Noch Akquise oder schon Architektenvertrag?

erstmalig veröffentlicht: 01.08.2017, letzte Fassung: 30.11.2021

Autoren

Rechtsanwalt

Dr. Andreas Neumann

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Zusammenfassung des Autors
BGH erteilt entgeltlicher Akquise eine Absage

Die Abgrenzung zwischen bloßer akquisitorischer Tätigkeit des Architekten und der Erteilung eines verbindlichen Auftrags des Bauherrn ist mitunter schwierig. In Betracht kommt häufig ein schlüssiger Vertragsschluss durch entsprechendes Verhalten. Werden die vom Architekten vorgelegten Leistungen verwendet oder verwertet, kann nach dem Urteil des Kammergerichts vom 28.12.2010 – 21 U 97/09 schlüssiges Handeln vorliegen, woraus sich der Rechtsbindungswille ergibt. Dadurch kommt dann ebenfalls ein Vertrag zustande, sodass der Architekt Anspruch auf die sich aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ergebende Vergütung hat. In Betracht kommen ferner Ansprüche des Architekten aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung und aus seinen Urheberrechten.

Gegen einen Auftrag sprechen mitunter Abreden wie die, dass der Architekt zunächst einmal „auf eigenes Risiko“ und „im eigenen Interesse“ tätig werden soll. Dies wird mitunter im Rahmen eines Beauty-Contests in dem Sinne vereinbart, dass der Architekt hier allein deshalb tätig wird, um den Zuschlag zu erhalten. Selbst die Entgegennahme und Verwertung von Planungsleistungen führen jedenfalls dann nicht zum Abschluss eines Architekten- oder Ingenieurvertrags, sind also noch kein ausreichendes schlüssiges Verhalten, wenn der Planer zunächst ausschließlich im eigenen Interesse tätig wird und der Bauwillige zu erkennen gibt, dass er sich nicht vertraglich binden will, Urteil des OLG Nürnberg vom 22.09.2011 – 13 U 613/11. Fehlt es jedoch an einem Architektenvertrag, besteht auch kein Anspruch auf Architektenhonorar. 

Anders ist dies aber dann, wenn bereits eine Gegenleistung des Bauherrn vereinbart wird. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 35/14 – der verbreiteten entgeltlichen Akquise des Architekten eine klare Absage erteilt. Es bestehe ansonsten über die Konstruktion einer entgeltlichen Akquise die Möglichkeit, Architektenleistungen, die von den Leistungsbildern der HOAI erfasst sind, ohne die Bindung an die Mindestsätze der HOAI entgegenzunehmen, so der BGH. „Das würde zu einer Veränderung des Vergütungssystems führen, die mit dem Zweck der Mindestsätze nicht zu vereinbaren wäre.“Daher ende die vergütungsfreie akquisitorische Phase spätestens dann, wenn eine Vergütungsvereinbarung getroffen wird. Ab diesem Zeitpunkt gilt das preisrechtliche Regime der HOAI, soweit ihr Anwendungsbereich gem. § 1 HOAI eröffnet ist.

Selbst wenn es gelingen sollte, das Gericht vom Zustandekommen eines Architektenvertrags zu überzeugen, kann der Honoraranspruch auch dann auf eine etwaige Aufwandspauschale beschränkt sein, wenn der Architekt über das Honorar nicht aufgeklärt hat. Zwar ist ein Architekt nach ständiger Rechtsprechung nicht verpflichtet, von sich aus auf die Höhe der durch seine Inanspruchnahme entstehenden Kosten hinzuweisen. Eine Aufklärungspflicht besteht jedoch dann, „wenn die Bauherren Laien sind und erkennbar falsche Vorstellungen von der Honorarhöhe haben“, so das Urteil des OLG Hamm vom 11.08.1999 – 12 U 100/98

So kann sich eine falsche Vorstellung durchaus aus einer vereinbarten Aufwandspauschale oder der Vereinbarung einer entgeltlichen Akquise ergeben, wenn der Bauherr davon ausgeht, nicht mehr zahlen zu müssen als den auf diese Weise zugesagten Betrag. Es müsste mithin in jedem Fall eine Aufklärung über die – sich unter Zugrundelegung der HOAI ergebende – Honorarhöhe stattfinden. Diese sollte zudem gut dokumentiert werden. Denn im Fall der fehlenden Aufklärung über die sich unter Zugrundelegung der HOAI ergebende Honorarhöhe kann dem weitergehenden Honoraranspruch ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) entgegengehalten werden. Dieser Schadensersatzanspruch berechtigt den nicht aufgeklärten Bauherrn jedenfalls, dem weitergehenden Vergütungsanspruch den rechtsvernichtenden Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegenzusetzen, Urteil des OLG Hamm vom 11.08.1999 - 12 U 100/98.

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