Das Boden- oder Baugrundgutachten

erstmalig veröffentlicht: 21.03.2017, letzte Fassung: 16.07.2021

Autoren

Rechtsanwalt

Dr. Andreas Neumann

ArabischEnglisch 2 mehr anzeigen
Zusammenfassung des Autors

Was nützt ein Baugrundgutachten bzw. Geotechnischer Bericht?

„Bodengutachten“ ist eine unsaubere Bezeichnung für ein Baugrundgutachten bzw. einen geotechnischen Bericht. Ein solcher enthält die Ergebnisse der Erkundung und Untersuchung des Baugrunds, deren sachverständige Bewertung und die Konsequenzen für die Planung eines etwa zu gründenden und zu errichtenden Bauwerks.

In einem solchen Gutachten werden die Erdschichtung und weiteren Eigenschaften des Bodens (Bodenklassen bzw. nach neuer DIN-Norm Homogenbereiche) dargestellt, sowie insbesondere auch die Grundwasserverhältnisse (Grundwasserstand).

Immer wieder tritt die Frage auf, ob ein etwa vorliegendes Baugrundgutachten beim Grundstückskauf mit zu beurkunden ist. Ein Bodengutachten bedarf im Gegensatz zur Baubeschreibung selbst dann nicht der Beurkundung, wenn es nach der Baubeschreibung zu beachten ist, nicht aber die vertragliche Beschaffenheit des Gebäudes bestimmt, OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2012 – I-22 U 67/11, Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 14.03.2003 – V ZR 278/01. Es liege dann unter Umständen nur eine unechte oder erläuternde Verweisung vor.

Nach einer weit verbreiteten Auffassung trägt der Bauherr – wenn es insoweit keine abweichende vertragliche Regelung gibt – das Baugrundrisiko, da der Boden als „vom Besteller gelieferter Stoff“ im Sinne des § 645 BGB gilt. Für ein von der Baugenehmigungsbehörde angefordertes Baugrundgutachten trägt demzufolge der Unternehmer in diesen Fällen auch nicht das Kostenrisiko, so das Urteil des BGH vom 27.07.2006 – VII ZR 202/04. Den Bauunternehmer trifft insoweit keine allgemeine Prüfungspflicht, wenn kein Anlass zu Zweifeln an den Angaben des Auftraggebers besteht, siehe Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. 2014, Rn. 1461.

Das Baugrundrisiko kann durch Vereinbarung einem Auftragnehmer übertragen werden. Ändern sich die geotechnischen Verhältnisse gegenüber der Baubeschreibung und einem dieser etwa beigefügten Bodengutachten, so können Mehrvergütungsansprüche (des Bauunternehmers) entstehen, beim VOB/B-Vertrag nach § 2 Abs. 5 und beim BGB-Bauvertrag nach den Grundsätzen der Änderung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB. Den Auftragnehmer trifft für die Änderung und die Erforderlichkeit der Mehrleistungen die Darlegungs- und Beweislast, vgl. Werner/Pastor, ebenda.

Die Prüfung des Baugrunds gehört zu den wesentlichen Hauptleistungspflichten eines Architekten im Rahmen der Grundlagenermittlung/Vorplanung, sodass er dem Bauherrn rechtzeitig die Einholung eines Bodengutachtens empfehlen muss, wenn ihm die Bodenverhältnisse nicht bekannt sind, so Werner/Pastor, op. cit., Rn. 1986.

Show what you know!
Artikel schreiben

Gesetze

Gesetze

3 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 645 Verantwortlichkeit des Bestellers


(1) Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umsta

Anwälte der Kanzlei die zu passenden Rechtsgebieten beraten

Anwälte der Kanzlei die zu Sachenrecht beraten

Rechtsanwalt

Dr. Andreas Neumann


Baurecht und Immobilienrecht mit Hand und Fuß, Kopf und Herz.
ArabischEnglisch 2 mehr anzeigen
Anwälte der Kanzlei die zu Bau- und Architektenrecht beraten

Rechtsanwalt

Dr. Andreas Neumann


Baurecht und Immobilienrecht mit Hand und Fuß, Kopf und Herz.
ArabischEnglisch 2 mehr anzeigen
Anwälte der Kanzlei die zu Zivilrecht beraten

Rechtsanwalt

Dr. Andreas Neumann


Baurecht und Immobilienrecht mit Hand und Fuß, Kopf und Herz.
ArabischEnglisch 2 mehr anzeigen

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Sachenrecht

Besprechung zu den beiden Beck-Kommentaren Nachbarrechtsgesetz und Bauordnung Nordrhein-Westfalen

14.02.2023

Nachbarrechtliche Streitigkeiten werden zumeist zweigleisig gelöst, auf der privatrechtlichen wie auch der öffentlich-rechtlichen Schiene. Wie dabei die beiden 2022 neu aufgelegten Kommentare zur BauO NRW 2018 und zum Nachbarrechtsgesetz NRW aus der Reihe Landesrecht Nordrhein-Westfalen des Münchner Verlags C.H.Beck helfen, beschreibt die folgende Doppelrezension.   Bauordnung Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) Kommentar, herausgegeben von Prof. Dr. Klaus Schönenbroicher, Dr. Manuel Kamp und Dr. Jörg Henkel, 2. Auflage München (C. H. Beck) 2022 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen, begründet von Heinrich Schäfer, fortgeführt von Dr. Daniela Fink-Jamann und Christoph Peter, L.L.M., 18. Auflage München (C. H. Beck) 2022
Artikel zu Bau- und Architektenrecht

Störung und Wegfall der Geschäftsgrundlage

06.04.2017

Die Geschäftsgrundlage ist ein Kernbegriff des allgemeinen Vertragsrechts.

Haftung des Architekten für Baukosten und Wünsche des Bauherrn

30.07.2017

Eine Bausummenüberschreitung führt nicht zwangsläufig zum Schadensersatzanspruch des Bauherrn

Bauen im Bestand

03.08.2017

Mängelhaftung im Bauträger- und Käufermodell

Sind Privatgutachterkosten erstattungsfähig?

09.08.2017

Muss die Gegenseite die Aufwendungen für einen privat eingeschalteten Sachverständigen ersetzen?

Allgemeine Geschäftsbedingungen und Bauvertrag

03.04.2018

Kurze Charakterisierung einschlägiger Rechtsprechung zur Verwendung von AGB im Baurecht
Artikel zu Zivilrecht

Störung und Wegfall der Geschäftsgrundlage

06.04.2017

Die Geschäftsgrundlage ist ein Kernbegriff des allgemeinen Vertragsrechts.

Haftung des Architekten für Baukosten und Wünsche des Bauherrn

30.07.2017

Eine Bausummenüberschreitung führt nicht zwangsläufig zum Schadensersatzanspruch des Bauherrn

Wesen und Grenzen der Vertragsstrafe

06.04.2017

Im Rahmen einer allgemeinen Darstellung über die Vertragsstrafe werden mögliche Angriffspunkte aufgezeigt.

Der Umbauzuschlag

01.05.2017

Bauen im Bestand nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure 2013

Legal-Tech-Glossar

29.05.2017

Definitionen zum Legal Tech Nach erstmaliger Veröffentlichung dieses kleinen Beitrags im Jahre 2017 hat sich insbesondere der Stämpfli Verlag aus Bern (Schweiz) verdient gemacht mit dem schönen Glossar, inspiriert durch diesen meinen kleinen Vorreiter-Beitrag hier (alle Begriffe und auch einige Definitionen wurden übernommen), herausgegeben von Martin Eckert, Andreas Furrer und Andreas Glarner im Jahre 2019. Vor der Flexibilität und wirklichen Intelligenz der Schweizer ziehe ich nach zwei Jahren Corona-Beobachtung den Hut, siehe dazu meinen Aufklärungsmedien-Lotsen, eine kleine Übersicht an Aufklärungsmedien - auffallend viele in der Schweiz ansässig. Das Potential an solcher Einstiegs-Lektüre und auch an Aufrkläungsmedien ist noch lange nicht ausgeschöpft... immer geht es vor allem darum, eine immer komplexere Welt begrifflich zu übersetzen und lesbar zu machen.

Referenzen

(1) Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des § 643 aufgehoben wird.

(2) Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens bleibt unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.