Besprechung zu den beiden Beck-Kommentaren Nachbarrechtsgesetz und Bauordnung Nordrhein-Westfalen

erstmalig veröffentlicht: 14.02.2023, letzte Fassung: 15.02.2023
Zusammenfassung des Autors

Nachbarrechtliche Streitigkeiten werden zumeist zweigleisig gelöst, auf der privatrechtlichen wie auch der öffentlich-rechtlichen Schiene. Wie dabei die beiden 2022 neu aufgelegten Kommentare zur BauO NRW 2018 und zum Nachbarrechtsgesetz NRW aus der Reihe Landesrecht Nordrhein-Westfalen des Münchner Verlags C.H.Beck helfen, beschreibt die folgende Doppelrezension.  

Bauordnung Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) Kommentar, herausgegeben von Prof. Dr. Klaus Schönenbroicher, Dr. Manuel Kamp und Dr. Jörg Henkel, 2. Auflage München (C. H. Beck) 2022

Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen, begründet von Heinrich Schäfer, fortgeführt von Dr. Daniela Fink-Jamann und Christoph Peter, L.L.M., 18. Auflage München (C. H. Beck) 2022

Nachbarrechtliche Streitigkeiten werden zweigleisig gelöst. Während für Verstöße gegen nachbarschützende Normen aus dem Planungs- und aus dem Bauordnungsrecht die Ämter und nötigenfalls Verwaltungsgerichte zuständig sind, können privatrechtliche Ansprüche zunächst über das Schiedsamt und dann mithilfe einer Klage zum zuständigen Zivilgericht durchgesetzt werden. Über ein nicht völlig aussichtsloses verwaltungsrechtliches Verfahren kann die Verhandlungsposition für den zivilen Rechtsstreit bedeutend verbessert werden, wie etwa der Fall des Verwaltungsgerichts Münster zum Aktenzeichen 2 L 1077/20 zeigt. Gerade das öffentliche Recht ist aber nicht etwa ein Kuchenstück, sondern vielmehr Jura am Hochreck. 

Der nach zehn Jahren in zweiter überarbeiteter Auflage nunmehr achthundertseitige Kommentar zur aktuellen Bauordnung Nordrhein-Westfalen stellt hierbei eine großartige Hilfestellung dar. Wenngleich zwar einige Literatur etwa zur Barrierefreiheit und zur Sicherheit im Vormarsch befindlicher Baustoffe wie Holz – siehe hierzu insbesondere Neumann/Beckerhoff – trotz zunehmender Relevanz leider nicht berücksichtigt worden ist, besticht doch die reichhaltige Auswertung der obergerichtlichen Rechtsprechung insbesondere des OVG Münster sowie auch der Gesetzesbegründung und wesentlicher Nebengesetze. 

Die Kommentierungen der einzelnen Paragraphen sind übersichtlich gegliedert. Dem fettgedruckten Wortlaut der einzelnen Paragraphen folgt eine Übersicht über die Kommentierung. Zudem hilft auch das zweigliedrige Stichwortverzeichnis beim schnellen Auffinden relevanter Textstellen, sollte man die entsprechenden Paragraphen zu einer Fragestellung einmal nicht auf dem Schirm haben.

 

Erheblich schlanker stellt sich demgegenüber nach wie vor die dreiteilige Kommentierung des Nachbarrechtsgesetzes dar. Teil A (Seiten 1-18) ist der reine Gesetzestext, Teil B (Seiten 19-277) sodann die Kommentierung unter fettgedruckter Wiederholung des Gesetzestexts vor der jeweiligen Kommentierung und Teil C (Seiten 279-300) ein Anhang aus einer klugen Auswahl für das Nachbarrecht besonders einschlägiger Nebengesetze, was das Buch auch didaktisch besonders wertvoll macht. 

Für den praxisrelevanten Anhang ausgewählt wurden hierbei der detaillierte § 6 zu den Abstandsflächen aus der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen 2018 (Abschnitt I), die wesentlichen Form- und Verjährungsvorschriften aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), § 242 (Treu und Glauben), § 254 (Mitverschulden) und § 823 (Schadensersatz) sowie die §§ 903-924 und § 1004 BGB (Abschnitt II), ferner auch einige Vorschriften aus dem Wasserhaushaltsgesetz (Teil III) und das in der Praxis nicht selten übersehene Justizgesetz NRW mit der für die Zulässigkeit für die gerichtliche Geltendmachung vieler nachbarrechtliche Ansprüche unabdingbaren Erfolglosigkeitsbescheinigung. Auch dieser Kommentar verfügt über ein detailliertes und hilfreich untergliedertes Sachregister, das den zielsicheren Zugriff auf die wichtigsten Textstellen erleichtert. 

Beide Kommentare gehören aufgrund der – trotz aller globaler Bedrohungen immer noch nicht abnehmenden – Streitlust unter Nachbarn in die Bibliothek jedes Baurechtlers und Immobilienrechtlers mwd mit örtlichem Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen.

 

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.