Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2008 - II ZR 121/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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- 1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt , dass es den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zu einer Werterhöhung durch Ausbaumaßnahmen und zum Niederschlag dieser Werterhöhung im Versteigerungserlös als unschlüssig behandelt hat. Es hat sich durch die verfahrensfehlerhafte Würdigung der lediglich zur Untermauerung des Parteivortrags vorgelegten Gutachten zum Grundstückswert den Blick darauf verstellt, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast bereits genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. Sen.Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524; Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738). Die Anforderungen an die Substantiierung erhöhen sich nicht, wenn die Partei - wie hier durch die Vorlage von Gutachten aus anderen Verfahren - über das Notwendige hinaus weitere Einzelheiten vorträgt. Der Tatrichter muss vielmehr in die Beweisaufnahme eintreten und Zeugen oder Sachverständige zu den ungeklärten Punkten befragen.
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- So liegt es hier. Die Beklagte hat ihrer Vortragslast für einen Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 2 BGB genügt. Ein solcher Anspruch kommt nach der Rechtsprechung des Senats, die sich nicht allein auf Familienangehörige als Miteigentümer beschränkt, in Betracht, wenn ein Miteigentümer ins Gewicht fallende Sanierungsmaßnahmen in einem von ihm allein genutzten Gebäudeteil in der auch dem anderen Miteigentümer erkennbaren Erwartung, dass er mit seiner Familie auf Dauer in dem Gebäude wohnen dürfe, durchführt, und nach einer Teilungsversteigerung dem anderen Miteigentümer bei einer hälftigen Teilung des Versteigerungserlöses ein Vermögenswert zufließen würde, der ihm nach Sinn und Zweck der gemeinsamen Vorstellungen der Parteien nicht zustehen sollte, wenn und soweit sich ein etwaiger Wertzuwachs im Versteigerungserlös niederschlägt (vgl. Sen.Urt. v. 25. Mai 1992 - II ZR 232/91, ZIP 1992, 1003).
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- Die Beklagte hat wiederholt, zuletzt in einem eigens nachgelassenen Schriftsatz zur Wertsteigerung des Grundstücks durch ihre Baumaßnahmen und zum Niederschlag dieser Wertsteigerung im Versteigerungserlös ausreichend Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt. Sie hat die einzelnen Investitionen vorgetragen, die Wertsteigerung für ihren Wohnungsteil mit mindestens 79.307,81 € beziffert und dargelegt, dass sich diese Wertsteigerung im Versteigerungserlös realisiert habe. Der Vortrag weiterer Einzeltatsachen war nicht erforderlich.
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- Verfahrensfehlerhaft hat das Berufungsgericht diese Ausführungen als unschlüssig behandelt und den Vortrag von weiteren Tatsachen verlangt, indem es das von der Beklagten zur Untermauerung ihres Vorbringens vorgelegte, im Teilungsversteigerungsverfahren erstattete Wertgutachten des Sachverständigen S. nicht für geeignet hielt, den behaupteten Wertzuwachs und den Niederschlag des Wertzuwachses im Versteigerungserlös zu belegen. Die Bezugnahme auf dieses Gutachten machte den Vortrag der Beklagten nicht unschlüssig , weil es ihm nicht widersprach; dass es ihn nur teilweise bestätigte und es weitere aufgeworfene Fragen nicht beantwortete, führte nicht zur Unschlüssigkeit des Vortrags.
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- 2. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Übergehen des Beweisantrags ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht konnte nicht aus anderen Gründen von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen. Eine Verwertung des Grundstückswertgutachtens des Sachverständigen S. im Wege des Urkundenbeweises kann das beantragte gerichtliche Sachverständigengutachten nicht ersetzen. Das Gericht muss eine schriftliche oder mündliche Begutachtung anordnen, wenn die urkundenbeweislich herangezogenen Ausführungen in einem schriftlichen Gutachten, das in einem anderen Verfahren erstattet wurde, nicht ausreichen, um die von einer Partei ange- sprochenen aufklärungsbedürftigen Fragen zu beantworten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behauptung der Partei in der urkundenbeweislich herangezogenen Begutachtung eine Stütze findet oder nicht (BGH, Urt. v. 6. Juni 2000 - VI ZR 98/99, NJW 2000, 3072; Urt. v. 14. Oktober 1997 - VI ZR 404/96, NJW 1998, 311; Urt. v. 22. April 1997 - VI ZR 198/96, NJW 1997, 3381).
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 29.09.2006 - 3 O 2581/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 02.05.2007 - 7 U 936/06 -
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Annotations
Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.