Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnende Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. August 2007 - 10 K 1452/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06.08.2007 ist zulässig. Die bei sachdienlicher Auslegung nur auf Verpflichtung des Antragsgegners gerichtete Beschwerde, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen, hat Erfolg. Denn der Antragsteller hat sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, - der Antragsgegner beabsichtigt, ihn abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruches glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der seit 2003 geduldete Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzt. Seine Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob dem Antragsteller - deshalb - auch eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären oder humanitären Gründen erteilt werden muss oder kann und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK oder Art. 6 GG trotz der Drogenproblematik auch von allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), kann im anhängigen Hauptsacheverfahren geklärt werden.
Die beabsichtigte Abschiebung dürfte - jedenfalls - in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Nachdem der 1981 geborene Antragsteller seit nunmehr rund 18 Jahren beinahe ununterbrochen in Deutschland lebt und also hier seit seinem 8. Lebensjahr aufgewachsen ist, erfolgreich die Schule besucht und eine Tischlerlehre absolviert hat und hernach bis zu seiner Inhaftierung als Tischlergeselle berufstätig war, er hier verheiratet ist und mit seiner türkischen Ehefrau und der am 20.11.2005 geborenen Tochter zusammenlebt, in Sportvereinen aktiv ist und zudem nach den Angaben von Gefängnispfarrer D. vom 15.05.2007 über außerordentlich gute deutsche Sprachkenntnisse verfügt, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte; der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (vom Senat bisher offen gelassen, vgl. Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - VBlBW 2006, 438). Auch der schließlich mit einer Jugendstrafe von 10 Monaten bestrafte Haschischhandel in den Jahren 2000 und 2001, dessentwegen der Antragsteller seit 09.01.2007 inhaftiert ist, sowie der spätere BtMG-Verstoß im Jahr 2005, bei dem die Staatsanwaltschaft Mosbach von Strafverfolgung absah, und auch der durch Drogenscreenings nachgewiesene Eigenkonsum von Cannabisprodukten in den Jahren 2003 bis 2006, stellen die gesellschaftlichen Bindungen des Antragstellers im Bundesgebiet kaum ernsthaft in Frage.
Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründete Ausreisepflicht durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Zu Gunsten des Antragsgegners geht der Senat davon aus, dass dieser sowohl ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht als auch die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.07.2007 - AuslRÄndG 2007 (BGBl I S. 1970) - eingeführte Altfallregelung des § 104 a AufenthG (vgl. insbesondere Absatz 1 Satz 1 Nr. 6) geprüft und im Hinblick auf die von dem Antragsteller im Bundesgebiet begangene und mit einer Jugendstrafe von 10 Monaten abgeurteilte vorsätzliche Straftat als nicht einschlägig angesehen hat, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung seines Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (vgl. zu Aufenthaltstiteln BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 - 1 C 19.99 - BVerwGE 112, 63). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
Der Eingriff in das geschützte Privatleben des Antragstellers dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Passstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
Gemessen daran dürfte das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner privaten Bindungen im Bundesgebiet, jedenfalls wenn das Drogenproblem nunmehr während der Haftzeit tatsächlich dauerhaft überwunden wurde, das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, des Schulbesuchs, der erfolgreichen Ausbildung und der anschließenden Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ des Antragstellers in Deutschland auszugehen. Nachdem der Antragsteller nach Aktenlage in den letzten 18 Jahren nicht mehr in der Türkei gewesen ist, dort keine nahen Verwandten hat, diese vielmehr alle in Deutschland leben, und er die türkische Sprache offenbar nur mündlich beherrscht, kann wohl auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Verhältnisse im Passstaat Türkei eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden. Dass der Aufenthalt des Antragstellers aufgrund Asylanerkennung in den Jahren 1992 bis 1995 vorübergehend legal war, dürfte dagegen nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sein, weil diese Asylanerkennung aufgrund falscher Angaben seiner Eltern zurückgenommen worden ist. Zu Gunsten des Antragstellers kann jedoch berücksichtigt werden, dass er für die Zeit nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder einen Arbeitsplatz in Aussicht hat und insbesondere während der Haftzeit offenbar einen Prozess der Läuterung durchlief. Die Bewährungshelferin S. schildert in ihrem Bericht vom 06.04.2006, das der Antragsteller in der Lage sein sollte, insbesondere mit Hilfe von Suchtberatungsstellen sein Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Die Gemeinderätin Dr. W. erläutert in ihrem Schreiben vom 08.05.2007, dass er die Haftzeit als - gewissermaßen letzte - Chance begriffen habe und sein Leben ändern wolle. Gefängnispfarrer D. geht in seiner Stellungnahme vom 15.05.2007 ebenfalls davon aus, dass der Antragsteller nunmehr gelernt hat, sein bisheriges Fehlverhalten zu korrigieren und ein Leben ohne Suchtmittel zu bestehen. Der Drogenverein Mannheim schließlich bestätigte unter dem 16.05.2007, das sich der Antragsteller in Beratung begeben habe und intensiv mit dem bisherigen Drogenkonsum auseinander setzt sowie an einer Verhaltensänderung arbeitet. Vor diesem Hintergrund sowie der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass der Antragsteller nach Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben könnte, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - ZAR 2007, 243).
Sollte sich nach der Haftentlassung allerdings erweisen, dass der Antragsteller entgegen der momentan begründeten Erwartung des Senats tatsächlich doch keine weiterhin anhaltenden und ernsthaften Anstrengungen zur Überwindung seiner Drogenproblematik unternimmt oder sollte sich der Antragsteller weigern, seine Anstrengungen in dieser Hinsicht gegenüber den Ausländerbehörden in geeigneter Weise, etwa durch regelmäßige Vorlage von Bescheinigungen der Drogenberatung oder anderer sachkundiger Stellen nachzuweisen, könnte diesem für die Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentlichen Umstand im Rahmen eines Abänderungsverfahrens analog § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. November 2005 - 4 K 2405/05 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.11.2005 sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber den Antragstellern abzusehen. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg.
I.
Die 1955 bzw. 1966 geborenen Antragsteller zu 1. und 2. sowie ihre 1990, 1991 und 1995 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 3. - 4., sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und gehören nach von ihnen vorgelegten Unterlagen der Volksgruppe der Ashkali an. Die Antragsteller zu 1. - 4. stammen aus dem Kosovo und reisten 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein; der Antragsteller zu 5. wurde in Deutschland geboren. Die Asylanträge der Antragsteller sowie mehrere Asylfolgeanträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (bzw. jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) abgelehnt. Bis auf kurze Zeiten des Besitzes von Aufenthaltsgestattungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Asylverfahren wurden die Antragsteller geduldet. Derzeit sind die Antragsteller im Besitz von Duldungen, die mit der auflösenden Bedingung „erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebetermins“ versehen sind. Mit Schreiben vom 08.08.2005 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antragstellern die Abschiebung nach Serbien-Montenegro einschließlich des UNMIK-Mandatsgebiets Kosovo an.
Mit Beschluss vom 11.11.2005 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe es mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ab, zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf Erteilung von Duldungen ohne auflösende Bedingung eine einstweilig Anordnung zu erlassen. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen und zusammengefasst damit, dass die Antragsteller sich im Hinblick auf die von ihnen vorgetragene Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht darauf berufen könnten, Art. 8 EMRK stehe der Beendigung ihres Aufenthaltes entgegen. Ein Eingriff in das von Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer setze voraus, dass sein Privat- oder Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert sei. Diese Voraussetzung sei in Fällen einer bloßen Duldung nicht erfüllt. Eine Duldung gewähre keinen legalen ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schütze einen Ausländer, der sich illegal in der Bundesrepublik aufhalte, lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lasse die Ausreisepflicht unberührt.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde und tragen unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16.06.2005 (, InfAuslR 2005, 349 ff.) zusammengefasst vor, im Falle des Vorliegens starker persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Kontakte zum Aufnahmestaat stelle Art. 8 EMRK nicht nur ein Abwehrrecht dar, sondern es ergebe sich daraus auch ein Anspruch auf positive Maßnahmen des Aufnahmestaates, etwa ein Recht auf Legalisierung des Aufenthalts. Das Verwaltungsgericht nehme eine Relativierung von Menschenrechten vor, wenn es davon ausgehe, ein rechtlicher Schutz greife nur ein, wenn das Schutzgut auf der Basis eines rechtmäßigen Aufenthalts entstanden sei. Außerdem erwecke die praktische Handhabung des ausländerrechtlichen Regelungsinstruments der Duldung, nämlich die Vergabe von Duldungen über Zeiträume von zehn Jahren und mehr, beim Adressaten das Gefühl der Inhaberschaft eines Aufenthaltstitels und stelle eine verkappte Aufenthaltserlaubnis dar.
II.
Dieses Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, ihren Beschwerden zum Erfolg zu verhelfen. Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller im Hinblick auf Art. 8 EMRK weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG noch auf Erteilung von Duldungen (ohne auflösende Bedingung) nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht haben.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Ein Ausreisehindernis i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegt u.a. dann vor, wenn die Ausreise aus verfassungs- oder völkerrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unzumutbar und damit rechtlich unmöglich ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200 ff. m.w.N.; Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 -, InfAuslR 2006, 217; s. dazu auch Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, S. 356 ff. m.w.N.).
Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - u.a. im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Im vorliegenden Fall sind die Antragsteller auf Grund der unanfechtbaren Ablehnung ihrer Asylanträge zwar vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Ausreise ist jedoch auch unter Beachtung der Gewährleistungen des Art. 8 EMRK nicht rechtlich unmöglich i.S.d. o.g. Vorschriften.
1. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK regelt, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
10 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, scheidet ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte „Familienleben“ von vornherein aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O., und Beschluss vom 02.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70 ff.). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Entscheidung vom 07.10.2004 , NVwZ 2005, 1043 ff.).
11 
2. Die Weigerung, den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres „Privatlebens“ darstellen. Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff. , und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ;).
12 
Die - stark kasuistisch geprägte - Rechtsprechung des EGMR zu der Frage, ob ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine schutzwürdige Position nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen kann, bezieht sich im wesentlichen auf die Grenzen der Ausweisungskompetenz der Vertragsstaaten bei Personen, die im Staatsgebiet des Vertragsstaates geboren oder in sehr frühem Alter im Wege des Familiennachzugs in dieses eingereist sind (sog. Ausländer der zweiten Generation), einen Aufenthaltstitel erworben haben und als Folge strafrechtlicher Verfehlungen von der Ausweisung bedroht sind (vgl. die Auswertung der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, InfAuslR 2004, 280 ff.). Während bei diesen Ausländern die Frage zu beurteilen ist, ob sie auf Grund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und ihrer Sozialisation im Vertragsstaat gegen eine Ausweisung geschützt sind, geht es in Fällen wie dem vorliegenden darum, ob Flüchtlinge, deren Asylanträge erfolglos geblieben sind, deren Abschiebung jedoch über einen sehr langen Zeitraum hinweg nicht durchgesetzt wurde und die auch nicht in den Besitz eines Aufenthaltstitels gelangt sind, aufgrund ihres langjährigen faktischen Aufenthalts im Vertragsstaat und ihres dort erlangten Integrationsgrades gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen geschützt sind und deshalb im Ergebnis einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts haben.
13 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). setzt ein Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer grundsätzlich voraus, dass sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt. Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist daher in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz die Antragsteller sich befinden, regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.). Auch nach der Rechtsprechung des Senats kann grundsätzlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, nicht erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.).
14 
Der EGMR hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Rechts des Aufenthalts von Ausländern vom 28.05.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der „Achtung“ des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat der EGMR nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden. Auch wenn die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, in der Rechtsprechung des EGMR soweit ersichtlich noch nicht eindeutig geklärt ist (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.09.2004 , a.a.O.), ist jedenfalls festzuhalten, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EMRK nicht ausreichend ist. In der o.g. Entscheidung Ghiban heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung des EGMR vom 16.06.2005 (, a.a.O.), nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Eine vergleichbare Situation ist bei den Antragstellern nicht gegeben.
15 
b) Selbst wenn man zu Gunsten der Antragsteller davon ausgeht, dass auch ein rechtlich ungesicherter, rein faktischer Aufenthalt im Vertragsstaat eine Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Jedenfalls bei der Bewertung der Notwendigkeit, d.h. der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, hat die rechtliche Natur des Aufenthalts erhebliches Gewicht.
16 
Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.09.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nicht allein deswegen, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Bei der danach vorzunehmenden umfassenden Abwägung des legitimen staatlichen Interesses auf Gestaltung des Aufenthaltsrechts gegen die aus einer Verwurzelung folgenden schutzwürdigen Belange der Betroffenen spielt u.a. eine Rolle, aus welchen Gründen der Ausländer sich trotz Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet aufhält, ob etwa die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen (z.B. wegen der Weigerung, an der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente mitzuwirken, oder wegen der Durchführung erfolgloser Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.) oder aus anderen Gründen (etwa im Hinblick auf eine bestehende Erlasslage) nicht erfolgt ist. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass die Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts auch, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann, wobei auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.; OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.; siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten auch die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004, a.a.O., zu dem Problemkreis s. auch Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel, ZAR 2006, 125 ff.).)
17 
c) Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau ist nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei minderjährigen Kindern regelmäßig nicht nur deren Integration isoliert in den Blick zu nehmen und festzustellen, inwieweit sie selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind. Vielmehr kommt auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang sich ihre Familie in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Bei dieser familienbezogenen Gesamtbetrachtung sind auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet, die mangelnde wirtschaftliche oder soziale Integration, die Beachtung der bundesdeutschen Rechtsordnung etc.) auf das Verhalten der Eltern zurückzuführen sind (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.). Dafür, dass ein minderjähriges Kind sich das Verhalten seiner Eltern bei der Prüfung, ob der Eingriff in sein Privatleben durch legitime Ziele der Einwanderungskontrolle gerechtfertigt ist, „zurechnen“ lassen muss, sprechen neben der Bezugnahme auf das „Familienleben“ als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch folgende Erwägungen: Für die Beurteilung der Verwurzelung von minderjährigen Kindern kommt es auch darauf an, inwieweit ihre innerfamiliären Lebensverhältnisse von der nationalen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt sind. Darüber hinaus sind bei der für die aufenthaltsrechtliche Entscheidung relevanten Frage, ob eine (Re)Integration in das Land der Staatsangehörigkeit möglich ist, bei der beabsichtigten Rückführung minderjähriger Kinder die Fertigkeiten und möglichen Unterstützungsleistungen der Eltern sowie deren Verbindungen im Heimatland in Rechnung zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.11.2005, a.a.O., und Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O). Ferner würde ein allein aus der Integration des minderjährigen Kindes hergeleitetes Aufenthaltsrecht dazu führen, dass den Eltern (und im weiteren auch den minderjährigen Geschwistern) ohne nähere Prüfung ihrer Integration unter Bezugnahme auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK in der Regel zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren wäre, was einwanderungspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland in ganz erheblichem Maße berühren und zu einer einseitigen Gewichtung der privaten Belange des betroffenen Ausländers führen würde. Auch die Tatsache, dass minderjährige Kinder ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig nicht alleine sichern können, sondern hierfür auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sind, spricht dafür, deren wirtschaftliche Integration in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Die Konzeption des Aufenthaltsgesetzes geht schließlich ebenfalls davon aus, dass minderjährige Kinder grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 - 4, 32 Abs. 1 und 3, 34 AufenthG). Erst volljährige Kinder sind aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln, weil zwischen ihnen und ihren Eltern - anders als bei Minderjährigen - regelmäßig keine Beistands-, sondern eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
18 
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich in dem hier maßgeblichen Zusammenhang grundsätzlich auch nichts dadurch, dass das Aufenthaltsgesetz für Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres unter bestimmten Umständen ein selbständiges Aufenthaltsrecht vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG). § 35 Abs. 1 AufenthG schafft einen privilegierten Erwerbstatbestand für nachgezogene Kinder von Ausländern, die zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 16. Lebensjahres mindestens fünf Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zum Zwecke des Familiennachzuges nach § 27 AufenthG - welcher seinerseits grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht der Eltern bzw. des sorgeberechtigten Elternteils voraussetzt, vgl. § 32 AufenthG - erteilt worden ist (s. Hailbronner, AuslR, § 35 Rn. 3 und 5 AufenthG). Aus dieser gesetzlichen Regelung lassen sich für die hier vorliegende Fallkonstellation, in der weder das minderjährige Kind noch dessen Eltern über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen bzw. verfügt haben, keine vergleichbaren Rechte herleiten. Gleiches gilt für die Regelung in § 37 AufenthG, der Ausländern unter bestimmten Umständen ein Recht auf Wiederkehr gewährt, wenn der entsprechende Antrag nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass der Ausländer als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte und geht grundsätzlich von einer mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer aus.
19 
Ergänzend sei darauf hingewiesen, das auch sonst bei Abschiebungshindernissen von Kindern die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.07.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.).
20 
d) Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller zu 1. - 4. bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, die Antragsteller zu 3. und 4. mithin bereits als Kleinkinder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, bzw. der Antragsteller zu 5. sogar im Bundesgebiet geboren wurde. Die Antragsteller zu 3. und 4. besuchen nach dem Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Realschule, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie die deutsche Sprache gut beherrschen; gleiches dürfte für den Antragsteller zu 5. gelten, der zum Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Grundschule besuchte. Für die Antragsteller spricht auch, dass sie offensichtlich seit 2001 keine Sozialhilfe mehr beziehen, sondern sich eine eigene - wenn auch für eine fünfköpfige Familie sehr bescheidene - wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten. Ob diese Umstände ohne weitere Darlegungen im Beschwerdeverfahren genügen, um eine tiefe Verwurzelung in Deutschland als erste Voraussetzung eines nur hier möglichen Privatlebens darzutun (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O.), ist fraglich, kann aber dahinstehen.
21 
Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist zu Lasten der Antragsteller jedenfalls von erheblicher Bedeutung, dass diese zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels waren, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen konnte, in Deutschland bleiben zu dürfen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller sind im vorliegenden Fall die den Antragstellern erteilten Duldungen auch nicht als die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründende „verkappte Aufenthaltserlaubnisse“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, InfAuslR 1991, 72 ff.) zu betrachten. Den Antragstellern wurde mit den ihnen erteilten Duldungen nicht in Wahrheit ein Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt. Die Erteilung von Duldungen erfolgte erkennbar mit Rücksicht auf eingeleitete Asylfolgeverfahren, fehlende tatsächliche Rückführungsmöglichkeiten und die Erlasslage zur Rückführung von Minderheiten aus dem Kosovo. Die langjährigen Duldungen der Antragsteller sind darüber hinaus auch darauf zurückzuführen, dass sie in ihren ersten Asylverfahren eine albanische Volkszugehörigkeit vorgetragen und sich erst 1999, als sich die Situation der Albaner im Kosovo durch den Einmarsch der KFOR-Truppen und den Rückzug der serbischen Armee entscheidend verbessert hatte, auf ihre Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen haben. Die Behörden haben die Antragsteller jedenfalls zu keiner Zeit über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatusses im Bundesgebiet im Zweifel gelassen. Die rechtliche Wirkung der Duldungen blieb auf den Bereich des Vollstreckungsschutzes gegen eine Entfernung aus dem Bundesgebiet beschränkt. Die Antragsteller waren mithin seit der ersten Ablehnung ihres Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig und nach der bundesdeutschen Rechtsordnung zur freiwilligen Ausreise verpflichtet. Die Tatsache, dass dessen ungeachtet die bundesdeutschen Behörden angesichts der wechselhaften politischen sowie existenziellen Verhältnisse im Kosovo lange Zeit von einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung abgesehen haben, führt noch nicht dazu, eine Aufenthaltsbeendigung nunmehr für unzulässig zu erachten, zumal die Behörden einen entsprechenden Vertrauenstatbestand zu keinem Zeitpunkt geschaffen haben.
22 
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. in weit geringerem Maß in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind als die Antragsteller zu 3. - 5. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind in Serbien-Montenegro geboren und aufgewachsen und haben ihr Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen. Zu ihren deutschen Sprachkenntnissen und ihrer sonstigen, insbesondere sozialen, Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist nichts vorgetragen. Zwar hat der Antragsteller zu 1. eine Arbeitsstelle gefunden und verfügt damit zumindest über eine wirtschaftliche Bindung an die Bundesrepublik. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass der Antragsteller zu 1. in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach straffällig geworden ist (das Bundeszentralregister weist zwischen 1993 und 2001 sechs Eintragungen auf), so dass von einer Integration in die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht ausgegangen werden kann. Die Antragsteller Ziffer 3. - 5. befinden sich in einem Alter, in dem ihnen angesichts der Gesamtumstände eine Integration in die Lebensverhältnisse des Landes ihrer Staatsangehörigkeit noch angesonnen werden kann. Sie werden nicht allein übersiedeln, sondern können mit der Unterstützung ihrer Eltern und ggf. auch anderer Verwandten rechnen, die mit den Lebensverhältnisse des Staates ihrer Staatsangehörigkeit vertraut sind. Dass die Antragsteller zu 3. - 5. nicht albanisch sprechen und aus diesem Grund eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
23 
Der Senat verkennt nicht die erheblichen Schwierigkeiten, die für die Antragsteller nach so langem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Übersiedlung in das Land ihrer Staatsangehörigkeit verbunden sind. Sie teilen insoweit allerdings das Schicksal einer Vielzahl von Bürgerkriegsflüchtlingen, die in der Bundesrepublik aus humanitären Gründen langjährig Aufnahme gefunden haben und nunmehr in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen. Die damit verbundenen Probleme und Härten lassen sich durch die Rechtsprechung, die an das gesetzliche Regelungskonzept gebunden ist, nur eingeschränkt lösen. Insbesondere ist es den Verwaltungsgerichten verwehrt, durch eine Überdehnung des Schutzbereiches des Art. 8 EMRK das Fehlen einer auf humanitäre Gründe gestützten Altfallregelung für langjährig Geduldete, die in den Verantwortungsbereich der politischen Entscheidungsträger fällt, auszugleichen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG i. d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, S. 718 ff.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.