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| Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Sie sind zwar zulässig, aber unbegründet. |
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| Die Anfechtungsklagen der Klägerinnen gegen die Anordnungen der Beklagten vom 5.4.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007 sind zulässig. Die Vollstreckung der Anordnungen im Wege der Ersatzvornahme hat nicht zu deren Erledigung (§ 43 Abs. 2 LVwVfG) geführt. Das gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn sich – wie hier – eine Vollstreckungsmaßnahme nicht mehr rückgängig machen lässt (BVerwG, Beschl. v. 17.11.1998 – 4 B 100/98 – BauR 1999, 733; Senat, Urt. v. 8.1.2008 – 10 S 2350/07 – VBlBW 2008, 305). Tragend ist die in der Judikatur angestellte Erwägung, dass von dem Grundverwaltungsakt weiterhin Rechtswirkungen für das Vollstreckungsverfahren ausgehen, indem der Grundverwaltungsakt zugleich die Grundlage für den Kostenbescheid (etwa für die Kosten der Ersatzvornahme) bildet (BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 – 7 C 5/08 – NVwZ 2009, 122 = VBlBW 2009, 55; SächsOVG, Urt. v. 27.1.2009 – 4 B 809/06 – SächsVBl 2009, 165; zur Kritik an dieser Rechtsprechung vgl. Enders, NVwZ 2009, 958 ff.; Labrenz, NVwZ 2010, 22 ff.). |
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| Die Klagen sind unbegründet. Die Verpflichtung der Klägerinnen zur Rückholung und Verwertung des nach Ungarn verbrachten Abfalls ist ebenso rechtmäßig wie die sonstigen, in den Bescheiden vom 5.4.2007, bestätigt durch die Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007, getroffenen Anordnungen. Die Klägerinnen sind folglich nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| Rechtsgrundlage für die Anordnung der Beklagten zur Rückholung der nach Ungarn verbrachten Abfälle ist Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABlEU Nr. L 190/1 – nachfolgend zit.: VO 1013/2006/EG) i.V.m. § 13 Satz 2 des Gesetzes zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen und des Basler Übereinkommens vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (Abfallverbringungsgesetz – AbfVerbrG) vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1462). Dabei normiert Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG die materiellen Voraussetzungen für die Rückholung illegal verbrachter Abfälle sowie die Rechtsfolge bei der illegalen Abfallverbringung, während § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 die behördliche Befugnis zur Anordnung im Einzelfall zwecks Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung gemäß Art. 24 VO 1013/2006/EG regelt. |
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| 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts enthält das Prozessrecht keinen Grundsatz, wonach im Rahmen einer Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts stets nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen ist; maßgebend ist vielmehr das materielle Recht (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 – 1 C 45/06 – E 130, 20, 22 f.). Dessen Maßgeblichkeit ist hier indessen identisch mit derjenigen im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (8.10.2007) als der letzten und prozessual (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgeblichen Verwaltungsentscheidung. |
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| Die neue EG-Abfallverbringungsverordnung ist am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (12.7.2006) in Kraft getreten (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 VO 1013/2006/EG); das war der 15.7.2006. Sie gilt seit dem 12. Juli 2007 (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 VO 1013/2006/EG). Seit diesem Tag ist diese Verordnung gemäß Art. 249 Abs. 2 EGV (= Art. 288 Abs. 2 AEUV) in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar und löst die alte EG-Abfallverbringungsverordnung – Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABlEG Nr. L 30/1 – nachfolgend zit.: VO 259/93/EWG) – ab (Epiney, in: Oexle/Epiney/Breuer, EG-Abfallverbringungsverordnung, Kommentar, 2010, Einf. RdNr. 10). Nach Art. 61 Abs. 1 VO 1013/2006/EG ist die VO 259/93/EWG „ab dem 12. Juli 2007 aufgehoben“. |
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| Die Befugnisnorm für Anordnungen im Einzelfall gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 ist seit dem 28.7.2007 in Kraft. Nach Art. 9 Abs. 1 des im Bundesgesetzblatt vom 25.7.2007 verkündeten Gesetzes vom 19.7.2007 trat das AbfVerbrG 2007 am dritten Tag nach seiner Verkündung, mithin am 28.7.2007, in Kraft; zugleich ist das AbfVerbrG 1994 außer Kraft getreten. |
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| Die neue EG-Abfallverbringungsverordnung hat sich keine Rückwirkung beigemessen; dasselbe gilt für das AbfVerbrG 2007. Maßnahmen der bzw. in Bezug auf die grenzüberschreitende(n) Abfallverbringung sind seit dem 12.7.2007 rechtlich nach der VO 1013/2006/EG zu beurteilen; dieser Rechtmäßigkeitsmaßstab gilt für den Widerspruchsbescheid vom 8.10.2007. Handlungen vor dem 12.7.2007, also unter der Geltung der VO 259/93/EWG, sind bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit am Maßstab der alten EG-Abfallverbringungsverordnung zu messen. Rechtlicher Beurteilungsmaßstab für die Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit behördlicher Maßnahmen bzw. privater Aktivitäten zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung ist demnach das im jeweiligen Handlungszeitpunkt geltende Recht. Rückwirkungsprobleme stellen sich folglich nicht. |
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| 2. An der Rechtswirksamkeit sowohl der alten als auch der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung bestehen keine Bedenken. Die hiergegen gerichteten Angriffe hat der Europäische Gerichtshof zurückgewiesen. Die Rechtswirksamkeit der VO 253/93/EWG hat der Gerichtshof kurze Zeit nach ihrem Inkrafttreten bestätigt (EuGH, Urt. v. 28.6.1994 – Rs. C-187/93 – Slg. 1994, I-2857). Bestätigt wurde unlängst auch die Rechtswirksamkeit der VO 1013/2006/EG (EuGH, Urt. v. 8.9.2009 – Rs. C-411/06 – NVwZ 2009, 1481). |
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| 3. Von seinem sachlichen Anwendungsbereich her erfasst Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG jede illegale Abfallverbringung ungeachtet des rechtlichen Grundes der Illegalität. Insbesondere eine Gefahr für die Umwelt oder gar für die Gesundheit von Menschen infolge einer illegalen Abfallverbringung ist keine Anwendungsvoraussetzung. Art. 24 VO 1013/2006/EG erstreckt sich vielmehr auf jedwede illegale Abfallverbringung. Darunter fällt auch die zu Unrecht ohne Notifizierung erfolgte Verbringung von Abfällen (Art. 2 Nr. 35 lit. a VO 1013/2006/EG). Die Rücknahmepflicht tritt in einem solchen Fall zwingend ein, Ermessen ist nicht vorgesehen; allenfalls kann aus Gründen des auch gemeinschaftsrechtlich zu beachtenden Übermaßverbots bei geringfügigen Rechtsverstößen von der Verpflichtung zur Rückholung illegal verbrachter Abfälle abgesehen werden (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 3). |
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| Die Voraussetzungen für die seitens der Beklagten erfolgte Anordnung der Rückholung der streitgegenständlichen, nach Ungarn verbrachten Abfälle lagen sowohl in formeller (1.) als auch in materieller Hinsicht (2.) vor. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet der Gegenstand der Anordnung, d. h. die den Klägerinnen zur Rückführung nach Deutschland auferlegten Abfälle sowie deren Mengenanteile (3.). Ferner ist die Pflichtigkeit der Klägerinnen gegeben (4.). Die von der Beklagten verfügten Handlungsgebote sind auch hinreichend bestimmt gewesen (5.). |
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| 1. Die von den Klägerinnen angegriffenen Anordnungen der Beklagten sind in formeller Hinsicht rechtmäßig. Dies hat das Verwaltungsgericht, worauf gemäß § 130b Satz 2 VwGO verwiesen werden kann (Urteil des VG S. 20), zutreffend festgestellt (zur Bestimmtheit der Anordnungen unten II. 5.). |
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| 2. Materiellrechtlich kann die zuständige Behörde nach § 13 Satz 1 AbfVerbrG 2007 im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung der VO 1013/2006/EG treffen. Die Behörde kann gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 insbesondere Anordnungen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung nach Art. 24 VO 1013/2006/EG verfügen. Hat der Notifizierende die illegale Abfallverbringung zu verantworten, so sorgt die zuständige Behörde am Versandort gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG dafür, dass die betreffenden Abfälle vom „Notifizierenden de facto“ (lit. a) oder, falls keine Notifizierung eingereicht wurde, vom „Notifizierenden de jure“ (lit. b) oder, falls dies nicht möglich ist, von der zuständigen Behörde am Versandort selbst oder einer in ihrem Namen handelnden natürlichen oder juristischen Person zurückgenommen werden (lit. c); subsidiär ist überdies die Verwertung oder Beseitigung der fraglichen Abfälle im Empfängerstaat (lit. d) bzw. – im Einverständnis aller betroffenen zuständigen Behörden – in einem Drittstaat (lit. e) vorgesehen. |
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| a) Tatbestandlich setzt Art. 24 Abs. 2 UAbs.1 VO 1013/2006/EG neben der (hier gegebenen) Möglichkeit einer Rückholung der verbrachten Abfälle die „illegale Verbringung“ voraus. Nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 35 VO 1013/2006/EG wird davon jede Verbringung von Abfällen ohne die erforderliche Notifizierung erfasst (lit. a), ebenso die in einer Weise erfolgende Abfallverbringung, die den Begleitformularen sachlich nicht entspricht (lit. d). Auf die Schwere des Rechtsverstoßes oder auf eventuelle Folgen für die Umwelt kommt es nicht an (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 150). |
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| Die Klägerinnen haben entgegen der ihnen obliegenden Notifizierungspflicht die Verbringung der streitgegenständlichen Abfälle nach Ungarn gegenüber den zuständigen Stellen nicht notifiziert. Damit liegt eine „illegale Verbringung“ von Abfällen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG vor. Maßgebend für die materielle Beurteilung der Illegalität der fraglichen Abfallverbringung ist der in dem betreffenden Zeitraum (August bis Dezember 2006) noch in Kraft befindliche Art. 26 Abs. 1 VO 259/93/EWG. In Bezug auf die hier maßgeblichen Anforderungen (lit. a und lit. d) besteht indessen angesichts der gleich lautenden Bestimmungen kein Unterschied zu der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung (vgl. Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 147 ff.). |
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| Die Klägerinnen waren gemäß Art. 3 ff. VO 259/93/EWG verpflichtet, die im Jahr 2006 vorgenommene Verbringung der Abfälle nach Ungarn zu notifizieren. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Notifizierung zu Unrecht unterblieben ist. Von der Notifizierung durfte gemäß Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG nur abgesehen werden, wenn es sich um die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmte und in Anhang II aufgeführte Abfälle gehandelt hätte. Das war nicht der Fall (vgl. nachf. b). In rechtlicher Hinsicht stellt Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG eine abschließende Regelung zur Befreiung von der grundsätzlich einzuhaltenden Notifizierungspflicht (Art. 3 ff. VO 259/93/EWG) dar. Dahin stehen kann, ob es sich bei Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG um eine „Privilegierung“ handelt, wie das Verwaltungsgericht meint. Rechtlich entscheidend ist die Zuordnung der Abfälle zur Grünen Liste (Anhang II zur VO 259/93/EWG). Rechtsirrig nehmen die Klägerinnen an, dass es maßgeblich (auch) auf die Einstufung unter das europäische Abfallverzeichnis, AVV, ankomme, so dass die von den Klägerinnen vorgenommene Zuordnung der fraglichen Abfälle unter die AVV Abfallschlüsselnummer 191204 „Kunststoff und Gummi“ zur Befreiung von der Notifizierungspflicht geführt habe. Nach der alten wie nach der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung stellen die Abfalllisten des Abfallverbringungsrechts (Grüne Liste, Gelbe Liste, Rote Liste; im neuen Recht auch „Leerlisten“) ein eigenständiges, primär stoffbezogenes Klassifizierungssystem dar, das strikt von dem überwiegend herkunftsbezogenen Ansatz des Listensystems nach der AVV zu unterscheiden ist (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 3 RdNr. 13). Folgerichtig differenziert Anhang II (Grüne Liste) zur VO 259/93/EWG – soweit im vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung – zwischen den Listungen GH 010 „Abfälle, Schnitzel und Bruch von Kunststoffen“, GI 010 „Abfälle und Ausschuss von Papier und Pappe“ sowie GK 010 „Abfälle, Bruch und Schnitzel von Weichkautschuk“. Die Grüne Liste unterscheidet kategorial zwischen Kunststoffabfällen in fester Form (GH), Abfällen von Papier, Pappe und Waren aus Papier (GI) und Kautschukabfällen (GK). Das neue Klassifikationssystem (Grüne Liste zur VO 1013/2006/EG) hält an dieser Kategorisierung fest (B3010 Feste Kunststoffabfälle; B3020 Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren; B3040 Gummiabfälle; B3080 Bruch und Schnitzel von Gummiabfällen). Eine Deklarierung „Kunststoff und Gummi“ kennt die Grüne Liste des Abfallverbringungsrechts (alter wie neuer Fassung) nicht. |
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| Die „grüne Listung“ von Abfällen scheidet nicht erst dann aus, wenn Abfälle der Grünen Liste mit Fremdstoffen kontaminiert sind. Nach dem klaren Wortlaut der Generalklausel zu Anhang II der VO 259/93/EWG (Präambel vor GA) dürfen Abfälle unabhängig davon, ob sie in Anhang II aufgeführt sind, nicht als Abfälle der Grünen Liste befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem bestimmten Ausmaß kontaminiert sind. Darauf kommt es hier nicht an. Entscheidend ist, dass die nach Ungarn verbrachten Abfälle schon kategorial keine Abfälle der Grünen Liste gewesen sind und deshalb von einer Notifizierung nicht abgesehen werden durfte. |
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| b) Die Rüge der Klägerinnen, das Verwaltungsgericht habe seinem Urteil einen unzutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt, ist unbegründet. Anhand objektiver und auch von den Klägerinnen nicht zu bestreitender Umstände steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle wegen ihrer Zusammensetzung nicht der Grünen Liste nach Anhang II der VO 259/93/EWG zugeordnet werden konnten. Dies hatten die Klägerinnen auch erkannt. In seiner Zeugenvernehmung am 4.5.2007 durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat der (Firmen-)Bevollmächtigte der Klägerin zu 1, Herr ... ..., erklärt, man sei entschlossen gewesen, die Abfälle zu notifizieren, und der Beigeladene habe einen Notifizierungsvertrag zwischen der Firma ... und der Klägerin zu 2 vorgelegt; die ungarischen Geschäftspartner seien allerdings der Auffassung gewesen, für die Lieferung der Abfälle werde ein Notifizierungsvertrag nicht benötigt (Akte ... ... ... KP ... S. 47 und S. 49). Dass diese – fehlerhafte – Einschätzung der ungarischen Seite an der objektiven Sach- und Rechtslage nichts zu ändern vermag, versteht sich. |
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| In den Begleitpapieren zur Abfallverbringung nach Ungarn war von der Klägerin zu 2 als Abfallbezeichnung durchgehend „Kunststoff und Gummi“ mit dem EAK-Code 191204 angegeben; zugleich war eine Zuordnung zur Grünen Liste mit der Einstufung GH 010 vorgenommen worden, obgleich diese Kategorie „Gummi“ nicht umfasst. Im Schreiben vom 21.12.2006 an die Beklagte hatte das nationale ungarische Inspektorat für Umwelt, Natur und Wasser festgestellt, dass die nach Ungarn eingeführten Abfälle von der Klägerin zu 2 stammten und weder nach AVV Schlüsselnummer 191204 noch nach der Rubrik GH 010 der Grünen Liste klassifiziert werden könnten; Einwände gegen die Feststellungen der ungarischen Behörde haben die Klägerinnen nicht vorgetragen. In ihrer „Materialbeschreibung 191204“ vom 27.12.2006 gegenüber der Beklagten hat die Klägerin zu 2 selbst offen gelegt, dass die fragliche Abfallfraktion zu 90% bis 95% aus Folien, Hartplastik, PET, Schaumstoffen und auch aus Gummi bestehe und zudem zu 5% bis 10% Papier und Kartonage enthalte; wie diese Abfallfraktion nach Maßgabe der Kategorien des Abfallverbringungsrechts (und nicht der AVV) grün gelistet werden können soll, hat die Klägerin zu 2 nicht dargelegt. Anlässlich der Betriebsbesichtigung am 19.1.2007 bei der Klägerin zu 2 kam die Beklagte – unter Einbeziehung der aus Ungarn zurückgeschickten ballierten Abfälle in die Augenscheinseinnahme – zu dem Ergebnis, dass die Einstufung 191204 nach der AVV nicht zutreffend sei, sondern eine Einstufung des Abfalls als 191212 (oder 191210) korrekter gewesen wäre; diese Zuordnung haben die Klägerinnen nicht widerlegt. In seinem Schreiben vom 15.1.2007 (eingegangen bei der Beklagten am 24.1.2007) hatte die ungarische Umweltbehörde – nachdem etwa 4.000 t an Abfällen aus Deutschland an verschiedenen Lagerstätten in Ungarn registriert worden waren – nochmals die fehlerhafte Deklaration (AVV Code 191204, grüne Listung nach GH 010) dargelegt und erläutert; ernsthafte und vor allem substantiierte Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht. In ihrem detaillierten Bericht vom 19.1.2007 hat die ungarische Behörde genaue Angaben zu den Mengen (insgesamt etwa 4.700 t) und den Orten (18 Lagerstätten in Ungarn) der aus Deutschland eingeführten Abfälle vorgenommen; festgehalten wurde ferner das Ergebnis der Untersuchung zu der Zusammensetzung der Abfälle: 3% Schaumstoff, verunreinigter Schaumstoff, Schrumpffolie; 5% verschmutztes Kunststoffverpackungsmaterial (Flaschenkästen, Kunststoffgebinde); 12% verschmutzte Kunststoffbehälter, Plexi, Kunststoffschuhe, Gummipantoffeln, Tuben, Kartonpapier, Nylonwaren; 15% verschmutzte PET-Flaschen; 65% verschmutzte Teile von Kunststoffsäcken; hinzu kommen weitere Stoffe; alles wurde durch Fotografien dokumentiert. Im Schreiben vom 5.2.2007 nahm die ungarische Behörde auf der Grundlage der Dokumente zur Abfallverbringung erneut die Zuordnung der fraglichen Abfälle ihrer Herkunft nach zu der Klägerin zu 2 und zum Beigeladenen vor; im Schreiben vom 1.3.2007 wurde dies nochmals bestätigt und zugleich dargelegt, dass die ungarischen Geschäftspartner der Klägerinnen und des Beigeladenen die dortigen Abfallanlagen illegal betrieben. Schließlich weisen die am 5. und 6.3.2007 in Ungarn vor Ort aufgenommenen Protokolle betreffend „Feststellung von Menge und Herkunft des am angegebenen Ort vorgefundenen Abfalls“ – jeweils unterschrieben von den anwesenden Vertretern der Beklagten und der ungarischen Behörde (insgesamt neun Personen) – detailgenau aus, an welcher Lagerstätte welche Mengen von der Klägerin zu 2 herrührender Abfälle anzutreffen waren. Überwiegend ist festgehalten (und durch zahlreiche Fotos veranschaulicht) worden, dass der Abfall aus mehreren gemischten Stoffen (in erster Linie Plastik, aber auch z. B. Papier und Textil) bestanden hat (und teilweise verunreinigt gewesen ist). Substantielle Zweifel an der Richtigkeit dieser Protokolle sind weder vorgetragen worden noch sonst für den Senat erkennbar. Auf der Grundlage der erwähnten Dokumente steht zur Überzeugung des Senats (§ 108 VwGO) fest, dass die nach Ungarn verbrachten fraglichen Abfälle im Wesentlichen eine Mischung aus verschiedenartigen Kunststoffen, einem nicht bekannten Anteil an Gummi und 5% bis 10% Papier und Kartonage umfassten. Dass die Klägerinnen (und der Beigeladene) an der Abfallverbringung mitgewirkt haben – zur Pflichtigkeit im Rechtssinne vgl. unten 4. –, steht außer Frage. Der Hinweis der Klägerinnen darauf, dass auch andere Anlieferer die betreffenden Lager und Anlagen in Ungarn beliefert haben, ändert weder etwas an der Zusammensetzung der hier streitbefangenen Abfälle noch an der Mitwirkung der Klägerinnen an der Abfallverbringung; problematisch kann allenfalls die Einzelidentifizierung und -zuordnung bestimmter Abfallballen sein (dazu unten 3.). Von einer nur bruchstückhaften Beweislage, wie die Klägerinnen meinen, kann angesichts der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht gesprochen werden. Zusammensetzung, Herkunft und Lagerung der Abfälle in Ungarn sind gleich mehrfach präzise dokumentiert worden, ohne dass die Klägerinnen hiergegen substantielle Einwände vorgetragen hätten. Zur Vornahme etwaiger Rückstellproben der Stoffe bestand für die Beklagte angesichts der eindeutigen Beweislage kein Anlass. Auch die Klägerinnen haben ihrerseits für Rückstellproben keinen Grund gesehen, obwohl ihnen dies mit Blick z. B. auf die aus Ungarn zurückgeschickten ballierten Abfälle ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Unbehelflich ist schließlich der Sachvortrag der Klägerin zu 2 zur Herkunft ihrer gewerblichen Abfälle und zu den betrieblichen Abläufen bei der Separierung der einzelnen Abfallfraktionen. Entscheidend für die Zuordnung des Abfalls zur Grünen Liste oder zur Gelben Liste ist die Abfallfraktion, die unter Mitwirkung der Klägerinnen tatsächlich nach Ungarn verbracht worden ist. |
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| c) Abfälle aus verschiedenen Stoffgruppen der Grünen Liste können als einheitliche Abfallfraktion nicht ohne Weiteres grün gelistet werden. Für sich genommen sind Kunststoffabfälle in fester Form, Abfälle von Papier und Pappe sowie Kautschukabfälle grün gelistet. Ihre Zusammenführung zu einem Abfall bedeutet indessen nicht, dass ein – neuer – Abfall der Grünen Liste entsteht. In seiner Entscheidung „Beside BV und I. M. Besselsen“ hat der Europäische Gerichtshof – am Beispiel von Ballen mit einem Kunststoffanteil zwischen 58,3% und 92,3% (daneben: Papier, Pappe, Metall, Holz, Glas, Textilien) – erkannt, Abfälle, die für sich genommen solche der Grünen Liste seien, müssten im Falle ihrer Vermischung als solche der Gelben Liste qualifiziert werden; der Ursprung der Abfälle sei für sich genommen für die Klassifizierung nicht entscheidend (EuGH, Urt. v. 25.6.1998 – Rs. C-192/96 – Slg. 1998, I-4029 Tz. 29 ff.). In dem Urteil „Omni Metal Service“ hat der Gerichtshof bekräftigt, Anhang II der VO 259/93/EWG könne nicht auf Abfälle ausgedehnt werden, die nicht in der Grünen Liste aufgeführt seien; ein Abfall aus zwei Stoffen, die bei getrennter Betrachtungsweise jeweils von der Grünen Liste erfasst würden, gelte nicht (automatisch) als Abfall nach Anhang II der VO 259/93/EWG mit der Folge, dass dieser Abfall vom Kontrollverfahren (Art. 3 ff. VO 259/93/EWG) gemäß Art. 1 Abs. 3a der Verordnung ausgenommen sei (EuGH, Urt. v.21.6.2007 – Rs. C-259/05 – Slg. 2007, I-4945 Tz. 31ff.). Begründet wird dies mit dem Schutz des Kontrollsystems im Wege des Notifizierungsverfahrens im Interesse der zuständigen Behörden (EuGH aaO Tz. 29). Diesem Rechtsgedanken verleiht das neue europäische Abfallverbringungsrecht den gebührenden positivrechtlichen Ausdruck, indem die VO 1013/2006/EG einen Anhang IIIA ausweist, der sich auf Gemische aus zwei oder mehr der in Anhang III aufgeführten Abfällen, die nicht als Einzeleintrag eingestuft sind (Art. 3 Abs. 2 VO 1013/2006/EG), bezieht. Nach dem Erwägungsgrund (39) der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung sollen dadurch Informationen berücksichtigt werden können zu den Eigenschaften der Abfälle (z. B. Gefährlichkeit, Kontaminierungspotential, physikalische Beschaffenheit) sowie zur Behandlung der Abfälle (z. B. technologische Voraussetzungen zur Abfallverwertung); Ziel ist die Gewährleistung einer umweltgerechten Abfallbehandlung. Dass diese bei der Zusammenführung verschiedener Stoffgruppen der Grünen Liste zu einer Abfallfraktion nicht gleichsam automatisch gegeben ist, liegt auf der Hand. |
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| Für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutet dies, dass die Zusammenführung von Kunststoff, Gummi sowie Papier und Karton in den nach Ungarn verbrachten Ballen nicht gemäß Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG zur Befreiung von der Notifizierungspflicht führte. Denn eine derartige neue Abfallfraktion entspricht keinem der in Anhang II der VO 259/93/EWG aufgeführten Abfälle. |
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| d) Damit ist die grenzüberschreitende Verbringung der hier in Rede stehenden Abfallfraktion oder ähnlicher Abfallfraktionen keineswegs ausgeschlossen. Schon durch eine qualitativ verbesserte Aussortierung von „Fremd“stoffen kann, wie der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat, ein der Grünen Liste entsprechendes Kunststoffgemisch hergestellt werden. Unabhängig davon sind indessen auch Abfälle der Gelben Liste exportfähig. Dass für Abfälle der Gelben Liste Märkte vorhanden sind, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bestätigt und mit konkreten Beispielen belegt (z. B. „Elektroprodukte“ im asiatischen Raum, Abfallgemische als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie). Materiellrechtlich ist der Abfallexport danach nicht ausgeschlossen, verfahrensrechtlich muss allerdings der Weg der Notifizierung beschritten werden, so dass die Möglichkeit einer (begleitenden) behördlichen Kontrolle eröffnet ist. |
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| Dieses Konzept entspricht Sinn und Zweck des europäischen Abfallverbringungsrechts. Es handelt sich bei ihm in erster Linie um Umweltrecht und nicht etwa um Wirtschafts- oder Handelsrecht; es dient daher nicht nur der Gefahrenabwehr im engen polizeirechtlichen Sinne, sondern sichert auf dem Gebiet der durchaus missbrauchsanfälligen grenzüberschreitenden Abfallverbringung behördliche Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Einhaltung rechtlicher Standards auch unterhalb der Gefahrenschwelle. Folgerichtig hat der Europäische Gerichtshof zur alten Abfallverbringungsverordnung erkannt, sie solle „ein harmonisiertes System von Verfahren bereitstellen, mit denen der Umlauf der Abfälle begrenzt werden kann, um den Schutz der Umwelt sicherzustellen“ (EuGH, Urt. v. 28.6.1994 – Rs. C-187/93 – Slg. 1994, I-2857 Tz. 26). Ganz in diesem Sinne bestimmt Erwägungsgrund (1) der neuen Abfallverbringungsverordnung (VO 1013/2006/EG): „Wichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung ist der Umweltschutz; ihre Auswirkungen auf den internationalen Handel sind zweitrangig.“ Konsequenterweise gilt nach altem wie nach neuem europäischen Abfallverbringungsrecht der Grundsatz, dass eine Abfallverbringung vorher den zuständigen Behörden notifiziert werden muss, damit diese angemessen vor allem über Art, Beförderung und Entsorgung der Abfälle informiert sind, um gegebenenfalls Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit ergreifen zu können (Erwägungsgrund (9) VO 259/93/EWG; ähnlich Erwägungsgründe (14) und (15) VO 1013/2006/EG). Da Ausnahmebestimmungen nach EG-Recht eng auszulegen sind, besteht kein Ansatzpunkt dafür, Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG i. V. m. Anhang II im Sinne einer „grünen Listung“ der hier betroffenen Abfälle extensiv zu deuten. Es war den Klägerinnen, wie sie es zunächst geplant hatten, zumutbar, das Notifizierungsverfahren zu betreiben. Diese Verfahrenslast als solche präjudizierte die Möglichkeit der Abfallverbringung nach Ungarn in der Sache nicht. |
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| 3. Gegenstand der Rückholungsverpflichtung sind nach Art. 24 Abs. 2 UAbs.1 VO 1013/2006/EG die „betreffenden Abfälle“. Gemeint sind damit die illegal grenzüberschreitend verbrachten Abfälle. |
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| a) Die Klägerinnen räumen ein, dass ihnen seitens der Beklagten etwa 3.200 t Abfall zugerechnet werden, während eine Inanspruchnahme bezüglich der Rückholung nur in Höhe von 1.800 t erfolgte. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern. An sich verpflichtet Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG zur Rückführung sämtlicher illegal verbrachter Abfälle. Indem die Beklagte in der Vereinbarung mit der ungarischen Seite vom 7.3.2007 lediglich die Verpflichtung zur Rückholung von 1.800 t eingegangen ist, muss hierin eine die Klägerinnen nicht beschwerende, sondern entlastende Übereinkunft gesehen werden. |
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| b) Gegenständlich kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerinnen durch die von ihnen angefochtenen Anordnungen exakt und ausnahmslos zur Rückholung derjenigen Abfälle verpflichtet worden sind, an deren illegaler Verbringung nach Ungarn sie mitgewirkt haben. Die „Kilo genaue“ Identifizierung der verbrachten Abfälle kann schon deshalb praktisch ausscheiden, weil eine (teilweise) Durchmischung mit anderen Abfällen an den Lagerstätten in Ungarn eingetreten sein kann. Unberührt davon bleibt die rechtliche Verantwortlichkeit der Pflichtigen für die (Mengen der) von ihnen illegal verbrachten Abfälle. |
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| Für einen derartigen Sachverhalt mit innerstaatlichem Bezug hat das Bundesverwaltungsgericht erkannt, der Pflichtige sei „für die Entsorgung einer gleichgroßen Menge Abfälle gleicher Art verantwortlich“ (BVerwG, Urt. v. 28.6.2007 – 7 C 5/07 – E 129, 93 Tz. 22). Dem liegt der gefahrenabwehrrechtliche Grundsatz zu Grunde, dass bei komplexen Sachverhalten das Zusammenwirken mehrerer Verursacher mit der Folge, dass eine Isolierbarkeit der Teilbeiträge mehrerer Handlungsverantwortlicher für die (Gesamt-)Störung nachträglich unmöglich ist, nicht etwa die Verantwortlichkeit des einzelnen Mitverursachers entfallen lässt, sondern – im Gegenteil – jeder Verursacher auf die vollständige Beseitigung der Störung in Anspruch genommen werden kann (BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 7 C 3/05 – DVBl 2006, 1114 = NVwZ 2006, 928 Tz. 14 [insoweit in BVerwGE 125, 325 nicht abgedruckt]; VGH BW, Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1985, 281; Senat, Beschl. v. 3.9.2002 – 10 S 957/02 – NVwZ-RR 2003, 103, 105). Allerdings muss der Mitverursachungsbeitrag aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erheblich sein (BVerwG, aaO, Senat, Beschl. v. 4.3.1996 – 10 S 2687/95 – NVwZ-RR 1996, 387, 389). |
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| Folgerichtig hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28.6.2007 erkannt, die Vermischung eines Abfalls mit anderen Abfällen führe nicht zum Erlöschen der Entsorgungspflicht, vielmehr werde dem Mitverantwortlichen auf Grund des Verursacherprinzips ein der angelieferten Menge entsprechender Anteil an Abfällen gleicher Art zugerechnet (BVerwG, aaO, Tz. 22). Dieser Grundsatz ist auf das grenzüberschreitende Abfallverbringungsrecht übertragbar. Daher ist anerkannt, dass Art. 24 VO 1013/2006/EG auch dann anwendbar ist, wenn die „betreffenden Abfälle“ bereits untrennbar mit anderen Abfällen vermischt worden sind; die Rücknahmepflicht bezieht sich in einem solchen Fall auf einen mengenmäßig entsprechenden Teil des Gemisches (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 2). Dadurch wird die abfallrechtliche Verantwortlichkeit des Pflichtigen gewahrt und dennoch kommt es nicht zu einer Übervorteilung irgendeiner Seite. Ließe man mangels Isolierbarkeit des (ehemaligen) „eigenen“ Abfalls aus der Gesamtabfallmenge die (Mit-)Verantwortlichkeit des (Mit-)Verursachers für die Störungsbeseitigung entfallen, führte dies zu dem wenig überzeugenden Ergebnis, dass das „Verwischen von Spuren“ von der Rechtsordnung auch noch prämiert würde, obwohl der Beitrag des (Mit-)Verursachers für den eingetretenen illegalen Zustand dem Grunde und dem Umfang nach feststeht. |
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| Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, in welchem genauen quantitativen Umfang die Klägerinnen „ihren“ nach Ungarn verbrachten Abfall auf Grund der Anordnung der Beklagten zurückholen sollten. Dass es an den hier in Rede stehenden vier Lagerstätten in Ungarn um „Abfall gleicher Art“ ging, ist unbestritten. Außer Frage steht auch die erhebliche Mitverantwortung der Klägerinnen für die betreffende grenzüberschreitende Abfallverbringung. Nach dem festgestellten Sachverhalt muss überdies davon ausgegangen werden, dass es sich bei der zur Rückholung verfügten Teilmenge (1.800 t) der exportierten Gesamtmenge (knapp 3.200 t) größtenteils um Abfall aus ... handelte. An keiner Stelle wurde seitens der Klägerinnen vorgetragen, dass ihnen die Rückholung von z. B. aus Bayern nach Ungarn verbrachter Abfälle aufgegeben worden sei. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass den Klägerinnen durch die angefochtenen Anordnungen ganz überwiegend die Rückholung derjenigen Abfälle auferlegt worden ist, an deren illegaler Verbringung sie mitgewirkt haben; im Übrigen greift die dargelegte Pflicht zur Rückholung von „Abfällen gleicher Art“. Die (Mit-)Verantwortung der Klägerinnen steht demnach außer Frage. |
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| c) Die Rechtsauffassung des Senats steht nicht in Widerspruch zu der Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Pflicht zur Rückführung von Abfällen aus dem Ausland „einen zwingenden Bezug zwischen Beseitigungspflicht und den Beseitigungsobjekten“ voraussetzt (BayVGH, Urt. v. 10.12.2009 – 20 B 09.45 – NVwZ 2010, 527 Tz. 17). Ob diese Rechtsmeinung zutrifft, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob diese zu § 6 AbfVerbrG 1994 formulierte Voraussetzung auf die Rückholpflicht nach Art. 24 Abs. 2 VO 1013/2006/EG Anwendung finden kann. Im Unterschied zu dem hier zu entscheidenden Fall stand nach dem der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht einmal fest, an welche Orte in der Tschechischen Republik Abfälle aus Bayern, die der dortigen Klägerin zugerechnet werden sollten, verbracht worden waren. Vor diesem Hintergrund wurde eine Pflicht der Klägerin verneint, „Abfälle beliebiger anderer Herkunft von einem bestimmten Ort aus der Tschechischen Republik zurückzuführen, wenn sie an anderen illegalen Abfallverbringungen nach anderen Orten beteiligt gewesen sein sollte“ (BayVGH, aaO, Tz. 20). Von einer derartigen „Beliebigkeit“ kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Die seitens der Klägerinnen 2006 initiierte Abfallverbringung nach ..., ... ... und ... sowie ... steht außer Frage; die Rückholpflicht bezieht sich nur auf die an diese Standorte verbrachten Abfälle. |
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| 4. Die Anordnungen der Beklagten sind auch unter spezifisch abfallrechtlichen Vorgaben rechtlich zutreffend an die Klägerinnen gerichtet worden. Denn diese haben als (Mit-)Verantwortliche der illegalen Abfallverbringung die nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle zurückzuholen. Diese Pflicht trifft die Klägerinnen nach dem im Zeitpunkt der Widerspruchsbescheide (8.10.2007) maßgeblichen neuen Abfallverbringungsrecht (b bis e), bestand aber ebenso unter der Geltung des bis zum 11.7.2007 einschlägigen früheren Abfallverbringungsrechts (f). Infolgedessen sind die Klägerinnen rechtsfehlerfrei als Adressaten der Anordnungen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 (ebenso § 6 Abs. 2 Satz 1 AbfVerbrG 1994) in Anspruch genommen worden. |
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| a) Die Rückholungspflicht der illegal verbrachten Abfälle trifft zwar primär den „Notifizierenden de facto“ (Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a VO 1013/2006/EG); maßgebend ist für die Bestimmung des richtigen Adressaten in diesem Fall die in Art. 2 Nr. 15 VO 1013/2006/EG festgelegte Reihenfolge (Schröder, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Stand: Juli 2009, B 255 Art. 2 RdNr. 3 und Art. 22-25 RdNr. 1). Da im vorliegenden Fall eine Notifizierung der nach Ungarn verbrachten Abfälle jedoch nicht stattgefunden hat, kommt die Rückholungspflicht gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a VO 1013/2006/EG nicht zum Tragen. |
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| Ist eine Notifizierung zu Unrecht nicht erfolgt, ist Adressat der Rücknahmeverpflichtung diejenige Person, die hätte notifizieren müssen. Dies ist in der Terminologie der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung der „Notifizierende de jure“ gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b VO 1013/2006/EG (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 7). Die Pflicht zur Notifizierung der Verbringung von Abfällen trifft gemäß Art. 4 Satz 1 VO 1013/2006/EG den „Notifizierenden“. Dies ist nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 15 Satz 1 VO 1013/2006/EG eine der Gerichtsbarkeit des betreffenden Mitgliedstaates (hier: Bundesrepublik Deutschland) unterliegende natürliche oder juristische Person, die beabsichtigt, eine Verbringung von Abfällen durchzuführen oder durchführen zu lassen, und zur Notifizierung verpflichtet ist. Dass in Bezug auf die streitgegenständlichen Abfälle sachlich eine Notifizierungspflicht bestanden hat, ist bereits dargelegt worden (oben II. 2.); im Falle der „de jure“-Rückholungspflicht ist richtiger Adressat diejenige Person, die die Notifizierung an sich hätte vornehmen müssen. |
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| Diese Person ist gemäß Art. 2 Nr. 15 Satz 2 VO 1013/2006/EG der Ersterzeuger oder der Neuerzeuger oder der zugelassene Einsammler oder der eingetragene Händler oder der eingetragene Makler; die Pflichtigen dieses Personenkreises stehen – auch was den Neuerzeuger betrifft – gleichrangig nebeneinander, subsidiär in der Rangfolge ist danach nur der Besitzer angesiedelt (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 79; wohl auch Schröder, in: Jarass/Petersen/Weidemann, aaO, Art. 2 RdNr. 3). |
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| b) Die Klägerin zu 2 ist als „Neuerzeuger“ für die illegale Abfallverbringung verantwortlich, die Klägerin zu 1 ist als „Händler“ pflichtig. |
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| aa) Ob die Klägerin zu 2 (auch) als „Ersterzeuger“ hätte in Anspruch genommen werden können, mag dahinstehen. Sie ist jedenfalls, was sie selbst einräumt, „Neuerzeuger“ im Sinne des Abfallverbringungsrechts. Insoweit trifft sie die Verantwortlichkeit zur Rückholung der fraglichen Abfälle gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. ii VO 1013/2006/EG. Vorausgesetzt ist danach lediglich, dass das die Neuerzeugereigenschaft begründende Behandlungsverfahren vor der Abfallverbringung durchgeführt worden ist; nicht ausreichend wäre die Vornahme des Behandlungsverfahrens erst im Empfängerstaat (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 80). Es besteht kein Zweifel daran, dass jene Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, da die Abfallbehandlung seitens der Klägerin zu 2 unstreitig vor der Abfallverbringung nach Ungarn stattgefunden hat. |
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| Das Abfallverbringungsrecht knüpft die Verantwortlichkeit für die Rückholung illegal verbrachter Abfälle seit jeher an die objektive (Mit-)Ursächlichkeit des Verhaltens einer (natürlichen oder juristischen) Person; auf ein Verschulden kommt es nicht an (Senat, Urt. v. 22.11.2005 – 10 S 1208/04 – ZUR 2006, 262; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 12.4.2006 – 7 B 30/06 –). Dies gilt auch für das neue Abfallverbringungsrecht (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 6). |
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| Ihrer Verantwortlichkeit wäre die Klägerin zu 2 allenfalls enthoben, wenn sie – so in Bezug auf die dann entfallende Kostentragungspflicht – „ordnungsgemäß gehandelt hat“ (§ 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AbfVerbrG 2007; ebenso in der Sache § 6 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AbfVerbrG 1994). Den Nachweis hierfür, den der (Neu-)Erzeuger der Abfälle nach geltendem Recht erbringen muss, kann die Klägerin zu 2 nicht führen. Sie war an der illegalen Abfallverbringung nach Ungarn beteiligt, indem sie die Abfalllieferungen zusammengestellt und die Begleitpapiere ausgestellt sowie rechtswidrig die notwendige Notifizierung unterlassen hat. Allen Beteiligten an den Abfallexportgeschäften, so auch der Klägerin zu 2, war klar, dass von dem an sich angezeigten und seitens der Klägerinnen und des Beigeladenen zunächst auch beabsichtigten Notifizierungsverfahren Abstand genommen wurde. Ein ordnungsgemäßes Handeln der Klägerin zu 2 im Sinne des Abfallverbringungsrechts liegt mithin nicht vor. |
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| bb) Die Klägerin zu 1 ist als „Händler“ (ggf., was jedoch offen bleiben kann, als „Makler“) im Sinne des Abfallverbringungsrechts für die Rückholung der streitgegenständlichen Abfälle gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. iv VO 1013/2006/EG verantwortlich. Als Händlerin mit Rohstoffen und Abfällen zur Verwertung hat die Klägerin zu 1 mit Hilfe des Beigeladenen die Kontakte zu den ungarischen Geschäftspartnern hergestellt und die Abfalltransporte nach Ungarn (mit)organisiert. |
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| Die Verantwortlichkeit der Klägerin zu 1 als „Notifizierender de jure“ scheitert nicht an einer mangelnden schriftlichen Ermächtigung seitens der Klägerin zu 2, in ihrem Namen als Notifizierender aufzutreten. Die formelle Anforderung einer schriftlichen Ermächtigung nach Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. iv VO 1013/2006/EG des Händlers durch den Erzeuger des Abfalls betrifft nur den Normalfall der beabsichtigten Notifizierung der Verbringung von Abfällen (vgl. Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 82). Wo indessen eine Notifizierung – wie bei der hier vorgenommenen illegalen Abfallverbringung – gar nicht stattfindet, bedarf es auch keiner (schriftlichen) Ermächtigung zur Notifizierung, da diese ja gerade unterbleibt. Entscheidend für die Rücknahmepflicht ist in einem solchen Fall, wer die illegale Abfallverbringung (ggf. neben anderen) zu verantworten hat (Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 vor lit. a VO 1013/2006/EG). |
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| Dieses Rechtsverständnis wird durch § 8 Abs. 2 AbfVerbrG 2007 bestätigt. Danach trifft die Kostentragungspflicht im Falle der Abfallrückführung neben dem Abfallerzeuger „auch die Person, die eine Verbringung veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder in sonstiger Weise daran beteiligt war“ (Satz 1). Diese Regelung zur Kostentragungspflicht (Sekundärebene) macht nur Sinn, soweit eine Übereinstimmung mit der primären Verantwortungsebene (Rückholungspflicht) besteht. § 8 Abs. 2 Satz 1 AbfVerbrG 2007 übernimmt – ohne inhaltliche Änderung – die zuvor in § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG 1994 getroffene Regelung (BT-Drucks. 16/5384 S. 17). Dazu war nach der Amtlichen Begründung der Kreis der Rückführungspflichtigen auf alle Personen ausgedehnt, die in irgendeiner Weise kausal für die unerlaubte Abfallverbringung waren (BT-Drucks. 12/7479 S. 3). Es besteht kein Zweifel daran, dass davon auch der Abfallhändler erfasst ist. |
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| c) Die Verantwortlichkeit der Klägerinnen für die Rückholung der illegal nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle scheitert auch nicht etwa an der 30-Tage-Frist gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 2 VO 1013/2006/EG. Unabhängig von der hier offen bleibenden Frage, ob sich die Klägerinnen überhaupt auf diese Bestimmung berufen können, haben die zuständigen Behörden einvernehmlich einen bestimmten Zeitraum festgelegt, in dem die Rückführung der Abfälle nach Deutschland zu erfolgen hatte. Damit wurde rechtsfehlerfrei von einer Option des neuen Abfallverbringungsrechts Gebrauch gemacht, die die vormalige Parallelregelung (Art. 26 Abs. 2 UAbs. 1 VO 259/93/EWG) noch nicht kannte (zu den Hintergründen vgl. Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 13). |
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| d) Der Inanspruchnahme der Klägerinnen steht Art. 24 Abs. 3 VO 1013/2006/EG nicht entgegen. Danach findet eine Rückholung illegal verbrachter Abfälle nicht statt, wenn der Empfänger die illegale Verbringung zu verantworten hat. Es steht außer Frage, dass die ungarischen Empfänger der fraglichen Abfälle für die illegale Verbringung ebenfalls verantwortlich sind. Es handelt sich indessen nicht um eine Alleinverantwortung, sondern nur um eine Mitverantwortung. Diesem Umstand hat die Beklagte rechtsfehlerfrei dadurch Rechnung getragen, dass von den in Rede stehenden etwa 3.200 t nach Ungarn verbrachten Abfällen nur etwa 1.800 t der Rückführungspflicht unterworfen worden sind, während die restlichen etwa 1.400 t Abfälle in Ungarn verblieben. Unter Berücksichtigung der Entsorgungsinfrastruktur in Deutschland und Ungarn sowie bei Beachtung der schon in Deutschland begonnenen illegalen Abfallverbringung ist gegen jene Aufteilung und Zuordnung der Verantwortlichkeiten zur deutschen und zur ungarischen Seite rechtlich nichts zu erinnern; das Übermaßverbot wurde beachtet. |
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| Zum rechtlichen Verhältnis zwischen Absatz 2 und Absatz 3 des Art. 24 VO 1013/2006/EG im Falle der Mitverantwortlichkeit sowohl des Exporteurs als auch des Empfängers einer illegalen Abfallverbringung trifft das europäische Abfallverbringungsrecht keine Regelung. Ob zwischen den beiden Absätzen ein Vorrangverhältnis besteht, ist offen; dasselbe gilt für die denkbare Regel einer 50:50 Zuweisung der Mitverantwortungsanteile. Derartige Grundsatzfragen kann der Senat hier unentschieden lassen. Es muss auch nicht geklärt werden, ob die Grundsätze des deutschen Gefahrenabwehrrechts zur Störerauswahl bei mehreren Verantwortlichen zum Tragen kommen könnten. Da es um eine behördliche Auswahlentscheidung insoweit geht, als Verantwortungsanteile für eine illegale Abfallverbringung mehreren Beteiligten zugerechnet werden, muss – mangels fester rechtlicher Vorgaben – jedenfalls das Übermaßverbot beachtet werden. Legitimes - rechtlich anzuerkennendes - Ziel der angefochtenen Anordnungen der Beklagten war die Beseitigung der Folgen der illegalen Abfallverbringung. Die ergriffenen Maßnahmen – Rückführung von 1.800 t der nach Ungarn verbrachten Abfälle nach Deutschland zwecks ordnungsgemäßer Entsorgung im Inland, Verbleib von etwa 1.400 t der Abfälle in Ungarn gemäß Absprache mit den dortigen Behörden – waren zur Zielverwirklichung auch geeignet. Die Anordnung der Rückführung von 1.800 t Abfällen war erforderlich, da sich die ungarische Seite weigerte, alle aus Deutschland verbrachten Abfälle in Ungarn zu entsorgen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung mehrfach glaubhaft versichert, dass die ungarischen Behörden mit Unterstützung der EU-Kommission auf die Rückholung sämtlicher aus Baden-Württemberg verbrachter Abfälle hätten pochen können, da keine Notifizierung stattgefunden habe. Nachdrücklich wurde dargetan, dass auch konkrete Vorschläge der deutschen Seite zur Entsorgung der Abfälle in Ungarn seitens der dortigen Behörden nicht akzeptiert worden seien; so hätten diese es abgelehnt, die Abfälle – allerdings nach einer weiteren Vorbehandlung – als Ersatzbrennstoff in einem Kraftwerk, an dem die ... beteiligt sei, zu entsorgen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann bei einer solchen Ausgangslage nicht ernsthaft von einer „politischen Entscheidung“ oder gar von einem „Kuhhandel“ gesprochen werden. Die Aufteilung der Abfallmengen zwischen der Rückholung nach Deutschland und dem Verbleib in Ungarn im Verhältnis 1800 t :1400 t ist schließlich auch nicht unangemessen. Entscheidend ist insoweit, dass es sich im vorliegenden Fall um eine illegale Abfallverbringung mangels Notifizierung handelt. Dadurch wurde den ungarischen Behörden von vornherein die Möglichkeit genommen, den Import der Abfälle nach Ungarn zu verhindern. Wäre das Notifizierungsverfahren durchgeführt worden, hätte die zuständige Behörde am Bestimmungsort gegebenenfalls Einwände gegen die Abfallverbringung erheben können (Art. 7 Abs. 2 VO 259/93/EWG). Indem die Klägerinnen den ungarischen Behörden diese Möglichkeit „abgeschnitten“ haben, könnte ihnen im Ergebnis möglicherweise die Gesamtverantwortung für die Rückabwicklung der illegalen Abfallverbringung zugewiesen werden. Da sich die Rückholpflicht indessen nur auf etwa 56% der nach Ungarn verbrachten Abfälle erstreckt, kann von einer unangemessenen Anordnung der Beklagten keine Rede sein. |
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| e) Rechtsfehlerfrei ist schließlich im Interesse der raschen Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände die Inpflichtnahme jeder Klägerin für die gesamten zur Rückführung nach Deutschland anstehenden 1.800 t illegal verbrachter Abfälle erfolgt. Die vom Verwaltungsgericht (UA S. 30 f.) dazu gegebene Begründung ist tragend und kann in Bezug genommen werden (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend kann auf die insoweit überzeugenden Erwägungen in den Widerspruchsbescheiden vom 8.10.2007 (dort jeweils S. 7) verwiesen werden. |
|
| f) Die Klägerinnen sind bezüglich ihrer Rücknahmepflicht als Adressaten der Anordnungen nach neuem Abfallverbringungsrecht nicht schlechter gestellt als nach altem Abfallverbringungsrecht. Nach dem vormals geltenden Recht wäre die Inpflichtnahme der Klägerinnen auf § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG 1994 i. V. m. Art. 26 VO 259/93/EWG zu stützen gewesen. Die danach bestehende Verhaltensverantwortlichkeit der Klägerinnen ist auf Grund der weiten Deutung jener Bestimmungen (vgl. dazu Senat, Urt. v. 22.11.2005 – 10 S 1208/04 – ZUR 2006, 262, 263; bestätigt von BVerwG, Beschl. v. 12.4.2006 –7 B 30/06 –) nicht zweifelhaft. |
|
| 5. Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen sind die gegen sie ergangenen Anordnungen nicht wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig. Die von § 37 Abs. 1 LVwVfG geforderte hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsakts ist zu bejahen, wenn der Regelungsgehalt für den Betroffenen unzweideutig erkennbar ist; der Adressat muss in die Lage versetzt werden, zu erkennen, was von ihm gefordert wird (BayVGH, Beschl. v. 17.3.2004 – 22 CS 04.362 – NJW 2004, 2768; OVG NW, Beschl. v. 16.12.2002 – 21 B 1723/02 – NVwZ-RR 2003, 493, 494). Zugleich muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung (Verwaltungsvollstreckung) sein können (BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 – 4 C 41/87 – E 84, 335, 338). An der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 37 Abs. 1 LVwVfG fehlt es nicht schon deshalb, weil es zur Ermittlung des Entscheidungsgehalts der getroffenen Regelung der Auslegung bedarf (BVerwG, Urt. v. 26.1.1990 – 8 C 69/87 – NVwZ 1990, 855, 856; OVG NW, Beschl. v. 26.9.2008 – 13 B 1395/08 – NJW 2008, 3656, 3657). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, aaO, E 84, 335, 338; OVG RP, Urt. v. 19.3.2009 – 6 A 11324/08 – DVBl 2009, 786, 791). |
|
| Gemessen an diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Anordnungen vom 5.4.2007 dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG. Maßgebend für die Beurteilung ist der Empfängerhorizont (analog § 133 BGB). Danach besteht am Erklärungsgehalt von Nr. 1 der Anordnungen kein Zweifel; präzise benannt als Rückholungsverpflichtete wird die jeweilige Klägerin (unter nachrichtlicher Erwähnung im jeweiligen Bescheid der anderen Klägerin und des Beigeladenen), angegeben werden die Rechtsgrundlagen, benannt werden der Gegenstand der Rückholungsverpflichtung und die Gesamtmenge (etwa 1.800 t), und außerdem wird die Spezifizierung nach Maßgabe der nachfolgend aufgeführten Orts- und Mengenangaben in Bezug genommen. In Nr. 2 werden zunächst (Satz 1) die einzelnen Lagerstätten und die ihnen zugeordneten Teil-Mengen (aus den insgesamt etwa 1.800 t) benannt, auf die sich die Rückholung bezieht. Satz 2 präzisiert, dass es nur um diejenigen in ... lagernden Abfälle geht, die auf Grund der (präzise benannten) Ballierung der Klägerin zu 2 zugeordnet werden können; hiergegen kann entgegen dem Sachvortrag der Klägerinnen unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit rechtlich nichts eingewendet werden, weil im Falle des Versagens dieses für sich genommen völlig klaren Kriteriums bei seiner Anwendung die Zuordnung von Abfällen zur Rücknahmepflicht gescheitert wäre, was inhaltlich übrigens einen Effekt zu Gunsten der Klägerinnen ausgelöst hätte. Satz 3 der Nr. 2 begegnet hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmtheit ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken; bei einer Überschreitung der geschätzten Gesamtmenge von 1.800 t an den vier im Bescheid benannten Standorten durch die tatsächlich von der Klägerin zu 2 stammenden Abfälle sollten die tatsächlich gelieferten Abfälle der Rückführung unterfallen und nicht nur die geschätzten 1.800 t; als Zuordnungskriterium war wiederum – für sich genommen völlig unmissverständlich – die Bebänderung der Abfälle durch die Klägerin zu 2 genannt worden. Die Angriffe der Klägerinnen gegen Nr. 8 der Anordnungen gehen bezüglich § 37 Abs. 1 LVwVfG ins Leere; da es sich insoweit nicht um eine „Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG), sondern lediglich um einen – rein deklaratorischen – Hinweis handelt, ist § 37 Abs. 1 LVwVfG insoweit gar nicht anwendbar. |
|
| Die hinreichende Bestimmtheit der von der Beklagten getroffenen Anordnungen steht auch ansonsten außer Frage. Die Klägerinnen selbst räumen ein, dass einige „ca.-Angaben“ unbeachtlich sind, da es nicht um eine „Kilo genaue“ Taxierung gehen kann. Der Hinweis auf andere Anlieferer von Abfällen (z. B. aus Bayern) ist im Rahmen des § 37 Abs. 1 LVwVfG unbehelflich, da insoweit nicht eine Frage der Bestimmtheit der getroffenen Anordnungen, sondern allenfalls der Herkunftsidentifikation verschiedener Abfälle aufgeworfen ist; dies betrifft lediglich den tauglichen Gegenstand der Rückholungsverpflichtung (oben II. 3. b). Keine Frage der Bestimmtheit der Anordnungen ist schließlich der Einwand, nicht nur die der Klägerin zu 2 zugerechnete Gesamtabfallmenge von 3.191,36 t, sondern etwa 4.100 t entsprechender Abfälle seien ausweislich der Aktenlage nach Ungarn in die betreffenden Anlagen verbracht worden; soweit darin die Überlegung enthalten ist, die Anordnungen vom 5.4.2007 müssten die Gesamtmenge von 1.800 t eigentlich überschreiten, ist diesem Aspekt, wie erwähnt, durch Nr. 2 Satz 3 der behördlichen Anordnungen in rechtlich einwandfreier Weise Rechnung getragen. |
|
| Die weiteren, für dieses Hauptsacheverfahren bedeutsamen Regelungen in den Bescheiden vom 5.4.2007 sind allesamt rechtmäßig. Die in Nr. 3 vorgenommene Fristsetzung für die Rückholung ist durch § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 i. V. m. Art. 24 Abs. 2 UAbs. 2 VO 1013/2006/EG gedeckt. Die Rechtmäßigkeit der Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 4) hat das Verwaltungsgericht (UA S. 31 f.) rechtsfehlerfrei festgestellt (§ 130b Satz 2 VwGO). Die in Nr. 6 angesprochene Notifizierungspflicht für den Fall der Abfallrückführung findet ihre Grundlage in Art. 24 Abs. 2 UAbs. 3 und 4 VO 1013/2006/EG. Die Anordnung der Kostentragungspflicht der Klägerinnen für die Rückholung der illegal verbrachten Abfälle und deren Entsorgung sowie die Verpflichtung der Klägerinnen zur gesamtschuldnerischen Haftung (Nr. 6) ergeben sich aus Art. 25 VO 1013/2006/EG, § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 AbfVerbrG 2007. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist, besteht kein Anlass, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären. |
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| Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Revisionsgründe vorliegt. |
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| Beschluss vom 13. Juli 2010 |
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| Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 355.902,58 EUR festgesetzt. |
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| Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Die Bedeutung der Sache für die Klägerinnen richtet sich nach den Kosten der Ersatzvornahme (533.853,87 EUR); hiervon entfallen auf jede Klägerin sowie den Beigeladenen ein Drittel, d.h. 177.951,29 EUR. Der Streitwert der verbundenen Klagen beträgt folglich 2 x 177.951,29 EUR, also 355.902,58 EUR. |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar. |
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