (Schmerzensgeld) wegen Mobbing durch Vorgesetzte zu Lasten der Klägerin.

2

Die in den 60er Jahren geborene Klägerin hat aufgrund des Zweiten Staatsexamens die Lehrbefähigung für das Lehramt an Beruflichen Schulen (Fachrichtung Gesundheit) und sie ist nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung voll ausgebildete Apothekerin. Sie ist seit September 2001 als vollbeschäftigte Lehrkraft bei dem beklagten Land (Beklagter zu 2) tätig. Die Vergütung der Klägerin erfolgt nach der Vergütungsgruppe IIa BAT-O bzw. nunmehr aus der Entgeltgruppe 13 des TV-L. Ihr Einkommen gibt die Klägerin mit rund EUR 4.500,00 an.

3

Bis zum 12. Februar 2007 war die Klägerin an der Beruflichen Schule ... am Klinikum ... und der Hansestadt Rostock tätig. Schulleiterin dort ist seit September 2005 die Beklagte zu 1. An der Schule werden verschiedenste Bildungsgänge angeboten. Die Schule ist einerseits eine Berufsschule, andererseits auch eine Höhere Berufsfachschule für Gesundheitsfachberufe und für Sozialpflege, eine Fachschule für Sozialpädagogik sowie eine Fachoberschule (FOS) für Sozialpädagogik. An der Berufsschule werden unter anderem die angehenden pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten (PKA) unterrichtet. Die Klägerin war entsprechend ihren Lehrbefähigungen sowohl in den PKA-Klassen als auch an der FOS - dort im Fach Chemie - eingesetzt. Außerdem hat sie für verschiedene weitere Ausbildungsberufe Arzneimittellehre unterrichtet.

4

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 hat die Klägerin die Versetzung in den Schulamtsbereich Schwerin beantragt (Kopie Blatt 101, es wird Bezug genommen). In dem Versetzungsantrag führt die Klägerin aus:

5

"Aufgrund der Vorkommnisse in den letzten Monaten ist die Vertrauensbasis zwischen Ihnen [gemeint ist die Beklagte zu 1], dem Schulamt und mir nachhaltig zerstört. Insbesondere Ihre Vorgehensweise im Zusammenhang mit der PKA 51 lässt mich zu dem Schluss kommen, dass ich den Erziehungs- und Bildungsauftrag laut Schulgesetz an der Beruflichen Schule ... nicht mehr in vollem Umfang erfüllen kann. Darum bitte ich Sie einer Versetzung zum 3. Januar 2007 zuzustimmen".

6

Seit dem 3. Januar 2007 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt, nach ihren eigenen Angaben litt sie seinerzeit an einer "tiefen Depression". Die von der Klägerin eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit den verschlüsselten Diagnosen weisen eine "somatoforme Störung", eine "Schlafstörung", eine "depressive Episode" und andere Krankheiten aus. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum 2. Februar 2007 an. Der Versetzung wurde zum 13. Februar 2007 zugestimmt. Seit dieser Zeit ist die Klägerin an einer beruflichen Schule in der Landeshauptstadt Schwerin tätig. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat die Klägerin erklärt, ihr Einsatz an der neuen Schule passe noch besser zu ihrem Qualifikationsprofil, als der Einsatz an der Schule in Rostock.

7

Der Versetzung war ein Konflikt der Klägerin mit der Beklagten zu 1 und anderen Beteiligten vorausgegangen, der sich über mehrere Monate hingezogen hat. Durch das Verhalten der Beklagten zu 1 in diesem Konflikt fühlt sich die Klägerin gemobbt. Ihren Versetzungsantrag sieht sie als eine Selbstschutzmaßnahme zur Verhinderung weitergehender Beschädigungen ihrer Person und ihrer Gesundheit.

8

Der Konflikt lässt sich an fünf Ereignissen und ihren Folgen festmachen, die sich zeitlich allerdings teilweise überlappt haben.

9

(1) Unter dem 7. Juni 2006, Eingang bei der Schulleitung am 16. Juni 2006, hat sich die Klasse FOS 42 bei der Beklagten zu 1 über den Unterricht der Klägerin im Fach Chemie in der Klasse beschwert. Das Schreiben ist von der Schülerin K. mit dem Datumszusatz 20. Juni 2006 unterzeichnet (Anlage 3 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1, hier Blatt 135 f). Die Beschwerde umfasst 4 Punkte. Die Klasse stand zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Abschlussprüfung, und alle wollten wissen, mit welchen Vornoten sie in die Prüfung gehen und ob sie mit einer Teilnahme an der - ungeliebten - mündlichen Prüfung rechnen müssen. Nach dem Vorbringen der Schüler soll die Klägerin ein Geheimnis aus den Vornoten gemacht haben. Sie soll dabei angedeutet haben, jeder der bei der letzten noch ausstehenden Klausur fehle, laufe Gefahr mündlich geprüft zu werden (Vorwurf 1). Außerdem soll die Klägerin die Einzelnoten aus dem letzten schriftlichen Leistungsnachweis (Protokoll) ungebührlich lange nicht mitgeteilt haben (Vorwurf 3). Im zweiten Punkt kritisieren die Schüler, dass die Klägerin im Februar 2006 die Hefter mit den Unterrichtsmitschriften der Schüler eingesammelt und bewertet habe, obwohl sie dies nicht bereits zu Beginn des Schuljahres angekündigt habe. Im vierten und letzten Punkt kritisieren die Schüler, dass die Klägerin schlecht ausgefallene schriftliche Leistungsnachweise mit derselben Aufgabenstellung nochmals hat wiederholen lassen.

10

Aufgrund dieser Beschwerde ist die Klägerin durch die Beklagte zu 1 zu einem Dienstgespräch am Nachmittag des 21. Juni 2006 eingeladen worden. Zur Akte ist eine schriftliche Einladung der Beklagten zu 1 vom 19. Juni 2006 gelangt (Kopie Anlage 2 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1, hier Blatt 134). Zwischen den Parteien ist allerdings streitig, ob die Klägerin diese Ladung, der eine Kopie der Beschwerde beigelegen haben soll, erhalten hat. Die Klägerin behauptet, ihr sei die Einladung nur mündlich mitgeteilt worden, und die Beschwerde sei ihr vor allen Mitgliedern der Prüfungskonferenz durch die Beklagte zu 1 ausgehändigt worden. Die Klägerin hat jedenfalls mit Schreiben vom 19. Juni 2006 (Kopie als Anlage B1 zur Klageerwiderung des beklagten Landes überreicht, hier Blatt 97) um Verlegung des Gesprächstermins gebeten, da sie an diesem Termin nur in Begleitung ihrer Rechtsanwältin teilnehmen wolle und diese zum genannten Termin andere Termine wahrzunehmen habe. Mit Schreiben vom 20. Juni 2006 (Kopie Anlage K2, hier Blatt 12) teilte die Beklagte zu 1 der Klägerin mit, dass der Gesprächstermin am 21. Juni 2006 um 15.00 Uhr bestehen bleibe und führte dazu weiter aus:

11

"Wenn Ihr Rechtsbeistand Ihre Rechtsanwältin ist, bin ich nicht gewillt, sie zu einem Dienstgespräch an unserer Schule zuzulassen. Bei einer öffentlichen Schule handelt es sich um einen rechtsfreien Raum."

12

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Juni 2006 (Anlage K3 zum Schriftsatz vom 18. Oktober 2007, hier Blatt 185) beharrte die Klägerin auf der Begleitung durch ihre Anwältin und hat abermals um Terminsverlegung gebeten. Daraufhin wurde die Klägerin zusätzlich noch durch Schreiben der zuständigen Schulrätin Frau H. vom 21. Juni 2006 (Anlage K1 zum Schriftsatz vom 18. Oktober 2007, hier Blatt 183) aufgefordert, zu dem angesetzten Gesprächstermin "persönlich und alleine zu erscheinen". Zusätzlich wurden für den Fall des Nichterscheinens "dienstrechtliche Konsequenzen" angedroht. Die Klägerin hat an dem Dienstgespräch am 21. Juni 2006 nicht teilgenommen. Einen weiteren Versuch, das Gespräch zu führen, hat es nicht gegeben. Es hat dann allerdings am 11. Juli 2006 ein Personalgespräch mit der Klägerin, ihrer Rechtsanwältin, der Schulrätin H. und einer Juristin des Schulamts gegeben, über das die Parteien in einem anderen Zusammenhang berichten. Anlass, Thematik und Ergebnis dieses Gespräches sind nicht mitgeteilt.

13

Unter dem 23. Juni 2006 hat die Schulrätin der Klägerin zu Händen der Rechtsanwältin mitgeteilt, man wolle die Klägerin wegen der Nichtteilnahme an dem Dienstgespräch abmahnen und hat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (Anlage K2 zum Schriftsatz vom 18. Oktober 2007, hier Blatt 184). Ob die Klägerin dazu Stellung genommen hat, ist nicht aufgeklärt. Jedenfalls ist die Klägerin für das Nichterscheinen zu dem Dienstgespräch nicht abgemahnt worden.

14

Allerdings wurde der Klägerin dann unter dem Datum des 12. Juli 2006 seitens der Beklagten zu 1 eine Abmahnung erteilt (Kopie als Anlage K3 überreicht, hier Blatt 13), die sich auf den zweiten Kritikpunkt der Schüler aus dem Beschwerdebrief bezieht. In der Abmahnung rügt die Beklagte zu 1, dass die Klägerin von den Schülern der Klasse FOS 42 im Februar 2006 deren Mitschriften aus dem Unterricht (Hefter) eingesammelt und einer Bewertung unterzogen hat. Damit habe die Klägerin gegen § 8 Absatz 6 der Verordnung zur Aufnahme, Ausbildung und Prüfung an Fachoberschulen und über den Erwerb der Fachhochschulreife (Fachoberschulverordnung - FOSVO MV) vom 26. September 2001 (GVBl. 2001, 412) verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist der Lehrer verpflichtet, die Schüler "zu Beginn des Bildungsgangs über die Art der geforderten Klausuren und über die Leistungsnachweise" zu informieren. Gegen diese Vorschrift habe die Klägerin verstoßen, weil sie nicht zu Beginn des Schuljahres angekündigt habe, dass sie die Hefter mit den Mitschriften der Schüler einsammeln und bewerten wolle.

15

Die Klägerin hat sich gegen diese Abmahnung gerichtlich zur Wehr gesetzt. Das Verfahren wurde beim Arbeitsgericht Rostock unter dem Aktenzeichen 2 Ca 1830/06 geführt. Weiterer Streitgegenstand war ein am 23. Juni 2006 erteiltes Zwischenzeugnis. Die Parteien schlossen in Erledigung dieses Rechtsstreites am 1. Februar 2007 vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich, nach dem die erteilte Abmahnung vom 12. Juli 2006 gegenstandslos ist und das Zwischenzeugnis entsprechend den Wünschen der Klägerin korrigiert wird (Kopie als Anlage K4 überreicht, hier Blatt 14).

16

(2) Wenige Tage vor den mündlichen Prüfungen in der 26. Kalenderwoche haben sich wiederum einige Schüler aus der Klasse FOS 42 sowie Schüler aus der Klasse FOS 51 bei der Schulleitung über die Klägerin beschwert. Es geht um eine Beschwerde von G. (FOS 51) vom 16. Juni 2006, eine Beschwerde von D. (FOS 42) vom 16. Juni 2006 sowie um eine Beschwerde von K. (FOS 42) vom 16. Juni 2006 (Kopien als Anlage 5 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1 überreicht, hier Blatt 137 ff). Alle drei Beschwerden, die in weiten Teilen wortgleich formuliert sind, betreffen abermals den Chemieunterricht der Klägerin. Alle drei Schülerinnen beschweren sich darüber, dass sie zur mündlichen Prüfung in diesem Fach antreten müssen und äußern Zweifel an der Kompetenz der Klägerin sie in der mündlichen Prüfung gerecht beurteilen zu können. Die Klägerin wurde zu diesen Beschwerden weder vorab angehört, noch wurden ihr diese ausgehändigt.

17

Im Rahmen der Zweiten Prüfungskonferenz im Sinne von § 31 FOSVO MV, die an der Schule am 19. Juni 2006 durchgeführt wurde, wurde - nach Angaben der beiden Beklagten - zwar eine der drei Beschwerden wörtlich verlesen und man hat dort wohl auch über die Beschwerde geredet; Entscheidungen sind dazu jedoch keine gefallen. Nach klägerischen Angaben ist ihr hier nur öffentlichkeitswirksam die Beschwerde vom 7. Juni 2006 überreicht worden; zu einem Verlesen einer der drei neuen Beschwerden sei es nicht gekommen. Das zu dieser Konferenz erstellte Protokoll ist trotz mehrfacher Ankündigung und Hinweis auf das Fehlen nicht zur Akte gereicht worden. Stattdessen hat die Beklagte zu 1 in Absprache und mit Billigung des Schulamtes für den 21. Juni 2006 morgens eine außerordentliche Prüfungskonferenz einberufen, die sich ausschließlich mit diesen drei Beschwerden vom 16. Juni 2006 befassen sollte. In diesem Rahmen hat die Beklagte zu 1 veranlasst, dass die drei - oder jedenfalls zwei der drei - Beschwerdebriefe vorgelesen wurden. Ausweislich des Protokolls (Anlage 6 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1, hier Blatt 140) dauerte die Konferenz knapp eine Stunde und alle drei Beschwerden wurden nach Hinweisen der Klägerin zu dem Umfang der Fehlzeiten der Schülerinnen im Fach Chemie auf Vorschlag aus dem Kollegenkreis einstimmig zurückgewiesen. Versuche der Beklagten zu 1, den Beschwerden eine weiter gehende Bedeutung beizumessen, endeten lediglich in dem Kompromiss, dass die Fachprüfungskommission umgebildet wurde. Sie sollte jetzt aus der Klägerin (wie bisher) und der Schulleiterin sowie Frau P. (beide neu) bestehen.

18

(3) Die Schülerin D. (FOS 42) betreffend gab es einen weiteren Konflikt. Die Klägerin hatte versucht, die Schülerin während einer Unterrichtsstunde einer mündlichen Leistungskontrolle im Fach Chemie zu unterziehen. Die Schülerin hatte bereits kurz nach Beginn der mündlichen Kontrolle das Klassenzimmer heulend verlassen. Die Klägerin hat der Schülerin dafür die Note "ungenügend" (6) erteilt.

19

Mit Schreiben vom 26. Juni 2006 (Anlage 8 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1, hier Blatt 146) ist die Klägerin durch die zuständige Schulrätin Frau H. aufgefordert worden, diese Note nicht in die Bewertung der fachlichen Leistung einzubeziehen und gegebenenfalls die Vornote der Schülerin noch vor der mündlichen Prüfung zu korrigieren. Da die Klägerin dem nicht nachgekommen ist, ist die Note von der Schulrätin selbst vor Beginn der mündlichen Prüfung gestrichen worden.

20

Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben, dass die betreffende Schülerin wegen eines Trauerfalls im engsten Familienkreis und damit einhergehender Arbeitsunfähigkeit über längere Zeit nicht am Unterricht teilgenommen hatte und die mündliche Leistungskontrolle durch die Klägerin kurz nach der Wiederaufnahme des Schulbesuchs vorgenommen worden war.

21

(4) Einige Monate später entflammte der Konflikt erneut an weiteren Beschwerden aus dem Kreise der Schüler. Betroffen war jetzt die Klasse PKA 51 mit der Klassenlehrerin Frau P., die gleichzeitig Bildungsgangleiterin für die Ausbildung der angehenden pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten ist. Die schriftlichen aber anonymen Beschwerden vom 23. und 30. November 2006 sind in Kopie zur Akte gelangt (Anlagenkonvolut 11 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1, hier Blatt 149 bis 151). Für die Schüler dieser Klasse standen am 25. November 2006 Zwischenprüfungen an und diese waren mehrfach Thema des Unterrichtsgesprächs der Klägerin. Gegenstand der Beschwerden ist eine Verunsicherung der Schüler über ihre Chancen auf eine faire Zwischenprüfung, die dadurch aufgekommen ist, dass sich die Klägerin sehr kritisch über Frau B., die Mitglied der zuständigen Zwischenprüfungskommission ist, geäußert hat. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin auch über Rechtsstreitigkeiten gegen das beklagte Land berichtet, die sich gegen die Bewertung von Prüfungsleistungen durch Frau B. richten und die - Einzelheiten sind nicht aufgeklärt - wohl gute Aussichten auf Erfolg hatten.

22

Die Schüler haben das Problem zunächst der Klassenleiterin vorgetragen, die dann gesagt haben soll, es wäre nicht das erste Mal, dass die Klägerin Schwierigkeiten mit einer Klasse habe. Nach dem Text der Beschwerde soll sich dann die Klasse dafür entschieden haben, zunächst doch noch einmal das Problem mit der Klägerin selbst zu erörtern. Dazu ist es dann aber nicht mehr gekommen, weil die Klägerin von der Aussprache über ihre Person mit Frau P. gehört hatte und sie darauf am 23. November 2006 im Flur des Schulgebäudes Frau P. - wohl aber auch umstehende Schüler aus der Klasse - lautstark kritisiert hatte. In der nächsten Schulstunde hat sie sich - so die Beschwerde - dann "maßlos enttäuscht" über die Klasse gezeigt. Außerdem soll die Klägerin in diesem Rahmen den Vorwurf erhoben haben, Frau P. wolle ihr nur "eins auswischen". In der Folgezeit soll sich das Klima des Unterrichts mit der Klägerin spürbar verschlechtert haben.

23

Die Beklagte zu 1 hat sodann versucht, diesen Vorgang durch die drei Abmahnungen vom 7. Dezember 2006 abzuarbeiten (Kopie Anlage 9 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1, hier Blatt 145 bis 148). Die Abmahnungen beziehen sich zum einen auf die Kritik an Frau B. vor den Schülern, auf die Offenbarung der Rechtsstreitigkeiten sowie auf den Umgang mit Frau P. auf dem Flur am 23. November 2006.

24

Die Klägerin bestreitet, dass ihr die Abmahnungen übermittelt worden sind. Sie hat von ihrem Inhalt jedenfalls am 9. Januar 2007 anlässlich einer Einsichtnahme in ihre Personalakte Kenntnis erlangt; bei dieser Gelegenheit sind der Klägerin dann Kopien der drei Abmahnungen ausgehändigt worden. Gegen diese Abmahnungen hat sich die Klägerin außergerichtlich zur Wehr gesetzt. An ihnen hat das beklagte Land dann im zeitlichen Zusammenhang mit der Versetzung der Klägerin nicht mehr festgehalten.

25

(5) Unter dem 13. Dezember 2006 haben sich dann abermals Schüler aus der Klasse PKA 51 schriftlich und unter Namensnennung bei der Beklagten zu 1 über die Klägerin beschwert (Kopie Anlage 12 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 1, hier Blatt 152). Gegenstand der Beschwerde sind einzelne konkret geschilderte Verhaltensweisen der Klägerin im Unterricht am 12. Dezember 2006, die - wenn man das Vorbringen der Schüler als wahr unterstellt - als willkürlich bezeichnet werden müssen. Diese Beschwerde war Anlass dafür, dass die Beklagte zu 1 nach Vorabsprache mit dem Schulamt am 14. Dezember 2006 einen unangekündigten Unterrichtsbesuch in der Klasse PKA 51 während des Unterrichts der Klägerin über 2 Unterrichtsstunden vorgenommen hat. Tags darauf hat die zuständige Schulrätin Frau H. aus demselben Anlass ebenfalls unangekündigt dem Unterricht der Klägerin in dieser Klasse für mehrere Unterrichtsstunden beigewohnt.

26

Während der Hospitation durch die Beklagte zu 1 kam es während des Unterrichts und damit vor der Klasse mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lehrkräften. Da die Klägerin den Unterricht 10 Minuten zu spät begonnen hatte, wurde sie deswegen zunächst von der Beklagten zu 1 vor der Klasse gerügt. Nachdem die Klägerin wieder mit dem Thema der Sitzordnung angefangen hatte (war bereits Gegenstand der Beschwerde vom 13. Dezember 2006), wurde sie von der Beklagten zu 1 aufgefordert, dieses Thema zurückzustellen und mit dem Unterricht zu beginnen. Darauf hat sich die Klägerin über die unangekündigte Hospitation beklagt und erklärt, sie sei nicht in der Lage ihren Unterrichtsstoff zu vermitteln.

27

Auch während der Hospitation durch die Schulrätin kam es zu einem Disput über die Hospitation. Insoweit hat die Klägerin vor der Klasse den Standpunkt geäußert, dass die Schulrätin nach Auskunft des Personalrats nicht unangekündigt hospitieren dürfe.

28

Die Schulrätin hat den Unterrichtsbesuch mit der Klägerin noch am selben Nachmittag mündlich ausgewertet und ihr im Ergebnis aufgegeben, aussagekräftige Stoffverteilungspläne vorzulegen.

29

Die Unterrichtsbesuche waren dann für den Leiter des Schulamtes Herrn B. Anlass, die Klägerin für den 20. Dezember 2006 zu einem Personalgespräch in das Schulamt zu bitten, und er hat sie in diesem Zusammenhang angewiesen, zu diesem Termin auch die von der Schulrätin erbetenen Stoffverteilungspläne mitzubringen. Die Klägerin ist zu diesem Termin - ohne Rechtsanwältin - erschienen und sie hat sich für die Vorfälle entschuldigt. Stoffverteilungspläne, die aus der Sicht der Schulaufsicht ordnungsgemäß waren, konnten nicht vorgelegt werden.

30

Obwohl dann bereits Anfang Januar 2007 klar war, dass man dem inzwischen auf dem vorgesehenen Formblatt korrekt und ohne vorwurfsvollen Unterton eingereichten abermaligem Versetzungsgesuch der Klägerin vom 10. Januar 2007 (Anlage K17, hier Blatt 48) entsprechen wollte, hat man es dann aber doch noch für nötig befunden, der Klägerin nochmals 2 Abmahnungen wegen der Vorfälle im Zusammenhang mit den Unterrichtsbesuchen zu erteilen. Die Abmahnung der Schulrätin H. (Stoffverteilungspläne, Disput vor der Klasse, klägerische Vorwürfe beim Personalgespräch am 20. Dezember 2006) stammt vom 15. Januar 2007 und die der Beklagten zu 1 (wegen der Verspätungen der Klägerin am 14. Dezember 2006) vom 16. Januar 2007. Beide Abmahnungen sind im zeitlichen Zusammenhang mit der Versetzung dann als gegenstandslos bezeichnet worden (Schreiben des beklagten Landes vom 7. Februar 2007, hier Blatt 28).

31

Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung im April 2007 begehrt die Klägerin mit der am 19. Juli 2007 beim Arbeitsgericht Rostock anhängig gemachten Klage Schadensersatz und Schmerzensgeld von den beiden Beklagten. Das Arbeitsgericht Rostock hat die Klage mit Urteil vom 29. November 2007 abgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz Bezug genommen. Das Urteil ist der Klägerin am 13. Februar 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung ist am 11. März 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und mit Schriftsatz vom 11. März 2008, Gerichtseingang per FAX am 11. April 2008, begründet worden.

32

Die Klägerin verfolgt im Berufungsrechtszug ihr Begehren in vollem Umfang weiter. Sie ist der Auffassung, die Beklagte zu 1 habe in schwerwiegender, rechtswidriger und schuldhafter Weise in ihr Persönlichkeitsrecht eingegriffen und das ebenfalls beklagte Land habe dies nicht unterbunden.

33

Es sei überflüssig und verletzend gewesen, die drei Beschwerdebriefe in der Zweiten bzw. der außerordentlichen Prüfungskonferenz am 19. und 21. Juni 2006 zu verlesen. Die Briefe hätten viele unberechtigte Vorwürfe enthalten und es habe kein Anlass bestanden, diese vor der Kollegenschaft in dieser Breite publik zu machen; man hätte die Vorwürfe zunächst mit ihr besprechen müssen. Dazu hätte man ihr auch die Beschwerdebriefe zunächst einmal zur Stellungnahme vorlegen müssen. Zu dem Dienstgespräch am Nachmittag des 21. Juni 2006 habe sie keine schriftliche Einladung durch die Beklagte zu 1 bekommen, was wiederum zeige, dass die Beklagte zu 1 sie unfair behandelt habe.

34

Die Klägerin behauptet weiter, sie sei durch die Beklagte zu 1 bereits vor der entsprechenden Aufforderung durch die Schulrätin angewiesen worden, die von ihr erteilte Note "ungenügend" gegenüber der Schülerin D. zurückzunehmen; dies habe ausschließlich der Untergrabung der Autorität und Eigenverantwortlichkeit der Klägerin gedient.

35

Das Einsammeln und Bewerten der Schülermitschriften in der Klasse FOS 42 im Februar 2006 sei nicht rechtswidrig gewesen. Die Maßnahme sei als eine Chance für die Schüler gedacht gewesen, auf relativ einfach Weise ihre Noten aufzubessern. Sie habe das Einsammeln auch 3 Wochen vorher angekündigt, damit genügend Zeit besteht, die Mitschriften zu vervollständigen.

36

Dass die Beklagte zu 1 und die Schulrätin ihre Unterrichtsbesuche nicht angekündigt hätten, sei gegen ihre Person gerichtet gewesen, denn im Normalfall müssten solche Besuche immer angekündigt werden. Durch die Äußerungen der Beklagten zu 1 vor der Klasse am 14. Dezember 2006 sei sie so verunsichert worden, dass sie den Unterricht nicht mehr habe durchführen können.

37

Gerade die Häufigkeit der ihr gegenüber ausgesprochenen Abmahnungen, von denen letztlich keine vor Gericht Bestand gehabt habe, zeige, dass man bewusst gegen sie agiert habe. Das komme letztlich auch in dem lange andauernden Streit um ein Zwischenzeugnis zum Ausdruck, das Passagen zu ihrem Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen enthalten habe, die unwahr waren und die geeignet waren, sie in Misskredit zu bringen.

38

Der Zusammenhang zwischen dieser gezielten Zermürbung und der dann im Januar und Februar 2007 ausgebrochenen Krankheit liege auf der Hand. Weitere Gesundheitsschäden habe sie nur dadurch abwenden können, dass sie sich an eine andere Schule habe versetzen lassen. In der Folge davon würden ihr jetzt aber erhöhte Fahrtkosten (200 Kilometer pro Schultag) entstehen, die beide Beklagten als Schadensersatz auszugleichen hätten. Wegen der immateriellen Schäden sei eine Entschädigung (Schmerzensgeld) zu zahlen.

39

Durch die Versetzung auf unabsehbare Zeit, gegebenenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an welchem sie einen vergleichbaren Arbeitsplatz an ihrem Wohnsitz in Rostock finden würde, würden weitere Fahrkosten entstehen, damit habe sie auch ein diesbezügliches Feststellungsinteresse für die Zukunft.

40

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

41

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von EUR 13.520,00 und Schadenersatz von Höhe von EUR 2.576,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus EUR 6.000,00 seit dem 27. April 2007 zu zahlen sowie aus weiteren EUR 10.096,00 seit Rechtshängigkeit.

42

2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, sämtliche der Klägerin aus der Versetzung weiter entstehenden Fahrtkosten bis zu dem Zeitpunkt zu ersetzen, in welchem die Klägerin eine adäquate Anstellung in Rostock gefunden hat.

43

Beide Beklagte beantragen gleichlautend,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Beide Beklagte halten die Klage soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1 richtet für unzulässig. Beide Beklagten halten die Klage im Übrigen auch für unbegründet.

46

Die Beklagte zu 1 führt aus, sie habe in der Zweiten Prüfungskonferenz am 19. Juni 2006 der Klägerin keine Beschwerdebriefe überreicht, vielmehr habe die kommissarische Abteilungsleiterin einen der Beschwerdebriefe verlesen. Es sei auch nicht so, dass die Klägerin von den Beschwerdebriefen keine Kenntnis gehabt habe, denn sie habe sich schriftsätzlich am 19. Juni 2006 gegenüber der Beklagten zu 1 zum Inhalt der Beschwerden eingelassen.

47

Die Beklagte zu 1 habe nach Rücksprache mit dem Schulamtsleiter Herrn B. eine außerordentliche Prüfungskonferenz für den 21. Juni 2006 einberufen müssen, weil entsprechend der drei Beschwerden diese Schülerinnen nicht bereit gewesen seien, sich von der Klägerin prüfen zu lassen. Da der Inhalt dieser Briefe auf Unregelmäßigkeiten schließen ließ, hätten diese durch die Prüfungskonferenz geklärt und bewertet werden müssen.

48

Ein Brief, der dieser Konferenz zugrunde gelegen habe, sei durch die kommissarische Abteilungsleiterin zur Kenntnis gegeben worden, zwei weitere Briefe seien mündlich von der Beklagten zu 1 den Teilnehmern dieser Konferenz übermittelt worden. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer Diensterfüllung korrekt gehandelt und wegen der Eilbedürftigkeit hätte keine andere Möglichkeit bestanden, die Mitglieder der Prüfungskonferenz über den Inhalt der Schülerbriefe in anderer Weise zu informieren. Nicht die Beklagte zu 1 habe die Klägerin in einem schlechten Licht dargestellt, sondern Hauptanliegen der Konferenz sei es gewesen, die von den Schülern erhobenen Vorwürfe zu prüfen und die Klägerin möglicherweise vor unberechtigten Vorwürfen aus dem Kreis der Schüler zu schützen.

49

Nicht die Beklagte zu 1 habe der Klägerin aufgegeben, die Note "ungenügend" zurückzunehmen, sondern die zuständige Schulrätin habe dies durch ihr Schreiben vom 26. Juni 2006 gefordert.

50

Die Abmahnung vom 12. Juli 2006 sei zu Recht ergangen, denn nach § 8 Abs. 1 und 2 FOSVO MV sei der Lehrer verpflichtet, zu Beginn des Bildungsganges über die Art der geforderten Klausuren und über die Leistungsnachweise zu informieren. Dies habe die Klägerin nicht beachtet und nach eingehender Erörterung und unter Mithilfe des Gerichtes mit Blick auf das jedenfalls im Zusammenhang mit dem Schulamt Rostock zu beendende Arbeitsverhältnis sei auf die Durchsetzung des Rechtsstandpunktes verzichtet worden.

51

Auch die Abmahnungen vom 7. Dezember 2006 seien berechtigt und zutreffend gewesen. Man habe später nur auf die Durchsetzung des Rechtsstandpunkts wegen der Versetzung verzichtet.

52

Eine unangekündigte Hospitation sei nach § 3 Abs. 6 der vorläufigen Dienstordnung möglich. Die Klägerin sei am 14. Dezember 2006 mit einer Verspätung von 10 Minuten in der ersten Stunde erschienen und nach Ermahnung durch die Beklagte zu 1, den Unterricht pünktlich zu beginnen, habe die Klägerin die zweite Stunde trotzdem wieder mit einer Verspätung von 4 Minuten begonnen. Da die Entschuldigung der Klägerin unzureichend gewesen wäre, wäre die Abmahnung vom 16. Januar 2007 erforderlich gewesen.

53

Die Beklagte zu 1 habe anlässlich der Hospitation feststellen müssen, dass die Klägerin Stoffverteilungspläne nicht vorlegen konnte bzw. diese vollkommen unzulänglich gewesen seien. Die Stoffverteilungspläne seien auch Gegenstand des Gespräches mit dem Schulamtsleiter am 20. Dezember 2006 gewesen und da die Klägerin diese in der Besprechung am 20. Dezember 2006 nicht vorlegen konnte, habe sie nicht hoffen dürfen, dass die Unzulänglichkeiten nicht geahndet werden würden.

54

Das beklagte Land (Beklagter zu 2) trägt ergänzend vor, die Klage sei abweisungsreif, da mögliche Ansprüche bereits nach § 37 TV-L verfallen seien.

55

Außerdem sei die Klage auch in der Sache nicht begründet, da keine schwerwiegenden, rechtswidrigen und schuldhaften Persönlichkeitsrechtsverletzungen begangen worden seien. Nach § 100 Abs. 2 Schulgesetz würden die Lehrer in eigener Verantwortung unterrichten und erziehen und seien gebunden an die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, an Beschlüsse von Konferenzen und Anordnungen der Schulaufsicht. Im Juni 2006 seien Beschwerden der Klassen FOS 42 an die Schulleiterin herangetragen worden, diese habe man abarbeiten müssen. Die Dringlichkeit des Dienstgesprächs, das für den 21. Juni 2006 kurzfristig angesetzt wurde, habe sich aus der in der Anschlusswoche stattfindenden mündlichen Prüfung ergeben.

56

Hospitationen seien sowohl durch den Schulleiter als auch durch die Schulrätin entsprechend der vorläufigen Dienstordnung zulässig und erforderlich und würden insbesondere dann notwendig werden, wenn Beschwerden von Schülern vorliegen würden.

57

Der Stoffverteilungsplan sei von dem Schulamtsleiter Herrn B. bzw. von der Schulrätin Frau H. gefordert worden und nach einer Diskussion von Seiten der Klägerin, ob sie überhaupt verpflichtet sei, einen solchen Stoffverteilungsplan vorzulegen, hätten die am 20. Dezember 2006 von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht den allgemeinen Anforderungen entsprochen. Da die Klägerin einer Aufforderung vom 20. Dezember 2006 zur Nachbesserung nicht nachgekommen sei, sei das Verhalten der Klägerin abgemahnt worden.

58

Die von der Klägerin angeführten Abmahnungen seien im Rahmen von Vergleichen zurückgezogen worden, um der Klägerin einen unbelasteten Start an ihrer neuen Dienststelle zu ermöglichen. Der Sache nach wären sie alle zu Recht erteilt worden.

59

Die Beklagte zu 1 sei als Schulleiterin Vorgesetzte von 61 Lehrkräften und darüber hinaus für ca. 1.300 bis 1.400 Schüler verantwortlich und es sei daher nachvollziehbar, dass nicht alle Entscheidungen einzig und allein entsprechend den Vorstellungen der Klägerin getroffen werden könnten.

60

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

61

Die Berufung ist nicht begründet.

I.

62

Die gegen die Schulleiterin als Beklagte zu 1 gerichtete Klage ist zulässig aber nicht begründet.

63

1. Die Klage ist zulässig. Auch das Verhältnis von Arbeitnehmern, die gemeinsam in einer Dienststelle arbeiten, unterliegt rechtlichen Regelungen. Diese sind lediglich anderer Natur als die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Ihre Grundlage bildet § 823 BGB. Ihre Verletzung kann Schadensersatzpflichten auslösen und gegebenenfalls auch die Pflicht Schmerzensgeld zu zahlen. Zur Entscheidung solcher kollegialer Streitigkeiten in der Dienststelle ist die Arbeitsgerichtsbarkeit nach § 2 Absatz 1 Nr. 9 ArbGG berufen.

64

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet, da die Beklagte zu 1 weder das Persönlichkeitsrecht der Klägerin noch deren Gesundheit in einer schadensersatzpflichtigen Weise verletzt hat. Obwohl erhebliche Auffälligkeiten im Umgang mit der Klägerin festzustellen sind, ergeben sich daraus für die Klägerin weder Ansprüche auf Schadensersatz noch Ansprüche auf Entschädigung (Schmerzensgeld).

65

a) Eine Schadensersatz auslösende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch die Beklagte zu 1 kann nicht festgestellt werden.

66

aa) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht - ein "sonstiges Recht" im Sinne von § 823 Absatz 1 BGB - ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört nicht nur der sogenannte Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen gerichtet ist, sondern auch die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs. Das Persönlichkeitsrecht umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch Andere (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - AP Nr. 6 zu § 611 BGB Mobbing = NZA 2008, 223 = DB 2008, 135). Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts fordert eine gezielte Maßnahme, die sich gegen die Person und ihren Geltungsanspruch richtet (LAG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - demnächst über juris.de verfügbar).

67

Ob das Persönlichkeitsrecht im Einzelfall verletzt ist, lässt sich allerdings - worauf bereits das Arbeitsgericht hingewiesen hat - nur auf Grund einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände beurteilen (BAG 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8 = EzA BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 2), da das Persönlichkeitsrecht ein sog. offenes Recht ist. Die Rechtswidrigkeit muss durch Abwägung der betroffenen Interessen im Einzelfall erst positiv festgestellt werden. Dabei ist zu klären, ob der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers gegenübersteht und dann, ob das Persönlichkeitsrecht deutlich überwiegt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mobbing = NZA 2007, 1154).

68

Zu berücksichtigen ist dabei, dass sozial- oder rechtsadäquate Verhaltensweisen als Ansatzpunkt für die Feststellung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ungeeignet sind. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, haben daher keine Bedeutung für die Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die kritischen Verhaltensweisen sind aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise und ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers zu bewerten (BAG 16. Mai 2007 aaO). Dies gilt auch für das Verhältnis von Vorgesetzten zu Untergebenen. Da die Kunst der Personalführung leider von den meisten Personalvorgesetzten nicht fehlerfrei beherrscht wird, kann von Fehlern in der Führung des untergebenen Personals nicht ohne Weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem untergebenen Arbeitnehmer geschlossen werden (LAG MV aaO). Zur Abgrenzung ist vielmehr auf weitere Kriterien zurückzugreifen, die das BAG beispielhaft für den Bereich arbeitgeberseitiger Weisungen aufgestellt hat.

69

Nach der Rechtsprechung des BAG kann in Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gesehen werden. Weisungen, die den Rahmen des Direktionsrechts überschreiten, sind umgekehrt nicht von vornherein Anzeichen für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts. Denn Weisungen, denen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen, können auch dann, wenn der Arbeitgeber sein Weisungsrecht überschreitet, im Regelfall nicht als Ausdruck einer feindlichen Einstellung gewertet werden. An der notwendigen Systematik des Vorgehens kann es darüber hinaus fehlen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzten, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinander folgen, in seiner Arbeitsleistung kritisiert oder schlecht beurteilt wird. Ebenfalls können Verhaltensweisen von Arbeitgebern oder Vorgesetzten nicht in die Prüfung einbezogen werden, die lediglich eine Reaktion auf Provokationen durch den vermeintlich in seinen Rechten verletzten Arbeitnehmer darstellen. Insoweit fehlt es an der notwendigen eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation (BAG 16. Mai 2007 aaO und 25. Oktober 2007 aaO).

70

bb) Das Verhalten der Beklagten zu 1 in Zusammenhang mit dem Konflikt der Klägerin mit Schülern aus der Klasse FOS 42 im Juni 2006 gibt zwar bei einer rückblickenden Betrachtung Anlass zur Kritik an der Personalführung durch die Beklagten zu 1. Das Gericht sieht sich aber nicht in der Lage, hier ein gezieltes Vorgehen zur Schädigung der Klägerin zu erkennen.

71

Im Gegensatz zum Arbeitsgericht und im Gegensatz zu den Schriftsätzen der Parteien hält es das Gericht für geboten, die Beschwerde vom 7. Juni 2006, die von der Schülerin K. im Namen der Klasse unterzeichnet ist, und die drei weiteren Beschwerden vom 16. Juni 2006 gesondert zu betrachten. Die Beschwerde vom 7. Juni betrifft den Unterricht der Klägerin im Fach Chemie in dieser Klasse; die weiteren Beschwerden vom 16. Juni 2006 betreffen dagegen die anstehende mündliche Prüfung und die Sorge der Schülerinnen, die Klägerin könne sie nicht objektiv prüfen. Die Beschwerden vom 16. Juni 2006 betreffen die Prüfung und ihre Entscheidung gehört daher in die Kompetenz der Prüfungskonferenz. Dagegen betrifft die Beschwerde vom 7. Juni den Unterricht, so dass der Konflikt mit der Klägerin, den Schülern und der Schulleitung gegebenenfalls unter Einschaltung weiterer Personen oder Stellen zu klären war. Insoweit hat auch die Beklagte zu 1 alles richtig gemacht, denn sie hat für die Beschwerde vom 7. Juni zu dem "Konfliktgespräch" am 21. Juni eingeladen und hat nur die drei anderen Beschwerden auf die Tagesordnung der Prüfungskonferenz gesetzt.

72

aaa) Dass die Beklagte zu 1 - nach den streitig gebliebenen Einlassungen der Klägerin - die Beschwerde vom 7. Juni der Klägerin im Rahmen der Prüfungskonferenz vom 19. Juni 2006 übergeben hat, kann das Gericht nicht als auffällig erkennen. Im Sinne einer perfekten Personalführung wäre es sicher geschickter gewesen, sich dafür einen Raum und eine Gelegenheit zu suchen, bei der es nicht so viele ungebetenen Zuhörer gegeben hätte. Auf der anderen Seite muss berücksichtigt werden, dass Beschwerden aus dem Schülerkreis stets auch den Lehrkörper als Ganzes angehen und die Notwendigkeit der weiteren Aufklärung des Anlasses der Beschwerde ohnehin dazu führt, dass andere Lehrkräfte gewahr werden, dass es Beschwerden gegen die Klägerin gibt. Jedenfalls ist insoweit auch nicht erkennbar, dass die Beklagte zu 1 die Anwesenheit der Mitglieder der Prüfungskonferenz dazu genutzt hat, um die gegen die Klägerin gerichtete Beschwerde öffentlichkeitswirksam publik zu machen.

73

Auffällig ist dann allerdings der Wechsel des Charakters des ins Auge gefassten Termins am 21. Juni 2006. Während es anfangs lediglich ein "Konfliktgespräch" hätte sein sollen, also ein gemeinsames Gespräch mit den Sprecherinnen der Klasse, der Klägerin und der Schulleiterin zur Beilegung des Konflikts, war es zum Schluss wohl als Personalgespräch unter Beteiligung der Schulrätin gedacht, in dem das Verhalten der Klägerin in diesem Konflikt thematisiert werden sollte. Dass die Beklagte zu 1 - aber auch die Schulrätin - diesen Themenwechsel nicht offen gelegt haben, ist ein Grund für die Verunsicherung der Klägerin, die bei ihr dazu führte, das Gespräch nur in Anwesenheit ihrer Rechtsanwältin führen zu wollen.

74

Dass man der Klägerin die Teilnahme ihrer Rechtsanwältin an dem Gespräch verweigert hatte, ist angesichts der angekündigten Teilnahme der Schulrätin grotesk und muss als markanter Fehler in der Personalführung durch die Beklagte zu 1 - aber auch durch die Schulrätin - angesehen werden. Die dafür gegebenen Begründung ("Schule als rechtsfreier Raum") zeigt jedoch deutlich, dass dieses Verhalten auf einer Fehleinschätzung der Rechtslage beruht und daher als Beweis für eine feindliche Einstellung gegenüber der Klägerin nicht taugt.

75

Die weitere Bearbeitung dieses Konflikts bis hin zur Abmahnung vom 12. Juli 2006 lag nicht mehr in der Hand der Beklagten zu 1, so dass ihr in diesem Konflikt insgesamt nicht der Vorwurf gemacht werden kann, sie habe durch die Behandlung der Klägerin eine feindliche Einstellung ihr gegenüber zum Ausdruck gebracht.

76

bbb) Im Ergebnis gilt auch für die drei mehr oder weniger gleichlautenden Beschwerden vom 16. Juni 2006 nicht anderes.

77

Das Landesarbeitsgericht hat den Eindruck gewonnen, dass die Beklagte zu 1 den Beschwerden weit mehr Bedeutung beigemessen hat, als sie eigentlich hatten. Das Gericht fühlt sich dabei durch die Behandlung der Beschwerden in den beiden Prüfungskonferenzen bestätigt. Denn nach den Hinweisen der Klägerin auf die Fehlzeiten der drei Beschwerdeführerinnen wurden die Beschwerden gegen die Anordnung der Teilnahme an der mündlichen Prüfung auf Antrag aus dem Kollegenkreis sehr schnell als unbegründet zurückgewiesen. Auch hinsichtlich des weiteren Kritikpunktes der Schülerinnen - Sorge vor einer Unbefangenheit der Klägerin in der mündlichen Prüfung - hat die Prüfungskonferenz - ohne weitere Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts - eine eher pragmatische Lösung gewählt und hat der Klägerin lediglich zwei Kontrolleure als Mitglieder der Prüfungskommission zur Seite gesetzt. Da zum Ablauf der Prüfung im hiesigen Rechtsstreit keine Kritik erhoben wurde, gab es wohl auch an der Abnahme der mündlichen Prüfung durch die Klägerin weder von Seiten der Schülerinnen noch von Seiten der andern Mitglieder der Prüfungskommission Anlass zur Kritik.

78

Auch dass die Beklagte zu 1 ohne vorhergehende eigene Aufklärung des Sachverhalts die drei Beschwerden einfach so in die Prüfungskonferenz gibt und sie dort auch noch vorlesen lässt, ist auffällig und deutet darauf hin, dass die Beklagte zu 1 möglicherweise noch mehr Ziele verfolgte als nur die Abarbeitung der Beschwerden. Dazu passt auch der Umstand, dass man der Klägerin die Beschwerden zuvor gar nicht ausgehändigt hatte, was zumindest als sehr unhöflich gewertet werden muss. Schließlich will es dem Gericht nicht so richtig einleuchten, weshalb für die Entscheidung über diese drei Beschwerden eine außerordentliche Prüfungskonferenz einberaumt werden musste. Denn die Beschwerden lagen der Schulleitung bereits zu dem Termin der gesetzlich vorgeschriebenen Zweiten Prüfungskonferenz am 19. Juni 2006 vor, und nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 ist eine der drei Beschwerden sogar an diesem Tag bereits verlesen worden. Eine Vertagung der Entscheidung hätte daher nur vor dem Hintergrund weiterer Versuche der Aufklärung des Sachverhalts Sinn gemacht, was aber offensichtlich nicht das Ziel war, denn der Sachverhalt ist bis zur außerordentlichen Prüfungskonferenz nicht weiter aufgeklärt worden.

79

Es kann daher der Verdacht nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Beklagte zu 1 aus Anlass der drei Schülerbeschwerden vom 16. Juni 2006 versucht hat, das Ansehen der Klägerin im Kollegenkreis zu beschädigen. Einer weiteren Aufklärung dieses Verdachtsmoments bedarf es jedoch vorliegend nicht, da aus diesem Verhalten, selbst dann, wenn man es als eine gezielte gegen die Klägerin gerichtete Attacke bewerten müsste, weder eine Pflicht zum Schadensersatz noch zur Entschädigung folgt. Die Einzelheiten hierzu werden unten nach der Bewertung aller streitigen Einzelereignisse ausgeführt.

80

cc) Bezüglich der Aufforderung der Beklagten zu 1 an die Klägerin bei der Schülerin D. die Note "ungenügend" (6) für den einen fehlgeschlagenen Versuch, ihre Leistung einer mündlichen Kontrolle zu unterziehen, zu streichen, kann das Gericht keine feindliche Einstellung gegenüber der Klägerin erkennen. Es braucht daher nicht aufgeklärt zu werden, ob auch die Beklagte zu 1 schon eine solche Forderung gegenüber der Klägerin erhoben hat.

81

Dabei geht das Gericht sogar mit der Klägerin davon aus, dass es formal denkbar ist, einer Schülerin, die sich einer mündlichen Leistungskontrolle durch Verlassen des Unterrichtsraums entzieht, dafür die Note "ungenügend" zu erteilen. Die Klägerin übersieht jedoch, dass der Lehrer bei der Notengebung stets einen Beurteilungsspielraum hat, den er auch ausüben muss, und dass im streitigen Fall die Umstände auf der Hand liegen, die die Schülerin daran gehindert haben, einen ihrem Potential entsprechenden Beitrag zu erbringen. Vor dem Hintergrund des noch nicht vollständig verarbeiteten Todes im engsten Familienkreis war die Schülerin offensichtlich überfordert und der Versuch, ihre Leistung zu überprüfen, war untauglich; er durfte daher nicht bewertet werden. - Da die Schüler von dem Drängen der Schulleitung und später der Schulrätin nicht unterrichtet wurden, wurde die Klägerin durch diese Anweisung auch nicht vor den Schülern bloßgestellt. Sie hatte so vielmehr sogar die Chance, das Annullieren der Note gegenüber der Klasse noch als eine eigene Entscheidung aufgrund nachträglicher besserer Erkenntnis zu vertreten.

82

dd) Hinsichtlich der Behandlung der Beschwerden aus der Klasse PKA 51 vom 23. und vom 30. November 2006 kann man der Beklagten zu 1 nicht den Vorwurf machen, sie habe das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt.

83

Die Beklagte zu 1 ist hier - soweit dazu Parteivortrag vorliegt - nur durch die drei Abmahnungen vom 7. Dezember 2006 in Erscheinung getreten. Insoweit kann offen bleiben, ob die Abmahnungen kunstgerecht und zutreffend erteilt worden sind. Denn vorliegend wird nicht um die Abmahnung gestritten, sondern um die Frage, ob die Beklagte zu 1 in Angesicht der Beschwerden vom 23. und 30. November 2006 übertrieben gegenüber der Klägerin reagiert hat und ob sich daraus auf eine feindliche Einstellung gegenüber der Klägerin schließen lässt. Das ist zu verneinen.

84

Ausgangspunkt der Überlegungen müssen die Schülerbeschwerden selbst sein. Zu den darin erhobenen Vorwürfen hat sich die Klägerin weder im außergerichtlichen Schriftverkehr hinsichtlich des Verlangens die Abmahnungen zurückzunehmen, noch im vorliegenden Rechtsstreit erklärt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht, in der die Beschwerden der PKA 51 und die Reaktion der Schulleitung ausführlich erörtert wurden, hat die Klägerin nicht behauptet, dass die erhobenen Vorwürfe unzutreffend seien. Sie hat vielmehr nur hervorgehoben, dass aus ihrer Sicht die Klassenleiterin Frau P. die Schülerproteste gesteuert habe. Damit ist festzustellen, dass sich die Klägerin vor der Klasse abfällig über Frau B., die mit dazu berufen war, die Prüfung abzunehmen, geäußert hat. Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerin vor der Klasse über Rechtsstreitigkeiten betreffend Prüfungsbeiträgen von Frau B. berichtet hat. Letztlich ist sogar die lautstarke Auseinandersetzung zwischen Frau P. und der Klägerin auf dem Flur in Anwesenheit weiterer Schüler der Klasse unstreitig.

85

Alle drei Verhaltensweisen der Klägerin geben einen sachlichen Anlass zur Beanstandung gegenüber der Klägerin. Ob es klug war, dies in Form von drei Abmahnungen abzuarbeiten, braucht nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls steht fest, dass die Beklagte zu 1 hier nur auf ein Fehlverhalten der Klägerin im Unterricht beziehungsweise vor den Schülern reagiert hat. Eine feindliche Einstellung gegenüber der Klägerin kann das Gericht darin nicht erkennen.

86

ee) Eine gezielte Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin in Zusammenhang mit der weiteren Beschwerde aus der Klasse PKA 51 vom 13. Dezember 2006 kann das Gericht ebenfalls nicht erkennen.

87

Die Vorwürfe, die in dieser Beschwerde erhoben wurden, waren so gravierend, dass die Schulleitung gezwungen war zu reagieren. Die zeitliche und thematische Nähe zu den Beschwerden vom 23. und 30. November 2006 hat eigentlich gar keine andere Möglichkeit offen gelassen, als den Unterricht der Klägerin einer unmittelbaren Kontrolle zu unterziehen. Insoweit kann der Beklagten zu 1 kein Vorwurf gemacht werden.

88

Dass die Beklagte zu 1 dann während des Unterrichtsbesuchs am 14. Dezember 2006 sich hat dazu verleiten lassen, vor der Schulklasse die Verspätung beim Unterrichtsbeginn und das Unterrichtsthema der Klägerin (die Sitzordnung) zu kritisieren, hat dann allerdings wieder eine deutliche Schwäche der Beklagten zu 1 in der Personalführung offenbart. Diese Schwäche wertet das Gericht aber nicht als Anzeichen einer feindlichen Einstellung gegenüber der Klägerin, sondern als einen untauglichen Versuch, dem Unterrichtsgespräch der Klägerin eine neue Richtung geben zu wollen.

89

Da der Unterrichtsbesuch durch die Beklagte zu 1 im Ergebnis auch bei einer nachträglichen Bewertung durch das Gericht Mängel in der Unterrichtsgestaltung der Klägerin offenbart hat, musste die Beklagte zu 1 darüber auch gegenüber der Schulaufsicht berichten, die dann die weiteren Maßnahmen einleitete, für die die Beklagte zu 1 keine Verantwortung trägt.

90

b) Auch dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die Behandlung der Beschwerden der Schülerinnen der Klasse FOS 42 und der FOS 51 vom 16. Juni 2006 durch die Beklagte zu 1 auch dazu diente, das Ansehen der Klägerin im Kollegenkreis zu beschädigen (vgl. dazu oben unter bbb), folgt daraus keine Schadensersatz- oder Entschädigungspflicht der Beklagten zu 1.

91

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts soll durch den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kein materieller Schaden - wie er hier in Form der erhöhten Fahrtkostenaufwendungen geltend gemacht wird - ausgeglichen werden. Der materielle Schaden fällt nicht in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (BAG 16. Mai 2007 aaO).

92

Aber auch die Voraussetzungen für eine Entschädigung in Form von Schmerzensgeld liegen nicht vor. Insoweit ist es zwar anerkannt, dass die Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RNr. 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

93

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 aaO und Vieweg aaO RN 44).

94

Vorliegend hat die Beklagte zu 1 - wenn überhaupt - einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts der Klägerin missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden könnte, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Die dazu erforderlichen Feststellungen können hier nicht getroffen werden. Die schofelige Behandlung der Klägerin bei der Bearbeitung der Schülerbeschwerden vom 16. Juni 2006 vor der außerordentlichen Prüferkonferenz am 21. Juni 2006 kann noch nicht als eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin bezeichnet werden.

95

Ausgangspunkt der Bewertung muss wiederum der zentrale Gedanke in der Rechtsprechung des BAG (16. Mai 2007 aaO) sein, dass die Auswirkungen einer "im Arbeitsleben üblichen Konfliktsituation" im Regelfall noch nicht einmal das Niveau einer Persönlichkeitsrechtsverletzung erreichen können. Das erkennende Gericht versteht das dahin, dass die typischen Schwächen in der Personalführung, die auftreten, weil Vorgesetzte auch keine perfekten Menschen sind, die stets fehlerfrei führen, nicht geeignet sind, eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen. Vorliegend besteht zwar der Verdacht, dass die Beklagte zu 1 die Beschwerden dazu ausgenutzt hat, um das Ansehen der Klägerin im Kollegenkreis zu beschädigen. Aber selbst dann, wenn man dieses Handlungsmotiv als gegeben unterstellt, handelt es sich noch nicht um einen Fall einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1 keine falschen Tatsachen über die Klägerin verbreitet hat, sondern lediglich ungefiltert und ungeprüft tatsächlich vorhandene Beschwerden aus dem Kreise der Schüler im Kollegenkreis breit bekannt gemacht hat. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die außerordentliche Prüferkonferenz sich durch die Beschwerden und ihre Behandlung durch die Beklagte zu 1 nicht hat blenden lassen, sondern die Beschwerden im Kern zurückgewiesen hat. Insoweit müsste man sogar den Versuch der Beklagten zu 1, das Ansehen der Klägerin zu schädigen, als gescheitert bewerten.

96

Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, dass der Klägerin bereits durch die Feststellung der Führungsschwächen der Beklagten zu 1 im hiesigen Urteil ausreichend Genugtuung widerfährt, so dass es nicht erforderlich ist, sie zusätzlich mit Geld zu entschädigen.

97

c) Die Schadensersatzforderung und die Entschädigungsforderung lassen sich auch nicht auf eine Gesundheitsbeschädigung der Beklagten zu 1 zu Lasten der Klägerin im Sinne von § 823 Absatz 1 BGB stützen.

98

Nach den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen ist zwar davon auszugehen, dass die Klägerin im Januar 2007 ernsthaft erkrankt war. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass das Auftreten dieser Krankheit durch die Beklagte zu 1 adäquat kausal verursacht wurde.

99

Nach der bereits mehrfach zitierten Rechtsprechung des BAG liegt die Darlegungs- und Beweislast für den Zusammenhang zwischen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung und schädigenden Handlungen oder Unterlassungen des Klagegegners beim Kläger. Es gibt keine Beweiserleichterungen, die allein mit der Art der schädigenden Handlungsweise ("mobbing") begründet ist. Allerdings hat die Rechtsprechung unabhängig von speziellen Beweisproblemen in Mobbingfällen schon immer anerkannt, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Schädigungshandlung und dem Auftreten der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu einer Beweiserleichterung führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO).

100

Vorliegend ist bereits fraglich, ob ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang überhaupt noch bejaht werden kann, denn die unfaire Behandlung der Klägerin durch die Beklagte zu 1 erfolgte im Juni 2006, während die Krankheiten im Januar 2007 aufgetreten sind. Aber selbst dann, wenn man den engen zeitlichen Zusammenhang noch bejahen würde, führt dieser vorliegend nicht zu einer Beweiserleichterung, da der Rechtsstreit offenbart hat, dass die Klägerin durch ihr Verhalten gegenüber ihren Schülern ein weiteres Konfliktfeld eröffnet hat, das ebenso wie das Konfliktfeld mit ihren Vorgesetzten geeignet ist, die im Tatbestand bezeichneten gesundheitlichen Probleme zu befördern. Denn das Gericht hat die Klägerin als eine Lehrerin kennengelernt, die sich sehr stark über den Erfolg ihrer Schüler und durch die Anerkennung, die sie im Kreise der Schüler genießt, definiert. Dies wird bestätigt durch die Reaktion der Klägerin auf den "Liebesentzug" durch die Klasse PKA 51 im November 2006. Sie neigt insoweit zu einer Schwarz-Weiß-Sicht und war nicht in der Lage, den Konflikt auf einer Sachebene auszutragen und zu verarbeiten. Da auch dieser Konflikt mit den Schülern das Potential hatte, depressive Reaktionen hervorzurufen und da dieser Konflikt eine noch größere zeitliche Nähe zur den aufgetretenen gesundheitlichen Problemen hat, kann der Klägerin im vorliegenden Einzelfall keine Beweiserleichterung hinsichtlich des Nachweises des Kausalzusammenhangs zugebilligt werden.

101

Es ist daher spekulativ geblieben, ob die gesundheitlichen Probleme der Klägerin auf die unfaire Behandlung der Klägerin durch die Beklagte zu 1 im Juni 2006 zurückzuführen ist. Damit scheiden Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruche auch aus dem Gesichtspunkt der Gesundheitsverletzung aus.

II.

102

Die Klage hat auch soweit sie sich gegen das beklagte Land (Beklagter zu 2) richtet, in der Sache keinen Erfolg. Sie ist auch insoweit zu Recht vom Arbeitsgericht abgewiesen worden. Die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg.

103

1. Der Anspruch auf Schadensersatz und der Anspruch auf Entschädigung setzt eine Pflichtverletzung voraus. Hierbei kommt sowohl eine vom beklagten Land selbst, also durch seine Organe begangene und ihm gemäß den §§ 31, 89 BGB zuzurechnende, oder aber eine durch seine Erfüllungsgehilfen und ihm gemäß § 278 BGB zuzurechnende Pflichtverletzung in Betracht.

104

Verletzt oder vernachlässigt könnte vorliegend insbesondere eine aus § 241 Satz 2 BGB abgeleitete Schutz- oder Rücksichtspflicht des Arbeitgebers ein. Der Arbeitgeber ist danach insbesondere zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer verpflichtet. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen, entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - AP Nr. 6 zu § 611 BGB Mobbing = NZA 2008, 223 = DB 2008, 135; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - AP NR. 5 zu § 611 BGB Mobbing = NZA 2007, 1154; BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Personalakte = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 4). Danach hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Bei der Frage, was Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht im Einzelfall gebieten, ist insbesondere auf die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen der Verfassung Bedacht zu nehmen. Das durch Art. 1 und Art. 2 Grundgesetz gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist auch im Privatrechtsverkehr und damit auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Verletzt der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch eigene überwiegende Interessen gerechtfertigt ist, liegt darin zugleich ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten.

105

2. Eine Verletzung oder Vernachlässigung der Pflicht zum Schutz vor Mobbing durch das beklagte Land selbst lässt sich nicht feststellen. Abzustellen ist insoweit auf das Handeln der Organe des beklagten Landes, da das beklagte Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst nicht handlungsfähig ist. Nach der Landesverfassung wird das Land Mecklenburg-Vorpommern durch den Ministerpräsidenten vertreten, der aber das verfassungsmäßige Recht hat, seine Befugnisse - und damit auch seine Pflichten - auf die Minister zu übertragen. Das ist erfolgt. Daher vertritt der Bildungsminister das beklagte Land als Organ des Bundeslandes in allen Angelegenheiten seines Geschäftsbereichs.

106

a) Es kann nicht festgestellt werden, dass der jetzige Bildungsminister oder seine Vorgänger sich gegenüber der Klägerin pflichtwidrig verhalten haben, etwa indem sie sie nicht ausreichend vor dem von ihr behaupteten Mobbing geschützt haben. Dafür wäre zumindest die Kenntnis der Gefährdung oder gar der Verletzung der Ehre oder des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch die als Organ handelnde Person erforderlich (BAG 16. Mai 2007 aaO). Das ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

107

b) Außerhalb der positiven Kenntnis des Ministers käme nur noch die Verletzung der Pflicht zur Vorsorge vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Mobbing oder andere Verhaltensweisen in Betracht, die den Dienstherrn im Rahmen der Organisation und Überwachung des Dienstbetriebes trifft. Insoweit ist anerkannt, dass der Arbeitgeber ähnlich wie in § 618 BGB bezüglich der Ausrüstung der Arbeitsplätze auch bei der Arbeitsorganisation und der Überwachung des Betriebes dazu verpflichtet ist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Beschäftigten vor der Gefahr von Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorbeugend zu schützen und im Falle des Auftretens solcher Rechtsverletzungen diese frühzeitig erkennen zu können. - Eine Vernachlässigung dieser Organisations- und Überwachungspflicht zu Lasten der Klägerin lässt sich vorliegend nicht feststellen. Die Klägerin hat dazu nichts vorgetragen und auch sonst ist nicht ersichtlich, dass die Probleme, die die Klägerin beschreibt, durch eine mangelhafte Organisation der Arbeit oder eine mangelhafte Überwachung des Dienstbetriebes hervorgerufen oder auch nur begünstigt worden sind.

108

3. Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass weitere Personen, die das beklagte Land zur Erfüllung seiner (Fürsorge-)Pflichten gegenüber der Klägerin eingesetzt hat (Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 BGB), sie in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt haben oder eine Verletzung durch Dritte pflichtwidrig geduldet haben. Insoweit ist anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

109

Soweit es um das Verhalten der Schulleiterin (Beklagte zu 1) geht, ist dieses bereits im ersten Teil des Urteils einer Bewertung unterzogen und eine Schadensersatz- oder Entschädigungspflicht verneint worden. Darauf kann hier verwiesen werden. Aber auch soweit man nunmehr auch das Verhalten weiterer Personen, die man im weitesten Sinne als Vorgesetzte der Klägerin bezeichnen kann, mit einbezieht, ergibt sich kein Erfolg des klägerischen Begehrens. Denn es kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass sich diese weiteren Personen pflichtwidrig gegenüber der Klägerin verhalten haben. In Betracht zu ziehen ist hier das Verhalten der Frau P. gegenüber der Klägerin, wobei offen bleiben kann, ob sie überhaupt Vorgesetzte ist, sowie das Verhalten der zuständigen Schulrätin Frau H. und des Leiters des Schulamtes Herrn B..

110

a) In der Behandlung der Beschwerde der Klasse FOS 42 vom 7. Juni 2006 haben sich auch die weiteren Vorgesetzten der Klägerin nicht pflichtwidrig verhalten. Insoweit ist lediglich die zuständige Schulrätin Frau H. in Erscheinung getreten.

111

Ihr ist zwar ebenfalls vorzuwerfen, dass sie durch förmliche Weisung darauf bestanden hat, dass die Klägerin zu dem Personalgespräch "persönlich und alleine" erscheinen müsse, was offensichtlich mit der Rechtslage nicht in Einklang steht. Aber auch der Schulrätin ist zu Gute zu halten, dass diese Anweisung aus fehlender Rechtskenntnis erfolgt ist. Dies schließt das Gericht aus dem Umstand, dass die Schulrätin aus dem Nichterscheinen der Klägerin zu dem angesetzten Termin keinerlei Konsequenzen gezogen hat, obwohl sie dies zunächst sogar mit Schreiben vom 23. Juni 2006 noch angedroht hatte. Das Fallenlassen der Vorwürfe führt das Gericht auf die Einschaltung von Fachjuristen im Schulamt zurück. Die rechtswidrige Anweisung an die Klägerin scheidet damit als Ansatzpunkt für eine unfaire Behandlung der Klägerin aus.

112

Unangenehm aufgefallen ist dann allerdings der Versuch des beklagten Landes, das Gesicht noch durch die fragwürdige Abmahnung vom 12. Juli 2006 zu wahren. Dass es sich insoweit um einen Ersatz für die aufgrund der Rechtslage nicht aussprechbare Abmahnung wegen des Nichterscheinens zum Personalgespräch am 21. Juni 2006 handelt, liegt für das Gericht aufgrund des zeitlichen Ablaufs der Ereignisse auf der Hand. Für die Bewertung der Abmahnung kann offen bleiben, ob es überhaupt pflichtwidrig war, von den Schülern die Hefter mit den Unterrichtsmitschriften einzusammeln. Denn das Gewicht dieser Pflichtverletzung ist jedenfalls so gering, dass es - auch im Wiederholungsfalle - zum Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ohne jeden Zweifel nicht ausgereicht hätte. Für das Gericht steht fest, dass die Abmahnung aus diesem Anlass nicht ausgesprochen worden wäre, wenn es nicht davor den Konflikt wegen der Teilnahme an dem Personalgespräch vom 21. Juni 2006 gegeben hätte.

113

In der Bewertung sieht das Gericht aber auch hierin keine bewusste feindliche Haltung gegenüber der Klägerin, sondern vielmehr eine unbeholfene Reaktion der Schulrätin aus Angst vor Autoritätsverlust. Die übertriebene Abmahnung ist aus der Sicht des Gerichts die falsche weil autoritäre Reaktion auf eine Situation, in der eigentlich gefordert war zuzugeben, dass man Fehler gemacht hatte. Auch diese Abmahnung fällt daher für das Gericht noch unter die vom BAG hervorgehobenen "im Arbeitsleben üblichen Konflikte", die als Anknüpfungspunkt für Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Regelfall ausscheiden.

114

b) Die drei Beschwerden vom 16. Juni 2006 sind allein von der Beklagten zu 1 abgearbeitet worden, so dass sich das oben gezeichnete Bild durch die hier vorzunehmende Einbeziehung weiterer Vorgesetzter nicht ändert.

115

c) Aus der Forderung der Schulrätin, die Note "ungenügend" (6) bei der Schülerin D. zu streichen, kann zur Stützung des klägerischen Begehrens nichts hergeleitet werden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Beklagten zu 1 verwiesen werden.

116

d) Ob die Beschwerden der Klasse PKA 51 vom 23. und 30. November 2006 tatsächlich wie die Klägerin vermutet von der Klassenlehrerin Frau P. gesteuert wurden, ist spekulativ geblieben und kann daher das klägerische Begehren nicht stützen.

117

In Ergänzung des schriftsätzlichen Vortrags hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung berichtet, H. P. habe sich durch die Klägerin in ihrer Position als Leiterin des Bildungsgangs PKA bedroht gefühlt, und habe daher versucht, die Klägerin auf Distanz zu halten. Es kann allerdings nicht festgestellt werden, dass Frau P. mit dieser Zielrichtung die Beschwerden der Schüler aus ihrer Klasse gefördert oder gelenkt haben könnte.

118

Für diese Vermutung gibt es nur einen einzigen Anhaltspunkt, nämlich in gewissem Sinne einen thematischen Bruch in den Beschwerden vom 23. und 30. November 2006. Denn wenn eine Lehrerin - vermutlich pflichtwidrig - vor den Schülern Dienstgeheimnisse und Internas zu den anstehenden Zwischenprüfungen preisgibt, stärkt das in erster Linie die Position der zur Prüfung anstehenden Schüler. Denn sie verfügen jetzt über Wissen, das sie befähigt, gegen einen negativen Ausgang der Prüfung gerichtlich vorzugehen. Außerdem konnten und durften sie aus den Mitteilungen der Klägerin den Schluss ziehen, dass man die Prüfungsleistungen möglichst großzügig wird bewerten wollen, um weitere Rechtsstreitigkeiten wegen Frau B. zu vermeiden. Insoweit bestand für die Schüler weder ein Anlass zu einer Beschwerde, noch konnte die Beschwerde in irgendeiner Weise erfolgreich sein, denn sie richtete sich nicht gegen Frau B. und die mit ihrer Person einhergehenden Probleme, sondern gegen die Klägerin. Bildlich gesprochen hat man sich also nicht gegen die schlechte Nachricht gewehrt, sondern gegen die Überbringerin der schlechten Nachricht. - Dass sich die Schüler trotzdem über die Klägerin beschwerten und dabei sehr blumig die durch deren Mitteilungen bewirkte "Verunsicherung" in den Mittelpunkt rückten, deutet für das Gericht darauf hin, dass in dem Gespräch mit der Klassenleiterin vor dem Verfassen der Beschwerden, die Klassenleiterin versucht hat die Illoyalität des Verhaltens der Klägerin gegenüber der Schule und ihren Kollegen in den Mittelpunkt zu rücken, um damit gegen die Klägerin punkten zu können.

119

Weitere Anhaltspunkte für die weitgehenden Vermutungen der Klägerin gibt es nicht und der soeben dargestellte Anhaltspunkt reicht für eine gerichtliche Feststellung nicht aus. Was nahe liegt, muss sich noch lange nicht tatsächlich so ereignet haben.

120

e) Auch das Verhalten der Vorgesetzten der Klägerin aus Anlass der Schülerbeschwerden aus der Klasse PKA 51 vom 13. Dezember 2006 können das klägerische Begehren nicht stützten.

121

In Anschluss an die obigen Ausführungen zu diesem Ereignis in Zusammenhang mit der Klage gegen die Beklagte zu 1 muss nochmals betont werden, dass in der Beschwerde haarsträubende Willkürlichkeiten der Klägerin geschildert werden, die angesichts des Vorlaufs mit den Beschwerden vom 23. und 30. November 2006 die Schulleitung und das Schulamt faktisch gezwungen haben, sich einen unmittelbaren Eindruck vom Unterricht der Klägerin zu verschaffen. Angesichts dieser Lage musste der Besuch auch ohne Vorankündigung durchgeführt werden und es war nicht unverhältnismäßig ihn an zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Schultagen durchzuführen.

122

Dass sich auch die Schulrätin vor den Schülern auf eine Diskussion mit der Klägerin über den Unterrichtsbesuch eingelassen hat, ist zwar nicht schön, kann aber bei der Schulrätin nicht als Ausdruck einer feindlichen Haltung bewertet werden, da die Klägerin diejenige war, die die Diskussion über die Berechtigung des unangekündigten Unterrichtsbesuchs vom Zaun gebrochen hatte.

123

Auch die weitere Abarbeitung des Konflikts anhand der beobachteten Mängel in der Unterrichtsdurchführung bis hin zum Personalgespräch beim Leiter des Schulamtes am 20. Dezember 2006 gibt keine Anhaltspunkte für eine feindliche Haltung gegenüber der Klägerin. Ob es dann allerdings noch nötig war, auch diesen Konflikt mit den Abmahnungen vom 15. und 16. Januar 2007 abzuschließen, mag mit Fug bezweifelt werden. Denn auch für das beklagte Land war es ersichtlich, dass das Fehlverhalten der Klägerin auch durch ihr Empfinden begünstigt wurde, sie sei in der Schule in Rostock an den Rand gedrängt worden. Daher hätte es nahegelegen, auf die Abmahnungen gänzlich zu verzichten, da zum Zeitpunkt ihrer Abfassung bereits feststand, dass die Klägerin auf ihren Wunsch hin nach Schwerin versetzt wird. Aber auch hierin drückt sich für das Gericht keine feindliche Haltung gegenüber der Klägerin aus. Vielmehr bewertet das Gericht diese Abmahnungen als Ausdruck des Mangels an Souveränität durch die handelnden Personalverantwortlichen, die sicherheitshalber nach Schema vorgegangen waren, anstatt die Verantwortung dafür zu übernehmen, im vorliegenden Einzelfall eine Entscheidung zu treffen, die von der Regel abweicht.

124

f) Dass die Klägerin den Streit um ihr Zwischenzeugnis ebenfalls als Ausdruck von Mobbing durch Vorgesetzte ansieht, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar.

125

Insoweit muss hervorgehoben werden, dass alle Versuche, der Klägerin ein ordentliches Zwischenzeugnis zu erteilen (Kopien Blatt 37 ff) schon ihrem äußeren Erscheinungsbild nach darauf hindeuten, dass hier Personen tätig wurden, die dies nicht professionell machen. Der sachliche Streit der Parteien bezog sich dann im Kern auf die Formulierungen zum Verhältnis der Klägerin zu ihren Kollegen und Kolleginnen, das zunächst sehr negativ bewertet wurde ("bemüht sich um ein kollegiales Verhältnis"), im von der Klägerin akzeptierten Schlusstext jedoch auch noch auffällig hölzern formuliert ist ("hat ein kollegiales Verhältnis"). Dieser Kampf um einzelne Formulierungen zeigt für das Gericht, dass Frau N., die vor dem Amtsantritt der Beklagten zu 1 die Schule kommissarisch geleitet hatte, tatsächlich im Umgang der Klägerin mit den Kolleginnen und Kollegen eine Schwäche gesehen hat, die im Zeugnis erwähnt werden müsste. Damit war es ein Streit um eine sachliche Frage, der auf einer Sachebene ausgetragen wurde.

126

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Streit auf der Sachebene nur vorgeschoben war, um die Klägerin zu schädigen.

III.

127

Da die Berufung ohne Erfolg geblieben ist, hat die Klägerin die Kosten der Berufung zu tragen (§ 97 ZPO).

128

Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 72 Absatz 2 ArbGG) sind nicht erfüllt.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.