Arbeitsgericht Herne Urteil, 11. März 2015 - 5 Ca 2866/14
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 10.296,00 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.
3Der 50-jährige Kläger wurde am 01. September 1981 als Auszubildender (Betriebsschlosser) auf der damaligen Schachtanlage A angelegt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand die Bestimmung des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des rheinisch/westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung. Zuletzt war der Kläger als technischer Angestellter Übertrage im Servicebereich Technik- und Logistikdienste tätig.
4Die Beklagte ist ein Bergbauunternehmen. Aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren Bergwerken eine Grubenwehr vorzuhalten. Die Organisation der Grubenwehr ist bei der Beklagten durch den Plan für das Grubenrettungswesen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen I geregelt. Der Kläger war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitglied der Grubenwehr.
5Unter dem 25. Juni 2003 vereinbarten die Beklagte und der gesamte Betriebsrat der E AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG (Blatt 12 ff. d.A.). Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohle Bergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplan wie folgt definiert:
6„…
7(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
8Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
9Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
10…“
11Unter dem 27. Mai 2010 unterzeichneten die Parteien des Gesamtsozialplans eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“. Darin erklärten sie u.a., dass die Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes davon ausgegangen seien, dass bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens gem. § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des GPS bestimmte Lohn- und Gehaltsarten, u.a. die Zulage „1015 Grubenwehr-Übung außerh.“ zu berücksichtigen seien.
12Unter dem 02. Dezember 2010 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine Änderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25. Juni 2003. Hierin heißt es u.a. wörtlich:
13…
14- 15
1. § 2 Ziffer 7 („Zuschuss zum Anpassungsgeld“) Absatz 3 des Gesamtsozialplans wird wie folgt neu gefasst:
„Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
17a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn.
18Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet.
19b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt.
20Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet.
21c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz.
22Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.
23…“
24Unter dem 06. März 2012 schlossen der Gesamtbetriebsrat der Beklagten sowie die Betriebsräte der einzelnen Bergwerke mit der Beklagten einen Gesamtsozialplan zur sozialverträglichen Beendigung des Deutschen Steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 ab. Auch dieser Gesamtsozialplan sah unter Ziffer 3 die Zahlung eines Zuschusses an Anpassungsgeld berechtigter Arbeitnehmer zur Erreichung eines Garantieeinkommens vor. Das Garantieeinkommen wurde in Ziffer 3.2.3 des Gesamtsozialplans 2012 wortgleich definiert, wie in dem Gesamtsozialplan vom 25. Juni 2003 in der Fassung vom 02. Dezember 2010.
25In der Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2014 bezog der Kläger Transferkurzarbeitergeld. Zum 31. Dezember 2014 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten aus und bezieht seit dem 01. Januar 2015 Anpassungsgeld. Zusätzlich zahlt die Beklagte an den Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von derzeit 474,27 € brutto monatlich.
26Mit seiner am 14. November 2014 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger gegen die Beklagte einen vermeintlichen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgelt geltend.
27Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen Anspruch darauf, dass das Garantieeinkommen unter Einbeziehung auch derjenigen Vergütungsteile gebildet werde, die er für seine Tätigkeit als Hauptgerätewart bei der Grubenwehr erhalten habe. Sein Anspruch ergebe sich aus § 2 Ziffer 7 des Gesamtsozialplans vom 25. Juni 2013. Die Regelung folge dem Enumerationsprinzip, was sich ausdrücklich als von der Berechnung ausnehmend genannt sei, sei einzubeziehen. Ferner behauptet er, dass zu seinen Gunsten nach dem Gesamtsozialplan zu berücksichtigende Garantieeinkommen belaufe sich unter Einbeziehung der Grubenwehrvergütung auf 2.951,89 €. Unter Berücksichtigung des Anpassungsgeldes habe die Beklagte daher einen Zuschuss in Höhe von 721,27 € brutto monatlich zu leisten. Ferner ist der Kläger der Ansicht, bei der Berechnung des Garantieeinkommens seien die von der Beklagten abgerechneten Lohnarten Gehalt, Feste Zulage MA-wirksam, Zuschlag 25 % Werktag, Vergütung für entgangene MA FS, Vergütung Grubenwehr TU/KRH, Vergütung Rufbereitschaft TU/KRH, Kontoführungsgebühr, Feste Zulage ZT, Heimbereitschaft freier Tag, Treueprämie, Heimbereitschaft Arbeitstag, Grubenwehr-Übung außerhalb, Zuschlag 50 % Werktag, Nacharbeitszuschlag sowie OG Zuschlag 50 % S. u. F. zu berücksichtigen.
28Der Kläger beantragt zuletzt,
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2. die Beklagte zu verurteilen an ihn 496,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus monatlich jeweils 248,00 € ab dem 03. Februar 2014 sowie ab dem 03. März 2015 zu zahlen;
- 32
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn beginnend ab dem 01.März 2015 bis zum Monat Dezember 2019 über den jeweiligen betrieblichen Zuschuss von 473,27 € hinaus einen weiteren monatlichen Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von 248,00 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie bestreitet, dass der Kläger die Funktion eines Hauptgerätewartes ausgeübt habe. Ferner ist sie der Ansicht, dass nicht der Gesamtsozialplan vom 25. Juni 2003, sondern der Gesamtsozialplan vom 06. März 2012 Anwendung fände. Danach gehöre die Zulage für Grubenwehrübungen für außerhalb der Arbeitszeit nicht zum Bruttomonatseinkommen im Sinne des Gesamtsozialplans.
36Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die wechselseitigen schriftsätzlichen Ausführungen der Parteien einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
38Die Klage ist unbegründet.
39I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld für die Monate Januar und Februar 2015 in Höhe von insgesamt 496,00 € brutto. Dem Kläger ist nicht gelungen, einen entsprechenden Anspruch schlüssig darzulegen.
401. Ein entsprechender Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 611 BGB i.V.m. § 2 Ziffer 7 des Gesamtsozialplans vom 25. Juni 2003. Der Kläger hat die Anwendbarkeit des Gesamtsozialplans nicht schlüssig dargelegt.
41a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angaben näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muss in der Lage sein, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die Voraussetzung für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen (z.B. BGH, Beschluss vom 02.06.2008 – II ZR 121/07 – Juris, Urteil vom 23.04.1991 – X ZR 77/89 – NJW 1991, 2707; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage § 138 ZPO Rnd.-Nr. 7b).
42Hieraus folgt jedoch nicht, dass eine Partei im Prozess sich auf den Vortrag der allein für sie günstigen Tatsachen beschränken darf. Vielmehr ist jede Partei nach § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet, ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben. Das bedeutet, dass die darlegungspflichtige Partei keine relevanten Tatsachen unterdrücken bzw. bekannte Tatsachen, deren Vortrag für die begehrte Entscheidung erforderlich ist, verschweigen darf (Verbot der Halbwahrheit, z.B. OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 27.09.2009 – 60 PV 18.07 – Juris, Zöller/Greger a.a.O. Rnd.-Nr. 3; Musilak/Stadler, ZPO 11. Auflage § 138 Rnd.-Nr. 5).
43Maßgeblich ist der Kenntnisstand der Partei selbst, der Prozessbevollmächtigte darf sich die Darstellung seines Mandanten ohne Kontrolle ihrer Richtigkeit zu eigen machen (Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 17.07.2003 – 1 BVR 801/03 – NJW 2003, 3262). Als unwahr erkannte Behauptungen darf er aber nicht vorbringen (BGH, Urteil vom 08.08.1952 – 4 STR 416/51 – NJW 1952, 1148M; Zöller/Greger a.a.O. Rnd.-Nr. 6). Ein etwaiges Verschulden des Prozessbevollmächtigten muss sich die Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
44b) Gemessen an diesen Grundsätzen genügt der Vortrag des Klägers nicht zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs. Der Kläger beruft sich zur Begründung seines Anspruchs auf § 2 Ziffer 7 Abs. 3 des Gesamtsozialplans vom 25 Juni 2003, ohne eine Tatsache vorzutragen, die die Anwendung dieses Sozialplans begründen könnte.
45Der ursprüngliche Gesamtsozialplan vom 25. Juni 2003 wurde bereits durch die Änderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan vom 02. Dezember 2010 neu gefasst. Unter dem 06. März 2012 schlossen der Gesamtbetriebsrat der Beklagten sowie die Betriebsräte der einzelnen Bergwerke mit der Beklagten einen neuen Gesamtsozialplan ab, der zum 01. April 2012 in Kraft trat. Nach dem Ablöseprinzip geht die jüngere Norm der älteren vor (BAG, Urteil vom 23.01.2008 – 1 AZR 988/06 – EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 24; Urteil vom 02.10.2007 – 1 ARZ 815/06 – EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 20). Da das Arbeitsverhältnis des Klägers erst zum 31. Dezember 2014 beendet wurde, bedurfte es mithin im Prozess erkennbar eines Vortrags dazu, weshalb der Kläger nach wie vor von der Anwendbarkeit des Gesamtsozialplans 2003 ausgeht.
46Keiner abschließenden Entscheidung bedarf hier die Frage, ob der Kläger selbst positive Kenntnis von den Änderungen der Regelungen des Gesamtsozialplans hatte. Jedenfalls sein Prozessbevollmächtigter hatte aufgrund der Vielzahl von ihm geführten gleichgelagerten Verfahren vor dem Arbeitsgericht Herne (z.B. Urteile vom 03. Dezember 2014 – 5 AZR 965/14 und 5 AZR 496/14) Kenntnis von den Änderungen des Gesamtsozialplans. Nach den oben dargelegten Grundsätzen durfte dieser die mögliche Annahme des Klägers, der Gesamtsozialplan 2013 fände weiter Anwendung, nicht wider besseren Wissens zum Gegenstand des Vortrags im Prozess machen. Dieses Verschulden muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Infolge dessen stellt der unterbliebene Vortrag des Klägers zu den Änderungen des Gesamtsozialplans einen Verstoß gegen das sich aus § 138 Abs. 1 ZPO ergebende Verbot der Halbwahrheiten dar. Diese Verletzung der prozessualen Vortragspflicht führt dazu, dass auch ohne eine entsprechende Rüge der Beklagten nicht von der Anwendbarkeit des Gesamtsozialplans 2003 ausgehen kann.
47c) Das Gericht war auch nicht nach § 139 Abs. 2 ZPO gehalten, den Kläger (nochmals) auf die Unschlüssigkeit seines Klagevortrags hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Unabhängig davon, dass die Unschlüssigkeit des Klägervortrags bereits Gegenstand der Erörterungen im Gütetermin am 19. Dezember 2014 gewesen ist und der Kläger durch Beschluss vom 19. Dezember 2014 zur schlüssigen Klagebegründung aufgefordert wurde, vermag die oben dargelegte Verletzung der Erklärungspflichten des Klägers nach § 138 Abs. 1 ZPO eine weitere Verzögerung des Rechtsstreits nicht zu rechtfertigen. Gelingt es der klagenden Partei im Prozess nicht, deren Klageanspruch mit ausreichendem tatsächlichem Vorbringen zu untermauern, so hat die beklagte Partei einen verfahrensrechtlichen Anspruch darauf, dass die Klage abgewiesen wird (z.B. BGH, Beschluss vom 18.07.2013 – IX ZR 119/11 – Juris; Urteil vom 14.03.2008 – V ZR 13/07 – NJW – RR 2008, 1397). Nach § 253 Abs. 2 Ziffer 2, 138 Abs. 1 ZPO hat die klagende Partei bereits mit der Klageschrift die anspruchsbegründenden Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß darzulegen. Nach 282 Abs. 2 ZPO hat sie zudem Angriffsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorherige Erkundigungen keine Erklärung abgeben kann, so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung in vorbereitenden Schriftsätzen mitzuteilen, dass der Gegner die erforderlichen Erkundigungen noch einziehen kann. Diese allgemeinen prozessualen Förderungspflichten sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Lichte des Beschleunigungsgrundsatzes des § 9 Abs. 1 ArbGG zu sehen. So ist insbesondere nach § 58 Abs. 1 Satz 1 ArbGG die Verhandlung vor der Kammer in möglichst einem Termin zu Ende zu führen. Vor diesem verfahrensrechtlichen Hintergrund musste der Kläger davon ausgehen, dass es sich bei dem Kammertermin am 11. März 2015 nicht lediglich um einen weiteren Erörterungstermin handelt, sondern um einen Termin in dem über den geltend gemachten Anspruch entschieden werden sollte. Die mangelnde Vorbereitung auf diesen Termin ist nicht geeignet, eine weitere Verzögerung des Rechtsstreits zu rechtfertigen, da diese nicht einmal im Ansatz entschuldigt wurde (vergl. § 227 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO).
482. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus einer individualvertraglichen Zusage der Beklagten. Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer behauptete, ihm sei eine individuelle Zusage seitens der Beklagten gegeben worden, seinen Zuschuss zum Anpassungsgeld auf Grundlage des Gesamtsozialplans in der Fassung vom 07. März 2012 zu berechnen, fehlt auch insoweit ein schlüssiger Vortrag des Klägers, wann durch welche vertretungsberechtigte Person ihm diese Zusage gemacht wurde.
493. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 611 BGB i.V.m. Ziffer 3.2 des Gesamtsozialplans vom 06.März 2012. Soweit der Kläger unstreitig hiernach einen Anspruch auf Leistung erworben hat, werden diese durch die monatlichen Leistungen der Beklagten erfüllt. Ein darüber hinaus gehender Anspruch hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht schlüssig dargelegt.
50a) Entgegen der vom Kläger mit der Klageschrift geäußerten Ansicht ist die Lohnart 10.15 – Grubenwehrübung außerhalb – nicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens nach Ziffer 3.2.3 des Gesamtsozialplans 2012 zu berücksichtigen. Dabei teilt die Kammer zwar die Auffassung des Klägers, dass es sich bei dieser Zulage um Arbeitsentgelt handelt. Das Arbeitsentgelt ist jedoch nach Ziffer 3.2.3b des Gesamtsozialplans 2012 nicht zu berücksichtigen, weil die Zulage nicht während der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit verdient wurde. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Lohnart 10.15 vom Kläger nur dann in Verdienst gebracht wurde, wenn er während des Referenzzeitraums an einer Übung der Grubenwehr außerhalb der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit teilgenommen hat.
51b) Soweit der Kläger im weiteren Schriftsatz vom 12. Februar 2015 pauschal weitere Gehaltsarten aufgezählt hat, die aus seiner Sicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigen seien, vermag auch dies sein Klagebegehren nicht zu stützen. Dabei kann hier dahinstehen, ob sich bei den aufgeführten Lohnarten tatsächlich um Arbeitsentgelt im Sinne des Gesamtsozialplans handelt und ob dieses Arbeitsentgelt während der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit vom Kläger in Verdinest gebracht wurde. Für einen schlüssigen Klagevortrag hätte der Kläger darüber hinaus auch darlegen müssen, in welchem Umfang er in den hier maßgeblichen Referenzzeitraum Leistungen der entsprechenden Lohnart bezogen hat. Erst ein derart konkreter Vortrag würde die Kammer überhaupt in die Lage versetzen, die Berechnung seiner Klageforderung nachzuvollziehen und auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen.
52Soweit der Kläger zur Darlegung der Höhe der bezogenen Lohnarten pauschal auf das mit der Klageschrift vorgelegte Anlagenkonvolut Bezug nimmt, vermag dies einen Klagevortrag nicht zu ersetzen. Zwar ist nach § 137 Abs. 3 ZPO die Bezugnahme auf Dokumente zulässig. Bei umfangreichen Schriftstücken ist jedoch eine genaue Bezeichnung der in Bezug genommen Stellen erforderlich (BGH Urteil vom 03. Oktober 1956 – IV ZR 58/56 – NJW 1956, 1878 Zöller/Greger, a.a.O., § 137 Rnd.-Nr. 3a, Musilak/Stadler, a.a.O. § 130 Rnd.-Nr. 10). Zwar hatte der Kläger mit der Klageschrift Kopien seiner Entgeltabrechnungen in dem hier maßgeblichen Referenzzeitraum eingereicht. Er stellt jedoch keine hinreichende konkrete Bezugnahme dar, dem Gericht lediglich verschiedene Lohnarten zu nennen um es dann darauf zu verweisen, diese Lohnarten in den Entgeltabrechnungen des Klägers selbst herauszusuchen auch dies war bereits Gegenstand der Erörterungen im Gütetermin am 19. Dezember 2014.
53II. Auch die weitergehende Klage auf zukünftig wiederkehrende Leistungen (§ 258 ZPO) ist unbegründet. Wie oben dargelegt, hat der Kläger Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld nicht schlüssig dargelegt.
54III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
55Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 42, Abs. 3 und Abs. 5 GKG, 3 ff ZPO.
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 2
- 1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt , dass es den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zu einer Werterhöhung durch Ausbaumaßnahmen und zum Niederschlag dieser Werterhöhung im Versteigerungserlös als unschlüssig behandelt hat. Es hat sich durch die verfahrensfehlerhafte Würdigung der lediglich zur Untermauerung des Parteivortrags vorgelegten Gutachten zum Grundstückswert den Blick darauf verstellt, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast bereits genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. Sen.Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524; Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738). Die Anforderungen an die Substantiierung erhöhen sich nicht, wenn die Partei - wie hier durch die Vorlage von Gutachten aus anderen Verfahren - über das Notwendige hinaus weitere Einzelheiten vorträgt. Der Tatrichter muss vielmehr in die Beweisaufnahme eintreten und Zeugen oder Sachverständige zu den ungeklärten Punkten befragen.
- 3
- So liegt es hier. Die Beklagte hat ihrer Vortragslast für einen Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 2 BGB genügt. Ein solcher Anspruch kommt nach der Rechtsprechung des Senats, die sich nicht allein auf Familienangehörige als Miteigentümer beschränkt, in Betracht, wenn ein Miteigentümer ins Gewicht fallende Sanierungsmaßnahmen in einem von ihm allein genutzten Gebäudeteil in der auch dem anderen Miteigentümer erkennbaren Erwartung, dass er mit seiner Familie auf Dauer in dem Gebäude wohnen dürfe, durchführt, und nach einer Teilungsversteigerung dem anderen Miteigentümer bei einer hälftigen Teilung des Versteigerungserlöses ein Vermögenswert zufließen würde, der ihm nach Sinn und Zweck der gemeinsamen Vorstellungen der Parteien nicht zustehen sollte, wenn und soweit sich ein etwaiger Wertzuwachs im Versteigerungserlös niederschlägt (vgl. Sen.Urt. v. 25. Mai 1992 - II ZR 232/91, ZIP 1992, 1003).
- 4
- Die Beklagte hat wiederholt, zuletzt in einem eigens nachgelassenen Schriftsatz zur Wertsteigerung des Grundstücks durch ihre Baumaßnahmen und zum Niederschlag dieser Wertsteigerung im Versteigerungserlös ausreichend Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt. Sie hat die einzelnen Investitionen vorgetragen, die Wertsteigerung für ihren Wohnungsteil mit mindestens 79.307,81 € beziffert und dargelegt, dass sich diese Wertsteigerung im Versteigerungserlös realisiert habe. Der Vortrag weiterer Einzeltatsachen war nicht erforderlich.
- 5
- Verfahrensfehlerhaft hat das Berufungsgericht diese Ausführungen als unschlüssig behandelt und den Vortrag von weiteren Tatsachen verlangt, indem es das von der Beklagten zur Untermauerung ihres Vorbringens vorgelegte, im Teilungsversteigerungsverfahren erstattete Wertgutachten des Sachverständigen S. nicht für geeignet hielt, den behaupteten Wertzuwachs und den Niederschlag des Wertzuwachses im Versteigerungserlös zu belegen. Die Bezugnahme auf dieses Gutachten machte den Vortrag der Beklagten nicht unschlüssig , weil es ihm nicht widersprach; dass es ihn nur teilweise bestätigte und es weitere aufgeworfene Fragen nicht beantwortete, führte nicht zur Unschlüssigkeit des Vortrags.
- 6
- 2. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Übergehen des Beweisantrags ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht konnte nicht aus anderen Gründen von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen. Eine Verwertung des Grundstückswertgutachtens des Sachverständigen S. im Wege des Urkundenbeweises kann das beantragte gerichtliche Sachverständigengutachten nicht ersetzen. Das Gericht muss eine schriftliche oder mündliche Begutachtung anordnen, wenn die urkundenbeweislich herangezogenen Ausführungen in einem schriftlichen Gutachten, das in einem anderen Verfahren erstattet wurde, nicht ausreichen, um die von einer Partei ange- sprochenen aufklärungsbedürftigen Fragen zu beantworten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behauptung der Partei in der urkundenbeweislich herangezogenen Begutachtung eine Stütze findet oder nicht (BGH, Urt. v. 6. Juni 2000 - VI ZR 98/99, NJW 2000, 3072; Urt. v. 14. Oktober 1997 - VI ZR 404/96, NJW 1998, 311; Urt. v. 22. April 1997 - VI ZR 198/96, NJW 1997, 3381).
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 29.09.2006 - 3 O 2581/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 02.05.2007 - 7 U 936/06 -
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 224.924,21 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch in derSache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
- 2
- 1. Ein Zwischenurteil über den Grund gemäß § 304 ZPO darf nur ergehen , wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht. Diese Voraussetzungen sind, was die Beschwerde mit Recht rügt, nicht erfüllt, wenn die Klageforderung unschlüssig ist. Das gilt auch dann, wenn der klagenden Partei noch Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben wird, weil die beklagte Partei einen Anspruch auf Klageabweisung hat, wenn es der klagenden Partei nicht gelingt, ihren Klageanspruch mit ausreichendem tatsächlichen Vorbringen zu unterlegen (BGH, Urteil vom 14. März 2008 - V ZR 13/07, NJW-RR 2008, 1397 Rn. 10). Dies trifft auch für die vom Berufungsgericht angenommene derzeit noch fehlende Substantiierung der Klageforderung zu. Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zur Zulassung der Revision, weil es an einem Zulassungsgrund fehlt. Insbesondere ist dem Urteil des Berufungsgerichts ein entscheidungserheblicher Obersatz, der, sei es aufgrund eines Missverständnisses , sei es aufgrund anderer Erwägungen, von dem Obersatz einer Vergleichsentscheidung abweicht, nicht zu entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2011 - IX ZR 212/08, WM 2011, 1196 Rn. 3). Nach den Gesamtumständen hat das Berufungsgericht die Rechtsfrage schlicht übersehen.
- 3
- 2. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Gehörsverstöße hat der Senat geprüft. Sie liegen nicht vor.
- 4
- 3. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen, weil diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.10.2003 - 1 O 564/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.07.2011 - I-15 U 282/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Das in S. belegene Grundstück mit der Flurstücksnummer 57/3 stand vor der Wiedervereinigung als Volkseigentum in Rechtsträgerschaft des Rates der beklagten Stadt S. . Ein darauf errichtetes Gebäude wurde seit 1960 als Kindergarten genutzt. Die Klägerin ging aus dem VEB C. hervor, der auf dem Grundstück in den siebziger Jahren ein Verwaltungsgebäude für betriebliche Zwecke errichtet hatte. Jedenfalls seit dieser Zeit ist der mit dem Verwaltungsgebäude bebaute Grundstücksteil von dem als Kindergarten genutzten Teil durch einen Zaun getrennt. Mit Bescheid der Oberfinanzdirektion vom 26. Mai 1992 wurde das Grundstück der Beklagten zugeordnet , die als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. An dem Zuordnungsverfahren war die Klägerin nicht beteiligt worden.
- 2
- Gestützt auf die Rechtsauffassung, sie sei Eigentümerin des gesamten Grundstücks geworden, erhob die Klägerin gegen die Beklagte zunächst erfolglos Grundbuchberichtigungsklage (im Folgenden: Vorprozess). In dem Senatsurteil vom 23. Februar 2001 (V ZR 463/99, WM 2001, 1002) heißt es dazu, die Voraussetzungen des § 894 BGB lägen nicht vor, weil der Klägerin gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 THG allenfalls der für die Aufrechterhaltung ihres Betriebes notwendige Grundstücksteil zuzurechnen sei.
- 3
- Im Jahr 2002 wurde das Grundstück geteilt in die Flurstücke 124 (mit Kindergartengebäude) und 125 (mit Verwaltungsgebäude). Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. Juli 2004 bewilligte die Beklagte die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin des Flurstücks 125. Besitzerin des Grundstücks war die Beklagte in der Zeit vom 28. Juni 1999 bis Ende August 2004.
- 4
- Bereits mit Schreiben vom 16. Juli 1999 hatte die Klägerin der Beklagten eine Frist zur Herausgabe des gesamten Grundstücks gesetzt und auf die unzureichende Absicherung des Areals sowie auf eingetretene und weiterhin drohende Vandalismusschäden hingewiesen. Im Jahr 2000 kam es zu Einbrüchen und Vandalismusschäden an dem Verwaltungsgebäude. Gestützt hierauf verlangt die Klägerin Schadensersatz und zudem Ersatz wegen nicht gezogener Nutzungen.
- 5
- Das Landgericht hat die auf Zahlung von 340.267 € gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht festgestellt, der Klägerin stünden dem Grunde nach Ansprüche auf Schadensersatz und Nutzungsentschädigung für die Zeit des Besitzes der Beklagten zu. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht bejaht Ansprüche der Klägerin auf Nutzungs- und Schadensersatz nach §§ 987 Abs. 2, 989, 990 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Grunde nach für die Zeit des Besitzes der Beklagten an dem Flurstück 125. Die Klägerin sei seit dem 1. Juli 1990 Eigentümerin des Verwaltungsgebäudes nebst der erforderlichen Funktionsfläche. Das habe das Berufungsgericht in dem Vorprozess rechtskräftig festgestellt. Davon abgesehen habe die Beklagte das Eigentum der Klägerin in dem notariellen Vertrag vom 27. Juli 2004 „anerkannt“. Ein Besitzrecht habe der spätestens seit Anfang Januar 2000 bösgläubigen Beklagten nicht zugestanden. Da es wahrscheinlich sei, dass der Klägerin im Betragsverfahren etwas zuerkannt werde, könne ein Grundurteil ergehen und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen werden. Ob die Beklagte bereits vor Januar 2000 bösgläubig gewesen sei, werde das Landgericht ebenso zu prüfen haben wie die Frage, welche Schäden während ihrer Besitzzeit eingetreten seien. Es stehe zwar fest, dass bereits am 26. Juli 1999 Schäden vorhanden gewesen seien. Die Beklagte werde ihr diesbezügliches Bestreiten jedoch substantiieren müssen, sofern die Klägerin ihren Vortrag hinreichend ergänze. Die Höhe der Nutzungsentschädigung richte sich danach, ob und in welchem Umfang das Gebäude nutzbar gewesen sei. Auch hierzu sei weiterer Vortrag im Betragsverfahren erforderlich.
II.
- 7
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- 1. Die Revision rügt zu Recht, dass das Urteil auf Verfahrensfehlern beruht.
- 9
- a) Auf der Grundlage der bisher von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war der Erlass eines Grundurteils unzulässig.
- 10
- aa) Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urt. v. 10. März 2005, VII ZR 220/03, NJW-RR 2005, 928; Urt. v. 9. November 2006, VII ZR 151/05, NJW-RR 2007, 305, 306 m.w.N.). Daran fehlt es, wenn der jeweilige Anspruch nicht nur teilweise, sondern insgesamt unschlüssig ist (BGH, Urt. v. 29. Januar 2004, I ZR 162/01, NJW-RR 2004, 1034; Arnold, Das Grundurteil, S. 189). Das gilt auch dann, wenn der Partei noch Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben wird (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 2005, II ZR 144/03, NJW-RR 2005, 1008, 1009), weil die beklagte Partei einen Anspruch auf Klageabweisung hat, wenn es der klagenden Partei nicht gelingt, ihre Klageansprüche mit ausreichendem tatsächlichem Vorbringen zu unterlegen.
- 11
- Eine solche Konstellation liegt hier vor. Den geltend gemachten Schadensersatzanspruch erachtet das Berufungsgericht nicht für schlüssig. Auch die verlangte Nutzungsentschädigung hängt nach den Ausführungen des Berufungsurteils von weiterem Vortrag ab, nämlich dazu, ob das Gebäude überhaupt nutzbar war. Das steht dem Erlass eines Grundurteils entgegen.
- 12
- bb) Zudem stößt es auf durchgreifende Bedenken, dass das Berufungsgericht dem Grunde nach Ansprüche für die Zeit des Besitzes, also vom 28. Juni 1999 bis zum 31. August 2004 zuerkannt hat, es die dafür vorausgesetzte Bösgläubigkeit (§ 990 Abs. 1 BGB) jedoch nicht für die Zeit vor Anfang Januar 2000 festgestellt hat. Dem steht nicht entgegen, dass aus prozessökonomischen Erwägungen ausnahmsweise die Klärung zum Grund des Anspruchs gehörender Fragen dem Betragsverfahren überlassen werden darf (BGHZ 108, 256, 259; BGH, Urt. v. 16. Januar 1991, aaO; Urt. v. 12. Februar 2003, XII ZR 324/98, MDR 2003, 769). Denn auch in solchen Ausnahmekonstellationen setzt der Erlass eines Grundurteils voraus, dass tatsächlich eine Vorentscheidung des Prozesses herbeigeführt wird (BGH, Urt. v. 16. Januar 1991, aaO) und nicht die Gefahr besteht, dass sich der Erlass des Grundurteils nur als ein die Erledigung des Rechtsstreits verzögernder und verteuernder Umweg erweist. Vor diesem Hintergrund kommt ein Grundurteil nur in Betracht, wenn die ausgeklammerte Frage nach den Umständen des konkreten Falles allenfalls zu einer Minderung, nicht aber zu einer Beseitigung des Anspruchs führen kann (vgl. BGHZ 76, 397, 400; 110, 196, 202; 141, 129, 136; BGH, Urt. v. 13. Mai 1997, VI ZR 145/96, NJW 1997, 3176, 3177; Urt. v. 16. Dezember 2004, IX ZR 295/00, NJW 2005, 1935, 1936). So liegt es hier indessen nicht mit Blick auf die für die Zeit vor dem Jahr 2000 geltend gemachten Forderungen. Bei Verneinung der Bösgläubigkeit scheiden Ansprüche nach §§ 987 Abs. 2, 989, 990 Abs. 1 Satz 2 BGB für diesen Zeitraum insgesamt bereits dem Grunde nach aus.
- 13
- b) Schließlich verstößt das angegriffene Urteil gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Berufungsgericht hat Schadensersatz und Nutzungsentschädigung dem Grunde nach ab dem 28. Juni 1999 zuerkannt, obwohl die Klägerin Nutzungsentschädigung erst ab dem 1. Juli 1999 und Schadensersatz erst ab Verzugseintritt aufgrund des Schreibens vom 16. Juli 1999 verlangt. Diesen Fehler hat die Revision zwar nur hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs gerügt. Er ist jedoch von Amts wegen zu berücksichtigen und deshalb auch im Übrigen beachtlich (vgl. Senat, Urt. v. 18. Mai 1990, V ZR 190/89, NJW-RR 1990, 1095, 1096; BGH, Urt. v. 19. November 1998, VII ZR 371/96, NJW-RR 1999, 381, 383).
- 14
- 2. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
- 15
- Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klage nicht als unschlüssig abzuweisen, weil der Klägerin auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts noch Gelegenheit zu weiterem Vorbringen im Betragsverfahren vor dem Landgericht gegeben werden sollte und sie vor diesem Hintergrund nicht mit einer Klageabweisung im Berufungsverfahren zu rechnen brauchte. Dann aber wäre es mit dem aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anspruch der Klägerin auf ein faires Verfahren (BGHZ 140, 208, 217 m.w.N.) unvereinbar, die Klage im Revisionsrechtszug als unschlüssig abzuweisen , in dem der Klägerin weiterer Sachvortrag verwehrt ist.
- 16
- 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 17
- a) Da Ansprüche nach §§ 987, 989, 990 BGB voraussetzen, dass zur Zeit der Tatbestandsverwirklichung ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB besteht (vgl. nur Senat, BGHZ 59, 51, 58; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., vor §§ 987 ff., Rdn. 8; jeweils m.w.N.), kommt es darauf an, ob die Klägerin in den von ihr geltend gemachten Zeiträumen Eigentümerin des Verwaltungsgebäudes und des zugehörigen Grundstücksteils war.
- 18
- aa) Diese Prüfung ist nicht im Hinblick auf den rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozess entbehrlich, in dem der Anspruch der Klägerin auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) mit dem Ziel der Eintragung als Eigentümerin des gesamten Grundstücks abgewiesen wurde.
- 19
- Nach § 322 Abs. 1 ZPO erwächst in Rechtskraft grundsätzlich nur der von dem Gericht aus dem vorgetragenen Sachverhalt gezogene Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge, nicht aber die Feststellung der zugrunde liegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen. So entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass etwa bei einer auf § 985 BGB gestützten Klage auf Herausgabe des Besitzes nicht mit Rechtskraft über das Eigentum entschieden wird (Senat, Urt. v. 13. November 1998, V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377 m.w.N.). Es liegt daher zumindest nahe, dass für den rechtsähnlichen – auf „Herausgabe des Buchbesitzes“ gerichteten – Anspruch aus § 894 BGB nichts anderes gilt (vgl. Senat, Urt. v. 22. Oktober 1999, V ZR 358/97, WM 2000, 320, 321; BGH, Urt. v. 30. Oktober 2001, VI ZR 127/00, WM 2002, 705, 706; für Rechtskrafterstreckung dagegen Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 894 Rdn. 151; sämtli- che Zitate m.w.N. auch zum Streitstand). Das gilt umso mehr, als den Parteien zur Klärung der Eigentumsfrage in der Regel der Weg der nicht an ein besonderes Feststellungsinteresse anknüpfenden Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) und im Übrigen die Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO offen steht.
- 20
- Die Frage nach der Reichweite der Rechtskraftwirkung braucht hier indessen nicht entschieden zu werden. In dem Vorprozess hat der Senat § 894 BGB mit der Erwägung verneint, die Klägerin sei nicht Eigentümerin des gesamten Grundstücks; gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 THG sei ihr „allenfalls“ der für die Aufrechterhaltung ihres Betriebes notwendige Grundstücksteil zuzurechnen (Urt. v. 23. Februar 2001, V ZR 463/99, WM 2001, 1002, 1003 f.). Dann aber fehlt es schon an einer Klärung der Eigentumslage, die den Ausgangspunkt für Rechtskraftüberlegungen bilden könnte.
- 21
- bb) Die Klärung der Eigentumsfrage ist auch nicht mit Blick auf den Zuordnungsbescheid vom 26. Mai 1992 entbehrlich. Da die Klägerin an dem Zuordnungsverfahren nicht beteiligt wurde, entfaltet der Bescheid ihr gegenüber keine Bindungswirkung (Senat, Urt. 23. Februar 2001, aaO, 1004; Beschl. v. 14. Februar 2008, V ZR 285/06).
- 22
- cc) Soweit das Berufungsgericht die Eigentümerstellung auf die weitere Erwägung stützt, die Beklagte habe mit notariellem Vertrag vom 27. Juli 2004 das Eigentum der Klägerin wegen der Bezugnahme auf § 11 Abs. 2 THG mit Wirkung zum 1. Juli 1990 „anerkannt“, kann dahin gestellt bleiben, ob dem Vertrag eine Auflassung entnommen werden kann (vgl. auch MünchKommBGB /Kanzleiter, 4. Aufl., § 925 Rdn. 21; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 925 Rdn. 11). Aus Gründen der Rechts- und Verkehrssicherheit steht Auflas- sungsparteien jedenfalls nicht die Befugnis zu, die dingliche Rechtslage mit Rückwirkung zu gestalten. Möglich sind lediglich schuldrechtliche Vereinbarungen , nach denen die Vertragsparteien so zu stellen sind, als sei die dingliche Rechtslage bereits zu einem früheren Zeitpunkt verändert worden. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
- 23
- dd) Im Hinblick auf § 11 Abs. 2 Satz 2 THG wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass die Revision zutreffend auf Sachvortrag verweist, aus dem sich ergibt, dass aus dem VEB C. nicht nur die Klägerin hervorging, sondern noch eine weitere Kapitalgesellschaft, die D. GmbH (Umwandlungserklärung vom 15. Juni 1990, Anlage K 1 zur Klageschrift vom 13. Dezember 2004, GA I 13). Es ist daher zu prüfen, ob die Klägerin Allein- oder zumindest Miteigentümerin der Teilfläche (zusammen mit der D. GmbH ) geworden ist (zur Aktivlegitimation im zweiten Fall vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 1011 BGB Rdn. 4 m.w.N.).
- 24
- b) Entgegen der Auffassung der Revision durfte das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit auf die für den Betrieb des Verwaltungsgebäudes benötigte Teilfläche abstellen, obwohl diese nicht als selbständiges Grundstück im Grundbuch eingetragen war. § 990 Abs. 1 BGB verlangt Bösgläubigkeit hinsichtlich des fehlenden Besitzrechts (BGH, Urt. v. 28. Mai 1976, III ZR 186/72, NJW 1977, 31, 34, insoweit in BGHZ 67, 152 nicht abgedruckt). Maßgebend ist der Gegenstand der Vindikation (§ 985 BGB), die sich je nach Besitz oder Klageantrag auf unselbständige Teile eines Grundstücks beschränken kann (vgl. nur MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, § 985 Rdn. 58; Soergel/ Stadler, BGB, 13. Aufl., § 985 Rdn. 23; Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 985 Rdn. 86). Zudem zeigt etwa die mögliche Vermietung von Teilen eines Grund- stückes, dass sich ein Recht zum Besitz nicht auf das gesamte Grundstück beziehen muss. Für die Bösgläubigkeit gilt nichts anderes.
Vorinstanzen:
LG Stendal, Entscheidung vom 17.10.2005 - 21 O 403/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 13.12.2006 - 12 U 15/06 -
(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu beschleunigen.
(2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, über die Gerichtssprache, über die Wahrnehmung richterlicher Geschäfte durch Referendare und über Beratung und Abstimmung gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landesarbeitsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesarbeitsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Arbeitsgerichtsgesetz tritt.
(3) Die Vorschriften über die Wahrnehmung der Geschäfte bei den ordentlichen Gerichten durch Rechtspfleger gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Als Rechtspfleger können nur Beamte bestellt werden, die die Rechtspflegerprüfung oder die Prüfung für den gehobenen Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden haben.
(4) Zeugen und Sachverständige erhalten eine Entschädigung oder Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.
(5) Alle mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen enthalten die Belehrung über das Rechtsmittel. Soweit ein Rechtsmittel nicht gegeben ist, ist eine entsprechende Belehrung zu erteilen. Die Frist für ein Rechtsmittel beginnt nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsmittels nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsmittel nicht gegeben sei; § 234 Abs. 1, 2 und § 236 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gelten für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Soweit die Beweisaufnahme an der Gerichtsstelle möglich ist, erfolgt sie vor der Kammer. In den übrigen Fällen kann die Beweisaufnahme, unbeschadet des § 13, dem Vorsitzenden übertragen werden.
(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn die Kammer dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet. Im Falle des § 377 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung ist die eidesstattliche Versicherung nur erforderlich, wenn die Kammer sie aus dem gleichen Grund für notwendig hält.
(3) Insbesondere über die Zahl der in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder oder das Vertretensein einer Gewerkschaft in einem Betrieb kann Beweis auch durch die Vorlegung öffentlicher Urkunden angetreten werden.
(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen.
(2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.
(3) Eine Bezugnahme auf Dokumente ist zulässig, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht sie für angemessen hält. Die Vorlesung von Dokumenten findet nur insoweit statt, als es auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt.
(4) In Anwaltsprozessen ist neben dem Anwalt auch der Partei selbst auf Antrag das Wort zu gestatten.
Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.