Amtsgericht Hamburg-Harburg Urteil, 19. Dez. 2017 - 248a Ds 167/17
AMTSGERICHT HAMBURG
In dem Strafverfahren gegen
... geboren am ... in Hüttigweiler, Staatsangehörigkeit: deutsch, wohnhaft in ...
Verteidiger:
Rechtsanwalt Dirk Streifler, Wilhelmstraße 46, 10117 Berlin, hat das Amtsgericht Hamburg - Strafrichter -, - Abteilung 2483 -, in der Sitzung vom 19.12.2017,
an der teilgenommen haben:
Richterin am Amtsgericht Dr. Sachse
als Vorsitzende -
Staatsanwältin Fiedler
als Vertreterin der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt Streifler -
als Verteidiger
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Der Angeklagte wird wegen Betrugs zu einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten
verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Angeklagte.
Die Einziehung eines Betrags von 75.000,- € wird angeordnet.
Angewendete Vorschriften:
§§ 263 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 Var. 1 und Nr. 2 Var. 1, 56 Abs. 1 und 2 ‚73, 73c StGB.
Gründe:
I.
Der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung ... Jahre alte Angeklagte ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist seit dem 15.12.1997 verwitwet und Vater von drei inzwischen erwachsenen Kindern im Alter von ..,..,.. und .. Jahren.
Der Angeklagte ist Bauingenieur. Nach Abschluss seines Studiums an der Fachhochschule ... war er zunächst als Bauleiter in einem Bauunternehmen, sodann als Projektleiter in einem Ingenieurbüro und später im Immobilien-Leasing tätig. Seit 1997 ist er in diesem Bereich mit dem Unternehmen I... selbständig und arbeitete mit verschiedenen Banken zusammen.
Spätestens im Jahr 2014 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten. Mit Beschluss vom 25.08.2014 ordnete das Amtsgericht Kaiserslautern die vorläufige Verwaltung des Vermögens der I... an, mit Beschluss vom 27.04.2015 wurde das Insolvenzvärfahren eröffnet (Geschäfts-Nr. 1 IN 187/14). Der Insolvenzverwalter zeigte Masseunzulänglichkeit an.
Nunmehr versuchte der Angeklagte erfolglos, sich in der Finanzdienstleistungsbranche zu etablieren. Die Homepage seines Unternehmens C..., auf der verschiedene Finanzdienstleistungen angeboten werden, war noch am zweiten Hauptverhandlungstag, dem 01.12.2017, im Internet verfügbar. Nach Einführung und Vorhalt entsprechender Screen Shots stellte der Angeklagte die Website offline. In seinem Profil in dem sozialen Netzwerk „Linkedln" bezeichnet sich der Angeklagte als Unternehmer der C... im Bereich „Financial Engineering". Als Kenntnisse gibt er u.a. strategische Planung, Unternehmensführung und Neugeschäftsentwicklung an.
Die anschließenden Bemühungen des Angeklagten, in seinen angestammten Beruf zurückzukehren und als angestellter Bauingenieur tätig zu werden, blieben bislang ohne Erfolg. Er plant nunmehr, die genannte Gesellschaft dazu zu nutzen, um erneut in der Immobilienbranche tätig zu werden und Objekte für Dritte zu vermitteln und zu veräußern. Eine entsprechende Gewerbeanmeldung erfolgte bisher nicht.
Der Angeklagte ist erwerbslos. Staatliche Unterstützung beantragte er nicht. Er bezieht eine monatliche Witwerrente in Höhe von 630,- €. Daneben wird er, seit drei oder vier Jahren von Freunden mit rund 500,- € bis 1.000,- € im Monat unterstützt. Für die von ihm bewohnte Wohnung zahlt er monatlich 300,- € Miete. Neben der aus der verfahrensgegenständlichen Transaktion erwachsenen Forderung in Höhe von zumindest 75.000,- € hat er weitere 7.000,- € Schulden aus einem Arbeitsrechtsstreit.
Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
Die Feststellungen zur Person beruhen auf den unwiderlegten Angaben des Angeklagten, der in der Hauptverhandlung verlesenen Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 16.10.2017 sowie auf den Beschlüssen des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 25.08.2014 und 27.04.2015 in dem Verfahrenl IN 187/14 und der deutschen Übersetzung der auf der Website ... verfügbaren Texte, welche im Selbstleseverfahren gemäß § 249 Abs. 2 stpo in die Hauptverhandlung eingeführt wurden.
II.
Nachdem sich die Auftragslage in seinem bisherigen Gewerbe verschlechtert hatte, entschloss sich der Angeklagte, sich in einer Rolle als Finanzdienstleister auf dem sogenannten „grauen" Kapitalmarkt zu etablieren, der keiner staatlichen Aufsicht unterliegt. Dass es sich hierbei um ein möglicherweise lukratives Geschäftsmodell handelt, hatte er aus Gesprächen unter anderem mit der ihm seit 2008 oder 2009 bekannten Managementberaterin U...erfahren.
Letztere vermittelte zwei Kundenkontakte an den Angeklagten, namentlich F... als Geschäftsführer der F...GmbH und den späteren Geschädigten Dr. ..., wohnhaft in Hamburg.
Dieser ist gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin R... Geschäftsführer der O...GmbH mit Sitz in Hamburg. Gesellschaftszweck ist das Halten und Verwalten von Beteiligungen an Schifffahrtsgesellschaften. Dr. ... hatte Interesse an einer Finanzierungsmöglichkeit zum Erwerb zweier gebrauchter Schüttgutfrachter zum Preis von jeweils 12 Mio. (inkl. Nebenkosten). Da, er nicht über Sicherheiten verfügte, hatte er keine Möglichkeit, die geplante Transaktion am regulierten Kapitalmarkt zu finanzieren.
Am 20.03.2015 wurden die Vertragsverhandlungen aufgenommen. Dabei trat der Angeklagte zunächst als Inhaber der C... auf, welche das Darlehen vermitteln sollte. Bei Auszahlung der Darlehensvaluta von 24 Mio. E sollten der Angeklagte als Auftragnehmer und E... als Consultant der Auftraggeberin O...GmbH eine Provision von jeweils 2,75%, d.h. jeweils 660.000,- Euro erhalten.
Am 24.03.2015 schlossen der Angeklagte - nunmehr als Generalbevollmächtigter der Darlehensgeberin L...Inc. mit Sitz in Panama City - und der spätere Geschädigte Dr. ... als Geschäftsführer der Darlehensnehmerin O...GmbH mit Sitz in Hamburg einen Darlehensvertrag. Nach der in fehlerhafter englischer Sprache verfassten und mit dilettantischem Druckbild gestalteten Vereinbarung verpflichtete sich der Angeklagte in der genannten Funktion, der Darlehensnehmerin ein Darlehen von 24 Mio € für eine Laufzeit von sieben Jahren zu einem Zinssatz von 2,5 % p.a. zu gewähren. Vor Auszahlung der Darlehensvaluta war durch die Darlehensnehmerin am Tag des Vertragsschlusses per SWIFT-Eilüberweisung an den Angeklagten eine „Unterzeichnungsgebühr" („signing fee") in Höhe von 75.000,- für eine Kreditausfallversicherung („Insurance Surety Bond", ISB) und eine Geldwäsche-Unbe[denklichkeitsbescheinigung („Anti-Money Laundering GIeerenge Certificate", AMLCC) anzuweisen. Der Geldtransfer hatte am selben Tag in drei Teilbeträgen von 24.000,- E, 25.000,- und 26.000,- E zu erfolgen, Der Angeklagte verpflichtete sich zur Rückzahlung dieser Gebühr, sollte die Darlehensvaluta nicht bis zum 05.04.2015 ausgezahlt sein. Andere Sicherheiten für das Darlehen waren nicht vereinbart.
Dabei hielt es der Angeklagte zumindest für möglich und nahm er billigend in Kauf, die Darlehensvaluta nicht an den Geschädigten auszahlen zu können. Er verfügte nämlich - was er weder gegenüber dem Geschädigten noch gegenüber ...... offengelegt hatte - zu keinem Zeitpunkt selbst über das Geld. Angesichts seiner Geschäftserfahrung vertraute der Angeklagte auch nicht darauf, ohne jegliche Sicherheiten seinerseits die Summe von 24 Mio. von Dritten beschaffen zu können.
Der Angeklagte handelte in der Absicht, sich aus Geschäften dieser Art eine Einnahmequelle erheblichen Umfangs und von einiger Dauer zu verschaffen. Tatsächlich betrugen die Gebühren für die Kreditausfallversicherung und die Geldwäsche-Unbedenklichkeitsbescheinigung - wie er wusste - 19.500,- USD (18.205,19 E). Nach Abzug einer Provision für E... wollte der Angeklagte einen Großteil der Summe von 75.000,- E für sich verwenden.
Entsprechend der von dem Angeklagten am 24.03.2015 gestellten „Proforma-Rechnung" Nr. 2015-0020 („Proforma Invoice") überwies der Geschädigte Dr. ...... am gleichen Tag von seinem Privatkonto bei der Berenberg-Bank den fälligen Betrag von 75.000,- in den genannten Teilbeträgen entsprechend den Angaben des Angeklagten per SWIFT-Überweisung auf das auf dessen Namen lautende Konto bei der Postbank Köln (IBAN: .........). Der Überweisungsaüftrag wurde nicht ausgeführt, weil das Konto nicht existierte. Daraufhin forderte der Angeklagte den späteren Geschädigten auf, als Namen des Kontoinhabers den seiner Tochter ... anzugeben. Der Geschädigte kam der Aufforderung nach und wies die drei Teilbeträge per SEPA-Überweisung an. Am 27.03.2015 wurden diese dem genannten Konto gutgeschrieben.
Noch am gleichen Tag nahm der Angeklagte eine Bar-Auszahlung von 5.823,48 vor und überwies einen Betrag von 3.800,- an E... . Am 30.03.2015 folgten zwei Bar-Auszahlungen von 2.000,- und 9.000,- sowie weitere Überweisungen. Am 31.03.2015 erfolgten zwei Auslandszahlungen) 6.535,62€ (7.000,- USD) und 11.669,57 (12.500,- USD) an A... Ab dem 07.04.2015 folgten zahlreiche weitere Abbuchungen, insbesondere Kartenverfügungen für Geschälte des täglichen Bedarfs sowie Bar-Auszahlungen an verschiedenen EC-Geldautomaten in Frankfurt. Im August 2015 war der von dem Geschädigten gezahlte Betrag von 75.000,- E verbraucht. Am 07.09.2015 betrug das Kontoguthaben 276,55€.
Die Darlehensvaluta zahlte der Angeklagte nicht aus. Nachweise über den Abschluss der Kreditausfallversicherung und die Erteilung der Geldwäsche-Unbedenklichkeitsbescheinigung legte er nicht vor. Auf Nachfrage des Geschädigten zu der Kreditausfallversicherung erklärte der Angeklagte in einer an diesen gerichteten E-Mail vorn 31.03.2015, er dürfe ihm das Originaldokument aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zukommen lassen. Stattdessen habe er dieses abfotografiert und sende die entsprechenden Dateien als Anhang.
Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs am 16.04.2015 in Frankfurt am Main forderte der Angeklagte von dem Geschädigten Dr. ..., weitere Geschäftsunterlagen vorzulegen, weitere rund 23.000,- für die erforderliche Aufstockung der Kreditausfallversicherung in eine höhere Risikoklasse zu zahlen, ihm die Mittelverwendungskontrolle für den. Vertrag zu übertragen und ihm persönlich (nicht der L...Inc.) eine Geschäftsbeteiligung von 10 6/0 an der O...GmbH einzuräumen. Die Auszahlungsbedingungen änderte der Angeklagte dahingehend, dass gegen weitere Zahlungen vorab nur 3 Mio. gezahlt werden sollten, die übrige Summe erst bei Nachweis über den Kauf der Schiffe, Prüfung und Freigabe durch ihn. Zudem machte der Angeklagte die Auszählung des Darlehens abhängig von dem Abschluss eines zweiten Darlehensvertrags mit der ......... als Darlehensgeberin über weitere 24 Mio. E, für welchen ebenfalls vorab Gebühren sowie eine Provisionszahlung an den Angeklagten fällig werden sollten. Die geforderten Unterlagen reichte Dr. ...... nach. Auf die weiteren Ansinnen des Angeklagten ging er nicht ein.
Mit Schreiben vom 02.05.2015 erklärte der Geschädigte für die O...GmbH den Rücktritt vom Vertrag. Sein Rücktrittsschreiben unter der von dem Angeklagten angegebenen Anschrift der L...Inc. in Merchweiler war rückläufig und konnte dem Angeklagten schließlich unter der Anschrift ... in Kaiserslautern übergeben werden.
Am 16.05.2015 erstattete er Anzeige.
Am 03.04.2015 - als laut Vertrag bei Nichtauszahlung der Darlehensvaluta die Rückzahlung der Gebühr fällig war - waren noch 34.000,- E auf dem Konto vorhanden. Zu einer auch anteiligen - Rückzahlung des Betrags von 75.000,- E kam es bis heute nicht.
Dem Geschäftskontakt zur F...GmbH, vertreten durch F..., lag ein
ähnlicher Darlehensvertrag zugrunde, welcher am 03.03.2015 geschlossen wurde. Die Geschäftsverbindung wurde wegen vergleichbarer Unregelmäßigkeiten - fehlender Nachweis von
Original-Dokumenten - vorzeitig abgebrochen.
III.
1.
a) Über eine von seinem Verteidiger am dritten Hauptverhandlungstag, dem 19.12.2017, mündlich abgegebene Erklärung, welche er sich zu eigen gemacht hat, hat der Angeklagte hat die äußeren Umstände der Tat wie festgestellt eingeräumt. Er hat allerdings bestritten, vorsätzlich gehandelt zu haben. Vielmehr habe er seinerseits gutgläubig darauf vertraut, die Darlehensvaluta von 24 Mio. € von dritter Seite zu erhalten und an den Zeugen Dr. ... auszahlen zu können.
Herr X... von dem zwischenzeitlich insolventen Pfandleihhaus Z... GmbH & Co. KG und E... seien seine „Lehrmeister" gewesen und hätten ihm die Abläufe erklärt. Später sei der Kontakt zu „B..." von der U...Inc. mit Sitz auf den Cayrnan Islands entstanden. Dieser habe 68 Mio. € in mehreren Tranchen an Immobilienunternehmen in Marbella und an Schiffsreeder vergeben wollen. Er - der Angeklagte - habe sich das Certificate of Incorporation der U...Inc. vorlegen lassen; hierüber verfüge er heute jedoch nicht mehr. Der Aufforderung, Referenzen anzugeben, sei B... unter Hinweis auf die Vertraulichkeit seiner Kundenbeziehungen nicht nachgekommen. Persönlich getroffen habe er B... nicht, sie hätten per. E-Mail und Skype kommuniziert. Sein Skype-Partner habe ausgesehen wie die Person auf dem Ausweisdokument. Dass dieses im Internet verfügbar sei, habe ... damit erklärt, er habe offensiv akquiriert und mehrere hundert Geschäftspartner. Dass die als Firmensitz der U...Inc. angegebene Straße „..." auf den Cayman Islands nicht existiert und es dort nur eine „..." gebe, sei ihm - dem Angeklagten - nicht aufgefallen. Dies habe er erst in der laufenden Hauptverhandlung erfahren.
Zunächst habe der Angeklagte mit der C... mit Sitz in Marbella das Darlehen nur vermitteln sollen. Später sei der dann als Generalbevollmächtigter der L...Inc. zum Darlehensgeber geworden.
B... habe ihm die Vertragsunterlagen geschickt. Er - der Angeklagte - habe lediglich die Daten der Vertragspartner eingefügt. Er spreche ein wenig Englisch. Den Vertragstext habe er gelesen. Angesichts der schlechten sprachlichen Abfassung habe er sich aber keine Gedanken gemacht. Alle Dokumente habe er lediglich als Scan mit Faksimile-Unterschriften erhalten, teilweise hätten Unterschriften gefehlt. Auch dies sei ihm nicht seltsam vorgekommen.
Während der Angeklagte am ersten Hauptverhandlungstag, dem 17.11.2017, noch über eine Verteidigererklärung angegeben hat, die Gebühren für die Kreditausfallversicherung und die Geldwäsche-Unbedenklichkeitsbescheinungung in Höhe von 75.000,- € seien vollständig bestimmungsgemäß verwandt worden, hat er am dritten Hauptverhandlungstag, dem 19.12.2017, erklärt, tatsächlich hätten sich die Gebühren lediglich auf rund 20.000,- € (19.500,- USD) belaufen. Die Zeugin E... habe ihm mitgeteilt, es sei durchaus üblich, in diesem Rahmen mehr als die eigentliche Gebührenhöhe vom Vertragspartner zu verlangen. Auch dabei habe er sich nichts gedacht. Den Aufschlag habe er gegenüber der O...GmbH nicht offengelegt.
Über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zeugen Dr. ... sei ihm nichts bekannt gewesen. Dass es sich bei der O...GmbH um eine bloße Mantelgesellschaft handelt, habe er ebenfalls nicht gewusst. Die Zusage über die 24 Mio. E habe ihm - dem Angeklagten - aufgrund des Businessplans der O...GmbH erteilt. Ohne weitere Unterlagen zu erhalten, habe er - der Angeklagte - sodann den Vertrag geschlossen.
Nach Zahlung der 75.000,- durch den Zeugen Dr. ... habe B... die Dokumente der O...GmbH nicht akzeptiert, sondern weitere Unterlagen zum Nachweis dafür nachgefordert, dass die Rückzahlung des Darlehens gewährleistet sei. Dies habe er - der Angeklagte - dann jeweils an den Zeugen Dr. ... übermittelt. Er sei die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es sich um eine „reelles" Geschäft handele, dass die beteiligten Personen und Gesellschaften tatsächlich existierten und dass das Geld bereitstehe und fließen würde.
Für das besagte Konto habe er - der Angeklagte - Verfügungsberechtigung gehabt. Seine Tochter habe das Konto nicht genutzt. Wie durch die Kontoauszüge dokumentiert, habe der Angeklagte am 31.03.2015 12.500,- USD (11.669,57€) und 7.000,- USD (6.535,62€) an A... als den von B... benannten „Accountant" überwiesen. Außerdem seien Provisionszahlungen an E... erfolgt, und zwar 3.000,- per Überweisung und weitere 9.000,- E in bar. Den Großteil des von dem Zeugen Dr. ... erhaltenen Betrags von 75.000,- habe er - der Angeklagte - für sich wie aus den im Selbstleseverfahren eingeführten Kontoauszügen ersichtlich verwendet.
Nachdem er das Geld ausgegeben habe, sei er finanziell nicht mehr dazu in der Lage gewesen, dieses an den Zeugen Dr. ... zurückzuzahlen. Dieser habe den Betrag bisher auch nicht auf dem Zivilrechtsweg eingefordert. Überdies habe Dr. ... auch nicht in dem erforderlichen Rahmen - etwa durch Vorlage von Dokumenten etc. - mitgewirkt, so dass er - der Angeklagte davon ausgegangen sei, ihm stünde ein Zurückbehaltungsrecht zu.
b) Bereits für sich betrachtet stellt sich die Einlassung des Angeklagten als Schutzbehauptung dar. Schon nach seinen eigenen Angaben bestand kein tragfähiger Kontakt zu „B...", der ein Vertrauen des Angeklagten auf die Auszahlung der Darlehensvaluta durch diesen bzw. die U...Inc. rechtfertigen und den Betrugsvorsatz entfallen lassen würde. .
Eine schriftliche Vereinbarung mit der U...Inc. über die angebliche Zusage der Auszahlung von 24 Mio. hat der Angeklagte nicht vorgelegt. Seine Behauptung, die zahlreichen Unregelmäßigkeiten in den lediglich in eingescannter Form vorliegenden Dokumenten hätten ihn nicht misstrauisch werden lassen, ist nicht glaubhaft. Angesichts seiner Ausbildung und Berufserfahrung als Bauingenieur war der Angeklagte mit den Gepflogenheiten im Geschäftsverkehr vertraut. Dies galt auch für Fragen der Projektfinanzierung und Kreditsicherung.
Schließlich hätte es nahegelegen, die angeblich entlastende Argumentation zu einem deutlich früheren Zeitpunkt des Verfahrens vorzutragen - und nicht erst am dritten Hauptverhandlungstag. Der mehrfach zur vermeintlichen Begründung vorgetragene Umstand, der Angeklagte sei am 05.11.2017 gestürzt und habe sich eine Gehirnerschütterung zugezogen, vermag nicht zu erklären, aus welchem Grund er sich nach Gewährung rechtlichen Gehörs am 10.02.2017 und Zustellung der Anklageschrift am 03.07.2017 nicht umgehend gegen den erhobenen Tatvorwurf verteidigt hat.
2.
Die Zeugen Dr. ... und E... haben den Verlauf und Gegenstand der Geschäfts- , beziehung wie festgestellt geschildert.
Die Aussagen der Zeugen waren glaubhaft. Beide haben eingeräumt, die Anzeigenerstattung gemeinsam vorbereitet und dabei ihre Erinnerung an den Ablauf der Ereignisse zusammengetragen zu haben. Dennoch bestanden keine Anhaltspunkte dafür, die Zeugen hätten die - hinsichtlich des maßgeblichen Kerngeschehens unstreitigen - Umstände wahrheitswidrig zum Nachteil des Angeklagten dargestellt. Beide Zeugen haben sachlich ausgesagt. Trotz des hohen Schadens hat der Zeuge Dr. ... in keiner Weise negative Empfindungen gegenüber dem Angeklagten zum Ausdruck gebracht, sondern den Eindruck vermittelt, er habe sich mit dem Verlust abgefunden. Die Zeugin E... hat während der dreieinhalbstündigen Vernehmung zu allen Fragen der Verfahrensbeteiligten spontan und eingehend Stellung genommen. « Auch von dem Verteidiger, der zwei Mal in einem Maße unbeherrscht und ausfallend geworden ist, dass die Hauptverhandlung unterbrochen werden musste, hat sich die Zeugin nicht aus der Ruhe bringen lassen.
3.
a)
Bei den im Selbstleseverfahren gemäß § 249 Abs. 2 StPo eingeführten Urkunden handelt es sich um Scans bzw. Fotokopien. Originale würden vom Angeklagten nicht vorgelegt. Die umfangreichen englischsprachigen Dokumente mussten durch einen Sprachsachverständigen übersetzt werden, weil der Angeklagte in der Hauptverhandlung angegeben hat, nicht über die zum Verständnis der Texte erforderlichen Sprachkenntnisse zu verfügen.
Hinsichtlich ihrer gestalterischen Eigenarten wurden die Urkunden in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Insoweit wird - ergänzend zu den nachstehenden Ausführungen - hinsichtlich der Einzelheiten gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die bei den Akten befindlichen Urkunden verwiesen.
Unter den auf diese Weise eingeführten Urkunden befindet sich auch ein Konvolut, welches der Verteidiger im zweiten Termin zur Hauptverhandlung am 01.12.2017 mit den Worten "ich hoffe, wir reiten uns damit nicht rein" offenbar ungeprüft aus den mitgeführten Unterlagen des Angeklagten zur Akte gereicht hat' (Leitakte BI. 190-212).
Dieses Konvolut umfasst die Kopie eines in Großbuchstaben geschriebenen Anschreibens der englischen Privatbank ..., gefolgt von einem - in Großbuchstaben, Fettdruck und unterstrichen überschriebenen - „Anti-Money Laundering Clerarance Certificate" über 34 Mio. E. Im Fließtext werden teilweise auch Begriffe, bei denen es sich nicht um Eigennamen handelt, großgeschrieben. Darüber hinaus hat der Verteidiger einen - ebenfalls in Großbuchstaben, Fettdruck und unterstrichen überschriebenen - „Insurance Surety Bond" vorgelegt, in welchem die "U...Inc." selbst als Bürgin für die „finanzielle Transaktion" mit der L... auftritt. Als Gegenstand des Geschäfts ist eine Investition über 68 Mb. E in zwei Teilbeträgen von jeweils 34 Mio. zur Finanzierung von Immobilien, namentlich dem Kauf von 507 ha Land und dem Bau von 101 Villen, ausgewiesen. Auf der letzten Seite fehlen hier die in dem jeweiligen Freiraum vorgesehene Unterschriften der Leitung der Versicherungsabteilung und des Angeklagten.
Alle drei Dokumente sind in orthografisch und grammatikalisch fehlerhaftem Englisch verfasst mit Faksimile-Unterschriften sowie Logos in niedriger Grafikauflösung versehen und mit unterschiedlichen Rahmen eingefasst wie sie üblicherweise als Gestaltungselement in Textverarbeitungsprogrammen zur Verfügung stehen.
Im weiteren folgt E-Mail Korrespondenz zwischen dem Angeklagten und „B..." als Direktor Unternehmens- und Wertpapieranlagen der U...Inc., in welche eine Rechnung der U...Inc. über 19.500 USD integriert ist. Diese ist - wie eine ebenfalls integrierte „Unternehmensbürgschaft" („cörporate guarantee") und die dort eingescannte Passport Card von „B..." - mit einer , Faksirnile-Unterschrift versehen, welchen den verschiedenen Dokumenten in unterschiedlichem Maße verzerrt wird offenbar um den Eindruck zu erwecken, ihr läge jeweils eine leicht abweichende Original-Unterschrift zugrunde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 200, 208, 211 und 212 d.A. verwiesen.
In der ebenfalls vorgelegten »Darlehensbestätigung." ("loan confirmation") der ”...Company" mit Sitz in Pennsylvania / USA wird die Bereitstellung der ersten Tranche von 34 Mio. € nach Zahlung von 15.000,-, USD zur Einrichtung eines Online-Kontos bestätigt. Das Dokument datiert allerdings vom „28. Mai. 2015" - wobei das Datum anders als der übrige Text in deutscher Schreibweise angegeben ist - und ist daher für den bereits am 24.03.2015 erfolgten Vertragsschluss ohne Bedeutung. Überdies weist das Dokument dieselben Merkmale wie die bereits genannten auf (fehlerhaftes Englisch, Faksimile-Unterschriften, Grafiken in niedriger Auflösung, Einrahmung).
Dasselbe gilt für den „Banknachweis über Kapital" („bank proof of funds") der Privatbank ..., welcher vom 16.12.2015 datiert, keine Unterschrift trägt und einem Verantwortlichen der Bank mangels entsprechender Namensangabe nicht zugeordnet werden kann.
b)
Die vorgelegten Dokumente entbehren jeglicher Authentizität. Als Beweis für einen tragfähigen Kontakt zwischen dem Angeklagten und dem angeblichen „B..." sind sie vollkommen ungeeignet. Inhaltlich, sprachlich und gestalterisch erwecken sie den Eindruck, von einem Urheber erstellt worden zu sein, der weder mit den Gepflogenheiten des Kreditwesens vertraut ist noch Geschäftsenglisch beherrscht;
Mit seinem Versuch, sein Verhalten durch die Vorlage von Dokumenten zu „rechtfertigen", welche zeitlich nach dem in Rede stehenden Vertragsschluss datieren, hat der Angeklagte dem Gericht ein weiteres Mal Zweifel an seiner Integrität vermittelt und die Überzeugung gestützt, dass er vorsätzlich behandelt hat.
Dass der Angeklagte entgegen seiner Behauptung nicht gutgläubig war, ist auch durch sein Nachtatverhalten belegt. 'Unterstellt man seine Einlassung als zutreffend, hätte er den von dem Geschädigten gezahlten Betrag - zumindest die nach Abzug der an „A...." erfolgten Zahlung - erstattet.
4.
Den als ”Hilfsbeweisanträgen" gestellten Anträgen war nicht nachzugehen. Es handelt sich um bedingt gestellte Beweisermittlungsanträge, denen nachzugehen - auch nach dem Maßstab des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO - die Aufklärungspflicht nicht, gebietet. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es einen tragfähigen - für die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage relevanten - Kontakt zwischen dem.Angeklagten und „B..." gegeben hat. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1 und 3 verwiesen.
IV.
Damit hat sich der Angeklagte des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Dabei handelte der Angeklagte angesichts seiner beengten wirtschaftlichen Verhältnisse, des von
ihm betriebenen Aufwands und der Höhe des ihm zugeflossenen Betrags gewerbsmäßig im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Var. 1 StGB.
Der dem Zeugen Dr. ... entstandene Schaden in Höhe von 75.000,- € stellt einen Vermögensverlust großen Ausmaßes im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Var. 1 StGB dar.
Für den besonders schweren Fall des Betrugs sieht § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren als Regelstrafrahmen vor. Angesichts der nachfolgend genannten strafschärfenden Umstände bestand keine Veranlassung, von der Anwendung des Regelstrafrahmens abzusehen und stattdessen auf den Grundstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zurückzugreifen.
Bei der konkreten Strafzumessung hat das Gericht dem Angeklagten zugutegehalten, dass er die objektiven Umstände wie festgestellt eingeräumt hat. In besonderem Maße strafmildernd war zu
werten, dass der Zeuge Dr. ... trotz seiner Geschäftserfahrung angesichts der offensichtlich zweifelhaften Vertragsunterlagen und der ebenso zweifelhaften Einbindung des Privatkontos der Tochter des Angeklagten überaus leichtsinnig gehandelt und dem Angeklagten die
Tatbegehung dadurch besonders erleichtert hat. Weiterhin war zugunsten des Angeklagten zu werten, dass er nicht vorbestraft ist. Schließlich hat das Gericht zu seinem Vorteil berücksichtigt,
dass die Tat vom 24.03.2015 im Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits mehr als zweieinhalb Jahre zurücklag.
Demgegenüber fiel zulasten des Angeklagten ins Gewicht, dass der Angeklagte zur Tatbegehung ein erhebliches Maß an krimineller Energie entwickelt hat. Überdies war sein Nachtatverhalten
strafschärfend zu sehen, mit dem er von dem Zeugen Dr. ... weitere Vermögenswerte zu erlangen versuchte - weiterhin ohne die Zahlung der Darlehensvaluta gewährleisten zu können. Daneben hat das Gericht zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass er mit der. Tat zugleich zwei Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Satz 2 StGB verwirklicht hat. Unter Abwägung aller gemäß § 46 StGB relevanten Umstände hat das Gericht auf eine
Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten
als tat- und schuldangemessen erkannt.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte gemäß § 56 Abs. 1 und 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Gericht geht davon aus, dass sich der Angeklagte allein die Verurteilung
zu Warnung dienen lässt und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine weiteren Straftaten mehr begehen wird. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft und seit dem mehr als zweieinhalb Jahre zurückliegenden Vorfall strafrechtlich nicht wieder in Erscheinung getreten. Darüber hinaus hat er sich aus dem entsprechenden Geschäftsbereich zurückgezogen.
Unter Berücksichtigung auch des Mitverschuldens des Zeugen Dr. ... und der im Rahmen der Strafzumessungserwägungen und der Prognoseentscheidung sind vorliegend auch „besondere Umstände" im Sinne des §56 Abs. 2 StGB gegeben, welche die Strafaussetzung
trotz des Unrechts- und Schuldgehalts nicht unangebracht erscheinen lassen. Dem Angeklagten wurde die Weisung erteilt, 200 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten.
Die Einziehungsentscheidung folgt aus §§ 73, 73c StGB.
Vl.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.
Dr. Sachse
Richterin am Amtsgericht
moreResultsText
Annotations
(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.
(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.