Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 18. Juli 2018 - 12 S 643/18

bei uns veröffentlicht am18.07.2018

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. Februar 2018 - 7 K 1185/18 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde des am ... Juli 2016 geborenen Antragstellers gegen den am 28. Februar 2018 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart, mit dem er das Ziel einer vorläufigen Zuweisung eines Platzes in einer Tageseinrichtung gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII weiterverfolgt, ist zulässig (I.). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg (II.).
I.
Die Einlegung der Beschwerde durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt des Antragstellers ist beim Verwaltungsgericht Stuttgart im Wege der elektronischen Dokumentenübermittlung nach § 55a VwGO erfolgt. Das am 14. März 2018 um 19:32:17 Uhr erstellte Protokoll über den Eingang aus dem elektronischen Rechtsverkehr weist aus, dass die Datei, mit der die Beschwerdeeinlegung erfolgt ist, qualifiziert signiert gewesen ist. Gemäß dem Protokoll des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. März 2018 ist die Datei mit der um 23:27:39 Uhr eingegangenen Beschwerdebegründung nicht qualifiziert signiert gewesen, wohl aber ist eine qualifizierte Signatur für die in der Nachricht weiter enthaltene Datei mit den Anlagen, auf die die Beschwerdebegründung im Einzelnen Bezug nimmt, notiert worden.
Nach § 55a Abs. 1 VwGO in der Fassung des seit 1. Januar 2018 geltenden Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745), können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Die Vorschrift, die für den Verwaltungsprozess eine Erweiterung und Vereinfachung des elektronischen Zugangs zu den Gerichten bezweckt (vgl. die Begründung im Entwurf des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten in BT-Drs. 17/12634 vom 06.03.2013, S. 37 zu Art. 5), erfasst nach Wortlaut und Zweck jede Art von Schriftsätzen und damit auch solche, mit denen eine Beschwerde nach § 147 VwGO eingelegt bzw. nach § 146 Abs. 4 VwGO begründet wird.
Gemäß § 55a Abs. 3 VwGO muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Mit dieser Regelung werden Authentizität, d.h. die Zurechnung des elektronischen Dokuments zum angegebenen Absender, und Integrität, d.h. die Unveränderbarkeit des Dokuments, sichergestellt. Entspricht das übermittelte Dokument nicht diesen Anforderungen, ist es nicht formgerecht eingereicht und wahrt auch keine Frist.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob dann, wenn mehrere Dokumente gemeinsam in einer Nachricht übersandt werden, es ausreicht, wenn zwar nicht die Datei mit dem bestimmenden Schriftsatz - hier mit der Beschwerdebegründung - wohl aber die Datei mit den Anlagen, die Teil der Begründung sind (wie etwa die Eidesstattliche Versicherung vom 24. Januar 2018), qualifiziert signiert ist. Dem Antragsteller ist jedenfalls mit Blick auf den entsprechenden Antrag und die unter Vorlage des Übermittlungsprotokolls des EGVP vom 28. März 2018 gemachten Ausführungen seines Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 12. April 2018, wonach das Übermittlungsprotokoll eine ordnungsgemäße Signierung durch den Unterzeichner mittels ordnungsgemäß qualifiziertem Signaturzertifikat ausgewiesen habe, sowie einen mit Schriftsatz vom 17. April 2018 ergänzend vorgelegten Bildschirmausdruck einer Signaturprüfung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich einer versäumten Frist für die Einlegung der Beschwerde zu gewähren; die Voraussetzungen des § 60 VwGO liegen vor.
Soweit die Antragsgegnerin dem Antragsteller und seinem Zwillingsbruder, dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren 12 S 644/18, mit Schriftsatz vom 27. April 2018 Betreuungsmöglichkeiten aufgezeigt hat, lässt dies das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde nicht entfallen, denn der Antragsteller erachtet diese Plätze für unzumutbar.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der in der Beschwerde gestellte Antrag des Antragstellers, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. Februar 2018 abzuändern und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig - bis zur Entscheidung in der Hauptsache - einen Betreuungsplatz zur frühkindlichen Förderung entsprechend dem individuellen Bedarf ab sofort im örtlichen Zuständigkeitsbereich nachzuweisen, ist der Sache nach in zeitlicher Hinsicht auf die entsprechende vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin für den Zeitraum ab 13. April bis 31. August 2018 gerichtet. Der Anfangszeitpunkt ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 12. April 2018. Der Endzeitpunkt folgt daraus, dass der Antragsteller den Rechtsstreit bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 27. Februar 2018 für die Zeit ab September 2018 für erledigt erklärt hat. Dem liegt zugrunde, dass mit Erklärung vom 21. Februar 2018 die entsprechend dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 für den Antragsteller und seinen Zwillingsbruder ab September 2018 angebotenen zwei Plätze mit verlängerten Öffnungszeiten (7.30 Uhr bis 13.30 Uhr, kein Mittagessen) im katholischen Kindergarten St. T. angenommen worden sind. Soweit der Antragsteller den Betreuungsplatz „entsprechend dem individuellen Bedarf“ begehrt, lässt sich dies mit Blick auf den Grad der notwendigen Bestimmtheit des Antrags (vgl. näher Funke-Kaiser in Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen, 3. Aufl. 2018, § 4 Rn. 437 f.) hinreichend anhand der Begründung konkretisieren (vgl. Schriftsatz vom 12.04.2018 unter B I. und die beigefügte Eidesstattliche Versicherung der Mutter des Antragstellers vom 24.01.2018). Geltend gemacht ist eine Betreuungszeit von 7,25 Stunden innerhalb des Zeitrahmens von Montag bis Freitag von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr in einer Kindertagesstätte in der Nähe der Wohnung, die der Antragsteller gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder besuchen kann, und die zumutbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist.
Das Verwaltungsgericht hat den am 21. Januar 2018 gestellten Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 28. Februar 2018 abgelehnt und dies damit begründet, dass der Anspruch auf frühkindliche Förderung nicht entsprechend des § 3 Abs. 2a Satz 1 KiTaG rechtzeitig geltend gemacht worden sei. Aus den mit der Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO vorgetragenen Gründen folgt jedoch, dass eine den Anforderungen dieser Bestimmung entsprechende Anmeldung des Antragstellers zum 1. März 2018 vorliegt (1.) Da die auf die dargelegten Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) ergeben hat, dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat der Senat umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 10.08.2017 - 11 S 1724/17 - VBlBW 2018, 115 und vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.).
10 
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um - unter anderem - wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft macht. Dem Antragsteller steht zwar ein Anordnungsanspruch zu (2.). Ein Anordnungsgrund ist jedoch nicht glaubhaft gemacht (3.).
11 
1. Nach § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII kann Landesrecht bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist von der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen. Dies beruht auf der Überlegung, dass solches für eine optimale Nutzung und Bewirtschaftung der Plätze für die Kinderbetreuung erforderlich ist. Der Bundesgesetzgeber hat es den Ländern überlassen, entsprechende Vorschriften einzuführen (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 - juris; Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, K § 24 Rn. 6). Nach § 3 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. Abs. 2 des Gesetzes über die Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten, anderen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege (Kindertagesbetreuungsgesetz - KiTaG) haben die erziehungsberechtigten Personen die Gemeinden mindestens sechs Monate vor der beabsichtigten Inanspruchnahme eines Platzes in einer Tageseinrichtung nach § 24 Abs. 2 SGB VIII in Kenntnis zu setzen. Diese Regelung soll den Gemeinden einen angemessenen Planungszeitraum ermöglichen und ihnen eine rechtzeitige Reaktion zur Erfüllung der Verpflichtung zur Bereitstellung von Betreuungsplätzen ermöglichen (vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 12. April 2016 - 4 K 338/16 - juris; siehe auch die Begründung zu § 3 Abs. 2a im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes vom 25.11.2008 - LT-Drs. 14/3659, S. 15).
12 
Der Antragsteller ist ebenso wie sein Zwillingsbruder bereits am 13. November 2016 - und damit innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2a Satz 1 KiTaG - für das kommende Aufnahmejahr 2017/2018 für einen Platz in mehreren städtischen Kindertageseinrichtungen angemeldet worden. Dies folgt aus dem zwar nicht in den Behördenakten befindlichen, aber mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. Dezember 2016. Die in diesem Schreiben geforderte (Reduzierung der) Anmeldung für drei städtische Tageseinrichtungen haben die Erziehungsberechtigten des Antragstellers vorgenommen. Dies erschließt sich aus dem weiteren Schreiben der Antragsgegnerin vom 29. März 2017, mit dem sie mitgeteilt hat, der Antragsteller habe im Kindergartenjahr 2017/18 keinen Platz bekommen, weil mehr Kinder angemeldet worden seien als Plätze frei würden.
13 
Soweit die Antragsgegnerin um Rückmeldung bis zum 5. Mai 2017 gebeten hat, ob das Kind auf der Warteliste von städtischen Tageseinrichtungen bleiben oder von allen Wartelisten städtischer Einrichtungen gelöscht werden solle - mit der in dem genannten Schreiben weiter beschriebenen Folge, dass im Falle einer Löschung eine Platzvergabe eine vorherige Neuanmeldung voraussetze - ist der Verbleib des Kindes auf der Warteliste fristgerecht erklärt worden. Hierzu ist auf den Ausdruck aus dem Anmeldesystem der Antragsgegnerin zu verweisen, der unter dem 27. April 2017 ausweist, die Familie möchte auf der Warteliste bleiben. Der Ausdruck lässt zudem darauf schließen, dass der Antragsgegnerin die Erklärungen der Elternteile und der jeweiligen Arbeitgeber vorliegen und damit wohl auch der konkrete Bedarf für den Betreuungsplatz insbesondere in zeitlicher und räumlicher Sicht entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung (etwa vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 - juris) ab dem Zeitpunkt der Anmeldung für sie erkennbar gewesen ist. Dass die dem Gericht übermittelte Behördenakte insoweit Defizite in der Dokumentation und Nachvollziehbarkeit aufweist, geht zu Lasten des Antragsgegners.
14 
Zwar ist in der Folgezeit seitens des Antragstellers eine auf dem Gebiet der Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf Betreuung für Kinder unter drei Jahre tätige GmbH mit seiner Anmeldung für eine Kindertageseinrichtung beauftragt worden, die unter dem 23. November 2017 diesen unter Nennung von drei Tageseinrichtungen zum 1. März 2018 bei der Antragsgegnerin angemeldet hat. Dies lässt aber entgegen der mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 geäußerten Auffassung der Antragsgegnerin nicht den Schluss zu, der Antragsteller sehe damit frühere Anmeldungen als ungültig an. Mit den Schreiben der GmbH vom 23. November 2018 und vom 7. Januar 2018, die im Verfahren des Zwillingsbruders vollständig vorgelegt worden sind, wird gegenüber der Antragsgegnerin nunmehr lediglich ausdrücklich der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nach § 24 Abs. 2 SGB VIII hervorgehoben und insoweit die frühere Bedarfsmeldung ergänzt. So heißt es in der Anmeldung vom 23. November 2017 auch ausdrücklich, dass frühere Bedarfsmeldungen unberührt bleiben und weiterhin aufrechterhalten werden. Soweit als Zeitpunkt der Aufnahme in eine Kinderbetreuungseinrichtung nunmehr der 1. März 2018 genannt wird, sollte der Antragsgegnerin damit die Möglichkeit eingeräumt werden, den Rechtsanspruch - auch vor dem Hintergrund einer vorgetragenen Wiederaufnahme der Berufstätigkeit der Mutter des Antragstellers zu diesem Datum - jedenfalls bis dahin umzusetzen.
15 
2. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsanspruch zur Seite (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
16 
§ 24 Abs. 2 SGB VIII gewährt dem Antragsteller seit Vollendung seines ersten Lebensjahres am 5. Juli 2017 einen Anspruch darauf, dass ihm die Antragsgegnerin einen Betreuungsplatz nachweist, der dem konkret-individuellen Bedarf, der mit dem Antrag vom 13. November 2016 geltend gemacht worden ist, entspricht. Die Norm vermittelt ein subjektives Recht auf frühkindliche Förderung, die keinem Kapazitätsvorbehalt unterworfen ist (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.2016 - 12 S 1782/15 - juris). Dieses verkennt die Antragsgegnerin, wie unter anderem aus ihrem Schreiben vom 29. März 2017 ersichtlich wird.
17 
Soweit die Erziehungsberechtigten - laut Schriftsatz vom 27. Februar 2018 zur Schadensminderung - die für den Antragsteller und seinen Zwillingsbruder während des gerichtlichen Verfahrens durch die Antragsgegnerin angebotenen Plätze ab September 2018 in einer katholischen Kindertageseinrichtung angenommen haben, entsprechen diese Plätze jedenfalls im zeitlichen Umfang (nur bis 13.30 Uhr) nicht dem konkret-individuell vorgetragenen Bedarf des anspruchsberechtigten Kindes und seiner personensorgeberechtigten Eltern, die aufgrund ihrer jeweiligen Berufstätigkeit als Bilanzbuchalter bei verschiedenen Arbeitgebern eine Betreuungszeit bis 15.30 Uhr für notwendig erachten, und erfüllen daher den geltend gemachten Anspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII auch für die Zukunft nicht vollständig.
18 
3. Es fehlt zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats aber an einem entsprechend § 123 Abs. 3 VwGO i. V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemachten Anordnungsgrund (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Funke-Kaiser in Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen. 3. Aufl. 2018, § 4 Rn. 487).
19 
Die Kinderbetreuung, die - trotz Rechtsanspruchs gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII - nicht für den Zeitraum gewährt wird, für den sie begehrt wird, lässt sich nicht verschieben, sondern bleibt für diesen Zeitraum in irreversibler Weise unerfüllt. Der Anspruch auf Zuweisung eines real verfügbaren Platzes erledigt sich durch Zeitablauf mit jedem Tag, an dem die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht nachkommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.09.2013 - 5 C 35.12 - juris Rn. 38; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.2016 - 12 S 1782/15 - juris Rn. 36 - jew. m.w.N.). Aus dem nicht erfüllten Primäranspruch resultieren Sekundäransprüche wie etwa Aufwendungsersatz für selbst organisierte Betreuung (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 - juris; Beschluss vom 20.12.2017 - 5 B 9.17 - juris) oder Schadensersatzansprüche (zum Amtshaftungsanspruch der Eltern für entgangenen Verdienst bei Nichtgewährung eines gesetzlich garantierten Kita-Platzes BGH, Urteil vom 20.10.2016 - III ZR 278/15 - juris; siehe auch Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, K § 24 Rn. 40 ff.; Schwede, Der Streit um den KiTa-Platz - welcher Rechtsweg ist der beste?, NZFam 2017, 200).
20 
Für den Anordnungsgrund genügt nicht allein die irreversible Nichterfüllung des unaufschiebbaren Anspruchs des Antragstellers auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege (so aber Sächsisches OVG, Beschluss vom 07.06.2017 - 4 B 100/17 - juris Rn. 10; a. A. VG Mainz, Beschluss vom 27.04.2018 - 1 L 279/18.MZ - juris Rn. 11). Der Anordnungsgrund würde seine im System der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO gesetzlich angelegte eigenständige Bedeutung verlieren, wenn immer dann, wenn der Anordnungsanspruch in qualifiziertem Maße bejaht würde, an das Vorliegen des Anordnungsgrundes keine besonderen Anforderungen mehr gestellt würden (Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 123 Rn. 26; zur Beziehung zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund auch Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 123 Rn. 95 ff.). Zwar ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes von Verfassungs wegen gleichsam indiziert, wenn Grundrechtspositionen von Gewicht fortschreitend endgültig vereitelt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.09.2009 - 1 BvR 1702/09 - juris). Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor. Ob die Zuweisung eines Betreuungsplatzes für den Antragsteller in einer Weise dringlich ist, dass ihm ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist, ist aufgrund einer Abwägung aller konkreten Umstände des Falles zu entscheiden, wobei der Betreuungsbedarf des Kindes mit Blick auf die Arbeitssituation der Eltern eine besondere Rolle spielt (vgl. insoweit auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.05.2018 - OVG 6 S 16.18 - juris).
21 
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 27. April 2018 zugesagt, eines der Kinder könne vorzeitig nach Absprache in die katholische Kindertagesstätte aufgenommen werden, in der die Zwillinge ab September 2018 einen Platz haben, und das andere Kind für eine Überbrückungszeit in die städtische Tageseinrichtung H. aufgenommen werden. Ausgehend davon, dass die Plätze in der katholischen Kindertagesstätte ab 1. September 2018 von den Eltern des Antragstellers angenommen und insoweit auch Grundlage der Erledigungserklärung des Antragstellers für die Zeit ab September 2018 geworden sind, erschließt sich nicht, dass trotz der Verfügbarkeit eines Platzes in dieser Einrichtung bereits zu einem früheren Zeitpunkt insoweit noch heute ein Dringlichkeitsinteresse für den Erlass einer weitergehenden einstweiligen Anordnung bestehen würde.
22 
Ein Dringlichkeitsinteresse folgt auch nicht daraus, dass für einen vorübergehenden Zeitraum der Antragsteller und sein Bruder nur Plätze in zwei unterschiedlichen Einrichtungen angeboten bekommen haben. Die städtische Tageseinrichtung H. und die katholische Kindertagesstätte liegen in dem selben Stadtteil der Großstadt S. wie die Wohnung der Familie. Ausweislich der Fahrplanauskünfte ist von der Wohnung der Eltern aus die katholische Kindertagesstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln einschließlich Fußweg in 16 Minuten zu erreichen, die entsprechende Zeit bis zur städtischen Kindertagesstätte beträgt 13 Minuten; für den mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegenden Weg zwischen beiden Kindertagesstätten werden je nach Verbindung zwischen 21 und 27 Minuten ausgewiesen. Der jeweilige Weg bewegt sich innerhalb der vom Senat in Hauptsacheverfahren als grobe Richtschnur herangezogenen Grenze von 30 Minuten pro Wegstrecke für die örtliche Zumutbarkeit eines angebotenen Betreuungsplatzes (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.2016 - 12 S 1782/15 - juris Rn. 42). Die für beide Tagesstätte gemeinsam aufzubringende Wegezeit erreicht allerdings etwa 45 Minuten. Es ist im Allgemeinen schon keine außergewöhnliche Situation, wenn bei zwei Kindern unterschiedliche Betreuungseinrichtungen angefahren werden müssen, z.B. ein Kinder ist unter drei, das zweite schon über drei Jahre. Dass im vorliegenden Fall dieser erhöhte Aufwand - vor allem wenn ein Elternteil regelmäßig allein beide Kinder zur jeweiligen Einrichtungen bringt und abholt - auch für die nur vorübergehende Zeit (ausgehend vom entsprechenden Schriftsatz der Antragsgegnerin ab Mai bis einschließlich August 2018) unzumutbar (gewesen) wäre, ist nicht hinreichend dargelegt.
23 
Soweit die Eltern des Antragstellers vortragen, solches sei mit ihren Arbeitszeiten nicht zu vereinbaren, lässt sich dies anhand einer Gesamtschau ihrer vorliegenden Erklärungen nicht nachvollziehen. Aus der Eidesstattlichen Versicherung der Mutter des Antragstellers vom 10. Juni 2018 erschließt sich, dass sie derzeit nicht arbeitet, aber sofort wieder arbeiten würde, wenn eine Betreuung vorhanden wäre, ihr Arbeitgeber in der L. Str. würde sie aber ausschließlich in der Zeit ab 8 Uhr einsetzen, ein Arbeitsbeginn vor 8 Uhr habe er abgelehnt. Dies entspricht dem Vortrag im Schriftsatz vom 8. Juni 2018. Im Schriftsatz vom 7. Juni 2018 heißt es, die Mutter müsse ihre Arbeit um 8 Uhr aufnehmen; die Einrichtung H. öffne erst um 7.30 Uhr, was mit ihrer um 8 Uhr beginnenden Erwerbstätigkeit nicht zu vereinbaren sei. Konsequenz dessen wäre aber dann, dass mit Blick auf die Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmittel zu ihrer Arbeitsstelle auch die ab September 2018 angenommene Tagesstätte St. T., die um 7.30 Uhr öffnet, es ihr nicht verlässlich ermöglichen würde, zeitgerecht ihre Arbeit aufzunehmen. Dies ist in sich nicht schlüssig und lässt sich wiederum nicht in Einklang bringen mit ihrem Vortrag vom 24. Januar 2018, wonach die tägliche Betreuung frühestens um 7.30 Uhr beginnen muss und ausschließliches Kriterium für die Lage der Kindertagesstätte die Nähe der Wohnung ist. Dies deutet auf die Möglichkeit eines flexiblen (Teilzeit-)Arbeitseinsatzes hin. Hierfür sprechen zudem die weiteren Angaben unter diesem Datum, wonach ihre Arbeitszeiten sein sollen 20 bis 24 Stunden pro Woche, Montag bis Donnerstag, ca. 5 bis 6 Stunden täglich.
24 
Dass vor dem Hintergrund der eigenen (beruflichen) Situation der Mutter des Antragstellers das Holen und Bringen beider Kinder in bzw. aus verschiedenen Einrichtungen im relevanten Zeitraum und unter den Bedingungen einer Großstadt nicht vernünftig erfolgen könnte, erschließt sich nicht - insbesondere wenn man im Übrigen einstellt, dass die Öffnungszeiten der Städtischen Kita H für Kinder ab 0 Jahren auf der Homepage von Montag bis Freitag von 6.30 Uhr bis 17.00 ausgewiesen werden und daher im Vergleich zur katholischen Einrichtung ein sehr weites Zeitfenster hierfür zur Verfügung steht. Ferner werden in der Erklärung vom 24. Januar 2018 auch die Arbeitszeiten des in Vollzeit tätigen Partners als flexibel und beginnend ab 8.30 Uhr angegeben.
25 
Dass ein Elternteil - wie hier die Mutter des Antragstellers - das Kind aktuell betreut und auch überwiegend das Bringen zur und Holen von der Tagesstätte übernimmt und der andere Elternteil berufsbedingt - sei es durch Auslandsreise oder andere Projekte - zumindest immer wieder zeitweise hierfür gar nicht zur Verfügung steht (vgl. hierzu auch die Eidesstattlichen Versicherungen beider Elternteile vom 6. Juni 2018 sowie diejenige der Mutter vom 24.01.2018), ist Teil der gemeinsamen Lebensplanung der Eltern. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe eines Eilverfahrens, diesem Lebensentwurf durch aus Sicht der Eltern räumlich und zeitlich vorzugswürdigere Plätze in einer einzigen Einrichtung in jeder Hinsicht Rechnung zu tragen.
26 
Soweit schließlich für den Antragsteller oder seinen Bruder zum September ein Wechsel der Betreuungseinrichtung erforderlich wird, ist das kein Verstoß gegen Verfassungsrecht. Entgegen der mit Schriftsatz vom 8. Juni 2018 geäußerten Auffassung werden weder die Eltern noch das betroffene Kind unter Verstoß gegen die Menschenwürde und das grundgesetzlich verbürgte Elternrecht hierdurch zum Objekt staatlichen Handelns gemacht. Die Eltern haben erklärt, dass beide Kinder in ein und derselben Einrichtung untergebracht werden „sollen“; sie können sich auch vorstellen, den Betreuungsplatz unter bestimmten Bedingungen zu wechseln (vgl. hierzu etwa die Eidesstattliche Versicherung vom 20.02.2018). Daraus ist zu schließen ist, dass eine ggfs. erneute Eingewöhnung kein durchgreifendes Hindernis ist. Dass im vorliegenden Fall das Wohl der Kinder ausschließlich bei einer stets gemeinsamen Unterbringung in derselben Einrichtung gewahrt wäre, ist nicht substantiiert vorgetragen.
III.
27 
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 VwGO.
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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Gründe

 
Der am ... geborene Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der die Antragsgegnerin verpflichtet werden soll, ihm ab dem 01.03.2018 vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache einen Betreuungsplatz zur frühkindlichen Förderung in einer Kindertageseinrichtung zur Verfügung zu stellen.
Ausweislich der beigezogenen Behördenakten und der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen ist der Antragsteller beim Jugendamt der Antragsgegnerin seit dem 13.11.2016 registriert. Nach einer vom Antragsteller vorgelegten E-Mail des Jugendamts der Antragsgegnerin vom 13.11.2016 meldete der Antragsteller seinen Platzbedarf am 13.11.2016 an. Dieses Anmeldungsschreiben der Eltern des Antragstellers legte der Antragsteller nicht vor. Mit Schreiben vom 23.11.2017 meldeten sich die Eltern des Antragstellers erneut unter Hinweis auf den Rechtsanspruch gem. § 24 SGB VIII über die Plattform Juniko zum 01.03.2018 an. Sie gaben in dieser Anmeldung drei Wunsch-Kindertagesstätten an und baten weitere Einrichtungen zu nennen, in denen eine Platzvergabe möglich erscheine, und meldeten den Antragsteller vorsorglich auch dort an. Die Betreuung solle über fünf bis maximal sieben Stunden erfolgen. Ein ablehnender Bescheid durch die Antragsgegnerin erging bisher nicht. Allerdings hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schriftsatz vom 19.02.2018 ab September 2018 einen Platz im Katholischen Kindergarten ... angeboten. Dieser Platz wurde vom Antragsteller akzeptiert, der vorliegende Eilantrag aber dennoch aufrechterhalten. Zur Begründung trägt der Antragsteller ergänzend vor, die Annahme des Angebots sei zur Schadensminderung erfolgt. Außerdem sei der Anspruch des Antragstellers für die Zeit vor dem 01.09.2018 weiterhin unerfüllt.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass einerseits ein Anspruch glaubhaft gemacht wird, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll (Anordnungsanspruch), und dass andererseits die Gründe glaubhaft gemacht werden, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen (Anordnungsgrund).
Es mangelt an der Glaubhaftmachung eines fälligen Anordnungsanspruchs.
Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII hat ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 SGB VIII richtet sich der Umfang der täglichen Förderung nach dem individuellen Bedarf. Zwar ist der Antragsteller am 01.03.2018, zu dem er einen Platz in einer Kindertageseinrichtung begehrt, ein Jahr alt. Er hat jedoch die Fälligkeit des Anspruchs nicht glaubhaft gemacht.
§ 24 Abs. 2 SGB VIII regelt nicht explizit, wann der Anspruch auf frühkindliche Förderung fällig wird. Lediglich § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII normiert, dass Landesrecht bestimmen kann, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen. Eine solche Regelung enthält § 3 Abs. 2a Satz 1 KiTaG BW, wonach die erziehungsberechtigten Personen sechs Monate vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung den Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Kenntnis setzen müssen. Allerdings ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dass der Antrag auf Zuweisung eines Betreuungsplatzes auch bestimmte inhaltliche Anforderungen zu erfüllen hat. Der Leistungsberechtigte muss gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe diejenigen tatsächlichen Angaben tätigen, die dieser zur Erfüllung des Anspruchs benötigt (vgl. BVerwG, U. v. 26.10.2017 - 5 C 19/16 -, juris). Da der Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet ist, einen Platz in zumutbarer Entfernung zum Wohnort des Leistungsberechtigten nachzuweisen, ist ein räumlicher Anknüpfungspunkt für den Betreuungsplatz mitzuteilen. Außerdem benötigt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe insbesondere den Zeitpunkt, zu dem der Bedarf entsteht, sowie den Umfang der täglichen Betreuungszeiten.
Die Erfüllung dieser Anforderungen hat der Antragsteller vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Zwar erfüllt der am 23.11.2017 über die Plattform Juniko gestellte Antrag die inhaltlichen Anforderungen an einen Antrag auf Zuweisung eines Betreuungsplatzes. Er wahrt aber nicht die sechsmonatige Frist des § 3 Abs. 2a Satz 1 KiTaG BW, da darin ein Betreuungsplatz bereits ab dem 01.03.2018 beantragt wird. Nach einer vorgelegten Eingangsbsestätigungs-E-Mail der Antragsgegnerin vom 13.11.2016 haben zwar die Eltern des Antragstellers bereits am 13.11.2016 einen Platzbedarf angemeldet. Allerdings ist nicht glaubhaft gemacht, dass die damalige Anmeldung auch die erforderlichen inhaltlichen Kriterien erfüllt. Der Antragsteller hat das entsprechende Schreiben an die Antragsgegnerin nicht vorgelegt und auch nicht vorgetragen, welchen konkreten Inhalt das Anmeldungsschreiben hatte. Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens hat die Antragsgegnerin auch darauf hingewiesen, dass ihr das Schreiben vom 13.11.2016 nicht vorliege und angesichts des erneuten Antrags vom 23.11.2017 davon auszugehen sei, dass der Antragsteller den Antrag aus dem Jahr 2016 als ungültig betrachte. Der Antrag vom 23.11.2017 wahre die Frist des § 3 Abs. 2a KiTaG BW nicht. Auch daraufhin legte der Antragsteller das Schreiben vom 13.11.2016 weder vor noch ergänzte er seinen Vortrag zum Inhalt des Schreibens.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
10 
Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus §§ 33 Abs. 1, 23 Abs. 1 RVG, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand: Juli 2013). Das Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, wonach es bei der Zurverfügungstellung eines Platzes in einer Tageseinrichtung nicht um laufende Leistungen geht, sondern vielmehr der Auffangwert maßgeblich ist (vgl. VGH BW, B. v. 07.12.2016 - 12 S 1887/16 -).

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.

(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.

(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.

(4) Sichere Übermittlungswege sind

1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt,
2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
Das Nähere zu den Übermittlungswegen gemäß Satz 1 Nummer 3 bis 5 regelt die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 2.

(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.

(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.

(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.

(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.

(4) Sichere Übermittlungswege sind

1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt,
2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
Das Nähere zu den Übermittlungswegen gemäß Satz 1 Nummer 3 bis 5 regelt die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 2.

(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.

(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen Nutzungsänderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück (Flst. Nr. ...) befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Grundstück (Flst. Nr. ...) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“. Die Grundstücke der Antragsteller zu 4 und zu 5 grenzen südlich bzw. südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen an und befinden sich innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets. Das Grundstück der Antragstellerin zu 3 befindet sich südwestlich des Grundstücks des Beigeladenen auf der anderen Seite der „... Straße“ im Geltungsbereich eines weiteren Bebauungsplans, der dort ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die Antragsteller haben gegen die genehmigte Nutzungsänderung Widerspruch erhoben. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt: Die Widersprüche der Antragsteller zu 3 bis 5 seien ersichtlich aussichtslos. Da sich deren Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ befänden, könnten sie sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen die Antragsteller zu 3 bis 5 durch das Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sein könnten. Hingegen erwiesen sich die Erfolgsaussichten der Widersprüche der Antragsteller zu 1 und 2 als offen. Sie könnten sich auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Die genehmigte Gemeinschaftsunterkunft sei zwar nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet nicht zulässig. Sie sei indes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO durch die Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen worden. Asylbewerberunterkünfte seien Einrichtungen für soziale Zwecke im Sinne dieser Vorschrift. Die Zulassung auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setze aber voraus, dass die Gemeinschaftsunterkunft mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vereinbar sei. Entscheidend sei, ob ein Vorhaben generell geeignet sei, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vertrage. Ob sich nach diesen Grundsätzen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertrage, das geprägt sei von werktätiger Geschäftigkeit, sei offen. Ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft um eine wohnähnliche Nutzung handele, könne nach den vorgelegten Bauunterlagen nicht festgestellt werden. Die Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die notwendige Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Da es sich im Wesentlichen um eine Nutzungsänderung eines vorhandenen Gebäudes handele, wäre die Nutzung nach einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Baugenehmigung einzustellen, ohne dass die Antragsteller durch die geringfügigen baulichen Änderungen in ihren Rechten verletzt würden.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche begehren. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässigen (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 sind begründet. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs ist anzuordnen (1.). Hingegen haben die zulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 keinen Erfolg (2.).
1. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und 2 Anlass. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügen die Antragsteller zu Recht die Richtigkeit der den angefochtenen Beschluss tragenden Rechtsauffassung, die Erfolgsaussichten ihrer Widersprüche seien offen (a)). Die deshalb erforderliche Prüfung ihres Rechtsschutzbegehrens durch den Senat an den allgemeinen Maßstäben des § 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche (b)).
a) Die Rüge der Antragsteller zu 1 und 2, wonach sich das Verwaltungsgericht fragen lassen müsse, weshalb es sich bei der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine wohnähnliche Nutzung handele, obwohl es selbst „Bezüge zu einer Wohnnutzung“ festgestellt habe und es nicht bezweifelt werden könne, dass es sich bei Gemeinschaftsunterkünften jedenfalls um wohnähnliche Nutzungen handele, greift zunächst hinsichtlich der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts durch, dass diese Frage offen sei.
10 
Der Ansatz des Verwaltungsgericht, dass es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber um eine wohnähnliche Nutzung handele, weil dies nach den genehmigten Bauvorlagen nicht festgestellt werden könne, ist nämlich nicht zutreffend. Denn wäre der Baugenehmigung die mit ihr zugelassene Art der baulichen Nutzung nicht zu entnehmen, handelte es sich um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus § 37 Abs. 1 LVwVfG; die Baugenehmigung erwiese sich bereits als rechtswidrig. Insoweit kann es bei der Drittanfechtung der Baugenehmigung auch nicht auf die tatsächliche sondern allein auf die genehmigte Art der Nutzung ankommen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 LBO Rn. 33). Die Kategorisierung der genehmigten Nutzungsart hat nämlich anhand der Vorgaben der einschlägigen Baunutzungsverordnung - hier die Fassung der Bekanntmachung vom 26.11.1968 (BGBl. I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11) BauNVO 1968 - und der Bauvorlagen zu erfolgen. Die Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr genehmigten Art der baulichen Nutzung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch beantwortet werden, so sie denn entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist den genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt jedenfalls zu entnehmen, dass eine wohnähnliche Nutzung genehmigt ist (siehe nachfolgend b) aa) (b) (aa)).
11 
b) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2009 - 9 S 70.08 - juris Rn. 3 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 - BauR 2007, 861 und vom 08.05.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 - VBlBW 205, 282; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 115).
12 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) - sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 1 und 2. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die angegriffene Baugenehmigung in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen wird und sie die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen dürfte, so dass sie wohl aufzuheben sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13 
aa) Auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die streitbefangene Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1) in bauplanungsrechtlicher Hinsicht eine Anlage für soziale Zwecke sein kann, kommt es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache allerdings nicht an. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erweist sich die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich als rechtswidrig.
14 
(a) Sollte es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft um keine Anlage für soziale Zwecke handeln, wäre sie in dem (beschränkten) Gewerbegebiet ersichtlich unzulässig, da sie dann weder unter den hier eingeschränkten Katalog von Nutzungsarten nach § 8 Abs. 2 BauNVO 1968 noch unter eine andere in § 8 Abs. 3 BauNVO 1968 für ausnahmsweise zulässig erklärte Nutzungsart fallen könnte. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er nach seiner bisherigen Rechtsprechung bei einer „heimmäßigen Unterbringung“ von Asylbewerbern das Vorliegen einer Anlage für soziale Zwecke angenommen hat (Senatsurteil vom 11.05.1990 - 8 S 220/90 - juris Rn. 23 = NVwZ 1990, 1202) und eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet bislang allein in Fällen einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) als rechtmäßig angesehen hat (Senatsbeschlüsse vom 17.07.1992 - 8 S 1621/92 - DÖV 993, 257 und vom 29.09.1993 - 8 S 2160/93 - NVwZ 1994, 800 (801)). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Gemeinschaftsunterkunft ,„zumindest“ als Einrichtung für soziale Zwecke angesehen und offen gelassen, ob die Unterbringung von Asylbewerbern generell als Wohnnutzung einzustufen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173).
15 
(b) Ebenfalls bauplanungsrechtlich unzulässig wäre die Gemeinschaftsunterkunft, wenn es sich bei ihr um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 handeln sollte. Denn eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet deshalb auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
16 
(aa) Die Wohnähnlichkeit der Nutzung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Baurechtlich genehmigt ist die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen für den dauernden Aufenthalt von 68 Personen. Diese können sich in den ihnen zugewiesenen Räumen und den Gemeinschaftsräumen uneingeschränkt zu jeder Zeit aufhalten. Für den einzelnen Asylbewerber stellt sich die Gemeinschaftsunterkunft daher regelmäßig für die Dauer seines Asylverfahrens als sein räumlicher Lebensmittelpunkt dar; erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens (oder mit einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil, § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) endet in aller Regel die vorläufige Unterbringung (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen - Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG - vom 11.03.2004, GBl. S. 99, zuletzt geändert durch Art. 71 der Achten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 25.01.2012 (GBl. S. 65)), die grundsätzlich in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG. Der gesetzliche Begriff der vorläufigen Unterbringung aus § 6 FlüAG grenzt dabei lediglich die Unterbringungsform von derjenigen der Anschlussunterbringung (vgl. §§ 11 ff. FlüAG) ab. Aus ihm kann gerade nicht auf eine nur unbeachtlich kurze Dauer der Unterbringung des einzelnen Asylbewerbers geschlossen werden. Hinsichtlich der Verweildauer ist zu berücksichtigen, dass ein Asylverfahren auch bei günstigem Verlauf die Dauer von einigen Monaten kaum unterschreiten kann, häufig tatsächlich diese Zeit aber deutlich überschreiten wird. So gibt etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Gesamtverfahrensdauer für das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von 12,2 Monaten an, die sich im ersten Halbjahr 2012 auf 13,1 Monate erhöht hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt, Nürnberg 2012, S. 40). Im Jahr 2011 lag der Median-Wert der Verfahrensdauer bei acht Monaten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen 2011, Nürnberg 2011, S. 54). Die sich daraus ergebende nicht nur kurze Verweildauer des Einzelnen in der Unterkunft als seinem Lebensmittelpunkt - die dessen Schutzwürdigkeit bauplanungsrechtlich grundsätzlich erhöht - ist letztlich ausschlaggebend für die Einstufung der Nutzung als „wohnähnlich“ (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 zu einem Arbeitnehmerwohnheim als „Beherbergungsbetrieb“).
17 
(bb) Aus der Wohnähnlichkeit ihrer Nutzung folgt, dass eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber trotz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in einem Gewerbegebiet mangels ihrer Gebietsverträglichkeit nicht ausnahmsweise zulässig ist.
18 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 (158)). Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Neben der Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO kann allein ein sehr kurzfristiger, vorübergehender Aufenthaltszweck in Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 (1385)). Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich.
19 
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erweist sich damit eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet als nicht ausnahmsweise zulässig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Nichts anderes gilt hier aufgrund der Festsetzung eines beschränkten Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 4 BauNVO 1968. Denn auch ein derartiges Gebiet entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439 (440)). Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Rechtsauffassung des Beigeladenen nicht zutrifft, dass das Verwaltungsgericht es dem Hauptsacheverfahren überlassen müsse, die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets zu klären. Denn bezogen auf die Zweckbestimmung des Gebiets nach § 8 BauNVO 1968 stellen sich keine nicht höchstrichterlich abschließend geklärten Fragen. Die Eigenart des konkreten Gewerbegebiets des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ ist für die typisierende Gebietsverträglichkeit der zugelassenen Nutzung nicht relevant, sondern erst bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
20 
bb) Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377), mit der Folge, dass eine rechtswidrige baurechtliche Zulassung einer Nutzungsart - so wie sehr wahrscheinlich hier - die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet auch in eigenen Rechten verletzt.
21 
c)Gegebenenfalls wird die Widerspruchsbehörde die im bisherigen Verfahren von keinem der Beteiligten erörterte Frage zu klären haben, ob die Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht (teilweise) von der möglicherweise ursprünglich erteilten Baugenehmigung für ein Wohnheim mit umfasst und abgedeckt wird, sofern diese Baugenehmigung noch wirksam sein sollte. Dann käme es gegebenenfalls jedenfalls für einen Teil der Nutzung auf die Rechtmäßigkeit der hier gegenständlichen Baugenehmigung nicht an. Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass bereits ursprünglich eine wohnähnliche Nutzung genehmigt worden sein sollte, sich dies möglicherweise auch auf die Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 1 und 2 auswirken kann.
22 
d) Angesichts der nach dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich rechtswidrigen und die Antragsteller in eigenen Rechten verletzenden Baugenehmigung kommen den privaten Interessen des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung nur geringe Gewichte zu. Die Interessen der Antragsteller an der Abwehr einer rechtswidrigen Nutzung des Grundstücks überwiegen deutlich. Soweit der Beigeladene ein überwiegendes öffentliches Interesse aus Art. 16a GG und der staatlichen Schutz- und Unterbringungspflicht für Asylbewerber einerseits und aus dem akuten Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten andererseits herleiten will, vermag dies hier zu keiner anderen Würdigung zu führen. Der Vortrag bleibt pauschal und unsubstantiiert. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung müsste dem für die Unterbringung zuständigen Land Baden-Württemberg eine anderweitige Unterbringung der in der genehmigten Unterkunft wohnenden Flüchtlinge nicht möglich oder zumutbar sein, um dem Vollzugsinteresse dennoch den Vorrang einräumen zu können. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber gegebenenfalls an eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedacht werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht erteilt.
23 
2. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 haben hingegen aus den dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg.
24 
a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nur zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion zukommt (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 (155) und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377). Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 3 bis 5 mit dem Vortrag, dass es zwar stimme, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch nicht zukomme, mit der planungsrechtlichen Festsetzung „Industriegebiet“ die auf dem benachbarten Baugrundstück geplante wohnähnliche Nutzung unter dem Aspekt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO aber nicht vereinbar sei. Nutzungen nach § 9 BauNVO seien außerhalb der in § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO geregelten Ausnahmen prinzipiell mit wohnähnlichen Nutzungen unvereinbar. Die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährde die bisherige Nutzung der Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5. Mit diesem Vortrag sind mögliche Erfolgsaussichten der Widersprüche dieser Antragsteller nicht dargetan. Denn allein der Umstand, dass die in einem festgesetzten Industriegebiet liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5 unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzen, sagt noch nichts über die behauptete Rücksichtslosigkeit der Nutzungsänderung aus. Die beiden Antragsteller behaupten zwar, die bisherige Grundstücksnutzung sei durch „die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährdet“. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert. Weder im bisherigen behördlichen Verfahren bis zur Erteilung der Baugenehmigung noch im gerichtlichen Verfahren nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO haben die Antragsteller nämlich zu den auf ihren Grundstücken genehmigten Nutzungen konkret vorgetragen. Allein der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren dazu verhalten, was mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier aber nicht zugunsten der Antragsteller relevant sein kann. Damit verfehlt die Beschwerde die einzelfallbezogene Sichtweise, die das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314).
25 
Soweit die Beschwerde zutreffend darauf hinweist, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 3 in einem festgesetzten Industriegebiet liege, führt dies ebenfalls zu keiner ihr günstigeren Entscheidung. Mit der Beschwerde wird nicht dargetan, was aus dem Umstand, dass das Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet - das nicht dasjenige ist, in dem sich das Grundstück des Beigeladenen befindet - folgen soll. Ein Gebietserhaltungsanspruch kommt der Antragstellerin zu 3 jedenfalls ebenso wie den Antragstellern zu 4 und 5 nicht zu.
26 
b) Im Übrigen weist der Senat jedoch für das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Antragsteller zu 4 und 5 auf folgende zwei Gesichtspunkte hin. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Behördenakten hat der Antragsteller zu 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ... (... Straße ...) zwar Widerspruch eingelegt. Jedoch finden sich von ihm keine innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBO erhobenen Einwendungen, so dass er aufgrund von § 55 Abs.2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen sein könnte. Insbesondere wird weder der Antragsteller zu 4 noch das Grundstück „... Straße ...“ im Einwendungsschreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 erwähnt. Auch die Antragstellerin zu 5 hat innerhalb der Vierwochenfrist keine in den Bauakten dokumentierten Einwendungen erhoben. Jedoch finden sich im Einwendungsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 Einwendungen einer „... GmbH“ bezogen auf das Grundstück ... Straße ... Hier könnte es sich um eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung der Antragstellerin zu 5 handeln, was gegebenenfalls aufzuklären wäre.
27 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
28 
Da der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern zu 3 bis 5 anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten des insoweit obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen er und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 1 und 2 - unterlegen sind.
29 
4. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG. Da mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden können, ist der Streitwert von 7.500 EUR - je betroffenem Grundstück - zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert von 15.000,- EUR (4*3.750,- EUR) festzusetzen ist.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Gründe

 
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und der Grund, weshalb es des Erlasses einer einstweiligen Anordnung bedarf, (Anordnungsgrund) sind dabei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ob eine Regelungsanordnung nötig erscheint, beurteilt sich nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Danach kommt eine Regelungsanordnung nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre und auch ein Zuwarten auf die Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar wäre.
1. Soweit der Antragsteller wörtlich beantragt hat, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seiner Betreuung im Kindergarten der Beigeladenen „...“ (genauer: „…“) ab dem 01.05.2016 ihre Zustimmung zu erteilen, ist dieser Antrag bereits unzulässig, weil dem Antragsteller, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat, ohne dass der Antragsteller darauf erwidert hätte, für ein solches Begehren (im Wortsinne) die Antragsbefugnis fehlt. Die Frage der Zustimmung der Antragsgegnerin zur Aufnahme eines Kindes in einen Kindergarten (in der Trägerschaft) der Beigeladenen hat ihre Grundlage allein in einer (Finanzierungs-)Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen (genau: „Vertrag über die kommunale Finanzierung von Kindertageseinrichtungen in …“) sowie in der offenbar nicht schriftlich fixierten, zwischen den Vertragsparteien einvernehmlich geübten Praxis einer erforderlichen Zustimmung der Antragsgegnerin zur Bezuschussung der durch Kinder mit auswärtigem Wohnsitz erzeugten Betriebskosten. Sie betrifft damit allein das Innenverhältnis zwischen den Partnern dieser Vereinbarung. Diese Vereinbarungen bzw. Abreden dienen allein der Finanzierung der von der Beigeladenen (auch im Interesse der Antragsgegnerin) unterhaltenen Einrichtung(en); sie enthalten ersichtlich keine Regelung, die die Beigeladene darin hinderte, auswärtige Kinder ohne Zustimmung der Antragsgegnerin in ihren Einrichtungen aufzunehmen; in diesem Fall müsste die Beigeladene lediglich die Kosten der Betreuung umfassend tragen. Der genannten Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen sowie den in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgten Abreden ist nicht zu entnehmen, dass die Vertragspartner durch sie in irgendeiner Weise Rechte Dritter (im Sinne eines Vertrags zugunsten Dritter), vor allem auch von Kindern oder Eltern, begründen wollten. Insoweit kommt einer Zustimmung der Antragsgegnerin zur Aufnahme eines Kindes in einen Kindergarten der Beigeladenen keine unmittelbare Rechtswirkung für den Antragsteller zu, sie hat lediglich (faktischen) Einfluss auf die Willensbildung der Beigeladenen. Selbst wenn die Beigeladene ihre Entscheidung über die Aufnahme des Antragstellers ausschließlich von der Zustimmung, das heißt von einer Finanzierungszusage, der Antragsgegnerin abhängig machte, was zwischen den Beteiligten streitig ist, müsste der Antragsteller sein Aufnahmebegehren allein gegenüber der Beigeladenen verfolgen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21.06.2013 - 1 B 336/13 - (juris). Denn nach dem jenem Fall zugrunde liegenden Sachverhalt war der Antragsgegner - anders als im vorliegenden Fall - offenbar berechtigt, dem Träger der Kindertageseinrichtung die Aufnahme eines ortsfremden Kindes zu untersagen, und der Antragsgegner jenes Verfahrens war außerdem nach dem dort maßgeblichen Landesrecht aufgrund seiner Eigenschaft als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, den Anspruch auf Besuch eines Kindergartens zu erfüllen.
2. Danach könnte der Antrag des Antragstellers nur dann Erfolg haben, wenn er gegenüber der Antragsgegnerin aus einem anderen Rechtsgrund als nach der zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen getroffenen Vereinbarung einen Anspruch auf Verschaffung oder Zuweisung eines Platzes in der Kindertageseinrichtung „...“ der Beigeladenen hätte. Aber hierfür hat der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil der Antragsgegnerin für einen solchen Anspruch die Passivlegitimation fehlt.
Der Anspruch des Antragstellers auf frühkindliche Förderung in einer (Kinder-)Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege beruht auf § 24 Abs. 2 SGB VIII. Dieser Rechtsanspruch richtet sich gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (siehe u. a. Bayer. VGH, Beschluss vom 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, juris; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 RdNr. 18). Wer Träger öffentlicher Jugendhilfe ist, richtet sich gemäß § 69 Abs. 1 SGB VIII nach Landesrecht.
In Baden-Württemberg hat der Landesgesetzgeber durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (in der Fassung vom 17.12.2015, GBl., 1234) - LKJHG - den Träger öffentlicher Jugendhilfe bestimmt. Nach § 1 Abs. 1 LKJHG sind die Land- und Stadtkreise örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Nach den §§ 1 Abs. 1 und 5 Abs. 1 LKJHG können auch Gemeinden vom Sozialministerium mit Zustimmung des Landkreises zum örtlichen Träger der Jugendhilfe bestimmt werden und nach § 6 LKJHG können Landkreise durch öffentlich-rechtlichen Vertrag mit kreisangehörigen Gemeinden, die nicht örtliche Träger der Jugendhilfe sind, vereinbaren, dass diese einzelne Aufgaben der Jugendhilfe eigenständig durchführen. Die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall ist eine kreisangehörige Gemeinde, die nach dem insoweit unstreitigen Vortrag der Beteiligten vom Sozialministerium nicht zum örtlichen Träger der Jugendhilfe bestimmt wurde. Auch für den Abschluss eines Vertrags mit dem Landkreis über die Berechtigung zur Durchführung einzelner Aufgaben der Jugendhilfe gibt es keine Anhaltspunkte. Damit ergibt sich aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Erfüllung des vom Antragsteller geltend gemachten Rechtsanspruchs.
Etwas Anderes gilt auch nicht für den Bereich der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege. Insbesondere das (Landes-)Gesetz über die Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten, anderen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege (in der Fassung vom 01.12.2015, GBl., 1040) - KiTaG - enthält keine Regelungen zu der Frage, gegen wen sich der Rechtsanspruch auf Zuweisung eines Platzes in einer Tageseinrichtung richtet. Diese Frage beantwortet sich allein nach den zuvor genannten Vorschriften des Kinder- und Jugendhilfegesetzes für Baden-Württemberg. Soweit in § 3 KiTaG Verpflichtungen für Gemeinden begründet sind, betreffen diese nur die Bedarfsplanung und die (objektiv-rechtlichen) Verantwortlichkeiten der Gemeinden im (Innen-)Verhältnis zu den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (und ggf. auch den freien Trägern der Jugendhilfe). Danach ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren für den Anspruch des Antragstellers nicht passivlegitimiert.
Dafür spricht bereits der Wortlaut der Regelungen in § 3 KiTaG, wo von einem „Heranziehen“ der Gemeinden bei der Durchführung von Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KiTaG) sowie auf ein „Hinwirken“ der Gemeinden bei der Zurverfügungstellung von Plätzen in einer Tageseinrichtung und in Kindertagespflege die Rede ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 Satz 1 und 2 KiTaG). Schon diese aus früheren Gesetzesfassungen übernommenen Begriffe sprechen gegen eine Verpflichtung der Gemeinden zur Erfüllung subjektiv-rechtlicher Ansprüche. Insoweit hat sich die Rechtslage seit dem 16.12.2008 nicht geändert. Damals (bis zum 15.12.2008) war noch in § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII bundesrechtlich bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe waren, und schon damals sahen § 69 Abs. 5 und 6 SGB VIII vor, dass Landesrecht bestimmen konnte, dass kreisangehörige Gemeinden, die nicht örtliche Träger sind, zur Durchführung von Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege herangezogen werden sowie für den örtlichen Bereich in Abstimmung mit dem örtlichen Träger Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen konnten. Nach allgemeiner Auffassung änderten weder diese bundesrechtlichen Bestimmungen in § 69 Abs. 5 und 6 SGB VIII noch die landesrechtliche Regelung in § 3 des Kindertagesbetreuungsgesetzes in der bis zum 17.02.2006 geltenden Fassung - danach hatten die Gemeinden unbeschadet der Verpflichtung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe darauf hinzuwirken, dass für alle Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt ein Kindergartenplatz oder ein Platz in einer Tageseinrichtung mit altersgemischten Gruppen zur Verfügung stand - etwas daran, dass im Außenverhältnis allein der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung behielt und für die Erfüllung des Rechtsanspruchs aus § 24 SGB VIII zuständig war (siehe hierzu Münder, in: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 5. Aufl. 2006, § 24 RdNrn. 10 f. und § 69 RdNrn. 27 und 33; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 24 RdNrn. 30 f. sowie § 69 RdNrn. 48 f.; Vondung, in: LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 24 RdNr. 14 sowie § 69 RdNrn. 10a f. und 11 ff.; jew. m.w.N. auch zur insoweit einheitlichen verw.-ger. Rspr. in verschiedenen Bundesländern; ebenso auch Fridrich/Lieber, VBlBW 2008, 81 <82>, die die gesetzlich geregelte alleinige Zuständigkeit der Land- und Stadtkreise jedoch wegen der größeren Orts- und Sachnähe der Kommunen [gemeint ist wohl der Gemeinden] für unbefriedigend und praxisfremd halten).
An dieser Konzeption hat die zum 16.12.2008 in Kraft getretene Änderung von § 69 SGB VIII, nach der (nicht mehr durch Bundesrecht, sondern) durch Landesrecht zu bestimmen ist, wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, nichts geändert und auch der Landesgesetzgeber hat in Baden-Württemberg an der bisherigen (vor dem 18.02.2006 geltenden) Regelungskonzeption festgehalten.
So wurden durch (Landes-)Gesetz vom 14.02.2006 (GBl., 30) in § 3 Abs. 1 KiTaG im Wesentlichen die Sätze 1 und 3 eingefügt, wonach die Gemeinden zur Durchführung von Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege nach § 69 Abs. 5 SGB VIII herangezogen wurden und sie darauf hinzuwirken hatten, dass für die Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen oder ergänzend Förderung in Kindertagespflege zur Verfügung stand. Außerdem wurde Absatz 2 eingefügt, wonach die Gemeinden gemäß § 69 Abs. 5 SGB VIII auf ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege für Kinder unter drei Jahren nach § 24 Abs. 3 SGB VIII hinzuwirken hatten.
10 
Durch das (nach der Änderung von § 69 SGB VIII und der damit erstmals zulässigen Bestimmung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch die Länder) erlassene (Landes-)Gesetz zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes vom 03.03.2009 (GBl., 83) - KiTa- und FA-ÄndG - wurde § 3 KiTaG im Wesentlichen insoweit geändert, als ihm Absatz 2a hinzugefügt wurde, in dem bestimmt ist, dass die erziehungsberechtigten Personen die Gemeinde und bei einer gewünschten Betreuung durch eine Tagespflegeperson den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens sechs Monate vor der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Leistung nach § 3 Abs. 2 KiTaG in Kenntnis zu setzen haben und dass die Gemeinde und der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe dabei im Rahmen ihrer Planung zu berücksichtigen haben, dass auch ein Bedarf gedeckt werden kann, der aus einem vom Personensorgeberechtigten nicht zu vertretenden Grund kurzfristig entsteht. Außerdem wurde Absatz 3 neu gefasst, wonach die Gemeinden die nach § 75 SGB VIII anerkannten Träger der freien Jugendhilfe und die privat-gewerblichen Träger, die die rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen für den Betrieb der Einrichtung erfüllen, rechtzeitig an ihrer Bedarfsplanung beteiligen und diese dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe anzuzeigen ist. Schließlich enthielt das Gesetz vom 03.03.2009 bereits eine Änderung von § 3 Abs. 2 KiTaG, die allerdings (nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 KiTa- und FA-ÄndG) erst am 01.08.2013 in Kraft trat. Danach erhielt § 3 Abs. 2 KiTaG folgende (die am 01.08.2013 in Kraft tretende Änderung des § 24 Abs. 2 SGB VIII im Sinne eines Rechtsanspruchs auf einen KiTa-Platz für unter Dreijährige antizipierende) Fassung: „Die Gemeinden haben unbeschadet der Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe auf ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege für Kinder, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nach § 24 Abs. 1 SGB VIII hinzuwirken. Sie haben ferner darauf hinzuwirken, dass für Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres für deren frühkindliche Förderung ein Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege nach § 24 Abs. 2 SGB VIII zur Verfügung steht.“
11 
All diesen Änderungen des Kindertagesbetreuungsgesetzes ist jedoch gemeinsam, dass sich im Außenverhältnis zwischen dem Inhaber eines Rechtsanspruchs aus § 24 SGB VIII (für Kinder unter oder über drei Jahre) und dem Anspruchsverpflichteten nichts geändert hat. Dieser Anspruch ist nach wie vor allein gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe geltend zu machen. In Baden-Württemberg ist für die Bestimmung des Anspruchsverpflichteten weiterhin allein das Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg maßgeblich. Danach sind grundsätzlich allein die Land- und Stadtkreise und nicht die Gemeinden zur Erfüllung von Ansprüchen aus dem Achten Buch Sozialgesetzbuch zuständig. Von den dort, in den §§ 5 und 6 LKJHG, vorgesehenen abweichenden Möglichkeiten ist im Fall der Antragsgegnerin ersichtlich kein Gebrauch gemacht worden (siehe oben). Die zahlreichen Novellierungen des Kindertagesbetreuungsgesetzes haben im Hinblick auf eine Einbeziehung der Gemeinden daran festgehalten, dass diese nur zur Aufgabenerfüllung heranzuziehen sind bzw. dass sie auf die Erreichung bestimmter Ziele hinzuwirken haben. Diese Begriffe der „Heranziehung“ und der „Hinwirkung“ prägten bereits die Rechtslage vor 2006 (vgl. u. a. §§ 24 Abs. 1 und 69 Abs. 5 SGB VIII i.d.F. vom 08.09.2005 [BGBl. I, 2729] sowie § 3 Abs. 1 KiTaG i.d.F. vom 09.04.2003 [GBl., 164]), als es gerade wegen der damals noch geltenden bundesrechtlichen Bestimmung der Zuständigkeiten für die Aufgabenerfüllung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und der insoweit noch fehlenden Gesetzgebungskompetenz der Länder noch keinen Zweifel an der fehlenden Zuständigkeit von Gemeinden im Außenverhältnis gab (siehe oben). Wenn der Landesgesetzgeber eine Abkehr von dieser Konzeption gewollt hätte, hätte dies in der betreffenden Neufassung des Kindertagesbetreuungsgesetzes deutlich Ausdruck finden müssen, was der Gesetzgeber trotz zahlreicher rechtspolitischer Forderungen von verschiedenen Seiten gerade nicht getan hat.
12 
Gegen dieses Ergebnis spricht - entgegen der Auffassung des Antragstellers - auch nicht der in § 3 KiTaG (Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 1) mehrfach verwendete Passus, wonach die Heranziehungs- und Hinwirkungsverpflichtung der Gemeinden unbeschadet der Verpflichtung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gilt. Einen solchen Passus gab es ebenfalls schon in den früheren Fassungen dieser Vorschrift (siehe u. a. § 3 Abs. 1 KiTaG i.d.F. vom 09.04.2003 [a.a.O.]). Hiermit wird seit jeher gerade auf die vorrangige, im Außenverhältnis allein gegebene Zuständigkeit des Trägers der Jugendhilfe und nicht auf eine daneben begründete weitere Zuständigkeit der Gemeinden hingewiesen, ein Verständnis, das, anders als der Antragsteller meint, durchaus auch mit dem Wortlaut dieses Passus‘ zu vereinbaren ist.
13 
Das im vorstehenden Absatz Ausgeführte gilt im Ergebnis auch im Hinblick auf das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten nach § 5 SGB VIII. Dieses Recht besteht uneingeschränkt gegenüber dem gesetzlichen Anspruchsgegner, hier gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, und wird durch die fehlende Zuständigkeit der Gemeinden für die rechtsverbindliche Zuweisung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege nicht geschmälert. Auch insoweit hat sich die aktuelle Rechtslage gegenüber der früheren nicht geändert. Das wird auch deutlich durch einen Blick in § 69 Abs. 5 SGB VIII in der vor dem 16.12.2008 geltenden Fassung, als noch durch Bundesrecht bestimmt war, dass nur die Kreise Träger der Jugendhilfe waren; bereits dort war in Satz 2 ausdrücklich bestimmt, dass das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern nach § 5 SGB VIII unberührt blieb.
14 
Für die weitere alleinige Zuständigkeit der Land- und Stadtkreise als Träger der Jugendhilfe im Außenverhältnis zum leistungsberechtigten sprechen auch weitere systematische Gründe. So sind im Fall zulässiger Selbstbeschaffung nach § 36a Abs. 3 SGB VIII, die auch im Bereich der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 ff. SGB VIII rechtlich möglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.09.2013, NJW 2014, 1256; VG Stuttgart, Urteil vom 28.11.2014, a.a.O.), nach ausdrücklicher bundesrechtlicher Regelung (in § 36a Abs. 3 SGB VIII) nur der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, nicht aber die Gemeinden, zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen verpflichtet; das wäre, wenn die Zuweisung von Plätzen in diesen Einrichtungen den Gemeinden obläge, ein unverständliches, systemfremdes Ergebnis.
15 
Gegen die Auslegung des § 3 KiTaG (in seiner aktuellen Fassung) in dem Sinn, dass dadurch keine direkten Leistungsverpflichtungen der Gemeinden gegenüber den Inhabern eines Rechtsanspruchs nach § 24 SGB VIII begründet werden, sprechen - entgegen der Meinung des Antragstellers - auch die Gesetzgebungsmaterialien nicht. Soweit dort u. a. in der Begründung des Gesetzentwurfs vom 25.11.2005 (LT-Drs. 13/4869, 11) die Rede ist von einer Klarstellung der Zuständigkeiten der Gemeinden für die in § 24 Abs. 1 bis 3 SGB VIII geregelten Aufgaben, sind damit ersichtlich die Aufgaben der Gemeinden in der Bedarfsplanung gemeint. Das wird weiter klargestellt in der Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes vom 25.11.2008, in der ausdrücklich ausgeführt ist, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe - und auch die Gemeinden im Rahmen ihrer Bedarfsplanung - müssten die Auswahlentscheidungen der Eltern grundsätzlich akzeptieren, und weiter, die Änderung von § 3 Abs. 2 KiTaG betreffe die objektiv-rechtliche Verpflichtung der Kommunen für den Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII auf frühkindliche Förderung (LT-Drs. 14/3659, 16). Sowohl der erläuternde Hinweis auf die Bedarfsplanung der Gemeinden als auch die ausdrückliche Betonung des objektiv-rechtlichen Charakters der Verpflichtung der Gemeinden belegen, dass die Gemeinden nicht Verpflichtete eines subjektiv-rechtlichen Anspruchs aus § 24 SGB VIII sein sollen, sondern dass ihre Verpflichtung im Innenverhältnis gegenüber den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe besteht, bei denen die Gesamtverantwortung und Verpflichtung zur Gewährleistung der Rechtsansprüche aus § 24 SGB VIII verbleiben (im Erg. ebenso Dürr, Kindergartenrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2011, § 3, S. 58 bis 60; so auch, gerade unter besonderer Berücksichtigung des aktuellen baden-württembergischen Landesrechts, Vondung, in: LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 69 RdNr. 22, m.w.N.).
16 
Dem widerspricht auch nicht die Regelung in § 3 Abs. 2a KiTaG, wonach die Erziehungsberechtigten die Gemeinde mindestens sechs Monate vor der Inanspruchnahme über einen Betreuungswunsch in einer Kindertageseinrichtung in Kenntnis zu setzen haben. Diese Regelung soll die Gemeinden gerade bei ihrer Bedarfsplanung unterstützen und ihnen eine rechtzeitige Reaktion zur Erfüllung ihrer gegenüber dem Jugendhilfeträger bestehenden Verpflichtung zur Bereitstellung von Betreuungsplätzen ermöglichen. Dass diese Anmeldung bei einer gewünschten Betreuung in der Tagespflege nicht gegenüber der Gemeinde, sondern gegenüber dem Träger der Jugendhilfe zu erfolgen hat, hat seinen Grund darin, dass für den Bereich der Kindestagespflege nach § 8b KiTaG die Träger der Jugendhilfe noch weitgehender zuständig sind als bei der Förderung in Tageseinrichtungen und dass die Gemeinden insoweit auch im Hinblick auf die Bedarfsplanung keine Zuständigkeiten besitzen.
17 
Angesichts der hiernach fehlenden Passivlegitimation der Antragsgegnerin für den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch können die weiteren zwischen den Beteiligten ausgiebig erörterten Streitfragen hier dahingestellt bleiben.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3 sowie 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 278/15
Verkündet am:
20. Oktober 2016
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 839 Abs.1 Satz 1 Cb Fe; GG Art. 34; SGB VIII § 24 Abs. 2 (F: 1. August
2013)

a) Der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe verletzt seine Amtspflicht,
wenn er einem gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII (in der ab dem 1. August 2013
geltenden Fassung) anspruchsberechtigten Kind trotz rechtzeitiger Anmeldung
des Bedarfs keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellt. Für das Verschulden
des Amtsträgers kommt dem Geschädigten ein Beweis des ersten
Anscheins zugute.

b) Die mit dem Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII korrespondierende Amtspflicht
bezweckt auch den Schutz der Interessen der personensorgeberechtigten
Eltern.

c) In den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht fällt auch der Verdienstausfallschaden
, den Eltern dadurch erleiden, dass ihr Kind entgegen § 24 Abs. 2
SGB VIII keinen Betreuungsplatz erhält.
BGH, Urteil vom 20. Oktober 2016 - III ZR 278/15 - OLG Dresden
LG Leipzig
ECLI:DE:BGH:2016:201016UIIIZR278.15.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter und die Richterin Dr. Arend

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. August 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin begehrt von der beklagten Stadt im Wege der Amtshaftung Ersatz von Verdienstausfall (nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten) wegen unterbliebener Bereitstellung eines Betreuungsplatzes für ihre am 18. Januar 2013 geborene Tochter.
2
Mit Schreiben vom 21. Mai 2013 meldete die Klägerin für ihre Tochter bei der Beklagten Bedarf für einen Kinderbetreuungsplatz für die Zeit ab dem 19. Januar 2014 an. In ihrer Eingangsbestätigung vom 2. Juli 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Nachfrage nach Betreuungsplätzen im ge- samten Stadtgebiet besonders hoch sei und derzeit die verfügbaren Kapazitäten übersteige. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass ihr Ehemann voll berufstätig sei und sie selbst beabsichtige , ab dem 19. Januar 2014 wieder in Vollzeit zu arbeiten, so dass der Betreuungsplatz dringend benötigt werde. Nach mehreren Bewerbungen in Kindertageseinrichtungen sei ihr "vielleicht" ein Platz ab September 2014 in Aussicht gestellt worden, eine Verlängerung der Elternzeit bis dahin sei finanziell aber nicht tragbar. Ab dem 1. August 2013 bestehe ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. In ihrer Eingangsbestätigung vom 27. November 2013 verwies die Beklagte auf ihre Mitteilung vom 2. Juli 2013. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 bat die Klägerin die Beklagte unter Bezugnahme darauf, dass seit dem 1. August 2013 ein dahingehender Rechtsanspruch bestehe, nochmals um Zuteilung eines Betreuungsplatzes für ihre Tochter bis 18. Januar 2014, da sie ab dem 19. Januar 2014 wieder arbeiten müsse. Sofern dies nicht möglich sei, entstehe ihr ein erheblicher finanzieller Schaden, so dass sie rechtliche Schritte einleiten werde. Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 wiederholte die Beklagte ihre früheren Ausführungen. Einen Betreuungsplatz für ihre Tochter erhielt die Klägerin von der Beklagten nicht zugewiesen.
3
Die Klägerin hat behauptet, dass sie sich bereits vor der Geburt ihrer Tochter und in den Monaten danach wiederholt, auch parallel zu ihrer Bedarfsanmeldung gegenüber der Beklagten, bei verschiedenen Betreuungseinrichtungen um einen Platz für ihre Tochter bemüht habe. Zudem habe sie mehrfach persönlich bei der Beklagten vorgesprochen. Nachdem ihre Anstrengungen erfolglos geblieben seien und auch die Beklagte ihr keinen Platz zur Verfügung gestellt habe, habe sie sich gezwungen gesehen, bei ihrem Arbeitgeber eine Verlängerung der zunächst bis zum 17. Januar 2014 laufenden Elternzeit um sechs Monate, also bis zum 17. Juli 2014, zu beantragen. Diesem Wunsch ha- be der Arbeitgeber am 2. Dezember 2013 entsprochen. Erst am 30. Januar 2014 sei es ihr dann gelungen, eigenständig einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung ab dem 1. März 2014 zu organisieren. Eine von ihr angefragte Verkürzung der verlängerten Elternzeit habe ihr Arbeitgeber unter Hinweis auf die bereits erfolgte befristete Einstellung einer Vertretungskraft abgelehnt. Unter Abzug ersparter Betreuungskosten (für die Zeit vom 19. Januar bis 28. Februar 2014) und eines ihr gewährten Landeserziehungsgelds hat die Klägerin ihren Verdienstausfallschaden auf 4.463,12 € berechnet.
4
Die Klägerin hat geltend gemacht, aus dem Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII folge die Amtspflicht der Beklagten, nach rechtzeitiger Bedarfsanmeldung Kindern bei Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte trage insofern die Planungsverantwortung. Diese Amtspflicht beziehe sich nicht allein auf das betreuungsbedürftige Kind, sondern auch auf die erziehungsberechtigten Eltern des Kindes. In ihren Schutzbereich falle auch das berufliche Erwerbsinteresse der Eltern. Ein fehlendes Verschulden habe die Beklagte darzulegen.
5
Die Beklagte hat eine drittschützende Wirkung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII in Abrede gestellt und gemeint, diese Norm bezwecke allein einen Anspruch des Kindes auf frühkindliche Förderung. Sie hat weiterhin entgegnet, sie habe eine ordnungsgemäße Bedarfsplanung vorgenommen; Verzögerungen bei der Errichtung von zusätzlichen Betreuungseinrichtungen habe sie selbst nicht zu vertreten.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Ersturteil abgeändert und die Klage ab- gewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht (BeckRS 2015, 14850) hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar habe die Beklagte ihre aus § 24 Abs. 2 SGB VIII resultierende Amtspflicht, der Tochter der Klägerin zum 18. Januar 2014 einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte zu verschaffen, verletzt. Der Anspruch auf einen Betreuungsplatz bestehe nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität. Ob die Beklagte schuldhaft gehandelt habe, könne allerdings dahinstehen. Denn die Klägerin sei nicht geschützte Dritte der Amtspflicht der Beklagten. Anspruchsberechtigt nach § 24 Abs. 2 SGB VIII sei allein das betreuungsbedürftige Kind. Der Anspruch ziele ausschließlich auf dessen frühkindliche Förderung. Die erziehungsberechtigten Eltern des Kindes seien vom Schutzbereich dieser Norm nicht umfasst. Anderes ergebe sich auch aus den Gesetzesmaterialien nicht. Von den in § 22 Abs. 2 SGB VIII genannten Förderungsgrundsätzen habe der Gesetzgeber ausdrücklich nur die frühkindliche Förderung in § 24 Abs. 2 SGB VIII erwähnt, nicht aber die Hilfe zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung.
Im Übrigen wäre der geltend gemachte Verdienstausfallschaden selbst dann, wenn die Eltern geschützte Dritte sein sollten, vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht nicht erfasst. Dieser beziehe sich allein auf die frühkindliche Förderung , nicht hingegen auf das Erwerbsinteresse der Eltern. Auf die Verletzung von Pflichten aus einem - drittschützenden - öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis (§§ 280, 311, 249 BGB analog) könne die Klage ebenfalls nicht mit Erfolg gestützt werden, weil es an einer entsprechenden Sonderverbindung mit der Beklagten gefehlt habe.

II.


9
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Verletzung von Pflichten aus einem - gegebenenfalls drittschützenden - öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis (§§ 280, 311, 249 BGB analog) verneint. Hiergegen erhebt die Revision auch keine Einwände.
11
2. Soweit die Revision die Klageforderung aus einem Aufwendungsersatzanspruch aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (analog) herleiten möchte, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg.
12
a) § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gewährt einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn die durch diesen zu gewährenden Hilfen vom Leistungsberechtigten selbst beschafft werden. Diese Vorschrift bezieht sich zwar unmittelbar nur auf Hilfen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 bis 6 SGB VIII; sie ist jedoch auf jugendhilferechtliche Leistungen , welche die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege betreffen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3, §§ 22 ff SGB VIII), entsprechend anzuwenden (BVerwGE 148, 13 Rn. 17 ff; Bayerischer VGH, Beschluss vom 17. November 2015 - 12 ZB 15.1191, BeckRS 2016, 41519 Rn. 36; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 25. Oktober 2012 - 7 A 10671/12, KommJur 2013, 21, 22 f und vom 28. Mai 2014 - 7 A 10276/14, BeckRS 2014, 53254; Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 14; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 48; Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 42; Fischer in Schellhorn /Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl., § 24 Rn. 28; Mayer, VerwArch 2013, 344, 371 ff; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385, 390 und NJW 2014, 1216 ff; Rixen, NJW 2012, 2839, 2843).
13
b) Der Aufwendungsersatzanspruch steht aber ebenso wie der Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII nicht den Eltern des zu betreuenden Kindes, sondern allein dem Kind selbst zu (s. BVerwG aaO Rn. 47 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 2014 aaO [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF] unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht im Urteil vom 25. Oktober 2012 aaO S. 24 f; Struck in Wiesner aaO; Mayer aaO S. 372; Schübel-Pfister, NVwZ 2013 aaO; aA Meysen aaO). Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin indes nicht Ansprüche ihrer Tochter, sondern eigene Ansprüche. Zudem stellt der hier geltend gemachte Verdienstausfall eines Elternteils keinen im Rahmen des Anspruchs aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (analog) ersatzfähigen (Mehr-)Aufwand dar (s. VG Köln, Urteil vom 18. März 2016 - 19 K 3699/14, BeckRS 2016, 47915; Mayer aaO S. 376; Schübel-Pfister, NJW 2014, S. 1218).
14
3. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB), der von der Klägerseite in der mündlichen Revisionsverhandlung angesprochen worden ist, steht der Klägerin nicht zu. Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, führen kein "(auch) fremdes Geschäft" (hier: des zuständigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe), sondern nehmen eine originär ihnen selbst obliegende Pflicht wahr (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1631 Abs. 1 BGB; s. Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445, 449; Mayer, VerwArch 2013, 345, 367 ff).
15
4. Rechtsfehlerhaft jedoch hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) abgelehnt.
16
a) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung liegt eine Amtspflichtverletzung der Beklagten vor. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts sind zutreffend.
17
aa) Mit dem durch das Kinderförderungsgesetz (Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege vom 10. Dezember 2008, BGBl. I S. 2403) geschaffenen § 24 Abs. 2 SGB VIII hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 1. August 2013 (Art. 10 Abs. 3 Kinderförderungsgesetz) einem Kind, welches das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung (§ 22 Abs. Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) oder in Kindertagespflege (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) eingeräumt. Hieraus erwächst für den örtlich (§ 86 SGB VIII) und sachlich (§ 85 Abs. 1 SGB VIII) zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 3 Abs. 2 Satz 2, § 69 Abs. 1 SGB VIII i.V.m. dem jeweiligen Landesrecht) die (Amts-)Pflicht, im Rahmen seiner die Planungsverantwortung umfassenden Gesamtverantwortung (§ 79 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 80 SGB VIII) sicherzustellen, dass für jedes anspruchsberechtigte Kind, für das ein entsprechender Bedarf rechtzeitig angemeldet worden ist (§ 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII), ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht; insoweit trifft ihn eine unbedingte Gewährleistungspflicht (Bayerischer VGH, Beschluss vom 17. November 2015 - 12 ZB 15.1191, BeckRS 2016, 41519 Rn. 24; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 20 f; Rixen, NJW 2012, 2839; Mayer, VerwArch 2013, 344, 346 f, 349 f, 358).
18
Die vorbezeichnete Amtspflicht besteht nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität; vielmehr ist der gesamtverantwortliche Jugendhilfeträger gehalten , eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte - freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen - bereitzustellen (vgl. BVerfG, NJW 2015, 2399, 2401 Rn. 43; Bayerischer VGH aaO Rn. 25 f, 41; Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 40; Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl., § 24 Rn. 12; Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl., § 24 Rn. 67; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385, 387; Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 13; Rixen aaO S. 2840 f; Mayer aaO S. 351 f, 365; s. auch Niedersächsisches OVG, NJW 2003, 1826, 1827 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]; aA wohl Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445, 446 f). Diese Pflicht kann der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe dadurch erfüllen, dass er einen (zumutbaren) Platz entweder in einer Tageseinrichtung oder im Rahmen der Kindertagespflege zuweist (so OVG Nordrhein-Westfalen, NJW 2013, 3803, 3804, 3805; VGH Baden -Württemberg, Beschluss vom 29. November 2013 - 12 S 2175/13, BeckRS 2013, 59599; Hessischer VGH, NJW 2014, 1753, 1754 Rn. 8; SchleswigHolsteinisches OVG, Beschluss vom 30. Juni 2014 - 3 MB 7/14, BeckRS 2014, 54048; Sächsisches OVG, NJW 2015, 1546, 1547 Rn. 8; Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 19, 25; Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar aaO Rn. 14; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 389 und NJW 2014, 1216, 1217; aA Bayerischer VGH aaO Rn. 31, 33; Lakies in Münder/Meysen/Trenczek aaO; Rixen aaO S. 2839; Mayer aaO S. 350, 358: verbindliches Wahlrecht der Eltern). Beide Alternativen stehen prinzipiell gleichrangig nebeneinander; dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII und einem Vergleich mit der Regelung in § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (s. Hessischer VGH aaO Rn. 9; Schleswig-Holsteinisches OVG aaO; Rixen aaO; Mayer aaO).
19
bb) Trotz rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfs hat die Beklagte - als zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe - der Tochter der Klägerin zum Ablauf ihres ersten Lebensjahres keinen Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt. Damit hat die Beklagte ihre Amtspflicht zur Erfüllung des Förderanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII verletzt, denn in der Nichterfüllung des Anspruchs liegt zugleich die Amtspflichtverletzung (vgl. hierzu Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 48; Meysen aaO S. 15; Rixen aaO S. 2843; Mayer aaO S. 380 f; aA Pauly/Beutel aaO S. 450).
20
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die hier in Rede stehende Amtspflicht schütze allein die Belange des zu betreuenden Kindes, nicht aber auch die Interessen der personensorgeberechtigten Eltern, ist hingegen von Rechtsfehlern beeinflusst.
21
aa) Ob eine Amtspflicht gegenüber einem geschädigten Dritten besteht, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch - den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen (ständige Senatsrechtsprechung, s. z.B. Urteile vom 11. Juli 1955 - III ZR 178/53, BGHZ 18, 110, 113; vom 12. Juni 1986 - III ZR 146/85, NJW 1987, 585, 586; vom 13. Juli 1989 - III ZR 240/88, BeckRS 1989, 30401299; vom 26. Oktober 1989 - III ZR 147/88, BGHZ 109, 163, 167 f; vom 6. Mai 1993 - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 320 f; vom 18. Februar 1999 - III ZR 272/96, BGHZ 140, 380, 382; vom 26. Juli 2001 - III ZR 243/00, NJW-RR 2002, 124; vom 20. Januar 2005 - III ZR 48/01, BGHZ 162, 49, 55; vom 22. Oktober 2009 - III ZR 295/08, VersR 2010, 346, 348 Rn. 20; vom 13. Oktober 2011 - III ZR 126/10, BGHZ 191, 173, 179 Rn. 14; vom 8. November 2012 - III ZR 151/12, BGHZ 195, 276, 282 f Rn. 14 f; vom 6. Juni 2013 - III ZR 196/12, NJW 2013, 3370, 3371 Rn. 14 und vom 14. Juli 2016 - III ZR 265/15, BeckRS 2016, 14013 Rn. 16 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]).
22
Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die maßgebliche Amtshandlung. Andererseits genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat; die Amtshandlung muss entweder im Interesse des Dritten vorgenommen werden oder in seine Rechtsstellung eingreifen (s. etwa Senatsurteile vom 13. Juli 1989 aaO; vom 8. November 2012 aaO S. 283 Rn. 15; vom 6. Juni 2013 aaO und vom 14. Juli 2016 aaO).
23
Für die Frage, ob der Geschädigte zu dem Personenkreis zu rechnen ist, dessen Interessen durch die Amtspflicht (mit) geschützt werden sollen, oder ob er lediglich reflexartig durch die Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse liegenden Amtspflichten begünstigt wird, kommt es wesentlich darauf an, welche Wertungen und Zielvorstellungen dem betreffenden Gesetz mit den herkömmlichen Auslegungsmethoden zu entnehmen sind (Senatsurteil vom 20. Januar 2005 aaO S. 56).
24
bb) Nach diesen Maßstäben sind die personensorgeberechtigten Eltern geschützte Dritte der mit § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII korrespondierenden Amtspflicht, dem Kind bei rechtzeitiger Bedarfsanmeldung ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen.
25
(1) Nach Wortlaut und Zweck des § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, der Systematik der §§ 22 ff SGB VIII sowie der Regelungsabsicht des Gesetzgebers steht der Förderungsanspruch zwar nicht den Kindeseltern, sondern allein dem Kind selbst zu (Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 22; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385, 386 und NJW 2014, 1216, 1217; Kümper, NVwZ 2015, 1739, 1740; Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445 f; Pernice-Warnke, FamRZ 2015, 905, 906; Mayer, VerwArch 2013, 344, 347, 362; vgl. auch BVerwGE 148, 13 Rn. 47 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 2014 - 7 A 10276/14, BeckRS 2014, 53254 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF] unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht im Urteil vom 25. Oktober 2012, KommJur 2013, 21, 24 f). Dies hindert einen Drittschutz zugunsten der Eltern nach den oben dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen jedoch nicht, weil die hier im Streit stehende Amtspflicht gerade auch den Zweck hat, ihre Belange wahrzunehmen (s. auch Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 47; Rixen, NJW 2012, 2839, 2843; Mayer aaO S. 346, 381; Hahn, LKV 2015, 545, 546; wohl auch: Pernice-Warnke aaO S. 906, 907; aA Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 390 und NJW 2014, S. 1218; Kümper aaO S. 1742).
26
(2) Mit dem Kinderförderungsgesetz, insbesondere der Einführung des Anspruchs nach § 24 Abs. 2 SGB VIII (nF), beabsichtigte der Gesetzgeber neben der Förderung des Kindeswohls auch die Entlastung der Eltern zu Gunsten der Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit. Es ging ihm - auch - um die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben und, damit verbunden, um die Schaffung von Anreizen für die Erfüllung von Kinderwünschen (s. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, BTDrucks. 16/9299 S. 1, 10, 11 f; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/10173, S. 1; s. dazu auch Pauly/Beutel aaO S. 450; Hahn, LKV 2015, 545, 546; Mayer aaO S. 381; vgl. auch Niedersächsisches OVG, NJW 2003, 1826, 1827 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]).
27
Diese Regelungsabsicht hat - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - auch im Gesetzestext ihren Niederschlag gefunden. Im dritten Abschnitt des zweiten Kapitels des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs, betreffend die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (§§ 22-26 SGB VIII), sind zu Beginn die Grundsätze der Förderung beschrieben (§ 22 SGB VIII). Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen danach neben Erziehungs-, Bildungs- und Förderungszwecken auch den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII). Diese Förderungsgrundsätze gelten auch für den Anspruch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII (s. Rixen aaO S. 2840; Mayer aaO S. 346, 381; Hahn aaO S. 546 f; vgl. auch Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 386). Das hiergegen vorgebrachte Argument, in § 24 Abs. 2 SGB VIII sei nur die frühkindliche Förderung erwähnt und keine generelle Be- zugnahme auf § 22 Abs. 2 SGB VIII enthalten (Kümper aaO; Pernice-Warnke aaO S. 906), überzeugt nicht. Die in § 22 Abs. 2 SGB VIII beschriebenen Förderungsgrundsätze gelten ohne Einschränkung und Differenzierung für den gesamten dritten Abschnitt des zweiten Kapitels des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs , also auch für § 24 Abs. 2 SGB VIII. Mit der dort gewählten Bezeichnung "frühkindliche Förderung" wird nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die spezifische Zielsetzung der Förderung der Altersgruppe von einem Jahr bis drei Jahren hervorgehoben und zugleich der Bezug zu den Förderungsgrundsätzen in § 22 SGB VIII hergestellt (BT-Drucks. 16/9299 S. 15). Es ist weder ersichtlich noch gedanklich naheliegend, dass der Gesetzgeber das in § 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII genannte Förderungsziel gerade für den Anspruch in § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht gelten lassen wollte (zutreffend: Hahn aaO S. 547). Vielmehr knüpft der in § 24 Abs. 2 SGB VIII verwendete Begriff "frühkindliche Förderung" uneingeschränkt an die in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII enthaltene Formulierung "gefördert werden" an. In § 22 Abs. 2 SGB VIII werden die Förderungsziele näher bestimmt, die insbesondere auch die Hilfe zugunsten der Eltern , Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser vereinbaren zu können, umfassen.
28
Die für den Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII relevanten Regelungen in § 24 Abs. 5 Satz 1, § 80 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII sehen die Berücksichtigung der elterlichen Interessen vor (s. dazu Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 386; Rixen aaO; Mayer aaO S. 346; Hahn aaO; vgl. ferner OVG Rheinland-Pfalz, KommJur 2013, 21, 24 f). Nach § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, "Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 in Anspruch nehmen wollen", zu informieren und bei der Auswahl zu beraten. Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII haben die Träger im Rahmen ihrer Planungsverantwortung den Bedarf "unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten" zu ermitteln und nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII Einrichtungen und Dienste so zu planen, dass "Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können".
29
Aus dem Gesetz geht sonach deutlich hervor, dass der Gesetzgeber - auch in Bezug auf § 24 Abs. 2 SGB VIII - neben dem Kindeswohl die Belange der Eltern im Blick gehabt hat. Damit hat er zugleich der Erkenntnis Rechnung getragen, dass Kindes- und Elternwohl sich gegenseitig bedingen und ergänzen und zum gemeinsamen Wohl der Familie verbinden (s. Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 386; Kümper aaO). Demgegenüber greift es zu kurz, wenn man es den Eltern unter Hinweis auf die Abgrenzung von Gefahren- und Verantwortungsbereichen schlicht als "eigene Sache" zuweisen wollte, ob sie neben der Kinderbetreuung einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder nicht (so aber Kümper aaO S. 1742 f).
30
Der Einbeziehung der Eltern in den Schutzbereich der mit § 24 Abs. 2 SGB VIII verbundenen Amtspflicht steht der Einwand, insoweit fehle es an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, nicht entgegen (so aber Pauly/Beutel aaO S. 446, 450). Das Bundesverfassungsgericht hat für das Kinderförderungsgesetz keine Bedenken gegen die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge) zu erkennen gegeben und zum Ausdruck gebracht, dass unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit (Art. 72 Abs. 2 GG) auf den Zusammenhang zwischen Kinderbetreuungsmöglichkeit und Möglichkeiten der Beteiligung der Eltern am Arbeitsleben abgestellt und damit an die Bedeutung der Regelungen als Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsfaktor angeknüpft werden darf (s. BVerfG, NJW 2015, 2399, 2403 Rn. 53; zutreffend Hahn aaO S. 546, 547).
31
Die Anerkennung eines Aufwendungsersatzanspruchs aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII analog (s.o., unter 2) lässt ein Bedürfnis für den (Dritt-)Schutz der Eltern nicht entfallen. Denn dieser Anspruch kommt dann nicht zum Zuge, wenn Anstrengungen zur Selbstbeschaffung einer Betreuung erfolglos geblieben sind, und er ist problematisch, wenn die anderweitige Betreuung - auch wenn ein auf die bloße fachliche Vertretbarkeit der Auswahl aus der ex anteSicht der Leistungsberechtigten beschränkter Kontrollmaßstab anzulegen ist (s. BVerwG, NJW 2013, 1111, 1113 f Rn. 34; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 2014 - 7 A 10276/14, BeckRS 2014, 53524; Bayerischer VGH, Beschluss vom 17. November 2015 - 12 ZB 15/1191, BeckRS 2016, 41519 Rn. 39 - den hierfür geltenden Eignungsanforderungen nicht entspricht (s. dazu Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 46, 48; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 49; Mayer aaO S. 379). Einen Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall gewährt dieser Anspruch, wie bereits oben (unter 2) ausgeführt, nicht.
32
Letztlich genügt die Einbeziehung der Eltern in den Schutzbereich der Amtspflicht auch den Erfordernissen der hinreichenden Individualisierbarkeit, Überschaubarkeit und Abgrenzbarkeit des geschützten Personenkreises (s. zu diesen Kriterien z.B. Senatsurteile vom 16. Februar 1995 - III ZR 135/93, BGHZ 129, 17, 19; vom 8. November 2012 aaO S. 287 f und vom 6. Juni 2013 aaO S. 3372 Rn. 19). Sie betrifft allein die Personensorgeberechtigten und führt damit nicht zu einer uferlosen Ausweitung der Amtshaftung (so auch PerniceWarnke aaO; Mayer aaO S. 381).
33
c) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts wird der geltend gemachte Verdienstausfallschaden vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht umfasst.
34
aa) Da eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll (s. bspw. Senatsurteile vom 12. Juni 1986 - III ZR 146/85, NJW 1987, 585, 586; vom 26. Oktober 1989 - III ZR 147/88, BGHZ 109, 163, 168; vom 18. Februar 1999 - III ZR 272/96, BGHZ 140, 380, 382; vom 13. September 2001 - III ZR 228/00, VersR 2002, 97; vom 20. Januar 2005 - III ZR 48/01, BGHZ 162, 49, 55; vom 22. Januar 2009 - III ZR 172/08, VersR 2009, 931, 932 Rn. 15; vom 22. Januar 2009 - III ZR 197/08, VersR 2009, 1362, 1363 Rn. 11; vom 13. Oktober 2011 - III ZR 231/10, BGHZ 191, 187, 193 Rn. 13; vom 8. November 2012 - III ZR 151/12, BGHZ 195, 276, 283 Rn. 15; vom 6. Juni 2013 - III ZR 196/12, NJW-RR 2013, 3370, 3371 Rn. 14; vom 3. Juli 2014 - III ZR 502/13, NJW 2014, 2642, 2643 Rn. 14 und vom 14. Juli 2016 - III ZR 265/15, BeckRS 2016, 14013 Rn. 16). Der Geschädigte kann dementsprechend nur den Ersatz solcher Schäden verlangen , deren Ausgleich vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht gedeckt ist (s. etwa Senatsurteile vom 24. Oktober 2002 - III ZR 259/01, NVwZ 2003, 576, 377 und vom 3. Juli 2014 aaO).
35
bb) Die auch gegenüber den personensorgeberechtigten Eltern als geschützten Dritten bestehende, mit § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII korrespondierende Amtspflicht, dem Kind bei rechtzeitiger Bedarfsanmeldung ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, erstreckt sich insbesondere auch auf das Erwerbsinteresse der Eltern. Wie oben (unter b) ausgeführt, entspricht es der im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Regelungsabsicht des Gesetzgebers, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben zu verbessern und Anreize für die Erfüllung von Kinderwünschen zu schaffen. Den Eltern ein- bis dreijähriger Kinder soll eine Erwerbstätigkeit leichter als bisher ermöglicht werden. Hieraus folgt, dass der Verdienstausfallschaden , den ein Elternteil infolge der Nichtbereitstellung eines Betreuungsplatzes erleidet, grundsätzlich vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht mitumfasst wird (so auch Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 15; Rixen, NJW 2012, 2839, 2844; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 49; Mayer, VerwArch 2013, 344, 382; Hahn, LKV 2015, 545, 547; wohl auch Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl., § 24 Rn. 23, 27; Winkler in Rolfs/ Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, Stand 1. April 2016, § 24 SGB VIII Rn. 34 f; aA Kümper, NVwZ 2015, 1739, 1742 f; BeckOGK/Dörr, BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 839 Rn. 429).
36
Dem Bedenken der Revisionserwiderung, damit liege es in der Hand der Eltern, die Haftung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe durch eine Vertragsgestaltung mit dem Arbeitgeber beliebig zu erweitern, ist entgegenzuhalten , dass die Befürchtung eines Missbrauchs die vollständige Versagung des Ersatzes von Verdienstausfall nicht zu begründen vermag und der Geschädigte nach § 254 BGB gehalten ist, seinen Schaden möglichst gering zu halten.
37
d) Ob die Bediensteten der Beklagten schuldhaft gehandelt haben, hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig offengelassen. Die hierzu noch erforderlichen Feststellungen hat es nachzuholen.
38
In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben:
39
Mit der Nichterfüllung des Anspruchs auf einen Betreuungsplatz ist das Verschulden der Bediensteten des Jugendhilfeträgers zwar nicht schon abschließend - im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung - festgestellt (so aber wohl Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 48; Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 15); solches gilt auch nicht in Anbetracht dessen, dass zwischen der Verkündung des Kinderförderungsgesetzes am 15. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2403) und dem Inkrafttreten von § 24 Abs. 2 SGB VIII nF am 1. August 2013 (Art. 10 Abs. 3 Kinderförderungsgesetz) ein Zeitraum von immerhin gut viereinhalb Jahren verstrichen ist (in diesem Sinne Rixen, NJW 2012, 2839, 2843 f; Mayer, VerwArch 2013, 344, 381).
40
Dem Geschädigten kommt jedoch eine Beweiserleichterung zustatten. Nach der Rechtsprechung des Senats genügt für den grundsätzlich dem Geschädigten obliegenden Nachweis des Verschuldens des Amtsträgers der Beweis eines Sachverhalts, der nach dem regelmäßigen Ablauf der Dinge die Folgerung begründet, dass ein Beamter seine Amtspflicht schuldhaft verletzt hat; auf dieser Grundlage besteht zugunsten des Geschädigten in Bezug auf das Verschulden des Amtsträgers ein Beweis des ersten Anscheins (s. Senatsurteile vom 25. Juni 1957 - III ZR 244/55, BeckRS 1957, 31206202 und vom 23. Mai 1960 - III ZR 110/59, VersR 1960, 905, 906; BeckOGK/Dörr, BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 839 Rn. 446). Ein solcher Sachverhalt liegt vor, wenn der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner unbedingten Gewährleistungspflicht , einen rechtzeitig beantragten Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, nicht nachkommt.
41
Es ist daher Sache der Beklagten, den gegen sie streitenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Auf allgemeine finanzielle Engpässe kann sie sich hierbei nicht mit Erfolg berufen (so aber wohl Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445, 451, die unter Hinweis auf eine allgemeine finanzielle Notlage der Kommunen die Vermutung eines unverschuldeten Unvermögens der kommunalen Leistungsträger befürworten), weil der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach der gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt - insbesondere: ohne "Kapazitätsvorbehalt" (BVerfG, NJW 2015, 2399, 2401 Rn. 43) - einstehen muss.
42
Soweit die Beklagte einen zur Erschütterung des Anscheinsbeweises geeigneten Vortrag hält, ist sie im Bestreitensfalle gehalten, diesen zu beweisen.
43
Gelingt die Erschütterung des Anscheinsbeweises, so ist es Aufgabe der Klägerseite - unter Berücksichtigung einer sekundären Darlegungslast der Beklagten in Bezug auf Vorgänge aus ihrer Sphäre - zum Verschulden der Beklagten vorzutragen und diesen Vortrag gegebenenfalls nachzuweisen.
44
5. Nach alledem kommt ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) in Betracht und kann das Berufungsurteil somit keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie wegen ausstehender Feststellungen zum Verschulden der Bediensteten der Beklagten und zum Umfang des erstattungsfähigen Schadens noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Eigene Feststellungen hierzu kann das Revisionsgericht nicht treffen.
Herrmann Tombrink Remmert
Reiter Arend

Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 02.02.2015 - 7 O 1928/14 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 26.08.2015 - 1 U 320/15 -

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1

Die Antragstellerin begehrt – vertreten durch ihre Eltern –, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem Zeitpunkt einer Entscheidung der Kammer bis einschließlich 15. August 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten, hilfsweise einen Platz in einem Kindergarten bestehend aus einer Vor- und Nachmittagsbetreuung einschließlich einer Betreuung über Mittag mit Mittagessen, in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes, das heißt maximal 30 Minuten einfache Wegzeit zur betreffenden Einrichtung, zu verschaffen.

2

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat weder im Hauptantrag noch im Hilfsantrag Erfolg.

3

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um – unter anderem – wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozess-ordnung – ZPO –). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

4

Vorliegend ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Verschaffung eines Platzes in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes zusteht. Dieser Anspruch folgt aus § 5 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes Rheinland-Pfalz (KiTaG). Danach haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten. Das Jugendamt der Antragsgegnerin hat zu gewährleisten, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht. Die Antragstellerin ist am XX. Oktober 2015 geboren und hat daher das zweite Lebensjahr vollendet. Ferner wohnt sie zusammen mit ihren Eltern im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, so dass die materiellen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KiTaG dem Grunde nach vorliegen. Die Eltern der Antragstellerin haben diese auch für einen Kindergartenplatz ab dem 1. Oktober 2017 hinsichtlich ihres aktuellen Wohnortes mit E-Mail vom 28. Februar 2017 angemeldet.

5

Vorliegend ist ferner unstreitig, dass der Anspruch der Antragstellerin auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes für den im Antrag spezifizierten Zeitraum – Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer bis einschließlich 15. August 2018 – nicht erfüllt ist. Der Antragstellerin steht erst ab dem 16. August 2018 ein Platz in der Kindertagesstätte „F.“ zur Verfügung. In der Antragserwiderung vom 18. April 2018 hat die Antragsgegnerin insoweit mitgeteilt, dass derzeit kein freier Platz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung vom Wohnsitz der Antragstellerin vorliege. Der geltend gemachte Anspruch könne daher mangels Kapazität nicht erfüllt werden.

6

Anders als die Antragstellerin meint, ist dieser Einwand der Kapazitätserschöpfung für die Frage des Erlasses der beantragten einstweiligen Anordnung zur Überzeugung der Kammer nicht unerheblich (a.A.: SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, juris Rn. 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 22. März 2018 – OVG 6 S 6.18 sowie OVG 6 SOVG 6 S 2.18 –, juris Rn. 9 f. bzw. 11 f.). Ebenso wie § 24 Abs. 2 des Achten Sozialgesetzbuchs – SGB VIII – ist zwar auch § 5 Abs. 1 KiTaG ohne expliziten Kapazitätsvorbehalt ausgestaltet. Es handelt sich insoweit um eine „unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung“ (vgl. BayVGH, Urteil vom 22. Juli 2016 – 12 BV 15.719 –, juris Rn. 27). Damit ist aber nicht zwingend verbunden, dass eine derartige Leistung auch stets mit Erfolg eingeklagt werden kann bzw. auch tatsächlich erfüllbar ist. Die Kammer hält insoweit an ihrer Auffassung fest, dass die vorläufige Verpflichtung zur – tatsächlichen – Verschaffung eines Kindergartenplatzes mangels Spruchreife ausscheidet, wenn rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für die Erfüllung der Verpflichtung bestehen, bei denen fraglich ist, ob sie ausgeräumt werden können (vgl. Beschluss der Kammer vom 23. November 2017 – 1 L 1234/17.MZ –, BA S. 2 f.). Der auf vorläufige Verpflichtung zur Verschaffung eines Kindergarten-platzes gerichtete Antrag hat bei Vorliegen rechtlicher oder tatsächlicher Hindernis-gründe daher keinen Erfolg. Der jeweilige Antragsteller ist in einem solchen Fall indes nicht gänzlich schutzlos gestellt. Vielmehr wandelt sich die Primär-verantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bei Nichterfüllbarkeit in eine Sekundärverantwortung um, die unter anderem darin besteht, nunmehr die Kosten einer Ersatzbeschaffung zu tragen (vgl. zu § 24 SGB VIII: VG Berlin, Beschluss vom 21. Februar 2018 – VG 18 L 43.18 –, beck-online; BayVGH, Beschluss vom 17. November 2015 – 12 ZB 15.1191 –, juris Rn. 36). Zur Sicherung eines Rechts des jeweiligen Antragstellers kommt als Grundlage etwaiger Sekundäransprüche die vorläufige Feststellung einer Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zur Verschaffung eines geeigneten Kindergartenplatzes in Betracht (vgl. Beschluss der Kammer vom 23. November 2017 – 1 L 1234/17.MZ –, BA S. 4 ff.).

7

Eine solche vorläufige Feststellung einer Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verschaffung eines geeigneten Kindergartenplatzes scheidet vorliegend jedoch auch aus, da die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat, so dass der Antrag auf Erlass der beantragten Regelungsanordnung bereits aus diesem Grund unbegründet ist. Dem Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin dürfe sich vorliegend nicht auf die Erschöpfung der Kapazitäten berufen, braucht daher nicht nachgegangen zu werden.

8

Unter Anordnungsgrund ist die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung zu verstehen. Notwendig ist ein spezifisches Interesse an einer vorläufigen Regelung, das sich von dem allgemeinen Interesse an einem baldigen Verfahrensabschluss abhebt. Die Bejahung des Anordnungsgrundes verlangt ein Bedürfnis auf Gewährung gerade vorläufigen Rechtsschutzes (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 123 Rn. 81). Ein besonderes Dringlichkeitsinteresse besteht, wenn es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen sowie der öffentlichen Interessen und der Interessen Dritter nicht zumutbar ist, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. etwa HessVGH, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 7 TG 2479/92 –, NVwZ-RR 1993, 387 [389]; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 26).

9

Gemessen an diesen Grundsätzen erscheint der Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegend objektiv nicht nötig, weil der Antragstellerin bzw. deren Eltern ohne eine vorläufige Regelung keine wesentlichen Nachteile drohen. Die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat keine Gründe vorgetragen, weshalb eine Regelungsanordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erlassen werden müsste. Solche Gründe sind auch nicht ersichtlich.

10

Die Antragstellerin wird derzeit von ihren hierzu gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grund-gesetz, Art. 25 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz berechtigten und verpflichteten Eltern betreut. Da der Vater der Antragstellerin berufstätig ist, kann davon ausgegangen werden, dass die seit der Geburt der Antragstellerin nicht berufstätige Mutter den Hauptanteil der Betreuung leistet. Dass der Antragstellerin durch diese Art der Betreuung bis zur bald anstehenden Aufnahme in eine Kindertagesstätte ein (wesentlicher) Nachteil entsteht, wurde vorliegend nicht vorgetragen. Ein solcher Nachteil ist auch nicht ersichtlich. Zwar geht die Kammer davon aus, dass der Besuch eines Kindergartens – jedenfalls in der Regel – positiven Einfluss auf die kindliche Entwicklung hat. Vorliegend ist aber gerade maßgeblich zu berücksichtigen, dass für die Antragstellerin ab dem 16. August 2018 ein Platz in der Kindertagesstätte „F.“ zur Verfügung steht. Die Antragstellerin wird daher bereits in Kürze (etwa 15 Wochen) an der „frühkindlichen Förderung“ (vgl. § 24 Abs. 2 SGB VIII) bzw. „Erziehung, Bildung und Betreuung“ (vgl. § 5 Abs. 1 KiTaG) im Kindergarten teilhaben.

11

Die Antragstellerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass sich die Kinderbetreuung nicht für die vergangene Zeit nachholen lässt und ihr Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten sich daher mit jedem Tag, an dem die Antragsgegnerin ihrer Gewährleistungspflicht aus § 5 Abs. 1 KiTaG nicht nachkommt, erledigt (vgl. zu § 24 SGB VIII: BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 35/12 –, juris Rn. 38; VGH BW, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 12 S 1782/15 –, juris Rn. 36). Daraus kann aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, für den Anordnungsgrund genüge vorliegend die irreversible Nichterfüllung des Anspruchs auf Erziehung, Bildung und Betreuung in einem Kindergarten (so aber: SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, juris Rn. 10). Vielmehr muss auch in Fällen der vorliegenden Art ein besonderes – über die Erledigung des Anspruchs durch Zeitablauf hinausgehendes – Dringlich-keitsinteresse glaubhaft gemacht werden. Andernfalls wäre in diesen Fällen bei Vorliegen des Anordnungsanspruchs stets auch der Anordnungsgrund zu bejahen. Der Anordnungsgrund verlöre damit seine eigenständige Bedeutung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

12

Ein Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend auch nicht aus etwaigen Nachteilen für die Eltern der Antragstellerin, denn der Umstand, dass die Mutter der Antragstellerin künftig wieder in das Berufsleben einsteigen möchte, vermag noch nicht das erforderliche besondere Dringlichkeitsinteresse zu begründen. Es ist unstreitig, dass der Mutter derzeit kein konkretes Stellenangebot vorliegt. Soweit die Antragstellerin insoweit vorträgt, ihre Mutter habe eine Zusage für eine neue Arbeitsstelle in M. ab dem 1. Februar 2018 aufgrund des fehlendes Kindergartenplatzes absagen müssen, handelt es sich um einen abgeschlossenen Vorgang in der Vergangenheit, der nicht rückgängig zu machen und daher für den Anordnungsgrund zum jetzigen Zeitpunkt nicht von Bedeutung ist. Insoweit hätte es den Eltern der Antragstellerin frei gestanden, zum Zeitpunkt der Stellenzusage einen Kindergartenplatz für ihre Tochter im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend zu machen. Anders als die Bevollmächtigten der Antragstellerin ist die Kammer auch nicht der Auffassung, die Mutter sei ohne eine Betreuung ihrer Tochter im antragsgegenständlichen Zeitraum an Bewerbungen gehindert. Denn die Frage, ob bzw. wann für ihre Tochter ein Kindergartenplatzplatz zur Verfügung stehen und die Betreuung damit gesichert sein wird, ist hier nicht offen. Vielmehr steht – wie bereits dargelegt – fest, dass die Antragstellerin ab dem 16. August 2018 die Kindertagesstätte „F.“ besuchen darf. Die Mutter der Antragstellerin kann sich damit jedenfalls ohne weiteres auf Stellenangebote mit einem Eintrittszeitpunkt ab dem 16. August 2018 bewerben. Darüber hinaus steht es der Mutter der Antragstellerin aus Sicht der Kammer auch frei, sich auf Stellenangebote mit einem früheren Einstiegszeitpunkt zu bewerben. Zum einen erstreckt sich ein Bewerbungsverfahren erfahrungsgemäß auf einen längeren Zeitraum und auch eine Anstellung erfolgt nur selten ohne jeglichen zeitlichen Vorlauf, so dass zwischen Aufnahme des Bewerbungsvorgangs und Antritt der neuen Arbeitsstelle in der Regel ein Zeitraum von mehreren Wochen bzw. Monaten liegt. Zum anderen besteht für die Eltern der Antragstellerin die Möglichkeit, im Falle einer konkreten Stellenzusage mit einem Eintrittspunkt vor dem 16. August 2018 ein weiteres – gerichtskostenfreies – einstweiliges Rechtsschutzverfahren einzuleiten. Der berufliche Wiedereinstieg der Mutter der Antragstellerin wird nach alledem ohne die begehrte einstweilige Anordnung nicht (unzumutbar) erschwert.

13

Soweit die Antragstellerin geltend macht, ein Anordnungsgrund liege in Fällen der vorliegenden Art selbst dann vor, wenn ein Elternteil bzw. beide Elternteile gar nicht erwerbstätig seien, weil die Erwerbstätigkeit der Eltern keine Voraussetzung für den Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten sei, vermag die Kammer dem in dieser Reichweite nicht zu folgen. Die Antragstellerin differenziert insoweit nicht ausreichend zwischen den im Rahmen der Begründetheit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gesondert zu prüfenden Voraussetzungen „Anordnungsanspruch“ und „Anordnungsgrund“. Allein der Umstand, dass der Anspruch des Kindes auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung – wie im Fall des § 5 Abs. 1 KiTaG – unabhängig von der Erwerbstätigkeit seiner Eltern besteht, verbietet nicht, die Erwerbstätigkeit der Eltern im Rahmen des Anordnungsgrundes, d.h. der Frage der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, zu berücksichtigen. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass die Eltern bzw. die jeweiligen Personensorgeberechtigten eines Kindes durch den in § 5 Abs. 1 KiTaG normierten Anspruch des Kindes auf einen Platz im Kindergarten bei der „Erziehung“ und „Betreuung“ des Kindes entlastet und damit jedenfalls reflexhaft begünstigt werden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14 –, juris Rn. 28; vgl. auch das Urteil des BGH vom 20. Oktober 2016 – III ZR 303/15 –, wonach die Eltern in den Schutzbereich der mit § 24 Abs. 2 SGB VIII verbundenen Amtspflicht einbezogen sind, juris Rn. 20 ff.).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.