ZPO: Zur Hinweispflicht des Gerichts zu Angaben im Wiedereinsetzungsgesetz

bei uns veröffentlicht am25.02.2016

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung für die Einhaltung der Frist verlieren.
Der BGH hat in seinem Beschluss vom 03.12.2015 (Az.: V ZB 72/15) folgendes entschieden:


Gründe:

Der Kläger nimmt die Beklagten in einer Wohnungseigentumsangelegenheit auf Erstattung einer Sonderumlage in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 25. Februar 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. März 2015 Berufung eingelegt. Mit einem am 31. März 2015 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten seien die Berufungsschrift und das übliche Schreiben an die Bevollmächtigten der Gegenseite bei zunächst nur fristwahrender Berufungseinlegung gefertigt worden. Beide Schreiben hätten vorab per Telefax übermittelt werden sollen. Hiermit sei die erfahrene Rechtsanwaltsangestellte R. beauftragt worden. Das Schreiben an die Anwälte der Gegenseite habe ohne Probleme übermittelt werden können, während bei dem Telefaxversand der Berufungsschrift keine Verbindung zustande gekommen sei. Die Mitarbeiterin habe dies versehentlich nicht bemerkt und sei nachfolgend davon ausgegangen, dass auch die Berufungsschrift ordnungsgemäß übertragen worden sei. Zur Glaubhaftmachung hat sich der Kläger auf die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsangestellten berufen. Diese weist ergänzend darauf hin, seit dem 23. Februar 2015 in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers beschäftigt und zuvor 24 Jahre bei einer anderen Anwaltskanzlei tätig gewesen zu sein.

Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsfrist nicht vor, da der Kläger nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, diese Frist einzuhalten. Er müsse sich das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Zwar könne ein Prozessbevollmächtigter die Verrichtung einfacher Tätigkeiten, die keine besonderen juristischen Kenntnisse verlangten, seinen Mitarbeitern überlassen. Im Hinblick auf die Bedeutung der Fristwahrung insbesondere im Rahmen der Rechtsmitteleinlegung komme aber eine Übertragung damit im Zusammenhang stehender Aufgaben, zu denen auch der Telefaxversand von Schriftsätzen gehöre, nur auf gut ausgebildetes, als zuverlässig erprobtes und überwachtes Büropersonal in Betracht. Vorliegend lasse sich weder dem Wiedereinsetzungsgesuch noch der eidesstattlichen Versicherung entnehmen, dass die Rechtsanwaltsangestellte R. während ihrer 24-jährigen Tätigkeit in einer anderen Kanzlei mit der selbständigen Führung des Fristenkalenders und der Überwachung der Fristenkontrolle betraut gewesen sei und diese Aufgaben sorgfältig und zuverlässig erledigt habe. Sachvortrag, dass es sich bei ihr um eine gut ausgebildete, als zuverlässig erprobt und sorgfältig überwachte Fachkraft handele, und dass sie zuvor stichprobenartig überwacht worden sei, fehle. Ebenfalls nicht ersichtlich sei, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Rechtsanwaltsangestellte R. besonders hinsichtlich der Bedeutung der Einhaltung von Fristen belehrt oder überwacht hätten.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen hat.

Die Rechtsbeschwerde ist allerdings gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts , weil das Berufungsgericht die Anforderungen an das, was eine Partei veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erlangen, überspannt und dadurch den Anspruch des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt hat.

Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist zwar zutreffend. Eine auf das Fehlverhalten einer Bediensteten des Prozessbevollmächtigten gerichtete Wiedereinsetzung ist solange nicht schlüssig begründet, wie der Antragsteller nicht im Einzelnen darlegt, dass jene sich als zuverlässig erwiesen hat. Insoweit genügten die Angaben der Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem Wiedereinsetzungsgesuch und die Ergänzungen in der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsangestellten R. nicht. Dass es sich bei ihr um eine „erfahrene Rechtsanwaltsangestellte" handelte, die bereits zuvor 24 Jahre bei einer anderen Kanzlei tätig gewesen sei, besagt als solches über die Zuverlässigkeit ihrer Arbeit und die Überwachung ihrer Tätigkeiten nichts.

Das Berufungsgericht hat jedoch nicht beachtet, dass es verpflichtet war, den Kläger auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen.

Ein Hinweis gemäß § 139 ZPO ist stets dann angezeigt, wenn die Angaben zu innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vorgebrachten Wiedereinsetzungsgründen erkennbar unklar oder ergänzungsbedürftig sind. Ein solcher Fall ist auch dann gegeben, wenn ein Gericht - wie hier - die Angaben in dem Wiedereinsetzungsgesuch über die Zuverlässigkeit einer Büroangestellten für ergänzungsbedürftig hält. Es geht hierbei nicht um den - nicht zulässigen - Vortrag eines neuen Wiedereinsetzungsgrundes, sondern um die auch nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist mögliche sachliche Ergänzung des fristgerecht geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes.

Fehlt es - wie hier - an einem solch gebotenen Hinweis, können die unklaren bzw. ergänzungsbedürftigen Angaben auch noch nach Ablauf der Antragsfrist mit der Rechtsbeschwerde ergänzt werden. Der Senat hat deshalb die von dem Kläger mit der Rechtsbeschwerdebegründung vorgelegte weitere eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsangestellten R. zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich, dass sie während ihrer langjährigen Tätigkeit bei einer anderen Rechtsanwaltskanzlei damit beauftragt war, den Fristenkalender selbständig zu führen, fristgebundene Schriftstücke zu versenden und die Fristenkontrolle durchzuführen, wobei sie diese Arbeiten zuverlässig und ohne Beanstandungen erledigt hat. Zudem wurde sie auch von den Rechtsanwälten überwacht und überprüft. Auf dieser Grundlage bestehen an der Zuverlässigkeit der Rechtsanwaltsangestellten keine Zweifel mehr.

Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zu dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde , in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet.

Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung im Ergebnis zu Recht versagt. Es ist nicht ausgeräumt, dass den Prozessbevollmächtigten ein eigenes Verschulden vorzuwerfen ist, das der Kläger sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestanden, ist nicht vorgetragen worden.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen solcher organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax nicht deswegen unerheblich, weil der Prozessbevollmächtigte der Rechtsanwaltsangestellten R. eine konkrete Einzelanweisung erteilt hatte. Ob eine Einzelanweisung organisatorische Maßnahmen entbehrlich macht, hängt entscheidend von dem Inhalt der Einzelanweisung ab.

Weicht der Rechtsanwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an. So ersetzt beispielsweise die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich.

Anders ist es hingegen, wenn die Einzelanweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegen zu wirken. So liegt der Fall auch, wenn - wie hier - die Anweisung nur darin besteht, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Telefax zu veranlassen. Es fehlt dann an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig, dass Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittelung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt, eine Übermittlung per Telefax anzuordnen.

Der Senat kann abschließend über das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers entscheiden, ohne ihm einen Hinweis gemäß § 139 ZPO zu erteilen. Wie oben ausgeführt, besteht eine Hinweispflicht nur bezogen auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedüftige Angaben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
 

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 72/15
vom
3. Dezember 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine
organisatorische Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung
ihre Bedeutung für die Einhaltung der Frist verlieren (vgl. Senat, Beschluss vom
23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367).
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15 - LG Nürnberg-Fürth
AG Hersbruck
ECLI:DE:BGH:2015:031215BVZB72.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Czub, die Richterin Dr. Brückner und den Richter Dr. Göbel

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth - 14. Zivilkammer - vom 5. Mai 2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 990 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die Beklagten in einer Wohnungseigentumsangelegenheit auf Erstattung einer Sonderumlage in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 25. Februar 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. März 2015 Berufung eingelegt. Mit einem am 31. März 2015 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten seien die Berufungsschrift und das übliche Schreiben an die Bevollmächtigten der Gegenseite bei zunächst nur fristwahrender Berufungseinlegung gefertigt worden. Beide Schreiben hätten vorab per Telefax übermittelt werden sollen. Hiermit sei die erfahrene Rechtsanwaltsangestellte R. beauftragt worden. Das Schreiben an die Anwälte der Gegenseite habe ohne Probleme übermittelt werden können, während bei dem Telefaxversand der Berufungsschrift keine Verbindung zustande gekommen sei. Die Mitarbeiterin habe dies versehentlich nicht bemerkt und sei nachfolgend davon ausgegangen, dass auch die Berufungsschrift ordnungsgemäß übertragen worden sei. Zur Glaubhaftmachung hat sich der Kläger auf die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsangestellten berufen. Diese weist ergänzend darauf hin, seit dem 23. Februar 2015 in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers beschäftigt und zuvor 24 Jahre bei einer anderen Anwaltskanzlei tätig gewesen zu sein.
2
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsfrist nicht vor, da der Kläger nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, diese Frist einzuhalten. Er müsse sich das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Zwar könne ein Prozessbevollmächtigter die Verrichtung einfacher Tätigkeiten, die keine besonderen juristischen Kenntnisse verlangten, seinen Mitarbeitern überlassen. Im Hinblick auf die Bedeutung der Fristwahrung insbesondere im Rahmen der Rechtsmitteleinlegung komme aber eine Übertragung damit im Zusammenhang stehender Aufgaben, zu denen auch der Telefaxversand von Schriftsätzen gehöre, nur auf gut ausgebildetes, als zuverlässig erprobtes und überwachtes Büropersonal in Betracht. Vorliegend lasse sich weder dem Wiedereinsetzungsgesuch noch der eidesstattlichen Versicherung entnehmen, dass die Rechtsanwaltsangestellte R. während ihrer 24-jährigen Tätigkeit in einer anderen Kanzlei mit der selbständigen Führung des Fristenkalenders und der Überwachung der Fristenkontrolle betraut gewesen sei und diese Aufgaben sorgfältig und zuverlässig erledigt habe. Sachvortrag, dass es sich bei ihr um eine gut ausgebildete, als zuverlässig erprobt und sorgfältig überwachte Fachkraft handele, und dass sie zuvor stichprobenartig überwacht worden sei, fehle. Ebenfalls nicht ersichtlich sei, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Rechtsanwaltsangestellte R. besonders hinsichtlich der Bedeutung der Einhaltung von Fristen belehrt oder überwacht hätten.

III.

4
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 ZPO).
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist allerdings gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO), weil das Berufungsgericht die Anforderungen an das, was eine Partei veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erlangen, überspannt und dadurch den Anspruch des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.; BGH, Beschluss vom 12. November 2013 - VI ZB 4/13, NJW 2014, 700 Rn. 5 mwN).
6
a) Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist zwar zutreffend. Eine auf das Fehlverhalten einer Bediensteten des Prozessbevollmächtigten gerichtete Wiedereinsetzung ist solange nicht schlüssig begründet, wie der Antragsteller nicht im Einzelnen darlegt, dass jene sich als zuverlässig erwiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85, VersR 1985, 1140; Beschluss vom 4. Oktober 1988 - VI ZB 21/88, NJW-RR 1989, 126, 127). Insoweit genügten die Angaben der Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem Wiedereinsetzungsgesuch und die Ergänzungen in der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsangestellten R. nicht. Dass es sich bei ihr um eine „er- fahrene Rechtsanwaltsangestellte“ handelte, die bereits zuvor 24 Jahrebei einer anderen Kanzlei tätig gewesen sei, besagt als solches über die Zuverlässigkeit ihrer Arbeit und die Überwachung ihrer Tätigkeiten nichts.
7
b) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht beachtet, dass es verpflichtet war, den Kläger auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen.
8
aa) Ein Hinweis gemäß § 139 ZPO ist stets dann angezeigt, wenn die Angaben zu innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vorgebrachten Wiedereinsetzungsgründen erkennbar unklar oder ergänzungsbedürftig sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85, VersR 1985, 1140; Beschluss vom 4. Oktober 1988 - VI ZB 21/88, NJW-RR 1989, 126, 127; Beschluss vom 21. Oktober 2010 - IX ZB 73/10, NJW 2011, 458 Rn. 19, 21). Ein solcher Fall ist auch dann gegeben, wenn ein Gericht - wie hier - die Angaben in dem Wiedereinsetzungsgesuch über die Zuverlässigkeit einer Büroangestellten für ergänzungsbedürftig hält. Es geht hierbei nicht um den - nicht zulässigen - Vortrag eines neuen Wiedereinsetzungsgrundes, sondern um die auch nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist mögliche sachliche Ergänzung des fristgerecht geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes (BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85, VersR 1985, 1140; Beschluss vom 4. Oktober 1988 - VI ZB 21/88, NJW-RR 1989, 126, 127).
9
bb) Fehlt es - wie hier - an einem solch gebotenen Hinweis, können die unklaren bzw. ergänzungsbedürftigen Angaben auch noch nach Ablauf der Antragsfrist mit der Rechtsbeschwerde ergänzt werden (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - IX ZB 73/10, NJW 2011, 458 Rn. 21 mwN). Der Senat hat deshalb die von dem Kläger mit der Rechtsbeschwerdebegründung vorgelegte weitere eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsangestellten R. zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich, dass sie während ihrer langjährigen Tätigkeit bei einer anderen Rechtsanwaltskanzlei damit beauftragt war, den Fristenkalender selbständig zu führen, fristgebundene Schriftstücke zu versenden und die Fristenkontrolle durchzuführen, wobei sie diese Arbeiten zuverlässig und ohne Beanstandungen erledigt hat. Zudem wurde sie auch von den Rechtsanwälten überwacht und überprüft. Auf dieser Grundlage bestehen an der Zuverlässigkeit der Rechtsanwaltsangestellten keine Zweifel mehr.
10
c) Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zu dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368).
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung im Ergebnis zu Recht versagt. Es ist nicht ausgeräumt, dass den Prozessbevollmächtigten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist, das der Kläger sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
12
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (BGH, Beschluss vom 13. Juni 1996 - VII ZB 13/96, NJW 1996, 2513; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZB 51/12, juris Rn. 6). Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestanden, ist nicht vorgetragen worden.
13
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen solcher organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax nicht deswegen unerheblich, weil der Prozessbevollmächtigte der Rechtsanwaltsangestellten R. eine konkrete Einzelanweisung erteilt hatte. Ob eine Einzelanweisung organisatorische Maßnahmen entbehrlich macht, hängt entscheidend von dem Inhalt der Einzelanweisung ab.
14
aa) Weicht der Rechtsanwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an. So ersetzt beispielsweise die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Aus- gangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369).
15
bb) Anders ist es hingegen, wenn die Einzelanweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegen zu wirken. So liegt der Fall auch, wenn - wie hier - die Anweisung nur darin besteht, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Telefax zu veranlassen. Es fehlt dann an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig, dass Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittelung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt, eine Übermittlung per Telefax anzuordnen (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369).
16
c) Der Senat kann abschließend über das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers entscheiden, ohne ihm einen Hinweis gemäß § 139 ZPO zu erteilen. Wie oben ausgeführt, besteht eine Hinweispflicht nur bezogen auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedüftige Angaben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369).

IV.


17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Czub Brückner Göbel

Vorinstanzen:
AG Hersbruck, Entscheidung vom 23.02.2015 - 7 C 39/14 WEG -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 05.05.2015 - 14 S 2203/15 WEG -

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)