Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 05. Juli 2016 - 9 S 1477/14

bei uns veröffentlicht am05.07.2016

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. Mai 2014 - 2 K 376/13 - wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das genannte Urteil geändert. Der Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass für einen zweizügigen Betrieb der Schule des Klägers ein Erweiterungsbau mit einer Gesamtprogrammfläche von 318 qm bis 504 qm im Sinne von § 5 Abs. 1VOSchulBau erforderlich war. Im Übrigen wird die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Beklagte zu drei Fünfteln und der Kläger zu zwei Fünfteln.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Feststellung der Erforderlichkeit eines Erweiterungsbauvorhabens.
Der Kläger betreibt als privater Schulträger die Freie Waldorfschule in ... .... In den Jahren 1985 und 1986 wurden ihm für den Neubau der Schule Fördermittel für einen einzügigen Schulbetrieb im Umfang von 2.554 qm Programmfläche bewilligt. Wegen der hohen Nachfrage entschied sich der Kläger für einen Ausbau zum zweizügigen Schulbetrieb. In einer Anfrage vom 17.12.2004 legte er dar, dass die Schule derzeit von 535 Schülern in 16 Klassen besucht werde; 3 Parallelklassen (1, 5, 6) würden als Pilotprojekt bereits doppelt geführt. Das Konzept „2 x 24“ mache eine bauliche Erweiterung des Schulgebäudes erforderlich. Unter dem 23.06.2005 beantragte der Kläger schließlich, die Erforderlichkeit für eine förderfähige bauliche Erweiterung der Schule festzustellen. Unter dem 22.07.2008 wurde der nachfolgende Bestandsplan des Schulgebäudes vom 22.07.2005 vorgelegt:
Mit Schreiben vom 30.09.2005 teilte das Regierungspräsidium Freiburg mit, dass nach den vorgelegten Unterlagen kein zusätzlicher Raumbedarf der Schule vorliege. Die Bestandsaufnahme anhand der Pläne habe eine vorhandene Programmfläche von insgesamt 3.483 qm ergeben. Damit liege die in der Schule bestehende Raumfläche im Rahmen der Sollfläche von 3.192 bis 3.378 qm des maßgeblichen Modellraum-Programms für zweizügige Gymnasien. Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 19.01.2006 Stellung, in dem er ausdrücklich darauf hinwies, dass mit dem Bau des Schulraums, für den eine Förderung begehrt werde, noch nicht begonnen worden sei. Das Regierungspräsidium antwortete unter dem 21.02.2006.
In einer an den Sachbearbeiter beim Regierungspräsidium Freiburg gerichteten E-Mail vom 05.03.2007 wies der Geschäftsführer des Klägers darauf hin, dass im Sommer - wahrscheinlich Juni/Juli - mit der Baumaßnahme begonnen werde, und fragte an, ob die zugunsten des Beklagten eingetragenen Sicherheiten (Grundschulden) entfallen könnten. Als „P.S.“ fügte er an: „Ich würde mich bei Ihnen in dieser Woche gerne noch telefonisch melden, um über die Zuschussfrage/Rechtsmittel mit Ihnen zu sprechen!“ Daraufhin gab der Beklagte eine Teillöschungs- bzw. Abtretungserklärung im Hinblick auf einen Teil der zu seinen Gunsten eingetragenen Grundschulden ab. In der Folge wurde der Erweiterungsbau errichtet.
Mit Schreiben vom 28.08.2007 führte der Beklagte aus, dass nach § 18 Abs. 7 Satz 4 Privatschulgesetz (PSchG) [a.F.] und § 3 Abs. 1 Privatschulbauverordnung (VOSchulBau) ein Zuschuss nur für die Schaffung des erforderlichen Schulraums gewährt werden dürfe. Die Erforderlichkeit liege nur dann vor, wenn ein objektiver Schulraumbedarf bestehe. Der Bedarf ergebe sich aus einem Vergleich zwischen dem geltenden Modellraumprogramm und dem vorhandenen und nutzbaren Schulraum, der im Eigentum des Schulträgers stehe. Unerheblich sei dabei, ob der vorhandene und nutzbare Schulraum in der Vergangenheit gefördert worden sei. Die anzusetzende Programmfläche nach dem Modellraumprogramm stelle den Umfang des erforderlichen Raumbedarfs dar und bilde gleichzeitig die Höchstgrenze für die Bezuschussung einer entsprechenden Baumaßnahme. Um der besonderen pädagogischen Prägung der Freien Waldorfschulen Rechnung zu tragen, habe das Kultusministerium die Möglichkeit des Flächenaustausches eingeräumt. Dabei handele es sich aber nicht um eine Ergänzung des Modellraumprogrammes.
Bereits am 01.03.2007 hatte der Kläger wegen seines Begehrens Untätigkeitsklage erhoben (2 K 697/07). Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27.04.2007 wurde das Verfahren zum Ruhen gebracht. Am 16.07.2009 erhob der Kläger außerdem gegen den Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 28.08.2007 Klage (2 K 1134/09). Am 09.10.2009 rief er das für ruhend erklärte Verfahren wieder an (neues Aktenzeichen 2 K 1840/09).
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15.03.2010 wurden die Verfahren 2 K 1134/09 und 2 K 1840/09 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen 2 K 1134/09 fortgeführt. Mit Urteil vom 06.04.2011 wies das Verwaltungsgericht die Klage (als unzulässig) ab. Auf die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers hob der Senat diese Entscheidung mit Urteil vom 22.01.2013 - 9 S 1891/12 - auf, soweit die am 01.03.2007 erhobene Klage abgewiesen wurde, und verwies die Sache an das Verwaltungsgericht Freiburg zurück.
Mit Urteil vom 15.05.2014 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 28.08.2007 auf und verpflichtete den Beklagten, den Antrag des Klägers neu zu bescheiden, die Erforderlichkeit der Schaffung von 12 weiteren Klassenräumen für einen zweizügigen Schulbetrieb durch einen Erweiterungsbau im Sinne von § 5 Abs. 1 VOSchulBau festzustellen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Der Kläger sei mit seinem Begehren nicht bereits deshalb materiell präkludiert, weil er den Erweiterungsbau im Jahr 2007/2008 und damit vor einer bestands- bzw. rechtskräftigen (positiven) Feststellung der Erforderlichkeit errichtet habe. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau sei vor der Einreichung des Zuschussantrages und dem Beginn der Bauarbeiten von der oberen Schulaufsichtsbehörde die Erforderlichkeit des Bauvorhabens festzustellen. Der eindeutige Wortlaut und der Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau sowie der übrigen Regelungen forderten grundsätzlich die Feststellung der Erforderlichkeit vor Baubeginn. Denn § 3 VOSchulBau begünstige ausschließlich Baumaßnahmen, die - gemessen an der konkreten örtlichen Raumbedarfssituation vor Baubeginn - geboten seien, um im Rahmen einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Planung den Schulraumbedarf zu beheben. Mit der Feststellung sollten damit sämtliche Tatsachen ermittelt werden, die der Beurteilung der Erforderlichkeit der geplanten (Erweiterungs-)maßnahmen zur Behebung eines Schulraumbedarfs dienten. Diese Tatsachenermittlung könne in aller Regel nicht im Nachhinein erfolgen. Durch die vorherige Feststellung solle dem Schulträger zudem schon vor Beginn der Baumaßnahmen und damit vor der Schaffung vollendeter Tatsachen mit den damit verbundenen finanziellen Verbindlichkeiten Klarheit verschafft werden, ob mit einer späteren Bezuschussung gerechnet werden könne. Die vorherige Einschätzung der Behörde sichere damit auch die Planungen und Dispositionen des Schulträgers ab. Aus diesem Grund sei § 5 VOSchulBau nicht etwa nur auf eine Formvorschrift zu reduzieren. Dies ergebe sich auch aus einem systematischen Vergleich seines Absatzes 1 Satz 1 mit Absatz 2. Soweit für das Verfahren nach Feststellung der Erforderlichkeit auf die Verwaltungsvorschrift zu § 44 LHO verwiesen werde, heiße es in § 5 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich, dass die Nr. 1.2 der Verwaltungsvorschrift, wonach „Zuwendungen ... nur für solche Vorhaben bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind“, nicht anwendbar sei. Diese Regelung mache keinen Sinn, wenn nach dem Willen des Verordnungsgebers auch die Erforderlichkeit der Maßnahme noch nach dem Beginn der Bauarbeiten festgestellt werden könnte.
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Der Regelfall des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau müsse allerdings im konkreten Fall eine Ausnahme finden, weil der vorzeitige Baubeginn dem Kläger vorliegend nicht entgegengehalten werden könne. Er habe nämlich vor Beginn der Baumaßnahmen - zumindest eine - wenn auch negative - Entscheidung über die Erforderlichkeit herbeigeführt. Ferner habe er am 05.03.2007 den Baubeginn für Sommer 2007 angezeigt, ohne dass eine Reaktion des Beklagten hierauf erfolgt sei. Hinzu komme, dass der Beklagte die Verwirklichung des Erweiterungsbaus durch die Abgabe einer Teillöschungs- bzw. Abtretungserklärung der zu seinen Gunsten eingetragenen Grundschulden aktiv gefördert habe, ohne gleichzeitig Bedenken wegen der Nichteinhaltung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 VOSchulBau anzumelden. Angesichts dieser Besonderheiten und der in Art. 7 Abs. 4 GG konstituierten verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Privatschulwesens stelle sich daher die zeitnahe Umsetzung des klägerischen Vorhabens ausnahmsweise als förderunschädlich dar.
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Habe der Kläger danach einen Anspruch auf inhaltliche Bescheidung seines Antrags, so stehe seinem Begehren in der Hauptsache entgegen, dass die Sache noch nicht spruchreif sei und von der Kammer auch nicht spruchreif gemacht werden könne. Der Kläger habe als Minus zu seinem Antrag einen Anspruch auf Neubescheidung seines Begehrens, die Erforderlichkeit der Schaffung von 12 weiteren Klassenräumen durch einen Erweiterungsbau festzustellen.
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Nach § 18 Abs. 7 PSchG [a.F.] i. V. m. § 3 VOSchulBau orientiere sich der zuschussfähige Bauaufwand an dem Bauaufwand, der für die Schaffung des erforderlichen Schulraumes einer entsprechenden oder vergleichbaren öffentlichen Schule notwendig sei. § 3 Abs. 1 Satz 2 VOSchulBau wiederum besage, dass der angemeldete Bauaufwand zuschussfähig sei, soweit er im Rahmen einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Planung zur Behebung des Schulraumbedarfs von der oberen Schulaufsichtsbehörde als erforderlich anerkannt werde. Welche Planung wirtschaftlich und zweckmäßig sei, habe sich bei Schulraumerweiterungsmaßnahmen zunächst an dem vorhandenen baulichen Bestand auszurichten. Dies gelte unabhängig davon, ob dieser mit öffentlichen Mitteln gefördert oder vom Schulträger mit Eigenmitteln errichtet worden sei oder aus anderen Gründen im Eigentum/Besitz des Schulträgers stehe. Entscheidend sei allein, ob und wie ein vernünftiger Schulträger unter Berücksichtigung seiner pädagogischen Ausrichtung und seines eigenen Konzepts den Schulraumbedarf „wirtschaftlich und zweckmäßig" unter Berücksichtigung des objektiv vorhandenen Raumes befriedigen würde. Diese Betrachtungsweise stehe sowohl mit Art. 7 Abs. 4 GG als auch mit den Regelungen in § 18 Abs. 7 PSchG [a.F.] i. V. m. § 3 VOSchulBau in Einklang.
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Danach sei in einem ersten Schritt von einer vorhandenen - als anrechenbar anzusehenden - Gebäudegesamtfläche von 3.483 qm auszugeben. Allerdings lasse der vom Beklagten vorgenommene pauschale Abgleich dieser Flächen mit der von den Beteiligten zugrunde gelegten Gesamtprogrammfläche zwischen 3.192 qm und 3.378 qm die Frage unberücksichtigt, ob es auf Grund der örtlichen Verhältnisse im Rahmen einer nach Maßgabe des § 3 VOSchulBau wirtschaftlichen und zweckmäßigen Planung überhaupt möglich sei, mit dem vorhandenen Bestand den Schulraumbedarf für die geplante Zweizügigkeit zu beheben, ohne zugleich die der Waldorfpädagogik dienenden Räume aufzugeben.
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Deshalb sei in einem zweiten Schritt im Einzelnen zu untersuchen, ob ein Umbau zur Bedarfsdeckung geeignet und insbesondere zweckmäßig sei. Lasse sich die Zweckmäßigkeit eines Umbaus annehmen, sei im Weiteren eine Gegenüberstellung der geschätzten Kosten für einen Neubau und einen Umbau vorzunehmen, um eine Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Planung zu erhalten. Hiernach wäre zu prüfen, ob es für die Deckung des geplanten Bedarfs auch zweckmäßig sein könnte, vorhandene Fachräume unter Einbeziehung auch solcher Räume, die der besonderen Waldorfpädagogik dienen, zu verlegen oder untereinander zu tauschen. Dazu gehöre auch die Erwägung eines sog. Flächentausches. Insoweit dürfte den Ausführungen des Klägers, wonach schon vor dem offiziellen Ausbau zur Zweizügigkeit 16 Klassen bestanden hätten, mithin 3 zusätzliche Klassen als Pilotprojekt doppelt geführt worden seien, besonderes Gewicht zukommen.
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Neben der Verlegung/dem Tausch von Fachräumen und sonstigen Räumen dürfte aus Sicht der Kammer aber vor allem die Reduzierung der (Klassen)Raumgrößen in Betracht kommen. So habe der Kläger deutlich gemacht, dass mit der Einführung der Zweizügigkeit die Klassengrößen auf 24 Schüler pro Klasse verkleinert worden seien - Konzept „2 x 24“ -. Da das bisherige Raumprogramm der einzügigen Waldorfschule auf einer Klassengröße von mehr als 35 Schülern basiert habe, heiße das im konkreten Fall vor allem, dass die Zweizügigkeit nicht zu einer Verdoppelung der Schülerzahlen auf 70 Schüler pro Jahrgangsstufe geführt habe, sondern dass nur von einer mäßigen/relativen Erhöhung der Schülerzahlen bei gleichzeitiger Verkleinerung der Klassengrößen auszugehen sei. Angesichts dessen dürfte sich der Schulraumbedarf nicht an dem Modellraumprogramm für allgemeinbildende Gymnasien auszurichten haben, dem Klassengrößen von damals 33 Schülern zugrunde gelegen hätten, sondern an einer Klassengröße von 24 Schülern, wobei - wie bei öffentlichen Schulen - 2 qm pro Schüler pro Klasse anzusetzen sein dürften. Ob es angesichts der kleineren Klassen mit nur 24 Schülern im Übrigen bei einer als förderungsfähig angesehenen Gesamtprogrammfläche zwischen 3.192 qm und 3.378 qm verbleiben könne, könne dabei offen bleiben. Jedenfalls würde sich bei einer öffentlichen Schule nur eine Raumgröße pro Klasse von 48 qm ergeben, weshalb auf der Hand liege, dass die 72 bzw. 67 qm großen bestehenden Klassenräume bei einem Vergleich der Raumgrößen mit öffentlichen Schulen überdimensioniert sein dürften und in dieser Größe - für die Frage der Behebung des Raumbedarfs - möglicherweise nicht beibehalten werden könnten. Dementsprechend würden sich verschiedene Umbaumaßnahmen anbieten. Bei einer solchen Vorgehensweise könnten ggf. weitere Klassenräume gewonnen werden. Schließlich wäre eine sich nach diesen Maßgaben ergebende zweckmäßige Planung auch auf ihre Wirtschaftlichkeit zu überprüfen.
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Die abschließende Beurteilung, inwieweit der Schulraumbedarf mit dem vorhandenen Bestand gedeckt werden könne, könne die Kammer nicht selbst leisten. Die Bedarfsdeckungsanalyse hänge im vorliegenden Fall von mehreren Faktoren ab, die insbesondere Vergleichsberechnungen über die Frage, ob ein Umbau zur Vermeidung eines Neubaus wirtschaftlicher und zweckmäßiger sei, beinhalteten. Auch sei die Geeignetheit von Umbaumaßnahmen (Reduzierung der Raumgrößen, Verlegung von Räumen, Tausch usw.) anhand der konkreten örtlichen Verhältnisse bautechnisch zu bewerten. Dies sei Aufgabe des Beklagten und aufgrund seiner Rechtsauffassung - folgerichtig - von ihm bislang nicht geleistet worden.
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Gegen das ihm am 04.07.2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 31.07.2014 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet. Er beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. Mai 2014 - 2 K 376/13 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Der Kläger sei mit seinem Begehren bereits deshalb materiell präkludiert, weil er den Erweiterungsbau und damit vor einer bestands- bzw. rechtskräftigen Feststellung der Erforderlichkeit der Baumaßnahme errichtet habe.
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Der zwingende Charakter des § 5 Abs. 1 VOSchulBau ergebe sich bereits aus dem Wortlaut „…ist …festzustellen“. Die in § 5 Abs. 2 Satz 2 VOSchulBau angeordnete Nichtanwendung der Nr. 1.2 der VV zu § 44 LHO stelle schon eine Ausnahme zugunsten der Schulträger dar. Schulbauvorhaben könnten demnach vor der Zuschussbewilligung zuschussunschädlich begonnen werden. Für eine Ausdehnung dieser Besserstellung in der Schulbauförderung gegenüber anderen Förderbereichen dahingehend, dass der Beginn des Vorhabens sogar vor Feststellung der Erforderlichkeit gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau zuschussunschädlich möglich sein solle, seien keine Anhaltspunkte zu erkennen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe, mache § 5 Abs. 2 Satz 2 VOSchulBau dann keinen Sinn, wenn nach dem Willen des Verordnungsgebers die Erforderlichkeit der Maßnahme auch noch nach dem Beginn der Bauarbeiten festgestellt werden könnte. Die Voraussetzungen, unter denen ein Baubeginn förderunschädlich möglich sein solle, seien in § 5 VOSchulBau klar geregelt. Dass eine negative Entscheidung über die Erforderlichkeit hier ausreichen könnte, sei der Verordnung nicht zu entnehmen.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne hier keine Ausnahme von § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau gemacht werden. Die Tatsache, dass der Kläger vor Beginn der Baumaßnahme mit seinen Schreiben vom 30.09.2005 eine negative Entscheidung über die Erforderlichkeit erhalten gehabt habe, habe keinen Vertrauenstatbestand schaffen können. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau sei gerade eine positive Entscheidung über die Erforderlichkeit vor Beginn der Baumaßnahme notwendig.
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Die Tatsache, dass der Kläger am 05.03.2007 den Baubeginn für Sommer 2007 angezeigt gehabt habe, könne ebenfalls keinen Vertrauensschutz begründen. Bereits mit Schreiben vom 21.02.2006 habe er, der Beklagte, auf die Regelungen der VOSchulBau hingewiesen, insbesondere darauf, dass vor der Einreichung des Zuschussantrages und dem Beginn der Bauarbeiten die Erforderlichkeit des Bauvorhabens vom Regierungspräsidium festgestellt sein müsse. Auch sei der Kläger seit diesem Zeitpunkt anwaltlich vertreten gewesen. Vor diesem Hintergrund könne die Tatsache, dass er mit Schreiben vom 28.08.2007 dem Kläger eine Teilabtretungserklärung einer Grundschuld mit der Bitte um Weiterleitung an die GLS Bank übersandt habe, kein (neues) Vertrauen geschaffen haben. Soweit die grundbuchmäßige Belastung nicht mehr zur Sicherung eventueller Rückforderungsansprüche erforderlich sei, habe der Kläger einen Rechtsanspruch auf derartige Teillöschungserklärungen gehabt. Auch im Hinblick auf die bereits bestehende anwaltliche Beratung habe er, der Beklagte, keine Veranlassung gehabt, im Zusammenhang mit der Teilabtretungserklärung erneut und zum wiederholten Male darauf hinzuweisen, dass vor Baubeginn eine Entscheidung über die Erforderlichkeit der Baumaßnahme getroffen sein muss.
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Gründe für einen Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Begehrens, die Erforderlichkeit der Schaffung von 12 weiteren Klassenräumen durch einen Erweiterungsbau festzustellen, seien nicht gegeben.
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Weiterer Schulraum sei bei Einführung der Zweizügigkeit im Sinne der VOSchulBau nicht erforderlich gewesen. Im Bestand sei eine Programmfläche von 3.483 qm vorhanden gewesen. Von dieser Gebäudegesamtfläche sei für die Frage der Erforderlichkeit auszugehen, unabhängig davon, ob diese vorhandene Fläche bezuschusst oder durch den Kläger selbst finanziert gewesen sei. Die vom Kläger gewählte Binnendifferenzierung im Hinblick auf waldorfspezifische oder andere Räume könne insofern nicht maßgeblich sein. Wenn die zu einem früheren Zeitpunkt gewählte Flächenaufteilung bzw. Nutzungsart später wegen sich ändernder Anforderungen wie beispielsweise der Einrichtung einer Zweizügigkeit nicht mehr praktikabel sei, könne der Kläger dies nicht dem Land anlasten.
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Zu Unrecht mache der Kläger geltend, dass eine Anrechnung von Waldorfflächen auf die vorhandene Programmfläche aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Die Eröffnung der Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die spezifische Waldorfpädagogik führe ja gerade dazu, dass entgegen der Auffassung des Klägers nicht die „Schulräume nach Anzahl, Raumgröße und Nutzungsart für eine vergleichbare öffentliche Schule" zugrunde zu legen und eins zu eins zu übertragen seien. Vielmehr werde lediglich die sich aus den entsprechenden für eine vergleichbare öffentliche Schule notwendigen Räumen ergebende Fläche herangezogen, um den Flächenbedarf der Waldorfschule zu ermitteln. Der Kläger könne deshalb nicht einfach vorhandene Waldorfflächen aus der Berechnung der vorhandenen Programmfläche herausnehmen. Vielmehr sei auf die Gesamtfläche abzuheben, wobei den Waldorfschulen bei der Nutzungsart ein erheblicher Gestaltungsspielraum eingeräumt sei.
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Nach Auffassung des Gerichts müsste die Schulverwaltung bei einer Erweiterungsmaßnahme prüfen, ob es aufgrund der örtlichen Verhältnisse im Rahmen einer nach Maßgabe des § 3 VOSchulBau wirtschaftlichen und zweckmäßigen Planung überhaupt möglich sei, mit dem vorhandenen Bestand den Schulraumbedarf für die geplante Zweizügigkeit zu beheben, „ohne zugleich die der Waldorfpädagogik dienenden Räume aufzugeben." Dabei wäre zu prüfen, ob durch Umbaumaßnahmen etwa vorhandene Fachräume ebenso wie der besonderen Waldorfpädagogik dienende Räume zu verlegen oder untereinander zu tauschen seien. Dies widerspreche allerdings den Grundsätzen der Förderung im Hinblick auf die speziellen Gegebenheiten bei Waldorfschulen. Diese beruhe auf dem Verhandlungsergebnis in den 90er Jahren zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Arbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen. Danach seien für Waldorfschulen mit bestimmten Zügigkeiten und Klassengrößen festgelegte Raumprogramme mit Flächenobergrößen förderfähig. Im Rahmen dieser Flächenobergrößen lasse die Schulverwaltung einen Flächentausch mit den waldorfspezifischen Räumen zu, um den Besonderheiten der Freien Waldorfschulen Rechnung tragen zu können. Im Umkehrschluss seien waldorfspezifische Flächen im verfügbaren Raumbestand zu berücksichtigen, da diese anstelle von Klassenräumen im Wege des Flächentauschs träten. Im konkreten Fall sei von einer Fläche von 3.483 qm im Ist-Bestand auszugehen gewesen. Dem stehe eine Soll-Fläche von 3.192 bis 3.378 qm als Gesamtprogrammfläche einer zweizügigen öffentlichen Schule gegenüber. Unter Berücksichtigung des waldorfspezifischen Instruments des Flächentausches sei mit diesem Ergebnis seine Prüfungspflicht bereits erfüllt und die Erforderlichkeit weiterer Umbaumaßnahmen zu verneinen gewesen.
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Die vom Gericht angestellten Erwägungen in Bezug auf die erforderliche Anzahl von Klassenräumen bzw. erforderlichen Raumgrößen seien rechtlich nicht begründet und tatsächlich nicht umsetzbar. Die Frage, ob besondere waldorfpädagogische Räume mit anderen Räumen konkret funktional im Bestand getauscht werden könnten, bleibe dem Schulträger vorbehalten, soweit er sich im Rahmen des Raumprogramms bewege. Die von der Kammer in Betracht gezogene Reduzierung der (Klassen) Raumgrößen finde weder in den entsprechenden Förderrichtlinien ihre Grundlage, noch sei sie in der Praxis anwendbar. Eine solche konkret-funktionale Betrachtung würde auch einen extremen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeuten. Die vom Gericht geforderten Vergleichsberechnungen über die Frage, ob ein Umbau zur Vermeidung eines Neubaus wirtschaftlicher und zweckmäßiger sei, seien demnach in der VOSchulBau nicht gefordert, weder seine Aufgabe noch von ihm zu leisten.
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Eine Waldorfschule könne nicht einerseits die Förderung für eine Gesamtfläche verbunden mit der Möglichkeit der Gestaltung entsprechend der besonderen Waldorfpädagogik bei der Umsetzung der Programmflächen beanspruchen und andererseits eine Ausstattung mit Klassenräumen entsprechend einer vergleichbaren öffentlichen Schule neben den Waldorfflächen verlangen. Genau dies aber tue der Kläger, indem er systemwidrig Klassenräume reklamiere. Es komme für die Förderentscheidung im Waldorfschulbereich gerade nicht auf die konkrete Anzahl von tatsächlich einzurichtenden Klassenräumen an. Vielmehr bleibe es in der Gestaltungsfreiheit des Schulträgers, die Nutzungsart sowie die Größe und den Zuschnitt der Räume selbst zu wählen.
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Der Kläger beantragt,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass der Baubeginn vor einer Feststellung der Erforderlichkeit gemäß § 5 Abs. 1 VOSchulBau eine solche Feststellung und damit eine Förderung ausschließe.
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§ 5 Abs. 1 SchulBauVO sei verfassungskonform auszulegen. § 18 Abs. 7 PSchG gebe dem privaten Schulträger - der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Schutz- und Förderpflicht des Staates Rechnung tragend - einen Rechtsanspruch auf Förderung des erforderlichen Schulraums. Dies könne und solle nicht durch die genannte Regelung einer Ausführungsverordnung zunichtegemacht werden. Hierzu gebe es keine ausreichende Verordnungsermächtigung. § 5 Abs. 1 sei vielmehr als reine Verfahrensvorschrift (Formvorschrift) im Rahmen eines zweistufigen Förderverfahrens (Feststellung der Erforderlichkeit; Bewilligung von Fördermitteln) zu verstehen und nicht als Verbotsregelung ausgestaltet. Angesichts des gesetzlichen Anspruchs auf Förderung hätte es einer eindeutigen Rechtsfolgeregelung (Verbotsregelung) bedurft.
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Aus der Regelung des § 5 Abs. 2 über die Nichtanwendbarkeit der Verbotsregelung des Nr. 1.2 der VV zu § 44 LHO könne keineswegs entnommen werden, dass deshalb § 5 Abs. 1 Satz 1 als Verbotsregelung zu werten sei. Das Gegenteil sei der Fall. Wäre diese Rechtsfolge gewollt gewesen, so hätte § 5 Abs. 1 mit Blick auf die in § 5 Abs. 2 angesprochene ausdrückliche Verbotsregelung der VV zur LHO gesetzestechnisch entsprechend ausgestaltet werden müssen.
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Selbst die hier nicht anwendbare Verbotsregelung der Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO sei nicht in jedem Fall anzuwenden (vgl. Nr. 1.2.1 und 1.2.2 der VV). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Beklagten könne ein Feststellungsverbot auch nicht auf den Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 1 gestützt werden.
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Jedenfalls sei § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau ausnahmsweise nicht anzuwenden. Der Baubeginn habe die behördliche Prüfung nicht behindert. Er habe über die Auffassung der Behörde zur Erforderlichkeit seit dem Jahre 2005 Klarheit gehabt. Streitpunkt sei deshalb allein noch die dem Rechtlichen zuzurechnende Frage, ob und inwieweit vorhandene und selbstfinanzierte Flächen/Räume auf die Sollfläche anzurechnen seien. Auch dies sei unabhängig von dem Beginn der Bauarbeiten für den Erweiterungsbau, weshalb es sachgerecht sei, wenn das Verwaltungsgericht deshalb auf die bereits seit Jahren mögliche Entscheidung des Regierungspräsidiums abstelle und von einer Ausnahmesituation ausgehe. Im Schreiben des Beklagten vom 21.02.2006 sei zwar auf die Regelungen der VOSchulBau hingewiesen worden, von den Folgen eines vorzeitigen Baubeginns sei dort indes nicht die Rede gewesen. Besondere Bedeutung komme in diesem Zusammenhang auch dem Verhalten des Beklagten im Jahr 2007 zu. Er habe mindestens seit März 2007 gewusst, dass mit dem Erweiterungsbau im Juni/Juli dieses Jahres begonnen werden solle. Das Regierungspräsidium habe die Fremdmittelfinanzierung durch Teilabtretung einer Grundschuld unterstützt und zwar an demselben Tag (28.08.2007), an dem es den angefochtenen Ablehnungsbescheid erlassen habe. Der Beklagte habe gewusst, dass vorgezogen gebaut werden solle und dass er dies im Ergebnis unterstützt habe, ohne auf die von ihm gesehenen negativen Folgen eines vorgezogenen Baubeginns hinzuweisen. Angesichts dessen erscheine es missbräuchlich, wenn der Beklagte sich heute - erstmals in seiner Klageschrift vom 19.11.2013 - auf einen vorzeitigen Baubeginn berufe.
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Bezogen auf die Frage der Erforderlichkeit sei allein strittig, ob und inwieweit die im Rahmen eines Neubaus in den Jahren 1985 und 1986 geschaffenen Flächen zur Bedarfsdeckung anzurechnen seien. Das Land habe seinerzeit eine Gesamtfläche von 2.554 qm gefördert. Geschaffen worden sei jedoch eine größere Gesamtfläche. Sie umfasse die geförderten Flächen, die für eine Schule sonst notwendigen, aber von vornherein nicht als förderfähig berücksichtigten Flächen (z. B. Sanitärbereich, Verkehrsbereich), Flächen, die der besonderen Waldorfpädagogik dienten - nachfolgend: Waldorfflächen – sowie Flächen geförderter Räume, die über die Flächen des vom Regierungspräsidium gebilligten Raumprogramms hinausgingen - nachfolgend Überflächen -. Der Beklagte werte von der sich daraus ergebenden Gesamtfläche insgesamt 3.483 qm als „Programm im Bestand" und stelle sie der etwas geringeren Sollfläche gegenüber. Entscheidende Rechtsfrage sei, ob diese Waldorfflächen und Überflächen bei der Bedarfsdeckung zu berücksichtigen seien.
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Entgegen der Flächenbetrachtung des Beklagten gelte für die Überflächen, dass sie sachlich geeignet sein müssten, um hieraus Klassenzimmer zu bilden. Es könne jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass aus den über die Geschosse verteilten Überflächen mehr oder weniger großen Umfangs Klassenzimmer nicht geschaffen werden könnten.
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Die Anrechnung von Waldorfflächen sei dagegen aus rechtlichen Gründen nicht haltbar. Durch die gesetzlich vorgegebene Förderung von Schulbaumaßnahmen solle der für einen sachgerechten Unterricht erforderliche Schulraum gefördert werden. Nach § 18 Abs. 7 Satz 4 PSchG sei darauf abzustellen, welche Schulräume nach Anzahl, Raumgröße und Nutzungsart für eine vergleichbare öffentliche Schule notwendig seien. Man könne diesen Schulraum als förderungsfähigen Schulraum bezeichnen. Zu einem solchen für öffentliche Schulen notwendigen Schulraum gehörten aber gewiss nicht die Waldorfflächen. Sie schieden von Gesetzes wegen von vornherein aus einer Bedarfsermittlung und Förderung aus. Die Nichtberücksichtigung bei der Förderung schließe es aber auch denknotwendig aus, bereits vorhandene Waldorfflächen zur Deckung des erforderlichen förderungsfähigen Bedarfs heranzuziehen. Das verfassungsmäßig geschützte Recht einer Waldorfschule, über förderungsfähige Flächen hinaus weitere Flächen auf eigene Kosten zu schaffen, könne im Ergebnis nicht dadurch zunichtegemacht werden, dass solche Waldorfflächen auf später notwendig werdende Förderungsflächen angerechnet würden. Eine bestehende Waldorfschule, die immer solche Waldorfflächen haben werde, wäre sonst insoweit künftig von jeder Bauförderung ausgeschlossen.
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Der Beklagte könne sich demgegenüber nicht auf einen „Flächentausch" als „Verhandlungsergebnis in den 90er Jahren zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Arbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen" berufen. Abgesehen davon, dass ein solches Verhandlungsergebnis das Recht auf Schulbauförderung nicht einschränken könnte, führe dieses Verhandlungsergebnis gerade nicht zur Anrechnung vorhandener Waldorfflächen. Er, der Kläger, sei aufgrund der ihm zugänglichen Unterlagen über den vom Land zugelassenen Flächenaustausch davon ausgegangen, dass dieser der Schule einen Gestaltungsspielraum einräume. Sie könne - wenn sie dies wolle - innerhalb der vom Land vorgegebenen förderungsfähigen Gesamtfläche das Raumprogramm und damit die Nutzungsart der einzelnen Flachen und Räume selbst bestimmen. Selbstverständliche Folge eines solchen Flächentausches sei, dass die eingetauschten Flächen anstelle der in dem geförderten Raumprogramm ausgewiesenen Flächen gefördert würden. In der auf einem Tausch beruhenden abweichenden Nutzung liege also keine zweckwidrige Verwendung von Fördermitteln. Dieser „abgesprochene“ Flächentausch führe also zu einer Förderung von Waldorfflächen anstelle einer Förderung an sich förderungsfähiger Flächen des Raumprogramms.
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Der Beklagte verkehre diesen Flächentausch in sein Gegenteil. Es gehe nunmehr um vorhandene Waldorfflächen, die gegen den Willen der Schule durch das Land auf den Bedarf angerechnet würden. Der mit den Verbänden abgesprochene Flächentausch führe zu einer Förderung. Der vom Land praktizierte Flächentausch führe dagegen zu einem Wegfall der Förderung. Der Flächentausch des Landes zwinge eine Waldorfschule, der solche Waldorfflächen angerechnet worden seien, dazu, Waldorfflächen neu zu schaffen und zu finanzieren oder förderungsfähige Flächen von vornherein selbst zu finanzieren. Der Beklagte übergehe bei seinen Ausführungen zur „Gestaltungsfreiheit des Schulträgers, die Nutzungsart sowie die Größe und den Zuschnitt der Räume selbst zu regeln“, dass es um eine Gestaltungsfreiheit innerhalb geförderter Flächen gehe.
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Nach Zustellung der Berufungsbegründungsschrift am 20.08.2014 hat der Kläger am 12.09.2014 Anschlussberufung eingelegt, mit der er beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. Mai 2014 - 2 K 376/13 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten festzustellen, dass für einen zweizügigen Schulbetrieb seiner Schule ein Erweiterungsbau mit einer Gesamtprogrammfläche von 638 qm bis 824 qm im Sinne von § 5 Abs. 1 VOSchulBau erforderlich war.
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Eine Entscheidung wäre ohne weitere Sachaufklärung möglich gewesen. Das Gericht halte eine Prüfung für erforderlich, ob nicht durch Umbaumaßnahmen zusätzliche Schulräume hätten geschaffen werde können. Er sei nach vorläufiger Prüfung demgegenüber der Auffassung, dass dies gravierende Eingriffe in die bauliche Substanz mit hohen Kosten gehabt hätte und dass sich deshalb solche Umbaumaßnahmen als unwirtschaftlich herausgestellt hätten. Zu berücksichtigen sei auch, dass bei Umbauten in alter Bausubstanz nur mit begrenzter Nutzungszeit gerechnet werden könne und massive Umbauten den laufenden Schulbetrieb unzumutbar beeinträchtigt hätten.
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An zweiter Stelle stehe die vom Gericht angesprochene Prüfung, ob nicht durch Verlegung und Tausch von Waldorfräumen Klassenzimmer geschaffen werden könnten. Das Gericht stütze sich dabei insbesondere darauf, dass in der Einführungsphase der Zweizügigkeit schrittweise in Waldorfräumen Klassenzimmer eingerichtet worden seien. Dies sei indes eine vorübergehende Notmaßnahme bis zu Inbetriebnahme des Erweiterungsbaus. Die vorübergehende Zweckentfremdung von Waldorfräumen habe danach wieder rückgängig gemacht werden sollen. Verlegung und Tausch von Waldorfraumen oder die dauerhafte Nutzung der genannten drei Waldorfräume als Klassenzimmer führten zwangsläufig zu einer Verminderung von Waldorfflächen. Es gebe jedoch keine rechtlichen Vorgaben, in welchem Umfang eine Waldorfschute besondere Flächen auf eigene Kosten vorhalten dürfe. Es könne deshalb offenbleiben, ob es der Sache nach möglich und für den Schulbetrieb auch zumutbar gewesen wäre, durch Verlegung und Tausch im Bereich der Waldorfflächen zusätzliche Klassenzimmer zu schaffen. Das Land könne zu seiner finanziellen Entlastung nicht auf solche Waldorfflächen zugreifen.
45 
Der Beklagte beantragt,
46 
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
47 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf die Akten des Beklagten (1 Heft), die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Freiburg 2 K 376/13 und 2 K 1804/09 sowie die Akten des Senats 9 S 1891/12 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Anschlussberufung des Klägers ist ebenfalls statthaft (§ 127 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO) und genügt den sonstigen Zulässigkeitsanforderungen (§ 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 VwGO).
49 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet, die Anschlussberufung des Klägers hat hingegen teilweise Erfolg. Die Klage des Klägers ist zulässig (1.) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (2.). Der Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.08.2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch teilweise zu. Da das Verpflichtungsbegehren entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts spruchreif ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), ist das angefochtene Urteil entsprechend zu ändern.
50 
1. Die am 01.03.2007 erhobene Klage des Klägers ist als Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage statthaft und auch sonst zulässig. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 28.08.2007 konnte in diese Klage einbezogen werden (vgl. hierzu bereits das Senatsurteil vom 22.01.2013 - 9 1891/12 - sowie den Senatsbeschluss vom 13.09.2012 - 9 S 2153/11 -).
51 
2. Der Kläger kann vom Beklagten die Feststellung verlangen, dass für einen zweizügigen Betrieb seiner Schule ein Erweiterungsbau mit einer Gesamtprogrammfläche von 318 qm bis 504 qm im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau erforderlich war. Damit dringt er mit seinen Einwänden gegen die vom Beklagten vorgenommene Anrechnung von im Zusammenhang mit der Ersterrichtung geschaffenen Flächen im Hinblick auf die sog. Waldorfflächen durch, nicht aber im Hinblick auf die sog. Überflächen.
52 
Dem klägerischen Antrag entsprechend ist für Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich auf einen Zeitpunkt unmittelbar vor der Realisierung des Vorhabens (Sommer 2007) abzustellen.
53 
a) Nach § 18 Abs. 7 Satz 1 des Privatschulgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 07.03.2006 (GBl. S. 71; jetzt § 18 Abs. 9 PSchG) - PSchG a.F. - erhalten die Träger der in § 17 Abs. 1 genannten genehmigten Ersatzschulen nach Maßgabe des § 44 der Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg auf Antrag einen Zuschuss zu den Kosten ihrer Schulbaumaßnahmen in Höhe von 37 vom Hundert des zuschussfähigen Bauaufwands.
54 
Nähere Bestimmungen sind enthalten in der Verordnung des Kultusministeriums über die Förderung des Schulhausbaus bei Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulbauverordnung - VOSchulBau) vom 13.03.2007 (GBl. 2007, 206), die auf der Verordnungsermächtigung in § 23 Nr. 7 PSchG beruht. Bei der baulichen Erweiterung von Schulgebäuden handelt es sich um eine förderfähige Schulbaumaßnahme (vgl. die mit § 18 Abs. 7 Satz 3 PSchG a.F. deckungsgleiche Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 VOSchulBau).
55 
Das Verfahren der Privatschulbauförderung ist in § 5 VOSchulBau geregelt. Es ist zweistufig aufgebaut: Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau ist vor der Einreichung des Zuschussantrags und dem Beginn der Bauarbeiten von der oberen Schulaufsichtsbehörde die Erforderlichkeit des Bauvorhabens festzustellen. Bei dieser - den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildenden - Feststellung handelt es sich um eine vorgeschaltete erste Stufe des Förderverfahrens (§ 5 Abs. 1 Satz 1 bis 3 VOSchulBau). Das eigentliche Zuschuss-, Bewilligungs- und Auszahlungsverfahren stellt die zweite Stufe dar (§ 5 Abs. 1 Satz 5 bis 6 VOSchulBau).
56 
b) Der Beklagte kann dem Begehren des Klägers nicht mit Erfolg einen verfahrensrechtlichen Einwand entgegenhalten. Der Baubeginn im Jahre 2007 und die Bauausführung vor der bestands- bzw. rechtskräftigen positiven Feststellung der Erforderlichkeit des Bauvorhabens hindern den klägerischen Anspruch auf Feststellung der Erforderlichkeit des Bauvorhabens nicht.
57 
Wie dargelegt, ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau vor der Einreichung des Zuschussantrags und dem Beginn der Bauarbeiten von der oberen Schulaufsichtsbehörde die Erforderlichkeit des Bauvorhabens festzustellen. Ob aus der Vorschrift folgt, dass bei Beginn und Durchführung der Maßnahme vor der (endgültigen) Feststellung der Erforderlichkeit die Gewährung eines Zuschusses rechtlich ausgeschlossen ist, dass also Baubeginn und -durchführung förderschädlich sind, ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Beklagte (und das Verwaltungsgericht) folgern aus Wortlaut („…ist…“), Systematik und Zweck der Vorschrift, dass es sich bei § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau nicht nur um eine nicht sanktionierte Formvorschrift handelt, sondern um eine zwingend einzuhaltende Norm über den zeitlichen Ablauf des Verfahrens bis zur Erforderlichkeitsfeststellung. Die in § 5 Abs. 2 Satz 2 VOSchulBau angeordnete Nichtanwendung der Nr. 1.2 der VV zu § 44 LHO werde als nicht auszudehnende Ausnahme zugunsten der Schulträger gesehen. Deshalb könnten Schulbauvorhaben zuschussunschädlich zwar vor der Zuschussbewilligung begonnen werden, aber nicht vor der Feststellung der Erforderlichkeit, da Abs. 2 nur das Verfahren nach Feststellung der Erforderlichkeit regele. Demgegenüber wertet der Kläger die Norm als reine Verfahrens- bzw. Formvorschrift im Rahmen des zweistufigen Förderverfahrens ohne Relevanz für den Förderanspruch. Er beruft sich insbesondere darauf, dass - anders als etwa in Nr. 1.2 der VV zu § 44 LHO - die konkrete Rechtsfolge einer Nichtbeachtung der Vorschrift, nämlich das Zuwendungsverbot, in der Verordnung nicht ausdrücklich geregelt ist.
58 
Diese Frage kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass es dem Beklagten mit Blick auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls verwehrt ist, sich auf den Baubeginn und dessen (mögliche) Förderschädlichkeit zu berufen. Denn er hat in zurechenbarer Weise dem Kläger gegenüber den Eindruck erweckt, mit einem Baubeginn vor der Entscheidung über die Erforderlichkeit vorbehaltlos einverstanden gewesen zu sein. Angesichts dessen stellt es sich als treuwidrig dar, dem Kläger den Baubeginn entgegenzuhalten (zur Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben im öffentlichen Recht vgl. BVerwG, Urteil vom 09.10.2014 - 5 C 26.13 -, juris; Beschluss vom 01.02.2005 - 7 B 115.04 -, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.1992 - 2 S 1369/90 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.09.2013 - 4 A 1288/12 -, juris). Dies ergibt sich aus Folgendem:
59 
In einer E-Mail vom 05.03.2007, die an den für die Bearbeitung des Zuschussbegehrens zuständigen Sachbearbeiter beim Regierungspräsidium Freiburg gerichtet war, hatte der Geschäftsführer des Klägers darauf hingewiesen, dass im Sommer - wahrscheinlich Juni/Juli - mit der Baumaßnahme begonnen werde. Außerdem fragte er an, ob die zugunsten des Beklagten (im Zusammenhang mit der Förderung des damaligen Neubaus) eingetragenen Sicherheiten (Grundschuld) entfallen könnten. Eine unmittelbare Reaktion hierauf erfolgte nicht, insbesondere wurde seitens des Regierungspräsidiums auf eine mögliche Förderschädlichkeit des Baubeginns nicht hingewiesen. Hierzu hätte Anlass gerade auch deshalb bestanden, weil der Geschäftsführer seiner E-Mail als „P.S.“ angefügt hatte „Ich würde mich bei Ihnen in dieser Woche gerne noch telefonisch melden, um über die Zuschussfrage/Rechtsmittel mit Ihnen zu sprechen!“. Damit hatte er einen konkreten Zusammenhang mit der Zuschussfrage hergestellt und keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Zuschussbegehren weiterverfolgt. Dabei ist er - für das Regierungspräsidium ohne Weiteres ersichtlich - davon ausgegangen, dass der Baubeginn unschädlich für die Förderung ist.
60 
Darüber hinaus förderte der Beklagte in der Folge in aktiver Weise den Erweiterungsbau durch die Abgabe einer Teillöschungs- bzw. Abtretungserklärung der zu seinen Gunsten eingetragenen Grundschulden, ohne gleichzeitig Bedenken im Hinblick auf die ersichtlich weiterverfolgte Förderung wegen der Nichteinhaltung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau anzumelden. Nachvollziehbare Gründe für dieses widersprüchliche Verhalten des Regierungspräsidiums, aus dem der Kläger bei lebensnaher Betrachtung auf die Förderunschädlichkeit des mitgeteilten Baubeginns schließen musste, sind den Akten nicht zu entnehmen. Sie sind auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, in der der Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums zugegen war, nicht zu Tage getreten. Der Vortrag des Beklagten, bereits mit Schreiben vom 21.02.2006 auf die Regelungen der VOSchulBau und insbesondere darauf hingewiesen zu haben, dass vor der Einreichung des Zuschussantrages und dem Beginn der Bauarbeiten die Erforderlichkeit des Bauvorhabens vom Regierungspräsidium festgestellt sein müsse, steht der Annahme eines schutzwürdigen Vertrauens auf der Seite des Klägers nicht entgegen. Denn einen hinreichend deutlichen Hinweis auf die Förderschädlichkeit des Baubeginns, auf die es im vorliegenden Zusammenhang allein ankommt, enthielt das Schreiben nicht.
61 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die nachträgliche Feststellung der Erforderlichkeit hier ausnahmsweise auch nicht mit den Zwecken des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau kollidiert haben dürfte. Zur Begründung wird auf die diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Urteil verwiesen, die sich der Senat zu eigen macht (Entscheidungsabdruck, S. 10).
62 
c) Der materiell-rechtliche Einwand des Beklagten, bei Berücksichtigung des vorhandenen, durch den Neubau 1985/1986 geschaffenen Bestands liege kein zusätzlicher Raumbedarf der Schule vor, greift nur teilweise durch.
63 
aa) Für die Frage der materiellen Voraussetzungen der begehrten Erforderlichkeitsfeststellung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau kommt der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 VOSchulBau zentrale Bedeutung zu. Danach erfolgt die Feststellung der Erforderlichkeit bei Neubaumaßnahmen und Erweiterungsbauten im Allgemeinen mit der Erstellung eines Raumprogramms durch die obere Schulaufsichtsbehörde.
64 
Die ausdrückliche Bezugnahme auf ein zu erstellendes „Raumprogramm“ zeigt, dass - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und im Einklang mit der Auffassung der Beteiligten - im Rahmen der Erforderlichkeitsfeststellung lediglich eine pauschalierende bzw. schematisierende Prüfung stattfindet: Die Verwaltung zieht dabei die sog. Modellraumprogramme heran, die nach der - damals anwendbaren - Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums, Finanzministeriums und Innenministeriums über die Richtlinien für die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung des Schulhausbaus kommunaler Schulträger (Schulbauförderungsrichtlinien - SchBauFr -, GABl. 2006, 181; zur aktuellen Erlasslage vgl. die Verwaltungsvorschrift für die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung des Schulhausbaus kommunaler Schulträger - VV SchBau -, GABl. 2015, 45) dazu dienen, bei öffentlichen Schulen den Flächenbedarf für den Regelfall aufzuzeigen (vgl. hierzu die in den SchBauFr enthaltenen „Allgemeinen Hinweise zu den Schemata zur Ermittlung des Flächenbedarfs allgemein bildender und beruflicher Schulen [Modellraumprogramme - Anlagen 1 bis 7]“). Ausweislich dieser „Allgemeinen Hinweise“ werden die Modellraumprogramme begrifflich mit den in den Anlagen 1 bis 7 zu den SchBauFr dargestellten „Schemata zur Ermittlung des Raumbedarfs“ an den verschiedenen Schularten gleichgesetzt. Sie sehen in alleiniger Abhängigkeit von der Zügigkeit der Schule lediglich einen Korridor einer minimalen und maximalen Gesamtprogrammfläche vor. Auf konkrete Werte, etwa Schülerzahlen, Raumzahlen, Raumgrößen o.Ä. kommt es grundsätzlich nicht an. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die Aufteilung der Flächen durch den Schulträger nach den örtlichen Verhältnissen und Bedürfnissen erfolgt. Auch in den Richtlinien für die Bearbeitung von Anträgen auf Schulbauförderung von Freien Waldorfschulen heißt es, dass die zuschussfähige Programmfläche der Freien Waldorfschulen ein „Pauschalwert“ sei.
65 
Dem entspricht ersichtlich auch die Verwaltungspraxis in der Vergangenheit. So hatte das Ministerium mit Erlass vom 29.05.1980 für den Neubau der Schule des Klägers ein Raumprogramm „mit einer Gesamtprogrammfläche von 2542 - 2554 qm“ „genehmigt“. Es spricht alles dafür, dass diese „Genehmigung“ das Ergebnis der Prüfung der Erforderlichkeit des Schulbauvorhabens im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau war.
66 
Im Gegensatz zu dieser pauschalierenden Betrachtungsweise hat das Verwaltungsgericht den Maßstab für die Feststellung der Erforderlichkeit des Erweiterungsbaus anhand der Bestimmung des § 3 VOSchulBau über den „zuschussfähigen Bauaufwand“ entwickelt. Konkret hat es seiner Prüfung § 3 Abs. 1 Satz 2 VOSchulBau zugrunde gelegt, wonach der angemeldete Bauaufwand zuschussfähig ist, soweit er im Rahmen einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Planung zur Behebung des Schulraumbedarfs von der oberen Schulaufsichtsbehörde als erforderlich anerkannt wird. Damit hat es indes den rechtlichen Maßstab für die mit der Klage begehrte Feststellung verfehlt. Denn in dieser Bestimmung geht es um die Prüfung des „zuschussfähigen Bauaufwands“, Gegenstand der hier maßgeblichen Norm des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau ist hingegen die Erforderlichkeit des Bauvorhabens an sich. Dass es sich insoweit um zwei unterschiedliche Fragen handelt, folgt bereits aus der verordnungsrechtlichen Systematik. Wie dargelegt, ist die Erforderlichkeit des Bauvorhabens „vor der Einreichung des Zuschussantrags und dem Beginn der Bauarbeiten“ „mit der Erstellung eines Raumprogramms“ festzustellen und der ersten Stufe des Förderverfahrens (§ 5 Abs. 1 Satz 1 bis 3 VOSchulBau) zuzurechnen. Die Feststellung erfolgt unter Angabe einer Programmfläche in qm und damit flächenbezogen. Demgegenüber vollzieht sich die Prüfung des - kostenbezogen in EURO anzugebenden - zuschussfähigen Bauaufwands im Rahmen der zweiten Verfahrensstufe, was sich daraus ergibt, dass diese Prüfung das Vorliegen eines Zuschussantrags voraussetzt (vgl. etwa § 5 Abs. 3 VOSchulBau). Hierfür spricht auch die Bestimmung des § 3 Abs. 3 VOSchulBau. Danach sind maßgebend für die Feststellung des zuschussfähigen Bauaufwands das auf Grund der örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse anhand des Schemas zur Ermittlung des Raumbedarfs für entsprechende oder vergleichbare öffentliche Schulen ermittelte Raumprogramm, die für die Schulbauförderung öffentlicher Schulen geltenden Kostenrichtwerte und die [nachstehenden] Kostengruppen nach dem Normblatt DIN 276 (Hervorhebung nur hier). Mithin erweisen sich auch die Einwände des Beklagten gegen die konkret-funktionelle Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des Klassenteilers und der Zahl und Größe von Einzelräumen als berechtigt. Derartige Gesichtspunkte sind der weiteren Prüfung des Regierungspräsidiums auf der zweiten Stufe des Förderverfahrens vorbehalten.
67 
Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass es sich bei der gegenständlichen Feststellung der Erforderlichkeit eines Bauvorhabens im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau um eine Grund- bzw. Rahmenentscheidung der oberen Schulaufsichtsbehörde auf der Basis der pauschalierenden Prüfung eines minimalen bzw. maximalen Gesamtflächenbedarfs handelt.
68 
bb) Für die Prüfung der Erforderlichkeit des Erweiterungsvorhabens war demnach ein Vergleich anzustellen zwischen dem in den SchBauFr (bzw. der VV SchulBauförderung) aufgeführten Modellraumprogramm für die nach Schulart und Zügigkeit entsprechende oder vergleichbare öffentliche Schule (Modellraumprogramm zweizügige Grundschule und zweizügiges Gymnasium, unter [1]) und der Fläche, die sich nach dem Raumprogramm der Schule des Klägers im Bestand ergibt (unter [2]). Dieser Vergleich ergibt, dass für einen zweizügigen Betrieb der Schule des Klägers ein Erweiterungsbau mit einer Gesamtprogrammfläche von 318 qm bis 504 qm im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau erforderlich war; an der Spruchreife des entsprechenden Verpflichtungsbegehrens des Klägers bestehen keine Zweifel (3).
69 
(1) Soweit das Regierungspräsidium den Flächenbedarf einer mit der geplanten Schule des Klägers vergleichbaren öffentlichen Schule (zweizügige Grundschule und zweizügiges Gymnasium) mit der ermittelten Soll-Fläche von insgesamt 3.192 - 3.378 qm festgestellt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Das Regierungspräsidium hat dabei in nachvollziehbarer Weise den Vorgaben der SchBauFr entsprechend das Modellraumprogramm für zweizügige Gymnasien mit einer Gesamtprogrammfläche von 2.544 - 2.604 qm (vgl. Anl. 4 zu den SchBauFr) und als Programmfläche für eine zweizügige Grundschule Rahmenwerte von 648 - 774 qm (8 Klassenräume à 54-66 qm, Mehrzweckraum und 2 Kursräume 126 -138 qm, Technikraum 90-108 qm) angesetzt (Behördenakte, S. 73; vgl. auch die Ausführungen im Bescheid vom 28.08.2007). Gegen die ermittelte Gesamt-Soll-Fläche von 3.192 - 3.378 qm hat der Kläger im Übrigen Einwendungen nicht erhoben.
70 
(2) Auf der Grundlage des vom Kläger vorgelegten Flächenplans ist das Regierungspräsidium weiter davon ausgegangen, dass die Bestandsaufnahme anhand der vorgelegten Pläne eine vorhandene Programmfläche der Schule des Klägers im Umfang von insgesamt 3.483 qm ergeben habe. Da der Bestand den gesamten vorhandenen und nutzbaren Schulraum umfasse, unabhängig davon, ob er in der Vergangenheit gefördert worden sei oder nicht, seien auf ihn auch die in der Vergangenheit vom Kläger geschaffenen, aber nicht geförderten sog. Waldorfflächen und Überflächen anzurechnen. Nicht enthalten seien lediglich die sog. Restflächen (Turnhalle mit Foyer, Hort, Küche und Speiseraum, Kellerräume [47, 25, 30 qm], sanitäre Einrichtungen, Putzräume, Haustechnik). Mit insgesamt 3.483 qm liege die in der Schule bestehende Raumfläche somit im Rahmen der Sollfläche von 3.192 bis 3.378 qm des maßgeblichen Modellraum-Programms für zweizügige Grundschulen/Gymnasien. Verfüge der Kläger aber über mehr als die maßgebliche Modellraumprogrammfläche, sei das Erweiterungsbauvorhaben nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau erforderlich.
71 
Diesem Ansatz des Beklagten vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr ist er der Auffassung, dass es dem Beklagten aus Rechtsgründen versagt war, die sog. Waldorfflächen auf das Raumprogramm der Schule des Klägers im Bestand anzurechnen. Die Anrechnung der sog. Überflächen ist demgegenüber nicht zu beanstanden. Dabei geht der Senat auf der Grundlage des vom Kläger vorgelegten Flächenplans davon aus, dass die vom Kläger bereits mit der Ersterrichtung geschaffenen, nicht geförderten Flächen, die spezifischen Zwecken der Waldorfpädagogik dienen, einen Umfang von 609 qm (Erdgeschoss: Werken Holz 137 qm, 67 qm, 67 qm, 72 qm; Untergeschoss: Demeterraum: 55 qm, Töpferei 68 qm, 18 qm, 13 qm; Werken Metall 112 qm), die sog. Überflächen einen Umfang von 320 qm ausmachen. Einwände gegen diese Annahme haben die Beteiligten nicht erhoben.
72 
(a) Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, nach welchen Kriterien Flächen im Bestand in den vorzunehmenden Flächenvergleich einzubeziehen sind, ist der Begriff der Erforderlichkeit des Bauvorhabens in § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchBau. An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn zur Deckung des Raumbedarfs eines schulischen Bauvorhabens geeigneter Gebäudebestand vorhanden ist. Mit Blick auf die oben bereits angesprochene Flächenbezogenheit der Feststellung sowie die anzustellende schematisierende Betrachtungsweise kann es dabei im Grundsatz nicht beanstandet werden, wenn der Beklagte für den anzustellenden Flächenvergleich den gesamten tatsächlich vorhandenen und als Schulraum geeigneten Gebäudebestand im Umfang der hiervon umfassten Flächen heranzieht, ohne die Eigenart einzelner Flächen einer Bewertung zu unterziehen.
73 
Einschränkungen dieses Grundsatzes können sich allerdings aus rechtlichen Vorgaben ergeben.
74 
(aa) Für die Ansicht des Klägers, dass von vornherein vom Schulträger auf eigene Kosten und ohne Förderung geschaffene Flächen von der Anrechnung auszunehmen seien, fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Insbesondere Art. 7 Abs. 4 GG ist eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen.
75 
Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG folgt kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe, gar noch in bestimmter Höhe. Die konkrete Ausgestaltung der Förderpflicht obliegt dem Landesgesetzgeber, dem insoweit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt. Demgemäß wird der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers durch das Gesetz bestimmt. Sein grundrechtlicher Schutzanspruch ist nur darauf gerichtet, dass der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderpflicht zu Gunsten des Ersatzschulwesens als Institution gesetzt sind. Der gerichtliche Rechtsschutz bezieht sich unter diesen Umständen auf die Prüfung einer Untätigkeit, einer groben Vernachlässigung und eines ersatzlosen Abbaus getroffener Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682 und 712/88 -, BVerfGE 90, 107, 117; BVerwG, Urteil vom 21.12.2011 - 6 C 18.10 -, juris; Senatsurteile vom 11.02.2015 - 9 S 1334/13 -, juris, vom 11.04.2013, a.a.O., und vom 12.01.2000 - 9 S 317/98 -, juris).
76 
Vor diesem Hintergrund ist bei der Schulbauförderung von einem weiten Ermessen des Gesetzgebers auszugehen, von dem dieser in § 18 Abs. 7 PSchG a.F. und in der VOSchulBau Gebrauch gemacht hat (vgl. auch Bock, in: Ebert u.a., Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 18 PSchG Rn. 9). Es ist weder hinreichend aufgezeigt worden noch sonst erkennbar, dass sich hieraus unmittelbar rechtliche Vorgaben für die Frage der Anrechnung oder Nichtanrechnung von tatsächlich vorhandenen Flächen ergeben.
77 
(bb) Eine rechtliche Grenze für die Anrechnung tatsächlich vorhandener Flächen ergibt sich im vorliegenden Fall indes aus Art. 3 Abs. 1 GG. Entschließt sich der Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht dazu, die Ersatzschulen durch finanzielle Zuwendungen zu fördern, so müssen alle Ersatzschulen nach Maßgabe des Gleichheitssatzes berücksichtigt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40). Um eine Verletzung des Gleichheitssatzes zu vermeiden, bedarf es hier einer einschränkenden Auslegung des Erforderlichkeitskriteriums dahingehend, dass die sog. Waldorfflächen von der grundsätzlich gebotenen Anrechnung der tatsächlich vorhandenen Flächen auszunehmen sind. Das ergibt sich aus Folgendem:
78 
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen.
79 
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.
80 
Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 -, BVerfGE 129, 49-78, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. auch Kischel, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, 2. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 28 ff.).
81 
Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Legislative, sondern beanspruchen auch für das Handeln der Exekutive Geltung, soweit ihr Handlungsspielräume zustehen (vgl. Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 34; Pietzcker, Handbuch der Grundrechte, 2013, Bd. V § 125 Rn. 72).
82 
Nach diesen Maßstäben erscheint die Anrechnung der sog. Waldorfflächen mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
83 
Ausgangspunkt ist dabei die Ungleichbehandlung, die der Kläger gegenüber dem Träger einer anderen Waldorfschule erfährt, der bereits mit der erstmaligen Errichtung Grundschule und Gymnasium in zweizügiger Form realisieren will. Denn auf der Grundlage der - in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat so bestätigten - Praxis des Beklagten würde dieser den Zuschuss auf der Basis der Raumprogrammfläche für eine zweizügige Grundschule mit zweizügigem Gymnasium bis zur maximalen Obergrenze erhalten, auch wenn er - nicht von der Förderung umfasste - Überflächen und Waldorfflächen so realisiert wie der Kläger. Während also die Schaffung dieser Flächen im Falle der Ersterrichtung förderunschädlich sind, stellt sich dies im Falle des gegenständlichen Erweiterungsvorhabens anders dar: Hier führt der (ausschließlich selbst finanzierte) Bestand an Waldorf- und Überflächen zu einer Anrechnung dieser Flächen und damit der Sache nach zu einer Einschränkung des Förderanspruchs.
84 
Ein sachlicher Grund, der diese Besserstellung der anderen Schule hinreichend zu rechtfertigen vermag, liegt bezogen auf die sog. Überflächen vor; dies gilt indes nicht bezogen auf die sog. Waldorfflächen.
85 
Als die Ungleichbehandlung rechtfertigender Sachgrund kommt letztlich allein der Umstand in Betracht, dass die Entscheidung über die Erforderlichkeit eines Vorhabens in dem Fall des Neubaus zwangsläufig an ein nur geplantes, noch nicht realisiertes Vorhaben anknüpft, bei dem - in Ermangelung tatsächlich vorhandener Flächen - nichts vorhanden ist, was zur Deckung des Raumbedarfs in Betracht kommen und der Erforderlichkeit entgegengehalten werden könnte. Demgegenüber wird im anderen Fall (Erweiterung) an einen bereits realisierten Gebäudebestand angeknüpft, mit dem jedenfalls im Grundsatz ein etwaiger Raumbedarf befriedigt werden kann.
86 
Mit Blick auf die grundsätzliche Eignung tatsächlich geschaffener Flächen zur Deckung eines Raumbedarfs erscheint dem Senat die Anrechnung der bei der Ersterrichtung geschaffenen sog. Überflächen nachvollziehbar und hinreichend sachgerecht. Bei diesen handelt es sich um Flächen geförderter Räume, die über die Flächen des vom Regierungspräsidium gebilligten Raumprogramms hinausgingen. Der Kläger hatte hier im Zusammenhang mit dem Neubau Schulräume großzügiger geschaffen, als dies das entsprechende, für öffentliche Schulen vorgesehene Raumprogramm vorsah. Mit ihnen kann ein später auftretender Bedarf grundsätzlich befriedigt werden, ohne dass damit eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung seiner grundrechtlichen Interessen einhergeht. Dies entspricht im Übrigen auch der - grundsätzlich als Orientierungsmaßstab dienenden - Förderpraxis bei öffentlichen Schulen. Insoweit erscheint die aufgezeigte Benachteiligung bei der Förderung gegenüber dem Schulträger, der entsprechende Flächen bereits mit dem Neubau realisieren will, hinreichend gerechtfertigt. Zwar hält der Kläger dem entgegen, dass die Überflächen sachlich geeignet sein müssten, um hieraus Klassenzimmer zu bilden, dass aber aus den über die Geschosse verteilten Überflächen mehr oder weniger großen Umfangs Klassenzimmer nicht geschaffen werden könnten. Dieser Einwand verfängt jedoch nicht. Der Kläger nimmt in diesem Zusammenhang den pauschalierenden Charakter der Erforderlichkeitsfeststellung nicht hinreichend in den Blick, aufgrund dessen es auf konkrete Werte, etwa Schülerzahlen, Raumzahlen, Raumgrößen o.Ä. grundsätzlich nicht ankommt.
87 
Anders stellt sich die Lage bezogen auf die sog. Waldorfflächen dar. Diese ergeben sich daraus, dass der Kläger im Zusammenhang mit der Ersterrichtung auf eigene Kosten und ohne staatliche Förderung Räume mit einer besonderen Widmung (Töpferei, Werkräume, Demeterraum usw.) geschaffen hat, die nach dem besonderen pädagogischen Konzept der Waldorfschule zusätzlich zu den im Raumprogramm für öffentliche Schulen vorgesehenen allgemeinen Schulräumen erforderlich sind. Dass diese besonders gewidmeten Flächen nicht ohne Weiteres zur Bedarfsdeckung in Betracht kommen, liegt auf der Hand. Gegen eine Anrechenbarkeit spricht vor allem ihre besondere Bedeutung für die Ausübung des dem Kläger zustehenden Grundrechts aus Art. 7 Abs. 4 GG, die hier zu einer strengeren Bindung des Beklagten im Rahmen des Gleichheitssatzes führt. Mit Blick auf die Schutzwirkungen des Art. 7 Abs. 4 GG lassen sich ausreichend gewichtige Gründe, die die förderrechtliche Besserstellung des Schulträgers, der die entsprechenden Flächen bereits mit der Ersterrichtung realisieren will, nicht feststellen.
88 
Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Freiheitsrecht, nach Satz 1 private Schulen zu errichten und sie gemäß Satz 2 in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 vorbehaltlich staatlicher Genehmigung nach Maßgabe der Landesgesetze als Ersatz für öffentliche Schulen zu betreiben. Mit der Gründungsfreiheit und dem Recht, private Schulen nach den Erziehungszielen und dem darauf ausgerichteten Unterrichtsprogramm des jeweiligen Schulträgers zu betreiben, garantiert Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugleich die Privatschule als Institution. Diese Gewährleistung sichert der Institution Privatschule verfassungskräftig ihren Bestand und eine ihrer Eigenart entsprechende Verwirklichung. Die Privatschule wird damit als eine für das Gemeinwesen notwendige Einrichtung anerkannt und als solche mit ihren typusbestimmenden Merkmalen unter den Schutz des Staates gestellt. Wahrgenommen wird dieser Schutz durch die für die Schulgesetzgebung ausschließlich zuständigen Länder, die nach Art. 7 Abs. 4 GG verpflichtet sind, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74, m.w.N.; Senatsurteil vom 11.02.2015 - 9 S 1334/13 - und vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, jeweils juris).
89 
Der dem staatlichen Einfluss entzogene Bereich ist dadurch gekennzeichnet, dass in der Privatschule ein eigenverantwortlich geprägter und gestalteter Unterricht erteilt wird, insbesondere soweit er die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und Lehrinhalte betrifft. Diese Gewährleistung bedeutet die Absage an ein staatliches Schulmonopol und ist zugleich eine Wertentscheidung, die eine Benachteiligung gleichwertiger Ersatzschulen gegenüber den entsprechenden staatlichen Schulen allein wegen ihrer andersartigen Erziehungsformen und -inhalte verbietet. Dieses Offensein des Staates für die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann, entspricht den Wertvorstellungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die sich zur Würde des Menschen und zur religiösen und weltanschaulichen Neutralität bekennt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195).
90 
Die Freiheit der Methoden- und Formenwahl bildet die Essenz der Privatschulfreiheit. Der Wortlaut von Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG macht dies darin kenntlich, dass die Genehmigungsfähigkeit als Ersatzschule erst im Falle eines „Zurückstehens“ ausgeschlossen und damit von einer bloßen Ergebnisäquivalenz abhängig gemacht wird. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG bezweckt nicht, die inhaltliche Einheit des Schulwesens zu sichern, sondern Schüler von Ersatzschulen vor einem ungleichwertigen Schulerfolg bzw. die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen. Es ist gerade Kennzeichen der Privatschulen, dass in ihnen ein eigenverantwortlich geprägter und gestalteter Unterricht erteilt wird, auch in Bezug auf die Lehrmethode. Die Benachteiligung von Privatschulen allein wegen ihrer andersartigen Erziehungsformen verbietet sich daher (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2013 - 6 C 6.12 -, BVerwGE 145, 333, [monoedukative Ersatzschule] m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG). Die Verfassung berücksichtigt hiermit unter anderem die Bezüge der Privatschulfreiheit zum elterlichen Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40) und bekennt sich zu einem schulischen Pluralismus, der in dem Offensein für die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann, zum Ausdruck kommt (BVerwG, Urteil vom 30.01.2013, a.a.O., und BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682, 712/88 -, BVerfGE 90, 107).
91 
Ausgehend hiervon kommt den vom Kläger in Ausübung seiner Privatschulfreiheit geschaffenen, speziell der Waldorfpädagogik dienenden Flächen besondere verfassungsrechtliche Bedeutung zu mit der Folge, dass er sich insoweit auf die Schutzwirkungen des Art. 7 Abs. 4 GG berufen kann. Hiergegen kann nicht mit Erfolg der Einwand erhoben werden, eine Privatschule könne durch entsprechende Widmung in beliebiger Weise Flächen schaffen, so ihre Anrechenbarkeit für den Fall eines Erweiterungsvorhabens ausschließen und damit letztlich eine - von Art. 7 Abs. 4 GG nicht gedeckte (vgl. BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40) - Besserstellung gegenüber den öffentlichen Schulen erreichen. Denn im vorliegenden Fall ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die gegenständlichen Flächen nach der Eigenart der Waldorfschule, insbesondere ihrem besonderen pädagogischen Konzept, zusätzlich zu den im Raumprogramm für öffentliche Schulen vorgesehenen allgemeinen Schulräumen erforderlich sind. Es kommt hinzu, dass der Beklagte im Rahmen seiner Förderpraxis ausdrücklich anerkannt hat, dass Waldorfschulen nach ihrem Selbstverständnis und ihrem pädagogischen Konzept solche Räume mit einer spezifischen Widmung benötigen. Als Beleg für diese „Verfestigung“ der verfassungsrechtlichen Position des Klägers wird auf die Ausführungen in den „Richtlinien für die Bearbeitung von Anträgen auf Schulbauförderung von Freien Waldorfschulen“ Bezug genommen, wonach „Zur Prüfung, ob die geplanten Räume erforderlich sind“, „zusätzlich zu den Modellraumprogrammen für einzügige Grundschulen und Gymnasien die ergänzende Liste der für Freie Waldorfschulen zusätzlich erforderlichen Räume zugrunde gelegt“ wird (VG-Akte, S. 359; zu der vom Beklagten erstellten Liste [„Zusätzlich erforderliche Schulräume für Freie Waldorfschulen“] siehe VG-Akte, S. 27, 29 und 361). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um den musischen Bereich mit Eurythmie sowie den praktisch-künstlerischen Bereich mit Handarbeit, Werken, Hauswirtschaft und Gartenbau.
92 
Die besondere verfassungsrechtliche Bedeutung der Waldorfflächen spricht gegen ihre zwangsweise Heranziehung zur Deckung des allgemeinen Schulraumbedarfs. Denn es besteht die ernsthafte Gefahr, dass das Recht einer Waldorfschule, über förderungsfähige Flächen hinaus weitere der Waldorfpädagogik dienende Flächen auf eigene Kosten zu schaffen, dadurch konterkariert wird, dass solche Waldorfflächen auf später notwendig werdende Förderungsflächen angerechnet werden und eine bereits bestehende Waldorfschule bei Erweiterungsvorhaben deshalb von der Bauförderung ganz oder weitgehend ausgeschlossen wird. Danach erweist sich die aufgezeigte Benachteiligung des Klägers bei der Inanspruchnahme der staatlichen Förderung gegenüber dem Träger einer Waldorfschule, der bereits mit der Ersterrichtung Grundschule und Gymnasium in zweizügiger Form realisieren will, in Anbetracht des Gewichts seiner grundrechtlichen Belange als nicht hinreichend gerechtfertigt.
93 
Zur Vermeidung des festgestellten Gleichheitsverstoßes bedarf es deshalb einer verfassungskonformen einschränkenden Auslegung des Merkmals der Erforderlichkeit in § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau dahingehend, dass die sog. Waldorfflächen von der grundsätzlich gebotenen Anrechnung der tatsächlich vorhandenen Flächen auszunehmen sind.
94 
Dies vermag der Beklagte schließlich auch nicht mit dem Einwand in Frage zu stellen, waldorfspezifische Flächen seien im verfügbaren Raumbestand zu berücksichtigen, da diese im Wege der Praxis des „Flächentauschs“ anstelle von Klassenräumen träten. Die Praxis des Flächentauschs beruht auf dem in den 90er Jahren gefundenen Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem Beklagten und der Arbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen. Danach sind für Waldorfschulen mit bestimmten Zügigkeiten und Klassengrößen festgelegte Raumprogramme mit Flächenobergrenzen förderfähig. Im Rahmen dieser festgelegten Flächenobergrenzen lässt die Schulverwaltung einen Flächentausch mit den waldorfspezifischen Räumen zu, um den Besonderheiten der Waldorfschulen Rechnung zu tragen.
95 
Es ist indes bereits nicht erkennbar, dass diese in den 90er Jahren vereinbarte Verwaltungspraxis überhaupt rechtlich geeignet wäre, die verfassungsrechtlich begründete Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchBau zu erschüttern. Unabhängig davon greift der Einwand des Beklagten auch in der Sache nicht durch. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Unterlagen war die Praxis des Flächentauschs ein Instrument, um im Interesse der Gestaltungsfreiheit der Privatschule die Förderfähigkeit von spezifischen Waldorfräumen zu erreichen. In den Richtlinien für die Bearbeitung von Anträgen auf Schulbauförderung von Freien Waldorfschulen (VG-Akte, S. 359) heißt es:
96 
„Die sich daraus ergebende zuschussfähige Programmfläche der Freien Waldorfschulen ist ein Pauschalwert. Jede Schule kann in diesem Rahmen das für sie notwendige Raumprogramm nach eigenen Erfordernissen gestalten. Zur Prüfung, ob die geplanten Räume erforderlich sind, wird zusätzlich zu den Modellraumprogrammen für einzügige Grundschulen und Gymnasien die ergänzende Liste der für Freie Waldorfschulen zusätzlich erforderlichen Räume zugrunde gelegt.“
97 
Wie bereits dargelegt, sollte es den Waldorfschulen dadurch ermöglicht werden, im Rahmen der Flächenobergrenzen anstelle der in dem jeweiligen Modellraumprogramm ausgewiesenen Flächen Waldorfflächen zu schaffen und so deren Förderfähigkeit zu begründen. Welche Flächen insoweit Betracht kamen, ergibt sich aus der bereits genannten Liste „Zusätzlich erforderliche Schulräume für Freie Waldorfschulen“. Die Flächen können „bei der Ermittlung des Raumprogramms“ berücksichtigt werden (vgl. das Schreiben des Ministeriums vom 08.12.1995 an die Oberschulämter, VG-Akte, S. 27). Die Sichtweise des Beklagten, wonach aus der Vereinbarung „im Umkehrschluss“ zu folgern sei, dass waldorfspezifische Flächen im verfügbaren Raumbestand zu berücksichtigen seien, da diese anstelle von Klassenräumen im Wege des Flächentausches träten, steht im Gegensatz zu Wortlaut und Zweck der aufgezeigten „Vereinbarung“. Denn während diese ersichtlich dazu diente, im Interesse der Gestaltungsfreiheit der Waldorfschulen die Förderfähigkeit von Waldorfflächen herzustellen, läuft die Sichtweise des Beklagten darauf hinaus, dass das Instrument des „Flächentausches“ - über die bisherige Absprache hinaus und gegen den Willen des Schulträgers - von der Verwaltung auch im Zusammenhang mit der Frage der Erforderlichkeit eines Erweiterungsvorhabens eingesetzt wird und es - durch die Anrechnung bereits vorhandener Waldorfflächen - den Förderanspruch letztlich einschränkt bzw. ausschließt.
98 
Mithin beläuft sich die vorhandene und anzurechnende Programmfläche der Schule des Klägers im Bestand auf 3.483 qm [gesamter vorhandener Schulraum] - 609 qm [nicht anrechenbare Waldorfflächen] = 2.874 qm.
99 
(3) Danach ergibt der im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit des Erweiterungsvorhabens anzustellende Vergleich zwischen dem Modellraumprogramm für die entsprechende oder vergleichbare öffentliche Schule [3.192 bis 3.378 qm] und dem anzusetzenden Raumprogramm der Schule des Klägers im Bestand [2.874 qm], dass der Bestand im Umfang eines Werts von 318 qm bis 504 qm hinter der Soll-Fläche zurückblieb. In diesem Umfang besteht der vom Kläger geltend gemachte Feststellungsanspruch. Dies kann der Senat ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts feststellen, sodass hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens Spruchreife gegeben ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Bedarfsdeckungsanalyse noch von Vergleichsberechnungen über die Frage, ob ein Umbau zur Vermeidung eines Neubaus wirtschaftlicher und zweckmäßiger ist, sowie von der bautechnischen Bewertung der Geeignetheit von Umbaumaßnahmen anhand der konkreten örtlichen Verhältnisse abhängt (Entscheidungsabdruck, S. 14), liegt ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde (vgl. oben unter c) aa)). Dass dem Beklagten bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchBau ein Beurteilungsspielraum eingeräumt sein könnte, ist nicht ersichtlich (zu den engen Voraussetzungen insoweit vgl. nur BVerwG, Vorlagebeschluss vom 10.12.2014 - 6 C 18.13 -, BVerwGE 151, 56, juris Rn. 31).
100 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
101 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
102 
Beschluss vom 5. Juli 2016
103 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG) auf der Grundlage der mit der Klage begehrten maximalen Programmfläche von 824 qm, eines Kostenrichtwerts von 1.500,00 EUR pro qm Schulfläche [Nr. 8.2 Satz 2, 10.5 SchBauFr] und des Zuschusssatzes von 37% [§ 18 Abs. 7 Satz 1 PSchG a.F.] auf 420.240,00 EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG).
104 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
48 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Anschlussberufung des Klägers ist ebenfalls statthaft (§ 127 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO) und genügt den sonstigen Zulässigkeitsanforderungen (§ 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 VwGO).
49 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet, die Anschlussberufung des Klägers hat hingegen teilweise Erfolg. Die Klage des Klägers ist zulässig (1.) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (2.). Der Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.08.2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch teilweise zu. Da das Verpflichtungsbegehren entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts spruchreif ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), ist das angefochtene Urteil entsprechend zu ändern.
50 
1. Die am 01.03.2007 erhobene Klage des Klägers ist als Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage statthaft und auch sonst zulässig. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 28.08.2007 konnte in diese Klage einbezogen werden (vgl. hierzu bereits das Senatsurteil vom 22.01.2013 - 9 1891/12 - sowie den Senatsbeschluss vom 13.09.2012 - 9 S 2153/11 -).
51 
2. Der Kläger kann vom Beklagten die Feststellung verlangen, dass für einen zweizügigen Betrieb seiner Schule ein Erweiterungsbau mit einer Gesamtprogrammfläche von 318 qm bis 504 qm im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau erforderlich war. Damit dringt er mit seinen Einwänden gegen die vom Beklagten vorgenommene Anrechnung von im Zusammenhang mit der Ersterrichtung geschaffenen Flächen im Hinblick auf die sog. Waldorfflächen durch, nicht aber im Hinblick auf die sog. Überflächen.
52 
Dem klägerischen Antrag entsprechend ist für Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich auf einen Zeitpunkt unmittelbar vor der Realisierung des Vorhabens (Sommer 2007) abzustellen.
53 
a) Nach § 18 Abs. 7 Satz 1 des Privatschulgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 07.03.2006 (GBl. S. 71; jetzt § 18 Abs. 9 PSchG) - PSchG a.F. - erhalten die Träger der in § 17 Abs. 1 genannten genehmigten Ersatzschulen nach Maßgabe des § 44 der Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg auf Antrag einen Zuschuss zu den Kosten ihrer Schulbaumaßnahmen in Höhe von 37 vom Hundert des zuschussfähigen Bauaufwands.
54 
Nähere Bestimmungen sind enthalten in der Verordnung des Kultusministeriums über die Förderung des Schulhausbaus bei Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulbauverordnung - VOSchulBau) vom 13.03.2007 (GBl. 2007, 206), die auf der Verordnungsermächtigung in § 23 Nr. 7 PSchG beruht. Bei der baulichen Erweiterung von Schulgebäuden handelt es sich um eine förderfähige Schulbaumaßnahme (vgl. die mit § 18 Abs. 7 Satz 3 PSchG a.F. deckungsgleiche Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 VOSchulBau).
55 
Das Verfahren der Privatschulbauförderung ist in § 5 VOSchulBau geregelt. Es ist zweistufig aufgebaut: Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau ist vor der Einreichung des Zuschussantrags und dem Beginn der Bauarbeiten von der oberen Schulaufsichtsbehörde die Erforderlichkeit des Bauvorhabens festzustellen. Bei dieser - den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildenden - Feststellung handelt es sich um eine vorgeschaltete erste Stufe des Förderverfahrens (§ 5 Abs. 1 Satz 1 bis 3 VOSchulBau). Das eigentliche Zuschuss-, Bewilligungs- und Auszahlungsverfahren stellt die zweite Stufe dar (§ 5 Abs. 1 Satz 5 bis 6 VOSchulBau).
56 
b) Der Beklagte kann dem Begehren des Klägers nicht mit Erfolg einen verfahrensrechtlichen Einwand entgegenhalten. Der Baubeginn im Jahre 2007 und die Bauausführung vor der bestands- bzw. rechtskräftigen positiven Feststellung der Erforderlichkeit des Bauvorhabens hindern den klägerischen Anspruch auf Feststellung der Erforderlichkeit des Bauvorhabens nicht.
57 
Wie dargelegt, ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau vor der Einreichung des Zuschussantrags und dem Beginn der Bauarbeiten von der oberen Schulaufsichtsbehörde die Erforderlichkeit des Bauvorhabens festzustellen. Ob aus der Vorschrift folgt, dass bei Beginn und Durchführung der Maßnahme vor der (endgültigen) Feststellung der Erforderlichkeit die Gewährung eines Zuschusses rechtlich ausgeschlossen ist, dass also Baubeginn und -durchführung förderschädlich sind, ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Beklagte (und das Verwaltungsgericht) folgern aus Wortlaut („…ist…“), Systematik und Zweck der Vorschrift, dass es sich bei § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau nicht nur um eine nicht sanktionierte Formvorschrift handelt, sondern um eine zwingend einzuhaltende Norm über den zeitlichen Ablauf des Verfahrens bis zur Erforderlichkeitsfeststellung. Die in § 5 Abs. 2 Satz 2 VOSchulBau angeordnete Nichtanwendung der Nr. 1.2 der VV zu § 44 LHO werde als nicht auszudehnende Ausnahme zugunsten der Schulträger gesehen. Deshalb könnten Schulbauvorhaben zuschussunschädlich zwar vor der Zuschussbewilligung begonnen werden, aber nicht vor der Feststellung der Erforderlichkeit, da Abs. 2 nur das Verfahren nach Feststellung der Erforderlichkeit regele. Demgegenüber wertet der Kläger die Norm als reine Verfahrens- bzw. Formvorschrift im Rahmen des zweistufigen Förderverfahrens ohne Relevanz für den Förderanspruch. Er beruft sich insbesondere darauf, dass - anders als etwa in Nr. 1.2 der VV zu § 44 LHO - die konkrete Rechtsfolge einer Nichtbeachtung der Vorschrift, nämlich das Zuwendungsverbot, in der Verordnung nicht ausdrücklich geregelt ist.
58 
Diese Frage kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass es dem Beklagten mit Blick auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls verwehrt ist, sich auf den Baubeginn und dessen (mögliche) Förderschädlichkeit zu berufen. Denn er hat in zurechenbarer Weise dem Kläger gegenüber den Eindruck erweckt, mit einem Baubeginn vor der Entscheidung über die Erforderlichkeit vorbehaltlos einverstanden gewesen zu sein. Angesichts dessen stellt es sich als treuwidrig dar, dem Kläger den Baubeginn entgegenzuhalten (zur Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben im öffentlichen Recht vgl. BVerwG, Urteil vom 09.10.2014 - 5 C 26.13 -, juris; Beschluss vom 01.02.2005 - 7 B 115.04 -, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.1992 - 2 S 1369/90 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.09.2013 - 4 A 1288/12 -, juris). Dies ergibt sich aus Folgendem:
59 
In einer E-Mail vom 05.03.2007, die an den für die Bearbeitung des Zuschussbegehrens zuständigen Sachbearbeiter beim Regierungspräsidium Freiburg gerichtet war, hatte der Geschäftsführer des Klägers darauf hingewiesen, dass im Sommer - wahrscheinlich Juni/Juli - mit der Baumaßnahme begonnen werde. Außerdem fragte er an, ob die zugunsten des Beklagten (im Zusammenhang mit der Förderung des damaligen Neubaus) eingetragenen Sicherheiten (Grundschuld) entfallen könnten. Eine unmittelbare Reaktion hierauf erfolgte nicht, insbesondere wurde seitens des Regierungspräsidiums auf eine mögliche Förderschädlichkeit des Baubeginns nicht hingewiesen. Hierzu hätte Anlass gerade auch deshalb bestanden, weil der Geschäftsführer seiner E-Mail als „P.S.“ angefügt hatte „Ich würde mich bei Ihnen in dieser Woche gerne noch telefonisch melden, um über die Zuschussfrage/Rechtsmittel mit Ihnen zu sprechen!“. Damit hatte er einen konkreten Zusammenhang mit der Zuschussfrage hergestellt und keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Zuschussbegehren weiterverfolgt. Dabei ist er - für das Regierungspräsidium ohne Weiteres ersichtlich - davon ausgegangen, dass der Baubeginn unschädlich für die Förderung ist.
60 
Darüber hinaus förderte der Beklagte in der Folge in aktiver Weise den Erweiterungsbau durch die Abgabe einer Teillöschungs- bzw. Abtretungserklärung der zu seinen Gunsten eingetragenen Grundschulden, ohne gleichzeitig Bedenken im Hinblick auf die ersichtlich weiterverfolgte Förderung wegen der Nichteinhaltung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau anzumelden. Nachvollziehbare Gründe für dieses widersprüchliche Verhalten des Regierungspräsidiums, aus dem der Kläger bei lebensnaher Betrachtung auf die Förderunschädlichkeit des mitgeteilten Baubeginns schließen musste, sind den Akten nicht zu entnehmen. Sie sind auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, in der der Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums zugegen war, nicht zu Tage getreten. Der Vortrag des Beklagten, bereits mit Schreiben vom 21.02.2006 auf die Regelungen der VOSchulBau und insbesondere darauf hingewiesen zu haben, dass vor der Einreichung des Zuschussantrages und dem Beginn der Bauarbeiten die Erforderlichkeit des Bauvorhabens vom Regierungspräsidium festgestellt sein müsse, steht der Annahme eines schutzwürdigen Vertrauens auf der Seite des Klägers nicht entgegen. Denn einen hinreichend deutlichen Hinweis auf die Förderschädlichkeit des Baubeginns, auf die es im vorliegenden Zusammenhang allein ankommt, enthielt das Schreiben nicht.
61 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die nachträgliche Feststellung der Erforderlichkeit hier ausnahmsweise auch nicht mit den Zwecken des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau kollidiert haben dürfte. Zur Begründung wird auf die diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Urteil verwiesen, die sich der Senat zu eigen macht (Entscheidungsabdruck, S. 10).
62 
c) Der materiell-rechtliche Einwand des Beklagten, bei Berücksichtigung des vorhandenen, durch den Neubau 1985/1986 geschaffenen Bestands liege kein zusätzlicher Raumbedarf der Schule vor, greift nur teilweise durch.
63 
aa) Für die Frage der materiellen Voraussetzungen der begehrten Erforderlichkeitsfeststellung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau kommt der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 VOSchulBau zentrale Bedeutung zu. Danach erfolgt die Feststellung der Erforderlichkeit bei Neubaumaßnahmen und Erweiterungsbauten im Allgemeinen mit der Erstellung eines Raumprogramms durch die obere Schulaufsichtsbehörde.
64 
Die ausdrückliche Bezugnahme auf ein zu erstellendes „Raumprogramm“ zeigt, dass - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und im Einklang mit der Auffassung der Beteiligten - im Rahmen der Erforderlichkeitsfeststellung lediglich eine pauschalierende bzw. schematisierende Prüfung stattfindet: Die Verwaltung zieht dabei die sog. Modellraumprogramme heran, die nach der - damals anwendbaren - Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums, Finanzministeriums und Innenministeriums über die Richtlinien für die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung des Schulhausbaus kommunaler Schulträger (Schulbauförderungsrichtlinien - SchBauFr -, GABl. 2006, 181; zur aktuellen Erlasslage vgl. die Verwaltungsvorschrift für die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung des Schulhausbaus kommunaler Schulträger - VV SchBau -, GABl. 2015, 45) dazu dienen, bei öffentlichen Schulen den Flächenbedarf für den Regelfall aufzuzeigen (vgl. hierzu die in den SchBauFr enthaltenen „Allgemeinen Hinweise zu den Schemata zur Ermittlung des Flächenbedarfs allgemein bildender und beruflicher Schulen [Modellraumprogramme - Anlagen 1 bis 7]“). Ausweislich dieser „Allgemeinen Hinweise“ werden die Modellraumprogramme begrifflich mit den in den Anlagen 1 bis 7 zu den SchBauFr dargestellten „Schemata zur Ermittlung des Raumbedarfs“ an den verschiedenen Schularten gleichgesetzt. Sie sehen in alleiniger Abhängigkeit von der Zügigkeit der Schule lediglich einen Korridor einer minimalen und maximalen Gesamtprogrammfläche vor. Auf konkrete Werte, etwa Schülerzahlen, Raumzahlen, Raumgrößen o.Ä. kommt es grundsätzlich nicht an. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die Aufteilung der Flächen durch den Schulträger nach den örtlichen Verhältnissen und Bedürfnissen erfolgt. Auch in den Richtlinien für die Bearbeitung von Anträgen auf Schulbauförderung von Freien Waldorfschulen heißt es, dass die zuschussfähige Programmfläche der Freien Waldorfschulen ein „Pauschalwert“ sei.
65 
Dem entspricht ersichtlich auch die Verwaltungspraxis in der Vergangenheit. So hatte das Ministerium mit Erlass vom 29.05.1980 für den Neubau der Schule des Klägers ein Raumprogramm „mit einer Gesamtprogrammfläche von 2542 - 2554 qm“ „genehmigt“. Es spricht alles dafür, dass diese „Genehmigung“ das Ergebnis der Prüfung der Erforderlichkeit des Schulbauvorhabens im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau war.
66 
Im Gegensatz zu dieser pauschalierenden Betrachtungsweise hat das Verwaltungsgericht den Maßstab für die Feststellung der Erforderlichkeit des Erweiterungsbaus anhand der Bestimmung des § 3 VOSchulBau über den „zuschussfähigen Bauaufwand“ entwickelt. Konkret hat es seiner Prüfung § 3 Abs. 1 Satz 2 VOSchulBau zugrunde gelegt, wonach der angemeldete Bauaufwand zuschussfähig ist, soweit er im Rahmen einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Planung zur Behebung des Schulraumbedarfs von der oberen Schulaufsichtsbehörde als erforderlich anerkannt wird. Damit hat es indes den rechtlichen Maßstab für die mit der Klage begehrte Feststellung verfehlt. Denn in dieser Bestimmung geht es um die Prüfung des „zuschussfähigen Bauaufwands“, Gegenstand der hier maßgeblichen Norm des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau ist hingegen die Erforderlichkeit des Bauvorhabens an sich. Dass es sich insoweit um zwei unterschiedliche Fragen handelt, folgt bereits aus der verordnungsrechtlichen Systematik. Wie dargelegt, ist die Erforderlichkeit des Bauvorhabens „vor der Einreichung des Zuschussantrags und dem Beginn der Bauarbeiten“ „mit der Erstellung eines Raumprogramms“ festzustellen und der ersten Stufe des Förderverfahrens (§ 5 Abs. 1 Satz 1 bis 3 VOSchulBau) zuzurechnen. Die Feststellung erfolgt unter Angabe einer Programmfläche in qm und damit flächenbezogen. Demgegenüber vollzieht sich die Prüfung des - kostenbezogen in EURO anzugebenden - zuschussfähigen Bauaufwands im Rahmen der zweiten Verfahrensstufe, was sich daraus ergibt, dass diese Prüfung das Vorliegen eines Zuschussantrags voraussetzt (vgl. etwa § 5 Abs. 3 VOSchulBau). Hierfür spricht auch die Bestimmung des § 3 Abs. 3 VOSchulBau. Danach sind maßgebend für die Feststellung des zuschussfähigen Bauaufwands das auf Grund der örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse anhand des Schemas zur Ermittlung des Raumbedarfs für entsprechende oder vergleichbare öffentliche Schulen ermittelte Raumprogramm, die für die Schulbauförderung öffentlicher Schulen geltenden Kostenrichtwerte und die [nachstehenden] Kostengruppen nach dem Normblatt DIN 276 (Hervorhebung nur hier). Mithin erweisen sich auch die Einwände des Beklagten gegen die konkret-funktionelle Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des Klassenteilers und der Zahl und Größe von Einzelräumen als berechtigt. Derartige Gesichtspunkte sind der weiteren Prüfung des Regierungspräsidiums auf der zweiten Stufe des Förderverfahrens vorbehalten.
67 
Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass es sich bei der gegenständlichen Feststellung der Erforderlichkeit eines Bauvorhabens im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau um eine Grund- bzw. Rahmenentscheidung der oberen Schulaufsichtsbehörde auf der Basis der pauschalierenden Prüfung eines minimalen bzw. maximalen Gesamtflächenbedarfs handelt.
68 
bb) Für die Prüfung der Erforderlichkeit des Erweiterungsvorhabens war demnach ein Vergleich anzustellen zwischen dem in den SchBauFr (bzw. der VV SchulBauförderung) aufgeführten Modellraumprogramm für die nach Schulart und Zügigkeit entsprechende oder vergleichbare öffentliche Schule (Modellraumprogramm zweizügige Grundschule und zweizügiges Gymnasium, unter [1]) und der Fläche, die sich nach dem Raumprogramm der Schule des Klägers im Bestand ergibt (unter [2]). Dieser Vergleich ergibt, dass für einen zweizügigen Betrieb der Schule des Klägers ein Erweiterungsbau mit einer Gesamtprogrammfläche von 318 qm bis 504 qm im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau erforderlich war; an der Spruchreife des entsprechenden Verpflichtungsbegehrens des Klägers bestehen keine Zweifel (3).
69 
(1) Soweit das Regierungspräsidium den Flächenbedarf einer mit der geplanten Schule des Klägers vergleichbaren öffentlichen Schule (zweizügige Grundschule und zweizügiges Gymnasium) mit der ermittelten Soll-Fläche von insgesamt 3.192 - 3.378 qm festgestellt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Das Regierungspräsidium hat dabei in nachvollziehbarer Weise den Vorgaben der SchBauFr entsprechend das Modellraumprogramm für zweizügige Gymnasien mit einer Gesamtprogrammfläche von 2.544 - 2.604 qm (vgl. Anl. 4 zu den SchBauFr) und als Programmfläche für eine zweizügige Grundschule Rahmenwerte von 648 - 774 qm (8 Klassenräume à 54-66 qm, Mehrzweckraum und 2 Kursräume 126 -138 qm, Technikraum 90-108 qm) angesetzt (Behördenakte, S. 73; vgl. auch die Ausführungen im Bescheid vom 28.08.2007). Gegen die ermittelte Gesamt-Soll-Fläche von 3.192 - 3.378 qm hat der Kläger im Übrigen Einwendungen nicht erhoben.
70 
(2) Auf der Grundlage des vom Kläger vorgelegten Flächenplans ist das Regierungspräsidium weiter davon ausgegangen, dass die Bestandsaufnahme anhand der vorgelegten Pläne eine vorhandene Programmfläche der Schule des Klägers im Umfang von insgesamt 3.483 qm ergeben habe. Da der Bestand den gesamten vorhandenen und nutzbaren Schulraum umfasse, unabhängig davon, ob er in der Vergangenheit gefördert worden sei oder nicht, seien auf ihn auch die in der Vergangenheit vom Kläger geschaffenen, aber nicht geförderten sog. Waldorfflächen und Überflächen anzurechnen. Nicht enthalten seien lediglich die sog. Restflächen (Turnhalle mit Foyer, Hort, Küche und Speiseraum, Kellerräume [47, 25, 30 qm], sanitäre Einrichtungen, Putzräume, Haustechnik). Mit insgesamt 3.483 qm liege die in der Schule bestehende Raumfläche somit im Rahmen der Sollfläche von 3.192 bis 3.378 qm des maßgeblichen Modellraum-Programms für zweizügige Grundschulen/Gymnasien. Verfüge der Kläger aber über mehr als die maßgebliche Modellraumprogrammfläche, sei das Erweiterungsbauvorhaben nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau erforderlich.
71 
Diesem Ansatz des Beklagten vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr ist er der Auffassung, dass es dem Beklagten aus Rechtsgründen versagt war, die sog. Waldorfflächen auf das Raumprogramm der Schule des Klägers im Bestand anzurechnen. Die Anrechnung der sog. Überflächen ist demgegenüber nicht zu beanstanden. Dabei geht der Senat auf der Grundlage des vom Kläger vorgelegten Flächenplans davon aus, dass die vom Kläger bereits mit der Ersterrichtung geschaffenen, nicht geförderten Flächen, die spezifischen Zwecken der Waldorfpädagogik dienen, einen Umfang von 609 qm (Erdgeschoss: Werken Holz 137 qm, 67 qm, 67 qm, 72 qm; Untergeschoss: Demeterraum: 55 qm, Töpferei 68 qm, 18 qm, 13 qm; Werken Metall 112 qm), die sog. Überflächen einen Umfang von 320 qm ausmachen. Einwände gegen diese Annahme haben die Beteiligten nicht erhoben.
72 
(a) Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, nach welchen Kriterien Flächen im Bestand in den vorzunehmenden Flächenvergleich einzubeziehen sind, ist der Begriff der Erforderlichkeit des Bauvorhabens in § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchBau. An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn zur Deckung des Raumbedarfs eines schulischen Bauvorhabens geeigneter Gebäudebestand vorhanden ist. Mit Blick auf die oben bereits angesprochene Flächenbezogenheit der Feststellung sowie die anzustellende schematisierende Betrachtungsweise kann es dabei im Grundsatz nicht beanstandet werden, wenn der Beklagte für den anzustellenden Flächenvergleich den gesamten tatsächlich vorhandenen und als Schulraum geeigneten Gebäudebestand im Umfang der hiervon umfassten Flächen heranzieht, ohne die Eigenart einzelner Flächen einer Bewertung zu unterziehen.
73 
Einschränkungen dieses Grundsatzes können sich allerdings aus rechtlichen Vorgaben ergeben.
74 
(aa) Für die Ansicht des Klägers, dass von vornherein vom Schulträger auf eigene Kosten und ohne Förderung geschaffene Flächen von der Anrechnung auszunehmen seien, fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Insbesondere Art. 7 Abs. 4 GG ist eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen.
75 
Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG folgt kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe, gar noch in bestimmter Höhe. Die konkrete Ausgestaltung der Förderpflicht obliegt dem Landesgesetzgeber, dem insoweit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt. Demgemäß wird der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers durch das Gesetz bestimmt. Sein grundrechtlicher Schutzanspruch ist nur darauf gerichtet, dass der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderpflicht zu Gunsten des Ersatzschulwesens als Institution gesetzt sind. Der gerichtliche Rechtsschutz bezieht sich unter diesen Umständen auf die Prüfung einer Untätigkeit, einer groben Vernachlässigung und eines ersatzlosen Abbaus getroffener Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682 und 712/88 -, BVerfGE 90, 107, 117; BVerwG, Urteil vom 21.12.2011 - 6 C 18.10 -, juris; Senatsurteile vom 11.02.2015 - 9 S 1334/13 -, juris, vom 11.04.2013, a.a.O., und vom 12.01.2000 - 9 S 317/98 -, juris).
76 
Vor diesem Hintergrund ist bei der Schulbauförderung von einem weiten Ermessen des Gesetzgebers auszugehen, von dem dieser in § 18 Abs. 7 PSchG a.F. und in der VOSchulBau Gebrauch gemacht hat (vgl. auch Bock, in: Ebert u.a., Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 18 PSchG Rn. 9). Es ist weder hinreichend aufgezeigt worden noch sonst erkennbar, dass sich hieraus unmittelbar rechtliche Vorgaben für die Frage der Anrechnung oder Nichtanrechnung von tatsächlich vorhandenen Flächen ergeben.
77 
(bb) Eine rechtliche Grenze für die Anrechnung tatsächlich vorhandener Flächen ergibt sich im vorliegenden Fall indes aus Art. 3 Abs. 1 GG. Entschließt sich der Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht dazu, die Ersatzschulen durch finanzielle Zuwendungen zu fördern, so müssen alle Ersatzschulen nach Maßgabe des Gleichheitssatzes berücksichtigt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40). Um eine Verletzung des Gleichheitssatzes zu vermeiden, bedarf es hier einer einschränkenden Auslegung des Erforderlichkeitskriteriums dahingehend, dass die sog. Waldorfflächen von der grundsätzlich gebotenen Anrechnung der tatsächlich vorhandenen Flächen auszunehmen sind. Das ergibt sich aus Folgendem:
78 
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen.
79 
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.
80 
Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 -, BVerfGE 129, 49-78, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. auch Kischel, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, 2. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 28 ff.).
81 
Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Legislative, sondern beanspruchen auch für das Handeln der Exekutive Geltung, soweit ihr Handlungsspielräume zustehen (vgl. Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 34; Pietzcker, Handbuch der Grundrechte, 2013, Bd. V § 125 Rn. 72).
82 
Nach diesen Maßstäben erscheint die Anrechnung der sog. Waldorfflächen mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
83 
Ausgangspunkt ist dabei die Ungleichbehandlung, die der Kläger gegenüber dem Träger einer anderen Waldorfschule erfährt, der bereits mit der erstmaligen Errichtung Grundschule und Gymnasium in zweizügiger Form realisieren will. Denn auf der Grundlage der - in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat so bestätigten - Praxis des Beklagten würde dieser den Zuschuss auf der Basis der Raumprogrammfläche für eine zweizügige Grundschule mit zweizügigem Gymnasium bis zur maximalen Obergrenze erhalten, auch wenn er - nicht von der Förderung umfasste - Überflächen und Waldorfflächen so realisiert wie der Kläger. Während also die Schaffung dieser Flächen im Falle der Ersterrichtung förderunschädlich sind, stellt sich dies im Falle des gegenständlichen Erweiterungsvorhabens anders dar: Hier führt der (ausschließlich selbst finanzierte) Bestand an Waldorf- und Überflächen zu einer Anrechnung dieser Flächen und damit der Sache nach zu einer Einschränkung des Förderanspruchs.
84 
Ein sachlicher Grund, der diese Besserstellung der anderen Schule hinreichend zu rechtfertigen vermag, liegt bezogen auf die sog. Überflächen vor; dies gilt indes nicht bezogen auf die sog. Waldorfflächen.
85 
Als die Ungleichbehandlung rechtfertigender Sachgrund kommt letztlich allein der Umstand in Betracht, dass die Entscheidung über die Erforderlichkeit eines Vorhabens in dem Fall des Neubaus zwangsläufig an ein nur geplantes, noch nicht realisiertes Vorhaben anknüpft, bei dem - in Ermangelung tatsächlich vorhandener Flächen - nichts vorhanden ist, was zur Deckung des Raumbedarfs in Betracht kommen und der Erforderlichkeit entgegengehalten werden könnte. Demgegenüber wird im anderen Fall (Erweiterung) an einen bereits realisierten Gebäudebestand angeknüpft, mit dem jedenfalls im Grundsatz ein etwaiger Raumbedarf befriedigt werden kann.
86 
Mit Blick auf die grundsätzliche Eignung tatsächlich geschaffener Flächen zur Deckung eines Raumbedarfs erscheint dem Senat die Anrechnung der bei der Ersterrichtung geschaffenen sog. Überflächen nachvollziehbar und hinreichend sachgerecht. Bei diesen handelt es sich um Flächen geförderter Räume, die über die Flächen des vom Regierungspräsidium gebilligten Raumprogramms hinausgingen. Der Kläger hatte hier im Zusammenhang mit dem Neubau Schulräume großzügiger geschaffen, als dies das entsprechende, für öffentliche Schulen vorgesehene Raumprogramm vorsah. Mit ihnen kann ein später auftretender Bedarf grundsätzlich befriedigt werden, ohne dass damit eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung seiner grundrechtlichen Interessen einhergeht. Dies entspricht im Übrigen auch der - grundsätzlich als Orientierungsmaßstab dienenden - Förderpraxis bei öffentlichen Schulen. Insoweit erscheint die aufgezeigte Benachteiligung bei der Förderung gegenüber dem Schulträger, der entsprechende Flächen bereits mit dem Neubau realisieren will, hinreichend gerechtfertigt. Zwar hält der Kläger dem entgegen, dass die Überflächen sachlich geeignet sein müssten, um hieraus Klassenzimmer zu bilden, dass aber aus den über die Geschosse verteilten Überflächen mehr oder weniger großen Umfangs Klassenzimmer nicht geschaffen werden könnten. Dieser Einwand verfängt jedoch nicht. Der Kläger nimmt in diesem Zusammenhang den pauschalierenden Charakter der Erforderlichkeitsfeststellung nicht hinreichend in den Blick, aufgrund dessen es auf konkrete Werte, etwa Schülerzahlen, Raumzahlen, Raumgrößen o.Ä. grundsätzlich nicht ankommt.
87 
Anders stellt sich die Lage bezogen auf die sog. Waldorfflächen dar. Diese ergeben sich daraus, dass der Kläger im Zusammenhang mit der Ersterrichtung auf eigene Kosten und ohne staatliche Förderung Räume mit einer besonderen Widmung (Töpferei, Werkräume, Demeterraum usw.) geschaffen hat, die nach dem besonderen pädagogischen Konzept der Waldorfschule zusätzlich zu den im Raumprogramm für öffentliche Schulen vorgesehenen allgemeinen Schulräumen erforderlich sind. Dass diese besonders gewidmeten Flächen nicht ohne Weiteres zur Bedarfsdeckung in Betracht kommen, liegt auf der Hand. Gegen eine Anrechenbarkeit spricht vor allem ihre besondere Bedeutung für die Ausübung des dem Kläger zustehenden Grundrechts aus Art. 7 Abs. 4 GG, die hier zu einer strengeren Bindung des Beklagten im Rahmen des Gleichheitssatzes führt. Mit Blick auf die Schutzwirkungen des Art. 7 Abs. 4 GG lassen sich ausreichend gewichtige Gründe, die die förderrechtliche Besserstellung des Schulträgers, der die entsprechenden Flächen bereits mit der Ersterrichtung realisieren will, nicht feststellen.
88 
Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Freiheitsrecht, nach Satz 1 private Schulen zu errichten und sie gemäß Satz 2 in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 vorbehaltlich staatlicher Genehmigung nach Maßgabe der Landesgesetze als Ersatz für öffentliche Schulen zu betreiben. Mit der Gründungsfreiheit und dem Recht, private Schulen nach den Erziehungszielen und dem darauf ausgerichteten Unterrichtsprogramm des jeweiligen Schulträgers zu betreiben, garantiert Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugleich die Privatschule als Institution. Diese Gewährleistung sichert der Institution Privatschule verfassungskräftig ihren Bestand und eine ihrer Eigenart entsprechende Verwirklichung. Die Privatschule wird damit als eine für das Gemeinwesen notwendige Einrichtung anerkannt und als solche mit ihren typusbestimmenden Merkmalen unter den Schutz des Staates gestellt. Wahrgenommen wird dieser Schutz durch die für die Schulgesetzgebung ausschließlich zuständigen Länder, die nach Art. 7 Abs. 4 GG verpflichtet sind, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74, m.w.N.; Senatsurteil vom 11.02.2015 - 9 S 1334/13 - und vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, jeweils juris).
89 
Der dem staatlichen Einfluss entzogene Bereich ist dadurch gekennzeichnet, dass in der Privatschule ein eigenverantwortlich geprägter und gestalteter Unterricht erteilt wird, insbesondere soweit er die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und Lehrinhalte betrifft. Diese Gewährleistung bedeutet die Absage an ein staatliches Schulmonopol und ist zugleich eine Wertentscheidung, die eine Benachteiligung gleichwertiger Ersatzschulen gegenüber den entsprechenden staatlichen Schulen allein wegen ihrer andersartigen Erziehungsformen und -inhalte verbietet. Dieses Offensein des Staates für die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann, entspricht den Wertvorstellungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die sich zur Würde des Menschen und zur religiösen und weltanschaulichen Neutralität bekennt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195).
90 
Die Freiheit der Methoden- und Formenwahl bildet die Essenz der Privatschulfreiheit. Der Wortlaut von Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG macht dies darin kenntlich, dass die Genehmigungsfähigkeit als Ersatzschule erst im Falle eines „Zurückstehens“ ausgeschlossen und damit von einer bloßen Ergebnisäquivalenz abhängig gemacht wird. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG bezweckt nicht, die inhaltliche Einheit des Schulwesens zu sichern, sondern Schüler von Ersatzschulen vor einem ungleichwertigen Schulerfolg bzw. die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen. Es ist gerade Kennzeichen der Privatschulen, dass in ihnen ein eigenverantwortlich geprägter und gestalteter Unterricht erteilt wird, auch in Bezug auf die Lehrmethode. Die Benachteiligung von Privatschulen allein wegen ihrer andersartigen Erziehungsformen verbietet sich daher (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2013 - 6 C 6.12 -, BVerwGE 145, 333, [monoedukative Ersatzschule] m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG). Die Verfassung berücksichtigt hiermit unter anderem die Bezüge der Privatschulfreiheit zum elterlichen Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40) und bekennt sich zu einem schulischen Pluralismus, der in dem Offensein für die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann, zum Ausdruck kommt (BVerwG, Urteil vom 30.01.2013, a.a.O., und BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682, 712/88 -, BVerfGE 90, 107).
91 
Ausgehend hiervon kommt den vom Kläger in Ausübung seiner Privatschulfreiheit geschaffenen, speziell der Waldorfpädagogik dienenden Flächen besondere verfassungsrechtliche Bedeutung zu mit der Folge, dass er sich insoweit auf die Schutzwirkungen des Art. 7 Abs. 4 GG berufen kann. Hiergegen kann nicht mit Erfolg der Einwand erhoben werden, eine Privatschule könne durch entsprechende Widmung in beliebiger Weise Flächen schaffen, so ihre Anrechenbarkeit für den Fall eines Erweiterungsvorhabens ausschließen und damit letztlich eine - von Art. 7 Abs. 4 GG nicht gedeckte (vgl. BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40) - Besserstellung gegenüber den öffentlichen Schulen erreichen. Denn im vorliegenden Fall ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die gegenständlichen Flächen nach der Eigenart der Waldorfschule, insbesondere ihrem besonderen pädagogischen Konzept, zusätzlich zu den im Raumprogramm für öffentliche Schulen vorgesehenen allgemeinen Schulräumen erforderlich sind. Es kommt hinzu, dass der Beklagte im Rahmen seiner Förderpraxis ausdrücklich anerkannt hat, dass Waldorfschulen nach ihrem Selbstverständnis und ihrem pädagogischen Konzept solche Räume mit einer spezifischen Widmung benötigen. Als Beleg für diese „Verfestigung“ der verfassungsrechtlichen Position des Klägers wird auf die Ausführungen in den „Richtlinien für die Bearbeitung von Anträgen auf Schulbauförderung von Freien Waldorfschulen“ Bezug genommen, wonach „Zur Prüfung, ob die geplanten Räume erforderlich sind“, „zusätzlich zu den Modellraumprogrammen für einzügige Grundschulen und Gymnasien die ergänzende Liste der für Freie Waldorfschulen zusätzlich erforderlichen Räume zugrunde gelegt“ wird (VG-Akte, S. 359; zu der vom Beklagten erstellten Liste [„Zusätzlich erforderliche Schulräume für Freie Waldorfschulen“] siehe VG-Akte, S. 27, 29 und 361). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um den musischen Bereich mit Eurythmie sowie den praktisch-künstlerischen Bereich mit Handarbeit, Werken, Hauswirtschaft und Gartenbau.
92 
Die besondere verfassungsrechtliche Bedeutung der Waldorfflächen spricht gegen ihre zwangsweise Heranziehung zur Deckung des allgemeinen Schulraumbedarfs. Denn es besteht die ernsthafte Gefahr, dass das Recht einer Waldorfschule, über förderungsfähige Flächen hinaus weitere der Waldorfpädagogik dienende Flächen auf eigene Kosten zu schaffen, dadurch konterkariert wird, dass solche Waldorfflächen auf später notwendig werdende Förderungsflächen angerechnet werden und eine bereits bestehende Waldorfschule bei Erweiterungsvorhaben deshalb von der Bauförderung ganz oder weitgehend ausgeschlossen wird. Danach erweist sich die aufgezeigte Benachteiligung des Klägers bei der Inanspruchnahme der staatlichen Förderung gegenüber dem Träger einer Waldorfschule, der bereits mit der Ersterrichtung Grundschule und Gymnasium in zweizügiger Form realisieren will, in Anbetracht des Gewichts seiner grundrechtlichen Belange als nicht hinreichend gerechtfertigt.
93 
Zur Vermeidung des festgestellten Gleichheitsverstoßes bedarf es deshalb einer verfassungskonformen einschränkenden Auslegung des Merkmals der Erforderlichkeit in § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchulBau dahingehend, dass die sog. Waldorfflächen von der grundsätzlich gebotenen Anrechnung der tatsächlich vorhandenen Flächen auszunehmen sind.
94 
Dies vermag der Beklagte schließlich auch nicht mit dem Einwand in Frage zu stellen, waldorfspezifische Flächen seien im verfügbaren Raumbestand zu berücksichtigen, da diese im Wege der Praxis des „Flächentauschs“ anstelle von Klassenräumen träten. Die Praxis des Flächentauschs beruht auf dem in den 90er Jahren gefundenen Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem Beklagten und der Arbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen. Danach sind für Waldorfschulen mit bestimmten Zügigkeiten und Klassengrößen festgelegte Raumprogramme mit Flächenobergrenzen förderfähig. Im Rahmen dieser festgelegten Flächenobergrenzen lässt die Schulverwaltung einen Flächentausch mit den waldorfspezifischen Räumen zu, um den Besonderheiten der Waldorfschulen Rechnung zu tragen.
95 
Es ist indes bereits nicht erkennbar, dass diese in den 90er Jahren vereinbarte Verwaltungspraxis überhaupt rechtlich geeignet wäre, die verfassungsrechtlich begründete Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchBau zu erschüttern. Unabhängig davon greift der Einwand des Beklagten auch in der Sache nicht durch. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Unterlagen war die Praxis des Flächentauschs ein Instrument, um im Interesse der Gestaltungsfreiheit der Privatschule die Förderfähigkeit von spezifischen Waldorfräumen zu erreichen. In den Richtlinien für die Bearbeitung von Anträgen auf Schulbauförderung von Freien Waldorfschulen (VG-Akte, S. 359) heißt es:
96 
„Die sich daraus ergebende zuschussfähige Programmfläche der Freien Waldorfschulen ist ein Pauschalwert. Jede Schule kann in diesem Rahmen das für sie notwendige Raumprogramm nach eigenen Erfordernissen gestalten. Zur Prüfung, ob die geplanten Räume erforderlich sind, wird zusätzlich zu den Modellraumprogrammen für einzügige Grundschulen und Gymnasien die ergänzende Liste der für Freie Waldorfschulen zusätzlich erforderlichen Räume zugrunde gelegt.“
97 
Wie bereits dargelegt, sollte es den Waldorfschulen dadurch ermöglicht werden, im Rahmen der Flächenobergrenzen anstelle der in dem jeweiligen Modellraumprogramm ausgewiesenen Flächen Waldorfflächen zu schaffen und so deren Förderfähigkeit zu begründen. Welche Flächen insoweit Betracht kamen, ergibt sich aus der bereits genannten Liste „Zusätzlich erforderliche Schulräume für Freie Waldorfschulen“. Die Flächen können „bei der Ermittlung des Raumprogramms“ berücksichtigt werden (vgl. das Schreiben des Ministeriums vom 08.12.1995 an die Oberschulämter, VG-Akte, S. 27). Die Sichtweise des Beklagten, wonach aus der Vereinbarung „im Umkehrschluss“ zu folgern sei, dass waldorfspezifische Flächen im verfügbaren Raumbestand zu berücksichtigen seien, da diese anstelle von Klassenräumen im Wege des Flächentausches träten, steht im Gegensatz zu Wortlaut und Zweck der aufgezeigten „Vereinbarung“. Denn während diese ersichtlich dazu diente, im Interesse der Gestaltungsfreiheit der Waldorfschulen die Förderfähigkeit von Waldorfflächen herzustellen, läuft die Sichtweise des Beklagten darauf hinaus, dass das Instrument des „Flächentausches“ - über die bisherige Absprache hinaus und gegen den Willen des Schulträgers - von der Verwaltung auch im Zusammenhang mit der Frage der Erforderlichkeit eines Erweiterungsvorhabens eingesetzt wird und es - durch die Anrechnung bereits vorhandener Waldorfflächen - den Förderanspruch letztlich einschränkt bzw. ausschließt.
98 
Mithin beläuft sich die vorhandene und anzurechnende Programmfläche der Schule des Klägers im Bestand auf 3.483 qm [gesamter vorhandener Schulraum] - 609 qm [nicht anrechenbare Waldorfflächen] = 2.874 qm.
99 
(3) Danach ergibt der im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit des Erweiterungsvorhabens anzustellende Vergleich zwischen dem Modellraumprogramm für die entsprechende oder vergleichbare öffentliche Schule [3.192 bis 3.378 qm] und dem anzusetzenden Raumprogramm der Schule des Klägers im Bestand [2.874 qm], dass der Bestand im Umfang eines Werts von 318 qm bis 504 qm hinter der Soll-Fläche zurückblieb. In diesem Umfang besteht der vom Kläger geltend gemachte Feststellungsanspruch. Dies kann der Senat ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts feststellen, sodass hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens Spruchreife gegeben ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Bedarfsdeckungsanalyse noch von Vergleichsberechnungen über die Frage, ob ein Umbau zur Vermeidung eines Neubaus wirtschaftlicher und zweckmäßiger ist, sowie von der bautechnischen Bewertung der Geeignetheit von Umbaumaßnahmen anhand der konkreten örtlichen Verhältnisse abhängt (Entscheidungsabdruck, S. 14), liegt ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde (vgl. oben unter c) aa)). Dass dem Beklagten bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VOSchBau ein Beurteilungsspielraum eingeräumt sein könnte, ist nicht ersichtlich (zu den engen Voraussetzungen insoweit vgl. nur BVerwG, Vorlagebeschluss vom 10.12.2014 - 6 C 18.13 -, BVerwGE 151, 56, juris Rn. 31).
100 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
101 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
102 
Beschluss vom 5. Juli 2016
103 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG) auf der Grundlage der mit der Klage begehrten maximalen Programmfläche von 824 qm, eines Kostenrichtwerts von 1.500,00 EUR pro qm Schulfläche [Nr. 8.2 Satz 2, 10.5 SchBauFr] und des Zuschusssatzes von 37% [§ 18 Abs. 7 Satz 1 PSchG a.F.] auf 420.240,00 EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG).
104 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Feb. 2015 - 9 S 1334/13

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Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2012 - 11 K 5307/10 - wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 13. Sept. 2012 - 9 S 2153/11

bei uns veröffentlicht am 13.09.2012

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. April 2011 - 2 K 1134/09 - wird zugelassen. Gründe   1 Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07

bei uns veröffentlicht am 21.06.2011

Tenor 1. § 18b Absatz 3 Satz 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (Bu

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(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzichtet hat oder die Frist für die Berufung oder den Antrag auf Zulassung der Berufung verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) Die Anschlussberufung bedarf keiner Zulassung.

(5) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. April 2011 - 2 K 1134/09 - wird zugelassen.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind grundsätzlich gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480).
Zwar hat der Kläger die verwaltungsgerichtliche Entscheidung mit seinem Vorbringen nicht schlüssig in Frage gestellt. So sind - entgegen der Meinung des Klägers - die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 28.08.2007 um einen ablehnenden Verwaltungsakt sowie beim Schreiben des Beklagten vom 21.02.2006 noch um keinen ablehnenden Verwaltungsakt gehandelt hat, durchaus zutreffend. Allerdings unterliegt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus anderen Gründen ernstlichen Richtigkeitszweifeln.
Der Zulassung der Berufung steht das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht entgegen. Dieses beschränkt das Oberverwaltungsgericht zwar grundsätzlich auf die Prüfung, ob die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe aus den dargelegten Umständen vorliegen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn die angefochtene Entscheidung zwar nicht aus dem vom Rechtsmittelführer angeführten Grund, wohl aber aus einem anderen Grunde unrichtig ist, sofern diese Unrichtigkeit offensichtlich ist. Zweck des Zulassungsgrundes aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist es, die Überprüfung und mögliche Korrektur zweifelhafter Entscheidungen der ersten Instanz im Rechtsmittelwege zu ermöglichen. Das gebietet, den Zugang zur Rechtsmittelinstanz umso eher zu eröffnen, je gewichtiger die Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung wiegen, vollends wenn deren Unrichtigkeit schon im Zulassungsverfahren offensichtlich ist. In solchen Fällen kann auch das Darlegungsgebot nicht entgegenstehen. Dessen Sinn und Zweck besteht darin, das Zulassungsverfahren zu vereinfachen, indem es das Prüfungsprogramm des Oberverwaltungsgerichts darauf beschränkt, zu klären, ob die dargelegten Gründe eine Zulassung des Rechtsmittels tragen. Dieser Zweck wird indes nicht berührt, wenn die Zulassung aus Gründen, die offensichtlich sind, auch ohne deren Darlegung erfolgen kann. Denn das Offensichtliche liegt klar zutage und bedarf daher keiner aufwendigen Feststellung. Das Zulassungsverfahren wird daher nicht verzögert und erschwert, sondern umgekehrt gerade vereinfacht (vgl. bereits den zu § 146 Abs. 4 VwGO a.F. ergangenen Senatsbeschluss vom 19.07.2001 - NC 9 S 2/01 -, VBlBW 2002, 163 m.w.N.; ebenso: Sächs. OVG, Beschluss vom 31.03.2008 - 5 B 377/06 -, Juris Rn. 8; Kuhlmann, in: Wysk , VwGO, 2011, § 124a Rn. 44; Happ, in: Eyermann , VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 83 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 124a Rn. 50).
Die Klage hätte offensichtlich nicht aus den im Urteil genannten Gründen als unzulässig abgewiesen werden dürfen.
Gegenstand der vom Kläger am 01.03.2007 erhobenen Klage (ursprüngliches Aktenzeichen 2 K 697/07) war der prozessuale Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, nach § 5 Abs. 1 der Privatschulbauverordnung vom 13.03.2007 (GBl. S. 206) die Erforderlichkeit des Erweiterungsbauvorhabens des Klägers festzustellen. Klageziel war mithin die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts (vgl. § 42 Abs. 1 2.Alt. VwGO). Für die Statthaftigkeit dieser Verpflichtungsklage ist es - entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil, das die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen hat - unerheblich, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 21.02.2006, das Anlass für die Klageerhebung war, um keinen Versagungsbescheid und damit um keinen Verwaltungsakt gehandelt hat. Denn die Aufhebung des Versagungsbescheids gehört nicht zum Streitgegenstand der Verpflichtungsklage. Die Aufhebung ist vielmehr ein unselbständiger Anfechtungsannex, der im Interesse der Rechtsklarheit bei einer stattgebenden Entscheidung mittenoriert wird. Der Anspruch auf Bescheiderlass hängt nicht davon ab, ob die Behörde den an sie gerichteten Antrag überhaupt oder fehlerhaft beschieden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15; OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010 - 2 A 796/09 -, DVBl. 2010, 1309; Wysk, in: ders. , VwGO, 2011, § 42 Rn. 51). Wenn man das Schreiben des Beklagten vom 21.02.2006 - wie das Verwaltungsgericht und zunächst auch übereinstimmend die Beteiligten - zutreffend nicht als Versagungsbescheid, sondern als bloße Rechtsauskunft wertet, dann handelte es sich bei der am 01.03.2007 eingelegten Klage um eine sog. Untätigkeitsklage. Die besondere Sachurteilsvoraussetzung einer Untätigkeitsklage, die Einhaltung der dreimonatigen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO, ist hier gewahrt. Der Kläger hatte seinen Antrag bereits am 30.06.2005 beim Regierungspräsidium gestellt. Nach Klageerhebung wurde außerdem vom Verwaltungsgericht keine Nachfrist nach § 75 Satz 3 VwGO gesetzt. Vielmehr wurde das Verfahren mit Beschluss vom 27.04.2007 zum Ruhen gebracht und am 09.10.2009 wieder angerufen, nachdem das vom Verwaltungsgericht zu Recht als Ablehnungsbescheid qualifizierte Schreiben des Beklagten vom 28.08.2007 ergangen war.
Für die Zulässigkeit der am 01.03.2007 erhobenen Klage ist es weiter unerheblich, dass gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.08.2007, gegen den nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO kein Widerspruch erhoben werden musste, erst nach Ablauf der einjährigen Klagefrist nach § 74 Abs. 2 und § 58 Abs. 2 VwGO erneut „Klage“ erhoben wurde. Mit dieser „Klage“ wurde noch einmal der prozessuale Anspruch des Klägers geltend gemacht, den Beklagten zu verpflichten, die Erforderlichkeit des Erweiterungsbauvorhabens festzustellen. Dieser Streitgegenstand war indes bereits seit der ersten Klage vom 01.03.2007 rechtshängig. Der Versagungsbescheid vom 28.08.2007 konnte ohne Weiteres in diese Klage einbezogen werden (vgl. nur Kopp/Schenke, a.a.O., § 75 Rn. 21). In eine auf Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete, erst nach Ablauf der Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO erhobene Untätigkeitsklage kann ein nicht innerhalb einer vom Gericht gesetzten Nachfrist ergangener Ablehnungsbescheid auch ohne Beachtung der Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO einbezogen werden. Denn die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage war bereits zulässig. Einem nachfolgend erlassenen Ablehnungsbescheid kommt bei der Verpflichtungsklage keine eigenständige Bedeutung zu.
Die Unerheblichkeit der Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO ist in Fällen wie dem vorliegenden offensichtlich. Umstritten in Rechtsprechung und Literatur ist die Unerheblichkeit der Klagefrist bezüglich der Einbeziehung eines ablehnenden Bescheids, wenn die Klage vor Ablauf der Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO erhoben wurde. Hier wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass in diesen Fällen die Einbeziehung in der Frist des § 74 VwGO erfolgen müsse (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2010 - 11 ZB 08.1495 -, Juris Rn. 13 f.; Rennert, in: Eyermann , VwGO, 13. Aufl. 2010, § 75 Rn. 14; Funke-Kaiser, in: Bader u.a. (Hrsg.), VwGO, 5. Aufl. 2011, § 75 Rn. 15 f.; a.A. Bay. VGH, Beschluss vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, Juris Rn. 36; Bay. VGH. Beschluss vom 11.08.2005 - 4 CE 05.1580 -, Juris Rn. 28 f.; Happ, a.a.O., § 42 Rn. 30). Unstreitig ist jedoch die vorliegend gegebene Situation. Hier kommt es auf die Klagefrist nicht an (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010, a.a.O., Rn. 22; Rennert, a.a.O., § 75 Rn. 18; Funke-Kaiser, a.a.O., § 75 Rn. 25; Dolde/Posch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, § 75 Rn. 25 ). Angesichts dieser klaren Rechtslage lag es auf der Hand, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 28.08.2007 ohne Beachtung einer Frist in die am 01.03.2007 erhobene Verpflichtungsklage einbezogen werden konnte und diese Klage nicht als unzulässig hätte abgewiesen werden dürfen.
Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2012 - 11 K 5307/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist Trägerin einer privaten Berufsschule für die Ausbildungsberufe „Verkäufer(in)“ und „Kaufleute im Einzelhandel“ in H. Sie begehrt staatliche Finanzhilfe.
Die Errichtung und der Betrieb der Schule wurden der Klägerin auf ihren Antrag vom 30.06.2010 mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 06.08.2010 genehmigt. Den ebenfalls unter dem 30.06.2010 gestellten Antrag auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe und Absehen von der Wartefrist gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 PSchG lehnte das Regierungspräsidium mit Bescheid vom 24.11.2010, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugegangen am 29.11.2010, ab. Die genehmigte Schule sei zwar Ersatzschule, weil es im Land entsprechende öffentliche Schulen gebe. Sie habe jedoch keinen Anspruch auf staatliche Finanzhilfe. § 17 Abs. 1 PSchG führe die Ersatzschulen, die auf Antrag Zuschüsse des Landes erhielten, abschließend auf. Die Schulart Berufsschule gehöre nicht dazu.
Am 28.12.2010 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 24.11.2010 aufzuheben (1.), den Beklag-ten zu verurteilen, die Kosten eines Schülers an einer Berufsschule in Trägerschaft des Landes gemäß § 18a PSchG zu ermitteln und ihr zur genauen Bezifferung ihrer Ansprüche mitzuteilen sowie die jeweils verwendete Datenbasis und Berechnungsmethode offenzulegen (2.), den Beklagten zu verurteilen, an sie staatliche Finanzhilfe in Höhe von 80 % des sich aus den Berechnungen gemäß Klageantrag Ziffer 2 ergebenden Betrages der Kosten eines Schülers an einer Berufsschule in staatlicher Trägerschaft nach Maßgabe des § 18 PSchG seit Schuljahresbeginn 2010/11 zu bezahlen (3.).
Mit Urteil vom 23.03.2012 hat das Verwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Neubescheidung verpflichtet. Zwar ergebe sich ein Anspruch der Klägerin in konkreter Höhe weder aus dem Privatschulgesetz noch aus Art. 7 Abs. 4 GG. § 17 PSchG erwähne zwar neben anderen Schularten auch Berufsfachschulen, Berufskollegs und Fachschulen, sehe eine Förderung von Berufsschulen aber nicht vor. Damit scheide eine direkte Anwendung der §§ 17 ff. PSchG aus. Auch aus Art. 7 Abs. 4 GG folge kein Förderanspruch der Klägerin in konkreter Höhe. Denn aus diesem Grundrecht folge, neben seiner Funktion als Abwehrrecht, zunächst nur ein Auftrag an den jeweiligen Landesgesetzgeber, das Privatschulwesen zu schützen und zu fördern. Die konkrete Ausgestaltung dieser Förderpflicht obliege dem Landesgesetzgeber. Verfassungsunmittelbare Leistungsansprüche folgten aus Art. 7 Abs. 4 GG grundsätzlich nicht.
Der Klägerin stehe aber dem Grunde nach ein Anspruch auf Förderung in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG zu. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG erhielten die dort aufgeführten als Ersatzschulen genehmigten Schulen auf Antrag Zuschüsse des Landes. Demgegenüber könnten Ergänzungsschulen nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans auf Antrag Zuschüsse erhalten (§ 17 Abs. 3 PSchG). Diese Differenzierung der Förderpraxis trage der besonderen Bedeutung der Ersatzschulen Rechnung. Wenn das beklagte Land Schulen als Ersatzschulen anerkenne, erkenne es zugleich die besondere Bedeutung dieser Schulen und das öffentliche Interesse an ihrer Errichtung und Unterhaltung an. Zugleich nehme der Staat diese Schulen hinsichtlich der Ausgestaltung des Schulverhältnisses und der Stellung der Lehrkräfte in die Pflicht und übe insoweit Aufsichtsrechte aus. Da diese besondere Inpflichtnahme alle Ersatzschulen gleichermaßen treffe, bedürfe es für eine etwaige Differenzierung nach „geförderten" Ersatzschulen und „nicht geförderten" Ersatzschulen eines plausiblen und überzeugenden Differenzierungsgrundes. Für die Nichtberücksichtigung von Berufsschulen in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG sei kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich. Die vom Beklagten geltend gemachten Gesichtspunkte könnten möglicherweise die Genehmigungsfähigkeit von Berufsschulen als Ersatzschulen in Zweifel ziehen, nicht aber die grundsätzliche Förderpflicht des Landes nach erfolgter wirksamer Genehmigung einer privaten Berufsschule als Ersatzschule. Nur diese ergänzende Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG werde auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht. Ob die sonstigen Voraussetzungen, die § 17 PSchG für eine Förderung aufstelle, vorlägen, sei vom beklagten Land bei der Neubescheidung ebenfalls zu prüfen.
Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat abgelehnt, weil diese die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO versäumt hatte.
Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 25.06.2013 (9 S 893/12) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Der Beklagte hat die Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Er trägt im Wesentlichen vor:
Im Hinblick auf die Art und Weise der durch Art. 7 Abs. Abs. 4 GG gebotenen Sicherstellung der Existenzfähigkeit des Ersatzschulwesens habe der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Von Anbeginn der Privatschulgesetzgebung im Baden-Württemberg im Jahre 1955 bis heute sei - trotz zahlreicher Gesetzesänderungen - die Schulart „Berufsschule“ nicht bei den zuschussfähigen Ersatzschulen aufgeführt und es sei auch keine Zuschussregelung getroffen worden. Insoweit müsse von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers ausgegangen werden. Hierfür sprächen die Besonderheiten der Schulart „Berufsschule", bei der die Beschulung grundsätzlich in Teilzeitform ergänzend zur im Vordergrund stehenden (praktischen) Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz in einem Ausbildungsbetrieb erfolge (sog. „duale Berufsausbildung"). Die Ausbildung an der Berufsschule müsse sich demzufolge an den Anforderungen von ca. 350 Ausbildungsberufen orientieren und erfolge spezialisiert in sog. Fachklassen. Außerdem sei die Berufsschule, insbesondere um möglichst eine Nähe zum Ausbildungsbetrieb zu erreichen, eine Pflichtschule (§ 77 SchG) mit festem Schulbezirk (§ 79 Abs. 1 SchG). Aus diesem Grund sei das Land darauf bedacht, in enger Abstimmung mit den Betrieben, ggf. auch Wirtschafts- und Fachverbänden sowie den zuständigen Stellen (Kammern) eine möglichst wohn- bzw. betriebsortnahe Beschulung zu gewährleisten. Die Einrichtung einer Privatschule habe also ggf. unmittelbare Auswirkungen auf bisher bestehende Standorte und Schüler an öffentlichen Berufsschulen und könne die notwendigen Planungen in erheblichem Maße beeinträchtigen. Weiterhin sei zu bedenken, dass u. U. auf Grund der Entfernung die Berufsschulklassen von den Schülern nicht mehr zum Unterrichtsbeginn angefahren werden könnten, so dass weitere Klassen mit Blockbeschulung und Internatsunterbringung erforderlich seien, die als Ausbildungshemmnis gälten. Ein Verlust an Ausbildungsplätzen sei nicht auszuschließen, außerdem entstünden den Schülern Internatskosten als zusätzliche Kosten. Schließlich richte sich die Schulart Berufsschule nicht lediglich nach landesrechtlichen Regelungen, sondern müsse die Regelungen des (bundesrechtlichen) Berufsbildungsgesetzes berücksichtigen, was z. B. zu einer gemeinsamen Prüfungsdurchführung mit den „zuständigen Stellen" nach dem Berufsbildungsgesetz (Kammern) führe. Wegen der dargelegten Auswirkungen von Privatschulgründungen auf die Planungssicherheit und auf andere am Berufsschulunterricht Beteiligte (z. B. - potentielle - Ausbildungsbetriebe u. Auszubildende) und letztlich auch möglicher gesamtwirtschaftlicher bzw. -gesellschaftlicher Auswirkungen könne eine Förderung einer Berufsschule im Sinne der Rechtsprechung „von der Gesellschaft (vernünftigerweise nicht) erwartet werden" .
Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2012 - 11 K 5307/10 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und bringt vor:
14 
Das Verwaltungsgericht habe den Aspekt unberücksichtigt gelassen, dass jeglicher Differenzierungsgrund an der Verfassungsgarantie des Art. 7 Abs. 4 GG in der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts zu messen sei. Aus Art. 7 Abs. 4 GG ergäben sich durchgreifende Schranken für die vorliegende Verweigerung der staatlichen Förderung. Zur Gewährleistung des Betriebs der von ihm selbst genehmigten Ersatzschule müsse der Beklagte dieser staatliche Förderung zuteil werden lassen. Aufgrund des hohen Kostenniveaus beim Betrieb von Ersatzschulen verlange dies die sozialstaatliche Einstandspflicht des beklagten Landes. Dem entgegenstehende Gesichtspunkte seien weder von dem Beklagten vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Da die in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG enthaltene Lücke der Grundrechtsgewährleistung in Art. 7 Abs. 4 GG nicht Stand halten könne, komme es nicht darauf an, ob der Landesgesetzgeber bewusst oder unbewusst keine Zuschussregelung für staatlich als Ersatzschulen genehmigte Berufsschulen getroffen habe. Unbeschadet dessen könne von einer bewussten Entscheidung keine Rede sein, weil sich der Landesgesetzgeber mit dieser Thematik bislang überhaupt nicht befasst habe.
15 
Die Notwendigkeit einer verfassungskonformen ergänzenden Auslegung des § 17 Abs. 1 S. 1 PSchG werde nicht etwa deswegen entbehrlich, weil sich das Bundesverfassungsgericht wiederholt dafür ausgesprochen habe, dass Art. 7 Abs. 4 GG erst dann durch die Untätigkeit des (Landes-)Gesetzgebers verletzt sei, wenn das Ersatzschulwesen insgesamt als Institution evident gefährdet sei. Ungeachtet dessen Gestaltungsfreiheit verstoße es gegen Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Landesgesetzgeber als Ersatzschulen genehmigte Berufsschulen aus dem Kreis der förderungswürdigen Privatschulen weiterhin ausschließe. Insoweit könne sie sich darauf berufen, dass dann, wenn sich der Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht aus Art. 7 Abs. 4 GG dazu entschließe, die Ersatzschulen durch finanzielle Zuwendungen zu fördern, alle Ersatzschulen nach Maßgabe des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigt werden müssten. Mit der (positiven) Entscheidung über die Genehmigung der streitgegenständlichen Ersatzschule sei zugleich eine Entscheidung darüber getroffen worden, der in Rede stehenden Berufsschule mit staatlicher Unterstützung die dauerhafte Existenzfähigkeit zu ermöglichen.
16 
Die von dem Beklagten in der Berufungsbegründung aufgezählten „Besonderheiten" hielten einer Überprüfung an den vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht Stand. Zudem handele es sich um sachfremde Überlegungen: Eine dual orientierte Ausbildung, die eine enge Verzahnung von schulischen und praktischen Elementen vorsehe, gebe es auch für die Ausbildung zum/r Erzieher/in, zum/zur Arbeitserzieher/in und zum/zur Heilerziehungspfleger/in. Alle drei Berufe könnten sowohl in Vollzeit- als auch in Teilzeitform erlernt werden. Entsprechende Schulen gehörten aber zu den förderungsfähigen Ersatzschulen gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 PSchG.
17 
Soweit der Beklagte Beeinträchtigungen der Planung der staatlichen Berufsschulverwaltung befürchte, laufe dies darauf hinaus, dass ihre genehmigte Ersatzschule als Störfaktor gesehen werde. Das Instrument der staatlichen Finanzhilfe dürfe aber nicht dazu missbraucht werden, sich lästige Konkurrenz vom Hals zu schaffen. Der Planungsaufwand für die staatliche Schulaufsicht erhöhe sich nur wegen des Trends, dass in Ausbildungsberufen mit einer geringeren Zahl an Auszubildenden der Berufsschulunterricht nur punktuell an einzelnen Standorten von staatlichen Berufsschulen und nicht flächendeckend angeboten werde, aber keineswegs wegen einer einzelnen privaten Berufsschule.
18 
Letztlich richte sich das Argument des Beklagten nicht gegen die staatliche Förderung ihrer Berufsschule, sondern gegen deren bloße Existenz. Mit anderen Worten trage der Beklagte vor, dass die Planung des staatlichen Berufsschulwesens solange erschwert werde wie ihre Berufsschule (noch) existiere.
19 
Dem Senat lagen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums sowie die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 11 K 5307/10 - vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Gegenstand der Berufung ist allein das Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf erneute Bescheidung ihres Antrags auf Gewährung einer Finanzhilfe unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides. Nur insoweit hat der Senat die Berufung auf den Antrag des Beklagten zugelassen. Soweit das Verwaltungsgericht das in erster Instanz geltend gemachte Auskunfts- und Leistungsbegehren abgewiesen hat, ist das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden, nachdem der Senat den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.11.2007 - 4 B 30/07 -, juris; Meyer-Ladewig/Rudisile, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 127 Rn. 7c).
21 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2010 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Klägerin neu zu bescheiden. Denn diese hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Förderung nach dem Privatschulgesetz gegen das beklagte Land. Sie kann deshalb die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags verlangen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der ablehnende Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
22 
Das von der Klägerin verfolgte Begehren ist als Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
23 
Die Klage ist auch begründet. Denn die Klägerin kann dem Grunde nach für ihre private Berufsschule für die Ausbildungsberufe „Verkäufer(in)“ und „Kaufleute im Einzelhandel“ in H. vom Beklagten Zuschüsse verlangen.
24 
1. Der Anspruch folgt allerdings nicht aus Art. 7 Abs. 4 GG.
25 
Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Freiheitsrecht, nach Satz 1 private Schulen zu errichten und sie gemäß Satz 2 in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 vorbehaltlich staatlicher Genehmigung nach Maßgabe der Landesgesetze als Ersatz für öffentliche Schulen zu betreiben. Mit der Gründungsfreiheit und dem Recht, private Schulen nach den Erziehungszielen und dem darauf ausgerichteten Unterrichtsprogramm des jeweiligen Schulträgers zu betreiben, garantiert Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugleich die Privatschule als Institution. Diese Gewährleistung sichert der Institution Privatschule verfassungskräftig ihren Bestand und eine ihrer Eigenart entsprechende Verwirklichung. Die Privatschule wird damit als eine für das Gemeinwesen notwendige Einrichtung anerkannt und als solche mit ihren typusbestimmenden Merkmalen unter den Schutz des Staates gestellt. Wahrgenommen wird dieser Schutz durch die für die Schulgesetzgebung ausschließlich zuständigen Länder, die nach Art. 7 Abs. 4 GG verpflichtet sind, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74, m.w.N.; Senatsurteil vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, juris).
26 
Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG folgt kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe, gar noch in bestimmter Höhe. Die konkrete Ausgestaltung der Förderpflicht obliegt dem Landesgesetzgeber, dem insoweit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt. Demgemäß wird der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers durch das Gesetz bestimmt. Sein grundrechtlicher Schutzanspruch ist nur darauf gerichtet, dass der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderpflicht zu Gunsten des Ersatzschulwesens als Institution gesetzt sind. Der gerichtliche Rechtsschutz bezieht sich unter diesen Umständen auf die Prüfung einer Untätigkeit, einer groben Vernachlässigung und eines ersatzlosen Abbaus getroffener Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682 und 712/88 -, BVerfGE 90, 107, 117; BVerwG, Urteil vom 21.12.2011 - 6 C 18.10 -, juris; Senatsurteile vom 11.04.2013, a.a.O., und vom 12.01.2000 - 9 S 317/98 -, juris).
27 
2. Ein Förderanspruch ergibt sich dem Grunde nach aber aus § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG.
28 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG erhalten die als Ersatzschulen genehmigten Grundschulen, Hauptschulen, Werkrealschulen, Gemeinschaftsschulen, Realschulen, Gymnasien, Sonderschulen, Berufsfachschulen, Berufskollegs, Fachschulen, Freien Waldorfschulen (Einheitliche Volks- und Höhere Schulen), Abendrealschulen, Abendgymnasien, Kollegs, Schulen für Haus- und Familienpflege, Schulen für Erzieher (Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung), Schulen für Heilerziehungspflege, Schulen für Arbeitserziehung, Schulen für Heilerziehungshilfe und Schulen für Heilpädagogik auf Antrag Zuschüsse des Landes. Dem Träger der jeweiligen Schule wird hier dem Grunde nach ein Förderanspruch eingeräumt. Während die Gesetzgeber anderer Bundesländer den Kreis der Anspruchsberechtigten mittels pauschaler Wendungen bestimmen (vgl. z.B. § 124 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg, Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.08.2002, GVBl. S. 78, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2014, GVBl. S. 2: „Träger von Ersatzschulen, die auf gemeinnütziger Grundlage arbeiten, …“; § 101 Abs. 1 des Schulgesetzes für das Land Berlin, Schulgesetz - SchulG - vom 26.01. 2004, GVBl. 2004, S. 26, in der Fassung des Gesetzes vom 26.03.2014, GVBl. S. 78: „Träger von genehmigten Ersatzschulen…“), sieht der Wortlaut der Bestimmung keine allgemeine Förderung sämtlicher als Ersatzschulen genehmigten (beruflichen) Schulen vor. Vielmehr werden aus der Gruppe der Schularten, die den beruflichen Schulen zuzurechnen sind, lediglich einzelne benannt, wie etwa die Berufsfachschulen, die Berufskollegs und die Fachschulen. Die gegenständliche Schulart Berufsschule wird vom Wortlaut der Bestimmung nicht erfasst.
29 
Dieser Umstand steht einem Erfolg der Klage indes nicht entgegen. Die vom Beklagten allein unter Berufung auf den Wortlaut vertretene Interpretation, wonach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG den Kreis der Zuschussempfänger - unter Ausschluss der Schulart Berufsschule - auf die dort aufgeführten Arten beruflicher Schulen beschränkt, hält verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht stand (a). Gleichwohl lässt sich eine Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht feststellen. Denn sie lässt eine verfassungskonforme, private Berufsschulen einschließende Auslegung zu (b).
30 
a) Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet das private Ersatzschulwesen in seiner Vielfalt. Dem trägt die gesetzliche Regelung über die staatliche Finanzhilfe in §§ 17ff. PSchG im Grundsatz Rechnung, indem sie nach verschiedenen Schularten und Schulformen differenziert. Eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 GG könnte daher nicht schon dann verneint werden, wenn auch nur eine einzige Schulart hinreichend gefördert würde; denn dann könnte das private Ersatzschulwesen gleichwohl jedenfalls in seiner Vielfalt bedroht sein. Vielmehr gebietet Art. 7 Abs. 4 GG die zureichende Förderung einer jeglichen Schulart und Schulform und grundsätzlich auch die eines jeglichen Schultyps. Die Grenzen der Förderpflicht werden insofern durch den Begriff der Ersatzschule gezogen, den der Landesgesetzgeber mittelbar beeinflussen kann: In demselben Maße, in dem das Land sein öffentliches Schulwesen ausbaut und differenziert, eröffnet es der privaten Initiative das Feld zur Errichtung privater Ersatzschulen, die das Land wiederum in seine Förderung einbeziehen muss (vgl. Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; BVerfG, Beschlüsse vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195, 201 ff., und vom 09.03.1994 - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128, 139; BVerwG, Urteil vom 28.05.1997 - 6 C 1.96 -, BVerwGE 105, 20). Wenn das Land - wie in §§ 17 ff. PSchG - seine Privatschulfinanzierung an den vergleichbaren öffentlichen Schulen orientiert, muss es demnach das öffentliche Schulwesen in seiner Vielfalt nachzeichnen (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; Rennert, DVBl. 2001, 515).
31 
Daraus folgt, dass ein Ausschluss der privaten Berufsschule von der staatlichen Förderung, wie er vom Beklagten unter Berufung auf den Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG reklamiert wird, mit Art. 7 Abs. 4 GG nicht vereinbar wäre. Denn auch die private Berufsschule soll nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine im Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen (zu dieser Definition vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969, a.a.O.). Nach § 3 Abs. 1 PSchG ist eine Schule in freier Trägerschaft Ersatzschule, wenn im Lande entsprechende öffentliche Schulen bestehen. Die Schulart Berufsschule ist im Land Baden-Württemberg in der in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG normierten Aufzählung der öffentlichen Schularten enthalten und wird in § 10 SchG näher beschrieben. Mithin ist auch die private Berufsschule der Klägerin Ersatzschule im Sinne des Art. 7 Abs. 4 GG und genießt den uneingeschränkten Schutz dieses Grundrechts. Dass dieses eine Differenzierung etwa zwischen beruflichen und allgemeinbildenden Schulen zuließe, ist nicht erkennbar (vgl. schon Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1982, S. 454 f.; Geiger, RWS 1961, 113, 116). Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben sind die vom Beklagten ins Feld geführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule bereits von Verfassungs wegen nicht geeignet, den grundsätzlichen Förderanspruch in Zweifel zu ziehen.
32 
Unabhängig davon unterliegt der Landesgesetzgeber bei der Förderung unterschiedlicher Schularten auch den Bindungen des Gleichheitssatzes (BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40; vgl. auch die Mitteilung des Ministeriums für Kultus und Sport zur Novellierung des Privatschulgesetzes vom 16.10.1989, LT-Drs 10/2339, S. 10). Dies hat der Senat etwa für die Fragen entschieden, in welchem Maße das Land bei seiner Förderung Privatschulen unterschiedlicher Schularten und Schultypen nach einheitlichen Grundsätzen fördern darf oder ob zwischen Privatschulen verschiedener Schulart gleichwohl so erhebliche Gemeinsamkeiten bestehen, dass dem Land eine unterschiedliche Förderung verboten ist (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.). Auch die Benachteiligung von als Ersatzschulen genehmigten privaten Berufsschulen durch eine Vorenthaltung jeglicher finanzieller Förderung bedürfte mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG eines aus der Sache heraus einleuchtenden Grundes. Ein solcher ist nicht ersichtlich. Die vom Beklagten angeführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule (u.a. Beschulung grundsätzlich in Teilzeitform ergänzend zur im Vordergrund stehenden praktischen Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz in einem Ausbildungsbetrieb ; Orientierung an den Anforderungen von ca. 350 Ausbildungsberufen; Bindung an die die Regelungen des bundesrechtlichen Berufsbildungsgesetzes; Rücksichtnahme auf „schulfremde" Stellen und Institutionen) sind nicht geeignet, das Unterlassen jeglicher finanzieller Förderung zu rechtfertigen. Dies gilt auch, soweit der Beklagte unmittelbare Auswirkungen auf bisher bestehende Standorte und Schüler an öffentlichen Berufsschulen und erhebliche Beeinträchtigungen der notwendigen Planungen der Schulaufsicht befürchtet. Denn sämtliche dieser „Besonderheiten“ sind bereits kausale Folge der Existenz und des Betriebs privater Berufsschulen. Nachdem die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen privaten Berufsschule allerdings mit Bescheid vom 06.08.2010 genehmigt wurde, können diese Gründe dem Begehren der Klägerin nach staatlicher Förderung nicht entgegengehalten werden. Ob bzw. inwieweit die vom Beklagten geltend gemachten Gesichtspunkte dem Genehmigungsbegehren des Trägers einer privaten Berufsschule ggf. nach einer Gesetzesänderung verfassungsrechtlich bedenkenfrei entgegengesetzt werden könnten, bedarf keiner Entscheidung (vgl. in diesem Zusammenhang OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.12.2006 - 2 L 158/05 -, juris, mit dem Hinweis darauf, dass eine Beschränkung des Art. 7 Abs. 4 GG lediglich in Konkretisierung dessen grundrechtsimmanenter Schranken erfolgen kann).
33 
b) Es liegen deutliche Hinweise dafür vor, dass Sinn und Zweck der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG und der gesetzgeberische Wille in ihrem Wortlaut unzureichend Ausdruck gefunden haben (zu den Voraussetzungen der verfassungskonformen Auslegung vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.01.1998 - 1 BvL 22/93 -, BVerfGE 97, 186; vgl. auch Beschlüsse vom 19.06.1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 -, BVerfGE 35, 263, 278 f., und vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 -, BVerfGE 88, 145, 166 f.). Eine an der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Norm orientierte Auslegung ergibt, dass der Landesgesetzgeber nicht nur die explizit aufgeführten, sondern sämtliche bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten beruflichen Schulen in den Kreis der Begünstigten einbeziehen wollte.
34 
Den Materialien zur Privatschulgesetzgebung in Baden-Württemberg, die durch zahlreiche Gesetzesänderungen geprägt war, lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Landesgesetzgeber die Schulart „Berufsschule“ aus dem Kreis der förderwürdigen genehmigten Ersatzschulen bewusst ausnehmen wollte. Im Gegenteil deutet alles darauf hin, dass die jeweils am Gesetzgebungsprozess Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, dass der Förderanspruch in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG dem Grunde nach sämtlichen als Ersatzschulen genehmigten berufsbildenden Schulen und damit auch privaten Berufsschulen zusteht.
35 
Belegt wird dies bereits durch die in den zahlreichen Gesetzgebungsverfahren verwandte Terminologie. Soweit ersichtlich wurden die Adressaten der Förderung, denen dem Grunde nach ein Zuschussanspruch zustehen sollte, in den Materialien durchgängig mit dem Sammelbegriff der „beruflichen Ersatzschulen“ bzw. der „beruflichen Schulen“ bezeichnet. Den Beratungen zur Neufassung des Privatschulgesetzes mit Gesetz vom 19.07.1979 (GBl. S. 314) lag die Vorstellung zugrunde, nunmehr auch die „beruflichen Privatschulen“ in die Förderregelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG aufzunehmen und dadurch die bisherige Schlechterstellung gegenüber den allgemeinbildenden Privatschulen zu beenden bzw. zu mindern (vgl. Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, LT-Drs. 7/4788, S. 1, 8; Bericht über die Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses, LT-Drs. 7/5777, S. 18, 23, 26 f.). Eine wichtige Änderung brachte das am 01.01.1990 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 08.01.1990 (GBl. S. 13). Zugrunde lag eine Überprüfung der bisherigen Regelungen am Maßstab des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.1987 (a.a.O.). Nunmehr bestand Klarheit darüber, dass das Land mit der Förderung seine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Existenzsicherung des privaten Ersatzschulwesens aus Art. 7 Abs. 4 GG erfüllt (vgl. die Mitteilung des Ministerium für Kultus und Sport vom 16.10.1989, LT-Drs. 10/2339, S. 7). Vor diesem Hintergrund wurde auch deutlich gemacht, dass es - unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG - verfassungsrechtlich geboten sei, sämtlichen privaten Ersatzschulen in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG einen vollen Rechtsanspruch auf Bezuschussung einzuräumen, und nicht lediglich einen Anspruch nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans in § 17 Abs. 4 PSchG (LT-Drs. 10/2339, S. 10). Ferner wurde festgestellt, dass bezogen auf das zu gewährleistende Existenzminimum „die privaten beruflichen Schulen“ „noch nicht die günstigen Zuschusssätze wie die anderen Schularten erreicht haben“ und deshalb eine Erhöhung erfolgen solle (vgl. LT-Drs. 10/2339, S. 7, 8). Aus verfassungsrechtlichen Gründen sollte schließlich auch die staatliche Anerkennung als besondere Fördervoraussetzung entfallen (LT-Drs. 10/2339, S. 11). Den Materialien zur Gesetzesnovelle im Jahre 2010 (Gesetz vom 29.07.2010, GBl. S. 526) lassen sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG vorgesehene Förderanspruch nicht allen bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten privaten beruflichen Schulen zukommen sollte (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung LT-Drs. 14/6565, S. 1 ff.). Auch der Gesetzentwurf zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 07.10.2014 beschreibt den Zweck dieser Novelle ohne Einschränkung dahingehend, dass sie die „finanzielle Ausstattung der Ersatzschulen über das verfassungsrechtliche Existenzminimum hinaus“ absichert (LT-Drs. 15/5839, S. 2). Nicht zuletzt fällt auf, dass selbst in den dem Landtag unterbreiteten statistischen Unterlagen enthaltene Daten tendenziell für die berufsbildenden Schulen insgesamt und nicht für einzelne Schularten erhoben worden sind (vgl. LT-Drs. 15/5251, S. 4 ff.; 14/6565, S. 2; 11/6593, S. 16; 10/2339, S. 6, 13 f., 18).
36 
Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass der Grund für die auf bestimmte Schularten beschränkte Formulierung des Tatbestands des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG darin lag, dass der Gesetzgeber, der im Übrigen immer auch in Kontakt mit den Privatschulverbänden stand, eine am jeweiligen Privatschulbestand orientierte Betrachtungsweise anstellte. Er sah nur insoweit einen Normierungsbedarf, weil als berufliche Ersatzschulen von Privatschulträgern in der Praxis lange Zeit lediglich bestimmte Schularten wie die „Berufsfachschule“, das „Berufskolleg“ und die „Fachschule“ betrieben worden waren, nicht aber die Schulart „Berufsschule“ (vgl. zu dieser Betrachtungsweise auch die Stellungnahme des Ministeriums für Kultus und Sport vom 26.06.1979, LT-Drs. 7/5960, S. 1 f.). Dem entspricht es, dass von der Klägerin unwidersprochen vorgetragen worden ist, von Beginn der Privatschulförderung im Jahre 1955 an bis zur Genehmigung der gegenständlichen Schule im Jahre 2010 habe es in Baden-Württemberg überhaupt keine private Berufsschule gegeben.
37 
Danach hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Gründung bzw. Existenz privater Berufsschulen bei seiner Fördergesetzgebung nicht hinreichend bedacht. Von einer einer bewussten legislativen Entscheidung, privaten Berufsschulen dem Grunde nach eine Förderung vorzuenthalten, kann nicht die Rede sein. Angesichts der vorliegenden Gesetzgebungsmaterialien und des darin zum Ausdruck kommenden, an die verfassungsrechtlichen Vorgaben anknüpfenden Normzwecks bestehen keine Zweifel daran, dass der Landesgesetzgeber mit der Einräumung des in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG normierten Förderanspruchs die ihm durch Art. 7 Abs. 4 GG auferlegte Pflicht zur Existenzsicherung der privaten Ersatzschulen erfüllen und diesen dem Grunde nach auf die bestehenden privaten berufsbildenden Schulen erstrecken wollte.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
39 
Beschluss vom 11. Februar 2015
40 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).
41 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
20 
Gegenstand der Berufung ist allein das Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf erneute Bescheidung ihres Antrags auf Gewährung einer Finanzhilfe unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides. Nur insoweit hat der Senat die Berufung auf den Antrag des Beklagten zugelassen. Soweit das Verwaltungsgericht das in erster Instanz geltend gemachte Auskunfts- und Leistungsbegehren abgewiesen hat, ist das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden, nachdem der Senat den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.11.2007 - 4 B 30/07 -, juris; Meyer-Ladewig/Rudisile, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 127 Rn. 7c).
21 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2010 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Klägerin neu zu bescheiden. Denn diese hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Förderung nach dem Privatschulgesetz gegen das beklagte Land. Sie kann deshalb die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags verlangen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der ablehnende Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
22 
Das von der Klägerin verfolgte Begehren ist als Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
23 
Die Klage ist auch begründet. Denn die Klägerin kann dem Grunde nach für ihre private Berufsschule für die Ausbildungsberufe „Verkäufer(in)“ und „Kaufleute im Einzelhandel“ in H. vom Beklagten Zuschüsse verlangen.
24 
1. Der Anspruch folgt allerdings nicht aus Art. 7 Abs. 4 GG.
25 
Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Freiheitsrecht, nach Satz 1 private Schulen zu errichten und sie gemäß Satz 2 in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 vorbehaltlich staatlicher Genehmigung nach Maßgabe der Landesgesetze als Ersatz für öffentliche Schulen zu betreiben. Mit der Gründungsfreiheit und dem Recht, private Schulen nach den Erziehungszielen und dem darauf ausgerichteten Unterrichtsprogramm des jeweiligen Schulträgers zu betreiben, garantiert Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugleich die Privatschule als Institution. Diese Gewährleistung sichert der Institution Privatschule verfassungskräftig ihren Bestand und eine ihrer Eigenart entsprechende Verwirklichung. Die Privatschule wird damit als eine für das Gemeinwesen notwendige Einrichtung anerkannt und als solche mit ihren typusbestimmenden Merkmalen unter den Schutz des Staates gestellt. Wahrgenommen wird dieser Schutz durch die für die Schulgesetzgebung ausschließlich zuständigen Länder, die nach Art. 7 Abs. 4 GG verpflichtet sind, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74, m.w.N.; Senatsurteil vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, juris).
26 
Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG folgt kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe, gar noch in bestimmter Höhe. Die konkrete Ausgestaltung der Förderpflicht obliegt dem Landesgesetzgeber, dem insoweit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt. Demgemäß wird der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers durch das Gesetz bestimmt. Sein grundrechtlicher Schutzanspruch ist nur darauf gerichtet, dass der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderpflicht zu Gunsten des Ersatzschulwesens als Institution gesetzt sind. Der gerichtliche Rechtsschutz bezieht sich unter diesen Umständen auf die Prüfung einer Untätigkeit, einer groben Vernachlässigung und eines ersatzlosen Abbaus getroffener Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682 und 712/88 -, BVerfGE 90, 107, 117; BVerwG, Urteil vom 21.12.2011 - 6 C 18.10 -, juris; Senatsurteile vom 11.04.2013, a.a.O., und vom 12.01.2000 - 9 S 317/98 -, juris).
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2. Ein Förderanspruch ergibt sich dem Grunde nach aber aus § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG.
28 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG erhalten die als Ersatzschulen genehmigten Grundschulen, Hauptschulen, Werkrealschulen, Gemeinschaftsschulen, Realschulen, Gymnasien, Sonderschulen, Berufsfachschulen, Berufskollegs, Fachschulen, Freien Waldorfschulen (Einheitliche Volks- und Höhere Schulen), Abendrealschulen, Abendgymnasien, Kollegs, Schulen für Haus- und Familienpflege, Schulen für Erzieher (Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung), Schulen für Heilerziehungspflege, Schulen für Arbeitserziehung, Schulen für Heilerziehungshilfe und Schulen für Heilpädagogik auf Antrag Zuschüsse des Landes. Dem Träger der jeweiligen Schule wird hier dem Grunde nach ein Förderanspruch eingeräumt. Während die Gesetzgeber anderer Bundesländer den Kreis der Anspruchsberechtigten mittels pauschaler Wendungen bestimmen (vgl. z.B. § 124 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg, Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.08.2002, GVBl. S. 78, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2014, GVBl. S. 2: „Träger von Ersatzschulen, die auf gemeinnütziger Grundlage arbeiten, …“; § 101 Abs. 1 des Schulgesetzes für das Land Berlin, Schulgesetz - SchulG - vom 26.01. 2004, GVBl. 2004, S. 26, in der Fassung des Gesetzes vom 26.03.2014, GVBl. S. 78: „Träger von genehmigten Ersatzschulen…“), sieht der Wortlaut der Bestimmung keine allgemeine Förderung sämtlicher als Ersatzschulen genehmigten (beruflichen) Schulen vor. Vielmehr werden aus der Gruppe der Schularten, die den beruflichen Schulen zuzurechnen sind, lediglich einzelne benannt, wie etwa die Berufsfachschulen, die Berufskollegs und die Fachschulen. Die gegenständliche Schulart Berufsschule wird vom Wortlaut der Bestimmung nicht erfasst.
29 
Dieser Umstand steht einem Erfolg der Klage indes nicht entgegen. Die vom Beklagten allein unter Berufung auf den Wortlaut vertretene Interpretation, wonach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG den Kreis der Zuschussempfänger - unter Ausschluss der Schulart Berufsschule - auf die dort aufgeführten Arten beruflicher Schulen beschränkt, hält verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht stand (a). Gleichwohl lässt sich eine Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht feststellen. Denn sie lässt eine verfassungskonforme, private Berufsschulen einschließende Auslegung zu (b).
30 
a) Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet das private Ersatzschulwesen in seiner Vielfalt. Dem trägt die gesetzliche Regelung über die staatliche Finanzhilfe in §§ 17ff. PSchG im Grundsatz Rechnung, indem sie nach verschiedenen Schularten und Schulformen differenziert. Eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 GG könnte daher nicht schon dann verneint werden, wenn auch nur eine einzige Schulart hinreichend gefördert würde; denn dann könnte das private Ersatzschulwesen gleichwohl jedenfalls in seiner Vielfalt bedroht sein. Vielmehr gebietet Art. 7 Abs. 4 GG die zureichende Förderung einer jeglichen Schulart und Schulform und grundsätzlich auch die eines jeglichen Schultyps. Die Grenzen der Förderpflicht werden insofern durch den Begriff der Ersatzschule gezogen, den der Landesgesetzgeber mittelbar beeinflussen kann: In demselben Maße, in dem das Land sein öffentliches Schulwesen ausbaut und differenziert, eröffnet es der privaten Initiative das Feld zur Errichtung privater Ersatzschulen, die das Land wiederum in seine Förderung einbeziehen muss (vgl. Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; BVerfG, Beschlüsse vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195, 201 ff., und vom 09.03.1994 - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128, 139; BVerwG, Urteil vom 28.05.1997 - 6 C 1.96 -, BVerwGE 105, 20). Wenn das Land - wie in §§ 17 ff. PSchG - seine Privatschulfinanzierung an den vergleichbaren öffentlichen Schulen orientiert, muss es demnach das öffentliche Schulwesen in seiner Vielfalt nachzeichnen (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; Rennert, DVBl. 2001, 515).
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Daraus folgt, dass ein Ausschluss der privaten Berufsschule von der staatlichen Förderung, wie er vom Beklagten unter Berufung auf den Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG reklamiert wird, mit Art. 7 Abs. 4 GG nicht vereinbar wäre. Denn auch die private Berufsschule soll nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine im Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen (zu dieser Definition vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969, a.a.O.). Nach § 3 Abs. 1 PSchG ist eine Schule in freier Trägerschaft Ersatzschule, wenn im Lande entsprechende öffentliche Schulen bestehen. Die Schulart Berufsschule ist im Land Baden-Württemberg in der in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG normierten Aufzählung der öffentlichen Schularten enthalten und wird in § 10 SchG näher beschrieben. Mithin ist auch die private Berufsschule der Klägerin Ersatzschule im Sinne des Art. 7 Abs. 4 GG und genießt den uneingeschränkten Schutz dieses Grundrechts. Dass dieses eine Differenzierung etwa zwischen beruflichen und allgemeinbildenden Schulen zuließe, ist nicht erkennbar (vgl. schon Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1982, S. 454 f.; Geiger, RWS 1961, 113, 116). Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben sind die vom Beklagten ins Feld geführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule bereits von Verfassungs wegen nicht geeignet, den grundsätzlichen Förderanspruch in Zweifel zu ziehen.
32 
Unabhängig davon unterliegt der Landesgesetzgeber bei der Förderung unterschiedlicher Schularten auch den Bindungen des Gleichheitssatzes (BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40; vgl. auch die Mitteilung des Ministeriums für Kultus und Sport zur Novellierung des Privatschulgesetzes vom 16.10.1989, LT-Drs 10/2339, S. 10). Dies hat der Senat etwa für die Fragen entschieden, in welchem Maße das Land bei seiner Förderung Privatschulen unterschiedlicher Schularten und Schultypen nach einheitlichen Grundsätzen fördern darf oder ob zwischen Privatschulen verschiedener Schulart gleichwohl so erhebliche Gemeinsamkeiten bestehen, dass dem Land eine unterschiedliche Förderung verboten ist (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.). Auch die Benachteiligung von als Ersatzschulen genehmigten privaten Berufsschulen durch eine Vorenthaltung jeglicher finanzieller Förderung bedürfte mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG eines aus der Sache heraus einleuchtenden Grundes. Ein solcher ist nicht ersichtlich. Die vom Beklagten angeführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule (u.a. Beschulung grundsätzlich in Teilzeitform ergänzend zur im Vordergrund stehenden praktischen Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz in einem Ausbildungsbetrieb ; Orientierung an den Anforderungen von ca. 350 Ausbildungsberufen; Bindung an die die Regelungen des bundesrechtlichen Berufsbildungsgesetzes; Rücksichtnahme auf „schulfremde" Stellen und Institutionen) sind nicht geeignet, das Unterlassen jeglicher finanzieller Förderung zu rechtfertigen. Dies gilt auch, soweit der Beklagte unmittelbare Auswirkungen auf bisher bestehende Standorte und Schüler an öffentlichen Berufsschulen und erhebliche Beeinträchtigungen der notwendigen Planungen der Schulaufsicht befürchtet. Denn sämtliche dieser „Besonderheiten“ sind bereits kausale Folge der Existenz und des Betriebs privater Berufsschulen. Nachdem die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen privaten Berufsschule allerdings mit Bescheid vom 06.08.2010 genehmigt wurde, können diese Gründe dem Begehren der Klägerin nach staatlicher Förderung nicht entgegengehalten werden. Ob bzw. inwieweit die vom Beklagten geltend gemachten Gesichtspunkte dem Genehmigungsbegehren des Trägers einer privaten Berufsschule ggf. nach einer Gesetzesänderung verfassungsrechtlich bedenkenfrei entgegengesetzt werden könnten, bedarf keiner Entscheidung (vgl. in diesem Zusammenhang OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.12.2006 - 2 L 158/05 -, juris, mit dem Hinweis darauf, dass eine Beschränkung des Art. 7 Abs. 4 GG lediglich in Konkretisierung dessen grundrechtsimmanenter Schranken erfolgen kann).
33 
b) Es liegen deutliche Hinweise dafür vor, dass Sinn und Zweck der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG und der gesetzgeberische Wille in ihrem Wortlaut unzureichend Ausdruck gefunden haben (zu den Voraussetzungen der verfassungskonformen Auslegung vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.01.1998 - 1 BvL 22/93 -, BVerfGE 97, 186; vgl. auch Beschlüsse vom 19.06.1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 -, BVerfGE 35, 263, 278 f., und vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 -, BVerfGE 88, 145, 166 f.). Eine an der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Norm orientierte Auslegung ergibt, dass der Landesgesetzgeber nicht nur die explizit aufgeführten, sondern sämtliche bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten beruflichen Schulen in den Kreis der Begünstigten einbeziehen wollte.
34 
Den Materialien zur Privatschulgesetzgebung in Baden-Württemberg, die durch zahlreiche Gesetzesänderungen geprägt war, lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Landesgesetzgeber die Schulart „Berufsschule“ aus dem Kreis der förderwürdigen genehmigten Ersatzschulen bewusst ausnehmen wollte. Im Gegenteil deutet alles darauf hin, dass die jeweils am Gesetzgebungsprozess Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, dass der Förderanspruch in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG dem Grunde nach sämtlichen als Ersatzschulen genehmigten berufsbildenden Schulen und damit auch privaten Berufsschulen zusteht.
35 
Belegt wird dies bereits durch die in den zahlreichen Gesetzgebungsverfahren verwandte Terminologie. Soweit ersichtlich wurden die Adressaten der Förderung, denen dem Grunde nach ein Zuschussanspruch zustehen sollte, in den Materialien durchgängig mit dem Sammelbegriff der „beruflichen Ersatzschulen“ bzw. der „beruflichen Schulen“ bezeichnet. Den Beratungen zur Neufassung des Privatschulgesetzes mit Gesetz vom 19.07.1979 (GBl. S. 314) lag die Vorstellung zugrunde, nunmehr auch die „beruflichen Privatschulen“ in die Förderregelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG aufzunehmen und dadurch die bisherige Schlechterstellung gegenüber den allgemeinbildenden Privatschulen zu beenden bzw. zu mindern (vgl. Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, LT-Drs. 7/4788, S. 1, 8; Bericht über die Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses, LT-Drs. 7/5777, S. 18, 23, 26 f.). Eine wichtige Änderung brachte das am 01.01.1990 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 08.01.1990 (GBl. S. 13). Zugrunde lag eine Überprüfung der bisherigen Regelungen am Maßstab des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.1987 (a.a.O.). Nunmehr bestand Klarheit darüber, dass das Land mit der Förderung seine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Existenzsicherung des privaten Ersatzschulwesens aus Art. 7 Abs. 4 GG erfüllt (vgl. die Mitteilung des Ministerium für Kultus und Sport vom 16.10.1989, LT-Drs. 10/2339, S. 7). Vor diesem Hintergrund wurde auch deutlich gemacht, dass es - unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG - verfassungsrechtlich geboten sei, sämtlichen privaten Ersatzschulen in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG einen vollen Rechtsanspruch auf Bezuschussung einzuräumen, und nicht lediglich einen Anspruch nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans in § 17 Abs. 4 PSchG (LT-Drs. 10/2339, S. 10). Ferner wurde festgestellt, dass bezogen auf das zu gewährleistende Existenzminimum „die privaten beruflichen Schulen“ „noch nicht die günstigen Zuschusssätze wie die anderen Schularten erreicht haben“ und deshalb eine Erhöhung erfolgen solle (vgl. LT-Drs. 10/2339, S. 7, 8). Aus verfassungsrechtlichen Gründen sollte schließlich auch die staatliche Anerkennung als besondere Fördervoraussetzung entfallen (LT-Drs. 10/2339, S. 11). Den Materialien zur Gesetzesnovelle im Jahre 2010 (Gesetz vom 29.07.2010, GBl. S. 526) lassen sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG vorgesehene Förderanspruch nicht allen bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten privaten beruflichen Schulen zukommen sollte (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung LT-Drs. 14/6565, S. 1 ff.). Auch der Gesetzentwurf zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 07.10.2014 beschreibt den Zweck dieser Novelle ohne Einschränkung dahingehend, dass sie die „finanzielle Ausstattung der Ersatzschulen über das verfassungsrechtliche Existenzminimum hinaus“ absichert (LT-Drs. 15/5839, S. 2). Nicht zuletzt fällt auf, dass selbst in den dem Landtag unterbreiteten statistischen Unterlagen enthaltene Daten tendenziell für die berufsbildenden Schulen insgesamt und nicht für einzelne Schularten erhoben worden sind (vgl. LT-Drs. 15/5251, S. 4 ff.; 14/6565, S. 2; 11/6593, S. 16; 10/2339, S. 6, 13 f., 18).
36 
Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass der Grund für die auf bestimmte Schularten beschränkte Formulierung des Tatbestands des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG darin lag, dass der Gesetzgeber, der im Übrigen immer auch in Kontakt mit den Privatschulverbänden stand, eine am jeweiligen Privatschulbestand orientierte Betrachtungsweise anstellte. Er sah nur insoweit einen Normierungsbedarf, weil als berufliche Ersatzschulen von Privatschulträgern in der Praxis lange Zeit lediglich bestimmte Schularten wie die „Berufsfachschule“, das „Berufskolleg“ und die „Fachschule“ betrieben worden waren, nicht aber die Schulart „Berufsschule“ (vgl. zu dieser Betrachtungsweise auch die Stellungnahme des Ministeriums für Kultus und Sport vom 26.06.1979, LT-Drs. 7/5960, S. 1 f.). Dem entspricht es, dass von der Klägerin unwidersprochen vorgetragen worden ist, von Beginn der Privatschulförderung im Jahre 1955 an bis zur Genehmigung der gegenständlichen Schule im Jahre 2010 habe es in Baden-Württemberg überhaupt keine private Berufsschule gegeben.
37 
Danach hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Gründung bzw. Existenz privater Berufsschulen bei seiner Fördergesetzgebung nicht hinreichend bedacht. Von einer einer bewussten legislativen Entscheidung, privaten Berufsschulen dem Grunde nach eine Förderung vorzuenthalten, kann nicht die Rede sein. Angesichts der vorliegenden Gesetzgebungsmaterialien und des darin zum Ausdruck kommenden, an die verfassungsrechtlichen Vorgaben anknüpfenden Normzwecks bestehen keine Zweifel daran, dass der Landesgesetzgeber mit der Einräumung des in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG normierten Förderanspruchs die ihm durch Art. 7 Abs. 4 GG auferlegte Pflicht zur Existenzsicherung der privaten Ersatzschulen erfüllen und diesen dem Grunde nach auf die bestehenden privaten berufsbildenden Schulen erstrecken wollte.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
39 
Beschluss vom 11. Februar 2015
40 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).
41 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. § 18b Absatz 3 Satz 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (Bundesgesetzblatt I Seite 936) ist in dieser und den nachfolgenden Fassungen mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er den großen Teilerlass der Rückforderung von Förderungsdarlehen davon abhängig macht, dass Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit Bestehen der Abschlussprüfung beenden, obwohl in dem betreffenden Studiengang die gesetzlich festgelegte Mindeststudienzeit weniger als vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer endet.

2. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 28. Juni 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 - in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Bundesverwaltungsamts vom 5. November 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Oktober 2004 - 25 K 10483/02 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juli 2007 - 4 A 4838/04 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Köln zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich zum einen dagegen, dass Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine geringere Förderungshöchstdauer Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) erhalten konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Zum anderen betrifft sie die Voraussetzungen für einen sogenannten "großen Teilerlass" der als Darlehen gewährten Ausbildungsförderung nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, die infolge der unterschiedlichen Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern anders als in den alten nicht zu erfüllen waren. Die Regelung wurde später mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2012 abgeschafft.

I.

2

1. Die bedürftigkeitsabhängige Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wird grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung geleistet. Bei Studiengängen, d.h. bei der Ausbildung an Hochschulen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG), wird die Förderung allerdings grundsätzlich begrenzt durch die normativ vorgegebene Förderungshöchstdauer (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die Studienförderung wird zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen erbracht, wobei die zurückzuzahlende Darlehenssumme für Ausbildungsabschnitte, die nach dem 28. Februar 2001 beginnen, auf 10.000 Euro begrenzt ist (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die erste Darlehensrate ist fünf Jahre nach dem Ende der Förderungshöchstdauer zu leisten (vgl. § 18 Abs. 3 Satz 3 BAföG).

3

2. § 18b BAföG sieht Möglichkeiten vor, das Darlehen bei erfolgreichem Studienabschluss teilweise zu erlassen. Neben einem leistungsabhängigen Teilerlass (vgl. § 18b Abs. 2 BAföG) kommt nach § 18b Abs. 3 BAföG ein studiendauerabhängiger Teilerlass bei Beendigung des Studiums vor Ablauf der Förderungshöchstdauer in Betracht. Das Gesetz unterscheidet hier zwischen einem großen (Satz 1) und einem kleinen Teilerlass (Satz 2).

4

a) In der hier maßgeblichen Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) lautet § 18b Abs. 3 BAföG:

5

§ 18b

6

Teilerlass des Darlehens

7

8

(3) Beendet der Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit dem Bestehen der Abschlußprüfung oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, nach den Ausbildungsvorschriften planmäßig, so werden auf seinen Antrag 5.000 DM des Darlehens erlassen. Beträgt der in Satz 1 genannte Zeitraum nur zwei Monate, werden 2.000 DM erlassen. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides nach § 18 Abs. 5a zu stellen.

...

9

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 sind durch das Gesetz zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung - Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) vom 19. März 2001 (BGBl I S. 390) an die Stelle der Beträge von 5.000 DM und 2.000 DM Beträge von 2.560 Euro und 1.025 Euro getreten. Durch das Dreiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG) vom 24. Oktober 2010 (BGBl I S. 1422) sind die Regelungen über den Darlehensteilerlass mit einer Übergangszeit für bereits im Studium stehende BAföG-Empfänger abgeschafft worden. Einen Teilerlass können nunmehr nur noch solche Auszubildenden erhalten, die ihre Abschlussprüfung bis zum 31. Dezember 2012 bestehen oder ihre Ausbildung bis zu diesem Zeitpunkt planmäßig beenden.

10

b) Der Teilerlass des Darlehens bei vorzeitiger Beendigung des Studiums ist seit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (2. BAföGÄndG) vom 31. Juli 1974 (BGBl I S. 1649) im Bundesausbildungsförderungsgesetz geregelt. Ursprünglich war ein Teilerlass von 2.000 DM für jedes Semester vorgesehen, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschloss. Nach der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs sollte damit ein Anreiz geschaffen werden, dass der Auszubildende seine Ausbildung in der Mindeststudienzeit, also vor Ablauf der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. BTDrucks 7/2098, S. 20 zu Nr. 16). Dies war möglich, weil die Förderungshöchstdauer damals die Mindeststudienzeit um ein bis zwei Semester überstieg, um mindestens ein Semester zur freieren Studiengestaltung bereitzustellen (siehe dazu unten 3. a). Bei einem Abschluss des Studiums innerhalb der Mindeststudienzeit wurde das Studium mithin in der Regel mindestens ein Semester vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beendet.

11

Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (6. BAföGÄndG) vom 16. Juli 1979 (BGBl I S. 1037) wurden die Möglichkeiten, einen Teilerlass des Darlehens zu erreichen, dahingehend erweitert, dass hierfür schon ein Abschluss der Ausbildung vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer genügte. Dadurch sollten ungerechtfertigte Härten vermieden werden, gleichzeitig aber ein Anreiz zur vorzeitigen Beendigung des Studiums erhalten bleiben (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23). Zur Milderung von Härten bei Verfehlung des Stichtags, insbesondere wegen nicht vom Auszubildenden zu vertretender Verzögerungen im Prüfungsablauf (vgl. BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b), führte das Elfte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (11. BAföGÄndG) vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 829) schließlich den kleinen Teilerlass ein, der auf einen Abschluss der Ausbildung zwei Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer abstellte.

12

3. a) Die Förderungshöchstdauer wurde zunächst in einer vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft beziehungsweise Bildung und Forschung erlassenen Rechtsverordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (FörderungshöchstdauerV) geregelt. In ihrer ursprünglichen Fassung vom 9. November 1972 (BGBl I S. 2076) setzte sie für die einzelnen Ausbildungs- und Studiengänge jeweils eine bestimmte Anzahl an vollen Semestern als Förderungshöchstdauer fest. Dabei orientierte sie sich an den landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, die damals noch überwiegend eine Mindestausbildungsdauer vorschrieben. Die Förderungshöchstdauer wurde dabei grundsätzlich so bemessen, dass dem Auszubildenden über die Mindestausbildungsdauer hinaus noch ein Semester zur Ablegung des Examens, soweit dies nach den Ausbildungsbestimmungen erforderlich war, und ein weiteres Semester zur freieren Studiengestaltung zur Verfügung stand (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5).

13

Als die landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen aufgrund der Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes (HRG) vom 26. Januar 1976 (BGBl I S. 185) dazu übergingen, anstelle von Mindeststudienzeiten Regelstudienzeiten festzusetzen, änderten sich seit Mitte der 1980er Jahre auch die Prinzipien der Bemessung der Förderungshöchstdauer. Die Förderungshöchstdauerverordnung glich zunächst bei neuen Studiengängen, nach und nach aber auch bei herkömmlichen Studiengängen die Förderungshöchstdauer an die Regelstudienzeit an (vgl. im Einzelnen hierzu BRDrucks 238/85, S. 9 f., BRDrucks 249/88, S. 11 f., BRDrucks 610/92, S. 22 und BRDrucks 236/94, S. 13).

14

Auch die durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (18. BAföGÄndG) vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 1006) mit Wirkung zum 1. August 1996 eingeführte bundesgesetzliche Regelung der Förderungshöchstdauer in § 15a BAföG orientierte sich nach der Begründung des Gesetzentwurfs an den Regelstudienzeiten (vgl. BRDrucks 886/95, S. 35). Seit dem 1. April 2001 (Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetzes , vgl. oben 2. a) ordnet § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG ausdrücklich an, dass die Förderungshöchstdauer der Regelstudienzeit im Sinne von § 10 Abs. 2 HRG oder einer vergleichbaren Festsetzung entspricht.

15

b) Für Studiengänge in den neuen Ländern galt das Prinzip der Bemessung der Förderungshöchstdauer nach der Regelstudienzeit bereits seit der Wiedervereinigung uneingeschränkt. Der durch Anlage I Kapitel XVI Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 3 Buchstabe b und Nr. 5 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl II S. 885, 1132) zum 1. Januar 1991 eingeführte § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sah vor:

16

§ 9

17

Vorläufige Förderungshöchstdauer bei nicht genannten Ausbildungen

18

19

(2) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an Hochschulen in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und in dem Teil des Landes Berlin, in dem die Verordnung bisher nicht galt, bestimmt sich nach der vom zuständigen Fachministerium in den Studienplänen für die jeweilige Fachrichtung festgelegten Regelstudienzeit.

20

c) Im Studiengang Humanmedizin wurde die Förderungshöchstdauer ausgehend von den unter a) dargestellten Bemessungsprinzipien unter Berücksichtigung der bundesrechtlichen Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts festgesetzt.

21

aa) Das ärztliche Berufsrecht sieht seit den 1970er Jahren eine Mindeststudienzeit von sechs Jahren oder zwölf Semestern vor, die aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Koordinierung auch in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt (vgl. zuletzt Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ). Eine Approbation als Arzt erhält nur, wer nach einem Studium der Humanmedizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren die Ärztliche Prüfung bestanden hat (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Bundesärzteordnung, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte<ÄApprO>).

22

Die Approbationsordnung für Ärzte normiert seit Ende der 1970er Jahre auch die Regelstudienzeit für das Studium der Humanmedizin. Sie beträgt nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO sechs Jahre und drei Monate, d.h. zwölf Semester und den Prüfungszeitraum, und setzt sich aus der Mindeststudienzeit und der maximal notwendigen Zeit für die Ablegung des letzten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zusammen, der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO jährlich in den Monaten April bis Juni und Oktober bis Dezember stattfindet (vgl. auch BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f.).

23

Diese bundesrechtlichen Vorgaben galten auch für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern, die sich ab 1992 oder ab 1991 immatrikulierten und das Physikum bis zum 31. Dezember 1994 bestanden (vgl. § 14a Abs. 4 BÄO i.d.F. der Anlage I Kapitel X Sachgebiet D Abschnitt II Nr. 1 Buchstabe h des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 i.V.m. Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 ). Dementsprechend setzte auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena, an der der Beschwerdeführer studiert hat, in § 1 Satz 2 ihrer Studienordnung für den Vorklinischen Studienabschnitt des Studienganges Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 28. September 1993 (Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Nr. 9/1994, S. 336) die Regelstudienzeit auf sechs Jahre und drei Monate fest.

24

bb) Die Förderungshöchstdauer im Studiengang Humanmedizin wurde im Hinblick auf die im ärztlichen Berufsrecht vorgegebene Mindest- und Regelstudienzeit vor dem Hintergrund der sich wandelnden Bemessungsprinzipien mehrfach geändert.

25

Für Studierende, die ihr Studium der Humanmedizin nach dem 1. Januar 1970 aufgenommen hatten, galt zunächst eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 und 39 FörderungshöchstdauerV i.d.F. vom 9. November 1972 ). Sie setzte sich aus der Mindeststudienzeit von sechs Jahren und einem weiteren Semester zur Absolvierung von Examina und zur freieren Studiengestaltung zusammen (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5). Vor dem Hintergrund der Änderung des § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO, wonach der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erst innerhalb der ersten drei Monate des dreizehnten Fachsemesters abgelegt werden konnte, wurde die Förderungshöchstdauer Mitte 1979 rückwirkend zum 1. August 1974 auf vierzehn Semester erhöht (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 i.d.F. der Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen <3. FörderungshöchstdauerVÄndV> vom 25. Mai 1979 ). Nach der Begründung des Verordnungsgebers sollte auch Studierenden der Humanmedizin durch die Anhebung der Förderungshöchstdauer ein über die Mindeststudienzeit hinaus gehendes Fachsemester ermöglicht werden (vgl. BRDrucks 17/79, S. 23).

26

§ 5 Abs. 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 11. Juli 1988 (BGBl I S. 1029) setzte die Förderungshöchstdauer wieder herab, um sie an die in der Approbationsordnung für Ärzte geregelte Regelstudienzeit "anzugleichen" (vgl. BRDrucks 249/88, S. 15). Die Vorschrift, die für alle Studierenden der Humanmedizin galt, die ihr Studium nach dem 1. Oktober 1986 aufgenommen hatten (vgl. § 11b Abs. 3 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV), lautet:

27

§ 5

28

Förderungshöchstdauer an wissenschaftlichen Hochschulen

29

(1) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an wissenschaftlichen Hochschulen beträgt für den

30

Studiengang

Semester

63. Medizin

13

31

32

Die Zehnte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 13. Juni 1994 (BGBl I S. 1257) änderte § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV erneut und setzte die Förderungshöchstdauer nunmehr auf die Regelstudienzeit von zwölf Semestern und drei Monaten herab. Zugleich führte sie eine Übergangsregelung in § 11d FörderungshöchstdauerV ein. Diese Vorschrift lautet:

33

§ 11d

34

Übergangsvorschrift 1994

35

In einem Studiengang, dessen Förderungshöchstdauer durch die Zehnte Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 13. Juni 1994 (BGBl. I S. 1257) gekürzt wird, gilt für Auszubildende, die vor dem 1. Oktober 1994 das vierte Fachsemester vollendet haben, die bisherige Förderungshöchstdauer weiter.

36

In den neuen Ländern war die vollständige Anpassung der Förderungshöchstdauer an die bundesrechtlich vorgegebene Regelstudienzeit allerdings durch § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV schon früher erfolgt (siehe oben b).

37

Die der Regelstudienzeit entsprechende Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten wurde auch als besondere Regelung in § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung des 18. BAföGÄndG (siehe dazu oben a) aufgenommen. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

38

§ 15a

39

Förderungshöchstdauer

40

41

(2) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Förderungshöchstdauer für die Universitätsstudiengänge

42

3. Medizin, mit Ausnahme von Zahn- und Tiermedizin,

12 Semester

und 3 Monate.

43

Nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 Satz 2 BAföG in der Fassung des 18. BAföGÄndG galt allerdings die FörderungshöchstdauerV für solche Studierenden weiter, die vor dem 1. Oktober 1996 das vierte Fachsemester beendet hatten.

44

Die allgemeine Verweisung auf die Regelstudienstudienzeit in § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG in der seit dem 1. April 2001 geltenden Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) (vgl. oben 2. a) machte diese Regelung schließlich entbehrlich.

45

4. Was die Möglichkeiten anbetrifft, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erhalten, stellt sich die Rechtslage für Studierende der Humanmedizin damit wie folgt dar: Studierenden, die ihr Studium in den neuen Ländern nach den Vorschriften der Approbationsordnung für Ärzte durchführten und abschlossen (siehe dazu 3. c) aa), war es von vornherein objektiv unmöglich, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erreichen. Sie konnten ihr Studium nicht vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschließen, da die Förderungshöchstdauer gemäß § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV in der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung entsprechend der Regelstudienzeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO zwölf Semester und drei Monate betrug und eine Mindeststudienzeit von zwölf Semestern zu absolvieren war. Für Studierende der Humanmedizin, die ab dem Sommersemester 1993 ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen hatten, gilt das gleiche (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV). Wer allerdings, wie bei einem Studienbeginn im Wintersemester 1992/1993 oder früher, am 1. Oktober 1994 sein viertes Fachsemester in den alten Ländern vollendet hatte, konnte bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ende des zwölften Semesters einen großen Teilerlass erhalten, da für ihn eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern galt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV i.V.m. § 11d FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV).

II.

46

Der Beschwerdeführer begann im Wintersemester 1991/1992 ein Medizinstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und schloss es am 27. Oktober 1997 erfolgreich mit dem Bestehen des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung ab. Während des Studiums erhielt er Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die ihm zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt wurde.

47

Bereits Ende 1994 erließ das Studentenwerk Erfurt einen Leistungs- und Rückforderungsbescheid, der als Ende der Förderungshöchstdauer September 1997 nannte. Auf den Widerspruch des Beschwerdeführers erging Anfang 1995 zunächst ein korrigierter Leistungsbescheid, in dem als Ende der Förderungshöchstdauer nunmehr der Dezember 1997 genannt war. Im April 1995 wurde sodann ein Abhilfebescheid hinsichtlich der angefochtenen Rückzahlungsverpflichtung erlassen, der zugleich die Förderungshöchstdauer auf sechs Jahre und drei Monate festlegte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer hiergegen Klage und begehrte die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998, d.h. auf das Ende des dreizehnten Fachsemesters. Das Verwaltungsgericht Weimar wies die Klage als unzulässig ab, weil die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Förderungshöchstdauer keine Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts enthielten. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg, wenngleich das Thüringer Oberverwaltungsgericht der Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines Verwaltungsaktes widersprach.

48

Am 17. Juni 2002 erließ das Bundesverwaltungsamt einen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid nach § 18 Abs. 5a BAföG, in dem es das Ende der Förderungshöchstdauer auf den letzten Tag des Monats Dezember 1997 festlegte und die Höhe der Darlehensschuld festsetzte. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 28. Juni 2002 gewährte das Bundesverwaltungsamt dem Beschwerdeführer einen leistungsabhängigen Teilerlass sowie einen kleinen Teilerlass (1022,58 Euro = 2.000 DM), weil der Beschwerdeführer das Studium zwei Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abgeschlossen habe. Der Beschwerdeführer hatte danach noch insgesamt 4.904,13 Euro zurückzuzahlen. Diese Summe würde sich bei vorzeitiger Rückzahlung auf 3.996,87 Euro reduzieren.

49

Mit seinem gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid einerseits und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses andererseits gerichteten Widerspruch machte der Beschwerdeführer geltend, das Ende der Förderungshöchstdauer müsse auf den letzten Tag des Monats März 1998 festgesetzt werden. Darüber hinaus sei ihm anstelle des kleinen Teilerlasses ein großer Teilerlass (2.556,46 Euro = 5.000 DM) zu gewähren. Seine nach Zurückweisung des Widerspruchs durch zwei separate Widerspruchsbescheide erhobenen Klagen auf die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 einerseits und auf die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG andererseits wies das Verwaltungsgericht Köln als unbegründet ab. Es könne offen bleiben, ob das Bundesverwaltungsamt an die zuvor vom Studentenwerk Erfurt verfügte Festsetzung der Förderungshöchstdauer gebunden sei. Auch wenn man dies zugunsten des Beschwerdeführers nicht annähme, habe es die Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV zutreffend festgesetzt. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei ein sachlicher Gesichtspunkt, dass der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV den besonderen Verhältnissen an den Hochschulen in den neuen Ländern habe Rechnung tragen wollen. Unterschiede bei der Förderung in den alten und neuen Ländern seien für eine Übergangszeit hinzunehmen. Aufgrund des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers bei der Regelung sozialer Vergünstigungen verstoße es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Bemessung der Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV dazu führe, dass ein großer Teilerlass nicht erreichbar sei. Die normative Bestimmung einer Förderungshöchstdauer, die auf studienorganisatorische Besonderheiten keine Rücksicht nehme, verstoße nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht dadurch gegen den Gleichheitssatz, dass für Absolventen bestimmter Studiengänge ein Teilerlass nicht erreichbar sei. Entscheidend sei, dass die Förderungshöchstdauer so festgelegt werde, dass ein Abschluss der geförderten Ausbildung regelmäßig möglich sei. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebiete hingegen nicht, für die Rückzahlung Regelungen vorzusehen, die es in jedem Studiengang ermöglichten, grundsätzlich alle denkbaren Vergünstigungen - wie alle Varianten des leistungsabhängigen Teilerlasses oder des studiendauerabhängigen Teilerlasses - ausschöpfen zu können.

50

Die Anträge auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als unbegründet ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil - abweichend vom Regelungssystem in den alten Ländern - nicht gewährleistet gewesen sei, dass jedem Auszubildenden beim Besuch einer wissenschaftlichen Hochschule im Beitrittsgebiet über die Mindestausbildungsdauer hinaus generell ein weiteres Semester zur freien Verfügung gestanden habe. Die insoweit gegebene unterschiedliche Behandlung der Auszubildenden im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern rechtfertige sich mit Blick auf die besondere Situation, die bei Abschluss des Einigungsvertrages für das Inkraftsetzen der Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes im Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 in Rechnung zu stellen gewesen sei. Die Anwendung dieser Vorschriften einschließlich der Normen über die Förderungshöchstdauer sei nämlich zunächst im Rahmen eines andersartigen, noch maßgeblich durch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik geprägten Bildungssystems erfolgt, dessen Angleichung an die Bedingungen in den alten Ländern nur im Laufe eines längerwährenden Prozesses zu erwarten gewesen sei. Diese besondere Lage habe es ausgeschlossen, die Regelungen der Förderungshöchstdauerverordnung für die alten Länder auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 zu übertragen. Mit der Anknüpfung an die Regelstudienzeit in § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sei eine Bestimmung getroffen worden, die diese Besonderheiten berücksichtigte und deren im Einzelfall nachteiligen Folgen die Auszubildenden für eine Übergangszeit hinzunehmen hätten.

III.

51

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses sowie die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide und gerichtlichen Entscheidungen. Mittelbar richtet er sich gegen § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sowie § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung. Er rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Studierende der Humanmedizin würden im Verhältnis zu Studierenden anderer Studienrichtungen, zum Beispiel Jurastudenten, in nicht gerechtfertigter Weise dadurch ungleich behandelt, dass bei ihnen ein großer Teilerlass von vornherein nicht möglich sei. Zudem dürfe die Förderungshöchstdauer nicht unterschiedlich in den neuen und alten Ländern geregelt werden, da das Medizinstudium in Detailfragen bundeseinheitlich geregelt sei. Die vom Verwaltungsgericht und vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Gründe studienorganisatorischer Art und die angeführten Besonderheiten an den Hochschulen in den neuen Ländern hätten mit der Frage der Förderungshöchstdauer und der Möglichkeit eines großen Teilerlasses nichts zu tun. Es liege deshalb auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern vor, für die bei einem Studienbeginn zum Wintersemester 1991/1992 eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern gegolten habe und für die ein großer Teilerlass objektiv möglich gewesen sei.

IV.

52

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich der für das Ausbildungsförderungsrecht zuständige 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der Marburger Bund, der NAV Virchow-Bund, das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat geäußert.

53

1. Der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der nach eigenen Angaben bislang nicht mit der durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Problematik befasst war, ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Versagung des großen Teilerlasses in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sei. Er verweist auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts  , wonach bei der Festlegung der Förderungshöchstdauer zu gewährleisten sei, dass regelmäßig ein Semester zur freieren Verfügung des Auszubildenden stehe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1983 - BVerwG 5 C 50.81 -, juris Rn. 8; BVerwGE 88, 151 <155 f.>; BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1995 - BVerwG 11 C 26.94 -, juris Rn. 22). Es liege nahe, dass es dann grundsätzlich auch möglich sein müsse, zumindest in diesem Verfügungssemester eine Ausbildung vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Es liege in jedem Fall auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, eine Förderungshöchstdauer zu verlangen, die den Auszubildenden so viel zeitlichen Spielraum für die Ausbildung lasse, dass sie objektiv in allen Studiengängen die Voraussetzungen für den großen Teilerlass erreichen könnten. Hierfür spreche neben dem Wortlaut der Regelung auch ihr für alle Studiengänge gleichermaßen geltender Sinn, einen finanziellen Anreiz für eine zügige Durchführung der Ausbildung zu setzen. Im Ergebnis sei auch die unterschiedliche Behandlung von Studierenden nach dem Standort der Hochschule mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Für Studiengänge, für die bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Ausbildungsförderungsrechts im Beitrittsgebiet kraft Bundesrechts an ostdeutschen und westdeutschen Hochschulen dieselben Ausbildungs- und Prüfungsregelungen galten, habe kein tragfähiger Grund für die ungleiche Behandlung in Bezug auf die Förderungshöchstdauer bestanden.

54

2. Der Marburger Bund hält die Verfassungsbeschwerde ebenfalls für begründet. Es liege ein zweifacher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowohl im Hinblick auf die Ungleichbehandlung zwischen den Studierenden der Humanmedizin der alten und der neuen Länder durch § 9 FörderungshöchstdauerV als auch zwischen den Studierenden der Humanmedizin und denen anderer Studiengänge vor. Etwaige organisatorische Besonderheiten in den neuen Ländern hätten eher zu einer Verlängerung der Förderungshöchstdauer führen müssen. Nach einer Mitgliederbefragung habe es zwischen den Studienbedingungen im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern keine Unterschiede gegeben, so dass ein Studienabschluss jeweils grundsätzlich in derselben Zeit erreichbar gewesen sei. Der Ausschluss von der Möglichkeit, einen großen Teilerlass zu erhalten, sei nicht mit dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu rechtfertigen. Die Grenzen zulässiger Typisierung und Pauschalierung seien überschritten, zumal mit dem Kreis der Studierenden der Humanmedizin an den ostdeutschen Universitäten keine zahlenmäßig kleine Gruppe betroffen sei. Der NAV Virchow-Bund folgt in der Sache gleichfalls der Argumentation des Beschwerdeführers.

55

3. Das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat nehmen in ihren Äußerungen Bezug auf die vom Wissenschaftsrat veröffentlichten Studien zur "Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998" (Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, S. 80 ff. und Anhang I, S. 118 f.) beziehungsweise "von 1999 bis 2003" (Drs. 6825/05 vom 29. August 2005, S. 100 und Anhang I, S. 170). Aus ihnen geht hervor, dass die mittlere Fachstudiendauer im Studienfach Humanmedizin an den meisten Universitäten in den neuen Ländern im Jahre 1998 deutlich und im Jahre 2003 geringfügig niedriger war als an den Universitäten in den alten Ländern. Als Gründe gälten die völlige Neukonzeption der Studiengänge in den neuen Ländern nach der Wende, in denen die Studien- und Prüfungsordnungen realitätsnäher gewesen seien als die über Jahre hinweg nicht evaluierten Ordnungen in den alten Ländern. Letztlich sei auch die Betreuungsrelation besser gewesen als in den alten Ländern.

B.

56

Die Verfassungsbeschwerde ist überwiegend zulässig.

I.

57

Die Verfassungsbeschwerde ist allerdings unzulässig, soweit der Beschwerdeführer als selbstständigen Beschwerdegegenstand die Festsetzung der Förderungshöchstdauer und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen sowie mittelbar die Vorschriften des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und des § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der vom 1. August 1996 bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung angreift, aus denen sich die für den Beschwerdeführer festgesetzte Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten ergibt.

58

Es kann dahinstehen, ob dem Beschwerdeführer insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, als die Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten und ihr Ende im Dezember 1997 bereits durch die Bescheide des Studentenwerkes Erfurt von Ende 1994 bzw. Anfang 1995 bestandskräftig festgestellt worden und das Bundesverwaltungsamt bei Erlass des hier angefochtenen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheides vom 17. Juni 2002 an diese Festsetzungen mit der Folge gebunden gewesen wäre, dass die in den Ausgangsverfahren begehrte Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 nicht in Betracht käme.

59

Jedenfalls ist der Beschwerdeführer nicht beschwerdebefugt, weil er durch die Förderungshöchstdauer als solche nicht in seinen Grundrechten verletzt sein kann. Für den Beschwerdeführer galt zwar eine niedrigere Förderungshöchstdauer als für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Hinsichtlich der primären Rechtswirkung der Förderungshöchstdauer, die Gewährung von Ausbildungsförderung zeitlich zu begrenzen (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG), ist dem Beschwerdeführer selbst jedoch kein Nachteil entstanden. Er hat sein Studium innerhalb der für ihn maßgeblichen Förderungshöchstdauer abgeschlossen und für dessen gesamte Dauer Ausbildungsförderung erhalten. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und die darauf gestützten Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen enthalten damit keine unmittelbare verfassungsrechtliche Beschwer für den Beschwerdeführer.

60

Allerdings wirken sich die Vorschriften zur Förderungshöchstdauer indirekt nachteilig für den Beschwerdeführer aus, weil die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch von der für ihn geltenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten abhängt. Doch ist eine Verfassungsbeschwerde nur gegen denjenigen Akt öffentlicher Gewalt zulässig, der die geltend gemachte Grundrechtsverletzung bewirkt (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 - 1 BvR 2393/08 u.a. -, juris Rn. 19, 30). Das ist hier die Versagung des Teilerlasses.

II.

61

Zulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung eines großen Teilerlasses und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen richtet. Er hat insoweit den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend hinreichend substantiiert die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG aufgezeigt. Sinngemäß richtet sich seine Verfassungsbeschwerde ausweislich ihrer Begründung mittelbar gegen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den für den Beschwerdeführer einschlägigen Vorschriften zur Förderungs-höchstdauer einerseits und zur Mindeststudienzeit andererseits. Der Beschwer-deführer hat diese Vorschrift zwar nicht ausdrücklich als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde bezeichnet. Doch sind seine Ausführungen entsprechend auszulegen (vgl. BVerfGE 68, 1 <68 f.>).

C.

62

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Der Beschwerdeführer wird durch § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (§ 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und durch die daraus folgende Versagung eines großen Teilerlasses in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil es ihm als Studierendem der Humanmedizin in den neuen Ländern von vornherein objektiv unmöglich war, in den Genuss eines großen Teilerlasses zu kommen.

I.

63

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 <396>; 105, 73 <110 ff., 133>), bei dem eine Begünstigung dem einem Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 126, 400 <416> m.w.N.).

64

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <97>; 93, 386 <397>; 99, 367 <389>; 105, 73 <110>; 107, 27 <46>; 110, 412 <432>).

65

Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Oktober 2010 - 1 BvL 14/09 -, juris Rn. 45).

II.

66

§ 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (hier § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (hier § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und die darauf beruhende Versagung eines großen Teilerlasses für den Beschwerdeführer sind selbst bei Anlegung eines großzügigen Prüfungsmaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

67

1. Der Beschwerdeführer wird als Student der Humanmedizin in den neuen Ländern zum einen gegenüber Studierenden der Humanmedizin, die im Wintersemester 1992/1993 oder früher ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen und im Sommersemester 1994 ihr viertes Fachsemester vollendet haben, ungleich behandelt. Während für letztere nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV in Verbindung mit § 11d FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG- FörderungshöchstdauerVÄndV eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semester galt und sie damit bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ablauf der Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einen großen Teilerlass erhalten konnten, war dies dem Beschwerdeführer nicht möglich. Denn er konnte sein Studium wegen der bundesrechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einerseits und der für Studierende in den neuen Ländern geltenden, der Regelstudienzeit entsprechenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten andererseits nicht vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beenden. Zum anderen liegt eine Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge vor, in denen entweder gar keine Mindeststudienzeit gilt oder Mindeststudienzeit und Förderungshöchstdauer so bemessen sind, dass ein Abschluss des Studiums vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer möglich bleibt.

68

2. Tragfähige Gründe für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlungen sind nicht erkennbar. Sie ergeben sich weder aus den Materialien zum Bundesausbildungsförderungsgesetz noch aus der Begründung der Förderungshöchstdauerverordnung. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist hierzu nichts vorgetragen worden.

69

a) Für die Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern bestehen keine tragfähigen Sachgründe. Zwar durfte der Gesetzgeber bei der Gewährung von Leistungen einen Spielraum in Anspruch nehmen. Doch erlaubt ihm dieser nicht, Studierende in den neuen Ländern ohne sachangemessene Gründe von einer Begünstigung auszuschließen. Dabei kann dahinstehen, ob im Studiengang Humanmedizin in den neuen Ländern in den 1990er Jahren Studienbedingungen geherrscht haben, die einen schnelleren Studienabschluss als an Universitäten in den alten Ländern ermöglich haben, und es deshalb ungeachtet der bundeseinheitlich vorgegebenen Studieninhalte verfassungsrechtlich zulässig war, die Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern übergangsweise niedriger festzusetzen als in den alten Ländern. Zwar darf der Gesetzgeber insbesondere auch zur Bewältigung der Folgen der Deutschen Einheit Regeln treffen, mit denen auch Härten einhergehen können. Doch ließe sich damit allenfalls rechtfertigen, Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine kürzere Dauer zu fördern, weil sie ihr Studium früher abschließen konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Nicht zu rechtfertigen wäre es jedoch, deshalb keinen großen Teilerlass für den Darlehensteil bereits ausgezahlter Förderung zu gewähren. Der Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, Anreize für einen möglichst raschen Studienabschluss vor dem Ende der Förderungshöchstdauer zu setzen (vgl. oben A. I. 2. b), besteht gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ebenso wie in den alten Ländern. Die Mindeststudienzeit von zwölf Semestern, die einem schnellen Studienabschluss Grenzen setzt, gilt kraft bundesgesetzlicher Anordnung für alle Studierenden der Humanmedizin. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, warum Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern die Begünstigung eines großen Teilerlasses von vornherein versagt blieb, während sie Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern nach der Wiedervereinigung noch übergangsweise offen stand.

70

b) Die Ungleichbehandlung sowohl gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern als auch gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen lässt sich nicht mit der Befugnis des Gesetzgebers rechtfertigen, bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen. Die Voraussetzungen dafür liegen hier nicht vor.

71

aa) Der Gesetzgeber ist zwar von Verfassungs wegen nicht gehalten, sämtliche studienorganisatorischen Besonderheiten zu berücksichtigen und zu überprüfen, ob es nach den individuellen Studienbedingungen eines jeden Studierenden in jedem Studiengang und an jeder Universität möglich ist, das Studium vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Er muss die Verwaltung auch nicht zu einer entsprechenden umfangreichen Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung individueller Härten verpflichten. Generelle Hinderungsgründe, die sich wie hier die bindenden Mindeststudienzeiten aus Rechtsvorschriften ergeben, müssen aber in einer Regelung über die Gewährung eines studiendauerabhängigen Teilerlasses berücksichtigt werden.

72

Die unzureichende Berücksichtigung gesetzlicher Mindeststudienzeiten und ihres Verhältnisses zur Förderungshöchstdauer kann gesamte Studiengänge und damit eine große Anzahl von Studierenden von der Möglichkeit eines großen Teilerlasses ausschließen. Gerade die hier betroffene Gruppe der Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ist zahlenmäßig nicht unbedeutend. So schlossen beispielsweise im Jahre 1998 insgesamt 1088 deutsche Erstabsolventen ihr Medizinstudium an Universitäten in den neuen Ländern ab (vgl. Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, Anhang I, S. 118). Geht man entsprechend der Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks für das Jahr 1997 davon aus, dass 17 % der Studierenden der Humanmedizin Leistungen nach dem BAföG erhalten haben, waren allein im Jahre 1998 ca. 185 Studierende von dem Begünstigungsausschluss betroffen. Seit Inkrafttreten von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV gilt im Übrigen für alle Studierenden der Humanmedizin im gesamten Bundesgebiet eine Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten, so dass seitdem kein Studierender der Humanmedizin mehr von einem großen Teilerlass profitieren kann.

73

bb) Der Ausschluss größerer Gruppen von Studierenden von der Chance eines großen Teilerlasses wegen studiengangsbezogener Mindeststudienzeiten ist ohne unzumutbaren Aufwand vermeidbar, indem die Regeln über Teilerlass, Förderungshöchstdauer und Mindeststudienzeit aufeinander abgestimmt werden. Es sind keine verwaltungspraktischen Hindernisse oder sonstige Gründe ersichtlich, die diesen Ausschluss geböten. Er hat seine Ursache vielmehr in der fehlenden Abstimmung derjenigen Regeln, die für den großen Teilerlass von Bedeutung sind. Dies lässt sich nicht mit Typisierungs- und Pauschalierungserwägungen rechtfertigen. So gewährleistete die ursprüngliche Konzeption des studiendauerabhängigen Teilerlasses unter Berücksichtigung der früheren Bemessungsprinzipien der Förderungshöchstdauer, dass Mindeststudienzeiten einem Teilerlass nicht entgegenstanden. Da die Förderungshöchstdauer bis Mitte der 1980er Jahre die Mindeststudienzeit immer um mindestens ein Semester überstieg (vgl. oben A. I. 3. a), war ein Teilerlass, der in Höhe von 2.000 DM für jedes Semester gewährt wurde, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. oben A. I. 2. b), in jedem Studiengang objektiv möglich. Dies hat sich jedoch geändert, weil sich die Förderungshöchstdauer mehr und mehr an der Regelstudienzeit orientierte. In Studiengängen, in denen die Förderungshöchstdauer nunmehr der Regelstudienzeit entsprach und diese sich aus der bisherigen Mindeststudienzeit und der notwendigen Examenszeit zusammensetzte, wie dies im Studium der Humanmedizin der Fall ist (vgl. BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f., und oben A. I. 3. c) aa), war damit ein Abschluss des Studiums ein volles Semester vor dem Ende der Förderungshöchstdauer nicht mehr möglich. Die Verkürzung des für einen großen Teilerlass notwendigen Zeitraums zwischen dem erfolgreichen Abschluss des Studiums und dem Ende der Förderungshöchstdauer von einem Semester, d.h. sechs Monaten, auf vier Monate war nicht auf die gewandelte Förderungshöchstdauer abgestimmt und hat, wie der vorliegende Fall zeigt, die Problematik, dass Mindeststudienzeiten einem Studienabschluss vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer entgegenstehen können, nicht beseitigt.

74

c) Die Benachteiligung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge ist nicht durch andere Sachgründe gerechtfertigt. Zwar zeichnet sich der Studiengang Humanmedizin durch die höchste Förderungshöchstdauer von allen universitären Studiengängen aus. Dies ist jedoch dem außergewöhnlichen Umfang des Studiums und der gesetzlich bestimmten und auch europarechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit geschuldet. Die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dienen primär dazu, einen erfolgreichen Studienabschluss zu gewährleisten und werden deshalb für die gesamte erforderliche Dauer des Studiums gezahlt. Die Studienwahl selbst ist frei. Es ist damit nicht durch einen tragfähigen Sachgrund gerechtfertigt, wenn Studierenden ein großer Teilerlass deshalb versagt wird, weil sie sich in gesetzlich gebilligter Weise für ein umfangreiches Studium entschieden haben.

75

Im Übrigen besteht aus Sicht der Geförderten bei langer Studien- und Förderungsdauer ein größeres Bedürfnis für einen großen Teilerlass, da die zurückzuzahlende Darlehenssumme in der Regel höher ausfällt als bei kürzeren Studiengängen. Dies gilt in besonderem Maße für solche Studierenden, die, wie der Beschwerdeführer, ihr Studium vor dem 28. Februar 2001 abgeschlossen haben und für die deshalb die Begrenzung der zurückzuzahlenden Darlehenssumme auf 10.000 Euro nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG nicht eingreift. Der große Teilerlass, der anders als der leistungsabhängige Teilerlass nach § 18b Abs. 2 BAföG nicht in Form eines prozentualen Anteils der gesamten Darlehenssumme, sondern in Ge-stalt eines fixen Betrages gewährt wird, wirkt sich zudem bei langer Förderungsdauer und damit hoher Darlehenssumme im Verhältnis geringfügiger aus als bei kürzerer Förderungsdauer.

76

Aufgrund der langen Studien- und Förderungsdauer im Studiengang Humanmedizin entsprechen Anreize zur zügigen Beendigung des Studiums auch in besonderem Maße dem Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Zweck für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern und ab Sommersemester 1993 auch für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern als verfehlt anzusehen wäre und sie deshalb gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen schlechter gestellt werden dürften.

77

d) Die Gewährung eines kleinen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 2 BAföG, den der Beschwerdeführer erhalten hat, kompensiert nicht die Versagung eines großen Teilerlasses. Dass Studierende der Humanmedizin wie andere Studierende in den Genuss eines kleinen Teilerlasses kommen können, rechtfertigt es nicht, ihnen die Begünstigung eines großen Teilerlasses vorzuenthalten, dessen Voraussetzungen andere Studierende erfüllen können.

D.

I.

78

1. a) § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG ist für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären. Eine verfassungskonforme Auslegung scheidet wegen der strikten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen großen Teilerlass aus. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG ist die Rechtsfolge der Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG auch für die späteren Fassungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG (Fassungen des Ausbildungsförderungsreformgesetzes und des 23. BAföGÄndG, vgl. oben A. I. 2. a) auszusprechen, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist.

79

b) Der festgestellte Verfassungsverstoß beschränkt sich auf die Fälle, in denen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in Verbindung mit den Vorschriften zur Mindeststudienzeit einerseits und zur Förderungshöchstdauer andererseits dazu führt, dass Studierenden in ihrem Studiengang ein großer Teilerlass von vornherein objektiv unmöglich ist, weil sie ihr Studium nicht mindestens vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beenden können. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG wird die Unvereinbarkeit auch über die der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegende Fallkonstellation eines Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern hinaus erklärt, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist (vgl. BVerfGE 19, 206 <225 f.>; 40, 296 <328 f.>; 45, 104 <119, 139>). Sie führt nicht nur im konkreten Fall in Verbindung mit der sich aus § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO ergebenden Förderungshöchstdauer einerseits und der sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO und § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO ergebenden Mindeststudienzeit andererseits zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG bei Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt darüber hinaus bei Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern ab Sommersemester 1993 gegenüber Studierenden in solchen Studiengängen vor, die die Voraussetzungen des großen Teilerlasses nach Maßgabe der für sie geltenden Mindeststudienzeiten und Förderungshöchstdauer grundsätzlich erfüllen können. Ein entsprechender Gleichheitsverstoß gilt auch für alle anderen Studiengänge, in denen Mindeststudienzeiten vorgeschrieben sind und eine Förderungshöchstdauer gilt, die um weniger als vier Monate über der Mindeststudienzeit liegt.

80

2. a) Als Folge der Unvereinbarkeitserklärung dürfen Gerichte und Verwaltungsbehörden § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden; laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

81

b) Die Unvereinbarkeitserklärung hat weiterhin zur Folge, dass der Gesetzgeber zur rückwirkenden, gleichheitsgerechten Neuregelung für den gesamten Zeitraum verpflichtet ist, auf den sich die Unvereinbarkeitserklärung bezieht (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 105, 73 <134>; 107, 27 <58>; 110, 94 <138>). Dies bedeutet, dass die Neuregelung unabhängig vom Zeitpunkt des Studienabschlusses alle noch nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erfassen muss, die die Gewährung eines großen Teilerlasses zum Gegenstand haben und einen Studiengang betreffen, in dem wegen Rechtsvorschriften zu Mindeststudienzeiten und zur Förderungshöchstdauer die Voraussetzungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG von vornherein nicht erfüllbar waren. Wie der Gesetzgeber den festgestellten Gleichheitsverstoß beseitigt, steht in seinem Ermessen. Die vollständige Abschaffung des Teilerlasses für Studierende, die ihr Studium nach dem 31. Dezember 2012 abschließen, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung und bleibt hiervon unberührt.

82

Bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren können demgegenüber von der rückwirkenden Neuregelung ausgenommen werden (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 107, 27 <58>; 120, 125 <167>). Es bleibt dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die Wirkung der vorliegenden Entscheidung auch auf bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu jedoch nicht (vgl. BVerfGE 104, 126 <150>; 115, 259 <276>).

83

c) Die Neuregelung hat bis zum 31. Dezember 2011 zu erfolgen. Es besteht keine Veranlassung, dem Gesetzgeber eine längere Frist zur Nachbesserung einzuräumen und während dieses Zeitraums die Fortgeltung der verfassungswidrigen Rechtslage anzuordnen. Seit Ende der 1970er Jahre wird über die Angemessenheit der Teilerlassregelung bei frühzeitiger Beendigung der Ausbildung diskutiert (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23; BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b). Wie die Begründung des Gesetzentwurfs zum 23. BAföGÄndG zeigt, hatte der Gesetzgeber die Unstimmigkeiten von § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch bereits erkannt (vgl. BTDrucks 17/1551, S. 28 f. zu Nummer 13). Eine geordnete Finanz- und Haushaltsplanung ist durch die erforderliche Neuregelung ebenfalls nicht gefährdet.

II.

84

1. Die zur Versagung eines großen Teilerlasses ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes, des Verwaltungsgerichts Köln und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sie beruhen auf der mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Rechtslage in Verbindung mit § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sind aufzuheben; die Sache ist an das Verwaltungsgericht Köln zurückzuverweisen (vgl. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

85

2. Demgegenüber haben die allein zur Förderungshöchstdauer ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen Bestand, da die Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig ist (vgl. B. I.). Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zurückzuweisen.

III.

86

Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Die volle Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers ist angemessen, weil dieser sein wesentliches Verfahrensziel erreicht hat (vgl. BVerfGE 79, 372 <378>; 104, 220 <238>). Die Auslagen sind dem Beschwerdeführer zu gleichen Teilen vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Bund zu erstatten, weil die aufgehobenen Entscheidungen von Gerichten des Landes Nordrhein-Westfalen getroffen worden sind, der Grund der Aufhebung aber in der Verfassungswidrigkeit einer bundesrechtlichen Vorschrift liegt (vgl. BVerfGE 101, 106 <132>).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzichtet hat oder die Frist für die Berufung oder den Antrag auf Zulassung der Berufung verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) Die Anschlussberufung bedarf keiner Zulassung.

(5) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. April 2011 - 2 K 1134/09 - wird zugelassen.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind grundsätzlich gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480).
Zwar hat der Kläger die verwaltungsgerichtliche Entscheidung mit seinem Vorbringen nicht schlüssig in Frage gestellt. So sind - entgegen der Meinung des Klägers - die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 28.08.2007 um einen ablehnenden Verwaltungsakt sowie beim Schreiben des Beklagten vom 21.02.2006 noch um keinen ablehnenden Verwaltungsakt gehandelt hat, durchaus zutreffend. Allerdings unterliegt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus anderen Gründen ernstlichen Richtigkeitszweifeln.
Der Zulassung der Berufung steht das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht entgegen. Dieses beschränkt das Oberverwaltungsgericht zwar grundsätzlich auf die Prüfung, ob die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe aus den dargelegten Umständen vorliegen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn die angefochtene Entscheidung zwar nicht aus dem vom Rechtsmittelführer angeführten Grund, wohl aber aus einem anderen Grunde unrichtig ist, sofern diese Unrichtigkeit offensichtlich ist. Zweck des Zulassungsgrundes aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist es, die Überprüfung und mögliche Korrektur zweifelhafter Entscheidungen der ersten Instanz im Rechtsmittelwege zu ermöglichen. Das gebietet, den Zugang zur Rechtsmittelinstanz umso eher zu eröffnen, je gewichtiger die Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung wiegen, vollends wenn deren Unrichtigkeit schon im Zulassungsverfahren offensichtlich ist. In solchen Fällen kann auch das Darlegungsgebot nicht entgegenstehen. Dessen Sinn und Zweck besteht darin, das Zulassungsverfahren zu vereinfachen, indem es das Prüfungsprogramm des Oberverwaltungsgerichts darauf beschränkt, zu klären, ob die dargelegten Gründe eine Zulassung des Rechtsmittels tragen. Dieser Zweck wird indes nicht berührt, wenn die Zulassung aus Gründen, die offensichtlich sind, auch ohne deren Darlegung erfolgen kann. Denn das Offensichtliche liegt klar zutage und bedarf daher keiner aufwendigen Feststellung. Das Zulassungsverfahren wird daher nicht verzögert und erschwert, sondern umgekehrt gerade vereinfacht (vgl. bereits den zu § 146 Abs. 4 VwGO a.F. ergangenen Senatsbeschluss vom 19.07.2001 - NC 9 S 2/01 -, VBlBW 2002, 163 m.w.N.; ebenso: Sächs. OVG, Beschluss vom 31.03.2008 - 5 B 377/06 -, Juris Rn. 8; Kuhlmann, in: Wysk , VwGO, 2011, § 124a Rn. 44; Happ, in: Eyermann , VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 83 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 124a Rn. 50).
Die Klage hätte offensichtlich nicht aus den im Urteil genannten Gründen als unzulässig abgewiesen werden dürfen.
Gegenstand der vom Kläger am 01.03.2007 erhobenen Klage (ursprüngliches Aktenzeichen 2 K 697/07) war der prozessuale Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, nach § 5 Abs. 1 der Privatschulbauverordnung vom 13.03.2007 (GBl. S. 206) die Erforderlichkeit des Erweiterungsbauvorhabens des Klägers festzustellen. Klageziel war mithin die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts (vgl. § 42 Abs. 1 2.Alt. VwGO). Für die Statthaftigkeit dieser Verpflichtungsklage ist es - entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil, das die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen hat - unerheblich, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 21.02.2006, das Anlass für die Klageerhebung war, um keinen Versagungsbescheid und damit um keinen Verwaltungsakt gehandelt hat. Denn die Aufhebung des Versagungsbescheids gehört nicht zum Streitgegenstand der Verpflichtungsklage. Die Aufhebung ist vielmehr ein unselbständiger Anfechtungsannex, der im Interesse der Rechtsklarheit bei einer stattgebenden Entscheidung mittenoriert wird. Der Anspruch auf Bescheiderlass hängt nicht davon ab, ob die Behörde den an sie gerichteten Antrag überhaupt oder fehlerhaft beschieden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15; OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010 - 2 A 796/09 -, DVBl. 2010, 1309; Wysk, in: ders. , VwGO, 2011, § 42 Rn. 51). Wenn man das Schreiben des Beklagten vom 21.02.2006 - wie das Verwaltungsgericht und zunächst auch übereinstimmend die Beteiligten - zutreffend nicht als Versagungsbescheid, sondern als bloße Rechtsauskunft wertet, dann handelte es sich bei der am 01.03.2007 eingelegten Klage um eine sog. Untätigkeitsklage. Die besondere Sachurteilsvoraussetzung einer Untätigkeitsklage, die Einhaltung der dreimonatigen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO, ist hier gewahrt. Der Kläger hatte seinen Antrag bereits am 30.06.2005 beim Regierungspräsidium gestellt. Nach Klageerhebung wurde außerdem vom Verwaltungsgericht keine Nachfrist nach § 75 Satz 3 VwGO gesetzt. Vielmehr wurde das Verfahren mit Beschluss vom 27.04.2007 zum Ruhen gebracht und am 09.10.2009 wieder angerufen, nachdem das vom Verwaltungsgericht zu Recht als Ablehnungsbescheid qualifizierte Schreiben des Beklagten vom 28.08.2007 ergangen war.
Für die Zulässigkeit der am 01.03.2007 erhobenen Klage ist es weiter unerheblich, dass gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.08.2007, gegen den nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO kein Widerspruch erhoben werden musste, erst nach Ablauf der einjährigen Klagefrist nach § 74 Abs. 2 und § 58 Abs. 2 VwGO erneut „Klage“ erhoben wurde. Mit dieser „Klage“ wurde noch einmal der prozessuale Anspruch des Klägers geltend gemacht, den Beklagten zu verpflichten, die Erforderlichkeit des Erweiterungsbauvorhabens festzustellen. Dieser Streitgegenstand war indes bereits seit der ersten Klage vom 01.03.2007 rechtshängig. Der Versagungsbescheid vom 28.08.2007 konnte ohne Weiteres in diese Klage einbezogen werden (vgl. nur Kopp/Schenke, a.a.O., § 75 Rn. 21). In eine auf Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete, erst nach Ablauf der Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO erhobene Untätigkeitsklage kann ein nicht innerhalb einer vom Gericht gesetzten Nachfrist ergangener Ablehnungsbescheid auch ohne Beachtung der Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO einbezogen werden. Denn die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage war bereits zulässig. Einem nachfolgend erlassenen Ablehnungsbescheid kommt bei der Verpflichtungsklage keine eigenständige Bedeutung zu.
Die Unerheblichkeit der Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO ist in Fällen wie dem vorliegenden offensichtlich. Umstritten in Rechtsprechung und Literatur ist die Unerheblichkeit der Klagefrist bezüglich der Einbeziehung eines ablehnenden Bescheids, wenn die Klage vor Ablauf der Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO erhoben wurde. Hier wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass in diesen Fällen die Einbeziehung in der Frist des § 74 VwGO erfolgen müsse (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2010 - 11 ZB 08.1495 -, Juris Rn. 13 f.; Rennert, in: Eyermann , VwGO, 13. Aufl. 2010, § 75 Rn. 14; Funke-Kaiser, in: Bader u.a. (Hrsg.), VwGO, 5. Aufl. 2011, § 75 Rn. 15 f.; a.A. Bay. VGH, Beschluss vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, Juris Rn. 36; Bay. VGH. Beschluss vom 11.08.2005 - 4 CE 05.1580 -, Juris Rn. 28 f.; Happ, a.a.O., § 42 Rn. 30). Unstreitig ist jedoch die vorliegend gegebene Situation. Hier kommt es auf die Klagefrist nicht an (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010, a.a.O., Rn. 22; Rennert, a.a.O., § 75 Rn. 18; Funke-Kaiser, a.a.O., § 75 Rn. 25; Dolde/Posch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, § 75 Rn. 25 ). Angesichts dieser klaren Rechtslage lag es auf der Hand, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 28.08.2007 ohne Beachtung einer Frist in die am 01.03.2007 erhobene Verpflichtungsklage einbezogen werden konnte und diese Klage nicht als unzulässig hätte abgewiesen werden dürfen.
Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2012 - 11 K 5307/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist Trägerin einer privaten Berufsschule für die Ausbildungsberufe „Verkäufer(in)“ und „Kaufleute im Einzelhandel“ in H. Sie begehrt staatliche Finanzhilfe.
Die Errichtung und der Betrieb der Schule wurden der Klägerin auf ihren Antrag vom 30.06.2010 mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 06.08.2010 genehmigt. Den ebenfalls unter dem 30.06.2010 gestellten Antrag auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe und Absehen von der Wartefrist gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 PSchG lehnte das Regierungspräsidium mit Bescheid vom 24.11.2010, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugegangen am 29.11.2010, ab. Die genehmigte Schule sei zwar Ersatzschule, weil es im Land entsprechende öffentliche Schulen gebe. Sie habe jedoch keinen Anspruch auf staatliche Finanzhilfe. § 17 Abs. 1 PSchG führe die Ersatzschulen, die auf Antrag Zuschüsse des Landes erhielten, abschließend auf. Die Schulart Berufsschule gehöre nicht dazu.
Am 28.12.2010 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 24.11.2010 aufzuheben (1.), den Beklag-ten zu verurteilen, die Kosten eines Schülers an einer Berufsschule in Trägerschaft des Landes gemäß § 18a PSchG zu ermitteln und ihr zur genauen Bezifferung ihrer Ansprüche mitzuteilen sowie die jeweils verwendete Datenbasis und Berechnungsmethode offenzulegen (2.), den Beklagten zu verurteilen, an sie staatliche Finanzhilfe in Höhe von 80 % des sich aus den Berechnungen gemäß Klageantrag Ziffer 2 ergebenden Betrages der Kosten eines Schülers an einer Berufsschule in staatlicher Trägerschaft nach Maßgabe des § 18 PSchG seit Schuljahresbeginn 2010/11 zu bezahlen (3.).
Mit Urteil vom 23.03.2012 hat das Verwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Neubescheidung verpflichtet. Zwar ergebe sich ein Anspruch der Klägerin in konkreter Höhe weder aus dem Privatschulgesetz noch aus Art. 7 Abs. 4 GG. § 17 PSchG erwähne zwar neben anderen Schularten auch Berufsfachschulen, Berufskollegs und Fachschulen, sehe eine Förderung von Berufsschulen aber nicht vor. Damit scheide eine direkte Anwendung der §§ 17 ff. PSchG aus. Auch aus Art. 7 Abs. 4 GG folge kein Förderanspruch der Klägerin in konkreter Höhe. Denn aus diesem Grundrecht folge, neben seiner Funktion als Abwehrrecht, zunächst nur ein Auftrag an den jeweiligen Landesgesetzgeber, das Privatschulwesen zu schützen und zu fördern. Die konkrete Ausgestaltung dieser Förderpflicht obliege dem Landesgesetzgeber. Verfassungsunmittelbare Leistungsansprüche folgten aus Art. 7 Abs. 4 GG grundsätzlich nicht.
Der Klägerin stehe aber dem Grunde nach ein Anspruch auf Förderung in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG zu. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG erhielten die dort aufgeführten als Ersatzschulen genehmigten Schulen auf Antrag Zuschüsse des Landes. Demgegenüber könnten Ergänzungsschulen nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans auf Antrag Zuschüsse erhalten (§ 17 Abs. 3 PSchG). Diese Differenzierung der Förderpraxis trage der besonderen Bedeutung der Ersatzschulen Rechnung. Wenn das beklagte Land Schulen als Ersatzschulen anerkenne, erkenne es zugleich die besondere Bedeutung dieser Schulen und das öffentliche Interesse an ihrer Errichtung und Unterhaltung an. Zugleich nehme der Staat diese Schulen hinsichtlich der Ausgestaltung des Schulverhältnisses und der Stellung der Lehrkräfte in die Pflicht und übe insoweit Aufsichtsrechte aus. Da diese besondere Inpflichtnahme alle Ersatzschulen gleichermaßen treffe, bedürfe es für eine etwaige Differenzierung nach „geförderten" Ersatzschulen und „nicht geförderten" Ersatzschulen eines plausiblen und überzeugenden Differenzierungsgrundes. Für die Nichtberücksichtigung von Berufsschulen in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG sei kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich. Die vom Beklagten geltend gemachten Gesichtspunkte könnten möglicherweise die Genehmigungsfähigkeit von Berufsschulen als Ersatzschulen in Zweifel ziehen, nicht aber die grundsätzliche Förderpflicht des Landes nach erfolgter wirksamer Genehmigung einer privaten Berufsschule als Ersatzschule. Nur diese ergänzende Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG werde auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht. Ob die sonstigen Voraussetzungen, die § 17 PSchG für eine Förderung aufstelle, vorlägen, sei vom beklagten Land bei der Neubescheidung ebenfalls zu prüfen.
Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat abgelehnt, weil diese die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO versäumt hatte.
Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 25.06.2013 (9 S 893/12) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Der Beklagte hat die Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Er trägt im Wesentlichen vor:
Im Hinblick auf die Art und Weise der durch Art. 7 Abs. Abs. 4 GG gebotenen Sicherstellung der Existenzfähigkeit des Ersatzschulwesens habe der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Von Anbeginn der Privatschulgesetzgebung im Baden-Württemberg im Jahre 1955 bis heute sei - trotz zahlreicher Gesetzesänderungen - die Schulart „Berufsschule“ nicht bei den zuschussfähigen Ersatzschulen aufgeführt und es sei auch keine Zuschussregelung getroffen worden. Insoweit müsse von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers ausgegangen werden. Hierfür sprächen die Besonderheiten der Schulart „Berufsschule", bei der die Beschulung grundsätzlich in Teilzeitform ergänzend zur im Vordergrund stehenden (praktischen) Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz in einem Ausbildungsbetrieb erfolge (sog. „duale Berufsausbildung"). Die Ausbildung an der Berufsschule müsse sich demzufolge an den Anforderungen von ca. 350 Ausbildungsberufen orientieren und erfolge spezialisiert in sog. Fachklassen. Außerdem sei die Berufsschule, insbesondere um möglichst eine Nähe zum Ausbildungsbetrieb zu erreichen, eine Pflichtschule (§ 77 SchG) mit festem Schulbezirk (§ 79 Abs. 1 SchG). Aus diesem Grund sei das Land darauf bedacht, in enger Abstimmung mit den Betrieben, ggf. auch Wirtschafts- und Fachverbänden sowie den zuständigen Stellen (Kammern) eine möglichst wohn- bzw. betriebsortnahe Beschulung zu gewährleisten. Die Einrichtung einer Privatschule habe also ggf. unmittelbare Auswirkungen auf bisher bestehende Standorte und Schüler an öffentlichen Berufsschulen und könne die notwendigen Planungen in erheblichem Maße beeinträchtigen. Weiterhin sei zu bedenken, dass u. U. auf Grund der Entfernung die Berufsschulklassen von den Schülern nicht mehr zum Unterrichtsbeginn angefahren werden könnten, so dass weitere Klassen mit Blockbeschulung und Internatsunterbringung erforderlich seien, die als Ausbildungshemmnis gälten. Ein Verlust an Ausbildungsplätzen sei nicht auszuschließen, außerdem entstünden den Schülern Internatskosten als zusätzliche Kosten. Schließlich richte sich die Schulart Berufsschule nicht lediglich nach landesrechtlichen Regelungen, sondern müsse die Regelungen des (bundesrechtlichen) Berufsbildungsgesetzes berücksichtigen, was z. B. zu einer gemeinsamen Prüfungsdurchführung mit den „zuständigen Stellen" nach dem Berufsbildungsgesetz (Kammern) führe. Wegen der dargelegten Auswirkungen von Privatschulgründungen auf die Planungssicherheit und auf andere am Berufsschulunterricht Beteiligte (z. B. - potentielle - Ausbildungsbetriebe u. Auszubildende) und letztlich auch möglicher gesamtwirtschaftlicher bzw. -gesellschaftlicher Auswirkungen könne eine Förderung einer Berufsschule im Sinne der Rechtsprechung „von der Gesellschaft (vernünftigerweise nicht) erwartet werden" .
Der Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. März 2012 - 11 K 5307/10 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
11 
Die Klägerin beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und bringt vor:
14 
Das Verwaltungsgericht habe den Aspekt unberücksichtigt gelassen, dass jeglicher Differenzierungsgrund an der Verfassungsgarantie des Art. 7 Abs. 4 GG in der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts zu messen sei. Aus Art. 7 Abs. 4 GG ergäben sich durchgreifende Schranken für die vorliegende Verweigerung der staatlichen Förderung. Zur Gewährleistung des Betriebs der von ihm selbst genehmigten Ersatzschule müsse der Beklagte dieser staatliche Förderung zuteil werden lassen. Aufgrund des hohen Kostenniveaus beim Betrieb von Ersatzschulen verlange dies die sozialstaatliche Einstandspflicht des beklagten Landes. Dem entgegenstehende Gesichtspunkte seien weder von dem Beklagten vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Da die in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG enthaltene Lücke der Grundrechtsgewährleistung in Art. 7 Abs. 4 GG nicht Stand halten könne, komme es nicht darauf an, ob der Landesgesetzgeber bewusst oder unbewusst keine Zuschussregelung für staatlich als Ersatzschulen genehmigte Berufsschulen getroffen habe. Unbeschadet dessen könne von einer bewussten Entscheidung keine Rede sein, weil sich der Landesgesetzgeber mit dieser Thematik bislang überhaupt nicht befasst habe.
15 
Die Notwendigkeit einer verfassungskonformen ergänzenden Auslegung des § 17 Abs. 1 S. 1 PSchG werde nicht etwa deswegen entbehrlich, weil sich das Bundesverfassungsgericht wiederholt dafür ausgesprochen habe, dass Art. 7 Abs. 4 GG erst dann durch die Untätigkeit des (Landes-)Gesetzgebers verletzt sei, wenn das Ersatzschulwesen insgesamt als Institution evident gefährdet sei. Ungeachtet dessen Gestaltungsfreiheit verstoße es gegen Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Landesgesetzgeber als Ersatzschulen genehmigte Berufsschulen aus dem Kreis der förderungswürdigen Privatschulen weiterhin ausschließe. Insoweit könne sie sich darauf berufen, dass dann, wenn sich der Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht aus Art. 7 Abs. 4 GG dazu entschließe, die Ersatzschulen durch finanzielle Zuwendungen zu fördern, alle Ersatzschulen nach Maßgabe des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigt werden müssten. Mit der (positiven) Entscheidung über die Genehmigung der streitgegenständlichen Ersatzschule sei zugleich eine Entscheidung darüber getroffen worden, der in Rede stehenden Berufsschule mit staatlicher Unterstützung die dauerhafte Existenzfähigkeit zu ermöglichen.
16 
Die von dem Beklagten in der Berufungsbegründung aufgezählten „Besonderheiten" hielten einer Überprüfung an den vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht Stand. Zudem handele es sich um sachfremde Überlegungen: Eine dual orientierte Ausbildung, die eine enge Verzahnung von schulischen und praktischen Elementen vorsehe, gebe es auch für die Ausbildung zum/r Erzieher/in, zum/zur Arbeitserzieher/in und zum/zur Heilerziehungspfleger/in. Alle drei Berufe könnten sowohl in Vollzeit- als auch in Teilzeitform erlernt werden. Entsprechende Schulen gehörten aber zu den förderungsfähigen Ersatzschulen gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 PSchG.
17 
Soweit der Beklagte Beeinträchtigungen der Planung der staatlichen Berufsschulverwaltung befürchte, laufe dies darauf hinaus, dass ihre genehmigte Ersatzschule als Störfaktor gesehen werde. Das Instrument der staatlichen Finanzhilfe dürfe aber nicht dazu missbraucht werden, sich lästige Konkurrenz vom Hals zu schaffen. Der Planungsaufwand für die staatliche Schulaufsicht erhöhe sich nur wegen des Trends, dass in Ausbildungsberufen mit einer geringeren Zahl an Auszubildenden der Berufsschulunterricht nur punktuell an einzelnen Standorten von staatlichen Berufsschulen und nicht flächendeckend angeboten werde, aber keineswegs wegen einer einzelnen privaten Berufsschule.
18 
Letztlich richte sich das Argument des Beklagten nicht gegen die staatliche Förderung ihrer Berufsschule, sondern gegen deren bloße Existenz. Mit anderen Worten trage der Beklagte vor, dass die Planung des staatlichen Berufsschulwesens solange erschwert werde wie ihre Berufsschule (noch) existiere.
19 
Dem Senat lagen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums sowie die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 11 K 5307/10 - vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Gegenstand der Berufung ist allein das Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf erneute Bescheidung ihres Antrags auf Gewährung einer Finanzhilfe unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides. Nur insoweit hat der Senat die Berufung auf den Antrag des Beklagten zugelassen. Soweit das Verwaltungsgericht das in erster Instanz geltend gemachte Auskunfts- und Leistungsbegehren abgewiesen hat, ist das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden, nachdem der Senat den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.11.2007 - 4 B 30/07 -, juris; Meyer-Ladewig/Rudisile, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 127 Rn. 7c).
21 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2010 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Klägerin neu zu bescheiden. Denn diese hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Förderung nach dem Privatschulgesetz gegen das beklagte Land. Sie kann deshalb die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags verlangen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der ablehnende Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
22 
Das von der Klägerin verfolgte Begehren ist als Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
23 
Die Klage ist auch begründet. Denn die Klägerin kann dem Grunde nach für ihre private Berufsschule für die Ausbildungsberufe „Verkäufer(in)“ und „Kaufleute im Einzelhandel“ in H. vom Beklagten Zuschüsse verlangen.
24 
1. Der Anspruch folgt allerdings nicht aus Art. 7 Abs. 4 GG.
25 
Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Freiheitsrecht, nach Satz 1 private Schulen zu errichten und sie gemäß Satz 2 in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 vorbehaltlich staatlicher Genehmigung nach Maßgabe der Landesgesetze als Ersatz für öffentliche Schulen zu betreiben. Mit der Gründungsfreiheit und dem Recht, private Schulen nach den Erziehungszielen und dem darauf ausgerichteten Unterrichtsprogramm des jeweiligen Schulträgers zu betreiben, garantiert Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugleich die Privatschule als Institution. Diese Gewährleistung sichert der Institution Privatschule verfassungskräftig ihren Bestand und eine ihrer Eigenart entsprechende Verwirklichung. Die Privatschule wird damit als eine für das Gemeinwesen notwendige Einrichtung anerkannt und als solche mit ihren typusbestimmenden Merkmalen unter den Schutz des Staates gestellt. Wahrgenommen wird dieser Schutz durch die für die Schulgesetzgebung ausschließlich zuständigen Länder, die nach Art. 7 Abs. 4 GG verpflichtet sind, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74, m.w.N.; Senatsurteil vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, juris).
26 
Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG folgt kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe, gar noch in bestimmter Höhe. Die konkrete Ausgestaltung der Förderpflicht obliegt dem Landesgesetzgeber, dem insoweit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt. Demgemäß wird der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers durch das Gesetz bestimmt. Sein grundrechtlicher Schutzanspruch ist nur darauf gerichtet, dass der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderpflicht zu Gunsten des Ersatzschulwesens als Institution gesetzt sind. Der gerichtliche Rechtsschutz bezieht sich unter diesen Umständen auf die Prüfung einer Untätigkeit, einer groben Vernachlässigung und eines ersatzlosen Abbaus getroffener Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682 und 712/88 -, BVerfGE 90, 107, 117; BVerwG, Urteil vom 21.12.2011 - 6 C 18.10 -, juris; Senatsurteile vom 11.04.2013, a.a.O., und vom 12.01.2000 - 9 S 317/98 -, juris).
27 
2. Ein Förderanspruch ergibt sich dem Grunde nach aber aus § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG.
28 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG erhalten die als Ersatzschulen genehmigten Grundschulen, Hauptschulen, Werkrealschulen, Gemeinschaftsschulen, Realschulen, Gymnasien, Sonderschulen, Berufsfachschulen, Berufskollegs, Fachschulen, Freien Waldorfschulen (Einheitliche Volks- und Höhere Schulen), Abendrealschulen, Abendgymnasien, Kollegs, Schulen für Haus- und Familienpflege, Schulen für Erzieher (Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung), Schulen für Heilerziehungspflege, Schulen für Arbeitserziehung, Schulen für Heilerziehungshilfe und Schulen für Heilpädagogik auf Antrag Zuschüsse des Landes. Dem Träger der jeweiligen Schule wird hier dem Grunde nach ein Förderanspruch eingeräumt. Während die Gesetzgeber anderer Bundesländer den Kreis der Anspruchsberechtigten mittels pauschaler Wendungen bestimmen (vgl. z.B. § 124 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg, Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.08.2002, GVBl. S. 78, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2014, GVBl. S. 2: „Träger von Ersatzschulen, die auf gemeinnütziger Grundlage arbeiten, …“; § 101 Abs. 1 des Schulgesetzes für das Land Berlin, Schulgesetz - SchulG - vom 26.01. 2004, GVBl. 2004, S. 26, in der Fassung des Gesetzes vom 26.03.2014, GVBl. S. 78: „Träger von genehmigten Ersatzschulen…“), sieht der Wortlaut der Bestimmung keine allgemeine Förderung sämtlicher als Ersatzschulen genehmigten (beruflichen) Schulen vor. Vielmehr werden aus der Gruppe der Schularten, die den beruflichen Schulen zuzurechnen sind, lediglich einzelne benannt, wie etwa die Berufsfachschulen, die Berufskollegs und die Fachschulen. Die gegenständliche Schulart Berufsschule wird vom Wortlaut der Bestimmung nicht erfasst.
29 
Dieser Umstand steht einem Erfolg der Klage indes nicht entgegen. Die vom Beklagten allein unter Berufung auf den Wortlaut vertretene Interpretation, wonach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG den Kreis der Zuschussempfänger - unter Ausschluss der Schulart Berufsschule - auf die dort aufgeführten Arten beruflicher Schulen beschränkt, hält verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht stand (a). Gleichwohl lässt sich eine Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht feststellen. Denn sie lässt eine verfassungskonforme, private Berufsschulen einschließende Auslegung zu (b).
30 
a) Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet das private Ersatzschulwesen in seiner Vielfalt. Dem trägt die gesetzliche Regelung über die staatliche Finanzhilfe in §§ 17ff. PSchG im Grundsatz Rechnung, indem sie nach verschiedenen Schularten und Schulformen differenziert. Eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 GG könnte daher nicht schon dann verneint werden, wenn auch nur eine einzige Schulart hinreichend gefördert würde; denn dann könnte das private Ersatzschulwesen gleichwohl jedenfalls in seiner Vielfalt bedroht sein. Vielmehr gebietet Art. 7 Abs. 4 GG die zureichende Förderung einer jeglichen Schulart und Schulform und grundsätzlich auch die eines jeglichen Schultyps. Die Grenzen der Förderpflicht werden insofern durch den Begriff der Ersatzschule gezogen, den der Landesgesetzgeber mittelbar beeinflussen kann: In demselben Maße, in dem das Land sein öffentliches Schulwesen ausbaut und differenziert, eröffnet es der privaten Initiative das Feld zur Errichtung privater Ersatzschulen, die das Land wiederum in seine Förderung einbeziehen muss (vgl. Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; BVerfG, Beschlüsse vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195, 201 ff., und vom 09.03.1994 - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128, 139; BVerwG, Urteil vom 28.05.1997 - 6 C 1.96 -, BVerwGE 105, 20). Wenn das Land - wie in §§ 17 ff. PSchG - seine Privatschulfinanzierung an den vergleichbaren öffentlichen Schulen orientiert, muss es demnach das öffentliche Schulwesen in seiner Vielfalt nachzeichnen (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; Rennert, DVBl. 2001, 515).
31 
Daraus folgt, dass ein Ausschluss der privaten Berufsschule von der staatlichen Förderung, wie er vom Beklagten unter Berufung auf den Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG reklamiert wird, mit Art. 7 Abs. 4 GG nicht vereinbar wäre. Denn auch die private Berufsschule soll nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine im Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen (zu dieser Definition vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969, a.a.O.). Nach § 3 Abs. 1 PSchG ist eine Schule in freier Trägerschaft Ersatzschule, wenn im Lande entsprechende öffentliche Schulen bestehen. Die Schulart Berufsschule ist im Land Baden-Württemberg in der in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG normierten Aufzählung der öffentlichen Schularten enthalten und wird in § 10 SchG näher beschrieben. Mithin ist auch die private Berufsschule der Klägerin Ersatzschule im Sinne des Art. 7 Abs. 4 GG und genießt den uneingeschränkten Schutz dieses Grundrechts. Dass dieses eine Differenzierung etwa zwischen beruflichen und allgemeinbildenden Schulen zuließe, ist nicht erkennbar (vgl. schon Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1982, S. 454 f.; Geiger, RWS 1961, 113, 116). Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben sind die vom Beklagten ins Feld geführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule bereits von Verfassungs wegen nicht geeignet, den grundsätzlichen Förderanspruch in Zweifel zu ziehen.
32 
Unabhängig davon unterliegt der Landesgesetzgeber bei der Förderung unterschiedlicher Schularten auch den Bindungen des Gleichheitssatzes (BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40; vgl. auch die Mitteilung des Ministeriums für Kultus und Sport zur Novellierung des Privatschulgesetzes vom 16.10.1989, LT-Drs 10/2339, S. 10). Dies hat der Senat etwa für die Fragen entschieden, in welchem Maße das Land bei seiner Förderung Privatschulen unterschiedlicher Schularten und Schultypen nach einheitlichen Grundsätzen fördern darf oder ob zwischen Privatschulen verschiedener Schulart gleichwohl so erhebliche Gemeinsamkeiten bestehen, dass dem Land eine unterschiedliche Förderung verboten ist (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.). Auch die Benachteiligung von als Ersatzschulen genehmigten privaten Berufsschulen durch eine Vorenthaltung jeglicher finanzieller Förderung bedürfte mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG eines aus der Sache heraus einleuchtenden Grundes. Ein solcher ist nicht ersichtlich. Die vom Beklagten angeführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule (u.a. Beschulung grundsätzlich in Teilzeitform ergänzend zur im Vordergrund stehenden praktischen Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz in einem Ausbildungsbetrieb ; Orientierung an den Anforderungen von ca. 350 Ausbildungsberufen; Bindung an die die Regelungen des bundesrechtlichen Berufsbildungsgesetzes; Rücksichtnahme auf „schulfremde" Stellen und Institutionen) sind nicht geeignet, das Unterlassen jeglicher finanzieller Förderung zu rechtfertigen. Dies gilt auch, soweit der Beklagte unmittelbare Auswirkungen auf bisher bestehende Standorte und Schüler an öffentlichen Berufsschulen und erhebliche Beeinträchtigungen der notwendigen Planungen der Schulaufsicht befürchtet. Denn sämtliche dieser „Besonderheiten“ sind bereits kausale Folge der Existenz und des Betriebs privater Berufsschulen. Nachdem die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen privaten Berufsschule allerdings mit Bescheid vom 06.08.2010 genehmigt wurde, können diese Gründe dem Begehren der Klägerin nach staatlicher Förderung nicht entgegengehalten werden. Ob bzw. inwieweit die vom Beklagten geltend gemachten Gesichtspunkte dem Genehmigungsbegehren des Trägers einer privaten Berufsschule ggf. nach einer Gesetzesänderung verfassungsrechtlich bedenkenfrei entgegengesetzt werden könnten, bedarf keiner Entscheidung (vgl. in diesem Zusammenhang OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.12.2006 - 2 L 158/05 -, juris, mit dem Hinweis darauf, dass eine Beschränkung des Art. 7 Abs. 4 GG lediglich in Konkretisierung dessen grundrechtsimmanenter Schranken erfolgen kann).
33 
b) Es liegen deutliche Hinweise dafür vor, dass Sinn und Zweck der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG und der gesetzgeberische Wille in ihrem Wortlaut unzureichend Ausdruck gefunden haben (zu den Voraussetzungen der verfassungskonformen Auslegung vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.01.1998 - 1 BvL 22/93 -, BVerfGE 97, 186; vgl. auch Beschlüsse vom 19.06.1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 -, BVerfGE 35, 263, 278 f., und vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 -, BVerfGE 88, 145, 166 f.). Eine an der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Norm orientierte Auslegung ergibt, dass der Landesgesetzgeber nicht nur die explizit aufgeführten, sondern sämtliche bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten beruflichen Schulen in den Kreis der Begünstigten einbeziehen wollte.
34 
Den Materialien zur Privatschulgesetzgebung in Baden-Württemberg, die durch zahlreiche Gesetzesänderungen geprägt war, lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Landesgesetzgeber die Schulart „Berufsschule“ aus dem Kreis der förderwürdigen genehmigten Ersatzschulen bewusst ausnehmen wollte. Im Gegenteil deutet alles darauf hin, dass die jeweils am Gesetzgebungsprozess Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, dass der Förderanspruch in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG dem Grunde nach sämtlichen als Ersatzschulen genehmigten berufsbildenden Schulen und damit auch privaten Berufsschulen zusteht.
35 
Belegt wird dies bereits durch die in den zahlreichen Gesetzgebungsverfahren verwandte Terminologie. Soweit ersichtlich wurden die Adressaten der Förderung, denen dem Grunde nach ein Zuschussanspruch zustehen sollte, in den Materialien durchgängig mit dem Sammelbegriff der „beruflichen Ersatzschulen“ bzw. der „beruflichen Schulen“ bezeichnet. Den Beratungen zur Neufassung des Privatschulgesetzes mit Gesetz vom 19.07.1979 (GBl. S. 314) lag die Vorstellung zugrunde, nunmehr auch die „beruflichen Privatschulen“ in die Förderregelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG aufzunehmen und dadurch die bisherige Schlechterstellung gegenüber den allgemeinbildenden Privatschulen zu beenden bzw. zu mindern (vgl. Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, LT-Drs. 7/4788, S. 1, 8; Bericht über die Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses, LT-Drs. 7/5777, S. 18, 23, 26 f.). Eine wichtige Änderung brachte das am 01.01.1990 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 08.01.1990 (GBl. S. 13). Zugrunde lag eine Überprüfung der bisherigen Regelungen am Maßstab des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.1987 (a.a.O.). Nunmehr bestand Klarheit darüber, dass das Land mit der Förderung seine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Existenzsicherung des privaten Ersatzschulwesens aus Art. 7 Abs. 4 GG erfüllt (vgl. die Mitteilung des Ministerium für Kultus und Sport vom 16.10.1989, LT-Drs. 10/2339, S. 7). Vor diesem Hintergrund wurde auch deutlich gemacht, dass es - unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG - verfassungsrechtlich geboten sei, sämtlichen privaten Ersatzschulen in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG einen vollen Rechtsanspruch auf Bezuschussung einzuräumen, und nicht lediglich einen Anspruch nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans in § 17 Abs. 4 PSchG (LT-Drs. 10/2339, S. 10). Ferner wurde festgestellt, dass bezogen auf das zu gewährleistende Existenzminimum „die privaten beruflichen Schulen“ „noch nicht die günstigen Zuschusssätze wie die anderen Schularten erreicht haben“ und deshalb eine Erhöhung erfolgen solle (vgl. LT-Drs. 10/2339, S. 7, 8). Aus verfassungsrechtlichen Gründen sollte schließlich auch die staatliche Anerkennung als besondere Fördervoraussetzung entfallen (LT-Drs. 10/2339, S. 11). Den Materialien zur Gesetzesnovelle im Jahre 2010 (Gesetz vom 29.07.2010, GBl. S. 526) lassen sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG vorgesehene Förderanspruch nicht allen bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten privaten beruflichen Schulen zukommen sollte (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung LT-Drs. 14/6565, S. 1 ff.). Auch der Gesetzentwurf zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 07.10.2014 beschreibt den Zweck dieser Novelle ohne Einschränkung dahingehend, dass sie die „finanzielle Ausstattung der Ersatzschulen über das verfassungsrechtliche Existenzminimum hinaus“ absichert (LT-Drs. 15/5839, S. 2). Nicht zuletzt fällt auf, dass selbst in den dem Landtag unterbreiteten statistischen Unterlagen enthaltene Daten tendenziell für die berufsbildenden Schulen insgesamt und nicht für einzelne Schularten erhoben worden sind (vgl. LT-Drs. 15/5251, S. 4 ff.; 14/6565, S. 2; 11/6593, S. 16; 10/2339, S. 6, 13 f., 18).
36 
Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass der Grund für die auf bestimmte Schularten beschränkte Formulierung des Tatbestands des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG darin lag, dass der Gesetzgeber, der im Übrigen immer auch in Kontakt mit den Privatschulverbänden stand, eine am jeweiligen Privatschulbestand orientierte Betrachtungsweise anstellte. Er sah nur insoweit einen Normierungsbedarf, weil als berufliche Ersatzschulen von Privatschulträgern in der Praxis lange Zeit lediglich bestimmte Schularten wie die „Berufsfachschule“, das „Berufskolleg“ und die „Fachschule“ betrieben worden waren, nicht aber die Schulart „Berufsschule“ (vgl. zu dieser Betrachtungsweise auch die Stellungnahme des Ministeriums für Kultus und Sport vom 26.06.1979, LT-Drs. 7/5960, S. 1 f.). Dem entspricht es, dass von der Klägerin unwidersprochen vorgetragen worden ist, von Beginn der Privatschulförderung im Jahre 1955 an bis zur Genehmigung der gegenständlichen Schule im Jahre 2010 habe es in Baden-Württemberg überhaupt keine private Berufsschule gegeben.
37 
Danach hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Gründung bzw. Existenz privater Berufsschulen bei seiner Fördergesetzgebung nicht hinreichend bedacht. Von einer einer bewussten legislativen Entscheidung, privaten Berufsschulen dem Grunde nach eine Förderung vorzuenthalten, kann nicht die Rede sein. Angesichts der vorliegenden Gesetzgebungsmaterialien und des darin zum Ausdruck kommenden, an die verfassungsrechtlichen Vorgaben anknüpfenden Normzwecks bestehen keine Zweifel daran, dass der Landesgesetzgeber mit der Einräumung des in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG normierten Förderanspruchs die ihm durch Art. 7 Abs. 4 GG auferlegte Pflicht zur Existenzsicherung der privaten Ersatzschulen erfüllen und diesen dem Grunde nach auf die bestehenden privaten berufsbildenden Schulen erstrecken wollte.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
39 
Beschluss vom 11. Februar 2015
40 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).
41 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
20 
Gegenstand der Berufung ist allein das Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf erneute Bescheidung ihres Antrags auf Gewährung einer Finanzhilfe unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides. Nur insoweit hat der Senat die Berufung auf den Antrag des Beklagten zugelassen. Soweit das Verwaltungsgericht das in erster Instanz geltend gemachte Auskunfts- und Leistungsbegehren abgewiesen hat, ist das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden, nachdem der Senat den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.11.2007 - 4 B 30/07 -, juris; Meyer-Ladewig/Rudisile, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 127 Rn. 7c).
21 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2010 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Klägerin neu zu bescheiden. Denn diese hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Förderung nach dem Privatschulgesetz gegen das beklagte Land. Sie kann deshalb die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags verlangen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der ablehnende Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
22 
Das von der Klägerin verfolgte Begehren ist als Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
23 
Die Klage ist auch begründet. Denn die Klägerin kann dem Grunde nach für ihre private Berufsschule für die Ausbildungsberufe „Verkäufer(in)“ und „Kaufleute im Einzelhandel“ in H. vom Beklagten Zuschüsse verlangen.
24 
1. Der Anspruch folgt allerdings nicht aus Art. 7 Abs. 4 GG.
25 
Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Freiheitsrecht, nach Satz 1 private Schulen zu errichten und sie gemäß Satz 2 in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 vorbehaltlich staatlicher Genehmigung nach Maßgabe der Landesgesetze als Ersatz für öffentliche Schulen zu betreiben. Mit der Gründungsfreiheit und dem Recht, private Schulen nach den Erziehungszielen und dem darauf ausgerichteten Unterrichtsprogramm des jeweiligen Schulträgers zu betreiben, garantiert Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugleich die Privatschule als Institution. Diese Gewährleistung sichert der Institution Privatschule verfassungskräftig ihren Bestand und eine ihrer Eigenart entsprechende Verwirklichung. Die Privatschule wird damit als eine für das Gemeinwesen notwendige Einrichtung anerkannt und als solche mit ihren typusbestimmenden Merkmalen unter den Schutz des Staates gestellt. Wahrgenommen wird dieser Schutz durch die für die Schulgesetzgebung ausschließlich zuständigen Länder, die nach Art. 7 Abs. 4 GG verpflichtet sind, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74, m.w.N.; Senatsurteil vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, juris).
26 
Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG folgt kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe, gar noch in bestimmter Höhe. Die konkrete Ausgestaltung der Förderpflicht obliegt dem Landesgesetzgeber, dem insoweit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt. Demgemäß wird der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers durch das Gesetz bestimmt. Sein grundrechtlicher Schutzanspruch ist nur darauf gerichtet, dass der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderpflicht zu Gunsten des Ersatzschulwesens als Institution gesetzt sind. Der gerichtliche Rechtsschutz bezieht sich unter diesen Umständen auf die Prüfung einer Untätigkeit, einer groben Vernachlässigung und eines ersatzlosen Abbaus getroffener Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 1 BvR 682 und 712/88 -, BVerfGE 90, 107, 117; BVerwG, Urteil vom 21.12.2011 - 6 C 18.10 -, juris; Senatsurteile vom 11.04.2013, a.a.O., und vom 12.01.2000 - 9 S 317/98 -, juris).
27 
2. Ein Förderanspruch ergibt sich dem Grunde nach aber aus § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG.
28 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG erhalten die als Ersatzschulen genehmigten Grundschulen, Hauptschulen, Werkrealschulen, Gemeinschaftsschulen, Realschulen, Gymnasien, Sonderschulen, Berufsfachschulen, Berufskollegs, Fachschulen, Freien Waldorfschulen (Einheitliche Volks- und Höhere Schulen), Abendrealschulen, Abendgymnasien, Kollegs, Schulen für Haus- und Familienpflege, Schulen für Erzieher (Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung), Schulen für Heilerziehungspflege, Schulen für Arbeitserziehung, Schulen für Heilerziehungshilfe und Schulen für Heilpädagogik auf Antrag Zuschüsse des Landes. Dem Träger der jeweiligen Schule wird hier dem Grunde nach ein Förderanspruch eingeräumt. Während die Gesetzgeber anderer Bundesländer den Kreis der Anspruchsberechtigten mittels pauschaler Wendungen bestimmen (vgl. z.B. § 124 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg, Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.08.2002, GVBl. S. 78, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2014, GVBl. S. 2: „Träger von Ersatzschulen, die auf gemeinnütziger Grundlage arbeiten, …“; § 101 Abs. 1 des Schulgesetzes für das Land Berlin, Schulgesetz - SchulG - vom 26.01. 2004, GVBl. 2004, S. 26, in der Fassung des Gesetzes vom 26.03.2014, GVBl. S. 78: „Träger von genehmigten Ersatzschulen…“), sieht der Wortlaut der Bestimmung keine allgemeine Förderung sämtlicher als Ersatzschulen genehmigten (beruflichen) Schulen vor. Vielmehr werden aus der Gruppe der Schularten, die den beruflichen Schulen zuzurechnen sind, lediglich einzelne benannt, wie etwa die Berufsfachschulen, die Berufskollegs und die Fachschulen. Die gegenständliche Schulart Berufsschule wird vom Wortlaut der Bestimmung nicht erfasst.
29 
Dieser Umstand steht einem Erfolg der Klage indes nicht entgegen. Die vom Beklagten allein unter Berufung auf den Wortlaut vertretene Interpretation, wonach § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG den Kreis der Zuschussempfänger - unter Ausschluss der Schulart Berufsschule - auf die dort aufgeführten Arten beruflicher Schulen beschränkt, hält verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht stand (a). Gleichwohl lässt sich eine Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht feststellen. Denn sie lässt eine verfassungskonforme, private Berufsschulen einschließende Auslegung zu (b).
30 
a) Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet das private Ersatzschulwesen in seiner Vielfalt. Dem trägt die gesetzliche Regelung über die staatliche Finanzhilfe in §§ 17ff. PSchG im Grundsatz Rechnung, indem sie nach verschiedenen Schularten und Schulformen differenziert. Eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 GG könnte daher nicht schon dann verneint werden, wenn auch nur eine einzige Schulart hinreichend gefördert würde; denn dann könnte das private Ersatzschulwesen gleichwohl jedenfalls in seiner Vielfalt bedroht sein. Vielmehr gebietet Art. 7 Abs. 4 GG die zureichende Förderung einer jeglichen Schulart und Schulform und grundsätzlich auch die eines jeglichen Schultyps. Die Grenzen der Förderpflicht werden insofern durch den Begriff der Ersatzschule gezogen, den der Landesgesetzgeber mittelbar beeinflussen kann: In demselben Maße, in dem das Land sein öffentliches Schulwesen ausbaut und differenziert, eröffnet es der privaten Initiative das Feld zur Errichtung privater Ersatzschulen, die das Land wiederum in seine Förderung einbeziehen muss (vgl. Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; BVerfG, Beschlüsse vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195, 201 ff., und vom 09.03.1994 - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128, 139; BVerwG, Urteil vom 28.05.1997 - 6 C 1.96 -, BVerwGE 105, 20). Wenn das Land - wie in §§ 17 ff. PSchG - seine Privatschulfinanzierung an den vergleichbaren öffentlichen Schulen orientiert, muss es demnach das öffentliche Schulwesen in seiner Vielfalt nachzeichnen (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.; Rennert, DVBl. 2001, 515).
31 
Daraus folgt, dass ein Ausschluss der privaten Berufsschule von der staatlichen Förderung, wie er vom Beklagten unter Berufung auf den Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG reklamiert wird, mit Art. 7 Abs. 4 GG nicht vereinbar wäre. Denn auch die private Berufsschule soll nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine im Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen (zu dieser Definition vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969, a.a.O.). Nach § 3 Abs. 1 PSchG ist eine Schule in freier Trägerschaft Ersatzschule, wenn im Lande entsprechende öffentliche Schulen bestehen. Die Schulart Berufsschule ist im Land Baden-Württemberg in der in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG normierten Aufzählung der öffentlichen Schularten enthalten und wird in § 10 SchG näher beschrieben. Mithin ist auch die private Berufsschule der Klägerin Ersatzschule im Sinne des Art. 7 Abs. 4 GG und genießt den uneingeschränkten Schutz dieses Grundrechts. Dass dieses eine Differenzierung etwa zwischen beruflichen und allgemeinbildenden Schulen zuließe, ist nicht erkennbar (vgl. schon Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1982, S. 454 f.; Geiger, RWS 1961, 113, 116). Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben sind die vom Beklagten ins Feld geführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule bereits von Verfassungs wegen nicht geeignet, den grundsätzlichen Förderanspruch in Zweifel zu ziehen.
32 
Unabhängig davon unterliegt der Landesgesetzgeber bei der Förderung unterschiedlicher Schularten auch den Bindungen des Gleichheitssatzes (BVerfG, Urteil vom 08.04.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40; vgl. auch die Mitteilung des Ministeriums für Kultus und Sport zur Novellierung des Privatschulgesetzes vom 16.10.1989, LT-Drs 10/2339, S. 10). Dies hat der Senat etwa für die Fragen entschieden, in welchem Maße das Land bei seiner Förderung Privatschulen unterschiedlicher Schularten und Schultypen nach einheitlichen Grundsätzen fördern darf oder ob zwischen Privatschulen verschiedener Schulart gleichwohl so erhebliche Gemeinsamkeiten bestehen, dass dem Land eine unterschiedliche Förderung verboten ist (Senatsurteil vom 12.01.2000, a.a.O.). Auch die Benachteiligung von als Ersatzschulen genehmigten privaten Berufsschulen durch eine Vorenthaltung jeglicher finanzieller Förderung bedürfte mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG eines aus der Sache heraus einleuchtenden Grundes. Ein solcher ist nicht ersichtlich. Die vom Beklagten angeführten Besonderheiten der Schulart Berufsschule (u.a. Beschulung grundsätzlich in Teilzeitform ergänzend zur im Vordergrund stehenden praktischen Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz in einem Ausbildungsbetrieb ; Orientierung an den Anforderungen von ca. 350 Ausbildungsberufen; Bindung an die die Regelungen des bundesrechtlichen Berufsbildungsgesetzes; Rücksichtnahme auf „schulfremde" Stellen und Institutionen) sind nicht geeignet, das Unterlassen jeglicher finanzieller Förderung zu rechtfertigen. Dies gilt auch, soweit der Beklagte unmittelbare Auswirkungen auf bisher bestehende Standorte und Schüler an öffentlichen Berufsschulen und erhebliche Beeinträchtigungen der notwendigen Planungen der Schulaufsicht befürchtet. Denn sämtliche dieser „Besonderheiten“ sind bereits kausale Folge der Existenz und des Betriebs privater Berufsschulen. Nachdem die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen privaten Berufsschule allerdings mit Bescheid vom 06.08.2010 genehmigt wurde, können diese Gründe dem Begehren der Klägerin nach staatlicher Förderung nicht entgegengehalten werden. Ob bzw. inwieweit die vom Beklagten geltend gemachten Gesichtspunkte dem Genehmigungsbegehren des Trägers einer privaten Berufsschule ggf. nach einer Gesetzesänderung verfassungsrechtlich bedenkenfrei entgegengesetzt werden könnten, bedarf keiner Entscheidung (vgl. in diesem Zusammenhang OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.12.2006 - 2 L 158/05 -, juris, mit dem Hinweis darauf, dass eine Beschränkung des Art. 7 Abs. 4 GG lediglich in Konkretisierung dessen grundrechtsimmanenter Schranken erfolgen kann).
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b) Es liegen deutliche Hinweise dafür vor, dass Sinn und Zweck der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG und der gesetzgeberische Wille in ihrem Wortlaut unzureichend Ausdruck gefunden haben (zu den Voraussetzungen der verfassungskonformen Auslegung vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.01.1998 - 1 BvL 22/93 -, BVerfGE 97, 186; vgl. auch Beschlüsse vom 19.06.1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 -, BVerfGE 35, 263, 278 f., und vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 -, BVerfGE 88, 145, 166 f.). Eine an der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Norm orientierte Auslegung ergibt, dass der Landesgesetzgeber nicht nur die explizit aufgeführten, sondern sämtliche bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten beruflichen Schulen in den Kreis der Begünstigten einbeziehen wollte.
34 
Den Materialien zur Privatschulgesetzgebung in Baden-Württemberg, die durch zahlreiche Gesetzesänderungen geprägt war, lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Landesgesetzgeber die Schulart „Berufsschule“ aus dem Kreis der förderwürdigen genehmigten Ersatzschulen bewusst ausnehmen wollte. Im Gegenteil deutet alles darauf hin, dass die jeweils am Gesetzgebungsprozess Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, dass der Förderanspruch in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG dem Grunde nach sämtlichen als Ersatzschulen genehmigten berufsbildenden Schulen und damit auch privaten Berufsschulen zusteht.
35 
Belegt wird dies bereits durch die in den zahlreichen Gesetzgebungsverfahren verwandte Terminologie. Soweit ersichtlich wurden die Adressaten der Förderung, denen dem Grunde nach ein Zuschussanspruch zustehen sollte, in den Materialien durchgängig mit dem Sammelbegriff der „beruflichen Ersatzschulen“ bzw. der „beruflichen Schulen“ bezeichnet. Den Beratungen zur Neufassung des Privatschulgesetzes mit Gesetz vom 19.07.1979 (GBl. S. 314) lag die Vorstellung zugrunde, nunmehr auch die „beruflichen Privatschulen“ in die Förderregelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG aufzunehmen und dadurch die bisherige Schlechterstellung gegenüber den allgemeinbildenden Privatschulen zu beenden bzw. zu mindern (vgl. Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, LT-Drs. 7/4788, S. 1, 8; Bericht über die Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses, LT-Drs. 7/5777, S. 18, 23, 26 f.). Eine wichtige Änderung brachte das am 01.01.1990 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 08.01.1990 (GBl. S. 13). Zugrunde lag eine Überprüfung der bisherigen Regelungen am Maßstab des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.1987 (a.a.O.). Nunmehr bestand Klarheit darüber, dass das Land mit der Förderung seine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Existenzsicherung des privaten Ersatzschulwesens aus Art. 7 Abs. 4 GG erfüllt (vgl. die Mitteilung des Ministerium für Kultus und Sport vom 16.10.1989, LT-Drs. 10/2339, S. 7). Vor diesem Hintergrund wurde auch deutlich gemacht, dass es - unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG - verfassungsrechtlich geboten sei, sämtlichen privaten Ersatzschulen in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG einen vollen Rechtsanspruch auf Bezuschussung einzuräumen, und nicht lediglich einen Anspruch nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans in § 17 Abs. 4 PSchG (LT-Drs. 10/2339, S. 10). Ferner wurde festgestellt, dass bezogen auf das zu gewährleistende Existenzminimum „die privaten beruflichen Schulen“ „noch nicht die günstigen Zuschusssätze wie die anderen Schularten erreicht haben“ und deshalb eine Erhöhung erfolgen solle (vgl. LT-Drs. 10/2339, S. 7, 8). Aus verfassungsrechtlichen Gründen sollte schließlich auch die staatliche Anerkennung als besondere Fördervoraussetzung entfallen (LT-Drs. 10/2339, S. 11). Den Materialien zur Gesetzesnovelle im Jahre 2010 (Gesetz vom 29.07.2010, GBl. S. 526) lassen sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG vorgesehene Förderanspruch nicht allen bestehenden und als Ersatzschulen genehmigten privaten beruflichen Schulen zukommen sollte (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung LT-Drs. 14/6565, S. 1 ff.). Auch der Gesetzentwurf zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 07.10.2014 beschreibt den Zweck dieser Novelle ohne Einschränkung dahingehend, dass sie die „finanzielle Ausstattung der Ersatzschulen über das verfassungsrechtliche Existenzminimum hinaus“ absichert (LT-Drs. 15/5839, S. 2). Nicht zuletzt fällt auf, dass selbst in den dem Landtag unterbreiteten statistischen Unterlagen enthaltene Daten tendenziell für die berufsbildenden Schulen insgesamt und nicht für einzelne Schularten erhoben worden sind (vgl. LT-Drs. 15/5251, S. 4 ff.; 14/6565, S. 2; 11/6593, S. 16; 10/2339, S. 6, 13 f., 18).
36 
Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass der Grund für die auf bestimmte Schularten beschränkte Formulierung des Tatbestands des § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG darin lag, dass der Gesetzgeber, der im Übrigen immer auch in Kontakt mit den Privatschulverbänden stand, eine am jeweiligen Privatschulbestand orientierte Betrachtungsweise anstellte. Er sah nur insoweit einen Normierungsbedarf, weil als berufliche Ersatzschulen von Privatschulträgern in der Praxis lange Zeit lediglich bestimmte Schularten wie die „Berufsfachschule“, das „Berufskolleg“ und die „Fachschule“ betrieben worden waren, nicht aber die Schulart „Berufsschule“ (vgl. zu dieser Betrachtungsweise auch die Stellungnahme des Ministeriums für Kultus und Sport vom 26.06.1979, LT-Drs. 7/5960, S. 1 f.). Dem entspricht es, dass von der Klägerin unwidersprochen vorgetragen worden ist, von Beginn der Privatschulförderung im Jahre 1955 an bis zur Genehmigung der gegenständlichen Schule im Jahre 2010 habe es in Baden-Württemberg überhaupt keine private Berufsschule gegeben.
37 
Danach hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Gründung bzw. Existenz privater Berufsschulen bei seiner Fördergesetzgebung nicht hinreichend bedacht. Von einer einer bewussten legislativen Entscheidung, privaten Berufsschulen dem Grunde nach eine Förderung vorzuenthalten, kann nicht die Rede sein. Angesichts der vorliegenden Gesetzgebungsmaterialien und des darin zum Ausdruck kommenden, an die verfassungsrechtlichen Vorgaben anknüpfenden Normzwecks bestehen keine Zweifel daran, dass der Landesgesetzgeber mit der Einräumung des in § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG normierten Förderanspruchs die ihm durch Art. 7 Abs. 4 GG auferlegte Pflicht zur Existenzsicherung der privaten Ersatzschulen erfüllen und diesen dem Grunde nach auf die bestehenden privaten berufsbildenden Schulen erstrecken wollte.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
39 
Beschluss vom 11. Februar 2015
40 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).
41 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. § 18b Absatz 3 Satz 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (Bundesgesetzblatt I Seite 936) ist in dieser und den nachfolgenden Fassungen mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er den großen Teilerlass der Rückforderung von Förderungsdarlehen davon abhängig macht, dass Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit Bestehen der Abschlussprüfung beenden, obwohl in dem betreffenden Studiengang die gesetzlich festgelegte Mindeststudienzeit weniger als vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer endet.

2. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 28. Juni 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 - in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Bundesverwaltungsamts vom 5. November 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Oktober 2004 - 25 K 10483/02 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juli 2007 - 4 A 4838/04 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Köln zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich zum einen dagegen, dass Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine geringere Förderungshöchstdauer Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) erhalten konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Zum anderen betrifft sie die Voraussetzungen für einen sogenannten "großen Teilerlass" der als Darlehen gewährten Ausbildungsförderung nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, die infolge der unterschiedlichen Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern anders als in den alten nicht zu erfüllen waren. Die Regelung wurde später mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2012 abgeschafft.

I.

2

1. Die bedürftigkeitsabhängige Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wird grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung geleistet. Bei Studiengängen, d.h. bei der Ausbildung an Hochschulen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG), wird die Förderung allerdings grundsätzlich begrenzt durch die normativ vorgegebene Förderungshöchstdauer (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die Studienförderung wird zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen erbracht, wobei die zurückzuzahlende Darlehenssumme für Ausbildungsabschnitte, die nach dem 28. Februar 2001 beginnen, auf 10.000 Euro begrenzt ist (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die erste Darlehensrate ist fünf Jahre nach dem Ende der Förderungshöchstdauer zu leisten (vgl. § 18 Abs. 3 Satz 3 BAföG).

3

2. § 18b BAföG sieht Möglichkeiten vor, das Darlehen bei erfolgreichem Studienabschluss teilweise zu erlassen. Neben einem leistungsabhängigen Teilerlass (vgl. § 18b Abs. 2 BAföG) kommt nach § 18b Abs. 3 BAföG ein studiendauerabhängiger Teilerlass bei Beendigung des Studiums vor Ablauf der Förderungshöchstdauer in Betracht. Das Gesetz unterscheidet hier zwischen einem großen (Satz 1) und einem kleinen Teilerlass (Satz 2).

4

a) In der hier maßgeblichen Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) lautet § 18b Abs. 3 BAföG:

5

§ 18b

6

Teilerlass des Darlehens

7

8

(3) Beendet der Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit dem Bestehen der Abschlußprüfung oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, nach den Ausbildungsvorschriften planmäßig, so werden auf seinen Antrag 5.000 DM des Darlehens erlassen. Beträgt der in Satz 1 genannte Zeitraum nur zwei Monate, werden 2.000 DM erlassen. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides nach § 18 Abs. 5a zu stellen.

...

9

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 sind durch das Gesetz zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung - Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) vom 19. März 2001 (BGBl I S. 390) an die Stelle der Beträge von 5.000 DM und 2.000 DM Beträge von 2.560 Euro und 1.025 Euro getreten. Durch das Dreiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG) vom 24. Oktober 2010 (BGBl I S. 1422) sind die Regelungen über den Darlehensteilerlass mit einer Übergangszeit für bereits im Studium stehende BAföG-Empfänger abgeschafft worden. Einen Teilerlass können nunmehr nur noch solche Auszubildenden erhalten, die ihre Abschlussprüfung bis zum 31. Dezember 2012 bestehen oder ihre Ausbildung bis zu diesem Zeitpunkt planmäßig beenden.

10

b) Der Teilerlass des Darlehens bei vorzeitiger Beendigung des Studiums ist seit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (2. BAföGÄndG) vom 31. Juli 1974 (BGBl I S. 1649) im Bundesausbildungsförderungsgesetz geregelt. Ursprünglich war ein Teilerlass von 2.000 DM für jedes Semester vorgesehen, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschloss. Nach der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs sollte damit ein Anreiz geschaffen werden, dass der Auszubildende seine Ausbildung in der Mindeststudienzeit, also vor Ablauf der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. BTDrucks 7/2098, S. 20 zu Nr. 16). Dies war möglich, weil die Förderungshöchstdauer damals die Mindeststudienzeit um ein bis zwei Semester überstieg, um mindestens ein Semester zur freieren Studiengestaltung bereitzustellen (siehe dazu unten 3. a). Bei einem Abschluss des Studiums innerhalb der Mindeststudienzeit wurde das Studium mithin in der Regel mindestens ein Semester vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beendet.

11

Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (6. BAföGÄndG) vom 16. Juli 1979 (BGBl I S. 1037) wurden die Möglichkeiten, einen Teilerlass des Darlehens zu erreichen, dahingehend erweitert, dass hierfür schon ein Abschluss der Ausbildung vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer genügte. Dadurch sollten ungerechtfertigte Härten vermieden werden, gleichzeitig aber ein Anreiz zur vorzeitigen Beendigung des Studiums erhalten bleiben (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23). Zur Milderung von Härten bei Verfehlung des Stichtags, insbesondere wegen nicht vom Auszubildenden zu vertretender Verzögerungen im Prüfungsablauf (vgl. BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b), führte das Elfte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (11. BAföGÄndG) vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 829) schließlich den kleinen Teilerlass ein, der auf einen Abschluss der Ausbildung zwei Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer abstellte.

12

3. a) Die Förderungshöchstdauer wurde zunächst in einer vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft beziehungsweise Bildung und Forschung erlassenen Rechtsverordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (FörderungshöchstdauerV) geregelt. In ihrer ursprünglichen Fassung vom 9. November 1972 (BGBl I S. 2076) setzte sie für die einzelnen Ausbildungs- und Studiengänge jeweils eine bestimmte Anzahl an vollen Semestern als Förderungshöchstdauer fest. Dabei orientierte sie sich an den landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, die damals noch überwiegend eine Mindestausbildungsdauer vorschrieben. Die Förderungshöchstdauer wurde dabei grundsätzlich so bemessen, dass dem Auszubildenden über die Mindestausbildungsdauer hinaus noch ein Semester zur Ablegung des Examens, soweit dies nach den Ausbildungsbestimmungen erforderlich war, und ein weiteres Semester zur freieren Studiengestaltung zur Verfügung stand (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5).

13

Als die landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen aufgrund der Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes (HRG) vom 26. Januar 1976 (BGBl I S. 185) dazu übergingen, anstelle von Mindeststudienzeiten Regelstudienzeiten festzusetzen, änderten sich seit Mitte der 1980er Jahre auch die Prinzipien der Bemessung der Förderungshöchstdauer. Die Förderungshöchstdauerverordnung glich zunächst bei neuen Studiengängen, nach und nach aber auch bei herkömmlichen Studiengängen die Förderungshöchstdauer an die Regelstudienzeit an (vgl. im Einzelnen hierzu BRDrucks 238/85, S. 9 f., BRDrucks 249/88, S. 11 f., BRDrucks 610/92, S. 22 und BRDrucks 236/94, S. 13).

14

Auch die durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (18. BAföGÄndG) vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 1006) mit Wirkung zum 1. August 1996 eingeführte bundesgesetzliche Regelung der Förderungshöchstdauer in § 15a BAföG orientierte sich nach der Begründung des Gesetzentwurfs an den Regelstudienzeiten (vgl. BRDrucks 886/95, S. 35). Seit dem 1. April 2001 (Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetzes , vgl. oben 2. a) ordnet § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG ausdrücklich an, dass die Förderungshöchstdauer der Regelstudienzeit im Sinne von § 10 Abs. 2 HRG oder einer vergleichbaren Festsetzung entspricht.

15

b) Für Studiengänge in den neuen Ländern galt das Prinzip der Bemessung der Förderungshöchstdauer nach der Regelstudienzeit bereits seit der Wiedervereinigung uneingeschränkt. Der durch Anlage I Kapitel XVI Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 3 Buchstabe b und Nr. 5 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl II S. 885, 1132) zum 1. Januar 1991 eingeführte § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sah vor:

16

§ 9

17

Vorläufige Förderungshöchstdauer bei nicht genannten Ausbildungen

18

19

(2) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an Hochschulen in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und in dem Teil des Landes Berlin, in dem die Verordnung bisher nicht galt, bestimmt sich nach der vom zuständigen Fachministerium in den Studienplänen für die jeweilige Fachrichtung festgelegten Regelstudienzeit.

20

c) Im Studiengang Humanmedizin wurde die Förderungshöchstdauer ausgehend von den unter a) dargestellten Bemessungsprinzipien unter Berücksichtigung der bundesrechtlichen Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts festgesetzt.

21

aa) Das ärztliche Berufsrecht sieht seit den 1970er Jahren eine Mindeststudienzeit von sechs Jahren oder zwölf Semestern vor, die aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Koordinierung auch in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt (vgl. zuletzt Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ). Eine Approbation als Arzt erhält nur, wer nach einem Studium der Humanmedizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren die Ärztliche Prüfung bestanden hat (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Bundesärzteordnung, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte<ÄApprO>).

22

Die Approbationsordnung für Ärzte normiert seit Ende der 1970er Jahre auch die Regelstudienzeit für das Studium der Humanmedizin. Sie beträgt nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO sechs Jahre und drei Monate, d.h. zwölf Semester und den Prüfungszeitraum, und setzt sich aus der Mindeststudienzeit und der maximal notwendigen Zeit für die Ablegung des letzten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zusammen, der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO jährlich in den Monaten April bis Juni und Oktober bis Dezember stattfindet (vgl. auch BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f.).

23

Diese bundesrechtlichen Vorgaben galten auch für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern, die sich ab 1992 oder ab 1991 immatrikulierten und das Physikum bis zum 31. Dezember 1994 bestanden (vgl. § 14a Abs. 4 BÄO i.d.F. der Anlage I Kapitel X Sachgebiet D Abschnitt II Nr. 1 Buchstabe h des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 i.V.m. Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 ). Dementsprechend setzte auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena, an der der Beschwerdeführer studiert hat, in § 1 Satz 2 ihrer Studienordnung für den Vorklinischen Studienabschnitt des Studienganges Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 28. September 1993 (Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Nr. 9/1994, S. 336) die Regelstudienzeit auf sechs Jahre und drei Monate fest.

24

bb) Die Förderungshöchstdauer im Studiengang Humanmedizin wurde im Hinblick auf die im ärztlichen Berufsrecht vorgegebene Mindest- und Regelstudienzeit vor dem Hintergrund der sich wandelnden Bemessungsprinzipien mehrfach geändert.

25

Für Studierende, die ihr Studium der Humanmedizin nach dem 1. Januar 1970 aufgenommen hatten, galt zunächst eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 und 39 FörderungshöchstdauerV i.d.F. vom 9. November 1972 ). Sie setzte sich aus der Mindeststudienzeit von sechs Jahren und einem weiteren Semester zur Absolvierung von Examina und zur freieren Studiengestaltung zusammen (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5). Vor dem Hintergrund der Änderung des § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO, wonach der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erst innerhalb der ersten drei Monate des dreizehnten Fachsemesters abgelegt werden konnte, wurde die Förderungshöchstdauer Mitte 1979 rückwirkend zum 1. August 1974 auf vierzehn Semester erhöht (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 i.d.F. der Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen <3. FörderungshöchstdauerVÄndV> vom 25. Mai 1979 ). Nach der Begründung des Verordnungsgebers sollte auch Studierenden der Humanmedizin durch die Anhebung der Förderungshöchstdauer ein über die Mindeststudienzeit hinaus gehendes Fachsemester ermöglicht werden (vgl. BRDrucks 17/79, S. 23).

26

§ 5 Abs. 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 11. Juli 1988 (BGBl I S. 1029) setzte die Förderungshöchstdauer wieder herab, um sie an die in der Approbationsordnung für Ärzte geregelte Regelstudienzeit "anzugleichen" (vgl. BRDrucks 249/88, S. 15). Die Vorschrift, die für alle Studierenden der Humanmedizin galt, die ihr Studium nach dem 1. Oktober 1986 aufgenommen hatten (vgl. § 11b Abs. 3 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV), lautet:

27

§ 5

28

Förderungshöchstdauer an wissenschaftlichen Hochschulen

29

(1) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an wissenschaftlichen Hochschulen beträgt für den

30

Studiengang

Semester

63. Medizin

13

31

32

Die Zehnte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 13. Juni 1994 (BGBl I S. 1257) änderte § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV erneut und setzte die Förderungshöchstdauer nunmehr auf die Regelstudienzeit von zwölf Semestern und drei Monaten herab. Zugleich führte sie eine Übergangsregelung in § 11d FörderungshöchstdauerV ein. Diese Vorschrift lautet:

33

§ 11d

34

Übergangsvorschrift 1994

35

In einem Studiengang, dessen Förderungshöchstdauer durch die Zehnte Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 13. Juni 1994 (BGBl. I S. 1257) gekürzt wird, gilt für Auszubildende, die vor dem 1. Oktober 1994 das vierte Fachsemester vollendet haben, die bisherige Förderungshöchstdauer weiter.

36

In den neuen Ländern war die vollständige Anpassung der Förderungshöchstdauer an die bundesrechtlich vorgegebene Regelstudienzeit allerdings durch § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV schon früher erfolgt (siehe oben b).

37

Die der Regelstudienzeit entsprechende Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten wurde auch als besondere Regelung in § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung des 18. BAföGÄndG (siehe dazu oben a) aufgenommen. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

38

§ 15a

39

Förderungshöchstdauer

40

41

(2) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Förderungshöchstdauer für die Universitätsstudiengänge

42

3. Medizin, mit Ausnahme von Zahn- und Tiermedizin,

12 Semester

und 3 Monate.

43

Nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 Satz 2 BAföG in der Fassung des 18. BAföGÄndG galt allerdings die FörderungshöchstdauerV für solche Studierenden weiter, die vor dem 1. Oktober 1996 das vierte Fachsemester beendet hatten.

44

Die allgemeine Verweisung auf die Regelstudienstudienzeit in § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG in der seit dem 1. April 2001 geltenden Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) (vgl. oben 2. a) machte diese Regelung schließlich entbehrlich.

45

4. Was die Möglichkeiten anbetrifft, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erhalten, stellt sich die Rechtslage für Studierende der Humanmedizin damit wie folgt dar: Studierenden, die ihr Studium in den neuen Ländern nach den Vorschriften der Approbationsordnung für Ärzte durchführten und abschlossen (siehe dazu 3. c) aa), war es von vornherein objektiv unmöglich, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erreichen. Sie konnten ihr Studium nicht vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschließen, da die Förderungshöchstdauer gemäß § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV in der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung entsprechend der Regelstudienzeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO zwölf Semester und drei Monate betrug und eine Mindeststudienzeit von zwölf Semestern zu absolvieren war. Für Studierende der Humanmedizin, die ab dem Sommersemester 1993 ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen hatten, gilt das gleiche (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV). Wer allerdings, wie bei einem Studienbeginn im Wintersemester 1992/1993 oder früher, am 1. Oktober 1994 sein viertes Fachsemester in den alten Ländern vollendet hatte, konnte bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ende des zwölften Semesters einen großen Teilerlass erhalten, da für ihn eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern galt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV i.V.m. § 11d FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV).

II.

46

Der Beschwerdeführer begann im Wintersemester 1991/1992 ein Medizinstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und schloss es am 27. Oktober 1997 erfolgreich mit dem Bestehen des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung ab. Während des Studiums erhielt er Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die ihm zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt wurde.

47

Bereits Ende 1994 erließ das Studentenwerk Erfurt einen Leistungs- und Rückforderungsbescheid, der als Ende der Förderungshöchstdauer September 1997 nannte. Auf den Widerspruch des Beschwerdeführers erging Anfang 1995 zunächst ein korrigierter Leistungsbescheid, in dem als Ende der Förderungshöchstdauer nunmehr der Dezember 1997 genannt war. Im April 1995 wurde sodann ein Abhilfebescheid hinsichtlich der angefochtenen Rückzahlungsverpflichtung erlassen, der zugleich die Förderungshöchstdauer auf sechs Jahre und drei Monate festlegte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer hiergegen Klage und begehrte die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998, d.h. auf das Ende des dreizehnten Fachsemesters. Das Verwaltungsgericht Weimar wies die Klage als unzulässig ab, weil die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Förderungshöchstdauer keine Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts enthielten. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg, wenngleich das Thüringer Oberverwaltungsgericht der Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines Verwaltungsaktes widersprach.

48

Am 17. Juni 2002 erließ das Bundesverwaltungsamt einen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid nach § 18 Abs. 5a BAföG, in dem es das Ende der Förderungshöchstdauer auf den letzten Tag des Monats Dezember 1997 festlegte und die Höhe der Darlehensschuld festsetzte. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 28. Juni 2002 gewährte das Bundesverwaltungsamt dem Beschwerdeführer einen leistungsabhängigen Teilerlass sowie einen kleinen Teilerlass (1022,58 Euro = 2.000 DM), weil der Beschwerdeführer das Studium zwei Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abgeschlossen habe. Der Beschwerdeführer hatte danach noch insgesamt 4.904,13 Euro zurückzuzahlen. Diese Summe würde sich bei vorzeitiger Rückzahlung auf 3.996,87 Euro reduzieren.

49

Mit seinem gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid einerseits und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses andererseits gerichteten Widerspruch machte der Beschwerdeführer geltend, das Ende der Förderungshöchstdauer müsse auf den letzten Tag des Monats März 1998 festgesetzt werden. Darüber hinaus sei ihm anstelle des kleinen Teilerlasses ein großer Teilerlass (2.556,46 Euro = 5.000 DM) zu gewähren. Seine nach Zurückweisung des Widerspruchs durch zwei separate Widerspruchsbescheide erhobenen Klagen auf die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 einerseits und auf die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG andererseits wies das Verwaltungsgericht Köln als unbegründet ab. Es könne offen bleiben, ob das Bundesverwaltungsamt an die zuvor vom Studentenwerk Erfurt verfügte Festsetzung der Förderungshöchstdauer gebunden sei. Auch wenn man dies zugunsten des Beschwerdeführers nicht annähme, habe es die Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV zutreffend festgesetzt. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei ein sachlicher Gesichtspunkt, dass der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV den besonderen Verhältnissen an den Hochschulen in den neuen Ländern habe Rechnung tragen wollen. Unterschiede bei der Förderung in den alten und neuen Ländern seien für eine Übergangszeit hinzunehmen. Aufgrund des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers bei der Regelung sozialer Vergünstigungen verstoße es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Bemessung der Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV dazu führe, dass ein großer Teilerlass nicht erreichbar sei. Die normative Bestimmung einer Förderungshöchstdauer, die auf studienorganisatorische Besonderheiten keine Rücksicht nehme, verstoße nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht dadurch gegen den Gleichheitssatz, dass für Absolventen bestimmter Studiengänge ein Teilerlass nicht erreichbar sei. Entscheidend sei, dass die Förderungshöchstdauer so festgelegt werde, dass ein Abschluss der geförderten Ausbildung regelmäßig möglich sei. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebiete hingegen nicht, für die Rückzahlung Regelungen vorzusehen, die es in jedem Studiengang ermöglichten, grundsätzlich alle denkbaren Vergünstigungen - wie alle Varianten des leistungsabhängigen Teilerlasses oder des studiendauerabhängigen Teilerlasses - ausschöpfen zu können.

50

Die Anträge auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als unbegründet ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil - abweichend vom Regelungssystem in den alten Ländern - nicht gewährleistet gewesen sei, dass jedem Auszubildenden beim Besuch einer wissenschaftlichen Hochschule im Beitrittsgebiet über die Mindestausbildungsdauer hinaus generell ein weiteres Semester zur freien Verfügung gestanden habe. Die insoweit gegebene unterschiedliche Behandlung der Auszubildenden im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern rechtfertige sich mit Blick auf die besondere Situation, die bei Abschluss des Einigungsvertrages für das Inkraftsetzen der Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes im Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 in Rechnung zu stellen gewesen sei. Die Anwendung dieser Vorschriften einschließlich der Normen über die Förderungshöchstdauer sei nämlich zunächst im Rahmen eines andersartigen, noch maßgeblich durch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik geprägten Bildungssystems erfolgt, dessen Angleichung an die Bedingungen in den alten Ländern nur im Laufe eines längerwährenden Prozesses zu erwarten gewesen sei. Diese besondere Lage habe es ausgeschlossen, die Regelungen der Förderungshöchstdauerverordnung für die alten Länder auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 zu übertragen. Mit der Anknüpfung an die Regelstudienzeit in § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sei eine Bestimmung getroffen worden, die diese Besonderheiten berücksichtigte und deren im Einzelfall nachteiligen Folgen die Auszubildenden für eine Übergangszeit hinzunehmen hätten.

III.

51

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses sowie die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide und gerichtlichen Entscheidungen. Mittelbar richtet er sich gegen § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sowie § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung. Er rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Studierende der Humanmedizin würden im Verhältnis zu Studierenden anderer Studienrichtungen, zum Beispiel Jurastudenten, in nicht gerechtfertigter Weise dadurch ungleich behandelt, dass bei ihnen ein großer Teilerlass von vornherein nicht möglich sei. Zudem dürfe die Förderungshöchstdauer nicht unterschiedlich in den neuen und alten Ländern geregelt werden, da das Medizinstudium in Detailfragen bundeseinheitlich geregelt sei. Die vom Verwaltungsgericht und vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Gründe studienorganisatorischer Art und die angeführten Besonderheiten an den Hochschulen in den neuen Ländern hätten mit der Frage der Förderungshöchstdauer und der Möglichkeit eines großen Teilerlasses nichts zu tun. Es liege deshalb auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern vor, für die bei einem Studienbeginn zum Wintersemester 1991/1992 eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern gegolten habe und für die ein großer Teilerlass objektiv möglich gewesen sei.

IV.

52

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich der für das Ausbildungsförderungsrecht zuständige 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der Marburger Bund, der NAV Virchow-Bund, das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat geäußert.

53

1. Der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der nach eigenen Angaben bislang nicht mit der durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Problematik befasst war, ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Versagung des großen Teilerlasses in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sei. Er verweist auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts  , wonach bei der Festlegung der Förderungshöchstdauer zu gewährleisten sei, dass regelmäßig ein Semester zur freieren Verfügung des Auszubildenden stehe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1983 - BVerwG 5 C 50.81 -, juris Rn. 8; BVerwGE 88, 151 <155 f.>; BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1995 - BVerwG 11 C 26.94 -, juris Rn. 22). Es liege nahe, dass es dann grundsätzlich auch möglich sein müsse, zumindest in diesem Verfügungssemester eine Ausbildung vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Es liege in jedem Fall auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, eine Förderungshöchstdauer zu verlangen, die den Auszubildenden so viel zeitlichen Spielraum für die Ausbildung lasse, dass sie objektiv in allen Studiengängen die Voraussetzungen für den großen Teilerlass erreichen könnten. Hierfür spreche neben dem Wortlaut der Regelung auch ihr für alle Studiengänge gleichermaßen geltender Sinn, einen finanziellen Anreiz für eine zügige Durchführung der Ausbildung zu setzen. Im Ergebnis sei auch die unterschiedliche Behandlung von Studierenden nach dem Standort der Hochschule mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Für Studiengänge, für die bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Ausbildungsförderungsrechts im Beitrittsgebiet kraft Bundesrechts an ostdeutschen und westdeutschen Hochschulen dieselben Ausbildungs- und Prüfungsregelungen galten, habe kein tragfähiger Grund für die ungleiche Behandlung in Bezug auf die Förderungshöchstdauer bestanden.

54

2. Der Marburger Bund hält die Verfassungsbeschwerde ebenfalls für begründet. Es liege ein zweifacher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowohl im Hinblick auf die Ungleichbehandlung zwischen den Studierenden der Humanmedizin der alten und der neuen Länder durch § 9 FörderungshöchstdauerV als auch zwischen den Studierenden der Humanmedizin und denen anderer Studiengänge vor. Etwaige organisatorische Besonderheiten in den neuen Ländern hätten eher zu einer Verlängerung der Förderungshöchstdauer führen müssen. Nach einer Mitgliederbefragung habe es zwischen den Studienbedingungen im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern keine Unterschiede gegeben, so dass ein Studienabschluss jeweils grundsätzlich in derselben Zeit erreichbar gewesen sei. Der Ausschluss von der Möglichkeit, einen großen Teilerlass zu erhalten, sei nicht mit dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu rechtfertigen. Die Grenzen zulässiger Typisierung und Pauschalierung seien überschritten, zumal mit dem Kreis der Studierenden der Humanmedizin an den ostdeutschen Universitäten keine zahlenmäßig kleine Gruppe betroffen sei. Der NAV Virchow-Bund folgt in der Sache gleichfalls der Argumentation des Beschwerdeführers.

55

3. Das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat nehmen in ihren Äußerungen Bezug auf die vom Wissenschaftsrat veröffentlichten Studien zur "Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998" (Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, S. 80 ff. und Anhang I, S. 118 f.) beziehungsweise "von 1999 bis 2003" (Drs. 6825/05 vom 29. August 2005, S. 100 und Anhang I, S. 170). Aus ihnen geht hervor, dass die mittlere Fachstudiendauer im Studienfach Humanmedizin an den meisten Universitäten in den neuen Ländern im Jahre 1998 deutlich und im Jahre 2003 geringfügig niedriger war als an den Universitäten in den alten Ländern. Als Gründe gälten die völlige Neukonzeption der Studiengänge in den neuen Ländern nach der Wende, in denen die Studien- und Prüfungsordnungen realitätsnäher gewesen seien als die über Jahre hinweg nicht evaluierten Ordnungen in den alten Ländern. Letztlich sei auch die Betreuungsrelation besser gewesen als in den alten Ländern.

B.

56

Die Verfassungsbeschwerde ist überwiegend zulässig.

I.

57

Die Verfassungsbeschwerde ist allerdings unzulässig, soweit der Beschwerdeführer als selbstständigen Beschwerdegegenstand die Festsetzung der Förderungshöchstdauer und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen sowie mittelbar die Vorschriften des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und des § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der vom 1. August 1996 bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung angreift, aus denen sich die für den Beschwerdeführer festgesetzte Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten ergibt.

58

Es kann dahinstehen, ob dem Beschwerdeführer insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, als die Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten und ihr Ende im Dezember 1997 bereits durch die Bescheide des Studentenwerkes Erfurt von Ende 1994 bzw. Anfang 1995 bestandskräftig festgestellt worden und das Bundesverwaltungsamt bei Erlass des hier angefochtenen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheides vom 17. Juni 2002 an diese Festsetzungen mit der Folge gebunden gewesen wäre, dass die in den Ausgangsverfahren begehrte Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 nicht in Betracht käme.

59

Jedenfalls ist der Beschwerdeführer nicht beschwerdebefugt, weil er durch die Förderungshöchstdauer als solche nicht in seinen Grundrechten verletzt sein kann. Für den Beschwerdeführer galt zwar eine niedrigere Förderungshöchstdauer als für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Hinsichtlich der primären Rechtswirkung der Förderungshöchstdauer, die Gewährung von Ausbildungsförderung zeitlich zu begrenzen (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG), ist dem Beschwerdeführer selbst jedoch kein Nachteil entstanden. Er hat sein Studium innerhalb der für ihn maßgeblichen Förderungshöchstdauer abgeschlossen und für dessen gesamte Dauer Ausbildungsförderung erhalten. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und die darauf gestützten Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen enthalten damit keine unmittelbare verfassungsrechtliche Beschwer für den Beschwerdeführer.

60

Allerdings wirken sich die Vorschriften zur Förderungshöchstdauer indirekt nachteilig für den Beschwerdeführer aus, weil die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch von der für ihn geltenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten abhängt. Doch ist eine Verfassungsbeschwerde nur gegen denjenigen Akt öffentlicher Gewalt zulässig, der die geltend gemachte Grundrechtsverletzung bewirkt (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 - 1 BvR 2393/08 u.a. -, juris Rn. 19, 30). Das ist hier die Versagung des Teilerlasses.

II.

61

Zulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung eines großen Teilerlasses und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen richtet. Er hat insoweit den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend hinreichend substantiiert die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG aufgezeigt. Sinngemäß richtet sich seine Verfassungsbeschwerde ausweislich ihrer Begründung mittelbar gegen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den für den Beschwerdeführer einschlägigen Vorschriften zur Förderungs-höchstdauer einerseits und zur Mindeststudienzeit andererseits. Der Beschwer-deführer hat diese Vorschrift zwar nicht ausdrücklich als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde bezeichnet. Doch sind seine Ausführungen entsprechend auszulegen (vgl. BVerfGE 68, 1 <68 f.>).

C.

62

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Der Beschwerdeführer wird durch § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (§ 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und durch die daraus folgende Versagung eines großen Teilerlasses in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil es ihm als Studierendem der Humanmedizin in den neuen Ländern von vornherein objektiv unmöglich war, in den Genuss eines großen Teilerlasses zu kommen.

I.

63

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 <396>; 105, 73 <110 ff., 133>), bei dem eine Begünstigung dem einem Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 126, 400 <416> m.w.N.).

64

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <97>; 93, 386 <397>; 99, 367 <389>; 105, 73 <110>; 107, 27 <46>; 110, 412 <432>).

65

Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Oktober 2010 - 1 BvL 14/09 -, juris Rn. 45).

II.

66

§ 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (hier § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (hier § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und die darauf beruhende Versagung eines großen Teilerlasses für den Beschwerdeführer sind selbst bei Anlegung eines großzügigen Prüfungsmaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

67

1. Der Beschwerdeführer wird als Student der Humanmedizin in den neuen Ländern zum einen gegenüber Studierenden der Humanmedizin, die im Wintersemester 1992/1993 oder früher ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen und im Sommersemester 1994 ihr viertes Fachsemester vollendet haben, ungleich behandelt. Während für letztere nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV in Verbindung mit § 11d FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG- FörderungshöchstdauerVÄndV eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semester galt und sie damit bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ablauf der Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einen großen Teilerlass erhalten konnten, war dies dem Beschwerdeführer nicht möglich. Denn er konnte sein Studium wegen der bundesrechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einerseits und der für Studierende in den neuen Ländern geltenden, der Regelstudienzeit entsprechenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten andererseits nicht vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beenden. Zum anderen liegt eine Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge vor, in denen entweder gar keine Mindeststudienzeit gilt oder Mindeststudienzeit und Förderungshöchstdauer so bemessen sind, dass ein Abschluss des Studiums vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer möglich bleibt.

68

2. Tragfähige Gründe für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlungen sind nicht erkennbar. Sie ergeben sich weder aus den Materialien zum Bundesausbildungsförderungsgesetz noch aus der Begründung der Förderungshöchstdauerverordnung. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist hierzu nichts vorgetragen worden.

69

a) Für die Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern bestehen keine tragfähigen Sachgründe. Zwar durfte der Gesetzgeber bei der Gewährung von Leistungen einen Spielraum in Anspruch nehmen. Doch erlaubt ihm dieser nicht, Studierende in den neuen Ländern ohne sachangemessene Gründe von einer Begünstigung auszuschließen. Dabei kann dahinstehen, ob im Studiengang Humanmedizin in den neuen Ländern in den 1990er Jahren Studienbedingungen geherrscht haben, die einen schnelleren Studienabschluss als an Universitäten in den alten Ländern ermöglich haben, und es deshalb ungeachtet der bundeseinheitlich vorgegebenen Studieninhalte verfassungsrechtlich zulässig war, die Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern übergangsweise niedriger festzusetzen als in den alten Ländern. Zwar darf der Gesetzgeber insbesondere auch zur Bewältigung der Folgen der Deutschen Einheit Regeln treffen, mit denen auch Härten einhergehen können. Doch ließe sich damit allenfalls rechtfertigen, Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine kürzere Dauer zu fördern, weil sie ihr Studium früher abschließen konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Nicht zu rechtfertigen wäre es jedoch, deshalb keinen großen Teilerlass für den Darlehensteil bereits ausgezahlter Förderung zu gewähren. Der Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, Anreize für einen möglichst raschen Studienabschluss vor dem Ende der Förderungshöchstdauer zu setzen (vgl. oben A. I. 2. b), besteht gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ebenso wie in den alten Ländern. Die Mindeststudienzeit von zwölf Semestern, die einem schnellen Studienabschluss Grenzen setzt, gilt kraft bundesgesetzlicher Anordnung für alle Studierenden der Humanmedizin. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, warum Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern die Begünstigung eines großen Teilerlasses von vornherein versagt blieb, während sie Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern nach der Wiedervereinigung noch übergangsweise offen stand.

70

b) Die Ungleichbehandlung sowohl gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern als auch gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen lässt sich nicht mit der Befugnis des Gesetzgebers rechtfertigen, bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen. Die Voraussetzungen dafür liegen hier nicht vor.

71

aa) Der Gesetzgeber ist zwar von Verfassungs wegen nicht gehalten, sämtliche studienorganisatorischen Besonderheiten zu berücksichtigen und zu überprüfen, ob es nach den individuellen Studienbedingungen eines jeden Studierenden in jedem Studiengang und an jeder Universität möglich ist, das Studium vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Er muss die Verwaltung auch nicht zu einer entsprechenden umfangreichen Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung individueller Härten verpflichten. Generelle Hinderungsgründe, die sich wie hier die bindenden Mindeststudienzeiten aus Rechtsvorschriften ergeben, müssen aber in einer Regelung über die Gewährung eines studiendauerabhängigen Teilerlasses berücksichtigt werden.

72

Die unzureichende Berücksichtigung gesetzlicher Mindeststudienzeiten und ihres Verhältnisses zur Förderungshöchstdauer kann gesamte Studiengänge und damit eine große Anzahl von Studierenden von der Möglichkeit eines großen Teilerlasses ausschließen. Gerade die hier betroffene Gruppe der Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ist zahlenmäßig nicht unbedeutend. So schlossen beispielsweise im Jahre 1998 insgesamt 1088 deutsche Erstabsolventen ihr Medizinstudium an Universitäten in den neuen Ländern ab (vgl. Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, Anhang I, S. 118). Geht man entsprechend der Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks für das Jahr 1997 davon aus, dass 17 % der Studierenden der Humanmedizin Leistungen nach dem BAföG erhalten haben, waren allein im Jahre 1998 ca. 185 Studierende von dem Begünstigungsausschluss betroffen. Seit Inkrafttreten von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV gilt im Übrigen für alle Studierenden der Humanmedizin im gesamten Bundesgebiet eine Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten, so dass seitdem kein Studierender der Humanmedizin mehr von einem großen Teilerlass profitieren kann.

73

bb) Der Ausschluss größerer Gruppen von Studierenden von der Chance eines großen Teilerlasses wegen studiengangsbezogener Mindeststudienzeiten ist ohne unzumutbaren Aufwand vermeidbar, indem die Regeln über Teilerlass, Förderungshöchstdauer und Mindeststudienzeit aufeinander abgestimmt werden. Es sind keine verwaltungspraktischen Hindernisse oder sonstige Gründe ersichtlich, die diesen Ausschluss geböten. Er hat seine Ursache vielmehr in der fehlenden Abstimmung derjenigen Regeln, die für den großen Teilerlass von Bedeutung sind. Dies lässt sich nicht mit Typisierungs- und Pauschalierungserwägungen rechtfertigen. So gewährleistete die ursprüngliche Konzeption des studiendauerabhängigen Teilerlasses unter Berücksichtigung der früheren Bemessungsprinzipien der Förderungshöchstdauer, dass Mindeststudienzeiten einem Teilerlass nicht entgegenstanden. Da die Förderungshöchstdauer bis Mitte der 1980er Jahre die Mindeststudienzeit immer um mindestens ein Semester überstieg (vgl. oben A. I. 3. a), war ein Teilerlass, der in Höhe von 2.000 DM für jedes Semester gewährt wurde, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. oben A. I. 2. b), in jedem Studiengang objektiv möglich. Dies hat sich jedoch geändert, weil sich die Förderungshöchstdauer mehr und mehr an der Regelstudienzeit orientierte. In Studiengängen, in denen die Förderungshöchstdauer nunmehr der Regelstudienzeit entsprach und diese sich aus der bisherigen Mindeststudienzeit und der notwendigen Examenszeit zusammensetzte, wie dies im Studium der Humanmedizin der Fall ist (vgl. BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f., und oben A. I. 3. c) aa), war damit ein Abschluss des Studiums ein volles Semester vor dem Ende der Förderungshöchstdauer nicht mehr möglich. Die Verkürzung des für einen großen Teilerlass notwendigen Zeitraums zwischen dem erfolgreichen Abschluss des Studiums und dem Ende der Förderungshöchstdauer von einem Semester, d.h. sechs Monaten, auf vier Monate war nicht auf die gewandelte Förderungshöchstdauer abgestimmt und hat, wie der vorliegende Fall zeigt, die Problematik, dass Mindeststudienzeiten einem Studienabschluss vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer entgegenstehen können, nicht beseitigt.

74

c) Die Benachteiligung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge ist nicht durch andere Sachgründe gerechtfertigt. Zwar zeichnet sich der Studiengang Humanmedizin durch die höchste Förderungshöchstdauer von allen universitären Studiengängen aus. Dies ist jedoch dem außergewöhnlichen Umfang des Studiums und der gesetzlich bestimmten und auch europarechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit geschuldet. Die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dienen primär dazu, einen erfolgreichen Studienabschluss zu gewährleisten und werden deshalb für die gesamte erforderliche Dauer des Studiums gezahlt. Die Studienwahl selbst ist frei. Es ist damit nicht durch einen tragfähigen Sachgrund gerechtfertigt, wenn Studierenden ein großer Teilerlass deshalb versagt wird, weil sie sich in gesetzlich gebilligter Weise für ein umfangreiches Studium entschieden haben.

75

Im Übrigen besteht aus Sicht der Geförderten bei langer Studien- und Förderungsdauer ein größeres Bedürfnis für einen großen Teilerlass, da die zurückzuzahlende Darlehenssumme in der Regel höher ausfällt als bei kürzeren Studiengängen. Dies gilt in besonderem Maße für solche Studierenden, die, wie der Beschwerdeführer, ihr Studium vor dem 28. Februar 2001 abgeschlossen haben und für die deshalb die Begrenzung der zurückzuzahlenden Darlehenssumme auf 10.000 Euro nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG nicht eingreift. Der große Teilerlass, der anders als der leistungsabhängige Teilerlass nach § 18b Abs. 2 BAföG nicht in Form eines prozentualen Anteils der gesamten Darlehenssumme, sondern in Ge-stalt eines fixen Betrages gewährt wird, wirkt sich zudem bei langer Förderungsdauer und damit hoher Darlehenssumme im Verhältnis geringfügiger aus als bei kürzerer Förderungsdauer.

76

Aufgrund der langen Studien- und Förderungsdauer im Studiengang Humanmedizin entsprechen Anreize zur zügigen Beendigung des Studiums auch in besonderem Maße dem Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Zweck für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern und ab Sommersemester 1993 auch für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern als verfehlt anzusehen wäre und sie deshalb gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen schlechter gestellt werden dürften.

77

d) Die Gewährung eines kleinen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 2 BAföG, den der Beschwerdeführer erhalten hat, kompensiert nicht die Versagung eines großen Teilerlasses. Dass Studierende der Humanmedizin wie andere Studierende in den Genuss eines kleinen Teilerlasses kommen können, rechtfertigt es nicht, ihnen die Begünstigung eines großen Teilerlasses vorzuenthalten, dessen Voraussetzungen andere Studierende erfüllen können.

D.

I.

78

1. a) § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG ist für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären. Eine verfassungskonforme Auslegung scheidet wegen der strikten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen großen Teilerlass aus. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG ist die Rechtsfolge der Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG auch für die späteren Fassungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG (Fassungen des Ausbildungsförderungsreformgesetzes und des 23. BAföGÄndG, vgl. oben A. I. 2. a) auszusprechen, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist.

79

b) Der festgestellte Verfassungsverstoß beschränkt sich auf die Fälle, in denen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in Verbindung mit den Vorschriften zur Mindeststudienzeit einerseits und zur Förderungshöchstdauer andererseits dazu führt, dass Studierenden in ihrem Studiengang ein großer Teilerlass von vornherein objektiv unmöglich ist, weil sie ihr Studium nicht mindestens vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beenden können. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG wird die Unvereinbarkeit auch über die der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegende Fallkonstellation eines Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern hinaus erklärt, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist (vgl. BVerfGE 19, 206 <225 f.>; 40, 296 <328 f.>; 45, 104 <119, 139>). Sie führt nicht nur im konkreten Fall in Verbindung mit der sich aus § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO ergebenden Förderungshöchstdauer einerseits und der sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO und § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO ergebenden Mindeststudienzeit andererseits zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG bei Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt darüber hinaus bei Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern ab Sommersemester 1993 gegenüber Studierenden in solchen Studiengängen vor, die die Voraussetzungen des großen Teilerlasses nach Maßgabe der für sie geltenden Mindeststudienzeiten und Förderungshöchstdauer grundsätzlich erfüllen können. Ein entsprechender Gleichheitsverstoß gilt auch für alle anderen Studiengänge, in denen Mindeststudienzeiten vorgeschrieben sind und eine Förderungshöchstdauer gilt, die um weniger als vier Monate über der Mindeststudienzeit liegt.

80

2. a) Als Folge der Unvereinbarkeitserklärung dürfen Gerichte und Verwaltungsbehörden § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden; laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

81

b) Die Unvereinbarkeitserklärung hat weiterhin zur Folge, dass der Gesetzgeber zur rückwirkenden, gleichheitsgerechten Neuregelung für den gesamten Zeitraum verpflichtet ist, auf den sich die Unvereinbarkeitserklärung bezieht (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 105, 73 <134>; 107, 27 <58>; 110, 94 <138>). Dies bedeutet, dass die Neuregelung unabhängig vom Zeitpunkt des Studienabschlusses alle noch nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erfassen muss, die die Gewährung eines großen Teilerlasses zum Gegenstand haben und einen Studiengang betreffen, in dem wegen Rechtsvorschriften zu Mindeststudienzeiten und zur Förderungshöchstdauer die Voraussetzungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG von vornherein nicht erfüllbar waren. Wie der Gesetzgeber den festgestellten Gleichheitsverstoß beseitigt, steht in seinem Ermessen. Die vollständige Abschaffung des Teilerlasses für Studierende, die ihr Studium nach dem 31. Dezember 2012 abschließen, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung und bleibt hiervon unberührt.

82

Bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren können demgegenüber von der rückwirkenden Neuregelung ausgenommen werden (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 107, 27 <58>; 120, 125 <167>). Es bleibt dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die Wirkung der vorliegenden Entscheidung auch auf bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu jedoch nicht (vgl. BVerfGE 104, 126 <150>; 115, 259 <276>).

83

c) Die Neuregelung hat bis zum 31. Dezember 2011 zu erfolgen. Es besteht keine Veranlassung, dem Gesetzgeber eine längere Frist zur Nachbesserung einzuräumen und während dieses Zeitraums die Fortgeltung der verfassungswidrigen Rechtslage anzuordnen. Seit Ende der 1970er Jahre wird über die Angemessenheit der Teilerlassregelung bei frühzeitiger Beendigung der Ausbildung diskutiert (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23; BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b). Wie die Begründung des Gesetzentwurfs zum 23. BAföGÄndG zeigt, hatte der Gesetzgeber die Unstimmigkeiten von § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch bereits erkannt (vgl. BTDrucks 17/1551, S. 28 f. zu Nummer 13). Eine geordnete Finanz- und Haushaltsplanung ist durch die erforderliche Neuregelung ebenfalls nicht gefährdet.

II.

84

1. Die zur Versagung eines großen Teilerlasses ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes, des Verwaltungsgerichts Köln und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sie beruhen auf der mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Rechtslage in Verbindung mit § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sind aufzuheben; die Sache ist an das Verwaltungsgericht Köln zurückzuverweisen (vgl. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

85

2. Demgegenüber haben die allein zur Förderungshöchstdauer ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen Bestand, da die Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig ist (vgl. B. I.). Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zurückzuweisen.

III.

86

Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Die volle Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers ist angemessen, weil dieser sein wesentliches Verfahrensziel erreicht hat (vgl. BVerfGE 79, 372 <378>; 104, 220 <238>). Die Auslagen sind dem Beschwerdeführer zu gleichen Teilen vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Bund zu erstatten, weil die aufgehobenen Entscheidungen von Gerichten des Landes Nordrhein-Westfalen getroffen worden sind, der Grund der Aufhebung aber in der Verfassungswidrigkeit einer bundesrechtlichen Vorschrift liegt (vgl. BVerfGE 101, 106 <132>).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.