Insolvenzrecht: Zur Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens vor Insolvenzantragsstellung
AoLs
Authors
Entsprechendes gilt für die Rückgewähr eines durch den Gesellschafter abgesicherten Kredits.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft , aber nur in einem Umfang von 126.402,51 ? zulässig. Im Hinblick auf die Auszahlung an den Beklagten am 22. November 2010 in Höhe von 1.000 ?, die vom Kläger als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1InsO angefochten worden ist, hat der Beklagte entgegen § 544 Abs. 2 Satz 3ZPO einen Zulassungsgrund nicht dargelegt. Die geltend gemachten Zulassungsgründe betreffen allein die Anfechtungen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2InsO. Betrifft die angefochtene Entscheidung wie vorliegend mehrere prozessuale Ansprüche, so ist für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 544 Abs. 2 Satz 2ZPO genügende Begründung erforderlich. Solcher im Einzelnen differenzierender Beanstandungen bedarf es jedenfalls dann, wenn das Berufungsgericht die erhobenen Ansprüche aus jeweils unterschiedlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für begründet erachtet.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat im Übrigen keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Das Berufungsgericht hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als für unerheblich angesehen, dass der Beklagte vor der letzten Zahlung der Schuldnerin an ihn am 3. Februar 2011 in Höhe von 2.000 ? zur Rückführung des von ihm als Alleingesellschafter der Schuldnerin gewährten Kredits seine Gesellschaftsbeteiligungen an einen Dritten übertragen hatte. Der für ein Gesellschafterdarlehen durch § 39 Abs. 1 Nr. 5InsO angeordnete Nachrang kann nicht ohne weiteres dadurch unterlaufen werden, dass der Gesellschafter als Darlehensgeber seine Beteiligung an der Gesellschaft aufgibt. Allerdings wäre in Fällen einer Übertragung der Gesellschafterstellung ein zeitlich unbegrenzter Nachrang der Darlehensforderung unangemessen. Deshalb bleibt auf der Grundlage des in § 135 Abs. 1 Nr. 2InsO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens der Nachrang für ein Gesellschafterdarlehen nur erhalten, wenn der Gesellschafter seine Gesellschafterposition innerhalb der Jahresfrist vor Antragstellung aufgibt. Mit dem Nachrang ist folgerichtig die Anfechtbarkeit nach § 135 Abs. 1 Nr. 2InsO verbunden. Auf die weiteren von der Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es nicht an, weil es sich insoweit um eine alternative Begründung handelt.
Soweit das Berufungsgericht den Beklagten nach § 135 Abs. 2InsO zur Zahlung von 107.902,51 ? verurteilt hat, weil die Schuldnerin im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung einen Kontokorrentkredit zurückgeführt hat, für den sich der Beklagte als Alleingesellschafter verbürgt hatte, und nach § 135 Abs. 1 Nr. 2InsO zur Zahlung von weiteren 18.500 ?, weil die Schuldnerin in dieser Höhe im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags einen Gesellschafterkredit an den Beklagten zurückgeführt hat, berührt das keine Grundsatzfrage. Hierbei kann zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zahlungen sich noch nicht in der Krise befunden hat. Denn die dem Senat vorgelegte Grundsatzfrage, ob ein Gesellschafter nach § 135InsO auch haftet, wenn die Rückzahlungen vor der Krise der Gesellschaft erfolgt sind, ist bereits höchstrichterlich entschieden.
Nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben der § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 und 2InsO kommt es auf die Krise der Gesellschaft nicht mehr an. Der Gesetzgeber hat mit § 39 Abs. 1 Nr. 5InsO in der Fassung von Art. 9 Nr. 5 des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 bewusst auf das Merkmal der Kapitalersetzung verzichtet. Die Neuregelung verweist jedes Gesellschafterdarlehen bei Eintritt der Gesellschaftsinsolvenz in den Nachrang. Dasselbe gilt nach Maßgabe von Art. 9 Nr. 8MoMiG für die Neufassung von § 135InsO. Rückzahlungen auf Gesellschafterdarlehen sind innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2InsO nF stets anfechtbar. Die Anfechtung beschränkt sich nicht mehr auf solche Fälle, in denen zurückgezahlte Gesellschafterdarlehen eigenkapitalersetzend waren und die Befriedigung der Gesellschafter ihrer Finanzierungsfolgenverantwortung widersprach. Dieses Gesetzesverständnis ist eindeutig und - soweit ersichtlich - auch unumstritten. In Konsequenz dieser Änderung wird durch eine Verschärfung des § 135 Abs. 1 Nr. 2InsO die Rückgewähr jedes Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft binnen eines Jahres vor Insolvenzantragstellung von der Insolvenzanfechtung erfasst, ohne dass das bisherige Erfordernis einer "Gesellschaftskrise" hinzutreten muss.
Dem kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht entgegenhalten, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ebenfalls ausgeführt habe, der darlehensgewährende Gesellschafter werde nicht schlechter gestellt und in § 135 Abs. 2InsO werde die bisher in § 32bGmbHG enthaltene Regelung in rechtsformneut-raler Form übernommen. Dieser Teil der Gesetzesmaterialien liefert keinen durchgreifenden Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Haftung des Gesellschafters im Umfang der Rückzahlungen innerhalb der Jahresfrist weiterhin an die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft habe knüpfen wollen. Dagegen sprechen der eindeutige Gesetzeswortlaut, aber auch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung, es gebe künftig keine Unterscheidung zwischen "kapitalersetzenden" und "normalen" Gesellschafterdarlehen und das Merkmal der Krise sei durchgängig aufgegeben worden.
Weder für eine teleologische Reduktion des § 135InsO in dem Sinne, dass dem Gesellschafter der Entlastungsbeweis ermöglicht wird, zum Zeitpunkt der Rückführung des Darlehens habe noch kein Insolvenzgrund vorgelegen, noch für eine analoge Anwendung des § 136 Abs. 2InsO bleibt im Hinblick auf das Gesamtkonzept der neuen Regelungen Raum. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung die Rechtslage erheblich einfacher und übersichtlicher gestalten und dadurch zu einer größeren Rechtssicherheit und einfacheren Handhabbarkeit der Eigenkapitalgrundsätze gelangen. Er hat dabei unter Abwägung der Interessen sowohl der Insolvenzgläubiger als auch der Gesellschafter die Rückzahlung des Gesellschafterkredits und eines durch den Gesellschafter abgesicherten Kredits nicht mehr dem Kapitalerhaltungsrecht unterworfen, sondern dem durch feste Fristen gekennzeichneten Insolvenzanfechtungsrecht. Damit hat er zwar einerseits die Haftung der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung durch Verzicht auf das Merkmal der Gesellschaftskrise verschärft , andererseits aber auch entschärft, weil Rückzahlungen, die außerhalb der Anfechtungsfrist erfolgen, nicht mehr unter Rückgriff auf § 31GmbHG erstattet werden müssen. Im Übrigen ist infolge der Beseitigung des Eigenkapitalersatz rechts durch das MoMiG der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen den Gesellschafter auf unentgeltliche Nutzung eines überlassenen Wirtschaftsguts zu ihren Gunsten entfallen.
Weder das Gesetz noch die sich am Gesetzeswortlaut und den Intentionen des Gesetzgebers orientierende Auslegung des § 135InsO verstößt gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1GG. Die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nennt keine Stimme, die verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelungen des MoMiG äußert. In der in Bezug genommenen Berufungsbegründung hat der Beklagte zwar eine Literaturstelle zitiert. Diese aber betraf nicht § 135 InsO, sondern § 131 Abs. 1 Nr. 1InsO. Der Senat wendet die Bestimmung des § 135 InsO in ständiger Rechtsprechung an.
Ziel des Gesetzgebers war es, durch eine Vereinfachung der Rechtslage und durch Schaffung typisierender Regelungen mehr Rechtssicherheit zu erreichen. Dabei hat er unter verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Abwägung der Interessen der Gläubiger und der Gesellschafter einerseits die Haftung der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung durch Verzicht auf das Merkmal der Gesellschaftskrise verschärft, andererseits den Gläubigerschutz durch die Jahresfrist eingeschränkt. Jede typisierende Regelung kann zwar im Einzelfall zu Härten führen; dies wird jedoch ausgeglichen durch den Gewinn an Rechtssicherheit infolge des Verzichts auf die unnötig komplizierte Rechtsregeln des Kapitalersatzrechts , die in der Literatur teilweise als "ständig fortschreitender Wildwuchs" beschrieben wurden.
Der behauptete Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1GG liegt fern.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
moreResultsText
Annotations
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 127.402,51 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO), aber nur in einem Umfang von 126.402,51 € zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Im Hinblick auf die Auszahlung an den Beklagten am 22. November 2010 in Höhe von 1.000 €, die vom Kläger als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten worden ist, hat der Beklagte entgegen § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO einen Zulassungsgrund nicht dargelegt. Die geltend gemachten Zulassungsgründe betreffen allein die Anfechtungen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 InsO. Betrifft die angefochtene Entscheidung wie vorliegend mehrere prozessuale Ansprüche, so ist für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 544 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Begründung erforderlich. Solcher im Einzelnen differenzierender Beanstandungen bedarf es jedenfalls dann, wenn das Berufungsgericht die erhobenen Ansprüche aus jeweils unterschiedlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für begründet erachtet (vgl. für die Berufungsbegründung BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 150/11, WM 2012, 1454 Rn. 10).
- 2
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat im Übrigen keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 3
- a) Das Berufungsgericht hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als für unerheblich angesehen, dass der Beklagte vor der letzten Zahlung der Schuldnerin an ihn am 3. Februar 2011 in Höhe von 2.000 € zur Rückführung des von ihm als Alleingesellschafter der Schuldnerin gewährten Kredits seine Gesellschaftsbeteiligungen an einen Dritten übertragen hatte. Der für ein Gesellschafterdarlehen durch § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO angeordnete Nachrang kann nicht ohne weiteres dadurch unterlaufen werden, dass der Gesellschafter als Darlehensgeber seine Beteiligung an der Gesellschaft aufgibt (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 Rn. 24). Allerdings wäre in Fällen einer Übertragung der Gesellschafterstellung ein zeitlich unbegrenzter Nachrang der Darlehensforderung unangemessen. Deshalb bleibt auf der Grundlage des in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens der Nachrang für ein Gesellschafterdarlehen nur erhalten, wenn der Gesellschafter seine Gesellschafterposition innerhalb der Jahresfrist vor Antragstellung aufgibt (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013, aaO Rn. 25). Mit dem Nachrang ist folgerichtig die Anfechtbarkeit nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO verbunden (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013, aaO Rn. 27). Auf die weiteren von der Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es nicht an, weil es sich insoweit um eine alternative Begründung handelt (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - II ZR 250/06, nv; vom 5. September 2012 - VII ZB 25/12, NJW 2012, 3516 Rn. 11).
- 4
- b) Soweit das Berufungsgericht den Beklagten nach § 135 Abs. 2 InsO zur Zahlung von 107.902,51 € verurteilt hat, weil die Schuldnerin im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung einen Kontokorrentkredit zurückgeführt hat, für den sich der Beklagte als Alleingesellschafter verbürgt hatte, und nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zur Zahlung von weiteren 18.500 €, weil die Schuldnerin in dieser Höhe im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags einen Gesellschafterkredit an den Beklagten zurückgeführt hat, berührt das keine Grundsatzfrage. Hierbei kann zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zahlungen sich noch nicht in der Krise befunden hat. Denn die dem Senat vorgelegte Grundsatzfrage, ob ein Gesellschafter nach § 135 InsO auch haftet, wenn die Rückzahlungen vor der Krise der Gesellschaft erfolgt sind, ist bereits höchstrichterlich entschieden.
- 5
- aa) Nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben der § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 und 2 InsO kommt es auf die Krise der Gesellschaft nicht mehr an. Der Gesetzgeber hat mit § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Fassung von Art. 9 Nr. 5 des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) bewusst auf das Merkmal der Kapitalersetzung verzichtet (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S. 42). Die Neuregelung verweist jedes Gesellschafterdarlehen bei Eintritt der Gesellschaftsinsolvenz in den Nachrang (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S. 26, 56). Dasselbe gilt nach Maßgabe von Art. 9 Nr. 8 MoMiG für die Neufassung von § 135 InsO. Rückzahlungen auf Gesellschafterdarlehen sind innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nF stets anfechtbar (BT-Drucks. 16/6140 S. 57). Die Anfechtung beschränkt sich nicht mehr auf solche Fälle, in denen zurückgezahlte Gesellschafterdarlehen eigenkapitalersetzend waren und die Befriedigung der Gesellschafter ihrer Finanzierungsfolgenverantwortung widersprach. Dieses Gesetzesverständnis ist eindeutig und - soweit ersichtlich - auch unumstritten (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 7/12, ZIP 2013, 734 Rn. 14 mwN; vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, BGHZ 198, 77 Rn. 29). In Konsequenz dieser Änderung wird durch eine Verschärfung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Rückgewähr jedes Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft binnen eines Jahres vor Insolvenzantragstellung von der Insolvenzanfechtung erfasst, ohne dass das bisherige Erfordernis einer "Gesellschaftskrise" hinzutreten muss (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 Rn. 10; vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2011 - II ZR 6/11, NJW 2012, 682 Rn. 15; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, NZI 2014, 619 Rn. 22).
- 6
- Dem kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht entgegenhalten, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ebenfalls ausgeführt habe, der darlehensgewährende Gesellschafter werde nicht schlechter gestellt (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S. 56) und in § 135 Abs. 2 InsO werde die bisher in § 32b GmbHG enthaltene Regelung in rechtsformneutraler Form übernommen (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S. 57). Dieser Teil der Gesetzesmaterialien liefert keinen durchgreifenden Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Haftung des Gesellschafters im Umfang der Rückzahlungen innerhalb der Jahresfrist weiterhin an die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft habe knüpfen wollen. Dagegen sprechen der eindeutige Gesetzeswortlaut, aber auch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung , es gebe künftig keine Unterscheidung zwischen "kapitalersetzenden" und "normalen" Gesellschafterdarlehen (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S. 26) und das Merkmal der Krise sei durchgängig aufgegeben worden (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S. 57).
- 7
- bb) Weder für eine teleologische Reduktion des § 135 InsO in dem Sinne , dass dem Gesellschafter der Entlastungsbeweis ermöglicht wird, zum Zeitpunkt der Rückführung des Darlehens habe noch kein Insolvenzgrund vorgelegen , noch für eine analoge Anwendung des § 136 Abs. 2 InsO bleibt im Hinblick auf das Gesamtkonzept der neuen Regelungen Raum (vgl. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 327). Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung die Rechtslage erheblich einfacher und übersichtlicher gestalten und dadurch zu einer größeren Rechtssicherheit und einfacheren Handhabbarkeit der Eigenkapitalgrundsätze gelangen. Er hat dabei unter Abwägung der Interessen sowohl der Insolvenzgläubiger als auch der Gesellschafter die Rückzahlung des Gesellschafterkredits und eines durch den Gesellschafter abgesicherten Kredits nicht mehr dem Kapitalerhaltungsrecht unterworfen, sondern dem durch feste Fristen gekennzeichneten Insolvenzanfechtungsrecht (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S. 42). Damit hat er zwar einerseits die Haftung der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung durch Verzicht auf das Merkmal der Gesellschaftskrise verschärft (vgl. Habersack, ZIP 2007, 2145, 2146; Roth, GmbHR 2008, 1184, 1186; Bauer, ZInsO 2011, 1379, 1382), andererseits aber auch entschärft, weil Rückzahlungen, die außerhalb der Anfechtungsfrist erfolgen, nicht mehr unter Rückgriff auf § 31 GmbHG erstattet werden müssen (vgl. Habersack, aaO; Bauer, aaO). Im Übrigen ist infolge der Beseitigung des Eigenkapitalersatz- rechts durch das MoMiG der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen den Gesellschafter auf unentgeltliche Nutzung eines überlassenen Wirtschaftsguts zu ihren Gunsten entfallen (BGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - IX ZR 279/13, ZIP 2015, 589 Rn. 38; vgl. Habersack, aaO; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325,
328).
- 8
- cc) Weder das Gesetz noch die sich am Gesetzeswortlaut und den Intentionen des Gesetzgebers orientierende Auslegung des § 135 InsO verstößt gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nennt keine Stimme, die verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelungen des MoMiG äußert. In der in Bezug genommenen Berufungsbegründung hat der Beklagte zwar eine Literaturstelle zitiert. Diese aber betraf nicht § 135 InsO, sondern § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Klinck, Die Grundlagen der besonderen Insolvenzanfechtung, S. 261 ff). Der Senat wendet die Bestimmung des § 135 InsO in ständiger Rechtsprechung an.
- 9
- Ziel des Gesetzgebers war es, durch eine Vereinfachung der Rechtslage und durch Schaffung typisierender Regelungen mehr Rechtssicherheit zu erreichen. Dabei hat er unter verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Abwägung der Interessen der Gläubiger und der Gesellschafter einerseits die Haftung der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung durch Verzicht auf das Merkmal der Gesellschaftskrise verschärft, andererseits den Gläubigerschutz durch die Jahresfrist eingeschränkt. Jede typisierende Regelung kann zwar im Einzelfall zu Härten führen; dies wird jedoch ausgeglichen durch den Gewinn an Rechtssicherheit infolge des Verzichts auf die unnötig komplizierte Rechtsregeln des Kapitalersatzrechts (Habersack, ZIP 2007, 2145, 2146; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602 f), die in der Literatur teilweise als "ständig fortschreitender Wildwuchs" beschrieben wurden (Altmeppen, aaO, 3602).
- 10
- dd) Der behauptete Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt fern.
- 11
- c) Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 13.12.2012 - 3 O 11318/12 -
OLG München, Entscheidung vom 13.08.2013 - 5 U 611/13 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung
- 1.
Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder - 2.
Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.
(2) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(3) Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend.
(4) § 39 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.