Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 26. Sept. 2014 - 14 Ca 3145/14

ECLI:ECLI:DE:ARBGD:2014:0926.14CA3145.14.00
bei uns veröffentlicht am26.09.2014

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.Der Streitwert wird festgesetzt auf 2.200,00 Euro.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127

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Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 26. Sept. 2014 - 14 Ca 3145/14 zitiert 19 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 1 Inhalt und Form des Tarifvertrags


(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 387 Voraussetzungen


Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 389 Wirkung der Aufrechnung


Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 394 Keine Aufrechnung gegen unpfändbare Forderung


Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 388 Erklärung der Aufrechnung


Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 48 Dauer des Krankengeldes


(1) Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigke

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Tenor I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.09.2014, 14 Ca 3145/14, wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. III. Die Revision wird zugelassen. 1T A T B E

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Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 17. Juni 2009 - 12 Sa 8/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Hemmung der Stufenlaufzeit im TVöD während der Inanspruchnahme von Elternzeit.

2

Die Klägerin war vom 8. September 2003 bis zum 31. Dezember 2009 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Vereinbarung zunächst der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung, seit dem 1. Oktober 2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD). Die Klägerin war in der Kostümabteilung des von der beklagten Stadt unterhaltenen Theaters tätig. Dort verrichtete sie zusammen mit etwa sieben weiteren Beschäftigten Schneiderarbeiten und Änderungsarbeiten. Bei Bedarf bügelte, wusch und reparierte sie auch Kostüme.

3

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes und Ablauf der Mutterschutzfrist nahm die Klägerin Elternzeit vom 28. April 2005 bis zum 29. Februar 2008. Bei der Überleitung in den TVöD gruppierte die Beklagte die Klägerin tarifgerecht in die Entgeltgruppe 5 ein. Nach Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit am 1. März 2008 ordnete die Beklagte die Klägerin der Entgeltstufe 2 dieser Entgeltgruppe zu.

4

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA richtet sich der weitere Stufenaufstieg der Arbeiter nach ihrer ersten Zuordnung in das Entgeltsystem des TVöD nach den Regelungen des TVöD, die wie folgt lauten:

        

§ 15 Tabellenentgelt.

        

(1) Die/Der Beschäftigte erhält monatlich ein Tabellenentgelt. Die Höhe bestimmt sich nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe.

        

...     

        

§ 16 (VKA) Stufen der Entgelttabelle.

        

(1) 1Die Entgeltgruppen 2 bis 15 umfassen sechs Stufen. ...

        

(3) 1Die Beschäftigten erreichen - von Stufe 3 an die jeweils nächste Stufe in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

        

-       

Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

        

-       

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

        

…       

        

§ 17 Allgemeine Regelungen zu den Stufen.

        

…       

        

(3) 1Den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des ... § 16 Abs. 3 Satz 1 stehen gleich:

        

a)    

Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,

        

b)    

Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit nach § 22 bis zu 39 Wochen,

        

c)    

Zeiten eines bezahlten Urlaubs,

        

d)    

Zeiten eines Sonderurlaubs, bei denen der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches bzw. betriebliches Interesse anerkannt hat,

        

e)    

Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von weniger als einem Monat im Kalenderjahr,

        

f)    

Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

        

2Zeiten der Unterbrechung bis zu einer Dauer von jeweils drei Jahren, die nicht von Satz 1 erfasst werden, und Elternzeit bis zu jeweils fünf Jahren sind unschädlich, werden aber nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet. …“

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Elternzeit müsse auf die Stufenlaufzeit angerechnet werden. Sie habe deshalb bereits seit Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit der Stufe 3 ihrer Entgeltgruppe zugeordnet werden müssen. Nach wie vor würden Frauen, die Elternzeit nähmen, mittelbar diskriminiert, weil sie durchschnittlich Elternzeit länger in Anspruch nähmen als Männer. Längere Unterbrechungen der Berufstätigkeit führten nicht zwingend zum Verlust von Erfahrungswissen. Jedenfalls sei nicht verständlich, warum Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz, nicht aber die Elternzeit auf die Stufenlaufzeit angerechnet würden. Auch sei es nicht gerechtfertigt, dass eine Arbeitsunfähigkeit bis zu 39 Wochen anders als eine Elternzeit von gleicher Dauer für den Stufenaufstieg unschädlich sei. Ebenso wenig sei Sonderurlaub aus betrieblichen Gründen zwingend mit einem Gewinn an einschlägiger Berufserfahrung verbunden. Elternzeit könne nicht als „Nullum“ an beruflich verwertbarer Erfahrung betrachtet werden. Erfahrungen in der Erziehung vermittelten eine soziale Kompetenz, die für die konkrete Tätigkeit der Klägerin nützlich sei. Dies kompensiere auch ein Weniger an Berufserfahrung. Ohnehin habe die Klägerin während der Elternzeit zumindest teilweise ihre beruflichen Fertigkeiten fortentwickelt.

6

Die Klägerin hat zuletzt unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass die Beklagte die Klägerin bereits ab 1. März 2008 (Wiederaufnahme der Arbeitsleistung der Klägerin nach Rückkehr aus der Elternzeit) bis zum 31. Dezember 2009 nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 5 TVöD zu vergüten hat.

7

Sie hat weiter sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Monate März 2008 bis August 2008 jeweils 97,94 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu zahlen und der Klägerin für die Monate März 2008 bis August 2008 eine ordnungsgemäße Gehaltsabrechnung, basierend auf einem Gesamtbrutto-Gehalt in Höhe von 2.289,83 Euro, zu erteilen.

8

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass eine ununterbrochene Tätigkeit zu mehr Wissen, Arbeitspraxis und Routine führe, weswegen Arbeitsvorgänge schneller und besser erledigt werden könnten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz mache der TVöD nur für Zeiten kürzerer Unterbrechungen, bei denen von einer Erweiterung bzw. Erhaltung des bisherigen Wissens ausgegangen werden könne. Längere Unterbrechungen der Tätigkeit führten dagegen nach allgemeiner Lebenserfahrung zu Wissenseinbußen. Eine mittelbare Diskriminierung weiblicher Arbeitnehmer erfolge dadurch nicht. Eine klare Gruppenbildung dahin, dass von der Gesamtregelung wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen seien, sei angesichts der Vielzahl anderer schädlicher Unterbrechungstatbestände nicht möglich. Im Gegensatz zu den anderen Unterbrechungstatbeständen sei die Elternzeit mit einer Unschädlichkeitsfrist von fünf Jahren privilegiert. Jedenfalls rechtfertige das Ruhen des Arbeitsverhältnisses die Hemmung der Stufenlaufzeit.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Erstmals in der Revision rügt sie eine unmittelbare Diskriminierung von Frauen, die Elternzeit beanspruchen, durch die Regelung des § 17 Abs. 3 TVöD-AT. Zwischen Elternzeit und Mutterschaft lasse sich keine eindeutige Abgrenzung finden. Es müsse sichergestellt werden, dass kein Wertungswiderspruch zu den in § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG genannten Tatbeständen der Schwangerschaft bzw. Mutterschaft auftrete.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet.

11

A. Die Feststellungsklage ist nur teilweise zulässig.

12

I. Der Eingruppierungsfeststellungsklage fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit der Antrag den Zeitraum vom 1. März 2008 bis zum 31. August 2008 erfasst, für den die Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen der von ihr erhaltenen und der begehrten Vergütung beziffert geltend macht. Sie hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgten Zahlungen hinausgehende Interesse für diesen Zeitraum an der begehrten Feststellung besteht. Die Klage ist dagegen hinsichtlich der Monate September 2008 bis Dezember 2009, für die keine Überschneidung mit der Leistungsklage vorliegt, als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (Senat 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 14, 18). Das gilt ungeachtet des Umstands, dass sich diese Klage auf einen abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit bezieht (Senat in st. Rspr. seit 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 13, AP BGB § 241 Nr. 4).

13

II. Die Klage ist für die Zeit der Überschneidung von Leistungs- und Feststellungsantrag auch nicht als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Frage, ab wann die Klägerin die begehrte Vergütung aus der Stufe 3 der Entgeltgruppe 5 verlangen kann, wirkt sich infolge ihres Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten am 31. Dezember 2009 nicht mehr auf den Zeitpunkt ihres Aufstiegs in die höheren Stufen ihrer Entgeltgruppe aus. Auch unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung wäre sie erst zum 1. März 2011 in die Stufe 4 aufgestiegen. Rechtsfolgen aus der begehrten Feststellung, die über das mit der erfolgreichen Leistungsklage Erreichte hinausgehen, sind damit nicht mehr möglich (vgl. Senat 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 15 - 17).

14

B. Die Elternzeit der Klägerin vom 28. April 2005 bis zum 29. Februar 2008 ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT nicht auf die Stufenlaufzeit des § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) anzurechnen. Diese Hemmung der Stufenlaufzeit ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

15

I. Die Klägerin wird durch § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT nicht wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Diese Bestimmung entfaltet weder unmittelbar noch mittelbar geschlechtsdiskriminierende Wirkung.

16

1. Eine unmittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Geschlechts liegt nicht vor.

17

a) Nur Vorschriften, die nicht gleichermaßen für Männer und Frauen gelten, können unmittelbar diskriminierende Wirkung wegen des Geschlechts entfalten (EuGH 7. Dezember 2000 - C-79/99 - [Schnorbus] Rn. 33, Slg. 2000, I-10997). § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT knüpft nicht an das Geschlecht, sondern an die Elternzeit an, die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BEEG von Männern und Frauen in Anspruch genommen werden kann. Damit kann die tarifliche Regelung zur Hemmung der Stufenlaufzeit allenfalls zu einer mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung führen (vgl. v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 41).

18

b) Entgegen der Auffassung der Revision folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG nichts anderes. Danach liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft und Mutterschaft vor. Der von der Revision aus dem Begriff „Mutterschaft“ über die Brücke des früher im Mutterschutzgesetz geregelten Mutterschaftsurlaubs gezogene Rückschluss, damit sei auch die Elternzeit erfasst, trägt nicht.

19

aa) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch unterfällt in vollem Umfang dem zeitlichen Geltungsbereich des AGG. Anknüpfungszeitpunkt für die von der Klägerin behauptete Benachteiligung ist die Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit am 1. März 2008. Zu diesem Zeitpunkt galt das AGG bereits.

20

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellt jede im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft erfolgende Schlechterstellung von Frauen eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar (EuGH 18. November 2004 - C-284/02 - [Sass] Rn. 35 f., Slg. 2004, I-11143; v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 137 mwN). Das hat Eingang in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 3 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (RL 76/207/EWG) idF der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG (RL 2002/73/EG) sowie später in Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der die Richtlinie 76/207/EWG ablösenden Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (RL 2006/54/EG) gefunden (siehe nur Erwägungsgrund 23 RL 2006/54/EG). Dies beruht darauf, dass Schwangerschaft und Mutterschaft untrennbar mit dem Geschlecht verbunden sind, diese Differenzierungsmerkmale also ausschließlich Frauen nachteilig treffen können.

21

cc) Einen weitergehenden Bedeutungsinhalt hat § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG nicht. Der nationale Gesetzgeber wollte damit unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH lediglich klarstellen, dass eine unmittelbare Benachteiligung auch dann vorliegt, wenn die Unterscheidung wegen eines Merkmals erfolgt, das mit dem Geschlecht in untrennbarem Zusammenhang steht. Er hat angenommen, dass dies für die Situation von „Schwangerschaft und Mutterschaft“ einer Frau der Fall ist (BT-Drucks. 16/1780 S. 32). § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG geht also nicht über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinaus(v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 149; vgl. auch Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 25).

22

dd) Aus Art. 11 Abs. 2 des 1985 ratifizierten UN-Übereinkommens vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau - CEDAW - (BGBl. 1985 II S. 648) folgt entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes.

23

Art. 11 Abs. 2 CEDAW bestimmt:

        

„Um eine Diskriminierung der Frau wegen Eheschließung oder Mutterschaft zu verhindern und ihr ein wirksames Recht auf Arbeit zu gewährleisten, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen

        

a)    

zum - mit der Androhung von Sanktionen verbundenen - Verbot der Entlassung wegen Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub sowie der Diskriminierung aufgrund des Familienstands bei Entlassungen;

        

b)    

zur Einführung des bezahlten oder mit vergleichbaren sozialen Vorteilen verbundenen Mutterschaftsurlaubs ohne Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes, des Dienstalters oder sozialer Zulagen;

        

...“   

        
24

Auch diese Verpflichtungen - die im Übrigen die Bundesrepublik Deutschland und nicht die Tarifvertragsparteien treffen - beziehen sich nur auf Schwangerschaft und Mutterschaftsurlaub, nicht dagegen auf die hier allein streitbefangenen Nachteile durch die Inanspruchnahme von Elternzeit.

25

2. § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT führt auch nicht zu einer nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 AGG iVm. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG untersagten mittelbaren Diskriminierung von Frauen, die Elternzeit in Anspruch nehmen.

26

a) Die Klägerin hat eine mittelbare Diskriminierung bereits nicht hinreichend dargelegt.

27

aa) Für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 AGG ist nicht zwingend ein statistischer Nachweis erforderlich, dass Träger eines der Merkmale des § 1 AGG zahlenmäßig wesentlich stärker von einer Vorschrift benachteiligt werden als Personen, bei denen dieses Merkmal nicht vorliegt. Mittelbare Diskriminierungen können statistisch nachgewiesen werden, können sich aber auch aus anderen Umständen ergeben. Eine derartige Auslegung des § 3 Abs. 2 AGG entspricht dem unionsrechtlichen Gebot des effet utile. Eine mittelbare Diskriminierung ist danach gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften ihrem Wesen nach geeignet sind, Personen oder Personengruppen aus den in § 1 AGG genannten Gründen in besonderer Weise zu benachteiligen. Dies kann der Fall sein, wenn Vorschriften im wesentlichen oder ganz überwiegend Personen, die eines der verpönten Merkmale erfüllen, betreffen, wenn sie an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von § 1 AGG nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden oder wenn sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen, für die ein Merkmal des § 1 AGG gilt, auswirken(Senat 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 20 f. mwN, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 20).

28

bb) Zur Feststellung dieser Voraussetzungen sind Vergleichsgruppen zu bilden, die dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sind. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen (für Gesetze siehe EuGH 30. November 1993 - C-189/91 - [Kirsammer-Hack] Slg. 1993, I-6185; allgemein 13. Januar 2004 - C-256/01 - [Allonby] Rn. 73 f., Slg. 2004, I-873). Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüber zu stellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind(vgl. Schiek Anm. zu Senat 3. April 2004 - 6 AZR 633/01 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 185; dies. Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder 2. Aufl. Rn. 36, 929).

29

cc) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass durch § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT weibliche Beschäftigte, die Elternzeit in Anspruch nehmen, im Vergleich zu anderen Beschäftigten, bei denen wegen Unterbrechungen in der tatsächlichen Tätigkeit die Stufenlaufzeit ebenfalls gehemmt wird, in besonderer Weise nachteilig betroffen sind.

30

§ 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT erfasst nicht nur weibliche Beschäftigte, die Elternzeit nehmen, sondern unabhängig von ihrem Geschlecht auch alle Beschäftigten, denen Sonderurlaub aus privaten Gründen bewilligt worden ist, die eine Rente auf Zeit beziehen, weswegen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT das Arbeitsverhältnis ruht, oder die arbeitsunfähig erkrankt sind, ohne dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT erfüllt sind. Weder hat das Landesarbeitsgericht festgestellt noch hat die Klägerin behauptet, dass weibliche Beschäftigte, die Elternzeit beanspruchen, deutlich stärker, sei es überproportional häufig oder materiell besonders gravierend, durch die Hemmung der Stufenlaufzeit betroffen werden als der übrige von § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT erfasste Personenkreis. Dies ist auch nicht offenkundig. Immerhin haben die Tarifvertragsparteien bei der Elternzeit einen Zeitraum von fünf Jahren als lediglich hemmend angesehen, während bei den übrigen Unterbrechungstatbeständen gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bereits nach drei Jahren eine Rückstufung erfolgt.

31

b) Die Hemmung der Stufenlaufzeit durch § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT führt aber auch dann nicht zu einer unzulässigen mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung, wenn nur auf die von dieser Vorschrift erfasste Teilgruppe der Beschäftigten, die Elternzeit beanspruchen, abgestellt wird. Dabei kann aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass Frauen von Nachteilen durch die Inanspruchnahme von Elternzeit immer noch stärker getroffen werden als Männer, weil insbesondere die Dauer der von Männern genommenen Elternzeit deutlich kürzer ist als die von Frauen.

32

aa) Der Aufstieg aus der Stufe 2 in die Stufe 3 der Entgeltgruppe erfolgt unabhängig von der Leistung des Beschäftigten nach zwei Jahren. Erst ab der Stufe 3 kann gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) iVm. § 17 Abs. 2 TVöD-AT leistungsabhängig eine Verkürzung oder Verlängerung der Stufenlaufzeit erfolgen. Die Kriterien dafür, ob eine nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 AGG iVm. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Geschlechtsdiskriminierung vorliegt, sind deshalb nicht Art. 157 AEUV zu entnehmen, sondern der durch das AGG umgesetzten RL 76/207/EWG idF der RL 2002/73/EG bzw. für die Ansprüche seit dem 15. August 2009 der RL 2006/54/EG. Letzten Endes verwehrt § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT den Elternzeitern nicht den Stufenaufstieg, sondern verzögert ihn nur. Es geht also nicht um das „ob“ des Stufenaufstiegs, sondern dessen „wann“. Eine derartige Präzisierung der Bedingungen des Zugangs zu einer höheren Stufe der beruflichen Rangordnung unterfällt dem Anwendungsbereich der RL 76/207/EWG bzw. der RL 2006/54/EG (vgl. für den Bewährungsaufstieg nach § 23a BAT-O EuGH 18. November 2004 - C-284/02 - [Sass] Rn. 30 f., Slg. 2004, I-11143 in Abgrenzung zur Entscheidung vom 7. Februar 1991 - C-184/89 - [Nimz] Rn. 9 f., Slg. 1991, I-297). Darüber hinaus sind etwaige weitergehende Vorschriften des nationalen Rechts heranzuziehen.

33

bb) Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, wonach gleiche Sachverhalte nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden dürfen. Eine mittelbare Diskriminierung kann daher nur vorliegen, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (EuGH 12. Oktober 2004 - C-313/02 - [Wippel] Rn. 55 f., Slg. 2004, I-9483; vgl. auch 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 56, Slg. 2009, I-6525; v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 15, 181 mwN).

34

(1) Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis während der Elternzeit unter Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten ruht, und die aktiven Beschäftigten sind grundsätzlich nicht vergleichbar (vgl. EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 37, Slg. 1999, I-7243; 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 57, Slg. 2009, I-6525). Die Elternzeit darf darum bei Entgeltbestandteilen, die auf das aktive Arbeitsverhältnis abstellen, anspruchsmindernd berücksichtigt werden (vgl. EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 38, aaO; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 30 mwN, EzA GG Art. 3 Nr. 109; 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375). Der Stufenaufstieg im TVöD knüpft in rechtlich zulässiger Weise an den Erfahrungsgewinn im aktiven Arbeitsverhältnis. Bereits deswegen führt die Hemmung der Stufenlaufzeit für die Dauer der Elternzeit im Ausgangspunkt nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung (v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 40).

35

Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TVöD soll die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 16 [VKA] Rn. 13 f.). Erfahrungswissen kann auch nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses noch wachsen (BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375). Diese Annahme einer Produktivitätssteigerung durch Erfahrungsgewinn entspricht der Lebenserfahrung (vgl. BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 73/92 - zu III 2 c aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Milch-Käseindustrie Nr. 1 = EzA TVG § 4 Milchindustrie Nr. 1; vgl. auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 45, AP BAT-O § 23a Nr. 4) und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, wonach Berufserfahrung Arbeitnehmer befähigt, ihre Arbeit besser zu verrichten (EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 34 f., Slg. 2006, I-9583).

36

In der Zeit, in der das Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit unter Suspendierung der beiderseitigen Hauptpflichten ruht, wird keine Berufserfahrung gewonnen. Die Tarifvertragsparteien durften darum regeln, dass der Arbeitgeber für die Zeit, in der das Arbeitsverhältnis ruht, auch keine indirekten Leistungen durch die Anrechnung dieser Zeit auf die Stufenlaufzeit erbringen muss (vgl. BAG 18. Juni 1997 - 4 AZR 647/95 - AP BAT § 23b Nr. 3 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 49). Die Tarifvertragsparteien haben auf die konkrete Tätigkeit am zugewiesenen Arbeitsplatz und nicht auf den unbestrittenen Zuwachs an allgemeiner Lebenserfahrung, sozialer Kompetenz und Organisationsfähigkeit durch Mutterschaft und Erziehung von Kindern abgestellt, auf den die Klägerin verweist. Der Zuwachs an solchen Fähigkeiten wird nach dem ihre Einschätzungsprärogative nicht überschreitenden Willen der Tarifvertragsparteien bei der Stufenlaufzeit nicht berücksichtigt.

37

(2) Differenzierungskriterium in § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT ist im Übrigen nicht das Geschlecht, sondern das Ruhen des Arbeitsverhältnisses und das damit verbundene Fehlen eines Zuwachses an Erfahrungswissen. Das sind objektive Kriterien ohne Bezug zu einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, die die Nichtberücksichtigung der Elternzeit bei der Stufenlaufzeit zulassen (vgl. EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 37 f., Slg. 1999, I-7243; BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375; 18. Juni 1997 - 4 AZR 647/95 - zu II 2 d der Gründe, AP BAT § 23b Nr. 3 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 49; 9. November 1994 - 10 AZR 3/94 - zu II 2 a der Gründe, AP BAT § 23a Nr. 33 = EzA BAT § 23a Nr. 3; Senat 10. November 1994 - 6 AZR 486/94 - BAGE 78, 264, 271; vgl. auch BFH 5. Dezember 2000 - VII R 18/00 - zu II 2 der Gründe, BFHE 193, 234 für die fehlende Anrechnung des Erziehungsurlaubs auf die nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG vorgeschriebene Dauer einer berufspraktischen Tätigkeit).

38

cc) Allerdings wäre die Gleichstellung der Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit ruht, und der aktiven Beschäftigten anzunehmen, wenn es Vorschriften gäbe, die bei einer Fortsetzung der Berufstätigkeit nach Beendigung der Elternzeit ungeachtet des grundsätzlichen Unterschiedes zwischen ruhendem und aktivem Arbeitsverhältnis die Fiktion des Erwerbs von Berufserfahrung während der Elternzeit geböten (vgl. zur Anrechnung des Wochenurlaubs nach § 244 AGB-DDR auf die Beschäftigungszeit für den Fall, dass es sich dabei um einen gesetzlichen Urlaub zum Schutz der Frau nach der Entbindung gehandelt hätte EuGH 18. November 2004 - C-284/02 - [Sass] Rn. 48, Slg. 2004, I-11143; v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 37 ff., 160). Derartige Bestimmungen finden sich jedoch weder im Unions- noch im nationalen Recht.

39

(1) Das Unionsrecht verlangt allerdings in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 2 RL 76/207/EWG idF der RL 2002/73/EG sowie in Art. 15 RL 2006/54/EG die Anrechnung des Mutterschaftsurlaubs auf Beschäftigungszeiten(vgl. für die Zeit vor Inkrafttreten dieser Richtlinien bereits EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 41 f., Slg. 1999, I-7243). Dieser Urlaub bezweckt den Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach der Schwangerschaft sowie der besonderen Beziehung von Mutter und Kind während der Zeit unmittelbar nach der Entbindung (EuGH 14. April 2005 - C-519/03 - [Kommission/Luxemburg] Rn. 32, Slg. 2005, I-3067). Demselben Zweck dienen die Schutzfristen nach dem MuSchG (vgl. Senat 16. Juni 2005 - 6 AZR 108/01 - BAGE 115, 113), die Art. 8 RL 92/85/EWG ins nationale Recht umsetzen(vgl. BT-Drucks. 13/2763 S. 9; BT-Drucks. 14/8525 S. 8). Diese Zeiten werden nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a TVöD-AT auf die Stufenlaufzeit angerechnet und sind nicht streitbefangen.

40

(2) Die Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit im Entgeltsystem des TVöD ist dagegen unionsrechtlich nicht geboten. Nach Paragraph 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub im Anhang zur Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub bleiben die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen. Im Anschluss an den Elternurlaub finden diese Rechte mit den Änderungen Anwendung, die sich aus den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten ergeben.

41

(a) Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, den Arbeitnehmern während der Zeit des Elternurlaubs zu garantieren, dass sie Rechte auf künftige Leistungen des Arbeitgebers in demselben Umfang erwerben, als ob sie weiterhin eine (Vollzeit-)Tätigkeit ausgeübt hätten (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 40, 43, Slg. 2009, I-6525; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 47, EzA GG Art. 3 Nr. 109). Es muss lediglich sichergestellt sein, dass die Rechte, die der Arbeitnehmer bei Antritt des Elternurlaubs bereits erworben hatte oder dabei war, zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben und sich der Arbeitnehmer im Anschluss an den Elternurlaub im Hinblick auf diese Rechte in derselben Situation befindet wie vor dem Urlaub (EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] Rn. 38 f., Slg. 2009, I-10063). Alle übrigen Regelungen hinsichtlich des Status des Arbeitsverhältnisses während des Elternurlaubs überlässt Paragraph 2 Nr. 7 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub den Mitgliedstaaten und/oder den Sozialpartnern. Dazu gehört auch die Frage, ob und inwieweit ein Arbeitnehmer, der Elternurlaub beansprucht, während der Dauer des Elternurlaubs weiterhin Anwartschaften oder sonstige Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber erwirbt.

42

(b) § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT genügt diesen Anforderungen. Die vor Beginn der Elternzeit absolvierte Stufenlaufzeit bleibt erhalten, nur ihr weiterer Ablauf wird für die Zeit der Unterbrechung gehemmt und setzt nach Wiederaufnahme der Tätigkeit nahtlos wieder ein (Fieberg GKÖD Stand Dezember 2010 § 17 TVöD/TV-L Rn. 35; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 17 Rn. 32). Damit befinden sich die Beschäftigten im Anschluss an die Elternzeit im Hinblick auf die Stufenlaufzeit in derselben Situation wie vor der Elternzeit. Ob auch § 17 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT, wonach bei Elternzeiten von mehr als fünf Jahren eine Rückstufung erfolgt, mit Paragraph 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub vereinbar ist, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

43

(3) Auch Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 2 und 3 RL 76/207/EWG idF der RL 2002/73/EG bzw. Art. 16 der diese mit Wirkung zum 15. August 2009 ersetzenden RL 2006/54/EG lässt sich kein Anspruch auf eine Fiktion der Berufserfahrung während der Dauer der Elternzeit und damit der Anrechnung dieser Zeit auf die Stufenlaufzeit entnehmen. Nach diesen Bestimmungen bleibt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, Vaterschaftsurlaub und/oder Adoptionsurlaub anzuerkennen. Haben sie derartige Rechte zugebilligt, müssen sie sicherstellen, dass den Arbeitnehmern nach ihrer Rückkehr an ihren Arbeitsplatz alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten, zugute kommen.

44

(a) Aus diesen Bestimmungen folgt nicht, dass Beschäftigte nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit Anspruch auf Gleichstellung mit den Beschäftigten haben, die durch ihre aktive Tätigkeit Berufserfahrung gewonnen haben. Die für den Vaterschafts- und Adoptionsurlaub geltenden Normen in den RL 76/207/EWG und 2006/54/EG sind nicht auf den Elternurlaub und damit nicht auf die Elternzeit nach § 15 BEEG zu übertragen. Sie erfassen ausschließlich Arbeitnehmer, die aus dem Männern vorbehaltenen Vaterschaftsurlaub bzw. dem Adoptionsurlaub zurückkehren. Vaterschafts- und Adoptionsurlaub kennt das deutsche Recht nicht. Das Unionsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten auch nicht dazu, diese Institute zu schaffen. Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG und Art. 16 RL 2006/54/EG haben daher für das deutsche Recht aktuell keine Bedeutung(aA v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 40 f., 157, 160 f., 324; ders. Anm. zu EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] jurisPR-ArbR 49/2009 Anm. 1 unter D; ders. BGleiG § 15 BGleiG Stand Oktober 2010 Rn. 10a, 62a).

45

(aa) Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG bezieht sich nur auf den Vaterschafts- und Adoptionsurlaub, nicht aber auch auf den Eltern- und Mutterschaftsurlaub (aA möglicherweise v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 155). Nur Vaterschafts- bzw. Adoptionsurlaub können von den Mitgliedstaaten anerkannt werden, während Eltern- und Mutterschaftsurlaub für Arbeitnehmer im nationalen Recht zwingend vorzusehen sind. Etwaige Zweifel am Verständnis dieser Norm sind jedenfalls durch die RL 2006/54/EG geklärt. Nach Art. 15 bzw. Art. 16 dieser Richtlinie haben nur die Arbeitnehmer, die aus dem Mutter- oder Vaterschaftsurlaub bzw. dem Adoptionsurlaub zurückkehren, Anspruch auf die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten. Art. 16 RL 2006/54/EG übernimmt unverändert Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 zweiter Teil der RL 76/207/EWG, soweit dieser festgelegt hat, dass das Recht der Mitgliedstaaten unberührt bleibt, eigene Rechte auf Vaterschafts- und/oder Adoptionsurlaub anzuerkennen (Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen vom 21. April 2004 KOM (2004) 279 endgültig S. 31). Nach der Entsprechungstabelle im Anhang II der RL 2006/54/EG entspricht Art. 16 (nur) der früheren Bestimmung in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Sätze 2 und 3, während Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 1 RL 76/207/EWG sich nunmehr in Art. 28 Abs. 2 RL 2006/54/EG wiederfindet. Soweit in Art. 16 Satz 2 RL 2006/54/EG - auf den ersten Blick irritierend - von „männlichen und weiblichen Arbeitnehmern“ die Rede ist, erklärt sich dies daraus, dass Art. 16 auch den Adoptionsurlaub erfasst. Dieser wiederum kommt für Männer und Frauen in Betracht (vgl. Erwägungsgrund 27 RL 2006/54/EG).

46

(bb) Das Unionsrecht verwendet die Begrifflichkeiten „Mutterschaftsurlaub“, „Vaterschaftsurlaub“, „Adoptionsurlaub“ und „Elternurlaub“. Der Elternurlaub ist sowohl nach dem Kreis der Personen, die ihn in Anspruch nehmen können, als auch hinsichtlich Dauer und Zeitraum seiner Inanspruchnahme sowie der mit ihm verfolgten Zwecke streng vom Mutterschafts-, Vaterschafts- und Adoptionsurlaub zu unterscheiden.

47

(aaa) Mutterschaftsurlaub iSv. Art. 8 RL 92/85/EWG sind die 14 Wochen vor und/oder nach der Entbindung, die der Mutter als Arbeitsbefreiung zu gewähren sind. Dieser Urlaub kann begriffsnotwendig nur von Frauen in Anspruch genommen werden. Er dient wie ausgeführt dem Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach der Schwangerschaft sowie dem Schutz der besonderen Beziehung zwischen der Mutter und ihrem Kind während der Zeit unmittelbar nach der Entbindung.

48

(bbb) Vaterschaftsurlaub ist im unionsrechtlichen Kontext ein individuelles, nicht übertragbares Recht männlicher Arbeitnehmer, das nach der Geburt oder Adoption eines Kindes unter Wahrung der bestehenden arbeitsbezogenen Rechte gleichzeitig mit dem Mutterschaftsurlaub in Anspruch genommen werden kann (vgl. Ziff. 2b i der Entschließung des Rates und der im Rat Vereinigten Minister für Beschäftigung und Sozialpolitik vom 29. Juni 2000 über eine ausgewogene Teilhabe von Frauen und Männern am Berufs- und Familienleben, ABl. EG C 218 vom 31. Juli 2000 S. 5; vgl. auch Erwägungsgrund 13 RL 2002/73/EG und Erwägungsgrund 26 RL 2006/54/EG). Dieser Urlaub korrespondiert mit dem Mutterschaftsurlaub. Es handelt sich um einen kurzen Urlaub für Väter zur Zeit der Geburt bzw. Adoption eines Kindes (3.1 der Mitteilung der Kommission vom 3. Oktober 2008 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Bessere Work-Life-Balance). Dadurch soll der Vater ab der Geburt eines Kindes in die häuslichen und familiären Verpflichtungen eingebunden werden (3.2 des Berichts der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Gleichstellung von Frauen und Männern - 2007 vom 7. Februar 2007).

49

Bisher gibt es bezüglich des Vaterschaftsurlaubs noch keine unionsrechtlichen Rechtsvorschriften (Erwägung C der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Februar 2010 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union - 2009, ABl. EU C 341E vom 16. Dezember 2010 S. 35). Das Europäische Parlament hat in Nr. 23 der Entschließung vom 10. Februar 2010 die Notwendigkeit unterstrichen, de lege ferenda die Frage des Vaterschaftsurlaubs „anzugehen“ und die Kommission ersucht, jeden Vorstoß zu unterstützen, der dazu diene, einen Vaterschaftsurlaub auf europäischer Ebene einzuführen. Es hat dabei die Auffassung vertreten, Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub müssten dergestalt verknüpft werden, dass die in der Gesellschaft vorherrschenden Klischeevorstellungen in Bezug auf die Inanspruchnahme dieses Urlaubs bekämpft würden. De lege lata erkennt das Unionsrecht in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 2 RL 76/207/EWG bzw. in Art. 16 RL 2006/54/EG lediglich die bestehenden nationalen Regelungen über Vaterschaftsurlaub an und setzt dafür rechtliche Mindestbedingungen. Derartige Regelungen bestehen etwa in Frankreich, Großbritannien und Schweden (Rüling/Kassner Familienpolitik aus der Gleichstellungsperspektive - Ein europäischer Vergleich S. 97 bis 99), nicht dagegen in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Hadeler NZA 2003, 77, 80; Rüling/Kassner aaO S. 95).

50

(ccc) Adoptionsurlaub ist eine neue Urlaubsform, die wie der Vaterschaftsurlaub bisher keine unionsrechtliche Ausgestaltung erfahren hat (siehe nur 2.1 des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Durchführung der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub und zur Aufhebung der RL 96/34/EG und 2 des Vorschlags für eine Richtlinie zur Änderung der RL 92/85/EWG). Nach dem Verständnis der Kommission soll dieser wie Mutterschutzurlaub zur Zeit der Adoption eines Kindes gewährt werden (3.1 der Mitteilung der Kommission vom 3. Oktober 2008 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Bessere Work-Life-Balance). Auch diesen Urlaub gibt es bisher im deutschen Recht nicht.

51

(ddd) Demgegenüber ist der Elternurlaub ein seit langem im Unionsrecht anerkanntes Institut. Gemäß Paragraph 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub kann er von erwerbstätigen Männern und Frauen im Fall der Geburt oder der Adoption eines Kindes genommen werden, damit sie sich mindestens drei Monate um dieses Kind kümmern können. Gemäß Art. 28 Abs. 2 RL 2006/54/EG bleibt dieser Urlaub von den Bestimmungen der Gleichbehandlungsrichtlinie unberührt. Ungeachtet des Art. 16 der RL 2006/54/EG kann also nach wie vor im Falle der Adoption eines Kindes Elternurlaub genommen werden. Damit ist nach den eindeutigen unionsrechtlichen Bestimmungen zu unterscheiden zwischen Elternurlaub, der wegen der Adoption eines Kindes genommen wird einerseits und Adoptionsurlaub, der - bei Bestehen entsprechender Regelungen im nationalen Recht - wegen der Adoption eines Kindes beansprucht wird.

52

Elternurlaub soll gemäß der Präambel der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben und die Chancengleichheit von Männern und Frauen fördern. Die Rahmenvereinbarung legt Mindestanforderungen und Vorschriften für einen vom Mutterschutz getrennten Elternurlaub fest (Erwägungsgrund 9). Dieser Urlaub muss nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Mutterschaftsurlaub genommen werden, sondern kann bis zu einem Alter von acht Jahren des Kindes beansprucht werden.

53

(cc) Auch in Paragraph 5 Nr. 2 der Neufassung der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub aus dem Jahr 2009 im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG ist wie bisher in Paragraph 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub lediglich vorgesehen, dass erworbene Rechte und Anwartschaften erhalten bleiben. Einen Anspruch auf die Anrechnung von Zeiten des Elternurlaubs als Beschäftigungszeit sieht auch die überarbeitete Rahmenvereinbarung über Elternurlaub nicht vor. Es stünde jedoch in unauflöslichem Widerspruch, wenn einerseits in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 1 RL 76/207/EWG bzw. in Art. 28 Abs. 2 RL 2006/54/EG bestimmt wird, dass die Richtlinien zum Elternurlaub und Mutterschutz unberührt bleiben, andererseits aber die Gleichbehandlungsrichtlinie weit darüber hinausgehende Ansprüche der Elternurlauber vorsähe.

54

(dd) Dementsprechend ist unter den Beispielen für Diskriminierungen in Art. 9 RL 2006/54/EG unter Buchst. g lediglich die Unterbrechung der Aufrechterhaltung oder des Erwerbs von Ansprüchen während eines gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegten Mutterschutzurlaubs oder Urlaubs aus familiären Gründen, der vom Arbeitgeber bezahlt wird, aufgeführt. Zeiten des (unbezahlten) Elternurlaubs iSd. Rahmenvereinbarung über Elternurlaub sind nicht genannt.

55

(b) Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV zur Reichweite von Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG bzw. Art. 16 RL 2006/54/EG bedurfte es nicht(aA v. Roetteken Anm. zu EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] jurisPR-ArbR 49/2009 Anm. 1).

56

(aa) Ist die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel auch unter Berücksichtigung der Eigenheiten dieses Rechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen innerhalb der Europäischen Union keinerlei Raum verbleibt, ist eine Vorlage auch durch ein letztinstanzliches Gericht wie das Bundesarbeitsgericht entbehrlich. Ob ein sog. „acte clair“ vorliegt, bleibt allein der Beurteilung des nationalen letztinstanzlichen Gerichts überlassen (EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - [CILFIT] Rn. 16 ff., Slg. 1982, I-3415; 15. September 2005 - C-495/03 - [Intermodal Transports] Rn. 33, 37, Slg. 2005, I-8151).

57

(bb) Die Voraussetzungen eines „acte clair“ sind hier erfüllt. Die Unterscheidung zwischen Mutterschafts-, Vaterschafts-, Adoptions- und Elternurlaub im Unionsrecht ist so eindeutig, dass sowohl für den EuGH als auch für die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union Gewissheit bestünde, dass Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG und Art. 16 RL 2006/54/EG auf die unionsrechtlichen Bestimmungen über den Elternurlaub und die diese in das nationale Recht umsetzenden Regelungen keine Anwendung findet. Die unterschiedlichen Sprachfassungen der RL 2006/54/EG erlauben keinerlei Zweifel daran, dass es sich bei Mutterschafts-, Vaterschafts-, Adoptions- und Elternurlaub um vier unterschiedliche Institute handelt:

-       

in der französischen Fassung der RL 2006/54/EG ist Art. 15 mit „Retour de congé de maternité“, Art. 16 mit „congé de paternité ou d'adoption“ überschrieben. Für den Elternurlaub wird dagegen die Bezeichnung „congé parental“ benutzt (s. nur Erwägungsgrund 24);

-       

in der englischen Fassung ist von „maternity leave“ für den Mutterschaftsurlaub, von „paternity leave“ für den Vaterschaftsurlaub, „adoption leave“ für den Adoptionsurlaub und schließlich von „paternal leave“ für den Elternurlaub die Rede;

-       

die niederländische Fassung verwendet die Bezeichnungen „zwangerschaps en bevallingsverlof“ für den Mutterschaftsurlaub, „vaderschapsverlof“ für den Vaterschaftsurlaub, „adoptieverlof“ für den Adoptionsurlaub und schließlich „ouderschapsverlof“ für den Elternurlaub;

-       

die italienische Fassung unterscheidet zwischen „congedo di maternità“, „congedo di paternità“, „congedo di adozione“ und „congedo parentale“;

-       

die spanische Fassung verwendet die Begriffe „permiso de maternidad“, „permiso de paternidad“, „permiso de adopción“ und „permiso parental“;

-       

die portugiesische Fassung differenziert zwischen „licença de maternidade“, „licença de paternidade“, „licença por adopção“ und „licença parental“;

-       

in der griechischen Fassung heißt es „άδεια μητρότητας“ für Mutterschaftsurlaub, „άδεια πατρότητας“ für Vaterschaftsurlaub, „άδεια υιοθεσίας“ für Adoptionsurlaub und schließlich „γονική άδεια“ für Elternurlaub.

58

In allen ausgewerteten Sprachfassungen wird also streng zwischen den vier Instituten differenziert. Regelungen, die sich auf den Vaterschaftsurlaub bzw. den Adoptionsurlaub beziehen, können darum nicht auf das gänzlich anders gelagerte Institut des „Elternurlaubs“ übertragen werden.

59

(cc) Soweit in der Literatur abweichend von diesem eindeutigen Auslegungsergebnis die Auffassung vertreten wird, Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG bzw. Art. 16 RL 2006/54/EG fände auf die Elternzeit gemäß § 15 BEEG Anwendung, wird nicht ansatzweise begründet, warum Bestimmungen des Unionsrechts, die sich auf den Vaterschafts- bzw. Adoptionsurlaub beziehen, auf das rechtlich davon zu unterscheidende Institut des Elternurlaubs zu übertragen sein sollen. Dieser vereinzelt gebliebenen, wenn auch breit gestreuten Meinung (v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 40 f., 157, 160 f., 324; ders. Anm. zu EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] jurisPR-ArbR 49/2009 Anm. 1; ders. BGleiG § 15 BGleiG Stand Oktober 2010 Rn. 10a, 62a) ist darum gegenüber der vom Senat vertretenen nicht eindeutig der Vorzug zu geben (vgl. BVerfG 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 19, 21, EzA KSchG § 17 Nr. 21).

60

(c) Die Elternzeit nach § 15 BEEG entspricht dem Elternurlaub im Sinne der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub, wobei sie in zeitlicher Hinsicht weit über das unionsrechtlich verlangte Mindestmaß hinausgeht(Buchner/Becker Mutterschutzgesetz Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz 8. Aufl. Vor §§ 15 - 21 BEEG Rn. 17; v. Roetteken AGG Stand November 2010 Rn. 156), nicht aber dem Vaterschafts- oder Adoptionsurlaub iSv. Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 RL 76/207/EWG bzw. Art. 16 RL 2006/54/EG.

61

(aa) Die Elternzeit verfolgt einen anderen Zweck als der Vaterschaftsurlaub im unionsrechtlichen Sinn. Der Anspruch auf Elternzeit soll sicherstellen, dass das Kind eine ständige Betreuungsperson hat (BT-Drucks. 10/3792 S. 19 für den Erziehungsurlaub). Er soll die Ausübung des Erziehungsrechts ohne Verlust des Arbeitsplatzes erleichtern und dient der Förderung der Betreuung und Erziehung des Kindes in den ersten Lebensjahren durch die Eltern sowie der besseren Vereinbarung von Familie und Beruf (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 30, BAGE 129, 93).

62

(bb) Auch in den Fällen, in denen Arbeitnehmer Elternzeit ab Aufnahme eines adoptierten Kindes in ihren Haushalt in Anspruch nehmen können (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BEEG), handelt es sich nicht um Adoptionsurlaub iSv. Art. 16 RL 2006/54/EG, sondern um Elternzeit, die nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers entsprechend den Vorgaben in Paragraph 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub auch Adoptiveltern gewährt werden kann. § 15 BEEG setzt insoweit die Vorgaben der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub ausreichend in deutsches Recht um. Ein weitergehender Umsetzungsbedarf besteht nicht, weil Art. 16 RL 2006/54/EG keinen zwingenden Charakter hat. Ein Arbeitnehmer, der ein Kind adoptiert und Elternzeit in Anspruch genommen hat, kann damit nicht unter Berufung auf Art. 16 RL 2006/54/EG die Anrechnung seiner Zeit der Abwesenheit auf die Stufenlaufzeit verlangen.

63

(4) Die weiteren unionsrechtlichen Bestimmungen über den Elternurlaub sind nicht rechtlich bindend und begründen daher keinen Anspruch der Klägerin, während der Elternzeit den Gewinn von Berufserfahrung für den Stufenaufstieg zu fingieren.

64

(a) Art. 33 Abs. 2 GRC sieht lediglich den Anspruch auf Elternurlaub vor, ohne daran rechtliche Vorgaben zu knüpfen.

65

(b) Die Empfehlung des Rates vom 31. März 1992 zur Kinderbetreuung (92/241/EWG) (ABl. EG L 123 vom 8. Mai 1992 S. 16) entfaltet gemäß Art. 288 AEUV ebenfalls keine verbindliche Wirkung. Im Übrigen wird auch darin nur vorgeschlagen, Initiativen zu ergreifen, die es Frauen und Männern ermöglichen, ihre beruflichen, familiären und erzieherischen Pflichten im Hinblick auf die Kindesbetreuung miteinander in Einklang zu bringen.

66

(5) Nationale, über den Gewährleistungsinhalt des Unionsrechts hinausgehende Gleichstellungsvorschriften, die es geböten, die Elternzeit auf die Stufenlaufzeit anzurechnen, bestehen nicht.

67

(a) Aus dem Gesetz zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2005 (Chancengleichheitsgesetz - ChancenG, GBl. 650) lässt sich kein Anspruch der Klägerin auf Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit ableiten. Gemäß § 3 Abs. 2 ChancenG gilt dieses Gesetz ua. für Kommunen nur eingeschränkt. Aus §§ 23 und 24 ChancenG lassen sich keine konkreten Ansprüche einzelner Beschäftigter ableiten.

68

(b) Das Bundesgleichstellungsgesetz findet auf die bei einer Kommune beschäftigte Klägerin keine Anwendung. Darum kann dahinstehen, ob § 9 Abs. 2 Nr. 1 BGleiG und/oder § 15 Abs. 3 und Abs. 4 BGleiG Beschäftigten des Bundes Anspruch auf die Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit gewähren(in diesem Sinne v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 161; das BMI geht davon aus, dass nur keine Rückstufung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 TVöD erfolgen darf [Rundschreiben vom 8. Dezember 2005 - D II 2-220-210-2/0 - S. 44]).

69

(6) Auch § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG gebietet keine Berücksichtigung der Elternzeit für den Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TVöD(vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 49, EzA GG Art. 3 Nr. 109; 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 29, BAGE 126, 375). Zwar kann von den Vorschriften über den Erziehungsurlaub auch nicht durch Tarifvertrag abgewichen werden. Die Tarifvertragsparteien müssen aber nicht für einen Ausgleich der Nachteile sorgen, die sich aus der gesetzlichen Ausgestaltung des Erziehungsurlaubs für die Arbeitnehmer ergeben (BAG 15. Dezember 1998 - 3 AZR 251/97 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 25 = EzA BErzGG § 15 Nr. 12).

70

dd) Der Gleichberechtigungsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Zwar verbieten auch diese Bestimmungen sowohl eine unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts (BVerfG 27. November 1997 - 1 BvL 12/91 - BVerfGE 97, 35, 43; 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - Rn. 48 f., BVerfGE 121, 241). Die Gewährleistungen des Art. 3 GG gehen insoweit jedoch nicht über das Unionsrecht hinaus(vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 28, EzA GG Art. 3 Nr. 109; BFH 5. Dezember 2000 - VII R 18/00 - zu II 3 der Gründe, BFHE 193, 234 ).

71

II. Auch Art. 6 GG ist nicht verletzt.

72

1. Die Tarifvertragsparteien haben nicht die Pflicht, durch tarifliche Regelungen zum besonderen Schutz von Ehe und Familie beizutragen. Der Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG richtet sich nicht an die Tarifvertragsparteien, sondern an den Staat(Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 20, BAGE 129, 93). Gleichwohl darf die von ihnen vorgenommene Gruppenbildung die durch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützten Belange von Ehe und Familie nicht gleichheits- und sachwidrig außer Betracht lassen(vgl. zu dieser Grenze der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien Senat 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 15, BAGE 128, 219). Diesen Anforderungen genügt § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT.

73

Das neue Entgeltsystem des TVöD stellt durch den Stufenaufstieg innerhalb der Entgeltgruppe auf die Berufserfahrung und die darin zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit ab. Diese Entgeltkomponente hat keinerlei Bezug zu den Gewährleistungen des Art. 6 GG. Die Tarifvertragsparteien durften typisierend annehmen, dass während der Elternzeit kein Zuwachs an Erfahrungswissen erfolgt und durften darum vorsehen, dass diese Zeit nicht auf die Stufenlaufzeit anzurechnen ist. Nach ihrer typisierenden Betrachtung unterscheidet sich die Arbeitsleistung durchgehend aktiv Beschäftigter und der Beschäftigten, die nach einer Elternzeit die Beschäftigung wieder aufnehmen. Nach Sinn und Zweck der Entgeltsteigerung durch den Aufstieg in den Stufen war es daher nicht geboten, die Elternzeit auf die Stufenlaufzeit anzurechnen. Im Gegenteil würde es dem Sinn und Zweck des Stufenaufstiegs widersprechen, wenn Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung, die über die in § 17 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT aufgezählten hinausgehen, berücksichtigt würden.

74

2. Die Rechtslage bei Sozialplanabfindungen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Würdigung. Danach widerspricht es den in Art. 6 GG enthaltenen Wertungen, die über § 75 BetrVG auch in die Prüfung von Sozialplänen Eingang finden, wenn die Betriebspartner bei der Höhe der Abfindung zwar auch die Dauer der Beschäftigung berücksichtigen, nicht aber Zeiten des Erziehungsurlaubs(BAG 12. November 2002 - 1 AZR 58/02 - BAGE 103, 321). Die Sozialplanabfindung hat keinen Entgeltcharakter und soll nicht die geleisteten Dienste vergüten. Ihr kommt vielmehr eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zu (vgl. nur BAG 23. März 2010 - 1 AZR 832/08 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 35). Sinn und Zweck der Sozialplanabfindung bedingen also gerade nicht das Außerachtlassen von Elternzeiten (vgl. BAG 12. November 2002 - 1 AZR 58/02 - BAGE 103, 321, 327 f.). Darin liegt der Unterschied zur Stufenlaufzeit.

75

3. Art. 6 Abs. 4 GG scheidet als Prüfungsmaßstab aus. Aus dieser Norm können für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden. § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT gilt jedoch für alle Beschäftigten, die Elternzeit in Anspruch nehmen, egal ob sie Väter oder Mütter sind. Auch wenn sich die Hemmung des Stufenaufstiegs tatsächlich vor allem zulasten der Mütter auswirkt, weil diese auch heute noch durch die Inanspruchnahme von Elternzeit jedenfalls länger als die Väter ihre Berufstätigkeit unterbrechen, ist der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht berührt(vgl. BVerfG 12. März 1996 - 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90 - BVerfGE 94, 241; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 42, EzA GG Art. 3 Nr. 109).

76

III. Art. 3 Abs. 1 GG ist durch den Zuschnitt der Personenkreise, bei denen in § 17 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT Unterbrechungen der Arbeitsleistung mit Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit gleichgestellt worden sind, nicht verletzt.

77

1. Die Klägerin macht insoweit geltend, es sei nicht verständlich, warum eine Arbeitsunfähigkeit bis zu 39 Wochen als Zeit einer ununterbrochenen Tätigkeit angesehen werde, während eine Elternzeit von gleicher Dauer schädlich sei. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT werden die Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit bis zu 39 Wochen angerechnet. Das gilt für jeden Fall der Arbeitsunfähigkeit, wobei bei Fortsetzungserkrankungen alle rechtlich im Fortsetzungszusammenhang stehenden Zeiten als eine Arbeitsunfähigkeit gelten (Fieberg GKÖD Stand Dezember 2010 § 17 TVöD/TV-L Rn. 32). In Einzelfällen kann daher die anrechnungsfähige Zeit mehrerer unterschiedlicher Arbeitsunfähigkeiten die Dauer der die Stufenlaufzeit hemmenden Elternzeit übersteigen. Das führt jedoch nicht dazu, dass jedenfalls 39 Wochen der Elternzeit der Klägerin auf die Stufenlaufzeit anzurechnen wären.

78

a) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - BAGE 129, 93). Art. 3 GG untersagt auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss. Auch wenn man berücksichtigt, dass sich die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT auf die grundrechtlich geschützte Freiheit, Elternzeit zu beanspruchen, auswirken kann, und deshalb einen Rechtfertigungsgrund verlangt, der im angemessenen Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung steht(vgl. BVerfG 15. März 2000 - 1 BvL 16/96 ua. - BVerfGE 102, 68, 87), begünstigt die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien Arbeitsunfähige nicht gleichheitswidrig gegenüber den Beschäftigten, die nach einer Elternzeit ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.

79

b) Zwar kann während der Zeit einer Arbeitsunfähigkeit ebenso wie während der Elternzeit, in der das Arbeitsverhältnis ruht, kein für den Stufenaufstieg relevantes Erfahrungswissen erworben werden. Die Tarifvertragsparteien durften aber davon ausgehen, dass typischerweise auch im öffentlichen Dienst Zeiten langdauernder ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit Ausnahmefälle darstellen. Weniger als 5 % aller Arbeitsunfähigkeitsfälle der in den gesetzlichen Krankenkassen Versicherten dauern über die gesetzliche Entgeltfortzahlung von sechs Wochen hinaus (Badura/Schröder/Klose/Macco Fehlzeiten-Report 2010 S. 439 Abb. 29.6). Auch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder im öffentlichen Dienst überstieg nur in 11,5 % aller Arbeitsunfähigkeitsfälle 21 Tage. Lediglich in 4,2 % aller Fälle lag dabei eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 42 Tagen vor (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 400 Tabelle 28.10.5). Die durchschnittliche Dauer eines Arbeitsunfähigkeitsfalles unter den bei der AOK Versicherten ist von etwas mehr als 12 Tagen im Jahr 2004 auf knapp unter 12 Tagen im Jahr 2009 gesunken (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 398 Tabelle 28.10.1). Das gilt trotz des Umstandes, dass die in den öffentlichen Verwaltungen beschäftigten AOK-Mitglieder eine ungünstigere Altersstruktur aufweisen als die in der freien Wirtschaft Beschäftigten und in der AOK die Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes mit einer besonders hohen Arbeitsbelastung überrepräsentiert sind (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 279). Selbst bei den Berufsgruppen mit den höchsten Fehlzeiten lag die Dauer der Arbeitsunfähigkeit je Fall bei knapp unter 16 Tagen (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 399 Tabelle 28.10.4).

80

Zwischen einzelnen Krankheiten oder Krankheitsphasen kommt es also auch im öffentlichen Dienst typischerweise, gerade auch bei Fortsetzungserkrankungen, immer wieder zu Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung und damit des Erfahrungsgewinns. Durch die Inanspruchnahme von Elternzeit, bei der das Arbeitsverhältnis ruht, tritt also bei typisierender Betrachtung eine erheblich längere Unterbrechung des Erfahrungsgewinns ein als durch Arbeitsunfähigkeit. Das durften die Tarifvertragsparteien ihrer Regelung zugrunde legen.

81

Des Weiteren durften die Tarifvertragsparteien darauf abstellen, dass Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 39 Wochen nicht zur gänzlichen Suspendierung der Vergütungspflicht führt. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums steht dem Beschäftigten gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren nach § 22 Abs. 2 TVöD-AT ein Krankengeldzuschuss bis zum Ende der 39. Woche der Arbeitsunfähigkeit zu. Demgegenüber ruht das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit unter Suspendierung aller wechselseitigen Pflichten. Bei der notwendigerweise pauschalisierenden Bewertung, welche Zeiten der Unterbrechung der Tätigkeit sie einer tatsächlichen Beschäftigung gleichstellen wollten, hält es sich noch im Rahmen des Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien, solche Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit, für die noch ein Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehen kann und damit die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auf Arbeitgeberseite nicht gänzlich suspendiert sind, auf die Stufenlaufzeit anzurechnen und demgegenüber auch Elternzeiten von weniger als 39 Wochen als Hemmung der Stufenlaufzeit zu werten (vgl. BAG 9. November 1994 - 10 AZR 3/94 - AP BAT § 23a Nr. 33 = EzA BAT § 23a Nr. 3 für die Anrechnung der Arbeitsunfähigkeit auf die Bewährungszeit nach § 23a BAT).

82

2. Auch der Einwand der Klägerin, Sonderurlaub aus betrieblichen Gründen sei nicht zwingend mit einem Gewinn an einschlägiger Berufserfahrung verbunden, ist nicht geeignet, eine gleichheitswidrige Begünstigung des von § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. d TVöD-AT erfassten Personenkreises aufzuzeigen.

83

Sonderurlaub, bei dem der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches oder betriebliches Interesse anerkannt hat, wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. d TVöD-AT unabhängig von seiner Dauer auf die Stufenlaufzeit angerechnet. Ein solcher Sonderurlaub wird typischerweise dann gewährt, wenn sich der einzelne Beschäftigte qualifizieren will und der Arbeitgeber sich diese Qualifikation später zunutze machen will (Künzl GKÖD Stand Dezember 2010 § 34 TVöD/TV-L Rn. 424). Gleiches gilt, wenn die Übernahme der Tätigkeit, für die die Beurlaubung erfolgt, im dienstlichen Interesse liegt (Fieberg GKÖD Stand Dezember 2010 § 28 TVöD/TV-L Rn. 28). So liegt die Tätigkeit von Bundesbediensteten in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisationen im deutschen Interesse. Die Beurlaubung (Entsendung) zur Dienstleistung bei Internationalen Organisationen fördert das Leistungsniveau und die Verwendbarkeit auch im nationalen Dienst. Darum ist Beschäftigten des Bundes bei einer solchen Entsendung Sonderurlaub nach § 28 TVöD zu gewähren, der im dienstlichen Interesse liegt und daher bei Erfüllung der formellen Anforderungen auf die Beschäftigungszeit anzurechnen ist(I und IV der Richtlinien für die Entsendung von Bundesbediensteten in öffentliche zwischenstaatliche oder überstaatliche Organisationen (Entsendungsrichtlinien - EntsR -) vom 26. September 2005, GMBl. S. 1074). Aus denselben Gründen ist Beschäftigten des Bundes Sonderurlaub für Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit zu gewähren (I und IV der Richtlinien für die Beurlaubung von Bundesbediensteten zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit (Beurlaubungsrichtlinien - BeurlR) vom 25. Oktober 2000, GMBl. S. 1112). Die Anrechnung der Zeiten des Sonderurlaubs auf die Stufenlaufzeit erklärt sich also daraus, dass sich während der Beurlaubung typischerweise die berufliche Qualifikation und Verwendbarkeit verbessern. Darauf durften die Tarifvertragsparteien bei typisierender Betrachtung abstellen.

84

IV. Eine Altersdiskriminierung rügt die Klägerin nicht. Ein auf Berufserfahrung abstellendes Entgeltsystem wie das des TVöD ist nicht per se altersdiskriminierend. Es ist vielmehr ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik, Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten (EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 34, Slg. 2006, I-9583). Da die Klägerin keine Indizien für eine auch nur mittelbare Altersdiskriminierung durch das auf Berufserfahrung abstellende Stufensystem des TVöD aufgezeigt hat, war keine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlage des Senats vom 20. Mai 2010 (- 6 AZR 319/09 (A) -) geboten.

85

C. Auf den von der Klägerin angeführten besonderen Umstand, dass sie ihre beruflichen Fertigkeiten während der Elternzeit weiter entwickelt haben will, kommt es nicht an. Darüber hinaus ist ihr Vortrag insoweit unsubstantiiert.

86

I. Die Tarifvertragsparteien haben typisierend darauf abgestellt, dass bei der Mehrzahl der vom TVöD erfassten Berufsbilder während der Elternzeit keine für die geschuldete Tätigkeit förderliche Berufserfahrung erworben wird. Dies gilt auch für die Entgeltgruppe 5, in die die Klägerin eingruppiert war. In dieser Entgeltgruppe sind die frühere Vergütungsgruppe VII des BAT sowie die Lohngruppen 5 (mit Aufstieg nach 5a) und 4 (mit Aufstieg nach 5 und 5a) und damit eine Vielzahl von Berufsbildern nicht nur häuslichen Zuschnitts zusammengefasst worden (Anlage 3 zum TVÜ-VKA). Darauf, ob im Einzelfall bei Beschäftigten während der Elternzeit bezogen auf ihre berufliche Tätigkeit ein Erfahrungszuwachs eintritt, kommt es damit nicht an, zumal es auch in diesen Fällen an der Eingliederung in die betriebliche Organisation fehlt, die essentiell für die von den Tarifvertragsparteien angenommene Verbesserung von Arbeitsqualität und -quantität ist.

87

II. Der Hinweis der Klägerin, sie habe während der Elternzeit zumindest teilweise ihre beruflichen Fertigkeiten als Schneiderin fortentwickelt, ist darüber hinaus unsubstantiiert. Sie behauptet nicht konkret, dass sie ihre Kerntätigkeit als Schneiderin auch während der Elternzeit in einem Maße verrichtet habe, das dem Erwerb weiterer Berufserfahrung durch die von ihr geschuldete Tätigkeit gleichgekommen wäre.

88

D. Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass es sich bei den auf Gehaltsabrechnung bezogenen Anträgen um unechte Hilfsanträge für den Fall des Obsiegens mit den Zahlungsanträgen handelt. Diese Anträge sind darum nicht zur Entscheidung angefallen.

89

E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    U. Lauth    

                 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.270,92 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich). Die Beklagte stellte die Zahlung dieser tariflichen Leistung seit dem 1. Juni 2009 ein, weil der 1949 geborene, schwerbehinderte Kläger seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hatte. Gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich wird die Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger hat geltend gemacht, diese Regelung verletze das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

2

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

I. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nur zuzulassen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage abhängt (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Das ist der Fall, wenn die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 43).

4

II. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

1. Die Beschwerdebegründung geht zu Unrecht noch von den Zulassungsvoraussetzungen des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aus. Sie führt zu den Zulassungsvoraussetzungen lediglich aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Parteien stritten über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstrecke. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob die Einstellung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe bei Bestehen eines Anspruchs auf die gesetzliche Altersrente gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung führt und diese Tarifvorschrift deshalb gegebenenfalls nicht angewendet werden darf. Damit hat er auch hinreichend die Entscheidungserheblichkeit der Frage dargetan. Aus den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung ergibt sich die Darlegung, dass der aufgeworfenen Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) klärungsbedürftig erscheint.

6

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die angesprochene Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat bereits entschieden hat, dass der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe aufgrund der Regelung in § 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich auch bei Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung nicht entsteht und dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung führt. Für das Erlöschen des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich gilt nichts anderes. Der Senat hat ferner entschieden, dass die Überbrückungsbeihilfe bereits dann nicht mehr zu zahlen ist, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat (18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

7

3. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) führt ebenso wenig zu einem Klärungsbedarf wie die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 (- 9 AZR 584/09 - und - 9 AZR 750/09 - NZA 2011, 740). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich diskriminiert die davon betroffenen Arbeitnehmer weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Alters oder einer Behinderung.

8

a) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft oder an das Alter, sondern an die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente und damit auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente wegen Schwerbehinderung an. Anspruch auf vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente haben nicht nur Schwerbehinderte (§ 37 bzw. § 236a SGB VI). Altersrente können vielmehr auch langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch nehmen (§ 36 bzw. § 236 SGB VI), ebenso arbeitslose Arbeitnehmer und solche in Altersteilzeit unter den Voraussetzungen des § 237 SGB VI, Frauen unter den Voraussetzungen des § 237a SGB VI, ferner langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute(§ 40 bzw. § 238 SGB VI). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft also nicht ausdrücklich an das Alter und/oder die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17; MüArbR/Oetker 3. Aufl. Bd. 1 § 14 Rn. 55; Rupp RdA 2009, 307, 308 f.). Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet damit aus (vgl. bereits BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c cc der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7; Wißmann RdA 2011, 181, 187).

9

b) § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Merkmale Alter oder Behinderung.

10

aa) Es fehlt bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 187). Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, ZTR 2011, 357).

11

Die finanzielle Lage Behinderter und Nichtbehinderter ist nur bis zu dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem für den Behinderten erstmals eine Rentenberechtigung besteht. Danach ändert sich die objektive Ausgangslage. Der Behinderte hat anders als der Nichtbehinderte Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Dies führt bei Leistungen wie der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich, die im hier interessierenden Zusammenhang dazu dienen, den Lebensstandard bis zum Beginn des Anspruchs auf eine gesetzliche Rente zu sichern, notwendigerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, und von Arbeitnehmern, die weiterhin auf die vom ehemaligen Arbeitgeber finanzierte Überbrückungsbeihilfe angewiesen sind. Arbeitnehmer mit einer Rentenberechtigung und solche ohne eine derartige Berechtigung befinden sich hinsichtlich des Überbrückungsbedarfs nicht mehr in einer vergleichbaren Lage. Mit der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze enthält § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich somit ein neutrales Kriterium, so dass eine Diskriminierung ausscheidet (vgl. EuGH 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 49, Slg. 2004, I-11491; 9. November 1993 - C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 18, 20, 23, Slg. 1993, I-5579).

12

bb) Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene besondere Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ebenso wie die darin nach seiner Auffassung liegende mittelbare Altersdifferenzierung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären erforderlich und angemessen (§ 3 Abs. 2 AGG).

13

(1) Die Überbrückungsbeihilfe ist eine Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender wirtschaftlicher Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt werden soll. Diesen Arbeitnehmern soll längstens bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein angemessener Lebensunterhalt gesichert werden. Dafür werden für einen Übergangszeitraum die Gesamteinkünfte nach einer Bemessungsgrundlage gewährleistet, die auf die tarifliche Grundvergütung Bezug nimmt (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7). Die Überbrückungsbeihilfe verfolgt also im hier interessierenden Zusammenhang das Ziel, den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Ein solches Ziel des Schutzes langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist rechtmäßig (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 29, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

14

(2) Das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel, nämlich die Beschränkung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe auf die Zeit bis zum Bestehen des Anspruchs auf gesetzliche Altersrente, ist auch angemessen und erforderlich.

15

(a) Ausgehend vom Zweck der Überbrückungsbeihilfe, die nur solange gewährt werden soll, wie der Lebensunterhalt nicht durch den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente gesichert ist, ist es erforderlich, diese Zahlung auch dann nicht mehr zu gewähren, wenn der Rentenberechtigte die gesetzliche Altersrente nicht beantragt.

16

(b) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziele erforderlich ist, und ist damit angemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten einen zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf befriedigen. Sie haben dabei in typisierender Weise auf den Personenkreis abgestellt, der besonders von Arbeitslosigkeit bedroht ist und deshalb wirtschaftlicher Absicherung bedarf. Sie durften im Hinblick auf die Tarifautonomie, die auch im Unionsrecht Anerkennung gefunden hat und bei dessen Anwendung zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 65, 92; ausführlich BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 29/09 - Rn. 47 ff.), dabei an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, ohne im Einzelfall darauf abstellen zu müssen, ob die zu erwartende Rente tatsächlich die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleistet (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c dd der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

17

Die Tarifvertragsparteien mussten sich auch nicht darauf beschränken, die Überbrückungsbeihilfe lediglich um den hypothetischen Rentenbetrag zu kürzen, der bei einem frühestmöglichen Rentenantrag gezahlt würde. Ebenso wenig mussten sie sich auf die Anrechnung tatsächlich bezogener Renten beschränken oder den durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehenden Nachteil ausgleichen (so aber wohl von Roetteken Anm. 1 jurisPR-ArbR 3/2007 unter C). Eine solche Kürzungs- oder Anrechnungsregelung würde dem Zweck der Überbrückungsbeihilfe nicht gerecht und wäre deshalb kein ebenso geeignetes, milderes Mittel. Die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine nach Beendigung des Arbeitslebens zustehende, als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente aufgrund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196).

18

(c) Schließlich wird § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich den mit dieser Regelung verfolgten Zielen auch in kohärenter und systematischer Weise gerecht.

19

(aa) Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 10. März 2009 - C-169/07 - [Hartlauer] Rn. 55, Slg. 2009, I-1721). Ausnahmen von den Bestimmungen einer Norm können in bestimmten Fällen deren Kohärenz beeinträchtigen, insbesondere wenn sie wegen ihres Umfangs zu einem Ergebnis führen, das dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel widerspricht (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 86). In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung hat der Gerichtshof der Europäischen Union dieses Erfordernis eines inneren Zusammenhangs von Inhalt und Ziel einer benachteiligenden Regelung in den Vordergrund seiner Rechtmäßigkeitsprüfung gestellt (21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 85 ff.; 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 55, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 15; ausführlich Wißmann RdA 2011, 181, 182 ff. mwN).

20

(bb) Diesem Erfordernis genügt § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich im Unterschied zu der Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, die der Gerichtshof der Europäischen Union als nicht vereinbar mit Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) angesehen hat.

21

(aaa) Anders als die Beschwerde ohne Weiteres unterstellt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) zugrunde liegende Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov nicht allein deswegen als altersdiskriminierend angesehen, weil sie den Anspruch auf eine Leistung des Arbeitsgebers an den(möglichen) Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Bestimmung führt vielmehr ausschließlich wegen des Widerspruchs zwischen dem Zweck der Leistung und dem Inhalt der Ausschlussregelung zu einer Diskriminierung (vgl. Wißmann RdA 2011, 181, 184).

22

Die Entlassungsabfindung nach dem Funktionærlov hat das Ziel, den Übergang älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Die Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Vollrente erhält, soll vermeiden, dass die Abfindung Personen zugute kommt, die keine neue Stelle suchen, sondern aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehenwollen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 27, 44, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Für diesen Personenkreis besteht kein Bedürfnis zur Zahlung einer Entlassungsabfindung, die den Übergang älterer Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung erleichtern soll. Ob ein solcher Wille vorliegt, wird nach dem dänischen Recht allerdings nicht am tatsächlichen Bezug der Altersrente festgemacht. Die Regelung beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass Arbeitnehmer im Allgemeinen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wenn sie Rente beziehen können. Sie knüpft also allein an den unterstellten Willen der rentenberechtigten Arbeitnehmer an, auch tatsächlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden zu wollen. Mit diesem auf den mutmaßlichen Willen des Arbeitnehmers abstellenden Regelungszweck ist es nicht in Einklang zu bringen, die Abfindung gerade den Arbeitnehmern vorzuenthalten, die sich nicht mit der Rente begnügen, sondern tatsächlich weiter arbeiten wollen und deshalb des Schutzes durch die Entlassungsabfindung besonders bedürfen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 44, aaO). Der Inhalt und der dem Gerichtshof der Europäischen Union mitgeteilte Zweck der Abfindungsregelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte stehen also nicht nur nicht im Einklang, sondern widersprechen sich. Dem Arbeitnehmer, der seinen Willen dokumentiert, weiter arbeiten zu wollen, indem er keinen Rentenantrag stellt, darf deshalb die Abfindung nach dem Regelungszweck der dänischen Regelung nicht vorenthalten werden (vgl. auch Wißmann RdA 2011, 181, 184, 186).

23

(bbb) Demgegenüber ist Zweck des § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich, wie ausgeführt, die wirtschaftliche Absicherung der begünstigten Arbeitnehmer längstens bis zum frühestmöglichen Anspruch auf gesetzliche Rente. Die tarifliche Regelung stellt also nicht auf den Willen des Arbeitnehmers ab, jedenfalls potentiell dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und deshalb keinen Rentenantrag zu stellen, sondern auf den nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegebenen Sicherungsbedarf. Die Wertungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) lassen sich damit auf tarifliche Regelungen wie die vorliegende nicht übertragen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 186 mwN in Fn. 58 für den Sozialplan). Im Gegenteil wäre es gerade inkohärent und stünde im Widerspruch zum tariflichen Regelungszweck, wenn die Überbrückungsbeihilfe - ungekürzt oder um die fiktive gesetzliche Rente gekürzt - auch nach Eintritt der Rentenberechtigung weitergezahlt würde. Eine Kompensation von Rentennachteilen, die im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers eintreten oder die, anders als im Fall des Klägers, der noch von der Vertrauensschutzregelung in § 236a Abs. 4 SGB VI profitiert, auf Rentenabschlägen beruhen, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien. Bereits die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 21, BAGE 118, 196). Darin liegt der Unterschied zu betrieblichen oder tariflichen Leistungen, die dazu dienen, Versorgungslücken zu überbrücken, die durch die Beendigung der Erwerbstätigkeit eintreten. Die Versorgungslücken der Arbeitnehmer, die vorzeitig Altersrente beanspruchen können, sind nicht geringer als die Lücken der Arbeitnehmer, die lediglich die Regelaltersrente beanspruchen können. Bei derartigen Leistungen ist es darum nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 15. Februar 20119 AZR 584/09 - Rn. 46 ff. und - 9 AZR 750/09 - Rn. 32 ff., NZA 2011, 740, für eine Benachteiligung von Frauen) mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren, die Zahlungen ab dem Alter, von dem an Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können, einzustellen. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsziele der tariflichen Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich und der Leistungen, die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 zugrunde lagen, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf (vgl. BAG 15. Februar 2011 9 AZR 584/09 - Rn. 49 und - 9 AZR 750/09 - Rn. 36, aaO). Die Tarifvertragsparteien durften deshalb diese soziale Leistung, die aus Mitteln des ehemaligen Arbeitgebers finanziert wird, auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen, solidarisch finanzierten Altersrente beschränken.

24

C. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

25

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG und wurde in Höhe des 36-fachen des zuletzt gezahlten Übergangsgeldes von 701,97 Euro festgesetzt.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - klarstellend wie folgt neu gefasst wird:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2010 - 11 Ca 7932/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 2.700,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben Kläger und Beklagte je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung bei einer Bewerbung.

2

Der Kläger war nach dem Abschluss der Berufsausbildung zum Elektroinstallateur ua. als Pförtner und Fahrer von Oktober 1987 bis Dezember 1990 tätig. In den Folgejahren arbeitete er ua. als Monteur, legte die Meisterprüfung als Elektroinstallateur ab und arbeitete als Haushandwerker und Fahrer von Juli 1999 bis Dezember 2006. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60.

3

Am 18. März 2004 hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) mit der Hauptschwerbehindertenvertretung des BMI, der Hauptschwerbehindertenvertretung des Bundesgrenzschutzes (BGS), den jeweiligen Hauptpersonalräten, der Schwerbehindertenvertretung des BMI, dem Personalrat des BMI und der Gleichstellungsbeauftragten eine „Rahmenvereinbarung zur Integration schwerbehinderter und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschließlich BGS) gemäß § 83 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch (SGB IX)“(im Folgenden: Rahmenintegrationsvereinbarung) geschlossen. In dieser Rahmenvereinbarung ist ua. das Folgende geregelt:

        

1. Präambel

        

(1) Schwerbehinderte Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschl. BGS)1 sind wie alle anderen Beschäftigten leistungsfähig und leistungsbereit. ...

        

(2) Mit dieser Rahmenintegrationsvereinbarung werden die Maßnahmen und Möglichkeiten aufgezeigt, die die beruflichen Chancen und die konkreten Arbeitsbedingungen dieser Kolleginnen und Kollegen in der Dienststelle weiter verbessern sollen. ...

        

(3) Alle beteiligten Stellen und Personen sind verpflichtet, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der vorhandenen Möglichkeiten den Anliegen der schwerbehinderten Menschen verständnisvoll, sach- und behindertengerecht zu begegnen. Soweit der Dienststelle vom Gesetzgeber ein Ermessensspielraum zugestanden wird, sollte dieser im Interesse der schwerbehinderten Beschäftigten möglichst großzügig gehandhabt werden.

                 
        

2. Ziele

        

(1) Nach Art. 3 Abs. 3 GG unterliegen behinderte Menschen dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Die Dienststelle wahrt die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten und berücksichtigt ihre Belange bei allen Maßnahmen, von denen sie berührt sind.

        

(2) Schwerbehinderte Beschäftigte dürften bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Dienst-, Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg oder bei einer Kündigung nicht wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt werden. ...

                 
        

4. Personalmanagement

        

…       

        

4.2.4 Einstellung

        

…       

        

(3) Hinsichtlich der sonstigen Eignung, insbesondere der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, gilt uneingeschränkt das Leistungsprinzip im Wettbewerb mit anderen nichtbehinderten Bewerbern.

        

…       

        

(5) Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber sind zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung auf Grund bestehender Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Von einer Einladung zum Auswahlverfahren ist abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass die Bewerberin oder der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Der Personalrat ist vor dieser Entscheidung anzuhören.

        

…       

        

(7) Die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen wird durch andere gesetzliche Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personengruppen nicht berührt (§ 122 SGB IX).

        

…       

        

12 Schlussbestimmungen und Inkrafttreten

        

...     

        

(2) Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.“

4

Die dem Bundesministerium des Innern unterstellte B schrieb am 13. März 2009 eine Stelle als Pförtner/in, Wächter/in aus. In der Ausschreibung heißt es:

        

„...   

        

Die B hat zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Dienstposten für Tarifbeschäftigte im Sachbereich 37 (Zentraler Dienst) für den Pförtner- und Wachdienst zu besetzen und sucht deshalb

        

eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter.

        

Die Tätigkeit ist mit der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet.

        

Das Aufgabengebiet beinhaltet:

        

•       

Kontrolle des ein- und ausgehenden Personenverkehrs sowie des ein- und ausfahrenden Kfz-Verkehrs einschließlich Kontrolle der entsprechenden Ausweise sowie der Berechtigung zum Aufenthalt in der Liegenschaft

        

•       

Empfang und Anmeldung von Besuchern, Erteilen von Auskünften

        

•       

Bestreifung des Geländes der Liegenschaft F

                 
        

Anforderungen:

        

•       

Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung in Form eines Regeldienstes rund um die Uhr (Früh-, Spät- und Nachtdienst)

        

•       

gepflegtes Erscheinungsbild, überzeugendes und sicheres Auftreten sowie gute Umgangsformen

        

•       

körperliche Eignung

        

•       

gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift

        

•       

Erfahrungen oder Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes vorteilhaft

        

•       

Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe

        

•       

Führungszeugnis ohne Eintrag (braucht in der Bewerbung noch nicht vorgelegt werden!)

                 
        

Eine Besetzung mit Teilzeitkräften ist grundsätzlich möglich. Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung gemäß den dienstlichen Erfordernissen wird vorausgesetzt.

        

Die B ist bestrebt, den Frauenanteil zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen sind besonders erwünscht. Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung werden Frauen nach Maßgabe des Bundesgleichstellungsgesetzes bevorzugt berücksichtigt.

        

Im Rahmen der Stellenbesetzungen werden die Gleichstellungsbeauftragte und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten beteiligt. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt, es wird ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt.

        

...“   

5

Mit Schreiben vom 16. März 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle. Auszugsweise lautet die Bewerbung des Klägers wie folgt:

        

„Ich bin 43 Jahre alt und habe ausreichend Berufserfahrung im Fahr- und Pfortendienst inclusive Personen- und Zugangskontrolle. Durch diese Berufserfahrung und meine bisherigen Qualifikationen fühle ich mich bestens geeignet, die von Ihnen ausgeschriebene Stelle ideal zu besetzen.

        

Bereits bei meiner Tätigkeit als Fahrer/Pförtner beim S in Be, habe ich die Hauptaufgaben in diesem Arbeitsbereich frühzeitig kennen gelernt. Durch meine langjährige Berufserfahrung verfüge ich über umfangreiche Kenntnisse in der Personen- und Fahrzeugkontrolle sowie in der mündlichen bzw. telefonischen Auskunftserteilung und als Lotse bezüglich der Besuchereinweisung vor Ort innerhalb der Liegenschaften. Aufgaben, wie die Zustellung und Beförderung der Post, sowie der Personentransport im städtischen und ländlichen Bereich, gehörten auch zu meinen täglichen Schwerpunktaufgaben. Ich bin im Besitz aller Führerscheinklassen.

        

Wörter, wie Diskretion, Verlässlich- und Pünktlichkeit sind keinesfalls fremd für mich, genauso wie ein gepflegtes Äußeres und ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Loyalität. Meine vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60 würde mich weder körperlich noch geistig für die geforderten Aufgaben in Ihrem Hause einschränken, so dass ich gerne meine Fähig- und Fertigkeiten bei Ihnen einbringen würde.

        

Der von Ihnen beschriebene Arbeitseinsatz im Schichtdienst kommt meiner derzeitigen Lebenssituation entgegen.“

6

Zu den dem Bewerbungsschreiben beigefügten Unterlagen gehörte ua. auch eine Kopie des Schwerbehindertenausweises des Klägers. Auf dem Ausweis ist maschinenschriftlich ein GdB von 50 befristet bis März 2007 und handschriftlich ein GdB von 60 seit dem 29. Juni 2004 mit einem eingestempelten Gültigkeitsdatum bis Januar 2022 vermerkt.

7

Im Rahmen des Auswahlverfahrens für die zu besetzende Stelle beteiligte das BMI seine Zentralabteilung, die Schwerbehindertenvertretung, die Gleichstellungsbeauftragte sowie den Personalrat. Zwischen diesen herrschte Einvernehmen darüber, dass der Kläger für die Stelle wegen offensichtlich fehlender Eignung nicht in Betracht komme. Von seiner Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wurde deshalb abgesehen. Zu Vorstellungsgesprächen wurden neben fünf Männern auch fünf Frauen eingeladen. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zum Bewerbungsverfahren bewarben sich auf die ausgeschriebene Stelle neben dem Kläger auch weitere schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Bewerber, die ebenfalls nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden.

8

Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 teilte die B dem Kläger mit, dass man sich im Auswahlverfahren für eine Bewerberin entschieden habe.

9

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2009 die B aufgefordert hatte, ihn bei der Besetzung der Stelle zu berücksichtigen, machte er mit Schreiben vom 18. Juni 2009 Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche iHv. sechs Monatsgehältern wegen der Nichteinstellung geltend. Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2009 entgegen.

10

Mit seiner am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 28. September 2009 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Entgeltgruppe 3, Stufe 2, des TVöD in Anspruch.

11

Der Kläger vertritt die Ansicht, die nicht erfolgte Einladung zum Vorstellungsgespräch sei ein Indiz dafür, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Da ihm die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt habe, wäre er einzuladen gewesen. Auf das Absehen von einer Einladung aufgrund Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da sonst § 82 SGB IX umgangen würde.

12

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.723,28 Euro zu zahlen.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Sie macht geltend, der Kläger habe im Bewerbungsverfahren seine Schwerbehinderteneigenschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Außerdem seien wegen § 19 Haushaltsgesetz 2009 Versetzungsbewerber und wegen § 7 BGleiG bevorzugt Frauen zu berücksichtigen gewesen, da diese unterrepräsentiert gewesen seien. Der Kläger sei zudem deshalb nicht eingeladen worden, weil den Unterlagen kein Hinweis auf eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO zu entnehmen gewesen sei. Vor allem habe eine Einladung zum Vorstellungsgespräch deshalb unterbleiben dürfen, weil nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 Einvernehmen bestanden habe, dass der Kläger für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht komme. Jedenfalls treffe die Beklagte weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 2.700,00 Euro verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.723,28 Euro.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, während die Anschlussrevision des Klägers unzulässig ist.

17

A. Sein Urteil, mit dem es die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 2.700,00 Euro an den Kläger verurteilt hat, hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger sei wegen eines Merkmals iSd. § 1 AGG, nämlich seiner Behinderung, benachteiligt worden(§ 7 Abs. 1 AGG). Dafür habe er mit der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch (§ 82 SGB IX) ein ausreichendes Indiz vorgetragen. Die fachliche Eignung habe dem Kläger nicht offensichtlich gefehlt, da er das nach der Stellenausschreibung erforderliche Anforderungsprofil erfülle. Eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO werde dort nicht verlangt. Die Beklagte habe die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht entkräftet. Insbesondere könne sie sich nicht erfolgreich darauf berufen, die am Einstellungsverfahren Beteiligten seien übereinstimmend der Auffassung gewesen, der Kläger sei offensichtlich nicht geeignet. Die Rahmenintegrationsvereinbarung sei nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da mit ihr in unzulässiger Weise der Rechtsschutz schwerbehinderter Menschen beschnitten werde. Es werde mit Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung der Eindruck erweckt, eine gerichtliche Überprüfung der Voraussetzungen einer offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung sei nicht mehr möglich. Dies unterlaufe den allgemeinen Justizgewährungsanspruch. Auch § 15 Abs. 3 AGG sei zugunsten der Beklagten nicht einschlägig. Ob § 15 Abs. 3 AGG gegen EU-Richtlinien verstoße, könne dahinstehen, denn die Beklagte treffe jedenfalls der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens. Die Beklagte habe an der Rahmenintegrationsvereinbarung selbst mitgewirkt. Sie hätte erkennen müssen, dass kollektiv-rechtliche Regelungen, die den Zugang zu den Gerichten beschneiden, verfassungswidrig sind.

18

In Anbetracht von Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer, ihrer Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit und der Genugtuungsfunktion sowie der Notwendigkeit einer abschreckenden Wirkung der zuzusprechenden Entschädigung sei vorliegend eine solche in Höhe von 2.700,00 Euro angemessen.

19

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Teilen der Begründung, wohl aber im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

20

B. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

21

I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG) und nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger zur Begründung der Klage wiederholt den Begriff „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere kann der Klagebegründung nicht entnommen werden, dass der Kläger einen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum wegen unterbliebener Einstellung begehrt. Auch behauptet er nicht, er wäre als am besten geeigneter Bewerber von der Beklagten einzustellen gewesen. Mit der von ihm angegebenen Klageforderung von 5.723,28 Euro hat der Kläger ausdrücklich drei Monatsgehälter ersichtlich als Entschädigung iSv. § 15 Abs. 2 AGG gefordert.

22

II. Die Klage ist in Höhe des ausgeurteilten Betrags (2.700,00 Euro) begründet.

23

1. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines Pförtners/Wächters bzw. einer Pförtnerin/Wächterin im Frühjahr 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld.

24

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Für den Bewerberbegriff kommt es dabei weder auf die objektive Eignung (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12) noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an. An der subjektiven Ernsthaftigkeit bestehen unabhängig davon keine Zweifel. Das Fehlen einer solchen würde auch nur zum Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers führen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/11 -).

25

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Dies trifft auf die Beklagte aufgrund der Stellenausschreibung zu.

26

2. Der Kläger hat seinen Anspruch innerhalb der Fristen des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

27

a) Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mittels Schreibens der B vom 11. Mai 2009 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 machte der Kläger Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend. Damit hat er die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt. Unerheblich ist, ob der Kläger sein Schreiben vom 18. Juni 2009 unterschrieben hat. Das Schriftformgebot des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB, ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Für die Textform nach § 126b BGB muss zwar - neben der Nennung der Person des Erklärenden - der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Hierzu genügt aber eine Grußformel oder die Nennung des Namens am Textende (vgl. MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126b BGB Rn. 6; Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 126b Rn. 5). Diesen Erfordernissen genügt das Schreiben vom 18. Juni 2009 mit der Grußformel am Textende unter Namensnennung. Nicht erforderlich war, dass der Kläger die Entschädigungsforderung bezifferte (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

28

b) Die am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangene Klage, die der Beklagten am 28. September 2009 zugestellt wurde, hat die Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Sie wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben. Für die Fristwahrung genügte gemäß § 167 ZPO der Eingang der Klage beim Arbeitsgericht, weil deren Zustellung demnächst erfolgte(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6, zu § 611a BGB aF).

29

3. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen einen Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vermuten.

30

a) Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. § 15 Abs. 2 AGG enthält nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

31

b) Der Kläger hat eine Benachteiligung im Hinblick auf seine Behinderung erfahren.

32

aa) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Der Kläger, für den seit dem 10. April 2003 ein Grad der Behinderung von 50 und seit dem 29. Juni 2004 ein Grad der Behinderung von 60, dh. eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

33

bb) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die eingestellte Bewerberin. Weniger günstig war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen Bewerbern/innen. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung, liegt bereits vor, wenn der Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

34

cc) Der Kläger und die letztlich eingestellte Bewerberin befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

35

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

36

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO).

37

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

38

Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 - BVerfGK 12, 284). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO).

39

Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

40

Unter Beachtung dieser Grundsätze bestehen unter Zugrundelegung des Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung vom 13. März 2009 an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter gesucht und dazu ein Anforderungsprofil aufgestellt, wonach die Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, ein gepflegtes Erscheinungsbild, ein überzeugendes und sicheres Auftreten, gute Umgangsformen, körperliche Eignung, gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, die Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe und ein Führungszeugnis ohne Eintrag verlangt wurde. Erfahrungen oder eine Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes waren nach dem Anforderungsprofil nicht vorausgesetzt, sondern nur vorteilhaft. Fachliche Voraussetzungen werden mit dem Anforderungsprofil nicht aufgestellt. Der Kläger hatte in der Vergangenheit bereits als Pförtner gearbeitet und ausweislich seines Bewerbungsschreibens umfangreiche Kenntnisse im Bereich von Personen- und Fahrzeugkontrollen. Im Hinblick auf die vom Kläger in der Vergangenheit verrichteten Tätigkeiten und ausweislich der Angaben des Klägers im Bewerbungsschreiben ist auch von seiner körperlichen Eignung auszugehen. Auch die Beklagte zieht diese nicht in Zweifel. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung keine Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO abgelegt hatte, ist im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant. Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger die Anforderungen im Erscheinungsbild und Auftreten erfüllt, zumal etwaige Defizite in diesen Bereichen nur in einem Vorstellungsgespräch hätten festgestellt werden können.

41

c) Die Beklagte behandelte den Kläger auch wegen seiner Behinderung weniger günstig.

42

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund, dh. die Behinderung, das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

43

bb) Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist. Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

44

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich, in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

45

dd) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht zunächst angenommen, als ein Indiz für einen Kausalzusammenhang stelle sich die unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch dar.

46

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

47

Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass die Pflicht, den Kläger zum Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung entfallen war.

48

Ein schwerbehinderter Bewerber muss bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl komme, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach dem Gesetzesziel einladen. Der schwerbehinderte Bewerber soll den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

49

Auch für die Frage, ob dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist im öffentlichen Dienst auf die veröffentlichte Stellenbeschreibung abzustellen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1), denn mit dem veröffentlichten Anforderungsprofil bestimmt der öffentliche Arbeitgeber den Umfang seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135).

50

Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger habe die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger erfüllt die Anforderungen der Stellenbeschreibung, die keine besonderen Anforderungen an Fähigkeiten und Kenntnisse stellt. Auch die Beklagte behauptet nicht, der Kläger erfülle eine oder mehrere Anforderungen der veröffentlichten Stellenbeschreibung nicht. Auf eine fehlende Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO kann sich die Beklagte nicht erfolgreich berufen, da in der Stellenausschreibung eine solche nicht verlangt wird.

51

Dem Landesarbeitsgericht ist jedoch nicht dahin zu folgen, dass Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung wegen § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Rahmenintegrationsvereinbarung keine zuungunsten des schwerbehinderten Bewerbers von § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX abweichende Regelung enthält. Weder nach § 82 Satz 3 SGB IX noch nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung durfte eine Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch unterbleiben.

52

Das Landesarbeitsgericht hat Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung zu Unrecht entnommen, abweichend von § 82 Satz 3 SGB IX sei dort der Beklagten die Befugnis eingeräumt, von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt.

53

Nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung sind schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung aufgrund bestehender Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Damit knüpft Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung an die bestehende Rechtslage nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX an. Die die Rahmenintegrationsvereinbarung abschließenden Parteien gehen vom gesetzlichen Regel-/Ausnahmeverhältnis aus. Die Einladung zum Vorstellungsgespräch/Die Zulassung zum Auswahlverfahren ist der Regelfall, der Ausschluss wegen offensichtlicher Nichteignung die Ausnahme. Dabei wird auch die gesetzliche Terminologie der offensichtlich fehlenden Eignung aufgegriffen, sodass davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien den gesetzlichen Begriff der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung aus § 82 Satz 3 SGB IX zugrunde gelegt und dieses Begriffsverständnis zum Inhalt der Rahmenintegrationsvereinbarung gemacht haben. Damit ist die Eignung am veröffentlichten Stellenprofil zu messen. Die in der Rahmenintegrationsvereinbarung angesprochenen Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen können daher nur dann maßgeblich sein, wenn diese in das veröffentlichte Stellenprofil Eingang gefunden haben.

54

Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung schränkt dies nicht ein, sondern soll den gesetzlich bestehenden Schutz vielmehr erweitern. Zwar ist nach Satz 2 von einer Einladung zum Auswahlverfahren abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Diese Regelung ist aber nicht so zu verstehen, dass auch bei Nichtvorliegen einer offensichtlichen Nichteignung aufgrund eines Einvernehmens der genannten Stellen von einer Einladung zum Auswahlverfahren/Vorstellungsgespräch abgesehen werden darf. Schon in Abs. 2 der Präambel der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass mit dieser die beruflichen Chancen und konkreten Arbeitsbedingungen in der Dienststelle „weiter verbessert“ werden sollen. In Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass die Dienststelle die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten wahrt und bei allen Maßnahmen deren Belange berücksichtigt. Hieraus ergibt sich, dass der gesetzliche Mindestschutz des § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX nicht unterschritten, sondern durch die Rahmenintegrationsvereinbarung ein höheres Schutzniveau gewährleistet werden soll. Vor allem ergibt sich dies aus deren Ziff. 12 Abs. 2. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen durch die Rahmenintegrationsvereinbarung nicht berührt werden. Dadurch haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass ein Abweichen von gesetzlichen Vorschriften zuungunsten Schwerbehinderter - unabhängig davon, inwieweit dies überhaupt rechtlich zulässig wäre - nicht beabsichtigt ist. Damit kommt es auch nach der Rahmenintegrationsvereinbarung für die Frage der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung auf das veröffentlichte Anforderungsprofil an. Von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch darf nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung deshalb nur dann abgesehen werden, wenn zusätzlich zur offensichtlich vorliegenden fehlenden Eignung Einvernehmen zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter über diese Nichteignung besteht. Da dem Kläger aber die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte, war der Kläger auch nach den Regeln der Rahmenintegrationsvereinbarung einzuladen.

55

ee) Eine Pflichtverletzung nach § 82 Satz 2 SGB IX ist als Indiz im Sinne von § 22 AGG nur dann geeignet, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder sich der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls ist der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Es obliegt dem abgelehnten Bewerber deshalb darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen können.

56

Dies hat der Kläger getan. Er hatte die Beklagte auf die bestehende Schwerbehinderteneigenschaft in seinem Bewerbungsschreiben hingewiesen. Dort heißt es, dass ihn die „vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60“ weder körperlich noch geistig für die Aufgaben einschränkt. Auch die Beklagte hatte den Kläger im Bewerbungsverfahren als schwerbehinderten Menschen geführt, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen zur Erfassung der Bewerber ergibt.

57

ff) Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen dessen Behinderung nicht widerlegt.

58

Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (auch) auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war.

59

Für die Frage, welche Tatsachen geeignet sind, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen, sind die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19) und die gesetzlichen Regelungen des SGB IX zu beachten. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 82 Satz 2 SGB IX, der das Recht schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen auf ein benachteiligungsfreies Bewerbungsverfahren schützt(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren, wenn nicht sowieso bereits eine offensichtlich fehlende fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3 SGB IX vorgelegen und deshalb die Einladung entbehrlich gemacht hat. Dies folgt aus dem insoweit abschließenden Charakter des § 82 Satz 3 SGB IX. Der öffentliche Arbeitgeber darf daher von der Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers im Hinblick auf die fachliche Eignung nur dann absehen, wenn er vorab ein diskriminierungsfreies und sachlich gerechtfertigtes Anforderungsprofil erstellt hat (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO) und der Bewerber dieses offensichtlich nicht erfüllt.

60

Für eine mögliche Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung ist auch die in § 122 SGB IX getroffene Regelung zu beachten, wonach die Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach den besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen entbinden. Die Vorschrift regelt das Verhältnis der Regelungen des SGB IX über die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen für andere besonders schutzbedürftige Personen (vgl. FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 1). § 122 SGB IX stellt klar, dass sich der Arbeitgeber nicht dadurch von seinen Verpflichtungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen entlasten kann, dass er auf seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber anderen schutzbedürftigen Personen verweist(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 3). Die Regelung spricht zwar nur von „Beschäftigung“ schwerbehinderter Menschen - im Gegensatz zur „Einstellung und Beschäftigung“ der anderen Personenkreise - jedoch ist der Begriff „Beschäftigung“ nach Sinn und Zweck der Norm weit zu verstehen. Er umfasst daher auch die Besetzung von Arbeitsplätzen und die Einstellung von Arbeitnehmern (vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 5; Faber aaO Rn. 4; Lampe GK-SGB IX Stand Januar 2012 § 122 Rn. 12; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand November 2011 K § 122 Rn. 4). Damit konkretisiert § 122 SGB IX das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG(vgl. Masuch aaO). Ob § 122 SGB IX eine Vorrangregelung zugunsten Schwerbehinderter darstellt(dagegen: ErfK/Rolfs 12. Aufl. § 122 SGB IX Rn. 1; Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 122 Rn. 3; aA Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 122 Rn. 6), kann dahinstehen. Jedenfalls folgt aus § 122 SGB IX das Verbot, die Pflichten gegenüber schwerbehinderten Menschen aus Anlass von Verpflichtungen gegenüber anderen Personen zu missachten(vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 10; Masuch aaO Rn. 6; Faber aaO Rn. 6). Das hat zur Folge, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht mit der Begründung, allein die Förderung anderer Personenkreise habe seine Entscheidung motiviert und die Behinderung sei daher in keiner Weise ein Kriterium für den Ausschluss eines schwerbehinderten Bewerbers vom Vorstellungsgespräch gewesen, den Entlastungsbeweis nach § 22 AGG führen kann.

61

Zunächst kann sich die Widerlegung der Benachteiligungsvermutung nicht aus einer besseren Eignung der tatsächlich eingestellten Bewerberin ergeben. Denn die bessere Eignung schließt die Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG. Danach ist selbst dann eine Entschädigung zu leisten, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Im Übrigen bewirken Fragen der fachlichen Eignung keine Entlastung des Arbeitgebers nach § 22 AGG, weil § 82 Satz 3 AGG insoweit eine abschließende Regelung enthält(vgl. oben).

62

Die Einlassung der Beklagten, ausschlaggebend für die Nichteinladung des Klägers sei gewesen, dass sie § 19 Haushaltsgesetz 2009 und § 7 Bundesgleichstellungsgesetz(BGleiG) zu beachten hatte, ist nicht geeignet nachzuweisen, dass die Einladung aufgrund von nicht diskriminierenden Umständen unterblieben ist. In § 19 Haushaltsgesetz 2009, wonach freie Planstellen und Stellen vorrangig mit Bediensteten zu besetzen sind, die bei anderen Behörden der Bundesverwaltung wegen Aufgabenrückgangs oder wegen Auflösung der Behörde nicht mehr benötigt werden, ist eine Verpflichtung zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung eines bestimmten Personenkreises iSv. § 122 SGB IX getroffen. Diese entbindet die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. oben). Gleiches gilt für die in §§ 7, 8, 9 BGleiG und die dort zugunsten von Frauen getroffenen Regelungen(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 7; FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 5). § 7 BGleiG ordnet an, dass bei der Besetzung von Arbeitsplätzen in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, zu Vorstellungsgesprächen oder besonderen Auswahlverfahren mindestens ebenso viele Frauen wie Männer einzuladen sind, welche die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation aufweisen, sofern Bewerbungen von Frauen in ausreichender Zahl vorliegen. Damit war die Beklagte nach § 122 SGB IX aufgefordert, sowohl ihre Einladungspflicht nach § 7 BGleiG als auch nach § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Die Beklagte kann sich nicht durch einen Verweis auf ihre Pflicht zur Frauenförderung gegenüber dem schwerbehinderten Bewerber entlasten.

63

4. Ein Ausschluss der Haftung der Beklagten folgt nicht aus der Haftungsprivilegierung des § 15 Abs. 3 AGG. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte bei der Anwendung der Rahmenintegrationsvereinbarung grob fahrlässig gehandelt hat, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen. Vorliegend ist bereits der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 AGG nicht eröffnet.

64

Nach § 15 Abs. 3 AGG ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Unabhängig davon, ob eine Integrationsvereinbarung nach § 83 SGB IX eine kollektivrechtliche Vereinbarung im Sinne von § 15 Abs. 3 AGG darstellt und unabhängig von der Frage der Europarechtswidrigkeit des § 15 Abs. 3 AGG(offengelassen: BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1) kommt eine Anwendung von § 15 Abs. 3 AGG nach Sinn und Zweck deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger durch die falsche Anwendung der nicht diskriminierenden kollektivrechtlichen Regelung - nämlich der Rahmenintegrationsvereinbarung - benachteiligt worden ist(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 63; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 89a). Denn Grund für die in § 15 Abs. 3 AGG enthaltene Privilegierung ist, dass der Arbeitgeber für die Folgen einer diskriminierenden kollektivrechtlichen Vereinbarung, die er anwendet, nicht(allein) verantwortlich sein soll. Die falsche Anwendung einer diskriminierungsfreien Kollektivvereinbarung wird von § 15 Abs. 3 AGG dagegen nicht erfasst.

65

5. Der Ausschluss des Klägers vom Vorstellungsgespräch lässt sich auch nicht mit einer Förderung von Frauen nach §§ 7 ff. BGleiG als positive Maßnahme nach § 5 AGG rechtfertigen.

66

Zwar ermöglicht § 5 AGG kompensatorische Maßnahmen, um bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes auszugleichen. Soweit dabei aber mit der Förderung einer Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG zugleich eine Zurücksetzung einer anderen Gruppe verbunden ist, sind gesetzliche Konkurrenzregelungen zu beachten. Im Falle von schwerbehinderten bzw. diesen gleichgestellten Menschen hat der Gesetzgeber in § 122 SGB IX eine solche Konkurrenzregelung getroffen, die eine Zurücksetzung dieser Gruppe zugunsten einer anderen Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG ausschließt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 5 AGG Rn. 13; Schleusener/Suckow/Voigt-Voigt AGG 3. Aufl. Rn. 14; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 5 Rn. 4). In der Rahmenintegrationsvereinbarung wird hierauf in Ziff. 4.2.4 Abs. 7 Bezug genommen. Eine Förderung von Frauen unter Missachtung der Regelungen der §§ 81, 82 SGB IX ist folglich ausgeschlossen.

67

6. Das Landesarbeitsgericht hat die dem Kläger zustehende angemessene Entschädigung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 2.700,00 Euro bemessen.

68

a) § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

69

Da die Höhe der Entschädigung von einem Beurteilungsspielraum abhängt, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dabei ist revisionsrechtlich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob es gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - aaO).

70

b) Zwischen den Parteien war in den Tatsacheninstanzen nicht streitig, dass der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, sodass die Entschädigungshöhe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG auf maximal drei Monatsgehälter begrenzt ist. Der Kläger hat seine Klageforderung hieran ausgerichtet und drei Monatsgehälter á 1.907,76 Euro (Entgeltgruppe 3, Stufe 2 TVöD Bund) gefordert. Dies hat das Landesarbeitsgericht beachtet und im Übrigen Art und Schwere des Verstoßes, Folgen und Bedeutung für den Kläger und das Nichtvorliegen eines Wiederholungsfalles zutreffend gewürdigt und auf dieser Grundlage - revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - etwa die Hälfte der vom Kläger begehrten Entschädigung für angemessen erachtet.

71

C. Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Die Revisionsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

72

I. Die Anschlussrevision ist zwar in der Anschlussschrift vom 4. Februar 2011 begründet worden (§ 554 Abs. 3 ZPO). Für den notwendigen Inhalt dieser Begründung gelten dieselben Grundsätze wie für die Begründung der Revision. So müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - NZA 2011, 878; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119 - AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - aaO; 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

73

II. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Anschlussrevision nicht gerecht.

74

Das Landesarbeitsgericht hat dargelegt, aus welchen Gründen es dem Kläger eine Entschädigung iHv. von 2.700,00 Euro zugesprochen hat.

75

Die Anschlussschrift setzt sich insoweit mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts nicht auseinander. Zunächst wiederholt der Kläger nur bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsauffassungen in zusammengefasster Form, denen das Landesarbeitsgericht in weiten Teilen gefolgt war. Zur Entschädigungshöhe ist in der Anschlussschrift lediglich ausgeführt, diese müsse angemessen und geeignet sein, eine abschreckende Wirkung haben und im Verhältnis zu dem erlittenen Schaden stehen. Erstmals macht der Kläger in der Anschlussrevision geltend, es könne nicht gesagt werden, ob der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht hätte eingestellt werden müssen, weshalb von drei Monatsgehältern als Entschädigungsleistung auszugehen sei. Es wird nicht erläutert, worin der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts liegen soll, dem der Gesetzgeber als Tatsachengericht bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum eingeräumt hat, und in welcher Weise das Landesarbeitsgericht diesen Beurteilungsspielraum verkannt bzw. gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen haben soll.

76

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

(1) Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert.

(2) Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für achtundsiebzig Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate

1.
nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und
2.
erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

(3) Bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krankengeldes werden Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht oder für die das Krankengeld versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krankengeld berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht für Zeiten des Bezuges von Verletztengeld nach dem Siebten Buch.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 23. Juni 2011 - 4 Sa 381/11 B - wird, soweit mit ihr die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag (Antrag zu 1.) angegriffen wird, als unzulässig verworfen. Im Übrigen wird sie zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung schuldet.

2

Die am 1. Oktober 1958 geborene Klägerin ist die Witwe des am 22. Juni 1933 geborenen und am 6. April 2010 verstorbenen A. Die Ehe war am 24. April 1987 geschlossen worden. A war mehr als 20 Jahre lang zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie später bei der Beklagten beschäftigt und im Jahr 1979 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Er bezog seit dem 1. Januar 1992 von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der „Versorgungsordnung“ der „K GEBR. P, N“ vom 29. Juni 1979 (im Folgenden: Versorgungsordnung) iHv. zuletzt monatlich 209,50 Euro brutto. In der Versorgungsordnung heißt es:

„…

I. Aufnahme in die Versorgung

2. Mit der Aufnahme erwirbt der Mitarbeiter eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Er wird nachfolgend ‚Anwärter‘ genannt.

II. Leistungsarten

1. Die zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (nachfolgend ‚Firmenrenten‘ genannt) umfassen

Ruhegeld als

Altersrente oder

vorzeitige Altersrente oder

Invalidenrente

sowie

Witwenrente.

2. Der Anspruch auf diese Firmenrenten wird mit dem Erfüllen der Wartezeit (III) und der anderen Anspruchsvoraussetzungen (V, VI) erworben.

IV. Feste Altersgrenze

Die feste Altersgrenze ist

- bei Männern mit der Vollendung des 65. Lebensjahres und

- bei Frauen mit der Vollendung des 60. Lebensjahres

erreicht.

V. Anspruchsvoraussetzungen für Ruhegeld

1. Den Anspruch auf Altersrente erwirbt der Anwärter, dessen Arbeitsverhältnis zur Firma mit oder nach Erreichen der festen Altersgrenze (IV) endet.

2. Den Anspruch auf vorzeitige Altersrente erwirbt der Anwärter, der vor Erreichen der festen Altersgrenze (IV) Altersruhegeld oder Knappschaftsruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 1248 RVO, 25 AVG, 48 RKG) in Anspruch nimmt. …

3. a) Den Anspruch auf Invalidenrente erwirbt der Anwärter, dessen Arbeitsverhältnis zur Firma vor Erreichen der festen Altersgrenze (IV) endet und der spätestens ab Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses invalide ist. Invalidität im Sinne dieser Versorgungsordnung ist die Erwerbsunfähigkeit (§§ 1247 RVO, 24 AVG, 47 RKG) oder die Berufsunfähigkeit (§§ 1246 RVO, 23 AVG, 46 RKG). …

b) Im Falle der Berufsunfähigkeit ist weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Invalidenrente, daß der Anwärter bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Firma das 50. Lebensjahr bereits vollendet und eine anrechenbare Dienstzeit von mindestens 15 Jahren abgeleistet hat. …

VI. Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrente

1. Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt die hinterlassene Ehefrau eines Anwärters mit dessen Tode. Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, daß der Anwärter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hatte, daß der verstorbene Anwärter nicht mehr als 20 Jahre älter war als die überlebende Ehefrau und daß bereits am letzten 1. Juni vor seinem Tode

- die Wartezeit (III) und

- seit mindestens einem Jahr die Aufnahmevoraussetzungen (I 1) erfüllt waren und

- die Ehe nachweislich mindestens ein Jahr bestand.

2. Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt auch die hinterlassene Ehefrau eines früheren Mitarbeiters, der bis zu seinem Tode selbst Anspruch auf Ruhegeld hatte (nachfolgend ‚Ruhegeldempfänger‘ genannt). Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, daß der Ruhegeldempfänger die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres und vor dem Erwerb des Anspruchs auf Ruhegeld (V) geschlossen hatte und daß bereits am letzten 1. Juni vor seinem Tode die Ehe nachweislich mindestens ein Jahr bestand.

VIII. Höhe der Witwenrente

1. Bemessungsgrundlage für die Witwenrente ist

- nach dem Tode eines Anwärters die erreichbare Altersrente (VII 2a) und

- nach dem Tode eines Ruhegeldempfängers das Ruhegeld, auf das er bei seinem Tode Anspruch hatte, jedoch ohne eine Anrechnung von Einkünften nach Abschnitt VII Ziffer 2 Absatz d.

2. Die Witwenrente beträgt 50 % der Bemessungsgrundlage nach Ziffer 1.

XIV. Unverfallbarkeit

2. a) Hat das Arbeitsverhältnis zur Firma geendet, ohne daß ein Anspruch nach dieser Versorgungsordnung erworben wurde, bleibt eine Anwartschaft auf Firmenrenten in dem im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgeschriebenen Umfang aufrechterhalten. Sind dagegen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Firma die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Anwartschaft nicht erfüllt, so erlischt die Anwartschaft. Ein Anspruch auf Firmenrente kann dann nicht mehr entstehen.

b) Bei der Prüfung, ob eine Anwartschaft aufrechtzuerhalten ist, und bei der Berechnung des Verhältnisses, in dem sie aufrechtzuerhalten ist, wird auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung abgestellt, auch wenn diese von der anrechenbaren Dienstzeit (IX 1) abweicht.

…“

3

Unter dem 29. Juni 1979 hatten die Geschäftsleitung und der Betriebsrat der Firma Gebr. P eine Betriebsvereinbarung über die Änderung der Versorgungsordnung vom 19. Juni 1972 geschlossen, die wie folgt lautet:

„Die zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat vereinbarte Änderung der Versorgungsordnung vom 19. Juni 1972 nebst Ergänzung und Nachtrag I vom 6.3.1975 ist aufgrund zwischenzeitlicher neuer Erkenntnisse und Rechtsprechungen erfolgt, so daß sie jetzt auf dem neuesten Stand und somit für die Mitarbeiter im Betrieb verständlicher geworden ist.

Diese Versorgungsordnung gilt vom 29. Juni 1979 an. Die Versorgungsordnung vom 19.6.1972 tritt am gleichen Tag außer Kraft.“

4

Nachdem die Klägerin die Beklagte vorgerichtlich mehrfach ergebnislos zur Zahlung einer Hinterbliebenenrente nach der Versorgungsordnung aufgefordert hatte, hat sie mit ihrer am 12. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage ihren Anspruch gerichtlich weiterverfolgt.

5

Sie hat die Auffassung vertreten, nach VI. 1. der Versorgungsordnung Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu haben. Die in dieser Bestimmung enthaltene Voraussetzung für den Anspruch auf Witwenrente, dass der verstorbene Anwärter nicht mehr als 20 Jahre älter gewesen sei als die überlebende Ehefrau (im Folgenden: Altersabstandsklausel) sei wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters sowohl nach der Richtlinie 2000/78/EG als auch nach dem AGG und wegen Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unwirksam. Der vollständige Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung sei nicht verhältnismäßig.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

1. festzustellen, dass die Altersabstandsklausel gemäß Ziff. VI. 1. der Versorgungsordnung der Beklagten unwirksam ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 942,75 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 104,75 Euro brutto seit dem 1. Juni 2010, 1. Juli 2010, 1. August 2010, 1. September 2010, 1. Oktober 2010, 1. November 2010, 1. Dezember 2010, 1. Januar 2011 und 1. Februar 2011 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, der Feststellungsantrag (Antrag zu 1.) sei mangels feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses unzulässig, der Zahlungsantrag (Antrag zu 2.) sei unbegründet. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unzulässig, soweit sie die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag (Antrag zu 1.) angreift. Im Übrigen ist sie unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag der Klägerin im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

10

A. Soweit sich die Revision gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag (Antrag zu 1.) richtet, ist sie mangels der erforderlichen Begründung unzulässig.

11

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dabei muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Bei mehreren Streitgegenständen muss bei einer unbeschränkt eingelegten Revision für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine eigenständige Begründung ist lediglich dann nicht erforderlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt, so dass mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand gleichzeitig auch dargelegt ist, inwiefern die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 14 mwN).

12

II. Danach genügt die Revisionsbegründung hinsichtlich des abgewiesenen Feststellungsantrags nicht den gesetzlichen Anforderungen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, der Feststellungsantrag sei unzulässig, da er nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet sei; der Zahlungsantrag sei unbegründet. Die Klägerin hat gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts unbeschränkt Revision eingelegt, die Revision allerdings nur im Hinblick auf die Abweisung des Zahlungsantrags begründet. Soweit mit der Revision die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag angegriffen wird, fehlt es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung. Mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts, der Antrag sei nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet, befasst sich die Revisionsbegründung nicht.

13

B. Soweit die Revision zulässig ist, ist sie unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung rückständiger Witwenrente für die Zeit von Mai 2010 bis Januar 2011. Die Beklagte hatte dem verstorbenen Ehemann der Klägerin zwar nicht nur eine Alters-, sondern auch eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Auch ist der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahr 1979 nach § 1 Abs. 1 Alt. 1 BetrAVG idF vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) mit einer unverfallbaren Anwartschaft auf Versorgungsleistungen aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden; die unverfallbare Versorgungsanwartschaft des verstorbenen Ehemannes der Klägerin erfasste allerdings keine Hinterbliebenenversorgung.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Anspruch der Klägerin auf Witwengeld richte sich nach VI. 1. der Versorgungsordnung. Dem Anspruch stehe die Altersabstandsklausel in VI. 1. der Versorgungsordnung entgegen. Die Altersabstandsklausel sei wirksam. Diese Würdigung hält zwar der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Ansprüche der Klägerin auf Hinterbliebenenversorgung richten sich entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts nicht nach VI. 1. der Versorgungsordnung, sondern nach VI. 2. der Versorgungsordnung, weshalb es auf die Wirksamkeit der ausschließlich in VI. 1. der Versorgungsordnung enthaltenen Altersabstandsklausel nicht ankommt. Der Klägerin steht jedoch auch nach VI. 2. der Versorgungsordnung kein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu. Ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass die Ehe noch während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses geschlossen wurde. Daran fehlt es. Die Ehe der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann wurde erst nach dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten geschlossen.

15

1. Die Ansprüche der Klägerin auf Hinterbliebenenversorgung richten sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht nach VI. 1. der Versorgungsordnung. Der verstorbene Ehemann der Klägerin war bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ nicht „Anwärter“ iSv. VI. 1. der Versorgungsordnung, sondern „Ruhegeldempfänger“ iSv. VI. 2. der Versorgungsordnung. Dass er im Jahr 1979 vorzeitig mit unverfallbarer Anwartschaft auf Versorgungsleistungen aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden ist, führt nicht dazu, dass er auch während des eigenen Ruhegeldbezugs „Anwärter“ iSv. VI. 1. der Versorgungsordnung blieb. VI. der Versorgungsordnung differenziert in seinen Absätzen 1 und 2 mit der Anknüpfung an die Begriffe „Anwärter“ und „Ruhegeldempfänger“ allein danach, ob der Versorgungsfall „Tod“ während der Anwartschaftsphase oder während der Ruhegeldbezugsphase eintritt. Tritt der Versorgungsfall „Tod“ ein, bevor der versorgungsberechtigte Mitarbeiter selbst einen Anspruch auf Ruhegeld (V. der Versorgungsordnung) erworben hat, richtet sich der Anspruch der Witwe nach VI. 1. der Versorgungsordnung. Nur dann ist eine weitere Voraussetzung für den Anspruch, dass der verstorbene Arbeitnehmer nicht mehr als 20 Jahre älter war als der hinterlassene Ehegatte. Tritt der Versorgungsfall „Tod“ hingegen - wie hier - erst ein, nachdem der versorgungsberechtigte Mitarbeiter selbst einen Anspruch auf Ruhegeld (V. der Versorgungsordnung) erworben hatte, richtet sich der Anspruch der Witwe auf Witwengeld nach VI. 2. der Versorgungsordnung. Dies ergibt die Auslegung der Versorgungsordnung.

16

a) Die Versorgungsordnung unterscheidet für den Anspruch auf Witwenrente in VI. Abs. 1 und Abs. 2 danach, ob die Witwe die hinterlassene Ehefrau eines „Anwärters“ oder eines früheren Mitarbeiters ist, der bis zu seinem Tode selbst Anspruch auf Ruhegeld hatte, mithin Ruhegeldempfänger war. „Anwärter“ nach VI. 1. der Versorgungsordnung ist daher nicht, wer bereits „Ruhegeldempfänger“ nach VI. 2. der Versorgungsordnung ist. Für die Frage, ob sich der Anspruch auf Witwenrente nach VI. 1. oder VI. 2. der Versorgungsordnung richtet, kommt es daher allein darauf an, ob der Versorgungsfall „Tod“ eingetreten ist, bevor oder nachdem der versorgungsberechtigte Mitarbeiter selbst einen Anspruch auf Ruhegeld nach V. der Versorgungsordnung erworben hatte.

17

aa) Ein Ruhegeldempfänger ist nach VI. 2. der Versorgungsordnung ein früherer Mitarbeiter, der bis zu seinem Tod selbst Anspruch auf Ruhegeld hatte. Der Begriff des „Anwärters“ wird in VI. 1. der Versorgungsordnung nicht eigenständig definiert. Nach I. 2. der Versorgungsordnung ist ein Anwärter ein Mitarbeiter, der mit der Aufnahme in die Versorgung eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erwirbt. „Anwärter“ iSv. I. 1. und VI. 1. der Versorgungsordnung ist daher nur ein aktiver Mitarbeiter, der während des Arbeitsverhältnisses Anwartschaften erwirbt und nicht ein mit unverfallbarer Anwartschaft vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer.

18

bb) Dieses Verständnis des Begriffs „Anwärter“ wird bestätigt durch systematische Erwägungen. Diese belegen, dass VI. der Versorgungsordnung den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nicht regelt, sondern lediglich eine Grundregel für die Fälle enthält, dass das Arbeitsverhältnis des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers mit der Beklagten entweder bis zu seinem Tode (VI. 1. der Versorgungsordnung) oder bis zum Eintritt eines Versorgungsfalls nach V. der Versorgungsordnung (VI. 2. der Versorgungsordnung) fortbestanden hat. Für die Ansprüche vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer verweist XIV. der Versorgungsordnung auf die Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes.

19

(1) Die Versorgungsordnung geht in ihren unter V. getroffenen allgemeinen Regelungen davon aus, dass der Mitarbeiter bis zum Eintritt des Versorgungsfalls im Arbeitsverhältnis verblieben ist und mit seinem Ausscheiden die gesetzliche und betriebliche Rente in Anspruch nimmt. So setzt der Anspruch auf die unter II. 1. der Versorgungsordnung genannte „Altersrente“ nach V. 1. der Versorgungsordnung voraus, dass das Arbeitsverhältnis des Anwärters mit oder nach Erreichen der festen Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres - IV. der Versorgungsordnung) geendet hat. Den Anspruch auf die unter II. 1. der Versorgungsordnung angeführte „vorzeitige Altersrente“ erwirbt der Anwärter nach V. 2. der Versorgungsordnung, wenn er vor Erreichen der festen Altersgrenze Altersruhegeld oder Knappschaftsruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung (…) in Anspruch nimmt. Anspruch auf die ebenfalls unter II. 1. der Versorgungsordnung vorgesehene Invalidenrente hat der Anwärter nach V. 3. a) der Versorgungsordnung, wenn sein Arbeitsverhältnis zur Firma vor Erreichen der festen Altersgrenze endet und er spätestens ab Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses invalide ist.

20

(2) Demgegenüber sind die Ansprüche derjenigen Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis geendet hat, bevor ein Anspruch nach V. der Versorgungsordnung erworben wurde, dh. die vor Eintritt der Versorgungsfälle „Alter“, „vorgezogene Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ sowie „Invalidität“ aus dem Arbeitsverhältnis zur Firma ausgeschieden sind, in XIV. der Versorgungsordnung geregelt. Danach bleibt eine Anwartschaft auf die Firmenrente in dem im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgeschriebenen Umfang aufrechterhalten, wenn die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Damit enthält die Versorgungsordnung unter XIV. „Unverfallbarkeit“ eine Bestimmung über die Ansprüche der vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer allein durch Verweis auf das Betriebsrentengesetz (vgl. zu einer vergleichbaren Versorgungsordnung BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 54, BAGE 134, 89).

21

cc) Dass es für die Frage, ob sich der Anspruch auf Witwenrente nach VI. 1. oder VI. 2. der Versorgungsordnung richtet, allein darauf ankommt, ob der Versorgungsfall „Tod“ eingetreten ist, bevor oder nachdem der versorgungsberechtigte Mitarbeiter selbst einen Anspruch auf Ruhegeld nach V. der Versorgungsordnung erworben hatte, findet seine Bestätigung auch darin, dass nur VI. 1. der Versorgungsordnung und nicht VI. 2. der Versorgungsordnung eine Altersabstandsklausel enthält.

22

Mit der ausschließlich in VI. 1. der Versorgungsordnung enthaltenen Altersabstandsklausel soll erkennbar das mit der Witwenversorgung verbundene wirtschaftliche Risiko der Beklagten begrenzt werden. Je jünger die Witwe im Verhältnis zu dem Arbeitnehmer ist, dem die Altersversorgung zugesagt wurde, desto länger ist der Zeitraum, während dessen die Beklagte durchschnittlich die Hinterbliebenenversorgung zu erbringen hat und desto höher sind deshalb ihre aus der Versorgungszusage insgesamt resultierenden finanziellen Belastungen (vgl. BAG 27. Juni 2006 - 3 AZR 352/05 (A) - Rn. 16, BAGE 118, 340). Nach dem Regelungsplan der Versorgungsordnung wird diese Risikobegrenzung nur im Fall von VI. 1. für notwendig erachtet, also nur dann, wenn der Nachversorgungsfall „Tod“ bereits während der Anwartschaftsphase eingetreten ist. Dies erklärt sich daraus, dass in einem solchen Fall die Witwenrente früher und damit regelmäßig länger in Anspruch genommen wird und deshalb typischerweise insgesamt höher ist, als wenn der Nachversorgungsfall „Tod“ erst während der Rentenbezugsphase des versorgungsberechtigten Mitarbeiters eintritt.

23

b) Da der vorzeitig ausgeschiedene Ehemann der Klägerin zu einem Zeitpunkt verstorben ist, zu dem er bereits Ruhegeldempfänger war, richten sich die Ansprüche der Klägerin auf Witwenversorgung entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts nicht nach VI. 1. der Versorgungsordnung, sondern nach VI. 2. der Versorgungsordnung.

24

2. Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Dieses erweist sich aus einem anderen Grund im Ergebnis als zutreffend, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin hat auch nach VI. 2. der Versorgungsordnung keinen Anspruch auf Witwenrente. Dem Anspruch steht entgegen, dass die Ehe mit ihrem verstorbenen Ehegatten am 24. April 1987 und damit erst nach dessen vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten geschlossen wurde.

25

Der Anspruch auf Witwenrente nach VI. der Versorgungsordnung setzt voraus, dass die Ehe vor dem Ausscheiden des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde. Dies hat der Senat bereits zu einer VI. 1. der Versorgungsordnung vergleichbaren Regelung entschieden (BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 46 ff., BAGE 134, 89). Für VI. 2. der Versorgungsordnung gilt nichts anderes. Diese Voraussetzung ist in VI. 2. der Versorgungsordnung zwar nicht ausdrücklich genannt; das Erfordernis, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen worden sein muss, folgt jedoch zwingend daraus, dass die Ehe nach VI. 2. der Versorgungsordnung vor dem Erwerb des Anspruchs auf Ruhegeld nach V. der Versorgungsordnung geschlossen worden sein muss. V. der Versorgungsordnung geht für den Erwerb des Ruhegeldanspruchs davon aus, dass der Mitarbeiter bis zum Eintritt des Versorgungsfalls Alter oder Invalidität im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten verblieben ist. Die Ehe muss daher nach dem Regelungsplan der Versorgungsordnung noch während des Arbeitsverhältnisses geschlossen worden sein. Für den Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit unverfallbarer Anwartschaft vor dem Eintritt eines Versorgungsfalls regelt die Versorgungsordnung nichts Abweichendes.

26

II. Der in VI. 2. der Versorgungsordnung vorgesehene Ausschluss von der Witwenversorgung für den Fall, dass die Ehe erst nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, ist wirksam.

27

1. Die Beschränkung des Kreises derer, die einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung erwerben können, steht nicht im Widerspruch zu der gesetzlichen Unverfallbarkeitsbestimmung des § 1b Abs. 1 BetrAVG. Diese Vorschrift verhindert nur, dass ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Arbeitnehmer über den Ablauf der Unverfallbarkeitsfrist hinaus bis zum Versorgungsfall im Arbeitsverhältnis bleibt. Eine solche gesetzeswidrige Bleibebedingung zum Nachteil des verstorbenen Ehemannes der Klägerin enthält VI. 2. der Versorgungsordnung nicht. Diese Bestimmung der Versorgungsordnung schränkt vielmehr den Kreis der möglichen Versorgungsberechtigten von vornherein in einer für den Mitarbeiter erkennbare Weise auf Ehegatten ein, die bereits während des bestehenden Arbeitsverhältnisses in familiärer Beziehung zu ihnen standen.

28

2. Die den Anspruch auf Witwengeld einschränkende Voraussetzung hält einer Überprüfung an den Maßstäben des AGG stand. Sie ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

29

a) Das AGG ist anwendbar.

30

aa) Das AGG gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält( BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06  - Rn. 22, BAGE 125, 133 ). Letzteres ist nicht der Fall.

31

bb) Das AGG ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Seine Anwendung setzt voraus, dass unter seinem zeitlichen Geltungsbereich ein Rechtsverhältnis zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner bestand. Dabei ist zwar auf den Beschäftigten ( § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG ), und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen. Allerdings ist nicht erforderlich, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt noch ein Arbeitsverhältnis bestand. Ausreichend ist vielmehr, wenn der Arbeitnehmer mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden oder Versorgungsempfänger ist und das damit begründete Rechtsverhältnis bei oder nach Inkrafttreten des AGG noch besteht bzw. bestand (offengelassen noch bei BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07  - Rn. 15, BAGE 129, 105). Das Ausscheiden mit unverfallbarer Anwartschaft und ein Anspruch auf Betriebsrente begründen ein versorgungsrechtliches Dauerschuldverhältnis zwischen dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer und dem ehemaligen Arbeitgeber. Die Anwartschaft verpflichtet den Arbeitgeber, nach den Regeln der Versorgungsordnung das Versorgungsrisiko abzudecken. Dieses aktualisiert sich mit Eintritt des Versorgungs- oder Nachversorgungsfalls. Nach § 6 Abs. 1 AGG gilt das Gesetz zudem nicht nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für andere Beschäftigte, sondern auch für Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist(vgl. BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09  - Rn. 28 und 37). Da der Ehemann der Klägerin bis zum Eintritt des Nachversorgungsfalls „Tod“ am 6. April 2010 selbst Leistungen der betrieblichen Altersversorgung von der Beklagen bezogen hat, mithin Versorgungsempfänger war, bestand nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 (Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 - BGBl. I S. 1897) das für die Anwendbarkeit des AGG erforderliche Rechtsverhältnis.

32

b) Die in VI. 2. der Versorgungsordnung vorgesehene einschränkende Voraussetzung für den Anspruch auf Witwenversorgung, dass die Ehe nicht erst nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG und ist deshalb nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Die Regelung bewirkt weder eine unmittelbare noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters.

33

aa) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - ua. wegen des Alters - benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

34

bb) Da die in VI. 2. der Versorgungsordnung vorgesehene einschränkende Voraussetzung für den Anspruch auf Witwenversorgung, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, nicht an das Lebensalter anknüpft und auch nicht unmittelbar auf diesem Merkmal beruht, scheidet eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters aus. Eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 2 AGG liegt ebenfalls nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen worden sein muss, überhaupt typischerweise eine Benachteiligung wegen des Lebensalters bewirken kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, läge darin keine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Die Regelung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich. Dies schließt den Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung nach § 3 Abs. 2 AGG aus.

35

(1) Der in VI. 2. der Versorgungsordnung vorgesehene Ausschluss von der Witwenversorgung für den Fall, dass die Ehe erst nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt.

36

Mit dieser Regelung sollen die Leistungspflichten des Arbeitgebers erkennbar auf Risiken begrenzt werden, die bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt waren. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung iSd. Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden: Rahmenrichtlinie), die durch das AGG in das nationale Recht umgesetzt wurde. Das rechtmäßige Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss jedoch kein legitimes Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie sein, sondern schließt auch andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein. Die differenzierende Maßnahme muss allerdings zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels geeignet und erforderlich sein und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte der Beteiligten darstellen. In einem solchen Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Benachteiligung (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 66, Slg. 2009, I-1569; BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 634/10 - Rn. 21 mwN).

37

Das Ziel, die Leistungspflichten des Arbeitgebers auf Risiken zu begrenzen, die bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt waren, ist rechtmäßig iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Der Arbeitgeber entscheidet bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung. Entschließt er sich hierzu, so ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert. Er kann Leistungen der Hinterbliebenenversorgung versprechen, eine Rechtspflicht hierzu trifft ihn nicht. Aus diesem Grund ist er grundsätzlich auch berechtigt, die Hinterbliebenenversorgung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen und damit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von der Hinterbliebenenversorgung auszuschließen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 74 mwN, BAGE 134, 89).

38

Eine Begrenzung des Kreises der anspruchsberechtigten Dritten durch zusätzliche anspruchsbegründende oder besondere anspruchsausschließende Merkmale liegt gerade im Bereich der Hinterbliebenenversorgung nah, weil ein dahingehendes Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken mit sich bringt. Diese betreffen nicht nur den Zeitpunkt des Leistungsfalls, sondern auch die Dauer der Leistungserbringung. Vor diesem Hintergrund hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um sie besser kalkulierbar zu halten (BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 75 mwN, BAGE 134, 89). Diesem Ziel dient es, den Kreis der Anspruchsberechtigten auf Personen zu beschränken, hinsichtlich derer der Versorgungsbedarf bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt war. Die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung ist Teil einer umfassenden Versorgungsregelung. Durch die Zusage soll der Arbeitnehmer in der Sorge um die finanzielle Lage seiner Hinterbliebenen entlastet werden. Die Hinterbliebenenversorgung nach dem Betriebsrentengesetz knüpft an das typisierte Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers an. Der Versorgungsschuldner hat ein berechtigtes Interesse daran, die von ihm freiwillig eingeführte Hinterbliebenenversorgung auf einen Personenkreis zu beschränken, hinsichtlich dessen der Versorgungsbedarf bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses angelegt war. Insoweit ist das Ende des Arbeitsverhältnisses für den Versorgungsschuldner eine wesentliche Zäsur und damit ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für Regelungen der Hinterbliebenenversorgung. Die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auf dem die Versorgungszusage beruht, kann der Arbeitgeber bei der Abgrenzung seiner Leistungspflichten unberücksichtigt lassen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil bei der Hinterbliebenenversorgung - anders als bei der Alters- und Invaliditätsversorgung, bei der der Anspruchsberechtigte von vornherein feststeht - der Kreis der Begünstigten in der Versorgungszusage ausdrücklich festgelegt werden muss. Ist allerdings das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beendet und war der Versorgungsbedarf durch Eheschließung bereits angelegt, so geht es nicht mehr um Risikoübernahme, sondern darum, dafür einzustehen, wenn sich ein übernommenes Risiko verwirklicht.

39

(2) Die Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen sein muss, ist zur Erreichung des Ziels, die Leistungspflichten des Arbeitgebers auf Risiken zu begrenzen, die bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt waren, angemessen und erforderlich. Die angestrebte Risikobegrenzung kann durch eine andere Regelung nicht erreicht werden.

40

c) Die den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung einschränkende Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen worden sein muss, führt auch nicht zu einer unzulässigen Diskriminierung wegen des Geschlechts.

41

Da dieses Erfordernis auch im Hinblick auf das Merkmal „Geschlecht“ als neutrales Kriterium formuliert ist, kommt von vornherein nur eine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG in Betracht. Dafür, dass die Voraussetzung zu einer stärkeren Betroffenheit der Angehörigen eines Geschlechts führt, gibt es indes keine Anhaltspunkte. Im Übrigen scheidet eine mittelbare Benachteiligung aus den unter Rn. 34 - 39 dargelegten Gründen bereits tatbestandlich aus.

42

3. Da Art. 2 Richtlinie 2006/54/EG und Art. 141 EG(nunmehr: Art. 157 AEUV) sowie die das nunmehr in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegte primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisierende Richtlinie 2000/78/EG durch das AGG in das nationale Recht umgesetzt wurden und die Prüfungsmaßstäbe nach den §§ 7, 3 und 1 AGG die gleichen sind wie bei den unionsrechtlichen Vorgaben(vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 82, BAGE 134, 89), liegt auch kein Verstoß gegen Unionsrecht vor.

43

4. Die in VI. 2. der Versorgungsordnung für die Witwenversorgung vorgesehene einschränkende Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen worden sein muss, verstößt auch weder gegen den betriebsverfassungsrechtlichen noch gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Soweit es um Ungleichbehandlungen geht, die an verpönte Merkmale iSd. § 1 AGG anknüpfen, enthalten weder der arbeitsrechtliche noch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz weitergehende Anforderungen als § 3 AGG(vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 84, BAGE 134, 89).

44

III. Einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Es stellen sich keine Fragen der Auslegung des Unionsrechts, die noch nicht geklärt wären. Die Auslegung des unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters einschließlich des Rückgriffs auf die Richtlinie 2000/78/EG zu dessen Konkretisierung ist durch die Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache „Kücükdevici“ (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - Slg. 2010, I-365) geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982, 3415; vgl. auch BAG 28. Mai 2013 - 3 AZR 635/11 - Rn. 28). Ebenso ist geklärt, dass diejenigen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die mittelbare Diskriminierungen bewirken können, der Qualifikation als Diskriminierung entgehen, sofern sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind ( EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 59 , Slg. 2009, I-1569). Die Frage, ob unter dem legitimen Ziel iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2000/78/EG nur Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, hat der EuGH bereits dahin geklärt, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2000/78/EG eine solche Einschränkung nicht enthält ( EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 66, aaO).

45

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Knüttel    

        

    Möller    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2010 - 4 Sa 7/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung des künftigen Ruhegeldes des vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Klägers.

2

Der 1968 geborene Kläger trat mit Beginn seines Studiums zum Elektrotechnikingenieur an der Berufsakademie am 1. Oktober 1989 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Nach erfolgreichem Abschluss des dreijährigen Studiums wurde der Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten weiterbeschäftigt. Diese gewährte ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ua. nach einem Pensionsplan vom 30. Juli 1982 (im Folgenden: PP 1982). Dieser bestimmt auszugsweise:

        

„Art. III

        

Anrechenbare Dienstzeit

        

1)    

Als anrechenbare Dienstzeit zählen alle vollen Dienstjahre, in denen der Mitarbeiter bis max. zur Vollendung des 65. Lebensjahres ununterbrochen in den Diensten der Firma gestanden hat. Für die Berechnung der Leistungen und der Abfindung nach Art. XI Abs. 2 werden angefangene Dienstjahre von 6 oder mehr Monaten als volle Dienstjahre gerechnet. Bei der Ermittlung der anrechenbaren Dienstzeit werden höchstens 40 Dienstjahre berücksichtigt. Bei mehr als 40 Dienstjahren zählen die letzten 40 Jahre.

        

…       

        
                 
        

Art. V

        

Alterspension

        

1)    

Eine Alterspension erhalten Mitarbeiter, die nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma ausgeschieden sind.

        

2)    

Die Alterspension wird auf der Basis der anrechenbaren Dienstzeit (Art. III) und der pensionsfähigen Bezüge (Art. IV) berechnet.

        

…       

        
                 
        

Art. XI

        

Vorzeitiges Ausscheiden

        

1)    

Scheidet der Mitarbeiter vor Eintritt des Versorgungsfalles, aber nach Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit aus den Diensten der Firma aus, so gelten die gesetzlichen Regelungen.

        

…“    

        
3

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging zum 1. Juni 2006 im Zuge eines Betriebs(-teil-)übergangs auf die Beklagte über. Mit dieser schloss der Kläger einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2012 beendet wurde.

4

Mit Schreiben von März 2009 unterrichtete die Beklagte den Kläger über dessen Anwartschaften aus den Versorgungsplänen der betrieblichen Altersversorgung. Bei der Berechnung ging die Beklagte davon aus, dass der Kläger bis zu seinem Austritt am 31. Januar 2012 eine Betriebszugehörigkeit von insgesamt 268 Monaten erreichen werde. Die mögliche Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze am 21. Februar 2033 ermittelte sie mit 520 Monaten und errechnete daraus einen Unverfallbarkeitsfaktor von 0,5154. Bei der Berechnung der fiktiven Vollrente legte die Beklagte eine höchstens anrechenbare Dienstzeit von 40 Jahren (480 Monaten) nach Art. III Abs. 1 PP 1982 zugrunde.

5

Gegen diese Berechnung hat sich der Kläger mit der vorliegenden Klage gewandt und gemeint, bei der Berechnung der fiktiven Vollrente seien die von ihm tatsächlich erreichbaren 43,33 Dienstjahre zu berücksichtigen und nicht nur höchstens 40 Dienstjahre. Es sei nicht zulässig, bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente eine Begrenzung auf 40 anrechenbare Dienstjahre nach Art. III Abs. 1 PP 1982 vorzunehmen, bei der Ermittlung des Unverfallbarkeitsfaktors nach § 2 Abs. 1 BetrAVG aber auf das Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten Dienstjahre zu den möglichen Dienstjahren bis zur festen Altersgrenze abzustellen. Dies führe dazu, dass vorzeitig ausgeschiedene Mitarbeiter, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres bei der Beklagten eingetreten seien, bei gleicher Betriebszugehörigkeit eine geringere Betriebsrentenanwartschaft erwerben als Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 25. Lebensjahres begonnen hat. Hierin liege eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters. Die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmern sei daher so vorzunehmen, dass bei der Ermittlung sowohl der fiktiven Vollrente als auch des Unverfallbarkeitsfaktors die tatsächlich erreichbaren Dienstjahre zu berücksichtigen seien. In seinem Fall seien dies 43,33 Jahre statt der von der Beklagten angenommenen 40 Jahre. Anderenfalls sei, um eine Diskriminierung wegen des Alters zu verhindern, § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass bei der Berechnung des Unverfallbarkeitsfaktors als mögliche Betriebszugehörigkeit lediglich die nach dem Pensionsplan höchstens 40 anrechenbaren Dienstjahre zugrunde gelegt werden.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner unverfallbaren Anwartschaft auf Alterspension hinsichtlich der Höhe der Alterspension ohne vorheriges Ausscheiden gemäß Art. V Ziff. (2) und (3) der Betriebsvereinbarung Pensionsplan vom 30. Juli 1982 die tatsächlichen maximalen Dienstjahre des Klägers von 43,33 zu berücksichtigen;

        

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag abweisen sollte,

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung seiner unverfallbaren Anwartschaft auf Alterspension hinsichtlich der Höhe der Alterspension ohne vorheriges Ausscheiden gemäß Art. V Ziff. (2) und (3) der Betriebsvereinbarung Pensionsplan vom 30. Juli 1982 bei der Berechnung des Unverfallbarkeitsfaktors abweichend von § 2 Abs. 1 BetrAVG 40 Dienstjahre zu berücksichtigen.

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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente im Rahmen der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft des Klägers als anrechenbare Dienstzeit 43,33 Dienstjahre zu berücksichtigen. Ebenso wenig ist die Beklagte verpflichtet, bei der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft des Klägers abweichend von § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG lediglich 40 Dienstjahre als mögliche Dauer der Betriebszugehörigkeit zugrunde zu legen.

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I. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente zur Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft des Klägers abweichend von Art. III Abs. 1 PP 1982 anstelle der dort vorgesehenen höchstens 40 anrechenbaren Dienstjahre die bis zur festen Altersgrenze erreichbaren 43,33 Dienstjahre anzurechnen.

11

1. Der PP 1982 enthält keine eigenständige Regelung zur Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft im Falle des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Vielmehr verweist Art. XI Abs. 1 PP 1982 insoweit auf die „gesetzlichen Regelungen“ und damit auf § 2 Abs. 1, Abs. 5 BetrAVG. Nach § 2 Abs. 1 BetrAVG besteht die unverfallbare Anwartschaft aus dem Teil der ohne das vorzeitige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze entspricht. Deshalb ist im Rahmen der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft zunächst die vom Arbeitnehmer bei fortbestehender Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze höchstens erreichbare Versorgung („fiktive Vollrente“) zu errechnen. Dies hat nach den Bestimmungen der zugrunde liegenden Versorgungsordnung, vorliegend mithin dem PP 1982, zu erfolgen. Bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente ist - entgegen der Auffassung des Klägers - auch bei vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmern die Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre in Art. III Abs. 1 PP 1982 zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für die Ermittlung der unverfallbaren Anwartschaft ist nach § 2 Abs. 1 BetrAVG stets die vom jeweiligen Arbeitnehmer nach den für ihn geltenden Versorgungsregelungen höchstens zu erreichende fiktive Vollrente. Danach hat die Beklagte die fiktive Vollrente des Klägers zu Recht unter Zugrundelegung von 40 Dienstjahren ermittelt.

12

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982, wonach als anrechenbare Dienstzeit höchstens 40 Jahre bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres berücksichtigt werden und bei mehr als 40 Dienstjahren die letzten 40 Dienstjahre zählen, nicht gegen §§ 1, 3 Abs. 2, § 7 AGG verstößt. Die Regelung bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Zwar kann sie dazu führen, dass sich Betriebszugehörigkeitszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres nicht rentensteigernd auswirken oder - im Falle des vorzeitigen Ausscheidens - wegen der in § 2 Abs. 1 BetrAVG angeordneten Berechnung der Anwartschaft eine geringere Betriebsrente ergeben als wenn die gleiche Dienstzeit in höherem Lebensalter zurückgelegt worden wäre. Gleichwohl bewirkt die Regelung keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Die Regelung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich.

13

a) Der Kläger kann sich, soweit er einen Verstoß von Art. III Abs. 1 PP 1982 gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters rügt, auf die Bestimmungen des AGG(§§ 1, 7 Abs. 1 AGG) stützen.

14

Das AGG gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält(BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22 ff., BAGE 125, 133). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

15

Das AGG ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Seine Anwendung setzt voraus, dass unter seinem zeitlichen Geltungsbereich ein Rechtsverhältnis bestand. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten bestand unter der Geltung des am 18. August 2006 (Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 - BGBl. I S. 1897) in Kraft getretenen AGG fort.

16

b) Die in Art. III Abs. 1 PP 1982 vorgenommene Begrenzung der anrechenbaren Dienstzeit auf höchstens 40 Jahre verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und ist deshalb nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Die Regelung im PP 1982 bewirkt weder eine unmittelbare Diskriminierung noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters.

17

aa) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen - wozu auch Betriebsvereinbarungen und Gesamtzusagen gehören -, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

18

bb) Da die in Art. III Abs. 1 PP 1982 vorgesehene Begrenzung der anrechnungsfähigen Dienstzeit auf 40 Jahre nicht an das Lebensalter anknüpft, scheidet eine unmittelbare Diskriminierung aus. Jedoch können Personen eines bestimmten Alters von dieser dem Anschein nach neutralen Berechnungsregel des Pensionsplans in besonderer Weise benachteiligt werden. Die Bestimmung des Art. III Abs. 1 PP 1982 über die höchstens anrechenbare Dienstzeit von 40 Jahren bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres und die Festlegung, dass im Falle des Überschreitens dieser Dienstzeit nur die letzten 40 Jahre angerechnet werden, kann typischerweise zu einer Benachteiligung wegen jüngeren Alters führen.

19

Die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982 bewirkt, dass Personen, die ihre Betriebszugehörigkeit vor Vollendung des 25. Lebensjahres beginnen, gegenüber Personen benachteiligt werden können, deren Betriebszugehörigkeit erst nach Vollendung des 25. Lebensjahres beginnt. Während sich bei den letztgenannten Arbeitnehmern sämtliche Jahre der Betriebszugehörigkeit rentensteigernd auswirken, ist dies bei der ersten Gruppe nicht der Fall. Bei diesen Arbeitnehmern wirken sich die vor Vollendung des 25. Lebensjahres zurückgelegten Dienstjahre nicht rentensteigernd aus. Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit unverfallbarer Anwartschaft führt die Regelung aufgrund der nach Art. XI Abs. 1 PP 1982 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgesehenen zeitratierlichen Berechnung dazu, dass die Anwartschaft von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 25. Lebensjahres begonnen hat, geringer ist als diejenige von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis erst danach begonnen hat und die mit derselben Betriebszugehörigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Denn die Zeit der möglichen Betriebszugehörigkeit ist im ersten Fall länger und damit der Divisor bei der Berechnung des zeitanteiligen Anspruchs nach § 2 Abs. 1 BetrAVG größer.

20

cc) Obwohl die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982 zur Folge hat, dass Dienstzeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres zurückgelegt werden, hinsichtlich des Erwerbs von Rentenanwartschaften eine andere Wertigkeit haben als danach erbrachte Dienstzeiten, liegt darin keine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Die Regelung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich. Dies schließt den Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung nach § 3 Abs. 2 AGG aus.

21

(1) Art. III Abs. 1 PP 1982 ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Mit dieser Regelung soll das Risiko des Arbeitgebers begrenzt werden, um die von ihm zu erbringenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung überschaubar und kalkulierbar zu halten. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung iSd. Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden: Rahmenrichtlinie), die durch das AGG in das nationale Recht umgesetzt wurde. Das rechtmäßige Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss jedoch kein legitimes Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie sein, sondern schließt auch andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein. Die differenzierende Maßnahme muss allerdings zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels geeignet und erforderlich sein und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte der Beteiligten darstellen. In einem solchen Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Benachteiligung (BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 42, AP TVG § 1 Vorruhestand Nr. 34; 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 69, BAGE 134, 89; 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 30, 31, BAGE 131, 342).

22

Die Begrenzung des Risikos des Arbeitgebers, um die von ihm zu erbringenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung überschaubar und kalkulierbar zu halten, stellt ein rechtmäßiges Ziel iSd. § 3 Abs. 2 AGG dar. Der Arbeitgeber entscheidet bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung. Entschließt er sich hierzu, so ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert(BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 74, BAGE 134, 89).

23

(2) Das von der Versorgungsordnung eingesetzte Mittel, die Zahl der anrechenbaren Dienstjahre auf 40 zu begrenzen, ist angemessen. Es kann dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre in einer Versorgungsregelung rechtlichen Bedenken begegnet. Vorliegend ist die Regelung schon deshalb nicht unangemessen, weil die Versorgungsordnung - trotz der in Art. III Abs. 1 PP 1982 angeordneten Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre - ein typisches Erwerbsleben nahezu vollständig abdeckt; bei typisierender Betrachtung können fast während des gesamten Erwerbslebens Rentensteigerungen erarbeitet werden. Jedenfalls eine Begrenzung der anrechenbaren Dienstzeit auf 40 Jahre beeinträchtigt die Interessen der betroffenen Beschäftigten daher nur unwesentlich. Dafür sprechen auch die Regelungen des Beamtenversorgungsrechts. Auch ein Beamter erreicht nach einer anrechenbaren Dienstzeit von 40 Jahren gemäß § 14 Abs. 1 BeamtVG die Höchstpension. Weitere Zuwächse kann er auch dann nicht mehr erdienen, wenn er weiterarbeitet, weil er die Altersgrenze für die Pensionierung noch nicht erreicht hat.

24

(3) Die Regelung in Art. III Abs. 1 PP 1982 ist auch erforderlich, weil nur durch die Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre die vom Arbeitgeber zu erbringenden Versorgungsleistungen hinreichend sicher kalkulierbar sind. Die Begrenzung wirkt sich im Falle des vorzeitigen Ausscheidens zwar nach § 2 Abs. 1 BetrAVG auch dann auf die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft aus, wenn das Arbeitsverhältnis weniger als 40 Dienstjahre bestanden hat. Dies beruht jedoch darauf, dass ein Arbeitnehmer, der nicht bis zur festen Altersgrenze im Arbeitsverhältnis verbleibt, nur eine seiner tatsächlichen Betriebszugehörigkeit entsprechende anteilige Betriebsrente erhalten soll. Auch hierdurch wird der Versorgungsanspruch begrenzt und damit die Berechenbarkeit der zu erbringenden Versorgungsleistung sichergestellt.

25

II. Der nach Abweisung des Hauptantrags zur Entscheidung anfallende Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass im Rahmen der Berechnung seiner unverfallbaren Anwartschaft bei der Ermittlung des Unverfallbarkeitsfaktors abweichend von § 2 Abs. 1 BetrAVG lediglich 40 Dienstjahre anstatt der möglichen 43,33 Dienstjahre berücksichtigt werden. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ist wirksam. Sie bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters. Dies hat der Senat in den Entscheidungen vom 19. Juli 2011 (- 3 AZR 571/09 - Rn. 21 ff. und - 3 AZR 434/09 - Rn. 20 ff., BAGE 138, 346) bereits ausführlich begründet. Hieran hält der Senat fest.

26

1. Der Kläger kann sich, soweit er einen Verstoß von § 2 Abs. 1 BetrAVG gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters rügt, nicht auf das AGG berufen. Soweit das Betriebsrentengesetz Unterscheidungen enthält, die einen Bezug zu den in § 1 AGG genannten Merkmalen haben können, verbleibt es bei den Regelungen des Betriebsrentengesetzes. Diese sind nicht an den Bestimmungen des AGG zu messen. Dies gilt auch für die Regelung in § 2 Abs. 1 BetrAVG(BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 20, BAGE 138, 346).

27

2. Der Kläger kann zu seinen Gunsten nichts aus dem Unionsrecht herleiten. Zwar ist die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG anhand des Unionsrechts auf einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zu überprüfen. Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor.

28

a) § 2 Abs. 1 BetrAVG ist anhand des primärrechtlichen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters, wie es nunmehr in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(im Folgenden: GR-Charta) niedergelegt ist, zu überprüfen (vgl. ausführlich BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 23 ff., BAGE 138, 346).

29

b) Unter Heranziehung der den primärrechtlichen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung konkretisierenden Regelungen in Art. 1, Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie verstößt die in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Berechnung einer gesetzlich unverfallbaren Betriebsrentenanwartschaft nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters.

30

aa) Da § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht an das Lebensalter anknüpft, scheidet eine unmittelbare Benachteiligung aus. Die Regelung bewirkt allerdings, dass Personen, die ihre Betriebszugehörigkeit in einem jüngeren Lebensalter zurückgelegt haben, gegenüber Personen benachteiligt werden können, die die gleiche Betriebszugehörigkeit in höherem Lebensalter erbracht haben. Je länger die mögliche Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze ist, desto geringer ist der Anteil der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit hieran, auch wenn er absolut derjenigen eines mit einem höheren Lebensalter in den Betrieb eingetretenen Arbeitnehmers entspricht (vgl. Rolfs NZA 2008, 553, 555; Rengier RdA 2006, 213, 215 f.).

31

bb) Diese potenziell unterschiedlichen Auswirkungen sind auf das Alter zurückzuführen, weil die Betriebszugehörigkeit je nach Lebensalter zu unterschiedlichen Ansprüchen führen kann (vgl. auch EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 30, Slg. 2010, I-365 zur Benachteiligung früher eintretender Arbeitnehmer bei Nichtberücksichtigung im jungen Lebensalter geleisteter Arbeit bei der Berechnung der Kündigungsfrist sowie Generalanwältin Sharpston in ihrem Schlussantrag in der Sache „Bartsch“ vom 22. Mai 2008 - C-427/06 - Rn. 66 ff., Slg. 2008, I-7245 zum „relativen Alter“). Dass sich der Nachteil erst dann verwirklicht, wenn der Versorgungsfall eingetreten ist und die Arbeitnehmer deshalb das gleiche Lebensalter haben, ändert daran nichts (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 31, BAGE 138, 346).

32

cc) Die unterschiedliche Behandlung wird auch durch die gesetzliche Regelung und nicht nur durch die jeweilige Versorgungsordnung bewirkt.

33

Allerdings führt die im Gesetz vorgesehene zeitratierliche Kürzung nicht in jedem Fall zu einer Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Diese tritt nur dann ein, wenn nach der maßgeblichen Versorgungsordnung die Voraussetzungen der Höchstrente bereits erfüllt werden können, bevor die feste Altersgrenze erreicht ist. Das ist zB dann der Fall, wenn nach der Versorgungsordnung Versorgungsanwartschaften nur bis zu einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit - etwa wie hier 40 Jahre - erworben werden können und sich eine darüber hinausgehende Betriebszugehörigkeit nicht mehr unmittelbar rentensteigernd auswirkt. Sieht die Versorgungsordnung dagegen eine gleichmäßige Steigerung der Anwartschaften bis zum Erreichen der festen Altersgrenze vor, tritt der in der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zur zeitratierlichen Berechnung angelegte Effekt nicht ein. Dann wird die nachteilige Wirkung der zeitratierlichen Berechnung durch eine höhere fiktive Vollrente ausgeglichen (vgl. Preis BetrAV 2010, 513, 515 sowie die Berechnungsbeispiele bei Diller NZA 2011, 725).

34

Daraus folgt allerdings nicht, dass sich die gesetzliche Berechnungsvorschrift nicht benachteiligend auswirken kann (aA Diller NZA 2011, 725 f.). Denn welcher gesetzliche Mindestanspruch sich bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ergibt, richtet sich nicht nach der Versorgungsordnung, sondern nach dem Gesetz. Dass die Auswirkungen des Gesetzes je nach Versorgungsordnung unterschiedlich sind, ändert nichts daran, dass es sich um Auswirkungen der gesetzlichen Regelung handelt (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 34, BAGE 138, 346).

35

dd) Die für die Berechnung der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft maßgebliche gesetzliche Regelung bewirkt jedoch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters, da der Regelung ein legitimes, im Allgemeininteresse bestehendes Ziel zugrunde liegt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie, § 10 Sätze 1 und 2 AGG; vgl. ausführlich BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 35 ff., BAGE 138, 346).

36

(1) Das Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, für die Berechnung der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Regelung zu finden, die dem verbreiteten Verständnis des Betriebsrentenrechts gerecht wird, wie es den üblichen Versorgungsordnungen zugrunde liegt. Die vom Arbeitgeber zu erbringende betriebliche Altersversorgung wird - bis heute - als Gegenleistung für die gesamte Betriebszugehörigkeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Erreichen der festen Altersgrenze aufgefasst. Ein reines „Entgeltprinzip“ besteht nicht. An dieses allgemein akzeptierte Verständnis der betrieblichen Altersversorgung knüpft die Regelung in § 2 Abs. 1 BetrAVG an und ermöglicht dessen Beibehaltung. Dies dient der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung und damit einem sozialpolitischen Ziel von Allgemeininteresse (vgl. ausführlich BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 42 ff., BAGE 138, 346).

37

(2) Von diesem Regelungszweck her ist es naheliegend und damit angemessen, wenn der Gesetzgeber zur Berechnung der Höhe einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zeitratierlich auf die Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit im Verhältnis zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze abstellt. Diese Berechnungsweise sichert dem Arbeitnehmer seine Anwartschaften entsprechend dem von ihm erbrachten Anteil der für die Vollrente als Gegenleistung vorausgesetzten Leistung (ebenso Cisch/Böhm BB 2007, 602, 608 f.; Rolfs NZA 2008, 553, 555 f.; im Ergebnis ebenso Adomeit/Mohr ZfA 2008, 449, 465). Die heute erheblich höhere Fluktuation und der Entgeltcharakter der Altersversorgung führen vor dem Hintergrund des verfolgten Ziels nicht zur Unangemessenheit der gesetzlichen Regelung (aA Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 65; Rengier RdA 2006, 213, 216). Arbeitnehmer, die vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, behalten bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine unverfallbare Anwartschaft. Ihre Interessen bleiben daher nicht in unangemessener Weise unberücksichtigt (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 47, BAGE 138, 346).

38

Die gesetzliche Regelung geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist (zu dieser Voraussetzung EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 36 ff., Slg. 2010, I-9343). Eine der üblichen Konzeption von Versorgungsordnungen angepasste Berechnungsregelung kann nicht anders gestaltet werden (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 434/09 - Rn. 48, BAGE 138, 346).

39

3. Die Berechnungsvorschrift in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verstößt auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz(Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser stellt keine weitergehenden Anforderungen als das Unionsrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung in § 2 BetrAVG als „praktikabel“ bezeichnet(15. Juli 1998 - 1 BvR 1554/89 ua. - zu C I 3 a der Gründe, BVerfGE 98, 365).

40

4. Der Senat kann den Rechtsstreit abschließend entscheiden. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht.

41

a) Soweit der Kläger im Rahmen der Revisionsbegründung eine Vorlage für den Fall beantragt hat, dass das Bundesarbeitsgericht die von der Beklagten vertretene Berechnungsmethode für unzutreffend hält, ist diese Bedingung nicht eingetreten.

42

b) Eine unabhängig von einem Antrag einer Partei zu prüfende Vorlagepflicht besteht nicht. Hinsichtlich der Vereinbarkeit von § 2 Abs. 1 BetrAVG und der darin angeordneten zeitratierlichen Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft mit Unionsrecht besteht keine Vorlagepflicht(BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 37 f., ZIP 2012, 1876). Auch im Übrigen besteht keine Veranlassung zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Die Auslegung des unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters einschließlich des Rückgriffs auf die Rahmenrichtlinie zur Konkretisierung des primärrechtlichen Grundsatzes ist durch die Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache „Kücükdeveci“ (19. Januar 2010 - C-555/07 - Slg. 2010, I-365) geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982 S. 3415). Ob ein Grund iSd. Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie gegeben ist, der eine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigt, ist von den nationalen Gerichten zu prüfen(EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 47 ff., Slg. 2009, I-1569).

43

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    S. Hopfner    

        

    H. Frehse     

                 

Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.

Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.