Gründe

I.

1

Mit Bescheid vom 19. November 2008 verpflichtete der Beklagte die Klägerin und eine Firma O., gesamtschuldnerisch die Kosten für die Rückholung und Entsorgung von 216,43 t Kunststoffabfällen aus Sosnová/Tschechien in Höhe von 45 553,93 € zu tragen. Die Klägerin hatte im Jahr 2005 322,21 t Abfälle, bezeichnet als Verpackungen aus Kunststoff, durch die Firma O. nach Sosnová verbringen lassen, ohne dies zu notifizieren. Das Verwaltungsgericht hat den zu zahlenden Betrag auf 45 212,96 € herabgesetzt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Rechtsgrundlage der Zahlungspflicht sei § 8 Abs. 3 AbfVerbrG. Die im Jahr 2005 ohne Notifizierung ausgeführten Abfalltransporte seien illegal im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Buchst. a VO (EWG) 259/93 gewesen. Die materielle Beweislast dafür, dass eine Notifizierungspflicht nicht bestanden habe, weil die Abfälle als solche der Grünen Liste anzusehen und ausschließlich zur Verwertung nach Tschechien verbracht worden seien (Art. 1 Abs. 3 Buchst. a VO 259/93), trage die Klägerin (UA Rn. 15). Den Beweis, dass die Verbringung nach Tschechien der Verwertung der Abfälle gedient habe, habe die Klägerin nicht erbracht (UA Rn. 17). Nachdem unstreitig aus ihrem Betrieb 322,21 t nach Sosnová auf das Gelände der Firma D. verbracht worden seien, trage sie auch die materielle Beweislast dafür, dass die Abfälle, wenn schon nicht zur Verwertung, so doch mit anderer Zielrichtung vom Gelände der Firma D. auf den Weg gebracht worden seien. Der Beklagte habe dadurch, dass er die Abfälle weggeschafft habe, ohne sich aufgrund der von der Klägerin behaupteten Art der Bindung und der Ausmaße der Abfallpakete Klarheit über eine etwaige Provenienz aus dem Betrieb der Klägerin zu verschaffen, den Beweis nicht vereitelt. Es hätte der Klägerin oblegen, die Erkenntnisgewinnung, dass die Abfälle nicht von ihr stammen, durch einen Hinweis auf die Art der Zusammenbindung und der konkreten Ausmaße der Abfallballen aufzuzeigen (UA Rn. 18). Aus dem Akteninhalt und den Zeugenaussagen ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Abfälle beim Rücktransport im Mai 2008 nicht mehr auf dem Gelände in Sosnová gewesen seien (UA Rn. 19). Art. 24 Abs. 3 der auf die Rückholung anwendbaren VO (EG) 1013/2006 stehe der Inanspruchnahme der Klägerin nicht entgegen. Die Verordnung mache keine Aussage dazu, wie die Pflichten zuzuordnen seien, wenn - wie hier - den Empfänger eine Mitverantwortung treffe. Dass sich die zuständigen Behörden über eine angemessene Kostenverteilung einigen könnten, sei aber unstreitig (UA Rn. 24).

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

3

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

5

a) Die Frage,

ob im Rahmen von § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 1 Abs. 3 Buchst. a VO (EWG) 259/93 der Verpflichtete oder die zuständige Behörde die Beweislast dafür trägt, dass es sich um eine illegale Abfallverbringung handelt einschließlich der Tatsachen, dass es sich um Kunststoffabfälle der Grünen Liste handelt, die zur Verwertung bestimmt sind,

bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie ist anhand der einschlägigen Verordnung nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ohne Weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs zu beantworten.

6

Wer das Risiko eines "non-liquet" trägt, ist durch Auslegung des materiellen Rechts zu entscheiden. Im Grundsatz geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen, der hieraus für sich günstige Rechtsfolgen ableiten will (stRspr, Urteile vom 11. September 2013 - BVerwG 8 C 4.12 - ZOV 2013, 177 Rn. 41 und vom 21. Mai 2008 - BVerwG 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 = Buchholz 402.7 BVerfSchG Nr. 11 Rn. 41). Ausgehend hiervon trägt derjenige, der beabsichtigt, in Anhang II der VO (EWG) 259/93 (Grüne Liste) aufgeführte Abfälle in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen oder verbringen zu lassen, die Beweislast dafür, dass diese Abfälle zur Verwertung bestimmt sind. Nur unter dieser Voraussetzung ist er berechtigt, die Abfälle zu verbringen, ohne dies der zuständigen Behörde zu notifizieren. Die Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen muss gemäß Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) 259/93 unabhängig davon notifiziert werden, um welche Art von Abfällen es sich handelt (vgl. jetzt Art. 3 Abs. 1 Buchst. a VO 1013/2006). Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 259/93 ändert daran nichts, denn auch nach dieser Vorschrift sind Abfälle vorbehaltlich von Rückausnahmen von der Geltung der Verordnung nur ausgenommen, wenn sie ausschließlich zur Verwertung bestimmt und in Anhang II aufgeführt sind. Nur diese Abfälle sollen - wie durch den Erwägungsgrund Nr. 14 bestätigt wird - von den in der Verordnung vorgesehenen Kontrollverfahren ausgenommen sein, da sie bei sachgemäßer Verwertung im Bestimmungsland normalerweise keinerlei Risiken für die Umwelt bergen dürften. Insoweit ist Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 259/93 - wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen hat - eine dem Abfälle Verbringenden günstige Ausnahmevorschrift. Dass die Verwertung - wie die Klägerin unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2006/12/EG) geltend macht - Vorrang vor der Beseitigung haben soll, ist für die Beweislast nicht relevant. Aus dem normativen Vorrang der Verwertung folgt nicht, dass Abfälle auch tatsächlich in der Regel zur Verwertung und nicht zur Beseitigung in den Empfängerstaat verbracht werden. Vor Verbringung der Abfälle ist im Übrigen nur die Person, die die Verbringung beabsichtigt, in der Lage, darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, was im Empfängerstaat mit den Abfällen geschehen soll. Dementsprechend sind den zu verbringenden Abfällen gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. d und e VO (EWG) 259/93 vom Besitzer unterzeichnete Angaben zu Name und Anschrift des Empfängers und zur Art des Verwertungsverfahrens beizugeben. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden (Urteil vom 25. Juni 1998 - Rs. C-192/96 - Slg. 1998, I-4029 Rn. 54), dass die zuständigen Behörden im Allgemeinen bei den zur Verwertung bestimmten nicht notifizierungspflichtigen Abfällen der Grünen Liste zumindest die in Art. 11 der Verordnung genannten Angaben verlangen müssen. Zur Beweislast hat sich der Gerichtshof zwar nicht geäußert; es versteht sich jedoch von selbst, dass derjenige, der gemäß Art. 11 Abs. 1 VO (EWG) 259/93 Angaben zur vorgesehenen Verwertung zu machen hat, hierfür auch die materielle Beweislast trägt. Darlegungs- und Beweislast folgen denselben Grundsätzen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2013 - BVerwG 6 C 10.11 - BVerwGE 146, 325 Rn. 25). Ob die Notifizierungspflicht als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt zu qualifizieren ist, kann offenbleiben. Denn wenn die Erlangung einer Erlaubnis von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig ist - wie hier die Notifzierungsfreiheit von der Bestimmung des Abfalls zur Verwertung -, liegt die Beweislast für diese Voraussetzungen auch bei einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt beim Erlaubnisbewerber (vgl. Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. 2, Stand April 2013, § 108 Rn. 106).

7

b) Die Frage,

ob die zuständige Behörde die materielle Beweislast für die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 dahingehend trägt, dass die von dem zur Rückholung von Abfällen herangezogenen Verpflichteten stammenden Abfälle Teil der von der Behörde zurückgeführten Menge gewesen sind und es sich dabei um die "betreffenden Abfälle" gehandelt hat,

bedarf, soweit sie in einem Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre, ebenfalls nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem zur Notifizierung Verpflichteten nicht von vornherein die Beweislast dafür auferlegt, dass sich unter den von der Behörde zurückgeholten Abfällen nicht auch die von ihm illegal verbrachten Abfälle befanden. Er hat seine eigene Rechtsprechung, dass eine Rückführverpflichtung von einem bestimmten Ort zur Voraussetzung hat, dass dort tatsächlich solche Abfälle lagern, die der Verantwortungssphäre des Verpflichteten zuzurechnen sind (VGH München, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 20 B 09.45 - juris Rn. 17), in dem angefochtenen Urteil nicht in Frage gestellt. Er hat hier jedoch im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts (S. 26 f. der Urschrift) festgestellt, dass die Abfälle der Klägerin an den Ort der Rückholung - das Gelände der Firma D. in Sosnová - verbracht worden waren (UA Rn. 18). Dieser Nachweis hatte in dem dem o.g. Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Dezember 2009 zugrunde liegenden Fall, auf den sich die Klägerin beruft, nicht geführt werden können. Dass in ersterem Fall die materielle Beweislast für den anderweitigen Abtransport der Abfälle bei demjenigen liegt, der diese Abfälle illegal an den Ort der Rückholung verbracht hat, ergibt sich ohne Weiteres aus der dargelegten allgemeinen Regel, wonach die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen geht, der hieraus für sich günstige Rechtsfolgen ableiten will. Ist davon auszugehen, dass Abfälle ohne die erforderliche Notifizierung und damit illegal an einen bestimmten Ort im Empfängerstaat verbracht wurden, so hat die zuständige Behörde am Versandtort dafür zu sorgen, dass der Notifzierende (Art. 2 Nr. 15 VO 1013/2006) die betreffenden Abfälle zurücknimmt (Art. 24 Abs. 2 Buchst. b VO 1013/2006) oder, wenn dies - wie hier (Rn. 20 des angefochtenen Urteils) - nicht möglich ist, sie auf Kosten des Notifizierenden de jure (Art. 25 Abs. 1 Buchst. b VO 1013/2006) selbst zurückzunehmen (Art. 24 Abs. 2 Buchst. c VO 1013/2006). Die zuletzt genannte, ebenfalls unter dem Vorbehalt des Möglichen stehende Verpflichtung der Behörde entfällt, wenn der Notifizierende de jure die von ihm verbrachten Abfälle vor einer Rückholung durch die Behörde selbst zurücknimmt oder ein Dritter die Abfälle abtransportiert. Diese Voraussetzungen für ein Entfallen der bereits entstandenen Rückführverpflichtung sind dem Notifizierenden de jure günstig; er trägt insoweit die materielle Beweislast.

8

c) Die Frage,

ob der Inanspruchnahme eines Verpflichteten nach Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 Absatz 3 dieser Vorschrift entgegensteht, wenn auch der Empfänger die illegale Verbringung zu verantworten hat, oder ob eine solche Mitverantwortung beider Seiten nach Billigkeit aufgeteilt werden kann oder etwa eine der beiden Bestimmungen vorrangig ist,

bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Dass eine Mitverantwortung des Empfängers der illegal verbrachten Abfälle einer Kostentragungspflicht des Notifizierenden de jure nach § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 dem Grunde nach jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn - wie hier - die eigene Verantwortung des Notifizierenden überwiegt, liegt auf der Hand. In Betracht käme in einer solchen Situation allenfalls ein Vorrang der Inanspruchnahme des Notifizierenden nach Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006, hier also der Klägerin, vor einer solchen des Empfängers nach Art. 24 Abs. 3 VO (EG) 1013/2006. Ausgehend hiervon ist die Klägerin durch die vom Verwaltungsgerichtshof bejahte Möglichkeit, dass sich die zuständigen Behörden über eine angemessene Kostenverteilung einigen können (UA Rn. 24), nicht beschwert. Dass der Beklagte und die tschechischen Behörden bei der gefundenen Einigung vom Verwaltungsgerichtshof nicht erkannte rechtliche Grenzen zu Lasten der Klägerin überschritten, insbesondere das Übermaßverbot verletzt haben könnten, hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht.

9

d) Die Frage,

ob sich bei einer untrennbaren Vermischung eines illegal ins Ausland verbrachten Abfalls mit anderen Abfällen die Rückfuhrverpflichtung des Art. 24 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) 1013/2006 auf einen mengenmäßig entsprechenden Teil des Gemischs bezieht und die Verminderung der Gesamtmenge aller Abfälle sämtlicher Lieferanten bis zur vor der Rückholung durchgeführten Bestandsaufnahme anteilig zu berücksichtigen wäre,

ist, soweit entscheidungserheblich, nicht klärungsbedürftig.

10

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass, wenn Abfälle eines entsorgungspflichtigen Abfallbesitzers bei einem mit der Entsorgung beauftragten Dritten mit Abfällen gleicher Art anderer Entsorgungspflichtiger vermischt werden, jeder Entsorgungspflichtige für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich bleibt, der mengenmäßig seinem Beitrag entspricht (Urteil vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 C 5.07 - BVerwGE 129, 93 = Buchholz 451.221 § 16 KrW-/AbfG Nr. 2). Das gilt nach unbestrittener Auffassung auch im Abfallverbringungsrecht (VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2010 - 10 S 470/10 - juris Rn. 66; VG Würzburg, Urteil vom 31. Mai 2011 - W 4 K 08.2290 - S. 33 der Urschrift = juris Rn. 63; Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, EG-Abfallverbringungsverordnung, 2010, Art. 24 Rn. 2). Einwände hiergegen hat auch die Klägerin nicht erhoben. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat die Verantwortung der Klägerin für die Rückholung einer Abfallmenge von 214,81 t Kunststoffabfällen nicht in Frage gestellt, obwohl er Zweifel hatte, dass die von der Klägerin nach Sosnová verbrachten Abfälle anhand der Art der Zusammenbindung und der Ausmaße der Abfallballen von anderen dort lagernden Kunststoffabfällen hätten unterschieden werden können (UA Rn. 18).

11

Dass sich die Gesamtmenge aller illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor ihrer Rückholung durch die Beklagte vermindert hat, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt. Die Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH hatte am 6. Juli 2006 2 650 t Kunststoffabfälle aus Deutschland festgestellt; die Bestandsaufnahme vom Februar 2008 hatte eine Menge von 2 687,1 t an Kunststoffabfällen ergeben. An diesen Feststellungen hatte der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel (UA Rn. 19). Dem Vortrag der Klägerin, dass bis zur Stilllegung des Betriebs etwa 38 000 t Abfall nach Sosnová verbracht worden seien und sich - wie die Klägerin bei ihren Berechnungen zur anteiligen Kürzung ihrer Rückholverpflichtung voraussetzt - mit den von ihr nach Sosnová verbrachten Abfällen untrennbar vermischt hätten (UA Rn. 5 a.E.), ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt. Ob die Rückholverpflichtung in der von der Klägerin angenommenen Weise zu kürzen wäre, wäre in einem Revisionsverfahren mithin nicht entscheidungserheblich.

12

2. Die geltend gemachte Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 C 5.07 - (a.a.O.) im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Es fehlt die Bezeichnung eines das angefochtene Urteil tragenden, dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts widersprechenden abstrakten Rechtssatzes (zu dieser Anforderung vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Der Verwaltungsgerichtshof hatte auch keinen Anlass, einen solchen Rechtssatz aufzustellen, denn - wie bereits dargelegt - hat er entgegen der Darstellung der Klägerin nicht festgestellt, dass sich die Gesamtmenge der illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor deren Rückholung vermindert hat.

13

3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

14

a) Die Klägerin meint, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, weil er sich an eine nicht vorliegende Beweisregel dadurch gebunden gefühlt habe, dass er, statt die Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der "betreffenden" Abfälle beim Beklagten zu sehen, der Klägerin die Beweislast für die rechtshindernde Tatsache auferlegt habe, dass sich ihre Abfälle bei der Durchführung der Rückholung nicht mehr auf dem Gelände der Firma D. in Sosnová befunden hätten.

15

Abgesehen davon, dass sich die Verteilung der Beweislast aus dem materiellen Recht ergibt (vgl. oben 1. a) und ihre Verkennung daher nicht zu einem Verfahrensmangel, sondern nur zu einer Verletzung materiellen Rechts führen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof die unter den hier gegebenen Umständen bestehende Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der "betreffenden" Abfälle nicht verkannt (siehe oben 1. b). Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung einer Beweisvereitelung durch den Beklagten ihr auferlegt hat, Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, dass die rückgeholten Abfälle nicht von ihr stammen, verkennt sie, dass (angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind. Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (Beschluss vom 17. Januar 2013 - BVerwG 7 B 18.12 - juris Rn. 9). Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

16

b) Die Klägerin macht schließlich geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren entscheidungserheblichen Vortrag zur Anwendbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur anteiligen Verminderung der Entsorgungspflicht nicht in Erwägung gezogen und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Die Rüge ist unbegründet. Da der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hatte, dass sich die Gesamtmenge der illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor ihrer Rückholung vermindert hatte (vgl. oben 1. d), kam eine anteilige Minderung der Verantwortlichkeit der Klägerin nicht in Betracht.

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(2) Soweit eine Verpflichtung zur Übernahme von Kosten der Rücknahme gemäß Artikel 23 oder 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 für Abfälle besteht, die aus dem Bundesgebiet verbracht werden sollen oder werden, trifft diese Verpflichtung auch die Person, die eine Verbringung veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder in sonstiger Weise daran beteiligt war, und den Erzeuger der Abfälle. Abweichend von Satz 1 trifft diese Verpflichtung nicht

1.
den Erzeuger der Abfälle, falls er nachweisen kann, dass er bei der Abgabe der Abfälle an eine dritte Person im Inland ordnungsgemäß gehandelt hat und an der Verbringung nicht beteiligt gewesen ist, und
2.
Einrichtungen oder Börsen von Selbstverwaltungskörperschaften oder Verbänden der Wirtschaft, welche die Abfälle zur Verwertung vermittelt haben, soweit dies auf den Austausch von Adressen veröffentlichter Angebote und Nachfragen beschränkt ist.
Diejenigen, die zur Übernahme von Kosten für die Rücknahme verpflichtet sind, sind untereinander nach den Grundsätzen der Gesamtschuld zum Ausgleich verpflichtet.

(3) Die Kosten, die den zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Rücknahme und der Verwertung oder Beseitigung oder der Verwertung oder Beseitigung auf andere Weise entstehen, hat die kostenpflichtige Person gemäß Artikel 23 oder 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 in Verbindung mit Absatz 2 zu tragen. Es kann bestimmt werden, dass die kostenpflichtige Person die voraussichtlichen Kosten, die im Zusammenhang mit der Rücknahme oder der Verwertung oder Beseitigung auf andere Weise entstehen, im Voraus zu zahlen hat.

(4) Soweit eine kostenpflichtige Person gemäß Artikel 23 oder 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 in Verbindung mit Absatz 2 nicht in Anspruch genommen werden kann, trägt das Land, in dem die nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 zuständige Behörde liegt, die Kosten für die Rücknahme oder die Verwertung oder Beseitigung auf andere Weise, abzüglich der von den Verursachenden und sonstigen erstattungspflichtigen dritten Personen gegenüber der nach Absatz 1 zuständigen Behörde erstatteten Kosten. Für Fälle der Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung durch eine gemeinsame Einrichtung gemäß Absatz 1 Satz 4 können die Länder eine Kostenverteilung vereinbaren.

(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Entscheidungen betreffend die Rückführung der Abfälle oder die Festsetzung von Kosten nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit eine Rücknahmeverpflichtung gemäß Artikel 22 Abs. 2 Unterabs. 1 oder Abs. 3 Unterabs. 1 oder Artikel 24 Abs. 2 Buchstabe c, d oder e der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 eine zuständige Behörde im Bundesgebiet trifft, obliegt die Erfüllung der Verpflichtung dem Land, in dem die Verbringung begonnen hat. Soweit Behörden mehrerer Länder zuständig wären, haben die betroffenen Länder eine zuständige Behörde zu bestimmen. Soweit sich keine zuständige Behörde bestimmen oder so rechtzeitig ermitteln lässt, dass der Rücknahmeverpflichtung fristgemäß nachgekommen werden kann, obliegt die Verpflichtung dem Land, das bei sukzessiver Zuordnung dieser Fälle zu der alphabetisch geordneten Liste der Länderbezeichnungen als nächstes zuständig ist. Die Länder können die Erfüllung der Verpflichtung einer gemeinsamen Einrichtung übertragen.

(2) Soweit eine Verpflichtung zur Übernahme von Kosten der Rücknahme gemäß Artikel 23 oder 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 für Abfälle besteht, die aus dem Bundesgebiet verbracht werden sollen oder werden, trifft diese Verpflichtung auch die Person, die eine Verbringung veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder in sonstiger Weise daran beteiligt war, und den Erzeuger der Abfälle. Abweichend von Satz 1 trifft diese Verpflichtung nicht

1.
den Erzeuger der Abfälle, falls er nachweisen kann, dass er bei der Abgabe der Abfälle an eine dritte Person im Inland ordnungsgemäß gehandelt hat und an der Verbringung nicht beteiligt gewesen ist, und
2.
Einrichtungen oder Börsen von Selbstverwaltungskörperschaften oder Verbänden der Wirtschaft, welche die Abfälle zur Verwertung vermittelt haben, soweit dies auf den Austausch von Adressen veröffentlichter Angebote und Nachfragen beschränkt ist.
Diejenigen, die zur Übernahme von Kosten für die Rücknahme verpflichtet sind, sind untereinander nach den Grundsätzen der Gesamtschuld zum Ausgleich verpflichtet.

(3) Die Kosten, die den zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Rücknahme und der Verwertung oder Beseitigung oder der Verwertung oder Beseitigung auf andere Weise entstehen, hat die kostenpflichtige Person gemäß Artikel 23 oder 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 in Verbindung mit Absatz 2 zu tragen. Es kann bestimmt werden, dass die kostenpflichtige Person die voraussichtlichen Kosten, die im Zusammenhang mit der Rücknahme oder der Verwertung oder Beseitigung auf andere Weise entstehen, im Voraus zu zahlen hat.

(4) Soweit eine kostenpflichtige Person gemäß Artikel 23 oder 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 in Verbindung mit Absatz 2 nicht in Anspruch genommen werden kann, trägt das Land, in dem die nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 zuständige Behörde liegt, die Kosten für die Rücknahme oder die Verwertung oder Beseitigung auf andere Weise, abzüglich der von den Verursachenden und sonstigen erstattungspflichtigen dritten Personen gegenüber der nach Absatz 1 zuständigen Behörde erstatteten Kosten. Für Fälle der Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung durch eine gemeinsame Einrichtung gemäß Absatz 1 Satz 4 können die Länder eine Kostenverteilung vereinbaren.

(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Entscheidungen betreffend die Rückführung der Abfälle oder die Festsetzung von Kosten nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Februar 2009 – 4 K 2208/07 – werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen wenden sich jeweils gegen eine Anordnung der Beklagten zur Rückholung und ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen, die im Zeitraum vom 17.8.2006 bis 8.12.2006 nach Ungarn verbracht worden sind.
Die Klägerin zu 1 handelt mit Rohstoffen und Abfällen zur Verwertung; sie übernimmt das Material vor Ort und beliefert damit Sortier- und Verbrennungsanlagen. Die Klägerin zu 2 ist ein Entsorgungsfachbetrieb; sie betreibt in ihrer Niederlassung ... eine Sortier- und Aufbereitungsanlage für Gewerbe-, Bau- und Abbruchabfälle und gibt die durch Sortierung gewonnenen Stoffe und Abfallgemische insbesondere an Abfallhändler weiter. Der Beigeladene handelt mit Abfällen.
Mit Schreiben vom 21.12.2006 war die Beklagte vom Nationalen Inspektorat Ungarns für Umwelt, Natur und Wasser darüber informiert worden, dass die Klägerin zu 2 Abfälle nach Ungarn eingeführt habe, die zu Unrecht nach Code EWC 191204 und OECD GH 010 klassifiziert worden seien. Zugleich wurde die Beklagte vom Inspektorat aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen nach Art. 26 der – damals in Kraft befindlichen – EG-Abfallverbringungsverordnung zu ergreifen. Mit Schreiben vom 22.12.2006 übermittelte die Beklagte der Klägerin zu 2 das Schreiben der ungarischen Behörde, gab Gelegenheit zur Stellungnahme und bat um Angaben über die Anzahl durchgeführter Abfalltransporte nach Ungarn und zu den verbrachten Abfallmengen.
Mit Fax vom 27.12.2006 schilderte die Klägerin zu 2 der Beklagten die Arbeitsschritte zur Aufbereitung der angelieferten Abfälle und teilte mit, es seien 51 Lkw-Ladungen mit einer Tonnage von 1.195,18 t zur Firma ... nach Ungarn verbracht worden. Das mittels Windsichter abgesaugte Material mit der Abfallbezeichnung 191204 aus der kunststoffreichen Abfallfraktion bestehe zu etwa 90% bis 95% aus Folien, Hartplastik, PET, Schaumstoffen und Gummi; bei den restlichen etwa 5% bis 10% handele es sich um Papier und Kartonage. Die Abfälle würden mit einer Ballenpresse zu Ballen verpresst. Da mit der Ballenpresse auch andere Materialien wie die Schwerfraktion (Sortierreste 191212) und Ersatzbrennstoffe (191210 aus restlicher Abfallfraktion) verpresst würden, könnten die ersten der verpressten Ballen an der Seite verschmutzt aussehen.
Bei einer Betriebsbesichtigung am 19.1.2007 in der Niederlassung ... ... stellten Bedienstete der Beklagten anhand der von der Klägerin zu 2 übergebenen Unterlagen (Frachtpapiere) fest, dass von der Klägerin zu 2 stammende Abfälle mit 142 Lkw-Ladungen von August bis Dezember 2006 in einem Umfang von 3.197,43 t nach Ungarn verbracht worden waren. Deklariert waren Kunststoffe mit dem Abfallschlüssel 191204. In der jeweiligen Erklärung der Klägerin zu 2 als Abfallerzeuger über die Zusammensetzung der Ladung ist ausgeführt, „dass die Ladung aus vorsortierten Kunststoffabfällen in fester Form besteht und zwar nur aus Abfällen, Schnitzel und Bruch von Kunststoffen, gelistet nach GRÜNER LISTE mit der Nummer GH 010, bestehend aus Kunststoffen der Nummern GH 011 bis GH 014 (Anhang II zu VO (EWG/259/93)“. Im jeweiligen Wiegeschein/Übernahmeschein der Klägerin zu 2 ist in dem Feld „Entsorgungsnachweis/AVV-Nr.“ angegeben: „191204 Kunststoff und Gummi“. Im dem Protokoll zu dem Termin am 19.1.2007 hielten die Vertreter der Beklagten fest, der nach Ungarn verbrachte Abfall könne nicht nach der Grünen Liste eingestuft werden; es handele sich um vorsortierte und (grob) zerkleinerte Gewerbeabfälle (Leichtfraktion), bestehend aus Folien, Kunststoffen, Schaumstoffen, Papier, Pappe, die als Abfallgemisch nicht gelistet seien und daher der Notifizierungspflicht unterlägen. Auch die Einstufung 191204 nach der AVV erscheine nicht zutreffend; korrekter wäre eine Einstufung des Abfalls als 191212 (oder 191210).
In einem Bericht des ungarischen Inspektorats vom 19.1.2007 wurde der Beklagten mitgeteilt, nach einer Untersuchung an 18 Stellen in Ungarn seien etwa 4.700 t Abfälle aus Deutschland abgelagert worden. Nach einer Einzeldarstellung der Ablagerungen erklärt der Bericht zur Zusammensetzung der Abfälle: 3% Schaumstoff, verunreinigter Schaumstoff, Schrumpffolie; 5% verschmutztes Kunststoffverpackungsmaterial (Flaschenkästen, Kunststoffgebinde); 12% verschmutzte Kunststoffbehälter, Plexi, Kunststoffschuhe, Gummipantoffeln, Tuben, Kartonpapier, Nylonwaren; 15% verschmutzte PET Flaschen; 65% Folien, verschmutzte Teile von Kunststoffsäcken. In den Ballen seien etliche sonstige Abfälle gefunden worden. Nach den Transportpapieren seien die Abfälle als solche der Grünen Liste (EWC 191204/OECD GH 010, zu Verwertung R 12) nach Ungarn verbracht worden; sie seien jedoch als „Abfälle der Gelben Liste“ (VO 259/93/EWG Anlage III) zu klassifizieren und gehörten wahrscheinlich zum OECD Code AD 160. Das Inspektorat bat die Beklagte um Veranlassung des Rücktransports der Abfälle durch die deutsche Firma, die als Verursacher in erster Linie verantwortlich sei.
Mit Schreiben vom 1.2.2007 unterrichtete die Beklagte das ungarische Inspektorat über den Stand der Ermittlungen und informierte über das Zustandekommen der Geschäftsbeziehungen zwischen den Klägerinnen untereinander und zum Beigeladenen. Mit Schreiben vom 5.2.2007 teilte das ungarische Inspektorat der Beklagten mit, anhand der Frachtpapiere sei ermittelt worden, dass die in Ungarn abgelagerten Abfälle aus Deutschland unter anderem von der Klägerin zu 2 und dem Beigeladenen stammten. Ferner unterrichtete das Inspektorat die Beklagte darüber, dass die – angebliche – Genehmigung der Firma ... zur Behandlung von Abfällen gefälscht sei und dass diese Firma sowie weitere mit dem Abfall aus Deutschland belieferte Firmen keine Genehmigungen zur Entsorgung von Abfällen hätten; auch die Lagerplätze seien nicht genehmigt.
Vom 5. bis 7.3.2007 besichtigten Bedienstete der Beklagten und Vertreter des ungarischen Inspektorats gemeinsam mehrere Abfalllagerstätten in Ungarn, stellten Fotos von den Abfallablagerungen her und fertigten Protokolle an. Gemeinsam wurde festgestellt, welchen Absendern die an den einzelnen Lagerstätten deponierten Abfälle zuzuordnen sind. Schriftlich wurde festgehalten, welche Abfälle der Klägerin zu 2 zuzuordnen sind. Es konnte belegt werden, dass 3.191,63 t der von der Klägerin zu 2 stammenden Abfälle nach Ungarn verbracht worden waren.
Am 7.3.2007 wurde zwischen der Beklagten und der zuständigen ungarischen Behörde folgendes Verhandlungsergebnis erzielt: Die Beklagte übernimmt die Verpflichtung zur Rückholung von 1.800 t Abfall an den Standorten ..., ... ... und ... sowie ... ... mit der Maßgabe, dass die Rücknahme dieser Abfälle spätestens im Mai 2007 beginnt und im Juli 2007 abgeschlossen wird; in ... sind von der Rückführungspflicht nur Ballen erfasst, die nach Ballengröße und Bebänderung der Klägerin zu 2 zugeordnet werden können; unabhängig davon prüft die ungarische Seite die Möglichkeit einer Entsorgung der Abfälle in Ungarn. – Später (11.4.2007, 21.5.2007) erteilte die ungarische Seite einer Entsorgung der fraglichen Abfälle in Ungarn eine Absage.
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Mit Schreiben vom 21.3.2007 (Entwurf der Anordnung) wurden die Klägerinnen und der Beigeladene seitens der Beklagten zur beabsichtigten Anordnung der Rückholung der nach Ungarn verbrachten Abfälle angehört; zudem wurde die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung angeboten. Unter dem 5.4.2007 erließ die Beklagte drei im Wesentlichen gleichlautende Bescheide gegen die Klägerinnen und den Beigeladenen. Angeordnet wurden die Rückholung und ordnungsgemäße Entsorgung von etwa 1.800 t des nach Ungarn verbrachten Abfalls (Nr. 1). Diese Rückholungsverpflichtung bezieht sich auf bestimmte Lagerstätten mit t-Angaben, hinsichtlich der beiden Standorte in ... jedoch nur auf diejenigen Kunststoffabfälle, die nach einer bestimmten Ballierung der Klägerin zu 2 zuzuordnen sind (Nr. 2). Als Beginn der Rückholung wurde spätestens der 29.5.2007 verfügt, bis Ende Juli 2007 war die Aktion abzuschließen (Nr. 3). Ferner wurden die Ersatzvornahme angedroht (Nr. 4) und die Kostentragungspflicht verfügt (Nr. 6). Die Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 7). Auch wurde darauf hingewiesen, dass mit der Anordnung keine Entscheidung bezüglich der Rückholung der weiteren nach Ungarn verbrachten Abfälle (etwa 1.400 t) getroffen sei (Nr. 8). Es folgt die Ankündigung einer gesonderten Gebührenerhebung für den Bescheid (Nr. 9).
11 
Nach Durchführung der Ersatzvornahme wurden die Klägerinnen und der Beigeladene durch separat angefochtene Kostenbescheide als Gesamtschuldner zur Zahlung der entstandenen Kosten von 533.853,87 EUR herangezogen; der Erstattungsbetrag pro Klägerin wurde von der Beklagten auf 177.951,29 EUR (d. h. ein Drittel der Gesamtsumme) festgesetzt.
12 
Zur Begründung der Rückholungsverpflichtung machte die Beklagte geltend, dass eine illegale Abfallverbringung nach Ungarn vorliege. Die Abfälle könnten nicht grüngelistet werden, so dass ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht bei der grenzüberschreitenden Abfallverbringung gegeben sei; außerdem seien die Abfälle in Anlagen verbracht worden, für die die Empfänger nicht die erforderlichen Genehmigungen besessen hätten. Die Verantwortlichkeit der Klägerin zu 2 nach Art. 26 Abs. 2 der EG-Abfallverbringungsverordnung, § 6 Abs. 1 AbfVerbrG ergebe sich aus ihrer Funktion als Abfallerzeuger; die Klägerin zu 1 sei verantwortlich, weil sie die illegale grenzüberschreitende Abfallverbringung vermittelt und durchgeführt habe. Die Kosten einer eventuellen Ersatzvornahme setzte die Beklagte mit 360.000 Euro an. Die Kostentragungspflicht der Beteiligten ergebe sich aus Art. 33 Abs. 2 der EG-Abfallverbringungsverordnung i.V.m. § 6 AbfVerbrG; die Gesamtschuldner seien im Innenverhältnis zum Ausgleich verpflichtet.
13 
Am 2.5.2007 bzw. 3.5.2007 signalisierten die Klägerinnen der Beklagten, dass die Klägerin zu 1 möglicherweise bereit sei, die Rückholung der Abfälle aus Ungarn durchzuführen. Dazu kam es nicht. Die Beteiligten konnten sich auf den jeweiligen Kostenanteil nicht einigen. Die Rückholung der Abfälle erfolgte seitens der Beklagten im Wege der Ersatzvornahme.
14 
Gegen die ihnen gegenüber ergangenen Anordnungen vom 5.4.2007 erhoben die Klägerinnen jeweils Widerspruch. Dieser wurde mit – separaten – Widerspruchsbescheiden der Beklagten vom 8.10.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurden die Erwägungen in den angegriffenen Anordnungen wiederholt und vertieft.
15 
Am 29.10.2007 (Klägerin zu 2) bzw. am 8.11.2007 (Klägerin zu 1) haben die Klägerinnen gegen die Anordnungen der Beklagten beim Verwaltungsgericht Sigmaringen jeweils Klage erhoben; durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5.5.2008 wurden die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Beigeladene wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4.2.2009 zum Verfahren beigeladen; gegen die an ihn gerichtete Anordnung der Beklagten vom 5.4.2007 hat der Beigeladene am 8.11.2007 beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben, das den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen hat; dieses hat mit Beschluss vom 18.3.2008 (9 K 236/08) das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
16 
Zur Klagebegründung haben die Klägerinnen im Wesentlichen vorgetragen, die Anordnung sei inhaltlich unbestimmt und damit rechtswidrig; dies betreffe sowohl die mangelnde Identifizierung der von der Klägerin zu 2 stammenden Ballen an den beiden Standorten in ... als auch Ziffer 2 der Anordnung. In der Sache handele es sich nicht um eine illegale Abfallverbringung, weil das Kunststoffgemisch grün gelistet und damit nicht notifizierungspflichtig sei; Sortenreinheit sei für die Einordnung der Kunststoffabfälle in die Grüne Liste nicht zu verlangen. Die Klägerin zu 2 hat zusätzlich geltend gemacht, sie sei nicht Abfallerzeuger und daher auch nicht notifizierungspflichtig. Im Übrigen habe der Abfall in Ungarn bleiben können und dort entsorgt werden müssen. Die in Ungarn eingegangene Verpflichtung der Beklagten zur Rückholung von 1.800 t Abfall sei unter politischem Druck zustande gekommen und eine unzulässige Vereinbarung zu Lasten Dritter. Ermessensfehlerhaft sei seitens der Beklagten der Beitrag der ungarischen Unternehmen an der Abfallablagerung in Ungarn nicht berücksichtigt worden. Sie habe allenfalls mit 625 t in Anspruch genommen werden dürfen.
17 
Die Klägerinnen haben jeweils beantragt,
18 
die Anordnung der Beklagten vom 5.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2007 aufzuheben und die Hinzuziehung des jeweiligen Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
19 
Die Beklagte hat beantragt,
20 
die Klagen abzuweisen.
21 
Zur Begründung hat die Beklagte vorgetragen, die Anordnungen seien hinreichend bestimmt gewesen. Die anlässlich der Ortsbesichtigung in Ungarn angefertigte Fotodokumentation belege, dass die fraglichen Abfälle schon auf Grund ihrer Ballierung und Bebänderung von anderen Abfällen deutlich unterscheidbar gewesen seien; zudem habe die Durchführung der Ersatzvornahme gezeigt, dass die Anordnung ohne Schwierigkeiten habe vollzogen werden können. Die Vereinbarung der Beklagten mit der ungarischen Seite zur Rückholung von lediglich 1.800 t sei für die Klägerinnen vorteilhaft gewesen, da sie ebenso gut zur Rückholung der gesamten nach Ungarn verbrachten etwa 3.200 t hätten verpflichtet werden können. In der Sache sei die Abfallverbringung illegal gewesen; denn die nach Ungarn verbrachten Abfälle seien nicht grün gelistet und daher notifizierungspflichtig gewesen, wie sich aus den Einlassungen der Klägerin zu 2 vom 27.12.2006 ergebe; der Bericht der ungarischen Fachleute habe – von den Klägerinnen unwidersprochen – ergeben, dass der verbrachte Abfall einen Bestandteil von 5% bis 10% Papier und Kartonage aufgewiesen habe. Die Rückholungspflicht der Beteiligten bestehe unabhängig von ihrem Verschulden. Notifizierungspflichtig sei die Klägerin zu 2 als Abfallerzeuger gewesen, eine Exkulpation von der Verantwortlichkeit sei ihr nicht gelungen.
22 
Der Beigeladene hat, ohne einen Antrag zu stellen, den Rechtsstandpunkt der Klägerinnen unterstützt.
23 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 18.2.2009 (4 K 2208/07) als unbegründet abgewiesen. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns seien für die Zeit nach dem 12.7.2007 bzw. 28.7.2007 die VO 1013/2006/EG bzw. das AbfVerbrG 2007, für die Zeit davor die VO 259/93/EWG bzw. das AbfVerbrG 1994. Rechtsgrundlagen für die in den Ziffern 1 und 2 der Anordnungen enthaltenen Rückholungs- und Verwertungspflichten seien Art. 26 Abs. 2 VO 259/93/EWG und § 6 AbfVerbrG 1994.
24 
In formeller Hinsicht begegneten die streitgegenständlichen Anordnungen keinen Bedenken. Als Beliehene sei die Beklagte zu hoheitlichem Handeln befugt und für den Erlass der Rückholungsanordnungen auch sachlich und örtlich zuständig. Eine ordnungsgemäße Anhörung (§ 28 Abs. 1 LVwVfG) habe stattgefunden. Die gegenüber den Klägerinnen vorgenommenen Anordnungen seien im Sinne des § 37 Abs. 1 LVwVfG hinreichend bestimmt. Es sei klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht worden, welche der in Ungarn abgelagerten Abfälle den Klägerinnen zuzurechnen, von ihnen zurückzuholen und in der Bundesrepublik Deutschland zu verwerten seien. Der Ausdruck „circa … Tonnen“ sei schon deshalb gerechtfertigt, weil die Abfallmenge nur habe geschätzt und nicht gewogen werden können.
25 
Materiellrechtlich finde die Verpflichtung der Klägerinnen zur Rückholung und zur Verwertung der nach Ungarn verbrachten Abfälle ihre Rechtsgrundlagen in Art. 26 Abs. 2 VO 259/93/EWG und § 6 Abs. 1 sowie Abs. 3 Satz 1 AbfVerbrG 1994. Deren tatbestandliche Voraussetzungen seien erfüllt. Eine illegale grenzüberschreitende Abfallverbringung liege vor, weil die erforderliche Notifizierung unterblieben sei. Eine Befreiung von der Notifizierungspflicht (Art. 3 ff. VO 259/93/EWG) gemäß Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG habe nicht bestanden, weil es sich bei den nach Ungarn verbrachten 3.197,43 t Abfällen nicht um solche des Anhangs II der EG-Abfallverbringungsverordnung gehandelt habe; den Nachweis einer derartigen Privilegierung hätten die Klägerinnen nicht erbracht. In der Sache seien die nach Ungarn verbrachten Abfälle wegen ihrer tatsächlichen Zusammensetzung nicht der Grünen Liste nach Anhang II der VO 259/93/EWG zuzuordnen. Nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen (Angaben der Klägerin zu 2 gegenüber der Beklagten, Auswertung der Frachtpapiere, Feststellungen der deutschen und ungarischen Abfallbehörden, Angaben der Klägerinnen und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung) stehe nach gerichtlicher Überzeugung fest, dass es sich bei den Abfällen um eine Mischung aus verschiedenartigen Kunststoffen, Gummi (vulkanisierter Kautschuk), Papier und Kartonagen, mit einem Papier- und Kartonagenanteil von 5% bis 15 % und einem nicht bekannten Anteil an Gummi gehandelt habe. Diese Zusammensetzung der Abfälle stehe einer Zuordnung zur Grünen Liste entgegen; dies bestätige die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 25.6.1998 – Rs. C-192/96 – und Urt. v. 21.6.2007 – Rs. C-259/05–).
26 
Die Illegalität der Abfallverbringung ergebe sich zudem daraus, dass die von der Klägerin zu 2 in dem Begleitpapier nach Art. 11 VO 259/93/EWG vorgenommene Deklarierung der verbrachten Abfälle als „Kunststoff und Gummi“ sachlich unzutreffend gewesen sei. Überdies stelle die durch die Verbringung der Abfälle bewirkte illegale Deponierung der 3.197,43 t Abfallgemisch auf hierfür nicht genehmigten Flächen in Ungarn nach Art. 8, 10, 11 RL 75/442/EWG bzw. Art. 9 RL 2006/12/EG eine ordnungswidrige Beseitigung von Abfällen und damit eine illegale Abfallverbringung dar.
27 
Die von der Beklagten vorgenommene Adressatenauswahl sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gelte auch im Hinblick auf Art. 26 Abs. 3 VO 259/93/EWG und der danach zu berücksichtigenden Mitverantwortung deutscher und ungarischer Mitverursacher. Die Heranziehung der Klägerinnen nach Art. 26 Abs. 2 VO 259/93/EWG, § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG 1994 begegne keinen Bedenken, da eine Mitwirkung bei der Abfallverbringung jeweils gegeben gewesen sei. Eine Mitverantwortung von Personen im Empfängerstaat schließe die Heranziehung der Klägerinnen nicht aus. Der Mitverantwortlichkeit der ungarischen Empfänger der Abfälle – Vorspiegelung legaler Lagerungs- und Verwertungsmöglichkeiten, gegen Bezahlung Abnahme der Abfälle – sei nach Art. 26 Abs. 3 VO 259/93/EWG Rechnung getragen worden.
28 
Ermessensfehler lägen nicht vor. Die Anordnungen seien geeignet und erforderlich gewesen, zumal die Klägerinnen keine konkrete Alternative zu günstigeren Entsorgungsmöglichkeiten aufgezeigt hätten. Die den Klägerinnen auferlegten Pflichten griffen auch nicht unverhältnismäßig in deren Rechte ein. Schon mit Blick auf den Verdienst an dem Geschäft (10 EUR pro Kopf und Tonne) stehe der Aufwand für die Rückholung der illegal verbrachten Abfälle bei Berücksichtigung der von ihnen ausgehenden Gefahren nicht außer Verhältnis. Sachgerecht sei bei Berücksichtigung der Entsorgungsinfrastrukturen ferner die vorgenommene Aufteilung der Abfallmengen: 1.400 t in Ungarn verbleibend, 1.800 t nach Deutschland zurückzuholen. Schließlich seien die Verantwortungsanteile der Klägerinnen und des Beigeladenen zutreffend in etwa als gleich gewichtet worden; alle hätten zusammengewirkt und die Klägerin zu 1 sowie der Beigeladene seien über die falsche Deklarierung der Abfälle informiert gewesen.
29 
Ziffer 3 der Anordnungen (Fristsetzung) halte den Anforderungen des Art. 26 Abs. 2 Satz 1 VO 259/93/EWG stand; im Übrigen diene die Bestimmung ausschließlich dem Allgemeininteresse an der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung, könne also selbst bei Verletzung der Fristbestimmung der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Ziffer 4 der Anordnungen sei von §§ 2, 18, 19 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 1 und 2, 25 LVwVG gedeckt. Der Kostenhinweis in Ziffer 6 der Anordnungen entspreche § 6 Abs. 2 Satz 3 AbfVerbrG. Der Hinweis nach Ziffer 8 sei erledigt, nachdem bezüglich der restlichen 1.400 t Abfall eine Rückholung nach Deutschland nicht (mehr) vorgesehen sei.
30 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist der Klägerin zu 1 am 2.7.2009, der Klägerin zu 2 am 1.7.2009 zugestellt worden. Am 3.8.2009, einem Montag, hat die Klägerin zu 1, am 28.7.2009 die Klägerin zu 2 beantragt, die Berufung zuzulassen. Mit Beschluss vom 2.9.2009 hat der Senat die Berufung der Klägerinnen nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen. Der Beschluss ist den Klägerinnen am 9.3.2009 zugestellt worden.
31 
Mit den am 29.3.2010 (Klägerin zu 2) bzw. - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - am 30.4.2010 (Klägerin zu 1) eingegangenen Schriftsätzen haben die Klägerinnen die Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung zumindest für den Zeitpunkt des Erlasses der Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007 die neue EG-Abfallverbringungsverordnung zu Grunde legen müssen. Die Anordnung auf Rückholung des Abfalls aus Ungarn verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG; möchten die rechtlich angreifbaren „ca.-Angaben“ zur Rückholung der Abfälle vielleicht noch gerechtfertigt sein, weil es nicht um eine „Kilo genaue“ Einhaltung der Vorgaben gehen könne, so mangele es aber an der notwendigen Zurechenbarkeit der den Klägerinnen zuzuordnenden Abfälle, da etliche andere Anlieferer (z. B. aus Bayern) Abfälle aus Deutschland an 18 Standorte in Ungarn geliefert hätten und die Ballierungsart kein ausreichendes Bestimmbarkeitskriterium darstelle. Ziffer 2 der Anordnung sei zu unbestimmt, da nicht mit hinreichender Deutlichkeit klar werde, welche Verpflichtung sich für den Adressaten aus der Regelung ergeben solle. In der Sache liege keine illegale grenzüberschreitende Abfallverbringung vor; die Einstufung des Abfalls in die Grüne Liste sei korrekt gewesen und stelle nicht etwa eine Privilegierung des Notifizierenden dar. Zielführend sei insbesondere, was das Verwaltungsgericht verkannt habe, die Einstufung unter das europäische Abfallverzeichnis AVV Abfallschlüsselnummer 191204 gewesen; ergänzend wurde in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, für Fälle der grenzüberschreitenden Abfallverbringung sei der AVV-Abfallschlüssel jedenfalls flankierend als Interpretationshilfe heranzuziehen. Die Materialzusammensetzung sei vom Verwaltungsgericht rechtlich falsch gewürdigt worden; es habe kein Gemisch aus Kunststoffabfällen, Papierabfällen und Kautschukabfällen/Gummi vorgelegen, vielmehr seien die Stoffe insgesamt als Kunststoffabfälle anzusehen gewesen. Sortenreinheit werde von der EG-Abfallverbringungsverordnung nicht gefordert, so dass ein gewisser Fremdstoffanteil (ca. 5%) nicht schade. Unabhängig davon habe das Verwaltungsgericht den Klägerinnen unzulässigerweise faktisch dafür die Beweislast aufgebürdet, dass der verbrachte Abfall keiner Notifizierungspflicht unterliege. Rechtswidrig sei auch die Inanspruchnahme der Klägerinnen gewesen; die Abfälle hätten – wesentlich kostengünstiger – auf dem Hoheitsgebiet von Ungarn entsorgt werden müssen. Der seitens der Beklagten in Ungarn erzielte Kompromiss zur Rückholung der verbrachten Abfälle sei, wie in der mündlichen Verhandlung bekräftigt wurde, als politische Entscheidung zu werten; rechtlich habe nicht mehr als 50% des fraglichen Abfalls nach Baden-Württemberg zurückgeholt werden müssen. Die Klägerin zu 1 macht zudem geltend, sie sei allenfalls als „Neuerzeugerin“ anzusehen und habe demnach nur nachrangig als Notifizierungspflichtiger herangezogen werden dürfen. Im Übrigen sei die Inanspruchnahme der Klägerinnen unverhältnismäßig gewesen, weil die Zuordnung der Mengenanteile unrichtig stattgefunden habe; die Verpflichtung zur Rückholung von 1.800 t sei eine willkürliche Festlegung von Mengenanteilen, ebenfalls willkürlich sei die Heranziehung der Beteiligten zu gleichen Teilen.
32 
Die Klägerinnen beantragen,
33 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Februar 2009 - 4 K 2208/07 - zu ändern und die sie betreffenden Bescheide der Beklagten vom 5.4.2007 sowie deren Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007 aufzuheben.
34 
Die Beklagte beantragt,
35 
die Berufungen zurückzuweisen.
36 
Die Beklagte trägt vor: Die Anordnung sei hinreichend bestimmt gewesen. Auf die Ballierung als Zuordnungskriterium habe das Verwaltungsgericht gar nicht abgestellt, sondern auf die Frachtbriefe und die Ortsbesichtigung in Ungarn Anfang März 2007. Unabhängig davon habe, wie insbesondere der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hervorhob, die Zuordnung des Abfalls eindeutig vorgenommen werden können: Beim Ortstermin am 19.1.2007 bei der Klägerin zu 2 in ... hätten sich die anwesenden Bediensteten der Beklagten die Ballierungstechnik genau angeschaut; beim Ortstermin in Ungarn (5. bis 7.3.2007) habe man zwei Typen von Ballen in Augenschein nehmen können, nämlich würfelförmige und an allen Seiten bebänderte Abfallballen (aus Bayern) und längliche, nur an vier Seiten bebänderte Abfallballen aus ...; die Heranziehung der Transportpapiere habe ein stimmiges Bild ergeben, so dass zu keinem Zeitpunkt ein Zweifel an der Herkunft jenes Abfalls aus ... bestanden habe; anlässlich eines Gesprächs am 29.2.2007 bei der Beklagten hätten auch der Beigeladene und der Handlungsbevollmächtigte der Klägerin zu 1, Herr ..., eingeräumt, dass die Zuordnung des Abfalls anhand der Ballierung und der Transportpapiere problemlos möglich sei. Die Ersatzvornahme habe gezeigt, dass Ziffer 2 der Anordnungen auch hinsichtlich der Standorte in ... eindeutig bestimmt und daher ohne weiteres vollziehbar gewesen sei. Die Abfallverbringung sei illegal gewesen, weil es nicht um „grün gelisteten“ Abfall gegangen sei. Das Abfallgemisch könne auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht als „einheitliche Fraktion“ angesehen und der Grünen Liste zugeordnet werden. Die Heranziehung der Klägerinnen sei verhältnismäßig gewesen. Dies gelte zunächst für die Abfallmenge; obwohl die ungarische Seite die Rückholung von etwa 3.200 t nach Deutschland gefordert habe, sei die Rückholung und Entsorgung lediglich von 1.800 t angeordnet worden. Die Behauptung, der Abfall habe in Ungarn entsorgt werden können, entbehre einer tatsächlichen und realistischen Grundlage; grundsätzlich werde bei der grenzüberschreitenden und mangels erforderlicher Notifizierung illegalen Abfallverbringung vom Empfängerstaat, unterstützt von der EU-Kommission, die Rücknahme von 100% des Abfalls gefordert. Die in Ungarn getroffene Vereinbarung habe folglich den Interessen der baden-württembergischen Firmen genutzt und das Risiko ausgeschaltet, dass im Falle eines Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof im Ergebnis der gesamte Abfall hätte zurückgeholt werden müssen. Es habe also eine kostengünstigere Entsorgung in Ungarn nicht gegeben, was die ungarische Seite am 21.5.2007 definitiv mitgeteilt habe.
37 
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts (einschließlich der Behördenakten und der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft ...) sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
39 
Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Sie sind zwar zulässig, aber unbegründet.
A.
40 
Die Anfechtungsklagen der Klägerinnen gegen die Anordnungen der Beklagten vom 5.4.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007 sind zulässig. Die Vollstreckung der Anordnungen im Wege der Ersatzvornahme hat nicht zu deren Erledigung (§ 43 Abs. 2 LVwVfG) geführt. Das gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn sich – wie hier – eine Vollstreckungsmaßnahme nicht mehr rückgängig machen lässt (BVerwG, Beschl. v. 17.11.1998 – 4 B 100/98 – BauR 1999, 733; Senat, Urt. v. 8.1.2008 – 10 S 2350/07 – VBlBW 2008, 305). Tragend ist die in der Judikatur angestellte Erwägung, dass von dem Grundverwaltungsakt weiterhin Rechtswirkungen für das Vollstreckungsverfahren ausgehen, indem der Grundverwaltungsakt zugleich die Grundlage für den Kostenbescheid (etwa für die Kosten der Ersatzvornahme) bildet (BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 – 7 C 5/08 – NVwZ 2009, 122 = VBlBW 2009, 55; SächsOVG, Urt. v. 27.1.2009 – 4 B 809/06 – SächsVBl 2009, 165; zur Kritik an dieser Rechtsprechung vgl. Enders, NVwZ 2009, 958 ff.; Labrenz, NVwZ 2010, 22 ff.).
B.
41 
Die Klagen sind unbegründet. Die Verpflichtung der Klägerinnen zur Rückholung und Verwertung des nach Ungarn verbrachten Abfalls ist ebenso rechtmäßig wie die sonstigen, in den Bescheiden vom 5.4.2007, bestätigt durch die Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007, getroffenen Anordnungen. Die Klägerinnen sind folglich nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
42 
Rechtsgrundlage für die Anordnung der Beklagten zur Rückholung der nach Ungarn verbrachten Abfälle ist Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABlEU Nr. L 190/1 – nachfolgend zit.: VO 1013/2006/EG) i.V.m. § 13 Satz 2 des Gesetzes zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen und des Basler Übereinkommens vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (Abfallverbringungsgesetz – AbfVerbrG) vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1462). Dabei normiert Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG die materiellen Voraussetzungen für die Rückholung illegal verbrachter Abfälle sowie die Rechtsfolge bei der illegalen Abfallverbringung, während § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 die behördliche Befugnis zur Anordnung im Einzelfall zwecks Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung gemäß Art. 24 VO 1013/2006/EG regelt.
43 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts enthält das Prozessrecht keinen Grundsatz, wonach im Rahmen einer Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts stets nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen ist; maßgebend ist vielmehr das materielle Recht (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 – 1 C 45/06 – E 130, 20, 22 f.). Dessen Maßgeblichkeit ist hier indessen identisch mit derjenigen im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (8.10.2007) als der letzten und prozessual (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgeblichen Verwaltungsentscheidung.
44 
Die neue EG-Abfallverbringungsverordnung ist am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (12.7.2006) in Kraft getreten (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 VO 1013/2006/EG); das war der 15.7.2006. Sie gilt seit dem 12. Juli 2007 (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 VO 1013/2006/EG). Seit diesem Tag ist diese Verordnung gemäß Art. 249 Abs. 2 EGV (= Art. 288 Abs. 2 AEUV) in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar und löst die alte EG-Abfallverbringungsverordnung – Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABlEG Nr. L 30/1 – nachfolgend zit.: VO 259/93/EWG) – ab (Epiney, in: Oexle/Epiney/Breuer, EG-Abfallverbringungsverordnung, Kommentar, 2010, Einf. RdNr. 10). Nach Art. 61 Abs. 1 VO 1013/2006/EG ist die VO 259/93/EWG „ab dem 12. Juli 2007 aufgehoben“.
45 
Die Befugnisnorm für Anordnungen im Einzelfall gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 ist seit dem 28.7.2007 in Kraft. Nach Art. 9 Abs. 1 des im Bundesgesetzblatt vom 25.7.2007 verkündeten Gesetzes vom 19.7.2007 trat das AbfVerbrG 2007 am dritten Tag nach seiner Verkündung, mithin am 28.7.2007, in Kraft; zugleich ist das AbfVerbrG 1994 außer Kraft getreten.
46 
Die neue EG-Abfallverbringungsverordnung hat sich keine Rückwirkung beigemessen; dasselbe gilt für das AbfVerbrG 2007. Maßnahmen der bzw. in Bezug auf die grenzüberschreitende(n) Abfallverbringung sind seit dem 12.7.2007 rechtlich nach der VO 1013/2006/EG zu beurteilen; dieser Rechtmäßigkeitsmaßstab gilt für den Widerspruchsbescheid vom 8.10.2007. Handlungen vor dem 12.7.2007, also unter der Geltung der VO 259/93/EWG, sind bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit am Maßstab der alten EG-Abfallverbringungsverordnung zu messen. Rechtlicher Beurteilungsmaßstab für die Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit behördlicher Maßnahmen bzw. privater Aktivitäten zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung ist demnach das im jeweiligen Handlungszeitpunkt geltende Recht. Rückwirkungsprobleme stellen sich folglich nicht.
47 
2. An der Rechtswirksamkeit sowohl der alten als auch der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung bestehen keine Bedenken. Die hiergegen gerichteten Angriffe hat der Europäische Gerichtshof zurückgewiesen. Die Rechtswirksamkeit der VO 253/93/EWG hat der Gerichtshof kurze Zeit nach ihrem Inkrafttreten bestätigt (EuGH, Urt. v. 28.6.1994 – Rs. C-187/93 – Slg. 1994, I-2857). Bestätigt wurde unlängst auch die Rechtswirksamkeit der VO 1013/2006/EG (EuGH, Urt. v. 8.9.2009 – Rs. C-411/06 – NVwZ 2009, 1481).
48 
3. Von seinem sachlichen Anwendungsbereich her erfasst Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG jede illegale Abfallverbringung ungeachtet des rechtlichen Grundes der Illegalität. Insbesondere eine Gefahr für die Umwelt oder gar für die Gesundheit von Menschen infolge einer illegalen Abfallverbringung ist keine Anwendungsvoraussetzung. Art. 24 VO 1013/2006/EG erstreckt sich vielmehr auf jedwede illegale Abfallverbringung. Darunter fällt auch die zu Unrecht ohne Notifizierung erfolgte Verbringung von Abfällen (Art. 2 Nr. 35 lit. a VO 1013/2006/EG). Die Rücknahmepflicht tritt in einem solchen Fall zwingend ein, Ermessen ist nicht vorgesehen; allenfalls kann aus Gründen des auch gemeinschaftsrechtlich zu beachtenden Übermaßverbots bei geringfügigen Rechtsverstößen von der Verpflichtung zur Rückholung illegal verbrachter Abfälle abgesehen werden (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 3).
II.
49 
Die Voraussetzungen für die seitens der Beklagten erfolgte Anordnung der Rückholung der streitgegenständlichen, nach Ungarn verbrachten Abfälle lagen sowohl in formeller (1.) als auch in materieller Hinsicht (2.) vor. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet der Gegenstand der Anordnung, d. h. die den Klägerinnen zur Rückführung nach Deutschland auferlegten Abfälle sowie deren Mengenanteile (3.). Ferner ist die Pflichtigkeit der Klägerinnen gegeben (4.). Die von der Beklagten verfügten Handlungsgebote sind auch hinreichend bestimmt gewesen (5.).
50 
1. Die von den Klägerinnen angegriffenen Anordnungen der Beklagten sind in formeller Hinsicht rechtmäßig. Dies hat das Verwaltungsgericht, worauf gemäß § 130b Satz 2 VwGO verwiesen werden kann (Urteil des VG S. 20), zutreffend festgestellt (zur Bestimmtheit der Anordnungen unten II. 5.).
51 
2. Materiellrechtlich kann die zuständige Behörde nach § 13 Satz 1 AbfVerbrG 2007 im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung der VO 1013/2006/EG treffen. Die Behörde kann gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 insbesondere Anordnungen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung nach Art. 24 VO 1013/2006/EG verfügen. Hat der Notifizierende die illegale Abfallverbringung zu verantworten, so sorgt die zuständige Behörde am Versandort gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG dafür, dass die betreffenden Abfälle vom „Notifizierenden de facto“ (lit. a) oder, falls keine Notifizierung eingereicht wurde, vom „Notifizierenden de jure“ (lit. b) oder, falls dies nicht möglich ist, von der zuständigen Behörde am Versandort selbst oder einer in ihrem Namen handelnden natürlichen oder juristischen Person zurückgenommen werden (lit. c); subsidiär ist überdies die Verwertung oder Beseitigung der fraglichen Abfälle im Empfängerstaat (lit. d) bzw. – im Einverständnis aller betroffenen zuständigen Behörden – in einem Drittstaat (lit. e) vorgesehen.
52 
a) Tatbestandlich setzt Art. 24 Abs. 2 UAbs.1 VO 1013/2006/EG neben der (hier gegebenen) Möglichkeit einer Rückholung der verbrachten Abfälle die „illegale Verbringung“ voraus. Nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 35 VO 1013/2006/EG wird davon jede Verbringung von Abfällen ohne die erforderliche Notifizierung erfasst (lit. a), ebenso die in einer Weise erfolgende Abfallverbringung, die den Begleitformularen sachlich nicht entspricht (lit. d). Auf die Schwere des Rechtsverstoßes oder auf eventuelle Folgen für die Umwelt kommt es nicht an (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 150).
53 
Die Klägerinnen haben entgegen der ihnen obliegenden Notifizierungspflicht die Verbringung der streitgegenständlichen Abfälle nach Ungarn gegenüber den zuständigen Stellen nicht notifiziert. Damit liegt eine „illegale Verbringung“ von Abfällen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG vor. Maßgebend für die materielle Beurteilung der Illegalität der fraglichen Abfallverbringung ist der in dem betreffenden Zeitraum (August bis Dezember 2006) noch in Kraft befindliche Art. 26 Abs. 1 VO 259/93/EWG. In Bezug auf die hier maßgeblichen Anforderungen (lit. a und lit. d) besteht indessen angesichts der gleich lautenden Bestimmungen kein Unterschied zu der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung (vgl. Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 147 ff.).
54 
Die Klägerinnen waren gemäß Art. 3 ff. VO 259/93/EWG verpflichtet, die im Jahr 2006 vorgenommene Verbringung der Abfälle nach Ungarn zu notifizieren. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Notifizierung zu Unrecht unterblieben ist. Von der Notifizierung durfte gemäß Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG nur abgesehen werden, wenn es sich um die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmte und in Anhang II aufgeführte Abfälle gehandelt hätte. Das war nicht der Fall (vgl. nachf. b). In rechtlicher Hinsicht stellt Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG eine abschließende Regelung zur Befreiung von der grundsätzlich einzuhaltenden Notifizierungspflicht (Art. 3 ff. VO 259/93/EWG) dar. Dahin stehen kann, ob es sich bei Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG um eine „Privilegierung“ handelt, wie das Verwaltungsgericht meint. Rechtlich entscheidend ist die Zuordnung der Abfälle zur Grünen Liste (Anhang II zur VO 259/93/EWG). Rechtsirrig nehmen die Klägerinnen an, dass es maßgeblich (auch) auf die Einstufung unter das europäische Abfallverzeichnis, AVV, ankomme, so dass die von den Klägerinnen vorgenommene Zuordnung der fraglichen Abfälle unter die AVV Abfallschlüsselnummer 191204 „Kunststoff und Gummi“ zur Befreiung von der Notifizierungspflicht geführt habe. Nach der alten wie nach der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung stellen die Abfalllisten des Abfallverbringungsrechts (Grüne Liste, Gelbe Liste, Rote Liste; im neuen Recht auch „Leerlisten“) ein eigenständiges, primär stoffbezogenes Klassifizierungssystem dar, das strikt von dem überwiegend herkunftsbezogenen Ansatz des Listensystems nach der AVV zu unterscheiden ist (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 3 RdNr. 13). Folgerichtig differenziert Anhang II (Grüne Liste) zur VO 259/93/EWG – soweit im vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung – zwischen den Listungen GH 010 „Abfälle, Schnitzel und Bruch von Kunststoffen“, GI 010 „Abfälle und Ausschuss von Papier und Pappe“ sowie GK 010 „Abfälle, Bruch und Schnitzel von Weichkautschuk“. Die Grüne Liste unterscheidet kategorial zwischen Kunststoffabfällen in fester Form (GH), Abfällen von Papier, Pappe und Waren aus Papier (GI) und Kautschukabfällen (GK). Das neue Klassifikationssystem (Grüne Liste zur VO 1013/2006/EG) hält an dieser Kategorisierung fest (B3010 Feste Kunststoffabfälle; B3020 Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren; B3040 Gummiabfälle; B3080 Bruch und Schnitzel von Gummiabfällen). Eine Deklarierung „Kunststoff und Gummi“ kennt die Grüne Liste des Abfallverbringungsrechts (alter wie neuer Fassung) nicht.
55 
Die „grüne Listung“ von Abfällen scheidet nicht erst dann aus, wenn Abfälle der Grünen Liste mit Fremdstoffen kontaminiert sind. Nach dem klaren Wortlaut der Generalklausel zu Anhang II der VO 259/93/EWG (Präambel vor GA) dürfen Abfälle unabhängig davon, ob sie in Anhang II aufgeführt sind, nicht als Abfälle der Grünen Liste befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem bestimmten Ausmaß kontaminiert sind. Darauf kommt es hier nicht an. Entscheidend ist, dass die nach Ungarn verbrachten Abfälle schon kategorial keine Abfälle der Grünen Liste gewesen sind und deshalb von einer Notifizierung nicht abgesehen werden durfte.
56 
b) Die Rüge der Klägerinnen, das Verwaltungsgericht habe seinem Urteil einen unzutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt, ist unbegründet. Anhand objektiver und auch von den Klägerinnen nicht zu bestreitender Umstände steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle wegen ihrer Zusammensetzung nicht der Grünen Liste nach Anhang II der VO 259/93/EWG zugeordnet werden konnten. Dies hatten die Klägerinnen auch erkannt. In seiner Zeugenvernehmung am 4.5.2007 durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat der (Firmen-)Bevollmächtigte der Klägerin zu 1, Herr ... ..., erklärt, man sei entschlossen gewesen, die Abfälle zu notifizieren, und der Beigeladene habe einen Notifizierungsvertrag zwischen der Firma ... und der Klägerin zu 2 vorgelegt; die ungarischen Geschäftspartner seien allerdings der Auffassung gewesen, für die Lieferung der Abfälle werde ein Notifizierungsvertrag nicht benötigt (Akte ... ... ... KP ... S. 47 und S. 49). Dass diese – fehlerhafte – Einschätzung der ungarischen Seite an der objektiven Sach- und Rechtslage nichts zu ändern vermag, versteht sich.
57 
In den Begleitpapieren zur Abfallverbringung nach Ungarn war von der Klägerin zu 2 als Abfallbezeichnung durchgehend „Kunststoff und Gummi“ mit dem EAK-Code 191204 angegeben; zugleich war eine Zuordnung zur Grünen Liste mit der Einstufung GH 010 vorgenommen worden, obgleich diese Kategorie „Gummi“ nicht umfasst. Im Schreiben vom 21.12.2006 an die Beklagte hatte das nationale ungarische Inspektorat für Umwelt, Natur und Wasser festgestellt, dass die nach Ungarn eingeführten Abfälle von der Klägerin zu 2 stammten und weder nach AVV Schlüsselnummer 191204 noch nach der Rubrik GH 010 der Grünen Liste klassifiziert werden könnten; Einwände gegen die Feststellungen der ungarischen Behörde haben die Klägerinnen nicht vorgetragen. In ihrer „Materialbeschreibung 191204“ vom 27.12.2006 gegenüber der Beklagten hat die Klägerin zu 2 selbst offen gelegt, dass die fragliche Abfallfraktion zu 90% bis 95% aus Folien, Hartplastik, PET, Schaumstoffen und auch aus Gummi bestehe und zudem zu 5% bis 10% Papier und Kartonage enthalte; wie diese Abfallfraktion nach Maßgabe der Kategorien des Abfallverbringungsrechts (und nicht der AVV) grün gelistet werden können soll, hat die Klägerin zu 2 nicht dargelegt. Anlässlich der Betriebsbesichtigung am 19.1.2007 bei der Klägerin zu 2 kam die Beklagte – unter Einbeziehung der aus Ungarn zurückgeschickten ballierten Abfälle in die Augenscheinseinnahme – zu dem Ergebnis, dass die Einstufung 191204 nach der AVV nicht zutreffend sei, sondern eine Einstufung des Abfalls als 191212 (oder 191210) korrekter gewesen wäre; diese Zuordnung haben die Klägerinnen nicht widerlegt. In seinem Schreiben vom 15.1.2007 (eingegangen bei der Beklagten am 24.1.2007) hatte die ungarische Umweltbehörde – nachdem etwa 4.000 t an Abfällen aus Deutschland an verschiedenen Lagerstätten in Ungarn registriert worden waren – nochmals die fehlerhafte Deklaration (AVV Code 191204, grüne Listung nach GH 010) dargelegt und erläutert; ernsthafte und vor allem substantiierte Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht. In ihrem detaillierten Bericht vom 19.1.2007 hat die ungarische Behörde genaue Angaben zu den Mengen (insgesamt etwa 4.700 t) und den Orten (18 Lagerstätten in Ungarn) der aus Deutschland eingeführten Abfälle vorgenommen; festgehalten wurde ferner das Ergebnis der Untersuchung zu der Zusammensetzung der Abfälle: 3% Schaumstoff, verunreinigter Schaumstoff, Schrumpffolie; 5% verschmutztes Kunststoffverpackungsmaterial (Flaschenkästen, Kunststoffgebinde); 12% verschmutzte Kunststoffbehälter, Plexi, Kunststoffschuhe, Gummipantoffeln, Tuben, Kartonpapier, Nylonwaren; 15% verschmutzte PET-Flaschen; 65% verschmutzte Teile von Kunststoffsäcken; hinzu kommen weitere Stoffe; alles wurde durch Fotografien dokumentiert. Im Schreiben vom 5.2.2007 nahm die ungarische Behörde auf der Grundlage der Dokumente zur Abfallverbringung erneut die Zuordnung der fraglichen Abfälle ihrer Herkunft nach zu der Klägerin zu 2 und zum Beigeladenen vor; im Schreiben vom 1.3.2007 wurde dies nochmals bestätigt und zugleich dargelegt, dass die ungarischen Geschäftspartner der Klägerinnen und des Beigeladenen die dortigen Abfallanlagen illegal betrieben. Schließlich weisen die am 5. und 6.3.2007 in Ungarn vor Ort aufgenommenen Protokolle betreffend „Feststellung von Menge und Herkunft des am angegebenen Ort vorgefundenen Abfalls“ – jeweils unterschrieben von den anwesenden Vertretern der Beklagten und der ungarischen Behörde (insgesamt neun Personen) – detailgenau aus, an welcher Lagerstätte welche Mengen von der Klägerin zu 2 herrührender Abfälle anzutreffen waren. Überwiegend ist festgehalten (und durch zahlreiche Fotos veranschaulicht) worden, dass der Abfall aus mehreren gemischten Stoffen (in erster Linie Plastik, aber auch z. B. Papier und Textil) bestanden hat (und teilweise verunreinigt gewesen ist). Substantielle Zweifel an der Richtigkeit dieser Protokolle sind weder vorgetragen worden noch sonst für den Senat erkennbar. Auf der Grundlage der erwähnten Dokumente steht zur Überzeugung des Senats (§ 108 VwGO) fest, dass die nach Ungarn verbrachten fraglichen Abfälle im Wesentlichen eine Mischung aus verschiedenartigen Kunststoffen, einem nicht bekannten Anteil an Gummi und 5% bis 10% Papier und Kartonage umfassten. Dass die Klägerinnen (und der Beigeladene) an der Abfallverbringung mitgewirkt haben – zur Pflichtigkeit im Rechtssinne vgl. unten 4. –, steht außer Frage. Der Hinweis der Klägerinnen darauf, dass auch andere Anlieferer die betreffenden Lager und Anlagen in Ungarn beliefert haben, ändert weder etwas an der Zusammensetzung der hier streitbefangenen Abfälle noch an der Mitwirkung der Klägerinnen an der Abfallverbringung; problematisch kann allenfalls die Einzelidentifizierung und -zuordnung bestimmter Abfallballen sein (dazu unten 3.). Von einer nur bruchstückhaften Beweislage, wie die Klägerinnen meinen, kann angesichts der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht gesprochen werden. Zusammensetzung, Herkunft und Lagerung der Abfälle in Ungarn sind gleich mehrfach präzise dokumentiert worden, ohne dass die Klägerinnen hiergegen substantielle Einwände vorgetragen hätten. Zur Vornahme etwaiger Rückstellproben der Stoffe bestand für die Beklagte angesichts der eindeutigen Beweislage kein Anlass. Auch die Klägerinnen haben ihrerseits für Rückstellproben keinen Grund gesehen, obwohl ihnen dies mit Blick z. B. auf die aus Ungarn zurückgeschickten ballierten Abfälle ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Unbehelflich ist schließlich der Sachvortrag der Klägerin zu 2 zur Herkunft ihrer gewerblichen Abfälle und zu den betrieblichen Abläufen bei der Separierung der einzelnen Abfallfraktionen. Entscheidend für die Zuordnung des Abfalls zur Grünen Liste oder zur Gelben Liste ist die Abfallfraktion, die unter Mitwirkung der Klägerinnen tatsächlich nach Ungarn verbracht worden ist.
58 
c) Abfälle aus verschiedenen Stoffgruppen der Grünen Liste können als einheitliche Abfallfraktion nicht ohne Weiteres grün gelistet werden. Für sich genommen sind Kunststoffabfälle in fester Form, Abfälle von Papier und Pappe sowie Kautschukabfälle grün gelistet. Ihre Zusammenführung zu einem Abfall bedeutet indessen nicht, dass ein – neuer – Abfall der Grünen Liste entsteht. In seiner Entscheidung „Beside BV und I. M. Besselsen“ hat der Europäische Gerichtshof – am Beispiel von Ballen mit einem Kunststoffanteil zwischen 58,3% und 92,3% (daneben: Papier, Pappe, Metall, Holz, Glas, Textilien) – erkannt, Abfälle, die für sich genommen solche der Grünen Liste seien, müssten im Falle ihrer Vermischung als solche der Gelben Liste qualifiziert werden; der Ursprung der Abfälle sei für sich genommen für die Klassifizierung nicht entscheidend (EuGH, Urt. v. 25.6.1998 – Rs. C-192/96 – Slg. 1998, I-4029 Tz. 29 ff.). In dem Urteil „Omni Metal Service“ hat der Gerichtshof bekräftigt, Anhang II der VO 259/93/EWG könne nicht auf Abfälle ausgedehnt werden, die nicht in der Grünen Liste aufgeführt seien; ein Abfall aus zwei Stoffen, die bei getrennter Betrachtungsweise jeweils von der Grünen Liste erfasst würden, gelte nicht (automatisch) als Abfall nach Anhang II der VO 259/93/EWG mit der Folge, dass dieser Abfall vom Kontrollverfahren (Art. 3 ff. VO 259/93/EWG) gemäß Art. 1 Abs. 3a der Verordnung ausgenommen sei (EuGH, Urt. v.21.6.2007 – Rs. C-259/05 – Slg. 2007, I-4945 Tz. 31ff.). Begründet wird dies mit dem Schutz des Kontrollsystems im Wege des Notifizierungsverfahrens im Interesse der zuständigen Behörden (EuGH aaO Tz. 29). Diesem Rechtsgedanken verleiht das neue europäische Abfallverbringungsrecht den gebührenden positivrechtlichen Ausdruck, indem die VO 1013/2006/EG einen Anhang IIIA ausweist, der sich auf Gemische aus zwei oder mehr der in Anhang III aufgeführten Abfällen, die nicht als Einzeleintrag eingestuft sind (Art. 3 Abs. 2 VO 1013/2006/EG), bezieht. Nach dem Erwägungsgrund (39) der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung sollen dadurch Informationen berücksichtigt werden können zu den Eigenschaften der Abfälle (z. B. Gefährlichkeit, Kontaminierungspotential, physikalische Beschaffenheit) sowie zur Behandlung der Abfälle (z. B. technologische Voraussetzungen zur Abfallverwertung); Ziel ist die Gewährleistung einer umweltgerechten Abfallbehandlung. Dass diese bei der Zusammenführung verschiedener Stoffgruppen der Grünen Liste zu einer Abfallfraktion nicht gleichsam automatisch gegeben ist, liegt auf der Hand.
59 
Für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutet dies, dass die Zusammenführung von Kunststoff, Gummi sowie Papier und Karton in den nach Ungarn verbrachten Ballen nicht gemäß Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG zur Befreiung von der Notifizierungspflicht führte. Denn eine derartige neue Abfallfraktion entspricht keinem der in Anhang II der VO 259/93/EWG aufgeführten Abfälle.
60 
d) Damit ist die grenzüberschreitende Verbringung der hier in Rede stehenden Abfallfraktion oder ähnlicher Abfallfraktionen keineswegs ausgeschlossen. Schon durch eine qualitativ verbesserte Aussortierung von „Fremd“stoffen kann, wie der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat, ein der Grünen Liste entsprechendes Kunststoffgemisch hergestellt werden. Unabhängig davon sind indessen auch Abfälle der Gelben Liste exportfähig. Dass für Abfälle der Gelben Liste Märkte vorhanden sind, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bestätigt und mit konkreten Beispielen belegt (z. B. „Elektroprodukte“ im asiatischen Raum, Abfallgemische als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie). Materiellrechtlich ist der Abfallexport danach nicht ausgeschlossen, verfahrensrechtlich muss allerdings der Weg der Notifizierung beschritten werden, so dass die Möglichkeit einer (begleitenden) behördlichen Kontrolle eröffnet ist.
61 
Dieses Konzept entspricht Sinn und Zweck des europäischen Abfallverbringungsrechts. Es handelt sich bei ihm in erster Linie um Umweltrecht und nicht etwa um Wirtschafts- oder Handelsrecht; es dient daher nicht nur der Gefahrenabwehr im engen polizeirechtlichen Sinne, sondern sichert auf dem Gebiet der durchaus missbrauchsanfälligen grenzüberschreitenden Abfallverbringung behördliche Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Einhaltung rechtlicher Standards auch unterhalb der Gefahrenschwelle. Folgerichtig hat der Europäische Gerichtshof zur alten Abfallverbringungsverordnung erkannt, sie solle „ein harmonisiertes System von Verfahren bereitstellen, mit denen der Umlauf der Abfälle begrenzt werden kann, um den Schutz der Umwelt sicherzustellen“ (EuGH, Urt. v. 28.6.1994 – Rs. C-187/93 – Slg. 1994, I-2857 Tz. 26). Ganz in diesem Sinne bestimmt Erwägungsgrund (1) der neuen Abfallverbringungsverordnung (VO 1013/2006/EG): „Wichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung ist der Umweltschutz; ihre Auswirkungen auf den internationalen Handel sind zweitrangig.“ Konsequenterweise gilt nach altem wie nach neuem europäischen Abfallverbringungsrecht der Grundsatz, dass eine Abfallverbringung vorher den zuständigen Behörden notifiziert werden muss, damit diese angemessen vor allem über Art, Beförderung und Entsorgung der Abfälle informiert sind, um gegebenenfalls Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit ergreifen zu können (Erwägungsgrund (9) VO 259/93/EWG; ähnlich Erwägungsgründe (14) und (15) VO 1013/2006/EG). Da Ausnahmebestimmungen nach EG-Recht eng auszulegen sind, besteht kein Ansatzpunkt dafür, Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG i. V. m. Anhang II im Sinne einer „grünen Listung“ der hier betroffenen Abfälle extensiv zu deuten. Es war den Klägerinnen, wie sie es zunächst geplant hatten, zumutbar, das Notifizierungsverfahren zu betreiben. Diese Verfahrenslast als solche präjudizierte die Möglichkeit der Abfallverbringung nach Ungarn in der Sache nicht.
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3. Gegenstand der Rückholungsverpflichtung sind nach Art. 24 Abs. 2 UAbs.1 VO 1013/2006/EG die „betreffenden Abfälle“. Gemeint sind damit die illegal grenzüberschreitend verbrachten Abfälle.
63 
a) Die Klägerinnen räumen ein, dass ihnen seitens der Beklagten etwa 3.200 t Abfall zugerechnet werden, während eine Inanspruchnahme bezüglich der Rückholung nur in Höhe von 1.800 t erfolgte. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern. An sich verpflichtet Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG zur Rückführung sämtlicher illegal verbrachter Abfälle. Indem die Beklagte in der Vereinbarung mit der ungarischen Seite vom 7.3.2007 lediglich die Verpflichtung zur Rückholung von 1.800 t eingegangen ist, muss hierin eine die Klägerinnen nicht beschwerende, sondern entlastende Übereinkunft gesehen werden.
64 
b) Gegenständlich kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerinnen durch die von ihnen angefochtenen Anordnungen exakt und ausnahmslos zur Rückholung derjenigen Abfälle verpflichtet worden sind, an deren illegaler Verbringung nach Ungarn sie mitgewirkt haben. Die „Kilo genaue“ Identifizierung der verbrachten Abfälle kann schon deshalb praktisch ausscheiden, weil eine (teilweise) Durchmischung mit anderen Abfällen an den Lagerstätten in Ungarn eingetreten sein kann. Unberührt davon bleibt die rechtliche Verantwortlichkeit der Pflichtigen für die (Mengen der) von ihnen illegal verbrachten Abfälle.
65 
Für einen derartigen Sachverhalt mit innerstaatlichem Bezug hat das Bundesverwaltungsgericht erkannt, der Pflichtige sei „für die Entsorgung einer gleichgroßen Menge Abfälle gleicher Art verantwortlich“ (BVerwG, Urt. v. 28.6.2007 – 7 C 5/07 – E 129, 93 Tz. 22). Dem liegt der gefahrenabwehrrechtliche Grundsatz zu Grunde, dass bei komplexen Sachverhalten das Zusammenwirken mehrerer Verursacher mit der Folge, dass eine Isolierbarkeit der Teilbeiträge mehrerer Handlungsverantwortlicher für die (Gesamt-)Störung nachträglich unmöglich ist, nicht etwa die Verantwortlichkeit des einzelnen Mitverursachers entfallen lässt, sondern – im Gegenteil – jeder Verursacher auf die vollständige Beseitigung der Störung in Anspruch genommen werden kann (BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 7 C 3/05 – DVBl 2006, 1114 = NVwZ 2006, 928 Tz. 14 [insoweit in BVerwGE 125, 325 nicht abgedruckt]; VGH BW, Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1985, 281; Senat, Beschl. v. 3.9.2002 – 10 S 957/02 – NVwZ-RR 2003, 103, 105). Allerdings muss der Mitverursachungsbeitrag aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erheblich sein (BVerwG, aaO, Senat, Beschl. v. 4.3.1996 – 10 S 2687/95 – NVwZ-RR 1996, 387, 389).
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Folgerichtig hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28.6.2007 erkannt, die Vermischung eines Abfalls mit anderen Abfällen führe nicht zum Erlöschen der Entsorgungspflicht, vielmehr werde dem Mitverantwortlichen auf Grund des Verursacherprinzips ein der angelieferten Menge entsprechender Anteil an Abfällen gleicher Art zugerechnet (BVerwG, aaO, Tz. 22). Dieser Grundsatz ist auf das grenzüberschreitende Abfallverbringungsrecht übertragbar. Daher ist anerkannt, dass Art. 24 VO 1013/2006/EG auch dann anwendbar ist, wenn die „betreffenden Abfälle“ bereits untrennbar mit anderen Abfällen vermischt worden sind; die Rücknahmepflicht bezieht sich in einem solchen Fall auf einen mengenmäßig entsprechenden Teil des Gemisches (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 2). Dadurch wird die abfallrechtliche Verantwortlichkeit des Pflichtigen gewahrt und dennoch kommt es nicht zu einer Übervorteilung irgendeiner Seite. Ließe man mangels Isolierbarkeit des (ehemaligen) „eigenen“ Abfalls aus der Gesamtabfallmenge die (Mit-)Verantwortlichkeit des (Mit-)Verursachers für die Störungsbeseitigung entfallen, führte dies zu dem wenig überzeugenden Ergebnis, dass das „Verwischen von Spuren“ von der Rechtsordnung auch noch prämiert würde, obwohl der Beitrag des (Mit-)Verursachers für den eingetretenen illegalen Zustand dem Grunde und dem Umfang nach feststeht.
67 
Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, in welchem genauen quantitativen Umfang die Klägerinnen „ihren“ nach Ungarn verbrachten Abfall auf Grund der Anordnung der Beklagten zurückholen sollten. Dass es an den hier in Rede stehenden vier Lagerstätten in Ungarn um „Abfall gleicher Art“ ging, ist unbestritten. Außer Frage steht auch die erhebliche Mitverantwortung der Klägerinnen für die betreffende grenzüberschreitende Abfallverbringung. Nach dem festgestellten Sachverhalt muss überdies davon ausgegangen werden, dass es sich bei der zur Rückholung verfügten Teilmenge (1.800 t) der exportierten Gesamtmenge (knapp 3.200 t) größtenteils um Abfall aus ... handelte. An keiner Stelle wurde seitens der Klägerinnen vorgetragen, dass ihnen die Rückholung von z. B. aus Bayern nach Ungarn verbrachter Abfälle aufgegeben worden sei. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass den Klägerinnen durch die angefochtenen Anordnungen ganz überwiegend die Rückholung derjenigen Abfälle auferlegt worden ist, an deren illegaler Verbringung sie mitgewirkt haben; im Übrigen greift die dargelegte Pflicht zur Rückholung von „Abfällen gleicher Art“. Die (Mit-)Verantwortung der Klägerinnen steht demnach außer Frage.
68 
c) Die Rechtsauffassung des Senats steht nicht in Widerspruch zu der Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Pflicht zur Rückführung von Abfällen aus dem Ausland „einen zwingenden Bezug zwischen Beseitigungspflicht und den Beseitigungsobjekten“ voraussetzt (BayVGH, Urt. v. 10.12.2009 – 20 B 09.45 – NVwZ 2010, 527 Tz. 17). Ob diese Rechtsmeinung zutrifft, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob diese zu § 6 AbfVerbrG 1994 formulierte Voraussetzung auf die Rückholpflicht nach Art. 24 Abs. 2 VO 1013/2006/EG Anwendung finden kann. Im Unterschied zu dem hier zu entscheidenden Fall stand nach dem der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht einmal fest, an welche Orte in der Tschechischen Republik Abfälle aus Bayern, die der dortigen Klägerin zugerechnet werden sollten, verbracht worden waren. Vor diesem Hintergrund wurde eine Pflicht der Klägerin verneint, „Abfälle beliebiger anderer Herkunft von einem bestimmten Ort aus der Tschechischen Republik zurückzuführen, wenn sie an anderen illegalen Abfallverbringungen nach anderen Orten beteiligt gewesen sein sollte“ (BayVGH, aaO, Tz. 20). Von einer derartigen „Beliebigkeit“ kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Die seitens der Klägerinnen 2006 initiierte Abfallverbringung nach ..., ... ... und ... sowie ... steht außer Frage; die Rückholpflicht bezieht sich nur auf die an diese Standorte verbrachten Abfälle.
69 
4. Die Anordnungen der Beklagten sind auch unter spezifisch abfallrechtlichen Vorgaben rechtlich zutreffend an die Klägerinnen gerichtet worden. Denn diese haben als (Mit-)Verantwortliche der illegalen Abfallverbringung die nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle zurückzuholen. Diese Pflicht trifft die Klägerinnen nach dem im Zeitpunkt der Widerspruchsbescheide (8.10.2007) maßgeblichen neuen Abfallverbringungsrecht (b bis e), bestand aber ebenso unter der Geltung des bis zum 11.7.2007 einschlägigen früheren Abfallverbringungsrechts (f). Infolgedessen sind die Klägerinnen rechtsfehlerfrei als Adressaten der Anordnungen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 (ebenso § 6 Abs. 2 Satz 1 AbfVerbrG 1994) in Anspruch genommen worden.
70 
a) Die Rückholungspflicht der illegal verbrachten Abfälle trifft zwar primär den „Notifizierenden de facto“ (Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a VO 1013/2006/EG); maßgebend ist für die Bestimmung des richtigen Adressaten in diesem Fall die in Art. 2 Nr. 15 VO 1013/2006/EG festgelegte Reihenfolge (Schröder, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Stand: Juli 2009, B 255 Art. 2 RdNr. 3 und Art. 22-25 RdNr. 1). Da im vorliegenden Fall eine Notifizierung der nach Ungarn verbrachten Abfälle jedoch nicht stattgefunden hat, kommt die Rückholungspflicht gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a VO 1013/2006/EG nicht zum Tragen.
71 
Ist eine Notifizierung zu Unrecht nicht erfolgt, ist Adressat der Rücknahmeverpflichtung diejenige Person, die hätte notifizieren müssen. Dies ist in der Terminologie der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung der „Notifizierende de jure“ gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b VO 1013/2006/EG (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 7). Die Pflicht zur Notifizierung der Verbringung von Abfällen trifft gemäß Art. 4 Satz 1 VO 1013/2006/EG den „Notifizierenden“. Dies ist nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 15 Satz 1 VO 1013/2006/EG eine der Gerichtsbarkeit des betreffenden Mitgliedstaates (hier: Bundesrepublik Deutschland) unterliegende natürliche oder juristische Person, die beabsichtigt, eine Verbringung von Abfällen durchzuführen oder durchführen zu lassen, und zur Notifizierung verpflichtet ist. Dass in Bezug auf die streitgegenständlichen Abfälle sachlich eine Notifizierungspflicht bestanden hat, ist bereits dargelegt worden (oben II. 2.); im Falle der „de jure“-Rückholungspflicht ist richtiger Adressat diejenige Person, die die Notifizierung an sich hätte vornehmen müssen.
72 
Diese Person ist gemäß Art. 2 Nr. 15 Satz 2 VO 1013/2006/EG der Ersterzeuger oder der Neuerzeuger oder der zugelassene Einsammler oder der eingetragene Händler oder der eingetragene Makler; die Pflichtigen dieses Personenkreises stehen – auch was den Neuerzeuger betrifft – gleichrangig nebeneinander, subsidiär in der Rangfolge ist danach nur der Besitzer angesiedelt (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 79; wohl auch Schröder, in: Jarass/Petersen/Weidemann, aaO, Art. 2 RdNr. 3).
73 
b) Die Klägerin zu 2 ist als „Neuerzeuger“ für die illegale Abfallverbringung verantwortlich, die Klägerin zu 1 ist als „Händler“ pflichtig.
74 
aa) Ob die Klägerin zu 2 (auch) als „Ersterzeuger“ hätte in Anspruch genommen werden können, mag dahinstehen. Sie ist jedenfalls, was sie selbst einräumt, „Neuerzeuger“ im Sinne des Abfallverbringungsrechts. Insoweit trifft sie die Verantwortlichkeit zur Rückholung der fraglichen Abfälle gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. ii VO 1013/2006/EG. Vorausgesetzt ist danach lediglich, dass das die Neuerzeugereigenschaft begründende Behandlungsverfahren vor der Abfallverbringung durchgeführt worden ist; nicht ausreichend wäre die Vornahme des Behandlungsverfahrens erst im Empfängerstaat (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 80). Es besteht kein Zweifel daran, dass jene Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, da die Abfallbehandlung seitens der Klägerin zu 2 unstreitig vor der Abfallverbringung nach Ungarn stattgefunden hat.
75 
Das Abfallverbringungsrecht knüpft die Verantwortlichkeit für die Rückholung illegal verbrachter Abfälle seit jeher an die objektive (Mit-)Ursächlichkeit des Verhaltens einer (natürlichen oder juristischen) Person; auf ein Verschulden kommt es nicht an (Senat, Urt. v. 22.11.2005 – 10 S 1208/04 – ZUR 2006, 262; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 12.4.2006 – 7 B 30/06 –). Dies gilt auch für das neue Abfallverbringungsrecht (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 6).
76 
Ihrer Verantwortlichkeit wäre die Klägerin zu 2 allenfalls enthoben, wenn sie – so in Bezug auf die dann entfallende Kostentragungspflicht – „ordnungsgemäß gehandelt hat“ (§ 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AbfVerbrG 2007; ebenso in der Sache § 6 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AbfVerbrG 1994). Den Nachweis hierfür, den der (Neu-)Erzeuger der Abfälle nach geltendem Recht erbringen muss, kann die Klägerin zu 2 nicht führen. Sie war an der illegalen Abfallverbringung nach Ungarn beteiligt, indem sie die Abfalllieferungen zusammengestellt und die Begleitpapiere ausgestellt sowie rechtswidrig die notwendige Notifizierung unterlassen hat. Allen Beteiligten an den Abfallexportgeschäften, so auch der Klägerin zu 2, war klar, dass von dem an sich angezeigten und seitens der Klägerinnen und des Beigeladenen zunächst auch beabsichtigten Notifizierungsverfahren Abstand genommen wurde. Ein ordnungsgemäßes Handeln der Klägerin zu 2 im Sinne des Abfallverbringungsrechts liegt mithin nicht vor.
77 
bb) Die Klägerin zu 1 ist als „Händler“ (ggf., was jedoch offen bleiben kann, als „Makler“) im Sinne des Abfallverbringungsrechts für die Rückholung der streitgegenständlichen Abfälle gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. iv VO 1013/2006/EG verantwortlich. Als Händlerin mit Rohstoffen und Abfällen zur Verwertung hat die Klägerin zu 1 mit Hilfe des Beigeladenen die Kontakte zu den ungarischen Geschäftspartnern hergestellt und die Abfalltransporte nach Ungarn (mit)organisiert.
78 
Die Verantwortlichkeit der Klägerin zu 1 als „Notifizierender de jure“ scheitert nicht an einer mangelnden schriftlichen Ermächtigung seitens der Klägerin zu 2, in ihrem Namen als Notifizierender aufzutreten. Die formelle Anforderung einer schriftlichen Ermächtigung nach Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. iv VO 1013/2006/EG des Händlers durch den Erzeuger des Abfalls betrifft nur den Normalfall der beabsichtigten Notifizierung der Verbringung von Abfällen (vgl. Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 82). Wo indessen eine Notifizierung – wie bei der hier vorgenommenen illegalen Abfallverbringung – gar nicht stattfindet, bedarf es auch keiner (schriftlichen) Ermächtigung zur Notifizierung, da diese ja gerade unterbleibt. Entscheidend für die Rücknahmepflicht ist in einem solchen Fall, wer die illegale Abfallverbringung (ggf. neben anderen) zu verantworten hat (Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 vor lit. a VO 1013/2006/EG).
79 
Dieses Rechtsverständnis wird durch § 8 Abs. 2 AbfVerbrG 2007 bestätigt. Danach trifft die Kostentragungspflicht im Falle der Abfallrückführung neben dem Abfallerzeuger „auch die Person, die eine Verbringung veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder in sonstiger Weise daran beteiligt war“ (Satz 1). Diese Regelung zur Kostentragungspflicht (Sekundärebene) macht nur Sinn, soweit eine Übereinstimmung mit der primären Verantwortungsebene (Rückholungspflicht) besteht. § 8 Abs. 2 Satz 1 AbfVerbrG 2007 übernimmt – ohne inhaltliche Änderung – die zuvor in § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG 1994 getroffene Regelung (BT-Drucks. 16/5384 S. 17). Dazu war nach der Amtlichen Begründung der Kreis der Rückführungspflichtigen auf alle Personen ausgedehnt, die in irgendeiner Weise kausal für die unerlaubte Abfallverbringung waren (BT-Drucks. 12/7479 S. 3). Es besteht kein Zweifel daran, dass davon auch der Abfallhändler erfasst ist.
80 
c) Die Verantwortlichkeit der Klägerinnen für die Rückholung der illegal nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle scheitert auch nicht etwa an der 30-Tage-Frist gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 2 VO 1013/2006/EG. Unabhängig von der hier offen bleibenden Frage, ob sich die Klägerinnen überhaupt auf diese Bestimmung berufen können, haben die zuständigen Behörden einvernehmlich einen bestimmten Zeitraum festgelegt, in dem die Rückführung der Abfälle nach Deutschland zu erfolgen hatte. Damit wurde rechtsfehlerfrei von einer Option des neuen Abfallverbringungsrechts Gebrauch gemacht, die die vormalige Parallelregelung (Art. 26 Abs. 2 UAbs. 1 VO 259/93/EWG) noch nicht kannte (zu den Hintergründen vgl. Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 13).
81 
d) Der Inanspruchnahme der Klägerinnen steht Art. 24 Abs. 3 VO 1013/2006/EG nicht entgegen. Danach findet eine Rückholung illegal verbrachter Abfälle nicht statt, wenn der Empfänger die illegale Verbringung zu verantworten hat. Es steht außer Frage, dass die ungarischen Empfänger der fraglichen Abfälle für die illegale Verbringung ebenfalls verantwortlich sind. Es handelt sich indessen nicht um eine Alleinverantwortung, sondern nur um eine Mitverantwortung. Diesem Umstand hat die Beklagte rechtsfehlerfrei dadurch Rechnung getragen, dass von den in Rede stehenden etwa 3.200 t nach Ungarn verbrachten Abfällen nur etwa 1.800 t der Rückführungspflicht unterworfen worden sind, während die restlichen etwa 1.400 t Abfälle in Ungarn verblieben. Unter Berücksichtigung der Entsorgungsinfrastruktur in Deutschland und Ungarn sowie bei Beachtung der schon in Deutschland begonnenen illegalen Abfallverbringung ist gegen jene Aufteilung und Zuordnung der Verantwortlichkeiten zur deutschen und zur ungarischen Seite rechtlich nichts zu erinnern; das Übermaßverbot wurde beachtet.
82 
Zum rechtlichen Verhältnis zwischen Absatz 2 und Absatz 3 des Art. 24 VO 1013/2006/EG im Falle der Mitverantwortlichkeit sowohl des Exporteurs als auch des Empfängers einer illegalen Abfallverbringung trifft das europäische Abfallverbringungsrecht keine Regelung. Ob zwischen den beiden Absätzen ein Vorrangverhältnis besteht, ist offen; dasselbe gilt für die denkbare Regel einer 50:50 Zuweisung der Mitverantwortungsanteile. Derartige Grundsatzfragen kann der Senat hier unentschieden lassen. Es muss auch nicht geklärt werden, ob die Grundsätze des deutschen Gefahrenabwehrrechts zur Störerauswahl bei mehreren Verantwortlichen zum Tragen kommen könnten. Da es um eine behördliche Auswahlentscheidung insoweit geht, als Verantwortungsanteile für eine illegale Abfallverbringung mehreren Beteiligten zugerechnet werden, muss – mangels fester rechtlicher Vorgaben – jedenfalls das Übermaßverbot beachtet werden. Legitimes - rechtlich anzuerkennendes - Ziel der angefochtenen Anordnungen der Beklagten war die Beseitigung der Folgen der illegalen Abfallverbringung. Die ergriffenen Maßnahmen – Rückführung von 1.800 t der nach Ungarn verbrachten Abfälle nach Deutschland zwecks ordnungsgemäßer Entsorgung im Inland, Verbleib von etwa 1.400 t der Abfälle in Ungarn gemäß Absprache mit den dortigen Behörden – waren zur Zielverwirklichung auch geeignet. Die Anordnung der Rückführung von 1.800 t Abfällen war erforderlich, da sich die ungarische Seite weigerte, alle aus Deutschland verbrachten Abfälle in Ungarn zu entsorgen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung mehrfach glaubhaft versichert, dass die ungarischen Behörden mit Unterstützung der EU-Kommission auf die Rückholung sämtlicher aus Baden-Württemberg verbrachter Abfälle hätten pochen können, da keine Notifizierung stattgefunden habe. Nachdrücklich wurde dargetan, dass auch konkrete Vorschläge der deutschen Seite zur Entsorgung der Abfälle in Ungarn seitens der dortigen Behörden nicht akzeptiert worden seien; so hätten diese es abgelehnt, die Abfälle – allerdings nach einer weiteren Vorbehandlung – als Ersatzbrennstoff in einem Kraftwerk, an dem die ... beteiligt sei, zu entsorgen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann bei einer solchen Ausgangslage nicht ernsthaft von einer „politischen Entscheidung“ oder gar von einem „Kuhhandel“ gesprochen werden. Die Aufteilung der Abfallmengen zwischen der Rückholung nach Deutschland und dem Verbleib in Ungarn im Verhältnis 1800 t :1400 t ist schließlich auch nicht unangemessen. Entscheidend ist insoweit, dass es sich im vorliegenden Fall um eine illegale Abfallverbringung mangels Notifizierung handelt. Dadurch wurde den ungarischen Behörden von vornherein die Möglichkeit genommen, den Import der Abfälle nach Ungarn zu verhindern. Wäre das Notifizierungsverfahren durchgeführt worden, hätte die zuständige Behörde am Bestimmungsort gegebenenfalls Einwände gegen die Abfallverbringung erheben können (Art. 7 Abs. 2 VO 259/93/EWG). Indem die Klägerinnen den ungarischen Behörden diese Möglichkeit „abgeschnitten“ haben, könnte ihnen im Ergebnis möglicherweise die Gesamtverantwortung für die Rückabwicklung der illegalen Abfallverbringung zugewiesen werden. Da sich die Rückholpflicht indessen nur auf etwa 56% der nach Ungarn verbrachten Abfälle erstreckt, kann von einer unangemessenen Anordnung der Beklagten keine Rede sein.
83 
e) Rechtsfehlerfrei ist schließlich im Interesse der raschen Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände die Inpflichtnahme jeder Klägerin für die gesamten zur Rückführung nach Deutschland anstehenden 1.800 t illegal verbrachter Abfälle erfolgt. Die vom Verwaltungsgericht (UA S. 30 f.) dazu gegebene Begründung ist tragend und kann in Bezug genommen werden (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend kann auf die insoweit überzeugenden Erwägungen in den Widerspruchsbescheiden vom 8.10.2007 (dort jeweils S. 7) verwiesen werden.
84 
f) Die Klägerinnen sind bezüglich ihrer Rücknahmepflicht als Adressaten der Anordnungen nach neuem Abfallverbringungsrecht nicht schlechter gestellt als nach altem Abfallverbringungsrecht. Nach dem vormals geltenden Recht wäre die Inpflichtnahme der Klägerinnen auf § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG 1994 i. V. m. Art. 26 VO 259/93/EWG zu stützen gewesen. Die danach bestehende Verhaltensverantwortlichkeit der Klägerinnen ist auf Grund der weiten Deutung jener Bestimmungen (vgl. dazu Senat, Urt. v. 22.11.2005 – 10 S 1208/04 – ZUR 2006, 262, 263; bestätigt von BVerwG, Beschl. v. 12.4.2006 –7 B 30/06 –) nicht zweifelhaft.
85 
5. Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen sind die gegen sie ergangenen Anordnungen nicht wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig. Die von § 37 Abs. 1 LVwVfG geforderte hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsakts ist zu bejahen, wenn der Regelungsgehalt für den Betroffenen unzweideutig erkennbar ist; der Adressat muss in die Lage versetzt werden, zu erkennen, was von ihm gefordert wird (BayVGH, Beschl. v. 17.3.2004 – 22 CS 04.362 – NJW 2004, 2768; OVG NW, Beschl. v. 16.12.2002 – 21 B 1723/02 – NVwZ-RR 2003, 493, 494). Zugleich muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung (Verwaltungsvollstreckung) sein können (BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 – 4 C 41/87 – E 84, 335, 338). An der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 37 Abs. 1 LVwVfG fehlt es nicht schon deshalb, weil es zur Ermittlung des Entscheidungsgehalts der getroffenen Regelung der Auslegung bedarf (BVerwG, Urt. v. 26.1.1990 – 8 C 69/87 – NVwZ 1990, 855, 856; OVG NW, Beschl. v. 26.9.2008 – 13 B 1395/08 – NJW 2008, 3656, 3657). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, aaO, E 84, 335, 338; OVG RP, Urt. v. 19.3.2009 – 6 A 11324/08 – DVBl 2009, 786, 791).
86 
Gemessen an diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Anordnungen vom 5.4.2007 dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG. Maßgebend für die Beurteilung ist der Empfängerhorizont (analog § 133 BGB). Danach besteht am Erklärungsgehalt von Nr. 1 der Anordnungen kein Zweifel; präzise benannt als Rückholungsverpflichtete wird die jeweilige Klägerin (unter nachrichtlicher Erwähnung im jeweiligen Bescheid der anderen Klägerin und des Beigeladenen), angegeben werden die Rechtsgrundlagen, benannt werden der Gegenstand der Rückholungsverpflichtung und die Gesamtmenge (etwa 1.800 t), und außerdem wird die Spezifizierung nach Maßgabe der nachfolgend aufgeführten Orts- und Mengenangaben in Bezug genommen. In Nr. 2 werden zunächst (Satz 1) die einzelnen Lagerstätten und die ihnen zugeordneten Teil-Mengen (aus den insgesamt etwa 1.800 t) benannt, auf die sich die Rückholung bezieht. Satz 2 präzisiert, dass es nur um diejenigen in ... lagernden Abfälle geht, die auf Grund der (präzise benannten) Ballierung der Klägerin zu 2 zugeordnet werden können; hiergegen kann entgegen dem Sachvortrag der Klägerinnen unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit rechtlich nichts eingewendet werden, weil im Falle des Versagens dieses für sich genommen völlig klaren Kriteriums bei seiner Anwendung die Zuordnung von Abfällen zur Rücknahmepflicht gescheitert wäre, was inhaltlich übrigens einen Effekt zu Gunsten der Klägerinnen ausgelöst hätte. Satz 3 der Nr. 2 begegnet hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmtheit ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken; bei einer Überschreitung der geschätzten Gesamtmenge von 1.800 t an den vier im Bescheid benannten Standorten durch die tatsächlich von der Klägerin zu 2 stammenden Abfälle sollten die tatsächlich gelieferten Abfälle der Rückführung unterfallen und nicht nur die geschätzten 1.800 t; als Zuordnungskriterium war wiederum – für sich genommen völlig unmissverständlich – die Bebänderung der Abfälle durch die Klägerin zu 2 genannt worden. Die Angriffe der Klägerinnen gegen Nr. 8 der Anordnungen gehen bezüglich § 37 Abs. 1 LVwVfG ins Leere; da es sich insoweit nicht um eine „Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG), sondern lediglich um einen – rein deklaratorischen – Hinweis handelt, ist § 37 Abs. 1 LVwVfG insoweit gar nicht anwendbar.
87 
Die hinreichende Bestimmtheit der von der Beklagten getroffenen Anordnungen steht auch ansonsten außer Frage. Die Klägerinnen selbst räumen ein, dass einige „ca.-Angaben“ unbeachtlich sind, da es nicht um eine „Kilo genaue“ Taxierung gehen kann. Der Hinweis auf andere Anlieferer von Abfällen (z. B. aus Bayern) ist im Rahmen des § 37 Abs. 1 LVwVfG unbehelflich, da insoweit nicht eine Frage der Bestimmtheit der getroffenen Anordnungen, sondern allenfalls der Herkunftsidentifikation verschiedener Abfälle aufgeworfen ist; dies betrifft lediglich den tauglichen Gegenstand der Rückholungsverpflichtung (oben II. 3. b). Keine Frage der Bestimmtheit der Anordnungen ist schließlich der Einwand, nicht nur die der Klägerin zu 2 zugerechnete Gesamtabfallmenge von 3.191,36 t, sondern etwa 4.100 t entsprechender Abfälle seien ausweislich der Aktenlage nach Ungarn in die betreffenden Anlagen verbracht worden; soweit darin die Überlegung enthalten ist, die Anordnungen vom 5.4.2007 müssten die Gesamtmenge von 1.800 t eigentlich überschreiten, ist diesem Aspekt, wie erwähnt, durch Nr. 2 Satz 3 der behördlichen Anordnungen in rechtlich einwandfreier Weise Rechnung getragen.
III.
88 
Die weiteren, für dieses Hauptsacheverfahren bedeutsamen Regelungen in den Bescheiden vom 5.4.2007 sind allesamt rechtmäßig. Die in Nr. 3 vorgenommene Fristsetzung für die Rückholung ist durch § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 i. V. m. Art. 24 Abs. 2 UAbs. 2 VO 1013/2006/EG gedeckt. Die Rechtmäßigkeit der Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 4) hat das Verwaltungsgericht (UA S. 31 f.) rechtsfehlerfrei festgestellt (§ 130b Satz 2 VwGO). Die in Nr. 6 angesprochene Notifizierungspflicht für den Fall der Abfallrückführung findet ihre Grundlage in Art. 24 Abs. 2 UAbs. 3 und 4 VO 1013/2006/EG. Die Anordnung der Kostentragungspflicht der Klägerinnen für die Rückholung der illegal verbrachten Abfälle und deren Entsorgung sowie die Verpflichtung der Klägerinnen zur gesamtschuldnerischen Haftung (Nr. 6) ergeben sich aus Art. 25 VO 1013/2006/EG, § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 AbfVerbrG 2007.
IV.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist, besteht kein Anlass, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
V.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Revisionsgründe vorliegt.
91 
Beschluss vom 13. Juli 2010
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 355.902,58 EUR festgesetzt.
93 
Gründe
94 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Die Bedeutung der Sache für die Klägerinnen richtet sich nach den Kosten der Ersatzvornahme (533.853,87 EUR); hiervon entfallen auf jede Klägerin sowie den Beigeladenen ein Drittel, d.h. 177.951,29 EUR. Der Streitwert der verbundenen Klagen beträgt folglich 2 x 177.951,29 EUR, also 355.902,58 EUR.
95 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Sie sind zwar zulässig, aber unbegründet.
A.
40 
Die Anfechtungsklagen der Klägerinnen gegen die Anordnungen der Beklagten vom 5.4.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007 sind zulässig. Die Vollstreckung der Anordnungen im Wege der Ersatzvornahme hat nicht zu deren Erledigung (§ 43 Abs. 2 LVwVfG) geführt. Das gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn sich – wie hier – eine Vollstreckungsmaßnahme nicht mehr rückgängig machen lässt (BVerwG, Beschl. v. 17.11.1998 – 4 B 100/98 – BauR 1999, 733; Senat, Urt. v. 8.1.2008 – 10 S 2350/07 – VBlBW 2008, 305). Tragend ist die in der Judikatur angestellte Erwägung, dass von dem Grundverwaltungsakt weiterhin Rechtswirkungen für das Vollstreckungsverfahren ausgehen, indem der Grundverwaltungsakt zugleich die Grundlage für den Kostenbescheid (etwa für die Kosten der Ersatzvornahme) bildet (BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 – 7 C 5/08 – NVwZ 2009, 122 = VBlBW 2009, 55; SächsOVG, Urt. v. 27.1.2009 – 4 B 809/06 – SächsVBl 2009, 165; zur Kritik an dieser Rechtsprechung vgl. Enders, NVwZ 2009, 958 ff.; Labrenz, NVwZ 2010, 22 ff.).
B.
41 
Die Klagen sind unbegründet. Die Verpflichtung der Klägerinnen zur Rückholung und Verwertung des nach Ungarn verbrachten Abfalls ist ebenso rechtmäßig wie die sonstigen, in den Bescheiden vom 5.4.2007, bestätigt durch die Widerspruchsbescheide vom 8.10.2007, getroffenen Anordnungen. Die Klägerinnen sind folglich nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
42 
Rechtsgrundlage für die Anordnung der Beklagten zur Rückholung der nach Ungarn verbrachten Abfälle ist Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABlEU Nr. L 190/1 – nachfolgend zit.: VO 1013/2006/EG) i.V.m. § 13 Satz 2 des Gesetzes zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen und des Basler Übereinkommens vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (Abfallverbringungsgesetz – AbfVerbrG) vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1462). Dabei normiert Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG die materiellen Voraussetzungen für die Rückholung illegal verbrachter Abfälle sowie die Rechtsfolge bei der illegalen Abfallverbringung, während § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 die behördliche Befugnis zur Anordnung im Einzelfall zwecks Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung gemäß Art. 24 VO 1013/2006/EG regelt.
43 
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts enthält das Prozessrecht keinen Grundsatz, wonach im Rahmen einer Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts stets nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen ist; maßgebend ist vielmehr das materielle Recht (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 – 1 C 45/06 – E 130, 20, 22 f.). Dessen Maßgeblichkeit ist hier indessen identisch mit derjenigen im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (8.10.2007) als der letzten und prozessual (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgeblichen Verwaltungsentscheidung.
44 
Die neue EG-Abfallverbringungsverordnung ist am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (12.7.2006) in Kraft getreten (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 VO 1013/2006/EG); das war der 15.7.2006. Sie gilt seit dem 12. Juli 2007 (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 VO 1013/2006/EG). Seit diesem Tag ist diese Verordnung gemäß Art. 249 Abs. 2 EGV (= Art. 288 Abs. 2 AEUV) in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar und löst die alte EG-Abfallverbringungsverordnung – Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABlEG Nr. L 30/1 – nachfolgend zit.: VO 259/93/EWG) – ab (Epiney, in: Oexle/Epiney/Breuer, EG-Abfallverbringungsverordnung, Kommentar, 2010, Einf. RdNr. 10). Nach Art. 61 Abs. 1 VO 1013/2006/EG ist die VO 259/93/EWG „ab dem 12. Juli 2007 aufgehoben“.
45 
Die Befugnisnorm für Anordnungen im Einzelfall gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 ist seit dem 28.7.2007 in Kraft. Nach Art. 9 Abs. 1 des im Bundesgesetzblatt vom 25.7.2007 verkündeten Gesetzes vom 19.7.2007 trat das AbfVerbrG 2007 am dritten Tag nach seiner Verkündung, mithin am 28.7.2007, in Kraft; zugleich ist das AbfVerbrG 1994 außer Kraft getreten.
46 
Die neue EG-Abfallverbringungsverordnung hat sich keine Rückwirkung beigemessen; dasselbe gilt für das AbfVerbrG 2007. Maßnahmen der bzw. in Bezug auf die grenzüberschreitende(n) Abfallverbringung sind seit dem 12.7.2007 rechtlich nach der VO 1013/2006/EG zu beurteilen; dieser Rechtmäßigkeitsmaßstab gilt für den Widerspruchsbescheid vom 8.10.2007. Handlungen vor dem 12.7.2007, also unter der Geltung der VO 259/93/EWG, sind bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit am Maßstab der alten EG-Abfallverbringungsverordnung zu messen. Rechtlicher Beurteilungsmaßstab für die Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit behördlicher Maßnahmen bzw. privater Aktivitäten zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung ist demnach das im jeweiligen Handlungszeitpunkt geltende Recht. Rückwirkungsprobleme stellen sich folglich nicht.
47 
2. An der Rechtswirksamkeit sowohl der alten als auch der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung bestehen keine Bedenken. Die hiergegen gerichteten Angriffe hat der Europäische Gerichtshof zurückgewiesen. Die Rechtswirksamkeit der VO 253/93/EWG hat der Gerichtshof kurze Zeit nach ihrem Inkrafttreten bestätigt (EuGH, Urt. v. 28.6.1994 – Rs. C-187/93 – Slg. 1994, I-2857). Bestätigt wurde unlängst auch die Rechtswirksamkeit der VO 1013/2006/EG (EuGH, Urt. v. 8.9.2009 – Rs. C-411/06 – NVwZ 2009, 1481).
48 
3. Von seinem sachlichen Anwendungsbereich her erfasst Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG jede illegale Abfallverbringung ungeachtet des rechtlichen Grundes der Illegalität. Insbesondere eine Gefahr für die Umwelt oder gar für die Gesundheit von Menschen infolge einer illegalen Abfallverbringung ist keine Anwendungsvoraussetzung. Art. 24 VO 1013/2006/EG erstreckt sich vielmehr auf jedwede illegale Abfallverbringung. Darunter fällt auch die zu Unrecht ohne Notifizierung erfolgte Verbringung von Abfällen (Art. 2 Nr. 35 lit. a VO 1013/2006/EG). Die Rücknahmepflicht tritt in einem solchen Fall zwingend ein, Ermessen ist nicht vorgesehen; allenfalls kann aus Gründen des auch gemeinschaftsrechtlich zu beachtenden Übermaßverbots bei geringfügigen Rechtsverstößen von der Verpflichtung zur Rückholung illegal verbrachter Abfälle abgesehen werden (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 3).
II.
49 
Die Voraussetzungen für die seitens der Beklagten erfolgte Anordnung der Rückholung der streitgegenständlichen, nach Ungarn verbrachten Abfälle lagen sowohl in formeller (1.) als auch in materieller Hinsicht (2.) vor. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet der Gegenstand der Anordnung, d. h. die den Klägerinnen zur Rückführung nach Deutschland auferlegten Abfälle sowie deren Mengenanteile (3.). Ferner ist die Pflichtigkeit der Klägerinnen gegeben (4.). Die von der Beklagten verfügten Handlungsgebote sind auch hinreichend bestimmt gewesen (5.).
50 
1. Die von den Klägerinnen angegriffenen Anordnungen der Beklagten sind in formeller Hinsicht rechtmäßig. Dies hat das Verwaltungsgericht, worauf gemäß § 130b Satz 2 VwGO verwiesen werden kann (Urteil des VG S. 20), zutreffend festgestellt (zur Bestimmtheit der Anordnungen unten II. 5.).
51 
2. Materiellrechtlich kann die zuständige Behörde nach § 13 Satz 1 AbfVerbrG 2007 im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung der VO 1013/2006/EG treffen. Die Behörde kann gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 insbesondere Anordnungen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung nach Art. 24 VO 1013/2006/EG verfügen. Hat der Notifizierende die illegale Abfallverbringung zu verantworten, so sorgt die zuständige Behörde am Versandort gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG dafür, dass die betreffenden Abfälle vom „Notifizierenden de facto“ (lit. a) oder, falls keine Notifizierung eingereicht wurde, vom „Notifizierenden de jure“ (lit. b) oder, falls dies nicht möglich ist, von der zuständigen Behörde am Versandort selbst oder einer in ihrem Namen handelnden natürlichen oder juristischen Person zurückgenommen werden (lit. c); subsidiär ist überdies die Verwertung oder Beseitigung der fraglichen Abfälle im Empfängerstaat (lit. d) bzw. – im Einverständnis aller betroffenen zuständigen Behörden – in einem Drittstaat (lit. e) vorgesehen.
52 
a) Tatbestandlich setzt Art. 24 Abs. 2 UAbs.1 VO 1013/2006/EG neben der (hier gegebenen) Möglichkeit einer Rückholung der verbrachten Abfälle die „illegale Verbringung“ voraus. Nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 35 VO 1013/2006/EG wird davon jede Verbringung von Abfällen ohne die erforderliche Notifizierung erfasst (lit. a), ebenso die in einer Weise erfolgende Abfallverbringung, die den Begleitformularen sachlich nicht entspricht (lit. d). Auf die Schwere des Rechtsverstoßes oder auf eventuelle Folgen für die Umwelt kommt es nicht an (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 150).
53 
Die Klägerinnen haben entgegen der ihnen obliegenden Notifizierungspflicht die Verbringung der streitgegenständlichen Abfälle nach Ungarn gegenüber den zuständigen Stellen nicht notifiziert. Damit liegt eine „illegale Verbringung“ von Abfällen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG vor. Maßgebend für die materielle Beurteilung der Illegalität der fraglichen Abfallverbringung ist der in dem betreffenden Zeitraum (August bis Dezember 2006) noch in Kraft befindliche Art. 26 Abs. 1 VO 259/93/EWG. In Bezug auf die hier maßgeblichen Anforderungen (lit. a und lit. d) besteht indessen angesichts der gleich lautenden Bestimmungen kein Unterschied zu der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung (vgl. Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 147 ff.).
54 
Die Klägerinnen waren gemäß Art. 3 ff. VO 259/93/EWG verpflichtet, die im Jahr 2006 vorgenommene Verbringung der Abfälle nach Ungarn zu notifizieren. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Notifizierung zu Unrecht unterblieben ist. Von der Notifizierung durfte gemäß Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG nur abgesehen werden, wenn es sich um die Verbringung von ausschließlich zur Verwertung bestimmte und in Anhang II aufgeführte Abfälle gehandelt hätte. Das war nicht der Fall (vgl. nachf. b). In rechtlicher Hinsicht stellt Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG eine abschließende Regelung zur Befreiung von der grundsätzlich einzuhaltenden Notifizierungspflicht (Art. 3 ff. VO 259/93/EWG) dar. Dahin stehen kann, ob es sich bei Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG um eine „Privilegierung“ handelt, wie das Verwaltungsgericht meint. Rechtlich entscheidend ist die Zuordnung der Abfälle zur Grünen Liste (Anhang II zur VO 259/93/EWG). Rechtsirrig nehmen die Klägerinnen an, dass es maßgeblich (auch) auf die Einstufung unter das europäische Abfallverzeichnis, AVV, ankomme, so dass die von den Klägerinnen vorgenommene Zuordnung der fraglichen Abfälle unter die AVV Abfallschlüsselnummer 191204 „Kunststoff und Gummi“ zur Befreiung von der Notifizierungspflicht geführt habe. Nach der alten wie nach der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung stellen die Abfalllisten des Abfallverbringungsrechts (Grüne Liste, Gelbe Liste, Rote Liste; im neuen Recht auch „Leerlisten“) ein eigenständiges, primär stoffbezogenes Klassifizierungssystem dar, das strikt von dem überwiegend herkunftsbezogenen Ansatz des Listensystems nach der AVV zu unterscheiden ist (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 3 RdNr. 13). Folgerichtig differenziert Anhang II (Grüne Liste) zur VO 259/93/EWG – soweit im vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung – zwischen den Listungen GH 010 „Abfälle, Schnitzel und Bruch von Kunststoffen“, GI 010 „Abfälle und Ausschuss von Papier und Pappe“ sowie GK 010 „Abfälle, Bruch und Schnitzel von Weichkautschuk“. Die Grüne Liste unterscheidet kategorial zwischen Kunststoffabfällen in fester Form (GH), Abfällen von Papier, Pappe und Waren aus Papier (GI) und Kautschukabfällen (GK). Das neue Klassifikationssystem (Grüne Liste zur VO 1013/2006/EG) hält an dieser Kategorisierung fest (B3010 Feste Kunststoffabfälle; B3020 Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren; B3040 Gummiabfälle; B3080 Bruch und Schnitzel von Gummiabfällen). Eine Deklarierung „Kunststoff und Gummi“ kennt die Grüne Liste des Abfallverbringungsrechts (alter wie neuer Fassung) nicht.
55 
Die „grüne Listung“ von Abfällen scheidet nicht erst dann aus, wenn Abfälle der Grünen Liste mit Fremdstoffen kontaminiert sind. Nach dem klaren Wortlaut der Generalklausel zu Anhang II der VO 259/93/EWG (Präambel vor GA) dürfen Abfälle unabhängig davon, ob sie in Anhang II aufgeführt sind, nicht als Abfälle der Grünen Liste befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem bestimmten Ausmaß kontaminiert sind. Darauf kommt es hier nicht an. Entscheidend ist, dass die nach Ungarn verbrachten Abfälle schon kategorial keine Abfälle der Grünen Liste gewesen sind und deshalb von einer Notifizierung nicht abgesehen werden durfte.
56 
b) Die Rüge der Klägerinnen, das Verwaltungsgericht habe seinem Urteil einen unzutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt, ist unbegründet. Anhand objektiver und auch von den Klägerinnen nicht zu bestreitender Umstände steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle wegen ihrer Zusammensetzung nicht der Grünen Liste nach Anhang II der VO 259/93/EWG zugeordnet werden konnten. Dies hatten die Klägerinnen auch erkannt. In seiner Zeugenvernehmung am 4.5.2007 durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat der (Firmen-)Bevollmächtigte der Klägerin zu 1, Herr ... ..., erklärt, man sei entschlossen gewesen, die Abfälle zu notifizieren, und der Beigeladene habe einen Notifizierungsvertrag zwischen der Firma ... und der Klägerin zu 2 vorgelegt; die ungarischen Geschäftspartner seien allerdings der Auffassung gewesen, für die Lieferung der Abfälle werde ein Notifizierungsvertrag nicht benötigt (Akte ... ... ... KP ... S. 47 und S. 49). Dass diese – fehlerhafte – Einschätzung der ungarischen Seite an der objektiven Sach- und Rechtslage nichts zu ändern vermag, versteht sich.
57 
In den Begleitpapieren zur Abfallverbringung nach Ungarn war von der Klägerin zu 2 als Abfallbezeichnung durchgehend „Kunststoff und Gummi“ mit dem EAK-Code 191204 angegeben; zugleich war eine Zuordnung zur Grünen Liste mit der Einstufung GH 010 vorgenommen worden, obgleich diese Kategorie „Gummi“ nicht umfasst. Im Schreiben vom 21.12.2006 an die Beklagte hatte das nationale ungarische Inspektorat für Umwelt, Natur und Wasser festgestellt, dass die nach Ungarn eingeführten Abfälle von der Klägerin zu 2 stammten und weder nach AVV Schlüsselnummer 191204 noch nach der Rubrik GH 010 der Grünen Liste klassifiziert werden könnten; Einwände gegen die Feststellungen der ungarischen Behörde haben die Klägerinnen nicht vorgetragen. In ihrer „Materialbeschreibung 191204“ vom 27.12.2006 gegenüber der Beklagten hat die Klägerin zu 2 selbst offen gelegt, dass die fragliche Abfallfraktion zu 90% bis 95% aus Folien, Hartplastik, PET, Schaumstoffen und auch aus Gummi bestehe und zudem zu 5% bis 10% Papier und Kartonage enthalte; wie diese Abfallfraktion nach Maßgabe der Kategorien des Abfallverbringungsrechts (und nicht der AVV) grün gelistet werden können soll, hat die Klägerin zu 2 nicht dargelegt. Anlässlich der Betriebsbesichtigung am 19.1.2007 bei der Klägerin zu 2 kam die Beklagte – unter Einbeziehung der aus Ungarn zurückgeschickten ballierten Abfälle in die Augenscheinseinnahme – zu dem Ergebnis, dass die Einstufung 191204 nach der AVV nicht zutreffend sei, sondern eine Einstufung des Abfalls als 191212 (oder 191210) korrekter gewesen wäre; diese Zuordnung haben die Klägerinnen nicht widerlegt. In seinem Schreiben vom 15.1.2007 (eingegangen bei der Beklagten am 24.1.2007) hatte die ungarische Umweltbehörde – nachdem etwa 4.000 t an Abfällen aus Deutschland an verschiedenen Lagerstätten in Ungarn registriert worden waren – nochmals die fehlerhafte Deklaration (AVV Code 191204, grüne Listung nach GH 010) dargelegt und erläutert; ernsthafte und vor allem substantiierte Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht. In ihrem detaillierten Bericht vom 19.1.2007 hat die ungarische Behörde genaue Angaben zu den Mengen (insgesamt etwa 4.700 t) und den Orten (18 Lagerstätten in Ungarn) der aus Deutschland eingeführten Abfälle vorgenommen; festgehalten wurde ferner das Ergebnis der Untersuchung zu der Zusammensetzung der Abfälle: 3% Schaumstoff, verunreinigter Schaumstoff, Schrumpffolie; 5% verschmutztes Kunststoffverpackungsmaterial (Flaschenkästen, Kunststoffgebinde); 12% verschmutzte Kunststoffbehälter, Plexi, Kunststoffschuhe, Gummipantoffeln, Tuben, Kartonpapier, Nylonwaren; 15% verschmutzte PET-Flaschen; 65% verschmutzte Teile von Kunststoffsäcken; hinzu kommen weitere Stoffe; alles wurde durch Fotografien dokumentiert. Im Schreiben vom 5.2.2007 nahm die ungarische Behörde auf der Grundlage der Dokumente zur Abfallverbringung erneut die Zuordnung der fraglichen Abfälle ihrer Herkunft nach zu der Klägerin zu 2 und zum Beigeladenen vor; im Schreiben vom 1.3.2007 wurde dies nochmals bestätigt und zugleich dargelegt, dass die ungarischen Geschäftspartner der Klägerinnen und des Beigeladenen die dortigen Abfallanlagen illegal betrieben. Schließlich weisen die am 5. und 6.3.2007 in Ungarn vor Ort aufgenommenen Protokolle betreffend „Feststellung von Menge und Herkunft des am angegebenen Ort vorgefundenen Abfalls“ – jeweils unterschrieben von den anwesenden Vertretern der Beklagten und der ungarischen Behörde (insgesamt neun Personen) – detailgenau aus, an welcher Lagerstätte welche Mengen von der Klägerin zu 2 herrührender Abfälle anzutreffen waren. Überwiegend ist festgehalten (und durch zahlreiche Fotos veranschaulicht) worden, dass der Abfall aus mehreren gemischten Stoffen (in erster Linie Plastik, aber auch z. B. Papier und Textil) bestanden hat (und teilweise verunreinigt gewesen ist). Substantielle Zweifel an der Richtigkeit dieser Protokolle sind weder vorgetragen worden noch sonst für den Senat erkennbar. Auf der Grundlage der erwähnten Dokumente steht zur Überzeugung des Senats (§ 108 VwGO) fest, dass die nach Ungarn verbrachten fraglichen Abfälle im Wesentlichen eine Mischung aus verschiedenartigen Kunststoffen, einem nicht bekannten Anteil an Gummi und 5% bis 10% Papier und Kartonage umfassten. Dass die Klägerinnen (und der Beigeladene) an der Abfallverbringung mitgewirkt haben – zur Pflichtigkeit im Rechtssinne vgl. unten 4. –, steht außer Frage. Der Hinweis der Klägerinnen darauf, dass auch andere Anlieferer die betreffenden Lager und Anlagen in Ungarn beliefert haben, ändert weder etwas an der Zusammensetzung der hier streitbefangenen Abfälle noch an der Mitwirkung der Klägerinnen an der Abfallverbringung; problematisch kann allenfalls die Einzelidentifizierung und -zuordnung bestimmter Abfallballen sein (dazu unten 3.). Von einer nur bruchstückhaften Beweislage, wie die Klägerinnen meinen, kann angesichts der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht gesprochen werden. Zusammensetzung, Herkunft und Lagerung der Abfälle in Ungarn sind gleich mehrfach präzise dokumentiert worden, ohne dass die Klägerinnen hiergegen substantielle Einwände vorgetragen hätten. Zur Vornahme etwaiger Rückstellproben der Stoffe bestand für die Beklagte angesichts der eindeutigen Beweislage kein Anlass. Auch die Klägerinnen haben ihrerseits für Rückstellproben keinen Grund gesehen, obwohl ihnen dies mit Blick z. B. auf die aus Ungarn zurückgeschickten ballierten Abfälle ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Unbehelflich ist schließlich der Sachvortrag der Klägerin zu 2 zur Herkunft ihrer gewerblichen Abfälle und zu den betrieblichen Abläufen bei der Separierung der einzelnen Abfallfraktionen. Entscheidend für die Zuordnung des Abfalls zur Grünen Liste oder zur Gelben Liste ist die Abfallfraktion, die unter Mitwirkung der Klägerinnen tatsächlich nach Ungarn verbracht worden ist.
58 
c) Abfälle aus verschiedenen Stoffgruppen der Grünen Liste können als einheitliche Abfallfraktion nicht ohne Weiteres grün gelistet werden. Für sich genommen sind Kunststoffabfälle in fester Form, Abfälle von Papier und Pappe sowie Kautschukabfälle grün gelistet. Ihre Zusammenführung zu einem Abfall bedeutet indessen nicht, dass ein – neuer – Abfall der Grünen Liste entsteht. In seiner Entscheidung „Beside BV und I. M. Besselsen“ hat der Europäische Gerichtshof – am Beispiel von Ballen mit einem Kunststoffanteil zwischen 58,3% und 92,3% (daneben: Papier, Pappe, Metall, Holz, Glas, Textilien) – erkannt, Abfälle, die für sich genommen solche der Grünen Liste seien, müssten im Falle ihrer Vermischung als solche der Gelben Liste qualifiziert werden; der Ursprung der Abfälle sei für sich genommen für die Klassifizierung nicht entscheidend (EuGH, Urt. v. 25.6.1998 – Rs. C-192/96 – Slg. 1998, I-4029 Tz. 29 ff.). In dem Urteil „Omni Metal Service“ hat der Gerichtshof bekräftigt, Anhang II der VO 259/93/EWG könne nicht auf Abfälle ausgedehnt werden, die nicht in der Grünen Liste aufgeführt seien; ein Abfall aus zwei Stoffen, die bei getrennter Betrachtungsweise jeweils von der Grünen Liste erfasst würden, gelte nicht (automatisch) als Abfall nach Anhang II der VO 259/93/EWG mit der Folge, dass dieser Abfall vom Kontrollverfahren (Art. 3 ff. VO 259/93/EWG) gemäß Art. 1 Abs. 3a der Verordnung ausgenommen sei (EuGH, Urt. v.21.6.2007 – Rs. C-259/05 – Slg. 2007, I-4945 Tz. 31ff.). Begründet wird dies mit dem Schutz des Kontrollsystems im Wege des Notifizierungsverfahrens im Interesse der zuständigen Behörden (EuGH aaO Tz. 29). Diesem Rechtsgedanken verleiht das neue europäische Abfallverbringungsrecht den gebührenden positivrechtlichen Ausdruck, indem die VO 1013/2006/EG einen Anhang IIIA ausweist, der sich auf Gemische aus zwei oder mehr der in Anhang III aufgeführten Abfällen, die nicht als Einzeleintrag eingestuft sind (Art. 3 Abs. 2 VO 1013/2006/EG), bezieht. Nach dem Erwägungsgrund (39) der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung sollen dadurch Informationen berücksichtigt werden können zu den Eigenschaften der Abfälle (z. B. Gefährlichkeit, Kontaminierungspotential, physikalische Beschaffenheit) sowie zur Behandlung der Abfälle (z. B. technologische Voraussetzungen zur Abfallverwertung); Ziel ist die Gewährleistung einer umweltgerechten Abfallbehandlung. Dass diese bei der Zusammenführung verschiedener Stoffgruppen der Grünen Liste zu einer Abfallfraktion nicht gleichsam automatisch gegeben ist, liegt auf der Hand.
59 
Für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutet dies, dass die Zusammenführung von Kunststoff, Gummi sowie Papier und Karton in den nach Ungarn verbrachten Ballen nicht gemäß Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG zur Befreiung von der Notifizierungspflicht führte. Denn eine derartige neue Abfallfraktion entspricht keinem der in Anhang II der VO 259/93/EWG aufgeführten Abfälle.
60 
d) Damit ist die grenzüberschreitende Verbringung der hier in Rede stehenden Abfallfraktion oder ähnlicher Abfallfraktionen keineswegs ausgeschlossen. Schon durch eine qualitativ verbesserte Aussortierung von „Fremd“stoffen kann, wie der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat, ein der Grünen Liste entsprechendes Kunststoffgemisch hergestellt werden. Unabhängig davon sind indessen auch Abfälle der Gelben Liste exportfähig. Dass für Abfälle der Gelben Liste Märkte vorhanden sind, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bestätigt und mit konkreten Beispielen belegt (z. B. „Elektroprodukte“ im asiatischen Raum, Abfallgemische als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie). Materiellrechtlich ist der Abfallexport danach nicht ausgeschlossen, verfahrensrechtlich muss allerdings der Weg der Notifizierung beschritten werden, so dass die Möglichkeit einer (begleitenden) behördlichen Kontrolle eröffnet ist.
61 
Dieses Konzept entspricht Sinn und Zweck des europäischen Abfallverbringungsrechts. Es handelt sich bei ihm in erster Linie um Umweltrecht und nicht etwa um Wirtschafts- oder Handelsrecht; es dient daher nicht nur der Gefahrenabwehr im engen polizeirechtlichen Sinne, sondern sichert auf dem Gebiet der durchaus missbrauchsanfälligen grenzüberschreitenden Abfallverbringung behördliche Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Einhaltung rechtlicher Standards auch unterhalb der Gefahrenschwelle. Folgerichtig hat der Europäische Gerichtshof zur alten Abfallverbringungsverordnung erkannt, sie solle „ein harmonisiertes System von Verfahren bereitstellen, mit denen der Umlauf der Abfälle begrenzt werden kann, um den Schutz der Umwelt sicherzustellen“ (EuGH, Urt. v. 28.6.1994 – Rs. C-187/93 – Slg. 1994, I-2857 Tz. 26). Ganz in diesem Sinne bestimmt Erwägungsgrund (1) der neuen Abfallverbringungsverordnung (VO 1013/2006/EG): „Wichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung ist der Umweltschutz; ihre Auswirkungen auf den internationalen Handel sind zweitrangig.“ Konsequenterweise gilt nach altem wie nach neuem europäischen Abfallverbringungsrecht der Grundsatz, dass eine Abfallverbringung vorher den zuständigen Behörden notifiziert werden muss, damit diese angemessen vor allem über Art, Beförderung und Entsorgung der Abfälle informiert sind, um gegebenenfalls Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit ergreifen zu können (Erwägungsgrund (9) VO 259/93/EWG; ähnlich Erwägungsgründe (14) und (15) VO 1013/2006/EG). Da Ausnahmebestimmungen nach EG-Recht eng auszulegen sind, besteht kein Ansatzpunkt dafür, Art. 1 Abs. 3a VO 259/93/EWG i. V. m. Anhang II im Sinne einer „grünen Listung“ der hier betroffenen Abfälle extensiv zu deuten. Es war den Klägerinnen, wie sie es zunächst geplant hatten, zumutbar, das Notifizierungsverfahren zu betreiben. Diese Verfahrenslast als solche präjudizierte die Möglichkeit der Abfallverbringung nach Ungarn in der Sache nicht.
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3. Gegenstand der Rückholungsverpflichtung sind nach Art. 24 Abs. 2 UAbs.1 VO 1013/2006/EG die „betreffenden Abfälle“. Gemeint sind damit die illegal grenzüberschreitend verbrachten Abfälle.
63 
a) Die Klägerinnen räumen ein, dass ihnen seitens der Beklagten etwa 3.200 t Abfall zugerechnet werden, während eine Inanspruchnahme bezüglich der Rückholung nur in Höhe von 1.800 t erfolgte. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern. An sich verpflichtet Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 VO 1013/2006/EG zur Rückführung sämtlicher illegal verbrachter Abfälle. Indem die Beklagte in der Vereinbarung mit der ungarischen Seite vom 7.3.2007 lediglich die Verpflichtung zur Rückholung von 1.800 t eingegangen ist, muss hierin eine die Klägerinnen nicht beschwerende, sondern entlastende Übereinkunft gesehen werden.
64 
b) Gegenständlich kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerinnen durch die von ihnen angefochtenen Anordnungen exakt und ausnahmslos zur Rückholung derjenigen Abfälle verpflichtet worden sind, an deren illegaler Verbringung nach Ungarn sie mitgewirkt haben. Die „Kilo genaue“ Identifizierung der verbrachten Abfälle kann schon deshalb praktisch ausscheiden, weil eine (teilweise) Durchmischung mit anderen Abfällen an den Lagerstätten in Ungarn eingetreten sein kann. Unberührt davon bleibt die rechtliche Verantwortlichkeit der Pflichtigen für die (Mengen der) von ihnen illegal verbrachten Abfälle.
65 
Für einen derartigen Sachverhalt mit innerstaatlichem Bezug hat das Bundesverwaltungsgericht erkannt, der Pflichtige sei „für die Entsorgung einer gleichgroßen Menge Abfälle gleicher Art verantwortlich“ (BVerwG, Urt. v. 28.6.2007 – 7 C 5/07 – E 129, 93 Tz. 22). Dem liegt der gefahrenabwehrrechtliche Grundsatz zu Grunde, dass bei komplexen Sachverhalten das Zusammenwirken mehrerer Verursacher mit der Folge, dass eine Isolierbarkeit der Teilbeiträge mehrerer Handlungsverantwortlicher für die (Gesamt-)Störung nachträglich unmöglich ist, nicht etwa die Verantwortlichkeit des einzelnen Mitverursachers entfallen lässt, sondern – im Gegenteil – jeder Verursacher auf die vollständige Beseitigung der Störung in Anspruch genommen werden kann (BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 7 C 3/05 – DVBl 2006, 1114 = NVwZ 2006, 928 Tz. 14 [insoweit in BVerwGE 125, 325 nicht abgedruckt]; VGH BW, Beschl. v. 27.3.1995 – 8 S 525/95 – VBlBW 1985, 281; Senat, Beschl. v. 3.9.2002 – 10 S 957/02 – NVwZ-RR 2003, 103, 105). Allerdings muss der Mitverursachungsbeitrag aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erheblich sein (BVerwG, aaO, Senat, Beschl. v. 4.3.1996 – 10 S 2687/95 – NVwZ-RR 1996, 387, 389).
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Folgerichtig hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28.6.2007 erkannt, die Vermischung eines Abfalls mit anderen Abfällen führe nicht zum Erlöschen der Entsorgungspflicht, vielmehr werde dem Mitverantwortlichen auf Grund des Verursacherprinzips ein der angelieferten Menge entsprechender Anteil an Abfällen gleicher Art zugerechnet (BVerwG, aaO, Tz. 22). Dieser Grundsatz ist auf das grenzüberschreitende Abfallverbringungsrecht übertragbar. Daher ist anerkannt, dass Art. 24 VO 1013/2006/EG auch dann anwendbar ist, wenn die „betreffenden Abfälle“ bereits untrennbar mit anderen Abfällen vermischt worden sind; die Rücknahmepflicht bezieht sich in einem solchen Fall auf einen mengenmäßig entsprechenden Teil des Gemisches (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 2). Dadurch wird die abfallrechtliche Verantwortlichkeit des Pflichtigen gewahrt und dennoch kommt es nicht zu einer Übervorteilung irgendeiner Seite. Ließe man mangels Isolierbarkeit des (ehemaligen) „eigenen“ Abfalls aus der Gesamtabfallmenge die (Mit-)Verantwortlichkeit des (Mit-)Verursachers für die Störungsbeseitigung entfallen, führte dies zu dem wenig überzeugenden Ergebnis, dass das „Verwischen von Spuren“ von der Rechtsordnung auch noch prämiert würde, obwohl der Beitrag des (Mit-)Verursachers für den eingetretenen illegalen Zustand dem Grunde und dem Umfang nach feststeht.
67 
Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, in welchem genauen quantitativen Umfang die Klägerinnen „ihren“ nach Ungarn verbrachten Abfall auf Grund der Anordnung der Beklagten zurückholen sollten. Dass es an den hier in Rede stehenden vier Lagerstätten in Ungarn um „Abfall gleicher Art“ ging, ist unbestritten. Außer Frage steht auch die erhebliche Mitverantwortung der Klägerinnen für die betreffende grenzüberschreitende Abfallverbringung. Nach dem festgestellten Sachverhalt muss überdies davon ausgegangen werden, dass es sich bei der zur Rückholung verfügten Teilmenge (1.800 t) der exportierten Gesamtmenge (knapp 3.200 t) größtenteils um Abfall aus ... handelte. An keiner Stelle wurde seitens der Klägerinnen vorgetragen, dass ihnen die Rückholung von z. B. aus Bayern nach Ungarn verbrachter Abfälle aufgegeben worden sei. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass den Klägerinnen durch die angefochtenen Anordnungen ganz überwiegend die Rückholung derjenigen Abfälle auferlegt worden ist, an deren illegaler Verbringung sie mitgewirkt haben; im Übrigen greift die dargelegte Pflicht zur Rückholung von „Abfällen gleicher Art“. Die (Mit-)Verantwortung der Klägerinnen steht demnach außer Frage.
68 
c) Die Rechtsauffassung des Senats steht nicht in Widerspruch zu der Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Pflicht zur Rückführung von Abfällen aus dem Ausland „einen zwingenden Bezug zwischen Beseitigungspflicht und den Beseitigungsobjekten“ voraussetzt (BayVGH, Urt. v. 10.12.2009 – 20 B 09.45 – NVwZ 2010, 527 Tz. 17). Ob diese Rechtsmeinung zutrifft, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob diese zu § 6 AbfVerbrG 1994 formulierte Voraussetzung auf die Rückholpflicht nach Art. 24 Abs. 2 VO 1013/2006/EG Anwendung finden kann. Im Unterschied zu dem hier zu entscheidenden Fall stand nach dem der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht einmal fest, an welche Orte in der Tschechischen Republik Abfälle aus Bayern, die der dortigen Klägerin zugerechnet werden sollten, verbracht worden waren. Vor diesem Hintergrund wurde eine Pflicht der Klägerin verneint, „Abfälle beliebiger anderer Herkunft von einem bestimmten Ort aus der Tschechischen Republik zurückzuführen, wenn sie an anderen illegalen Abfallverbringungen nach anderen Orten beteiligt gewesen sein sollte“ (BayVGH, aaO, Tz. 20). Von einer derartigen „Beliebigkeit“ kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Die seitens der Klägerinnen 2006 initiierte Abfallverbringung nach ..., ... ... und ... sowie ... steht außer Frage; die Rückholpflicht bezieht sich nur auf die an diese Standorte verbrachten Abfälle.
69 
4. Die Anordnungen der Beklagten sind auch unter spezifisch abfallrechtlichen Vorgaben rechtlich zutreffend an die Klägerinnen gerichtet worden. Denn diese haben als (Mit-)Verantwortliche der illegalen Abfallverbringung die nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle zurückzuholen. Diese Pflicht trifft die Klägerinnen nach dem im Zeitpunkt der Widerspruchsbescheide (8.10.2007) maßgeblichen neuen Abfallverbringungsrecht (b bis e), bestand aber ebenso unter der Geltung des bis zum 11.7.2007 einschlägigen früheren Abfallverbringungsrechts (f). Infolgedessen sind die Klägerinnen rechtsfehlerfrei als Adressaten der Anordnungen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung gemäß § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 (ebenso § 6 Abs. 2 Satz 1 AbfVerbrG 1994) in Anspruch genommen worden.
70 
a) Die Rückholungspflicht der illegal verbrachten Abfälle trifft zwar primär den „Notifizierenden de facto“ (Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a VO 1013/2006/EG); maßgebend ist für die Bestimmung des richtigen Adressaten in diesem Fall die in Art. 2 Nr. 15 VO 1013/2006/EG festgelegte Reihenfolge (Schröder, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Stand: Juli 2009, B 255 Art. 2 RdNr. 3 und Art. 22-25 RdNr. 1). Da im vorliegenden Fall eine Notifizierung der nach Ungarn verbrachten Abfälle jedoch nicht stattgefunden hat, kommt die Rückholungspflicht gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a VO 1013/2006/EG nicht zum Tragen.
71 
Ist eine Notifizierung zu Unrecht nicht erfolgt, ist Adressat der Rücknahmeverpflichtung diejenige Person, die hätte notifizieren müssen. Dies ist in der Terminologie der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung der „Notifizierende de jure“ gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b VO 1013/2006/EG (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 7). Die Pflicht zur Notifizierung der Verbringung von Abfällen trifft gemäß Art. 4 Satz 1 VO 1013/2006/EG den „Notifizierenden“. Dies ist nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 15 Satz 1 VO 1013/2006/EG eine der Gerichtsbarkeit des betreffenden Mitgliedstaates (hier: Bundesrepublik Deutschland) unterliegende natürliche oder juristische Person, die beabsichtigt, eine Verbringung von Abfällen durchzuführen oder durchführen zu lassen, und zur Notifizierung verpflichtet ist. Dass in Bezug auf die streitgegenständlichen Abfälle sachlich eine Notifizierungspflicht bestanden hat, ist bereits dargelegt worden (oben II. 2.); im Falle der „de jure“-Rückholungspflicht ist richtiger Adressat diejenige Person, die die Notifizierung an sich hätte vornehmen müssen.
72 
Diese Person ist gemäß Art. 2 Nr. 15 Satz 2 VO 1013/2006/EG der Ersterzeuger oder der Neuerzeuger oder der zugelassene Einsammler oder der eingetragene Händler oder der eingetragene Makler; die Pflichtigen dieses Personenkreises stehen – auch was den Neuerzeuger betrifft – gleichrangig nebeneinander, subsidiär in der Rangfolge ist danach nur der Besitzer angesiedelt (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 79; wohl auch Schröder, in: Jarass/Petersen/Weidemann, aaO, Art. 2 RdNr. 3).
73 
b) Die Klägerin zu 2 ist als „Neuerzeuger“ für die illegale Abfallverbringung verantwortlich, die Klägerin zu 1 ist als „Händler“ pflichtig.
74 
aa) Ob die Klägerin zu 2 (auch) als „Ersterzeuger“ hätte in Anspruch genommen werden können, mag dahinstehen. Sie ist jedenfalls, was sie selbst einräumt, „Neuerzeuger“ im Sinne des Abfallverbringungsrechts. Insoweit trifft sie die Verantwortlichkeit zur Rückholung der fraglichen Abfälle gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. ii VO 1013/2006/EG. Vorausgesetzt ist danach lediglich, dass das die Neuerzeugereigenschaft begründende Behandlungsverfahren vor der Abfallverbringung durchgeführt worden ist; nicht ausreichend wäre die Vornahme des Behandlungsverfahrens erst im Empfängerstaat (Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 80). Es besteht kein Zweifel daran, dass jene Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, da die Abfallbehandlung seitens der Klägerin zu 2 unstreitig vor der Abfallverbringung nach Ungarn stattgefunden hat.
75 
Das Abfallverbringungsrecht knüpft die Verantwortlichkeit für die Rückholung illegal verbrachter Abfälle seit jeher an die objektive (Mit-)Ursächlichkeit des Verhaltens einer (natürlichen oder juristischen) Person; auf ein Verschulden kommt es nicht an (Senat, Urt. v. 22.11.2005 – 10 S 1208/04 – ZUR 2006, 262; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 12.4.2006 – 7 B 30/06 –). Dies gilt auch für das neue Abfallverbringungsrecht (Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 6).
76 
Ihrer Verantwortlichkeit wäre die Klägerin zu 2 allenfalls enthoben, wenn sie – so in Bezug auf die dann entfallende Kostentragungspflicht – „ordnungsgemäß gehandelt hat“ (§ 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AbfVerbrG 2007; ebenso in der Sache § 6 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AbfVerbrG 1994). Den Nachweis hierfür, den der (Neu-)Erzeuger der Abfälle nach geltendem Recht erbringen muss, kann die Klägerin zu 2 nicht führen. Sie war an der illegalen Abfallverbringung nach Ungarn beteiligt, indem sie die Abfalllieferungen zusammengestellt und die Begleitpapiere ausgestellt sowie rechtswidrig die notwendige Notifizierung unterlassen hat. Allen Beteiligten an den Abfallexportgeschäften, so auch der Klägerin zu 2, war klar, dass von dem an sich angezeigten und seitens der Klägerinnen und des Beigeladenen zunächst auch beabsichtigten Notifizierungsverfahren Abstand genommen wurde. Ein ordnungsgemäßes Handeln der Klägerin zu 2 im Sinne des Abfallverbringungsrechts liegt mithin nicht vor.
77 
bb) Die Klägerin zu 1 ist als „Händler“ (ggf., was jedoch offen bleiben kann, als „Makler“) im Sinne des Abfallverbringungsrechts für die Rückholung der streitgegenständlichen Abfälle gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. iv VO 1013/2006/EG verantwortlich. Als Händlerin mit Rohstoffen und Abfällen zur Verwertung hat die Klägerin zu 1 mit Hilfe des Beigeladenen die Kontakte zu den ungarischen Geschäftspartnern hergestellt und die Abfalltransporte nach Ungarn (mit)organisiert.
78 
Die Verantwortlichkeit der Klägerin zu 1 als „Notifizierender de jure“ scheitert nicht an einer mangelnden schriftlichen Ermächtigung seitens der Klägerin zu 2, in ihrem Namen als Notifizierender aufzutreten. Die formelle Anforderung einer schriftlichen Ermächtigung nach Art. 2 Nr. 15 lit. a Satz 2 Nr. iv VO 1013/2006/EG des Händlers durch den Erzeuger des Abfalls betrifft nur den Normalfall der beabsichtigten Notifizierung der Verbringung von Abfällen (vgl. Oexle, in: ders./Epiney/Breuer, aaO, Art. 2 RdNr. 82). Wo indessen eine Notifizierung – wie bei der hier vorgenommenen illegalen Abfallverbringung – gar nicht stattfindet, bedarf es auch keiner (schriftlichen) Ermächtigung zur Notifizierung, da diese ja gerade unterbleibt. Entscheidend für die Rücknahmepflicht ist in einem solchen Fall, wer die illegale Abfallverbringung (ggf. neben anderen) zu verantworten hat (Art. 24 Abs. 2 UAbs. 1 vor lit. a VO 1013/2006/EG).
79 
Dieses Rechtsverständnis wird durch § 8 Abs. 2 AbfVerbrG 2007 bestätigt. Danach trifft die Kostentragungspflicht im Falle der Abfallrückführung neben dem Abfallerzeuger „auch die Person, die eine Verbringung veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder in sonstiger Weise daran beteiligt war“ (Satz 1). Diese Regelung zur Kostentragungspflicht (Sekundärebene) macht nur Sinn, soweit eine Übereinstimmung mit der primären Verantwortungsebene (Rückholungspflicht) besteht. § 8 Abs. 2 Satz 1 AbfVerbrG 2007 übernimmt – ohne inhaltliche Änderung – die zuvor in § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG 1994 getroffene Regelung (BT-Drucks. 16/5384 S. 17). Dazu war nach der Amtlichen Begründung der Kreis der Rückführungspflichtigen auf alle Personen ausgedehnt, die in irgendeiner Weise kausal für die unerlaubte Abfallverbringung waren (BT-Drucks. 12/7479 S. 3). Es besteht kein Zweifel daran, dass davon auch der Abfallhändler erfasst ist.
80 
c) Die Verantwortlichkeit der Klägerinnen für die Rückholung der illegal nach Ungarn verbrachten streitgegenständlichen Abfälle scheitert auch nicht etwa an der 30-Tage-Frist gemäß Art. 24 Abs. 2 UAbs. 2 VO 1013/2006/EG. Unabhängig von der hier offen bleibenden Frage, ob sich die Klägerinnen überhaupt auf diese Bestimmung berufen können, haben die zuständigen Behörden einvernehmlich einen bestimmten Zeitraum festgelegt, in dem die Rückführung der Abfälle nach Deutschland zu erfolgen hatte. Damit wurde rechtsfehlerfrei von einer Option des neuen Abfallverbringungsrechts Gebrauch gemacht, die die vormalige Parallelregelung (Art. 26 Abs. 2 UAbs. 1 VO 259/93/EWG) noch nicht kannte (zu den Hintergründen vgl. Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, aaO, Art. 24 RdNr. 13).
81 
d) Der Inanspruchnahme der Klägerinnen steht Art. 24 Abs. 3 VO 1013/2006/EG nicht entgegen. Danach findet eine Rückholung illegal verbrachter Abfälle nicht statt, wenn der Empfänger die illegale Verbringung zu verantworten hat. Es steht außer Frage, dass die ungarischen Empfänger der fraglichen Abfälle für die illegale Verbringung ebenfalls verantwortlich sind. Es handelt sich indessen nicht um eine Alleinverantwortung, sondern nur um eine Mitverantwortung. Diesem Umstand hat die Beklagte rechtsfehlerfrei dadurch Rechnung getragen, dass von den in Rede stehenden etwa 3.200 t nach Ungarn verbrachten Abfällen nur etwa 1.800 t der Rückführungspflicht unterworfen worden sind, während die restlichen etwa 1.400 t Abfälle in Ungarn verblieben. Unter Berücksichtigung der Entsorgungsinfrastruktur in Deutschland und Ungarn sowie bei Beachtung der schon in Deutschland begonnenen illegalen Abfallverbringung ist gegen jene Aufteilung und Zuordnung der Verantwortlichkeiten zur deutschen und zur ungarischen Seite rechtlich nichts zu erinnern; das Übermaßverbot wurde beachtet.
82 
Zum rechtlichen Verhältnis zwischen Absatz 2 und Absatz 3 des Art. 24 VO 1013/2006/EG im Falle der Mitverantwortlichkeit sowohl des Exporteurs als auch des Empfängers einer illegalen Abfallverbringung trifft das europäische Abfallverbringungsrecht keine Regelung. Ob zwischen den beiden Absätzen ein Vorrangverhältnis besteht, ist offen; dasselbe gilt für die denkbare Regel einer 50:50 Zuweisung der Mitverantwortungsanteile. Derartige Grundsatzfragen kann der Senat hier unentschieden lassen. Es muss auch nicht geklärt werden, ob die Grundsätze des deutschen Gefahrenabwehrrechts zur Störerauswahl bei mehreren Verantwortlichen zum Tragen kommen könnten. Da es um eine behördliche Auswahlentscheidung insoweit geht, als Verantwortungsanteile für eine illegale Abfallverbringung mehreren Beteiligten zugerechnet werden, muss – mangels fester rechtlicher Vorgaben – jedenfalls das Übermaßverbot beachtet werden. Legitimes - rechtlich anzuerkennendes - Ziel der angefochtenen Anordnungen der Beklagten war die Beseitigung der Folgen der illegalen Abfallverbringung. Die ergriffenen Maßnahmen – Rückführung von 1.800 t der nach Ungarn verbrachten Abfälle nach Deutschland zwecks ordnungsgemäßer Entsorgung im Inland, Verbleib von etwa 1.400 t der Abfälle in Ungarn gemäß Absprache mit den dortigen Behörden – waren zur Zielverwirklichung auch geeignet. Die Anordnung der Rückführung von 1.800 t Abfällen war erforderlich, da sich die ungarische Seite weigerte, alle aus Deutschland verbrachten Abfälle in Ungarn zu entsorgen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung mehrfach glaubhaft versichert, dass die ungarischen Behörden mit Unterstützung der EU-Kommission auf die Rückholung sämtlicher aus Baden-Württemberg verbrachter Abfälle hätten pochen können, da keine Notifizierung stattgefunden habe. Nachdrücklich wurde dargetan, dass auch konkrete Vorschläge der deutschen Seite zur Entsorgung der Abfälle in Ungarn seitens der dortigen Behörden nicht akzeptiert worden seien; so hätten diese es abgelehnt, die Abfälle – allerdings nach einer weiteren Vorbehandlung – als Ersatzbrennstoff in einem Kraftwerk, an dem die ... beteiligt sei, zu entsorgen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann bei einer solchen Ausgangslage nicht ernsthaft von einer „politischen Entscheidung“ oder gar von einem „Kuhhandel“ gesprochen werden. Die Aufteilung der Abfallmengen zwischen der Rückholung nach Deutschland und dem Verbleib in Ungarn im Verhältnis 1800 t :1400 t ist schließlich auch nicht unangemessen. Entscheidend ist insoweit, dass es sich im vorliegenden Fall um eine illegale Abfallverbringung mangels Notifizierung handelt. Dadurch wurde den ungarischen Behörden von vornherein die Möglichkeit genommen, den Import der Abfälle nach Ungarn zu verhindern. Wäre das Notifizierungsverfahren durchgeführt worden, hätte die zuständige Behörde am Bestimmungsort gegebenenfalls Einwände gegen die Abfallverbringung erheben können (Art. 7 Abs. 2 VO 259/93/EWG). Indem die Klägerinnen den ungarischen Behörden diese Möglichkeit „abgeschnitten“ haben, könnte ihnen im Ergebnis möglicherweise die Gesamtverantwortung für die Rückabwicklung der illegalen Abfallverbringung zugewiesen werden. Da sich die Rückholpflicht indessen nur auf etwa 56% der nach Ungarn verbrachten Abfälle erstreckt, kann von einer unangemessenen Anordnung der Beklagten keine Rede sein.
83 
e) Rechtsfehlerfrei ist schließlich im Interesse der raschen Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände die Inpflichtnahme jeder Klägerin für die gesamten zur Rückführung nach Deutschland anstehenden 1.800 t illegal verbrachter Abfälle erfolgt. Die vom Verwaltungsgericht (UA S. 30 f.) dazu gegebene Begründung ist tragend und kann in Bezug genommen werden (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend kann auf die insoweit überzeugenden Erwägungen in den Widerspruchsbescheiden vom 8.10.2007 (dort jeweils S. 7) verwiesen werden.
84 
f) Die Klägerinnen sind bezüglich ihrer Rücknahmepflicht als Adressaten der Anordnungen nach neuem Abfallverbringungsrecht nicht schlechter gestellt als nach altem Abfallverbringungsrecht. Nach dem vormals geltenden Recht wäre die Inpflichtnahme der Klägerinnen auf § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG 1994 i. V. m. Art. 26 VO 259/93/EWG zu stützen gewesen. Die danach bestehende Verhaltensverantwortlichkeit der Klägerinnen ist auf Grund der weiten Deutung jener Bestimmungen (vgl. dazu Senat, Urt. v. 22.11.2005 – 10 S 1208/04 – ZUR 2006, 262, 263; bestätigt von BVerwG, Beschl. v. 12.4.2006 –7 B 30/06 –) nicht zweifelhaft.
85 
5. Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen sind die gegen sie ergangenen Anordnungen nicht wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig. Die von § 37 Abs. 1 LVwVfG geforderte hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsakts ist zu bejahen, wenn der Regelungsgehalt für den Betroffenen unzweideutig erkennbar ist; der Adressat muss in die Lage versetzt werden, zu erkennen, was von ihm gefordert wird (BayVGH, Beschl. v. 17.3.2004 – 22 CS 04.362 – NJW 2004, 2768; OVG NW, Beschl. v. 16.12.2002 – 21 B 1723/02 – NVwZ-RR 2003, 493, 494). Zugleich muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung (Verwaltungsvollstreckung) sein können (BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 – 4 C 41/87 – E 84, 335, 338). An der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 37 Abs. 1 LVwVfG fehlt es nicht schon deshalb, weil es zur Ermittlung des Entscheidungsgehalts der getroffenen Regelung der Auslegung bedarf (BVerwG, Urt. v. 26.1.1990 – 8 C 69/87 – NVwZ 1990, 855, 856; OVG NW, Beschl. v. 26.9.2008 – 13 B 1395/08 – NJW 2008, 3656, 3657). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, aaO, E 84, 335, 338; OVG RP, Urt. v. 19.3.2009 – 6 A 11324/08 – DVBl 2009, 786, 791).
86 
Gemessen an diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Anordnungen vom 5.4.2007 dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG. Maßgebend für die Beurteilung ist der Empfängerhorizont (analog § 133 BGB). Danach besteht am Erklärungsgehalt von Nr. 1 der Anordnungen kein Zweifel; präzise benannt als Rückholungsverpflichtete wird die jeweilige Klägerin (unter nachrichtlicher Erwähnung im jeweiligen Bescheid der anderen Klägerin und des Beigeladenen), angegeben werden die Rechtsgrundlagen, benannt werden der Gegenstand der Rückholungsverpflichtung und die Gesamtmenge (etwa 1.800 t), und außerdem wird die Spezifizierung nach Maßgabe der nachfolgend aufgeführten Orts- und Mengenangaben in Bezug genommen. In Nr. 2 werden zunächst (Satz 1) die einzelnen Lagerstätten und die ihnen zugeordneten Teil-Mengen (aus den insgesamt etwa 1.800 t) benannt, auf die sich die Rückholung bezieht. Satz 2 präzisiert, dass es nur um diejenigen in ... lagernden Abfälle geht, die auf Grund der (präzise benannten) Ballierung der Klägerin zu 2 zugeordnet werden können; hiergegen kann entgegen dem Sachvortrag der Klägerinnen unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit rechtlich nichts eingewendet werden, weil im Falle des Versagens dieses für sich genommen völlig klaren Kriteriums bei seiner Anwendung die Zuordnung von Abfällen zur Rücknahmepflicht gescheitert wäre, was inhaltlich übrigens einen Effekt zu Gunsten der Klägerinnen ausgelöst hätte. Satz 3 der Nr. 2 begegnet hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmtheit ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken; bei einer Überschreitung der geschätzten Gesamtmenge von 1.800 t an den vier im Bescheid benannten Standorten durch die tatsächlich von der Klägerin zu 2 stammenden Abfälle sollten die tatsächlich gelieferten Abfälle der Rückführung unterfallen und nicht nur die geschätzten 1.800 t; als Zuordnungskriterium war wiederum – für sich genommen völlig unmissverständlich – die Bebänderung der Abfälle durch die Klägerin zu 2 genannt worden. Die Angriffe der Klägerinnen gegen Nr. 8 der Anordnungen gehen bezüglich § 37 Abs. 1 LVwVfG ins Leere; da es sich insoweit nicht um eine „Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG), sondern lediglich um einen – rein deklaratorischen – Hinweis handelt, ist § 37 Abs. 1 LVwVfG insoweit gar nicht anwendbar.
87 
Die hinreichende Bestimmtheit der von der Beklagten getroffenen Anordnungen steht auch ansonsten außer Frage. Die Klägerinnen selbst räumen ein, dass einige „ca.-Angaben“ unbeachtlich sind, da es nicht um eine „Kilo genaue“ Taxierung gehen kann. Der Hinweis auf andere Anlieferer von Abfällen (z. B. aus Bayern) ist im Rahmen des § 37 Abs. 1 LVwVfG unbehelflich, da insoweit nicht eine Frage der Bestimmtheit der getroffenen Anordnungen, sondern allenfalls der Herkunftsidentifikation verschiedener Abfälle aufgeworfen ist; dies betrifft lediglich den tauglichen Gegenstand der Rückholungsverpflichtung (oben II. 3. b). Keine Frage der Bestimmtheit der Anordnungen ist schließlich der Einwand, nicht nur die der Klägerin zu 2 zugerechnete Gesamtabfallmenge von 3.191,36 t, sondern etwa 4.100 t entsprechender Abfälle seien ausweislich der Aktenlage nach Ungarn in die betreffenden Anlagen verbracht worden; soweit darin die Überlegung enthalten ist, die Anordnungen vom 5.4.2007 müssten die Gesamtmenge von 1.800 t eigentlich überschreiten, ist diesem Aspekt, wie erwähnt, durch Nr. 2 Satz 3 der behördlichen Anordnungen in rechtlich einwandfreier Weise Rechnung getragen.
III.
88 
Die weiteren, für dieses Hauptsacheverfahren bedeutsamen Regelungen in den Bescheiden vom 5.4.2007 sind allesamt rechtmäßig. Die in Nr. 3 vorgenommene Fristsetzung für die Rückholung ist durch § 13 Satz 2 AbfVerbrG 2007 i. V. m. Art. 24 Abs. 2 UAbs. 2 VO 1013/2006/EG gedeckt. Die Rechtmäßigkeit der Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 4) hat das Verwaltungsgericht (UA S. 31 f.) rechtsfehlerfrei festgestellt (§ 130b Satz 2 VwGO). Die in Nr. 6 angesprochene Notifizierungspflicht für den Fall der Abfallrückführung findet ihre Grundlage in Art. 24 Abs. 2 UAbs. 3 und 4 VO 1013/2006/EG. Die Anordnung der Kostentragungspflicht der Klägerinnen für die Rückholung der illegal verbrachten Abfälle und deren Entsorgung sowie die Verpflichtung der Klägerinnen zur gesamtschuldnerischen Haftung (Nr. 6) ergeben sich aus Art. 25 VO 1013/2006/EG, § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 AbfVerbrG 2007.
IV.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist, besteht kein Anlass, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
V.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Revisionsgründe vorliegt.
91 
Beschluss vom 13. Juli 2010
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 355.902,58 EUR festgesetzt.
93 
Gründe
94 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Die Bedeutung der Sache für die Klägerinnen richtet sich nach den Kosten der Ersatzvornahme (533.853,87 EUR); hiervon entfallen auf jede Klägerin sowie den Beigeladenen ein Drittel, d.h. 177.951,29 EUR. Der Streitwert der verbundenen Klagen beträgt folglich 2 x 177.951,29 EUR, also 355.902,58 EUR.
95 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.