Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2008 - II ZR 121/07

bei uns veröffentlicht am02.06.2008
vorgehend
Landgericht Gera, 3 O 2581/04, 29.09.2006
Thüringer Oberlandesgericht, 7 U 936/06, 02.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 121/07
vom
2. Juni 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist verletzt, wenn ein
Gericht ihren schlüssigen und substantiierten Vortrag allein deshalb für unschlüssig
hält, weil in einem von ihr vorgelegten Sachverständigengutachten aus einem anderen
Verfahren, auf das sie sich berufen hat, nicht alle aufgeworfenen Fragen beantwortet
sind.
BGH, Beschluss vom 2. Juni 2008 - II ZR 121/07 - OLG Jena
LG Gera
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Juni 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 2. Mai 2007 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert: 60.388,44 € (19.826,96 € streitiger Hauptsachebetrag, 40.561,48 € nicht auf die Hauptsache entfallende Zinsen).

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
2
1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt , dass es den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zu einer Werterhöhung durch Ausbaumaßnahmen und zum Niederschlag dieser Werterhöhung im Versteigerungserlös als unschlüssig behandelt hat. Es hat sich durch die verfahrensfehlerhafte Würdigung der lediglich zur Untermauerung des Parteivortrags vorgelegten Gutachten zum Grundstückswert den Blick darauf verstellt, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast bereits genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. Sen.Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524; Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738). Die Anforderungen an die Substantiierung erhöhen sich nicht, wenn die Partei - wie hier durch die Vorlage von Gutachten aus anderen Verfahren - über das Notwendige hinaus weitere Einzelheiten vorträgt. Der Tatrichter muss vielmehr in die Beweisaufnahme eintreten und Zeugen oder Sachverständige zu den ungeklärten Punkten befragen.
3
So liegt es hier. Die Beklagte hat ihrer Vortragslast für einen Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 2 BGB genügt. Ein solcher Anspruch kommt nach der Rechtsprechung des Senats, die sich nicht allein auf Familienangehörige als Miteigentümer beschränkt, in Betracht, wenn ein Miteigentümer ins Gewicht fallende Sanierungsmaßnahmen in einem von ihm allein genutzten Gebäudeteil in der auch dem anderen Miteigentümer erkennbaren Erwartung, dass er mit seiner Familie auf Dauer in dem Gebäude wohnen dürfe, durchführt, und nach einer Teilungsversteigerung dem anderen Miteigentümer bei einer hälftigen Teilung des Versteigerungserlöses ein Vermögenswert zufließen würde, der ihm nach Sinn und Zweck der gemeinsamen Vorstellungen der Parteien nicht zustehen sollte, wenn und soweit sich ein etwaiger Wertzuwachs im Versteigerungserlös niederschlägt (vgl. Sen.Urt. v. 25. Mai 1992 - II ZR 232/91, ZIP 1992, 1003).
4
Die Beklagte hat wiederholt, zuletzt in einem eigens nachgelassenen Schriftsatz zur Wertsteigerung des Grundstücks durch ihre Baumaßnahmen und zum Niederschlag dieser Wertsteigerung im Versteigerungserlös ausreichend Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt. Sie hat die einzelnen Investitionen vorgetragen, die Wertsteigerung für ihren Wohnungsteil mit mindestens 79.307,81 € beziffert und dargelegt, dass sich diese Wertsteigerung im Versteigerungserlös realisiert habe. Der Vortrag weiterer Einzeltatsachen war nicht erforderlich.
5
Verfahrensfehlerhaft hat das Berufungsgericht diese Ausführungen als unschlüssig behandelt und den Vortrag von weiteren Tatsachen verlangt, indem es das von der Beklagten zur Untermauerung ihres Vorbringens vorgelegte, im Teilungsversteigerungsverfahren erstattete Wertgutachten des Sachverständigen S. nicht für geeignet hielt, den behaupteten Wertzuwachs und den Niederschlag des Wertzuwachses im Versteigerungserlös zu belegen. Die Bezugnahme auf dieses Gutachten machte den Vortrag der Beklagten nicht unschlüssig , weil es ihm nicht widersprach; dass es ihn nur teilweise bestätigte und es weitere aufgeworfene Fragen nicht beantwortete, führte nicht zur Unschlüssigkeit des Vortrags.
6
2. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Übergehen des Beweisantrags ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht konnte nicht aus anderen Gründen von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen. Eine Verwertung des Grundstückswertgutachtens des Sachverständigen S. im Wege des Urkundenbeweises kann das beantragte gerichtliche Sachverständigengutachten nicht ersetzen. Das Gericht muss eine schriftliche oder mündliche Begutachtung anordnen, wenn die urkundenbeweislich herangezogenen Ausführungen in einem schriftlichen Gutachten, das in einem anderen Verfahren erstattet wurde, nicht ausreichen, um die von einer Partei ange- sprochenen aufklärungsbedürftigen Fragen zu beantworten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behauptung der Partei in der urkundenbeweislich herangezogenen Begutachtung eine Stütze findet oder nicht (BGH, Urt. v. 6. Juni 2000 - VI ZR 98/99, NJW 2000, 3072; Urt. v. 14. Oktober 1997 - VI ZR 404/96, NJW 1998, 311; Urt. v. 22. April 1997 - VI ZR 198/96, NJW 1997, 3381).
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 29.09.2006 - 3 O 2581/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 02.05.2007 - 7 U 936/06 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Zivilprozessordnung - ZPO | § 402 Anwendbarkeit der Vorschriften für Zeugen


Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 266/04
vom
21. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn der Tatrichter
sich der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen
an die Substantiierung des Klägervortrags verschließt.

b) Streiten die Parteien eines aktienrechtlichen Anfechtungsrechtsstreits unter
Vorlage einander in wesentlichen Punkten widersprechender Privatgutachten
über komplexe fachspezifische Fragen der Unternehmensbewertung, so
darf der Tatrichter, wenn er - wie im Regelfall - über keine eigene Sachkunde
verfügt bzw. eine solche nicht dargelegt hat, nicht ohne Einholung eines
gerichtlichen Sachverständigengutachtens dem Vortrag einer Partei zu Lasten
der anderen den Vorzug geben.

c) Ist bei einer Verschmelzung mit Kapitalerhöhung (hier: § 69 UmwG) durch
deren Eintragung in das Register aufgrund einer Freigabeentscheidung gemäß
§ 16 Abs. 3 UmwG nicht nur die Verschmelzung selbst, sondern auch
der notwendige "Annex" der Kapitalerhöhung unumkehrbar wirksam geworden
, so ist die Weiterführung der Anfechtungsklage des Hauptprozesses im
Hinblick auf die in § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG normierte Schadensersatzpflicht
auch in Bezug auf den "Annexbeschluss" zur Kapitalerhöhung zulässig.

d) Zur Wahrung der schriftlichen Form des Verschmelzungsberichts gemäß § 8
Abs. 1 UmwG bei dessen Unterzeichnung durch Organmitglieder (nur) in
vertretungsberechtigter Zahl und zur Relevanz eines etwaigen diesbezüglichen
Formmangels.
BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Mai 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Dr. Strohn und Dr. Reichart

beschlossen:
I. Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerinnen zu 1 und 4 wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 25. Oktober 2004 im Kostenpunkt - jedoch mit Ausnahme der Entscheidung über die Nebeninterventionskosten - und insoweit aufgehoben, als deren Anfechtungsklagen gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 6. Februar 2003 zu TOP 1 (Zustimmung zum Abschluss eines Verschmelzungsvertrages) und zu TOP 2 (Kapitalerhöhung im Rahmen der Verschmelzung) abgewiesen worden sind. II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zu 5 wird zurückgewiesen. III. Der Kläger zu 5 trägt die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtsgebühren und seine darin entstandenen eigenen notwendigen Auslagen. Ferner hat er 1/3 der gerichtlichen Auslagen und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu tragen. IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die weitergehenden, nicht durch die vorstehende Kostenentscheidung (III) erfassten Kos- ten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. V. Gegenstandswert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens: 110.000,00 € (Fortgesetzte Anfechtungsklagen der Kläger zu 1, 4 und 5 gem. § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG gegen die Zustimmung zur Verschmelzung: 100.000,00 €; fortgesetzte Anfechtungsklagen der Klägerinnen zu 1 und 4 gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss : 10.000,00 €)

Gründe:

1
I. Die am Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beteiligten Kläger zu 1, 4 und 5 sind Minderheitsaktionäre der beklagten börsennotierten V. AG, die im Jahre 2002 durch Zusammenführung der H. AG und der VE. AG B. entstanden ist. Mehrheitsaktionärin ist - über mehrere Beteiligungsgesellschaften - mit ca. 96,8 % der Aktien die - im Alleinbesitz des Königreichs Schweden stehende - V. AB mit Sitz in Schweden.
2
Die Beklagte und die B. Aktiengesellschaft (nachfolgend: B. ), an der die Beklagte zu 89,52 % beteiligt war, beabsichtigten eine Verschmelzung beider Unternehmen unter Übertragung des Vermögens der B. auf die Beklagte gegen Gewährung von Aktien an die Aktionäre der B. - mit Ausnahme der Beklagten selbst - zu einem Umtauschverhältnis von einer B. -Aktie zu 0,5976 Aktien der Beklagten; dabei sollte zur Durchführung der Verschmelzung das Grundkapital der Beklagten gemäß § 69 UmwG erhöht werden. Die außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten vom 6. Februar 2003 stimmte mit 99,96 % der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages (TOP 1) sowie der Kapitalerhöhung um 18 Mio. € im Zuge der Verschmelzung (TOP 2) zu. Die Kläger, die gegen die Beschlüsse stimmten und Widerspruch zur Niederschrift erklärten, haben sämtlich Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss , die Klägerinnen zu 1 und 4 außerdem auch gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erhoben; die Klägerin zu 1 hat ferner Feststellungsanträge gestellt.
3
Das Landgericht hat den Anfechtungsklagen stattgegeben, die Feststellungsklage der Klägerin zu 1 hingegen abgewiesen. Das Kammergericht hat auf die Berufung der Beklagten - während des zweitinstanzlichen Verfahrens sind die angefochtenen Beschlüsse auf Grund einer Freigabeentscheidung (§ 16 Abs. 3 UmwG) in das Handelsregister eingetragen worden - die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wenden sich die Klägerinnen zu 1 und 4 sowie der Kläger zu 5 mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden.
4
II. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerinnen zu 1 und 4 sind sowohl hinsichtlich ihrer Klagen gegen die Verschmelzung (A) als auch bezüglich ihrer Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses (B) begründet und führen gemäß §§ 544 Abs. 7, 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Demgegenüber hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zu 5 keinen Erfolg (C).
5
A. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerinnen zu 1 und 4 auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hinsichtlich ihrer Anfechtungsklagen gegen die Zustimmung zur Verschmelzung (TOP 1) in entscheidungserhebli- cher Weise verletzt. Es hat umfangreichen, dezidierten und unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Klägerinnen zu 1 und 4 zu dem - von ihnen als Aktionären des übernehmenden Rechtsträgers in zulässiger Weise erhobenen (vgl. arg. e contrario § 14 Abs. 2 UmwG; vgl. BGHZ 112, 9, 19 - zu § 352 c AktG a.F.) - Kernvorwurf, dem Verschmelzungsbeschluss liege infolge schwerwiegender Bewertungsmängel eine deutliche Unterbewertung des Unternehmens der Beklagten und damit ein für deren Aktionäre nachteiliges, fehlerhaftes Umtauschverhältnis zugrunde, verfahrensfehlerhaft als unsubstantiiert abqualifiziert bzw. - ohne nähere Begründung und insbesondere ohne Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens - als durch den gegenteiligen Parteivortrag der Beklagten widerlegt angesehen. Diese sich auf die Verwendung von Leerformeln beschränkende, nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags.
6
1. Die Klägerin zu 1 hat unter Berufung auf ein von ihr vorgelegtes Privatgutachten des Prof. Dr. K. - Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Kapitalmärkte der TU M. - vom 10. Juni 2003 und dessen Ergänzungsgutachten vom 30. August 2004 u.a. behauptet, die Finanzierungsprämissen bei der Unternehmensbewertung der Beklagten führten zu einer deutlichen Unterbewertung dieser Gesellschaft von mindestens 16 %; dabei sei insbesondere die Annahme des Bewertungsgutachtens der BDO unvertretbar, die Finanzierungskosten für den Erwerb der B. -Beteiligung seien auf Dauer nicht steuerlich absetzbar, obwohl dieser zur Reduzierung des Unternehmenswerts führende Nachteil durch eine - unternehmerisch gebotene - Eigenkapitalzuführung sofort beseitigt werden könne. Ferner sei der zur Berechnung des Zinsaufwandes angesetzte langfristige Basiszinssatz von 5,5 % p.a. - schon angesichts der geringeren Rendite einer Anleihe der Konzernmutter V. AB von lediglich 4,43 % zum Bewertungsstichtag - erheblich überhöht; hinzu kämen Ungereimtheiten bei der Anwendung des sog. Stand-alone-Prinzips, das zudem im Rahmen der durchgeführten Unternehmensbewertung nicht konsequent durchgehalten worden sei. Schließlich berücksichtige die von der Beklagten vorgelegte Bewertung zu Unrecht nicht, dass sich der Gesamtenergiemarkt von einem Verteilermarkt in einen Erzeugermarkt wandeln werde und angesichts einer kontinuierlichen Nachfragesteigerung mit einer nicht unerheblichen Preissteigerung gegen Ende dieses Jahrzehnts zu rechnen sei. Ferner hat die Klägerin zu 1 auch zu den gegenteiligen Ausführungen der Beklagten in einer detaillierten, zwei Seiten umfassenden Aufstellung der einzelnen Streitpunkte im Schriftsatz v. 27. Februar 2004 nochmals Stellung genommen.
7
a) Dazu hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt: Die Beklagte habe in der Berufungsbegründung nachvollziehbar dargelegt, dass die von der Klägerin zu 1 erhobenen Rügen unbegründet seien. Mit diesem Vorbringen setze sich die Klägerin zu 1 ganz überwiegend nicht einmal ansatzweise auseinander , was vorliegend zu ihren Lasten zu gehen habe. Ergänzend sei anzumerken , dass es Sache der Klägerin zu 1 sei, etwaige Fehler bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses substantiiert darzulegen und sich zu den gegnerischen Einwänden gegen das von ihr vorgelegte Privatgutachten zu äußern. Diesen Anforderungen genüge ihr Vortrag nicht.
8
b) Damit hat sich das Berufungsgericht der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder - sofern es, wie hier bei der Unternehmensbewertung, auf spezifische Fachkunde ankommt - einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
9
c) Diesen Anforderungen an die Substantiierungslast genügte das Vorbringen der Klägerin zu 1 - zumal es sogar, ohne eine dahingehende prozessuale Verpflichtung, durch ein Privatgutachten nebst Ergänzung untermauert war - angesichts der Komplexität der Bewertungsvorgänge zweifelsfrei (vgl. nur BGH, Urt. v. 19. Februar 2003 - IV ZR 321/02, NJW 2003, 1400), so dass das Berufungsgericht , wenn es den Parteivortrag inhaltlich zur Kenntnis genommen hätte , spätestens nach Vorliegen der klägerischen Replik auf die Klageerwiderung in die beantragte Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte eintreten müssen. Hatten hier beide Parteien zu den fachspezifischen Fragen des Unternehmensbewertungsrechts jeweils Privatgutachten kompetenter Sachverständiger vorgelegt, die einander in wesentlichen Punkten widersprachen, so durfte das Berufungsgericht - das über keine eigene Sachkunde verfügte bzw. eine solche nicht dargelegt hat - nicht ohne Erhebung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens dem einen Privatgutachten zu Lasten des anderen den Vorzug geben (BGH, Urt. v. 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92, NJW 1993, 2382). Vollends unzulänglich war hier die pauschale Begründung, mit der sich das Berufungsgericht einfach das Beklagtenvorbringen nur leerformelhaft zu Eigen gemacht hat, ohne auch nur im Ansatz die zumindest gebotene ausgewogene Auseinandersetzung mit dem schlüssigen Klägervortrag erkennen zu lassen.
10
2. Entsprechendes gilt auch für das Vorbringen der Klägerin zu 4.
11
a) Diese hat schwerpunktmäßig behauptet, das Stand-alone-Prinzip anlässlich der Bewertung der Beklagten sei durch eine "Mischmaschrechnung" im Wertgutachten der BDO verletzt worden - eine Betrachtungsweise, die möglicherweise in dieser Verallgemeinerung unzutreffend sein könnte, weil die Beklagte schon vor der Verschmelzung über eine substantielle Beteiligung an der B. verfügte und diese Beteiligung einen Teil ihres Wertes ausmachte. Ob mit Rücksicht darauf die Annahme des Berufungsgerichts, der Rüge einer fehlerhaften aggregierten Bewertung fehle bereits die ausreichende Darlegung, als verfahrensfehlerfrei getroffen gelten kann oder ob auch insoweit die vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich war, kann offen bleiben.
12
b) Denn jedenfalls hat das Berufungsgericht bezüglich dieser Klägerin unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG übersehen, dass sich deren Vorbringen nicht auf diesen einen Umstand beschränkte. Vielmehr hat die Klägerin zu 4 - worauf sie sich in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde mit noch ausreichender Deutlichkeit zur Begründung ihrer Rüge aus Art. 103 GG berufen hat - sich in den Vorinstanzen zusätzlich den Sachvortrag der Klägerin zu 1, insbesondere das von dieser vorgelegte Privatgutachten des Prof. Dr. K. , in Bezug auf weitergehende Bewertungsmängel - namentlich hinsichtlich der Berücksichtigung steuerlich nicht abzugsfähiger "ewiger" Zinsen und hinsichtlich des Zinssatzes - zu Eigen gemacht.
13
B. Von der vorstehend dargelegten Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerinnen zu 1 und 4 hinsichtlich ihrer Anfechtung des Beschlusses zur Verschmelzung werden zugleich auch ihre Anfechtungsanträge gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erfasst. Der Kapitalerhöhungsbeschluss stellt im Rahmen der hier vorliegenden "Verschmelzung mit Kapitalerhöhung" (§ 69 UmwG) schon seinem Wortlaut, aber auch seinem Inhalt nach lediglich einen "Annex" zum Verschmelzungsbeschluss dar, weil die Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Verschmelzung im Hinblick auf die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers benötigt wurde. Nachdem das Landgericht die Freigabeentscheidung auf die Eintragung sowohl der Verschmelzung als auch des Kapitalerhöhungsbeschlusses erstreckt hat, ist - schon nach der seinerzeit maßgeblichen "alten" Rechtslage vor Inkrafttreten des § 246 a AktG n.F. (vgl. Art. 1 Nr. 23 UMAG v. 22. September 2005, BGBl. I, 2802) - mit deren Eintragung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG nicht nur die Verschmelzung selbst, sondern in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch der notwendige "Annex" der Kapitalerhöhung unumkehrbar wirksam geworden (h.M.: vgl. nur OLG Hamm, Konzern 2005, 374, 376; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG 3. Aufl. § 16 Rdn. 55; Grunewald in Lutter, UmwG 3. Aufl. § 69 Rdn. 22). Das schließt in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG die Zulässigkeit der Weiterführung der Anfechtungsklage des Hauptprozesses auch in Bezug auf den "Annexbeschluss" zur Kapitalerhöhung nach erfolgter Eintragung in das Handelsregister im Hinblick auf die dort zugleich normierte Schadensersatzpflicht ein (vgl. nunmehr auch § 246 a Abs. 4 AktG n.F.).
14
C. Die Beschwerde des Klägers zu 5 ist zurückzuweisen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat insoweit weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
15
1. Das Berufungsgericht hat die Anfechtungsklage dieses Klägers wegen Rechtsmissbrauchs als unbegründet abgewiesen. Zu den Voraussetzungen des Einwands des individuellen Rechtsmissbrauchs gegenüber der aktienrechtlichen Anfechtungsklage i.S. des § 246 AktG hat der Senat bereits grundsätzli- che Leitlinien aufgestellt (BGHZ 107, 296). Diese bedürfen unter dem Blickwinkel des § 543 Abs. 2 ZPO aus Anlass des vorliegenden Einzelfalls keiner Ergänzung.
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2. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) liegt in Bezug auf den Kläger zu 5 - anders als dieser meint - nicht vor.
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a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Abweisung der Anfechtungsklage des Klägers zu 5 ausgeführt: Die Beklagte habe in der Berufungsbegründung substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen die Erhebung der Anfechtungsklage in Bezug auf den Kläger zu 5 rechtsmissbräuchlich sei; diese Ausführungen mache sich der Senat zu Eigen; eine irgendwie geartete Auseinandersetzung mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs sei seitens des Klägers in dem Berufungsverfahren nicht erfolgt.
18
b) Es mag im Ansatz zweifelhaft sein, ob eine derartige pauschale Bezugnahme auf das schriftsätzliche Vorbringen des Beklagten zur Begründung der Entscheidung verfahrensrechtlich bedenkenfrei ist. Grundsätzlich muss das Urteil für die Prozessbeteiligten, insbesondere die unterlegene Partei, klar erkennen lassen, auf welchen Erwägungen es beruht. Es muss in wenn auch knappen, so doch eigenen Worten die Gründe für seine Entscheidung verdeutlichen , weil nur so eine Überprüfung durch die höhere Instanz ermöglicht wird. Ob die vom Berufungsgericht gegebene knappe Begründung diesen Anforderungen noch entspricht, kann letztlich dahinstehen, weil sich ein etwaiger derartiger formaler Mangel jedenfalls im Endergebnis nicht ausgewirkt hat.
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c) Denn der Kläger zu 5 handelte auf der Grundlage des als unstreitig festgestellten Vortrags der Beklagten - wie er sich aus deren vom Berufungsge- richt konkret in Bezug genommenen Berufungsbegründungsschriftsatz eindeutig ergibt - rechtsmissbräuchlich.
20
Er hat die Anfechtungsklage mit dem Ziel erhoben, die verklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hatte und billigerweise auch nicht erheben konnte (BGHZ 107, 296, 311). Der Kläger zu 5 hat bereits seit Juli 2002 in wenigstens zehn Schreiben mit seinem Briefkopf als Rechtsanwalt, die überwiegend direkt an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten gerichtet waren, unaufgefordert seine Rechtsansicht mitgeteilt, die ehemaligen DDR-Kombinatsbetriebe, welche die Beklagte zu ihrer Unternehmensgruppe zähle, seien dieser in Wirklichkeit nicht zuzuordnen. In seinem Schreiben vom 29. August 2002 führt er aus: "Ich wäre deshalb schon in erster Linie daran interessiert, mit Ihrem Unternehmen die Dinge zu bereinigen, und ich möchte dies auch gerne tun zu einem Zeitpunkt, bevor sie an anderer Stelle sichtbar werden."
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In folgenden Briefen bemühte er sich - weiterhin - um ein Beratungsmandat , worauf sich die Beklagte aber nicht einließ. Kurz vor der Hauptversammlung vom 6. Februar 2003 erwarb er sodann 20 Aktien der Beklagten, was er wiederum dem Vorstandsvorsitzenden - verbunden mit dem Hinweis, an der Hauptversammlung teilnehmen und dort Fragen zur Bilanz und zur Geschäftsführung stellen zu wollen - mitteilte. Nach der Hauptversammlung ließ er die Beklagte wissen, dass er ein Spruchverfahren beabsichtige und dass in diesem Fall alle weiteren Antragsteller sowie der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre Einblick in sämtliche Akten erhalten würden. In seinem Schreiben vom 18. März 2003 kündigte er ferner an, sich am Spruchverfahren der B. zu beteiligen. Seine Anfechtungsklage hat der Kläger zu 5 im Wesentlichen auf die bereits zuvor von ihm behaupteten angeblichen Umwandlungsmängel im Zusammenhang mit den zur Unternehmensgruppe der Beklag- ten (namentlich der B. ) gehörenden ehemaligen DDR-Betrieben und eine daraus vermeintlich resultierende Beeinflussung des Umtauschverhältnisses gestützt. Noch während des Prozesses legte der Kläger zu 5 der Beklagten nahe , es entspreche einer "zielführenden Konfliktstrategie und Problemstrategie", wenn sein Vorbringen den anderen Anfechtungsklägern nicht zur Kenntnis gebracht werde.
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Ersichtlich wollte der Kläger zu 5 sich durch die von ihm durchgängig erstrebte Übertragung eines anwaltlichen Beratungsmandats von der Beklagten sein Schweigen zu der von ihm behaupteten Problematik der Umwandlung der ehemaligen DDR-Betriebe durch die ihn dann treffende anwaltliche Schweigepflicht abkaufen lassen. Dabei waren nicht zuletzt der Erwerb von Aktien der Beklagten kurz vor der Hauptversammlung sowie die anschließende Klageerhebung selbst Bestandteile der Strategie des Klägers zu 5, ein Droh- und Druckpotential gegenüber der Beklagten aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten, um diese zu der erstrebten Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hatte. Eine derartige grob eigennützige Handlungsweise rechtfertigt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des Verhaltens zweifelsfrei den Einwand des individuellen Rechtsmissbrauchs gegenüber der von diesem Kläger erhobenen Anfechtungsklage.
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III. Für das auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin zu 1 und 4 gemäß § 544 Abs. 7 ZPO neu eröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Die weitergehenden Anfechtungsgründe, die die Klägerinnen zu 1 und 4 ihren Nichtzulassungsbeschwerden zugrunde gelegt haben, hat der Senat geprüft, aber für nicht zulassungsrelevant i.S. des § 543 Abs. 2 ZPO erachtet.
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a) Der Verschmelzungsbericht gemäß § 8 Abs. 1 UmwG weist keine entscheidungserheblichen , die Zulassung erforderlich machenden Mängel auf.
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Allerdings ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden, ob - wie die Kläger meinen - aus der gesetzlichen Anordnung der Schriftlichkeit in § 8 UmwG abzuleiten ist, dass eine eigenhändige Unterschrift jedes einzelnen Mitglieds des Vertretungsorgans erforderlich ist (so die h.M.: vgl. Lutter/Drygala in Lutter aaO § 8 Rdn. 8; Kallmeyer/Marsch-Barner aaO § 8 Rdn. 3; Stratz in Schmidt/Hörtnagel/Stratz, UmwG/UmwStG 4. Aufl. § 8 Rdn. 6; Gehling in Semler/Stengel, UmwG § 8 Rdn. 7; Grunewald in Geßler/Hefermehl/ Eckhardt/Kropff, AktG § 340 a Rdn. 18) oder ob eine Unterzeichnung durch Organmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl - wie sie hier in Gestalt der Unterschriften von nur zwei Vorstandsmitgliedern der Beklagten vorliegt - ausreicht (so Klaus J. Müller, NJW 2000, 2001).
27
Für die zuletzt genannte Mindermeinung sprechen nachhaltig Sinn und Zweck der Regelung. Dem Verschmelzungsbericht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwG kommt vor allem eine umfassende Informationsfunktion zu: Er soll die Verschmelzung und den Verschmelzungsvertrag im Einzelnen, insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile, rechtlich und wirtschaftlich erläutern und begründen. Weil dem geschriebenen Wort eine größere Präzision, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit zukommt, soll der Bericht schriftlich vorliegen und nicht lediglich mündlich vorgetragen werden. Dass bei Unterzeichnung des Berichts durch Organmitglieder nur in vertretungsberechtigter Zahl etwa die Gefahr bestünde, der Bericht entspreche nicht dem Willen der Mehrheit des Organs , erscheint lebensfremd: Eine solche Manipulation könnte nicht verborgen bleiben, weil der Verschmelzungsbericht in der Hauptversammlung - zumeist, so auch hier, in Anwesenheit aller Vorstandsmitglieder - mündlich erläutert und erörtert wird.
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Der Senat braucht diese Frage aber nicht abschließend zu entscheiden, weil es hier - selbst wenn man der bisher h.M. folgen wollte - im Falle der Nichteinhaltung der Schriftform an der Relevanz des Formmangels für die Informations - und Mitwirkungsrechte der Aktionäre im Sinne der Senatsrechtsprechung fehlen würde (vgl. BGHZ 153, 32; 160, 385). Der Sinn eines etwaigen Erfordernisses der Unterzeichnung durch alle Organmitglieder könnte - wie dargelegt - nur darin bestehen, den Aktionären zu verlautbaren, dass der Vorstand mehrheitlich "hinter dem Bericht steht". Jedem vernünftig denkenden Aktionär ist aber klar, dass es der Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl einen Verschmelzungsbericht herausgibt, mit dem die Mehrheit des Vorstandes nicht einverstanden ist. Ein solcher Aktionär würde sich in seiner Entscheidung über die Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte von einer fehlenden - unterstellt: erforderlichen - Unterzeichnung des Berichts durch sämtliche Vorstandsmitglieder nicht beeinflussen lassen.
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b) Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 1, die auch in diesem Zusammenhang die anderwärts vielfältig von ihr und anderen öfter als Anfechtungsklägern in Erscheinung tretenden Aktionären vorgebrachten Standardrügen erhebt , wirft weder der Umstand, dass das Gericht den Verschmelzungsprüfer auf Vorschlag der Beklagten bestellt hat, noch die Tatsache der sog. Parallelprüfung entscheidungsbedürftige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Beide Fragen hat der Senat - anders als die Klägerin zu 1 für richtig hält - entschieden (vgl. Sen.Urt. v. 18. September 2006 - II ZR 225/04, ZIP 2006, 2080, 2082, sowie schon BGHZ 135, 260).
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2. In Bezug auf die diversen sonstigen Rügen der Beschwerden sieht der Senat von einer näheren Begründung gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO ab, weil insoweit offensichtlich Zulassungsgründe nicht gegeben sind.
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3. Das Berufungsgericht wird nunmehr im Hinblick auf die schlüssigen Bewertungsrügen der Kläger zu 1 und 4, denen die Beklagte mit erheblichem Sachvortrag entgegengetreten ist, in die Beweisaufnahme einzutreten und das von beiden Seiten hierzu beantragte Sachverständigengutachten einzuholen haben.
Goette Kurzwelly Kraemer Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.09.2003 - 93 O 47/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.10.2004 - 23 U 234/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 199/03 Verkündet am:
25. Juli 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 612 Abs. 2; KonkursVwVergütV §§ 3, 4; ZPO § 286 F

a) Die dem von der Gesellschafterversammlung bestellten Liquidator einer
GmbH - mangels Vereinbarung über die Höhe seines Honorars - geschuldete
übliche Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB war zur Zeit der Geltung der
Konkursordnung (hier: 1994/1995) wegen der Vergleichbarkeit der Tätigkeit
des Liquidators (§ 70 GmbHG) mit der Aufgabe eines Konkursverwalters in
sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der VergütVO vom 25. Mai
1960 (i.d.F. der VO v. 11. Juni 1979) zu bemessen.

b) Zur Übergehung unter Beweis gestellten Vorbringens durch Verkennung der
Anforderungen an die Substantiierung sowie zur Ablehnung der Zeugenvernehmung
als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung.
BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03 - OLG Köln
LG Köln
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 25. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Mai 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 8. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der L. -Baugesellschaft mbH i.L. (nachfolgend: Schuldnerin), die Ende 1991 aus der Zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) Bauorganisation N. durch Organisationsakt der beteiligten Trägerbetriebe hervorgegangen ist und Anfang Januar 1993 als GmbH in das Handelsregister eingetragen wurde. Bereits am 5. November 1993 beschlossen die Gesellschafter der Schuldnerin deren Liquidation und bestellten den Beklagten zum Liquidator; Regelungen über sein Honorar wurden nicht getroffen. In der Zeit von April 1994 bis Januar 1995 entnahmen der Beklagte und die in seinem N. Büro tätige freie Mitarbeiterin K. - seine jetzige Ehefrau - dem Vermögen der Schuldnerin insgesamt
593.921,30 DM, die der Beklagte als "Vorschüsse" auf seine Liquidatorvergütung verstanden wissen will. Nachdem mehrere Gesellschafter der Schuldnerin die ihrer Ansicht nach unzureichende Tätigkeit des Beklagten im Rahmen des Liquidationsverfahrens beanstandet hatten, wurde dieser durch Gesellschafterbeschluß vom 19. April 1995 als Liquidator abberufen und Rechtsanwalt P. als sein Nachfolger eingesetzt. Der Beklagte überließ diesem gemäß Übergabeprotokoll vom 3. Mai 1995 die aus 133 Aktenordnern und 47 Schnellheftern bestehenden Geschäftsunterlagen der Gesellschaft, von denen er sich zuvor auszugsweise Kopien für seine eigenen Unterlagen gefertigt hatte. Auf Antrag des neuen Liquidators vom 2. Juni 1995 eröffnete das Amtsgericht H. am 25. Januar 1996 das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin.
Der Kläger hat gegen den Beklagten Stufenklage auf Auskunfterteilung über die den Entnahmen zugrundeliegenden Tatsachen und auf Bezahlung der sich aus der Auskunft ergebenden Forderungen erhoben. Nach Erteilung der Auskunft durch den Beklagten haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Im übrigen begehrt der Kläger vom Beklagten Erstattung der entnommenen Beträge in Höhe von insgesamt 593.921,30 DM; der Beklagte verweigert deren Rückzahlung unter Berufung auf seine Honoraransprüche als Liquidator, die er in einer im Prozeß vorgelegten Rechnung vom 5. Juni 1997 auf 1.058.000,00 DM beziffert und hinsichtlich derer er im Umfang der Klageforderung vorsorglich die Aufrechnung erklärt hat.
Das Landgericht hat den Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung zur Rückzahlung von 321.772,46 DM nebst Zinsen verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil dem Beklagten aus dem mit der Schuldnerin
zustande gekommenen Dienstvertrag über dessen Liquidatortätigkeit ein entsprechend den Vergütungssätzen und -richtlinien der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters vom 25. Mai 1960 (BGBl. I, 329, zuletzt geändert durch Verordnung v. 11. Juni 1979, BGBl. I, 637 - VergütVO) zu ermittelnder Vergütungsanspruch in Höhe von 272.184,84 DM brutto zustehe, der in dieser Höhe mit den dem Beklagten insgesamt zuzurechnenden Entnahmen aus dem Vermögen der Schuldnerin zu verrechnen sei. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der - vom Senat zugelassenen - Revision, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Beklagte müsse dem Kläger die aus dem Vermögen der Schuldnerin ohne die erforderliche Zustimmung ihrer Gesellschafterversammlung entnommenen Gelder in vollem Umfang von 593.921,30 DM aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung in sonstiger Weise (§ 812 Abs. 1 Satz 2 2. Var. BGB) erstatten. Die vom Beklagten demgegenüber erklärte Aufrechnung sei zwar nicht bereits wegen eines Aufrechnungsverbots unzulässig, da der Kläger die Voraussetzungen des § 393 BGB nicht nachgewiesen habe; sie scheitere aber daran, daß der Beklagte einen aufrechenbaren Gegenanspruch auf
Vergütung seiner Leistungen als Liquidator der Schuldnerin letztlich nicht hinreichend dargelegt habe. Allerdings stehe dem Kläger grundsätzlich eine Vergütung für seine Liquidatortätigkeit aus einem konkludent mit der Schuldnerin geschlossenen Dienstvertrag zu. Mangels einer konkreten Honorarvereinbarung sei die geschuldete übliche Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB entsprechend den Regelsätzen der VergütVO zu bemessen; dabei richte sie sich bei dem hier vorliegenden vorzeitigen Abbruch der Tätigkeit nach dem Verhältnis der tatsächlich erbrachten zur insgesamt geschuldeten Leistung. Diesbezüglich habe der Beklagte jedoch in beiden Instanzen nicht annähernd der ihm obliegenden Substantiierung genügt. Der von ihm vorgelegten pauschalen Leistungsaufstellung fehle die Bezugnahme auf konkrete Geschäftsunterlagen, in denen sich die von ihm beschriebenen Tätigkeiten dokumentiert haben müßten. Die zusätzlichen Zeugenbeweisantritte des Beklagten seien nicht geeignet, die ihm auferlegte Leistungsaufstellung anhand der Geschäftsunterlagen zu ersetzen. Wenn dieser es nicht für notwendig erachtet habe, entweder die umfangreichen Akten beim Kläger einzusehen oder konkrete Schriftstücke aus den von ihm selbst gefertigten Kopien zu benennen, so gehe das zu seinen Lasten.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Versagung jeglicher Vergütung für die vom Beklagten behauptete Tätigkeit als von der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin beauftragter und bestellter Liquidator beruht auf einer Verkennung der Anforderungen an die Darlegungslast des Beklagten und - als Folge davon - auf einer verfahrensfehlerhaften Übergehung seines schlüssigen, unter Beweis gestellten Vortrags; überdies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft den vom Beklagten angebotenen Zeugenbeweis als ungeeignet zum Nachweis von Art und Umfang seiner Liquidatortätigkeit angesehen (§ 286 ZPO; Art. 103 Abs. 1 GG).
1. Im Ansatz noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß der Beklagte dem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsbegehren des Klägers hinsichtlich der eigenmächtig aus dem Vermögen der Schuldnerin entnommenen "Vorschüsse" grundsätzlich einen zur Aufrechnung geeigneten Vergütungsanspruch für die als Liquidator erbrachten Dienstleistungen entgegenhalten kann. Noch zutreffend ist auch die Erwägung, daß - mangels einer Vereinbarung über die Höhe seines Honorars - der Liquidator Anspruch auf die übliche Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB hat und daß diese in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der VergütVO zu bemessen ist; denn die Tätigkeit als Liquidator einer GmbH, der die Geschäfte beendigen , die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft erfüllen, deren Forderungen einziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umsetzen soll (§ 70 GmbHG), ist mit der Aufgabe eines Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsverwalters vergleichbar (BGHZ 139, 309, 311 f.).
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Beklagten sei jegliche Vergütung zu versagen , weil er die von ihm behaupteten Leistungen nach Art und Umfang nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe.

a) Die Versagung jeglicher Vergütung unter dem Blickwinkel unzureichender Substantiierung der vom Beklagten als Liquidator erbrachten Leistungen ist bereits deshalb unvertretbar, weil sie nur dann in Betracht käme, wenn der Beklagte überhaupt keine Tätigkeit als Liquidator entfaltet hätte. Davon kann aber - was das Oberlandesgericht übersehen hat - schon nach Aktenlage nicht ausgegangen werden, weil selbst der Kläger in der Klageschrift vorgetragen hat, der Beklagte sei für die Schuldnerin als Liquidator "tätig" geworden, und auch später schriftsätzlich eingeräumt hat, daß der Beklagte u.a. einen
gewissen Schriftwechsel mit der B. Bank AG geführt habe; im übrigen finden sich weitere Schriftstücke bei den Akten, die eindeutig ein Tätigwerden des Beklagten als Liquidator erkennen lassen (vgl. z.B. Beiakten 1204 Js 19283/97 StA H. , Bd. I, 161, 162 sowie Bd. II, 859). Angesichts dessen ist das nachträgliche Bestreiten jeglicher Liquidatortätigkeit des Beklagten durch den Kläger mit Nichtwissen als unbeachtlich anzusehen, wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Schon in Anbetracht dessen hätte das Berufungsgericht gemäß § 287 ZPO dem Beklagten daher zumindest irgendeine Vergütung zuerkennen müssen, die sich nach § 3 Abs. 2 VergütVO selbst bei der geringsten denkbaren Tätigkeit auf mindestens 400,00 DM belaufen müßte.

b) Der weitergehende umfangreiche, durch Zeugen und Sachverständigen unter Beweis gestellte Vortrag des Beklagten zu Art und Umfang seiner Liquidatortätigkeit ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht unsubstantiiert. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlußfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (vgl. Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, WM 1998, 1779 sowie v. 16. März 1998 - II ZR 323/96, ZIP 1998, 956, 957 m.w.Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Art und Umfang seiner Tätigkeiten im Rahmen der einzelnen, von dem Sachverständigen W. vorgegebenen Leistungsbereiche - Liquidationseröffnungsbilanz, Überschuldungsprüfung, Anmeldung der Auflösung im Handelsregister, Bekanntmachung der Auflösung, Grund-
stücksverwaltung, Personalverwaltung, Erfüllung steuerlicher Pflichten der Gesellschaft , Jahresabschlüsse, Rechtsstreitigkeiten/Restitutionsansprüche, sonstige Rechtsstreitigkeiten, Liquidation von Vermögen, Begleichung von Verbindlichkeiten - hat der Beklagte zumindest so konkret vorgetragen, daß daraus die begehrte Rechtsfolge seiner nach §§ 3, 4 VergütVO zu ermittelnden Vergütung als Liquidator auch für den hier vorliegenden Fall der vorzeitigen Beendigung der Verwaltertätigkeit abgeleitet werden kann (vgl. zur Berechnungsweise: BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 301/03, ZIP 2005, 180 - betr. Insolvenzverwalter; BGHZ 146, 166 - betr. vorläufigen Insolvenzverwalter; zur Regelvergütung für den Konkursverwalter nach der VergütVO: BVerfG, Beschl. v. 9. Februar 1989 - 1 BvR 1165/87, ZIP 1989, 382 f.; BGHZ 157, 282, 297 m.w.Nachw.). Das gilt - entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts - auch insoweit, als der Beklagte für einige Leistungsbereiche "vorbereitende Tätigkeiten" wie Sichtung und Ordnung des vorgefundenen Aktenmaterials oder intensives Aktenstudium zur Einarbeitung bei der Vorbereitung der Liquidationseröffnungsbilanz behauptet hat, selbst wenn solche Arbeiten nicht in irgendwelchen Schriftstücken ihren Niederschlag gefunden haben sollten. Denn die Vergütung des Liquidators ist ebenso wie die des Konkursverwalters im wesentlichen kein "Erfolgshonorar", sondern Tätigkeitsvergütung für geleistete Dienste, zu denen auch sämtliche vorbereitenden Aktivitäten gehören (vgl. Hess, InsVV 2. Aufl. § 3 Rdn. 15 m.Nachw.). Selbst die Zahl der Stunden, die der Beklagte im Rahmen seiner Amtsführung in eigener Person und durch Gehilfen aufgewendet haben will, ließe sich - auch wenn ein Zeithonorar nicht vereinbart war - mit Hilfe eines Sachverständigen zumindest überschlägig im Sinne einer Mindestschätzung (§ 287 ZPO) in das Vergütungssystem der VergütVO - ein Mischsystem zwischen pauschalierender Regelvergütung und am Einzelfall orientierten Erhöhungen und Abschlägen (vgl. BGHZ 157, 282, 288 f.) - "umrechnen".
Genügte danach das Beklagtenvorbringen den Anforderungen an die Substantiierung, so konnte der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; vielmehr war es Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erschienen (vgl. Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 aaO S. 1779). Diesen Maßstab der Substantiierungslast hat das Berufungsgericht verkannt und dadurch das schlüssige, unter Beweis gestellte Vorbringen des Beklagten zu den wesentlichen Umständen seiner Tätigkeit übergangen (§ 286 ZPO).

c) Das Oberlandesgericht hat zudem von einer Beweiserhebung durch Vernehmung der vom Beklagten benannten Zeugen auch insoweit zu Unrecht abgesehen, als es "zusätzliche Zeugenbeweisantritte" für "nicht geeignet" erachtet hat, "die dem Beklagten auferlegte Leistungsaufstellung anhand der Geschäftsunterlagen zu ersetzen".
In dieser Ablehnung der Zeugenvernehmung liegt zum einen eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung (vgl. Sen.Urt. v. 13. September 2004 - II ZR 137/02, WM 2004, 2365, 2366 m.w.Nachw.). Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß der Tatrichter von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen darf, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen oder zugunsten des Antragstellers zu unterstellen ist, und daß bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet größte Zurückhaltung geboten ist (Sen.Urt. v. 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, WM 2000, 2315, 2316 m.w.Nachw.). Dafür, daß die vom Beklagten benannten Zeugen zu den in ihr Wissen gestellten Tatsachen keine geeigneten Bekundungen bezüg-
lich der einzelnen Tätigkeiten des Beklagten machen könnten, fehlt jeder Anhalt.
Zum anderen findet das Vorgehen des Berufungsgerichts, dem darlegungs - und beweispflichtigen Beklagten die Art und Weise seiner Beweisführung , insbesondere die Reihenfolge der in Betracht kommenden Beweismittel, vorschreiben zu wollen, im Prozeßrecht keine Stütze. Selbst wenn es hier dem Beklagten - was offenbar nicht der Fall war - ohne weiteres möglich gewesen wäre, seine Leistungsaufstellung unter Bezeichnung konkreter Aktenstücke zu fertigen, so stand es ihm frei, anstelle des Beweisantritts durch Vorlage von Urkunden - zunächst oder vorrangig - den Zeugenbeweis zu wählen.
III. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es - ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die angebotenen Beweise erhebt und auf dieser Grundlage die erforderlichen Feststellungen trifft.
Goette Kurzwelly RiBGH Kraemer kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben Goette Caliebe Reichart

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.