Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Apr. 2011 - 1 S 303/11

bei uns veröffentlicht am08.04.2011

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.01.2011 - 5 K 3560/10 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin ist Mitunterzeichnerin eines am 29.09.2010 eingereichten Bürgerbegehrens zu der Frage: „Sind Sie dagegen, dass sich die Stadt S. bei ihrer derzeitigen Verschuldung zu einer jährlichen Zahlung von rd. 1 Mio. EUR über zwei Jahrzehnte verpflichtet, damit ein Privatunternehmen ein Hallen- und Wellnessbad errichten und betreiben kann?“.
Mit Bescheid vom 02.11.2010 lehnte die Antragsgegnerin auf der Grundlage des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 26.10.2010 den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids mit der Begründung ab, dass die gesetzlich vorgeschriebene 6-Wochenfrist nicht eingehalten sei. Der Gemeinderatsbeschluss vom 28.09.2010 zu diesem Projekt sei nicht mehr bürgerbegehrensfähig gewesen und hinsichtlich der vorangegangenen bürgerbegehrensfähigen Gemeinderatsbeschlüsse sei die gesetzliche Frist nicht gewahrt. Außerdem fehle der notwendige Kostendeckungsvorschlag. Schließlich sei es rechtlich zweifelhaft, ob Unterschriften, die bereits vor dem besagten Gemeinderatsbeschluss vom 28.09.2010 gesammelt und eingereicht worden seien, als Unterschriften gegen diesen Gemeinderatsbeschluss gewertet werden könnten und insoweit das geforderte Quorum erreicht sei. Die Antragstellerin erhob hiergegen am 06.11.2010 Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist.
Am 13.12.2010 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass das am 29.09.2010 eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist. Nach ihrer Auffassung könnten für ein kassatorisches Bürgerbegehren auch schon vor der fraglichen Beschlussfassung des Gemeinderats Unterschriften gesammelt werden. Diese Stimmen seien auf das zu erreichende Quorum anrechenbar. Andernfalls könne eine Gemeinde durch geschickte Beschlussfassung bereits gesammelten Unterschriften ihre Wirksamkeit nehmen. Die Bürger hätten nicht bereits gegen die Beschlüsse des Gemeinderats vom 21.07.2009 und 27.04.2010 vorgehen müssen. Erst mit seinem Beschluss vom 28.09.2010 habe der Gemeinderat der Antragsgegnerin grünes Licht für die Realisierung des Projekts Bäderpark gegeben. Davon seien auch die Gemeinderäte selbst ausgegangen. Das Für und Wider des projektierten Vorhabens habe erst in der Sitzung des Gemeinderats vom 28.09.2010 verlässlich beurteilt werden können. Die dort vorgelegten vertraglichen Regelungen und die Eckpunkte hätten gegenüber früher gravierende Unterschiede aufgewiesen. Außerdem habe es völlig neue Vertragsbestandteile gegeben. Schließlich habe es keines Kostendeckungsvorschlages bedurft. Das Bürgerbegehren sei auch ausreichend begründet.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat - dem Antrag der Antragsgegnerin entsprechend - mit Beschluss vom 21.01.2011 - 5 K 3560/10 - den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt und ausgeführt, es fehle an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Zwar spreche mehr dafür als dagegen, dass die in § 21 Abs. 3 Satz 1 bis 4 GemO normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens erfüllt sind. Es bestünden jedoch erhebliche Zweifel daran, dass das Bürgerbegehren das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum von 2.500 Stimmen erreicht habe. Die vor dem hier maßgeblichen Gemeinderatsbeschluss vom 28.09.2010 bereits ab dem 07.07.2010 von den Bürgern für ein geplantes initiierendes Bürgerbegehren geleisteten Unterschriften könnten ein Bürgerbegehren, das sich in der Sache nunmehr gegen diesen Gemeinderatsbeschluss richtet, nicht tragen. Dieses initiierende Bürgerbegehren wäre aller Voraussicht nach unzulässig gewesen, weil es sich der Sache nach gegen den vorangegangenen sog. Eckpunktebeschluss des Gemeinderats vom 27.04.2010 gerichtet habe. Als kassatorisches Bürgerbegehren wäre es daher als verspätet ausgeschlossen und deshalb als unzulässig zu qualifizieren gewesen. Die Annahme, die im Rahmen eines gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO unzulässigen Bürgerbegehrens verbrauchten Unterschriften könnten nachträglich für ein kassatorisches Bürgerbegehren quasi umgewidmet werden, sei nicht derart naheliegend, um das offenkundige Vorliegen eines Anordnungsanspruchs bejahen zu können.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde trägt die Antragstellerin vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, das erforderliche Quorum gemäß § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO sei nicht erreicht. Eine Auslegung der Regelung, zu der sich das Verwaltungsgericht veranlasst gesehen habe, sei nicht erforderlich, weil das Gesetz insoweit eindeutig sei und nur darauf abstelle, dass das Bürgerbegehren innerhalb von sechs Wochen eingereicht sein müsse. Zudem sei die einschränkende Auslegung mit Sinn und Zweck des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Die Ausschlussfrist diene nur dazu, Effizienz und Sparsamkeit der gemeindlichen Aufgabenwahrnehmung zu sichern; dies erfordere jedoch gerade keine einschränkende Auslegung. Für die Unterzeichner eines Bürgerbegehrens spiele es keine Rolle, ob sie sich mit ihrer Unterschrift für ein initiierendes Bürgerbegehren oder gegen einen noch bevorstehenden oder einen bereits ergangenen Gemeinderatsbeschluss einsetzten.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 27.04.2010 - 1 S 2810/09 -, VBlBW 2010, 311; Beschl. v. 30.09.2010 - 1 S 1722/10 -, VBlBW 2011, 26 f.) schließt der Umstand, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung hat, die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Durchführung eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids zu sichern, nicht aus. Zulässig ist eine vorläufige gerichtliche Feststellung, dass das Bürgerbegehren zulässig ist.
10 
Die begehrte vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen (Senatsbeschl. v. 27.04.2010 und 30.09.2010, a.a.O.).
11 
Daran gemessen dürfte zwar ein Anordnungsgrund zu bejahen sein, weil mit der Realisierung des Vorhabens unmittelbar nach Unterzeichnung der mit Beschluss vom 28.09.2010 durch den Gemeinderat der Antragsgegnerin genehmigten Verträge und der erforderlichen Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde begonnen werden soll. Für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren die Antragsgegnerin rechtskräftig verpflichtet würde, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, könnten bis dahin die Baumaßnahmen für den Neubau eines Hallen- und Wellnessbades, für das sich die Antragsgegnerin vertraglich zu einem jährlichen Zuschuss in Höhe von 1,05 Mio. EUR über 22 Jahre verpflichtet hat, so weit fortgeschritten sein, dass ein nachfolgender Bürgerentscheid angesichts vollendeter Tatsachen das Abstimmungsverhalten der Bürger beeinflussen und damit das Recht der Bürger wirkungslos machen könnte. Die - rechtlich zulässige - Schaffung vollendeter Tatsachen käme daher einem drohenden Rechtsverlust gleich.
12 
Die Antragstellerin hat jedoch einen den oben genannten Anforderungen gerecht werdenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Zwar dürfte keiner der in § 21 Abs. 2 GemO genannten Ausschlusstatbestände gegeben sein (1.). Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens dürfte jedoch daran scheitern, dass nicht alle der in § 21 Abs. 3 normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen (2.).
13 
1. Allerdings dürfte keiner der Ausschlusstatbestände des § 21 Abs. 2 GemO greifen. Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerentscheid u.a. nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe der Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte (§ 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO). Auch wenn mit der gestellten Frage des Bürgerbegehrens die finanzielle Beteiligung der Antragsgegnerin an einem Projekt eines Privatunternehmers angesprochen ist, ist damit nicht unmittelbar die Haushaltssatzung oder ein Wirtschaftsplan eines Eigenbetriebes betroffen. Es geht bei der Fragestellung auch nicht um Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte im Sinne der Regelung, sondern allein um die grundsätzliche Entscheidung darüber, ob sich die Antragsgegnerin mit einem jährlichen Zuschuss in Höhe von 1,05 Mio. EUR über einen Zeitraum von 22 Jahren an der Errichtung eines Hallen- und Wellnessbades eines privaten Investors beteiligt.
14 
2. Es dürften jedoch, wie das Verwaltungsgericht in jeder Hinsicht zutreffend ausgeführt hat, nicht alle der in § 21 Abs. 3 GemO genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens erfüllt sein.
15 
Nach § 21 Abs. 3 GemO kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von 6 Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 v.H. der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden mit nicht mehr als 50.000 Einwohnern von 2.500 Bürgern.
16 
Diese Voraussetzungen liegen nur zum Teil vor:
17 
Die finanzielle Beteiligung der Antragsgegnerin bei dem Neubau eines Wellness- und Hallenbades ist eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fällt. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, RdNr. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, sich finanziell an dem Neubau eines Bades eines privaten Investors auf dem Gemeindegebiet zu beteiligen, statt ein eigenes Vorhaben zu realisieren und/oder vorhandene Bäder zu sanieren. Das schriftlich eingereichte Bürgerbegehren enthält auch die zur Entscheidung zu bringende Frage. Die Begründung des Antrags, an die keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. Senatsurt. v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73 f.; vgl. auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, RdNr. 20 zu § 21; Urt. d. Verwaltungsgerichts Stuttgart v. 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, VBlBW 2009, 432 f.), dürfte ebenfalls ausreichend sein. Innerhalb der letzten drei Jahre ist ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens zu der gleichen Frage nicht durchgeführt worden. Ein Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme dürfte hier entbehrlich sein, da mit dem Bürgerbegehren letztlich der Verzicht auf eine finanzielle Beteiligung der Antragsgegnerin an dem Bau eines Hallen- und Wellnessbades durch einen privaten Investor begehrt wird, Kosten mithin nicht entstehen. Etwaige Schadensersatzansprüche können nicht zu dem Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlags führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kosten der „verlangten Maßnahme“ vorsieht. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon nicht erfasst (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 20.01.2009 - 7 K 3298/08 -, juris).
18 
Das Bürgerbegehren ist aber deshalb unzulässig, weil es als sog. kassatorisches Bürgerbegehren (2.1) die 6-Wochenfrist nach Bekanntgabe des Beschlusses gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. Halbs. GemO zu beachten hatte, die Bürger aber ihre Unterschriften nicht mit dem erforderlichen Quorum (§ 21 Abs. 3 Satz 5 GemO) nach Bekanntgabe des angegriffenen Gemeinderatsbeschlusses geleistet haben (2.2).
19 
2.1 Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, richtet sich das Bürgerbegehren gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 28.09.2010 und ist damit als kassatorisches Bürgerbegehren anzusehen. Dieser Beschluss des Gemeinderats ist grundsätzlich einem Bürgerbegehren zugänglich. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats ist jeder „weichenstellende“ Grundsatzbeschluss, der eine Planung einleitet oder eine Planungsstufe abschließt, „bürgerbegehrensfähig“ (vgl. Senatsurt. v. 18.06.1990 - 1 S 657/90 -, juris, Urt. v. 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, juris; Beschl. v. 27.04.2010 - 1 S 2810/09 -, VBlBW 2010, 311 f. und Beschl. v. 30.09.2010 - 1 S 1722/10 -, VBlBW 2011, 26 f.). Vorliegend handelt es sich um einen die vorangegangene Projektplanung abschließenden Beschluss des Gemeinderats. Denn erst mit diesem Beschluss hat der Gemeinderat, wie auch in der Presse berichtet wurde, „grünes Licht“ für die Realisierung des Projekts Bäderpark gegeben. Der Gemeinderat nahm in der öffentlichen Sitzung vom 28.09.2010 den Wirtschaftlichkeitsvergleich zur Kenntnis und stellte als Ergebnis fest, dass die Realisierung des Hallen- und Wellnessbades mit dem privaten Investor gegenüber einer Eigenrealisierung zu einer jährlichen Ersparnis für die Antragsgegnerin führt. Außerdem wurde festgestellt, dass die Verwaltung ihrem Auftrag nachgekommen ist und sämtliche in der Gemeinderatssitzung vom 27.04.2010 beschlossenen Vertragseckpunkte zum Bau und Betrieb des Hallen- und Wellnessbades in Verträge mit dem privaten Investor gefasst hat. Der Gemeinderat nahm insoweit zur Kenntnis, dass sämtliche in der Gemeinderatssitzung vom 27.04.2010 beschlossenen Eckpunkte (zu denen auch die mit dem Bürgerbegehren angegriffene Zuschussleistung durch die Antragsgegnerin gehört) in unterschriftsreifen Verträgen ausformuliert wurden und vor Vollzug dem Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung vorgelegt werden. Daraus ergibt sich, dass erst mit dem Beschluss des Gemeinderats vom 28.09.2010 die finanzielle Beteiligung der Antragsgegnerin an dem Projekt Bäderpark verbindlich gefallen ist. In der anschließenden nicht-öffentlichen Sitzung des Gemeinderats wurden die endverhandelten Verträge mit den darin vorgesehenen Änderungen genehmigt.
20 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin dürften die vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüsse gegenüber dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren keine Sperrwirkung gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO entfalten.
21 
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner öffentlichen Sitzung vom 23.06.2009, zum Zwecke der Markterkundung einen öffentlichen Teilnahmewettbewerb zur Vorbereitung der Durchführung einer europaweiten Ausschreibung für Planung, Neubau und Betrieb eines Hallenbads mit optionalem Wellness-, Sauna-, Gesundheits- und / oder Therapiebereich durchzuführen. In seiner Sitzung vom 21.07.2009 beschloss er die Durchführung einer europaweiten Ausschreibung im Verhandlungsverfahren mit den drei erstplatzierten Bewerbern des Teilnahmewettbewerbs aufgrund zuvor bestimmter Rahmenbedingungen. Auf der Grundlage der Auswertung der Ergebnisse aus dem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb wurde sodann ein Verhandlungsverfahren mit den drei erstplatzierten Bietern durchgeführt. In der Sitzung vom 27.04.2010 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, das Verhandlungsverfahren mit der Feststellung des erstplatzierten Bieters abzuschließen und die Verwaltung zu beauftragen, anhand vom Gemeinderat bestimmter vertraglicher Eckpunkte die Verträge endzuverhandeln und die nicht berücksichtigten Bieter hierüber zu informieren (Vorlage Nr. 35/2010). Die Zuschussleistung durch die Antragsgegnerin bildete dabei einen wesentlichen Eckpunkt für die beschlossene Beauftragung der Verwaltung der Antragsgegnerin, nunmehr nach Beendigung des Verhandlungsverfahrens die Verträge mit dem erstplatzierten Bieter und jetzigen Investor unter Einhaltung der Eckpunkte „endzuverhandeln“.
22 
Diese Gemeinderatsbeschlüsse mögen jeder für sich gesehen bürgerbegehrensfähig gewesen sein. Sie sperren jedoch nicht ein Bürgerbegehren, das sich gegen einen Gemeinderatsbeschluss richtet, mit dem der Gemeinderat schließlich nach abschließender Überprüfung der Einhaltung der Bedingungen aus dem sog. Eckpunktebeschluss grünes Licht für die Verwirklichung des Vorhabens gibt und damit für die Bevölkerung erkennbar die mit der Durchführung eines öffentlichen Teilnahmewettbewerbs begonnene Planung abschließt (vgl. Urteil des Senats vom 18.06.1990 - 1 S 657/90 -, BWGZ 1992, 599 ff.; Senatsurteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, juris; Senatsbeschluss vom 30.09.2010 - 1 S 1722/10 -, a.a.O.). Gerade in bürgerentscheidsfähigen Gemeindeangelegenheiten ergehen in der Regel mehrere, das Vorhaben stufenweise vorantreibende Entscheidungen des Gemeinderats, die neue sachliche Gesichtspunkte aufweisen und den Meinungs- und Willensbildungsprozess der Bürger beeinflussen können (vgl. auch Sapper, VBlBW 1983, S. 89 ff.). Daher kann auch ein Gemeinderatsbeschluss, der - wie hier - die Planungsstufe abschließt, die Ausschlussfrist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens wieder in Lauf setzen.
23 
2.2 Richtet sich danach - auch nach dem erklärten Willen der Organisatoren der Bürgerinitiative „Bürgerbegehren Bäderparadies“ - das Bürgerbegehren in zulässiger Weise gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 28.09.2010, so muss es nach der gesetzlichen Bestimmung in § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. Halbs. GemO innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht und in diesem Zeitraum von der in § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO vorgegebenen Anzahl der Bürger unterzeichnet sein. Diesen Anforderungen dürfte das vorliegende Bürgerbegehren nicht genügen.
24 
Rein zahlenmäßig war das erforderliche Quorum von 2.500 gültigen Unterschriften zwar bei Einreichung des Bürgerbegehrens am 29.09.2010 erreicht, der weit überwiegende, wenn nicht sogar der gesamte Anteil der Unterschriften ist aber nicht nach dem mit dem Bürgerbegehren angegriffenen Gemeinderatsbeschluss vom 28.09.2010 geleistet worden, sondern bereits in den Wochen davor „vorsorglich für den Fall eines eventuellen Gemeinderatsbeschlusses“, wie es in dem Schreiben der Bürgerinitiative vom 29.09.2010 heißt, mit dem das Bürgerbegehren eingereicht wurde. Bereits mit Schreiben vom 21.06.2010 hatten Vertreter der Bürgerinitiative die Antragsgegnerin über die zunächst beabsichtigte Durchführung eines sog. initiierenden Bürgerbegehrens informiert und in diesem Zusammenhang mit gleicher Fragestellung begonnen, Unterschriften zu sammeln, die nunmehr nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 28.09.2010 für das am 29.09.2010 eingereichte kassatorische Bürgerbegehren vorgelegt wurden.
25 
Eine solche Vorgehensweise ist mit der gesetzlichen Ausgestaltung des § 21 Abs. 3 GemO nicht vereinbar. Soll ein Gemeinderatsbeschluss durch einen mit dem Bürgerbegehren bezweckten Bürgerentscheid zu Fall gebracht und ersetzt werden, so setzt dies einen bereits existenten Gemeinderatsbeschluss voraus. Denn nur gegen einen solchen kann sich das Bürgerbegehren im Sinne der Fristenregelung richten. Aus der auf die Bekanntgabe des Beschlusses abstellenden 6-Wochenfrist in § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO folgt, dass nicht nur die Einreichung der Unterschriften innerhalb der vorgegebenen Frist erfolgen muss, sondern dass die Bürger vor ihrer Unterschriftsleistung auch Gelegenheit zur Kenntnis des angegriffenen Gemeinderatsbeschlusses hatten und damit die vorgegebene Anzahl von Unterschriften auch innerhalb dieser Frist geleistet werden muss. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelung. Die bürgerschaftliche Entscheidungsbildung orientiert sich regelmäßig am jeweils aktuellen Planungsstand. Der Sach- und Informationsstand der Bürgerschaft kann sich aufgrund in einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats für und wider ein Vorhaben ausgetauschter Argumente ändern und den einen oder anderen Bürger dazu bewegen, sich entgegen seiner früheren Absicht nicht mehr mit seiner Unterschriftsleistung für die Durchführung eines Bürgerentscheids einzusetzen oder auch umgekehrt. Nichts anderes gilt für den vorliegenden Fall, in dem in der Gemeinderatssitzung vom 28.09.2010 auch aus der Sicht der Bürgerinitiative noch die verbindliche Klärung von Fragen zur geplanten finanziellen Beteiligung der Antragsgegnerin an dem Projekt des privaten Investors zu erwarten war. Gerade wenn die Bürgerinitiative im Zusammenhang mit der Anerkennung des Gemeinderatsbeschlusses vom 28.09.2010 als bürgerbegehrensfähig damit argumentiert, dass das Für und Wider des projektierten Vorhabens sich erst in der Sitzung des Gemeinderats vom 28.09.2010 habe verlässlich beurteilen lassen, so muss sie sich im vorliegenden Zusammenhang auch entgegenhalten lassen, dass eine Unterschriftensammlung auf Vorrat, ohne dass die Bürgerschaft Kenntnis vom abschließenden Entscheidungsprozess des Gemeinderats hat, mit Sinn und Zweck des Bürgerbegehrens kaum zu vereinbaren sein dürfte. Es spricht daher alles dafür, dass das Quorum jeweils innerhalb der Ausschlussfrist erreicht werden muss und ein Stimmensammeln zu einem Bürgerbegehren „auf Vorrat“ unzulässig ist (vgl. auch Sapper, VBlBW 1983, 89 ff. <94>; offen gelassen Senatsurteil v. 14.11.1983 - 1 S 1204/83 -, NVwZ 1985, 288 ff.). Die von Geitmann ( vgl. VBlBW 2007, 321 ff.<324>), der für eine Abschaffung der Ausschlussfrist eintritt, vertretene gegenläufige Auffassung, würde die gesetzliche 6-Wochenfrist bei kassatorischen Bürgerbegehren leerlaufen lassen. Mit dem Zuwarten auf eine vorhersehbare und erneut bürgerbegehrensfähige Beschlussfassung, bevor mit der Unterschriftensammlung begonnen wird, wird der Bürgerschaft auch nichts Unzumutbares angesonnen. Die gesetzliche Ausschlussfrist, die von vier auf sechs Wochen erweitert wurde, mag zwar immer noch knapp bemessen sein, ist aber der Rechtssicherheit und dem Grundsatz der Effizienz und Sparsamkeit der gemeindlichen Aufgabenwahrnehmung geschuldet und ermöglicht es bei entsprechender Vorbereitung und Information der Bürgerschaft in hinreichendem Maße, das erforderliche Quorum an Unterschriften innerhalb der Frist zu sammeln.
26 
Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin schließlich hiergegen ein, dass eine Gemeinde damit durch „geschickte Beschlussfassung“ zuvor auf Vorrat für ein initiierendes Bürgerbegehren gesammelten Unterschriften „ihre Wirksamkeit nehmen“ könnte. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wäre ein initiierendes Bürgerbegehren mit der genannten Fragestellung aller Voraussicht nach unzulässig gewesen, weil es sich der Sache nach gegen den vorangegangenen sog. Eckpunktebeschluss des Gemeinderats vom 27.04.2010 gerichtet hat. Als kassatorisches gegen diesen Gemeinderatsbeschluss gerichtetes Bürgerbegehren wäre es aber als verspätet ausgeschlossen und deshalb als unzulässig zu qualifizieren gewesen. Es bedarf daher keiner weiteren Klärung, wie im Falle eines zulässigen, nicht fristgebundenen initiierenden Bürgerbegehrens zu entscheiden wäre, wenn vor Einreichung der bereits gesammelten Unterschriften der Gemeinderat dem von den Bürgern initiierten Vorhaben eine Absage erteilt.
27 
Von einem offensichtlich zulässigen Bürgerbegehren kann danach keine Rede sein.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2009 - 3 K 3443/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Unterzeichner eines am 23.10.2009 eingereichten Bürgerbegehrens „Stoppt das Millionengrab“. Er begehrt die Durchführung eines Bürgerentscheids zu der Frage „Sind Sie für die Durchführung des Baus eines Stadtbahntunnels unter der Kaiserstraße mit Südabzweig gemäß dem Plan der Karlsruher Schieneninfrastrukturgesellschaft mbH (KASIG), festgestellt durch das Regierungspräsidium Karlsruhe am 15. Dezember 2008?“.
Mit Bescheid vom 20.11.2009 lehnte die Antragsgegnerin auf der Grundlage des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 17.11.2009 den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids ab. Zur Begründung ist ausgeführt: Das Bürgerbegehren sei aus mehreren Gründen unzulässig. Es sei verfristet; die eingetretene Verfristung werde auch nicht durch die in der Begründung angeführte Kostensteigerung aufgehoben. Das Bürgerbegehren sei hinsichtlich der Fragestellung in Verbindung mit der Begründung nicht hinreichend bestimmt und enthalte keinen Kostendeckungsvorschlag. Es fehle an der erforderlichen Kongruenz von Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag. Außerdem seien die Ausschlussgründe nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 6 GemO gegeben. Das Bürgerbegehren sei schließlich auch deshalb unzulässig, weil hierdurch die allgemein geltenden Grundsätze der Vertragstreue verletzt würden.
Über den hiergegen eingelegten Widerspruch des Antragstellers ist noch nicht entschieden.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 22.12.2009 den Antrag des Antragstellers, die Antraggegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids für zulässig zu erklären und einen Bürgerentscheid zu der angegebenen Fragestellung durchzuführen, abgelehnt. Der Antrag richte sich auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache, was dem Wesen und Zweck der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes widerspreche. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei auch nicht ausnahmsweise hinnehmbar. Dies sei nur dann der Fall, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliege und anderenfalls dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Insbesondere entstünden dem Antragsteller keine unzumutbaren Nachteile, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge. Auch ein Anordnungsanspruch könne nicht mit dem erforderlichen Grad von Wahrscheinlichkeit bejaht werden. Mit der Antragsgegnerin sei das Gericht der Auffassung, dass der Ende Oktober 2009 eingereichte Antrag auf Zulassung des Bürgerbegehrens verfristet sei, da die Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO spätestens durch die Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2008 ausgelöst worden sei. Außerdem enthalte der Antrag keinen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme.
Mit seiner Beschwerde hält der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Antrag als Hauptantrag aufrecht, hilfsweise begehrt er die Verpflichtung der Antragsgegnerin, festzustellen, dass der am 23.10.2009 eingereichte Antrag auf Durchführung eines Bürgerbegehrens mit der angeführten Fragestellung zulässig ist. Zur Begründung macht er geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die beantragte Anordnung im Ergebnis keine Vorwegnahme der Hauptsache bedeute, weil der Bürgerentscheid dann, wenn rechtskräftig in der Hauptsache eine andere Entscheidung ergehen würde, unzulässig gewesen und damit ein unzulässiger Beschluss zustande gekommen wäre, der keine Rechtswirkungen entfalte. Jedenfalls durch die hilfsweise begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären, werde die Hauptsache nicht vorweggenommen, weil ein Bürgerentscheid hiermit vorerst noch nicht durchgeführt werden müsse. Vielmehr könne insoweit die Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden. Aber selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht von einer Vorwegnahme der Hauptsache ausgehe, so sei die begehrte Anordnung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig. Die dem Bürger nach § 21 Abs. 3 GemO eingeräumte Kompetenz würde vernichtet, wenn nicht jetzt die - vorläufige - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt würde. Das Bürgerbegehren sei auch offensichtlich zulässig. Es richte sich nicht gegen Gemeinderatsbeschlüsse, so dass die gesetzliche Sechswochenfrist nicht zu beachten gewesen sei. Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Auch die weiteren von der Antragsgegnerin in ihrem Bescheid angeführten Erwägungen stünden der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht entgegen.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erfolgreich in Zweifel zu ziehen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
10 
Soweit der Antragsteller - entsprechend seinem im Beschwerdeverfahren als Hauptantrag weiterverfolgten Antrag - neben der Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären, zugleich deren Verpflichtung begehrt, einen Bürgerentscheid durchzuführen, ist dieser Antrag unzulässig. Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz kann grundsätzlich nicht über das hinausgehen, was Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens sein kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 123 RdNr.11). Dies ist hier aber der Fall. Auch in einem etwaigen Hauptsacheverfahren könnte der Antrag des Antragstellers nur darauf abzielen, die Antragsgegnerin unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, das Bürgerbegehren zu der o.a. Fragestellung für zulässig zu erklären. Das weitere Vorgehen ergäbe sich für die Antragsgegnerin dann aus § 21 Abs. 4 und 5 GemO. Anstatt der Durchführung eines Bürgerentscheids verbliebe dem Gemeinderat die in § 21 Abs. 4 Satz 2 GemO vorgesehene Möglichkeit. Danach entfällt der Bürgerentscheid, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
11 
Außerdem ist die Durchführung eines Bürgerentscheids unter Vorbehalt mit der gesetzlichen Ausgestaltung des § 21 Abs. 3 - 7 GemO grundsätzlich unvereinbar (vgl. auch BayVGH, Beschluss v. 06.11.2000 - 4 ZE 00.3018 - BayVBl. 2001, 500; Sächs. OVG, Beschl. v. 29.09.2008 - 4 B 209/08 -, SächsVBl. 2009, 19 f.). Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderats herbeizuführen, wenn der Bürgerentscheid eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit trifft. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck von § 21 GemO tatsächlich anstelle des Gemeinderats unmittelbar selbst Verantwortung. Dem widerspricht es, wenn die Bürger in der Ungewissheit, ob ihre Stimme letztlich überhaupt Bedeutung erlangt, über eine Angelegenheit der Gemeinde entscheiden. Es liegt auf der Hand, dass die Vorläufigkeit eines Bürgerentscheids, der sich im Falle der rechtskräftigen Ablehnung des Bürgerbegehrens als gegenstandslos erweist, Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Bürger hätte und damit eine verantwortliche Entscheidung der Bürger durch einen Bürgerentscheid sozusagen auf Vorrat nicht zu erzielen wäre.
12 
Der im Beschwerdeverfahren hilfsweise verfolgte Antrag, die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen, ist auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Denn der Antragsteller möchte durch die beantragte einstweilige Anordnung bereits vor einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren erreichen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären. Damit verfolgt er im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sachlich dasselbe Ziel wie im Hauptsacheverfahren. Daran ändert es nichts, dass der Antragsteller lediglich eine vorläufige Zulässigkeitserklärung begehrt.
13 
Zulässig ist hingegen eine - hinter dem Antrag zurückbleibende - vorläufige gerichtliche Feststellung, dass das Bürgerbegehren zulässig ist (vgl. zur Zulässigkeit vorläufiger Feststellungen Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, §123 RdNr. 9). Mit der vorläufigen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wäre eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Durchführung eines Bürgerentscheids nicht verbunden. Eine derartige Verpflichtung kann nur die - rechtskräftige - Entscheidung über die Zulässigkeit auslösen. Auch wäre sie rechtlich nicht gehindert, in Vollzug der Gemeinderatsbeschlüsse dem Bürgerbegehren entgegenstehende Maßnahmen zu ergreifen. Denn ein Bürgerbegehren hat nach § 21 GemO selbst bei rechtskräftiger Feststellung seiner Zulässigkeit keine aufschiebende, die Gemeinde an der Fortführung ihres Projekts hindernde Wirkung (vgl. Senatsbeschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100 ff.; anders z. B. § 26 Abs. 6 Satz 5 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung, für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Bestrebungen, in der Gemeindeordnung Baden-Württemberg eine entsprechende Schutz- bzw. Sperrwirkung wie in anderen Bundesländern vorzusehen (vgl. LT-Drs. 13/4263), haben auch in der geänderten Fassung des Gesetzes vom 28.07.2005 (GBl. S. 578 ff.) keinen Niederschlag gefunden.
14 
Der Umstand, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung hat, schließt jedoch die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Durchführung eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids zu sichern, nicht aus (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 16.07.1996, NVwZ 1997, 310 ff. zur insoweit entsprechenden Regelung in § 8 b HGO). Aufschiebende Wirkung und einstweilige Anordnung sind verschiedene Rechtsinstitute, wie sich aus den §§ 80 und 123 VwGO ergibt. Die aufschiebende Wirkung tritt normalerweise schon durch Einlegung eines Rechtsbehelfs ein, ohne dass geprüft werden müsste, ob der Rechtsbehelf erfolgversprechend ist oder nicht. Sie ist ein Rechtsinstitut, das den status quo erhalten soll, bis über ein Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt entschieden ist. Soweit hingegen über diesen Rechtsbereich hinaus die aufschiebende Wirkung nicht gesetzlich als vorläufige Regelung geregelt ist, sieht die Verwaltungsgerichtsordnung in § 123 VwGO die Möglichkeit einstweiliger Anordnungen vor, um zu vermeiden, dass vor der Lösung von Rechtskonflikten vollendete Tatsachen geschaffen werden. Welchen Inhalt eine danach grundsätzlich mögliche einstweilige Anordnung zur Sicherung des Bürgerbegehrens haben kann, ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf hier keiner Entscheidung. Soweit frühere Beschlüsse des Senats der dargelegten Auffassung entgegenstehen (vgl. Beschluss vom 22.04.1983 - 1 S 736/83 -, Seeger/Füss-lin/Vogel, EKBW, § 21 GemO E 12; Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93, VBlBW 1994, 397 ff.), wird daran nicht mehr festgehalten.
15 
Eine gerichtliche Entscheidung, die vorläufig die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellt, wäre auch geeignet, die Position des Antragstellers zu verbessern. Mit der vorläufigen gerichtlichen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens lässt sich zum einen ein Warneffekt für die Antragsgegnerin dahingehend erzielen, sich während der Dauer eines etwaigen Hauptsacheverfahrens der Risiken bewusst zu sein, die mit weiteren Vollzugsmaßnahmen einhergehen, wenn ihren Maßnahmen ggfs. nachträglich die Grundlage entzogen wird und ihr hierdurch finanzielle Nachteile entstehen können. Zum anderen wäre damit ein Appell für die Antragsgegnerin verbunden, auf die der Bürgerschaft nach § 21 Abs. 3 GemO zustehenden Kompetenzen bei ihrem weiteren Vorgehen Rücksicht zu nehmen.
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Mit Blick auf die sich daraus ergebenden weitreichenden Folgen einer einstweiligen Anordnung und vor dem Hintergrund der dargelegten gesetzlichen Ausgestaltung des Bürgerbegehrens kommt die begehrte vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens jedoch nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte (vgl. BayVGH, Beschluss v. 22.10.1996 - 4 CE 96.3109 -, BayVBl. 1997, 312 ff.; Sächs. OVG, Beschluss v. 29.09.2008 - 4 B 209/08 -, SächsVBl. 2009, 19 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 123 RdNr. 14 m.w.N.). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen.
17 
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann zwar dem Antragsteller ein Anordnungsgrund im dargelegten Sinne nicht abgesprochen werden. Denn für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren die Antragsgegnerin rechtskräftig verpflichtet würde, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, könnten bis dahin die Baumaßnahmen für die Untertunnelung der Kaiserstraße so weit fortgeschritten sein, dass ein nachfolgender Bürgerentscheid, soweit er überhaupt noch rechtlich möglich wäre (vgl. zur Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, die Hinweise auf die Rspr. im Urteil des VG Stuttgart vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, zitiert nach juris Rz. 98), jedenfalls angesichts vollendeter Tatsachen das Abstimmungsverhalten der Bürger beeinflussen und damit das Recht der Bürger wirkungslos machen würde. Wie ausgeführt wäre die Antragsgegnerin für die Dauer des Hauptsacheverfahrens rechtlich nicht gehindert, in Umsetzung des Bürgerentscheids von 2002 und der nachfolgenden Gemeinderatsbeschlüsse die Baumaßnahmen voranzutreiben (vgl. Senatsbeschl. v. 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100 f.). Die - rechtlich zulässige - Schaffung vollendeter Tatsachen käme daher einem drohenden Rechtsverlust gleich.
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Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil der Antragsteller einen den o.g. Anforderungen gerecht werdenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO in Verb. mit § 920 Abs. 2 ZPO).
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Das Bürgerbegehren ist schon deshalb unzulässig, weil die Bürger sich bereits in einer durch Bürgerentscheid gefällten Grundsatzentscheidung von 2002 für die mit dem vorliegenden Bürgerbegehren in Frage gestellte „Kombi-Lösung“ ausgesprochen haben und der Gemeinderat hierzu 2005 einen Umsetzungsbeschluss gefasst hat, der Sperrwirkung entfaltet. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:
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Am 22.09.2002 wurde aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin gemäß § 21 Abs. 1 GemO ein Bürgerentscheid durchgeführt, bei dem sich die Mehrheit der Bürger für die „Kombi-Lösung“ (bestehend aus folgenden Maßnahmen: Unterirdische Führung des Schienenverkehrs in der Kaiserstraße mit einem unterirdischen Südabzweig am Marktplatz und schienenfreie Fußgängerzone zwischen Europaplatz und Kronenplatz sowie Umbau der Kriegsstraße mit einem Straßentunnel und oberirdischen Straßenbahnlinien) ausgesprochen hat. Mit dem hier zu beurteilenden Bürgerbegehren vom 23.10.2009 richten sich die Initiatoren gegen das beschlossene Konzept, auch wenn sie nur einen Teil der „Kombi-Lösung“ angreifen, nämlich die Untertunnelung der Kaiserstraße. Daran ändert es nichts, dass der Umbau der Kriegsstraße nach den Vorstellungen des Bürgerbegehrens verwirklicht werden soll; denn wie schon der gewählte Begriff „Kombi-Lösung“ besagt, sollte der eine Teil nicht ohne den anderen realisiert werden. Der Bürgerentscheid von 2002 hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderats (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO). Er ist auch nicht innerhalb von drei Jahren durch einen neuen vom Gemeinderat initiierten Bürgerentscheid aufgehoben worden (§ 21 Abs. 7 Satz 2 GemO). Vielmehr hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.07.2005 auf der Grundlage des Bürgerentscheids vom 22.09.2002 die Umsetzung des durch die Bürgerschaft befürworteten Verkehrsprojekts beschlossen. Der Umsetzungsbeschluss sah zur Realisierung dieses Verkehrsprojekts neben der Aufstellung und Auslegung des Bebauungsplans „Kriegsstraße - Mitte, Straßenbahn in der Kriegsstraße mit Straßentunnel“ die Planung eines Stadtbahntunnels unter der Kaiserstraße mit Südabzweig Ettlinger Straße und die Zustimmung zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 28 PBefG vor. Dieser Umsetzungsbeschluss war nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Ein solches wäre auch nicht an der gesetzlich vorgesehenen Sperrfrist von drei Jahren (§ 21 Abs. 3 Satz 2 GemO) gescheitert, da diese nicht gilt, wenn zuvor - wie hier - ein Bürgerentscheid aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderats nach § 21 Abs. 1 GemO durchgeführt worden ist (vgl. Kunze/Bron-ner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, 4. Auflage 2006, § 21 Rz. 22). Der auf dem Bürgerentscheid 2002 basierende Umsetzungsbeschluss von 2005 hat damit nach Ablauf der in § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO vorgesehenen Frist von sechs Wochen Sperrwirkung entfaltet gegenüber Bürgerbegehren, die sich inhaltlich gegen diesen Beschluss richten.
21 
Durchbrochen wird die Sperrwirkung nur durch Eintritt einer wesentlich neuen Sachlage oder durch eine erneute Befassung des Gemeinderats, die die Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3, Halbs. 2 GemO für ein Bürgerbegehren wieder in Gang setzt. Voraussetzung für die Abänderung eines Bürgerentscheids nach § 21 Abs. 1 GemO durch eine erneute Entscheidung der Bürgerschaft in gleicher Sache ist demnach, auch wenn im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, dass das Vorhaben, das Gegenstand eines Bürgerentscheids war, eine wesentliche Änderung erfahren hat. Dies ergibt sich aus den Regelungen über die Fristen bei Bürgerbegehren gegen Organbeschlüsse, die die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherstellen und für die Gemeinde Planungssicherheit bei der Realisierung ihrer Vorhaben gewährleisten sollen. Der Aspekt der Planungssicherheit gewinnt insbesondere in Fällen von Großvorhaben Bedeutung, bei denen ein zeitlich und in der Sache gestrecktes Planungsvorhaben in Vollzug eines Bürgerentscheids erforderlich ist, das sich über eine Phase der Vorbereitung, Einleitung von Planfeststellungs- und Bauleitverfahren, Festlegung der Einzelheiten der Finanzierung bis zur Entschließung über die Reihenfolge der Ausführung hinzieht und mehrere Beschlüsse des Gemeinderats erforderlich macht (vgl. auch Senatsurteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff. für den dort zugrundeliegenden Fall eines erneutes Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 GemO innerhalb der Sperrfrist von drei Jahren, § 21 Abs. 3 Satz 2 GemO).
22 
Eine wesentliche Änderung, die danach zum Anlass für ein Bürgerbegehren gemacht werden könnte, dürfte hier jedoch nicht eingetreten sein. Sie kann nicht allein mit Kostensteigerungen und zu befürchtenden Einschnitten in den städtischen Haushalt für den Fall begründet werden, dass die „Kombi-Lösung“ einschließlich der Straßenbahnunterführung durch die Kaiserstraße zur Ausführung gelangt. Denn derartige Steigerungen beruhen nicht auf einer Änderung des Verkehrsprojekts, sondern wesentlich auf den in der Baubranche generell zu verzeichnenden allgemeinen Baukostensteigerungen, die sich bei Großvorhaben dieser Art, deren Planung sich über Jahre hinzieht, zwangsläufig ergeben. Baukostensteigerungen als solche sind jedoch, auch wenn sie den Gemeindehaushalt belasten sollten, einem Bürgerbegehren nicht zugänglich. Dies ergibt sich aus der Ausschlussregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO. Danach darf ein Bürgerentscheid unter anderem nicht über die Haushaltssatzung und die Gemeindeabgaben stattfinden. Aus dieser Regelung lässt sich folgern, dass der Gesetzgeber der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderats einräumen wollte (vgl. Senatsurteil v. 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Ob das Verkehrsprojekt trotz gestiegener Investitionskosten und angesichts der städtischen Haushaltslage tatsächlich ausgeführt wird, ist, solange der Gemeinderat keinen Anlass zu einem neuerlichen Grundsatzbeschluss sieht, allein der Entscheidung des Gemeinderats überlassen, der hierfür die von der Gemeindeordnung vorgesehene haushaltspolitische Verantwortung trägt.
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Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 21.10.2008 dürfte keine neue Grundsatzentscheidung getroffen worden sein, die der Bürgerschaft innerhalb der Sechswochenfrist die Einreichung eines Bürgerbegehrens ermöglicht hätte. Ausweislich der Sitzungsvorlage Nr. 1534 vom 21.10.2008 war Gegenstand dieser Beschlussfassung, in welcher Reihenfolge die beiden aufeinander abgestimmten Teilprojekte „Stadtbahntunnel Kaiserstraße mit Südabzweig“ und „Straßenbahn in der Kriegsstraße mit Straßentunnel“ realisiert werden sollen. Das Bürgerbegehren richtet sich jedoch nicht gegen die Reihenfolge der Verwirklichung der „Kombi-Lösung“, sondern, wie dargelegt, gegen deren (Teil-) Realisierung als solche. Eine die „Kombi-Lösung“ nochmals bestätigende Entscheidung dürfte der Gemeinderat danach in der Sitzung vom 21.10.2008 nicht getroffen haben. Zwar können nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschl. v. 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110) auch wiederholende Grundsatzentscheidungen, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, innerhalb der gesetzlichen Sechswochenfrist zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden. Jedoch geht insoweit weder aus der Beschlussfassung noch aus der Beschlussvorlage sowie dem Sitzungsprotokoll hervor, dass mit der Entscheidung über die Reihenfolge zugleich ein im Sinne einer wiederholenden Grundsatzentscheidung die „Kombi-Lösung“ bestätigender Gemeinderatsbeschluss gefasst wurde, der die gesetzliche Sechswochenfrist für ein Bürgerbegehren hätte auslösen können. Insbesondere ist aus der Mitte des Gemeinderats kein entsprechender Antrag auf Erneuerung der Grundsatzentscheidung gestellt worden. Soweit der Vorsitzende ausweislich des Protokolls betonte, dass die „Kombi-Lösung“ aus zwei Teilen bestehe, die beide untrennbar miteinander verbunden seien, dürfte diese Äußerung nicht im Zusammenhang mit einer erneuten Sachdiskussion über die Verwirklichung der „Kombi-Lösung“ gefallen sein. Vielmehr dürfte er hiermit lediglich herausgestellt haben, dass diese die Geschäftsgrundlage der hier zu beschließenden Reihenfolge ist. Dafür spricht auch der Beitrag des Stadtrats Dr. ... (KAL) („Nach der dritten Wortmeldung hätte man den Eindruck haben können, heute ginge es um die Entscheidung Kombilösung ja oder nein. Dem ist aber nicht so“).
24 
Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Geht man nämlich mit der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht von einer erneuten Grundsatzentscheidung aus, so ist das Bürgerbegehren jedenfalls verfristet. Entgegen der Beschwerde fehlt es insoweit nicht an einer - die Sechswochenfrist auslösenden - Bekanntmachung des Gemeinderatsbeschlusses vom 21.10.2008. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 14.11.1983 - 1 S 1204/83 -, NVwZ 1985, 288 f.) bedarf es in dem Bereich, in dem der Einzelne nicht durch den Beschluss unmittelbar betroffen ist, nicht einer förmlichen Bekanntmachung. Vielmehr reicht hier aus, wenn ohne formelle Bekanntmachung gewährleistet ist, dass der Bürger von der Beschlussfassung Kenntnis erlangen kann. Dem wird auch eine Veröffentlichung ihres wesentlichen Inhalts in der örtlichen Presse oder im redaktionellen Teil des Amtsblattes gerecht, die den Bürger hinreichend über den Inhalt des Beschlusses unterrichtet und ihm eine Entscheidung im Hinblick auf ein Bürgerbegehren ermöglicht. Vorliegend ist der - in öffentlicher Sitzung ergangene - Gemeinderatsbeschluss vom 21.10.2008 Gegenstand der Berichterstattung in den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) vom 22.10.2008 (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin v. 26.02.2010) sowie in der Stadtzeitung vom 24.10.2008 (vgl. Anlage 3) gewesen.
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Da das Bürgerbegehren schon aus diesem Grunde unzulässig ist, konnte der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen lassen, ob der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch die weiteren von der Antragsgegnerin angeführten Gründe entgegenstehen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07. Juli 2010 - 8 K 1363/10 - geändert.

Im Wege der einstweiligen Anordnung wird vorläufig festgestellt, dass das am 19. Januar 2010 eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller sind Mitunterzeichner eines am 19.01.2010 eingereichten Bürgerbegehrens zu der Frage, „ob in der Stadt Nagold den Schlossberg hinauf zur Burg Hohennagold eine Treppe errichtet werden soll“.
Mit Bescheid vom 17.03.2010 lehnte die Antragsgegnerin auf der Grundlage des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 16.03.2010 den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids mit der Begründung ab, dass die Sechswochenfrist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO nicht eingehalten worden sei. Das im Januar 2010 eingereichte Bürgerbegehren richte sich gegen den Beschluss des Gemeinderats vom 22.07.2008, mit dem dieser den Rahmenplan für die Daueranlagen zur Landesgartenschau 2012 beschlossen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die hiergegen eingelegten Widersprüche der Antragsteller als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bürgerbegehren sei deshalb unzulässig, weil es sich gegen den Beschluss des Gemeinderats vom 22.07.2008 richte und nicht innerhalb der in § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO bestimmten Frist von sechs Wochen eingereicht worden sei. Bei dem Beschluss vom 22.07.2008 habe es sich um einen weichenstellenden Grundsatzbeschluss des Gemeinderats auch hinsichtlich der Errichtung der Schlossbergtreppe gehandelt. Mit der Zustimmung zum Rahmenplan habe der Gemeinderat eine Grundsatzentscheidung über das Ob der Errichtung der im Rahmenplan enthaltenen Anlagen und damit auch der Treppe zur Burg Hohennagold getroffen. Mit dem Rahmenplan sei der Standort der Treppe festgelegt und lediglich unter den Vorbehalt der Grundstücksverfügbarkeit gestellt worden. Die Festlegung des Verlaufs der Treppe sei bereits ausreichend konkret gewesen. Der Gemeinderat habe auch über den Kostenrahmen entschieden. In der nicht öffentlichen Klausurtagung des Gemeinderats am 05.07.2008 seien die jeweils veranschlagten Einzelbeträge für die Maßnahmen genannt worden. Für alle Daueranlagen sei seinerzeit von Kosten in Höhe von 18,9 Mio. EUR ausgegangen worden. Darin seien auch die Kosten der Schlossbergtreppe enthalten. Seit dem Beschluss vom 22.07.2008 habe der Gemeinderat keine weiteren inhaltlichen Beschlüsse zum Rahmenplan der Landesgartenschau 2012 bzw. zum Bau der Treppe zur Burg Hohennagold gefasst, die Anknüpfungspunkt für das vorliegende Bürgerbegehren sein könnten. Der Beschluss vom 22.07.2008 habe nach Ablauf der Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO Sperrwirkung entfaltet gegenüber Bürgerbegehren, die sich inhaltlich gegen diesen Beschluss richteten. Diese Sperrwirkung hätte nur durch den Eintritt einer wesentlich veränderten neuen Sachlage oder durch eine erneute Befassung des Gemeinderats, die die Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO für ein Bürgerbegehren wieder in Gang setze, durchbrochen werden können. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. In der weiteren Konkretisierung der Planung bezüglich der Treppe sei bereits begrifflich keine wesentliche Veränderung der Sachlage zu sehen, da sich diese innerhalb der Vorgaben des Rahmenplans bewege.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 07.07.2010 die Anträge der Antragsteller, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass das am 19.01.2010 eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist, abgelehnt. Es fehle an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Das Bürgerbegehren sei aller Voraussicht nach unzulässig, weil es nach Ablauf der in § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO vorgeschriebenen Frist eingereicht worden sei.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerden tragen die Antragsteller vor, ein Anordnungsgrund sei gegeben, weil mit den Bauarbeiten nach Erteilung der noch ausstehenden naturschutzrechtlichen Befreiung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe noch im Herbst 2010 begonnen werden solle. Der Anordnungsanspruch sei zu bejahen, weil das Bürgerbegehren sich nicht gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 22.07.2008 richte. Dieser Gemeinderatsbeschluss habe lediglich die Vorplanung betroffen. Inzwischen sei das Spätstadium der Planung erreicht. Eine Vielzahl von Ausgestaltungsfragen sei zwischenzeitlich geklärt. Erst jetzt könne das Für und Wider der Treppenanlage durch das Naturschutzgebiet abschließend und umfassend beurteilt werden. Es handele sich daher um ein initiierendes Begehren, welches nicht gegen einen Beschluss des Gemeinderats gerichtet sei.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin sowie des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller sind zulässig und begründet.
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 27.04.2010 - 1 S 2810/09 - VBlBW 2010, 311) schließt der Umstand, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung hat, die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Durchführung eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids zu sichern, nicht aus. Zulässig ist eine vorläufige gerichtliche Feststellung, dass das Bürgerbegehren zulässig ist. Eine solche gerichtliche Entscheidung ist geeignet, die Position der Antragsteller zu verbessern. Mit der vorläufigen gerichtlichen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens lässt sich zum einen ein Warneffekt für die Antragsgegnerin dahingehend erzielen, sich während der Dauer eines etwaigen Hauptsacheverfahrens der Risiken bewusst zu sein, die mit weiteren Vollzugsmaßnahmen einhergehen, wenn ihren Maßnahmen gegebenenfalls nachträglich die Grundlage entzogen wird und ihr hierdurch finanzielle Nachteile entstehen können. Zum anderen ist damit ein Appell für die Antragsgegnerin verbunden, auf die der Bürgerschaft nach § 21 Abs. 3 GemO zustehenden Kompetenzen bei ihrem weiteren Vorgehen Rücksicht zu nehmen.
10 
Die begehrte vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen (Senatsbeschl. v. 27.04.2010, a.a.O.).
11 
Daran gemessen ist ein Anordnungsgrund zu bejahen, weil mit der Realisierung des Vorhabens unmittelbar nach Erteilung der beim Regierungspräsidium Karlsruhe bereits beantragten naturschutzrechtlichen Befreiung begonnen werden soll. Für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren die Antragsgegnerin rechtskräftig verpflichtet würde, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, könnten bis dahin die Baumaßnahmen soweit fortgeschritten sein, dass ein nachfolgender Bürgerentscheid, soweit er überhaupt noch rechtlich möglich wäre, jedenfalls angesichts vollendeter Tatsachen das Abstimmungsverhalten der Bürger beeinflussen und damit das Recht der Bürger wirkungslos machen würde. Die - rechtlich zulässige -Schaffung vollendeter Tatsachen käme daher einem drohenden Rechtsverlust gleich.
12 
Die Antragsteller haben des Weiteren einen den oben genannten Anforderungen gerecht werdenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
13 
Nach § 21 Abs. 3 GemO kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 v.H. der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden mit nicht mehr als 50.000 Einwohnern von 2.500 Bürgern.
14 
Die Errichtung einer Treppe zur Burg Hohennagold als Teilprojekt der im Zuge der Landesgartenschau 2012 geplanten Daueranlagen ist eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fällt. Das schriftlich eingereichte Bürgerbegehren enthält auch die zur Entscheidung zu bringende Frage und eine ausreichende Begründung. Ein Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme war hier entbehrlich, da mit dem Bürgerbegehren letztlich der Verzicht auf eine Baumaßnahme begehrt wird. Mit 2.830 gültigen Unterschriften ist die erforderliche Anzahl von Unterzeichnern erreicht.
15 
Schließlich steht die Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht entgegen. Der Gemeinderatsbeschluss vom 22.07.2008 entfaltet gegenüber dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren keine Sperrwirkung gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO. Der Beschluss lautet:
16 
1. Der Gemeinderat beschließt einstimmig den Rahmenplan für die Daueranlagen zur Landesgartenschau 2012, wie in Anlage 1 zur Drucksache 169/2008 dargestellt.
17 
2. Der Gemeinderat nimmt ferner davon Kenntnis, dass die dadurch entstehenden und in der Drucksache erläuterten Kosten in ihrer Finanzierung noch nicht endgültig gesichert sind. Die Finanzierung ist in der mittelfristigen Finanzplanung 2009 bis 2012 nachzuweisen.
18 
Gegenstand des Rahmenplans ist u. a. die streitige Treppenanlage als wesentlicher Teil des Gesamtkonzepts der Landesgartenschau. Die Treppenanlage ist im Rahmenplan sowohl in der zeichnerischen als auch in der textlichen Darstellung enthalten. In den im Rahmenplan enthaltenen Plänen ist der Verlauf der geplanten Treppe eingezeichnet und mit der Bezeichnung „Schlossbergtreppe“ versehen. Im Erläuterungsbericht zum Rahmenplan heißt es unter der Überschrift Schlossberg:
19 
„Der serpentinenartig geführte Weg tangiert in jeder zweiten Kehre die neue Schlossbergtreppe, die von der Gartenterrasse an der Minigolfanlage geradlinig (unter Berücksichtigung der Grundstücksverfügbarkeit) auf die Burg führt. Die Treppe ist Teil einer Achse, die sich vom keltischen Grabhügel “Krautbühl“ über die bestehende Freibadbrücke bis zur Burg Hohennagold hinauf spannt, die damit deutlich besser an den Park und die Stadt angebunden wird.“
20 
Der Rahmenplan wurde in der Zeit vom 14.07.2008 bis 31.07.2008 zur Information der Bürger im Foyer des Rathauses der Stadt Nagold ausgestellt. Hierauf war auf der Nagoldseite des Schwarzwälder Boten - dem öffentlichen Bekanntmachungsorgan der Antragsgegnerin - hingewiesen worden. Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung vom 22.07.2008 berichtete auch die Presse über den Inhalt des Rahmenplans und erwähnte dabei ausdrücklich auch die „direkte Stufenverbindung zur Burg“ (Bericht im Schwarzwälder Boten vom 16.07.2008). In einem weiteren Bericht des Schwarzwälder Boten vom 25.07.2008 wurde über den Beschluss des Gemeinderates vom 22.07.2008 berichtet und der Inhalt des Rahmenplans erläutert. In dem Bericht heißt es, der Gemeinderat habe eine „erste verbindliche Planung für die Landesgartenschau 2012“ getroffen. Der „Treppenaufgang zur Burg“ wurde in dem Pressebericht ausdrücklich erwähnt.
21 
Aus der zeichnerischen Darstellung im Rahmenplan war allein der Verlauf der geplanten Treppe erkennbar. Auch aus dem Erläuterungsbericht war kein Aufschluss über die geplante Dimension der Treppe, das Baumaterial etc. zu erlangen. Das Protokoll der Klausurtagung des Gemeinderats vom 05.07.2008 belegt ebenfalls, dass man sich über die Ausführung der Treppe noch keine Gedanken gemacht hatte. Im Bericht des Schwarzwälder Boten vom 25.07.2008 ist ausdrücklich davon die Rede, dass der Gemeinderat eine erste verbindliche Planung für die Landesgartenschau 2012 getroffen habe. Bei dieser Sachlage handelt es sich bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 22.07.2008 um einen die eigentliche Planung einleitenden weichenstellenden Grundsatzbeschluss im Sinne der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 18.06.1990 - 1 S 657/90 - BWGZ 1992, 599), der zwar bürgerentscheidsfähig ist, aber gegenüber dem auf einer späteren Planungsstufe eingereichten Bürgerbegehren keine Sperrwirkung entfaltet, weil sich das Für und Wider des Vorhabens erst jetzt einigermaßen verlässlich beurteilen lässt.
22 
Die Bürger sind, auch wenn ein erster, die eigentliche Planung einleitender Grundsatzbeschluss bereits bürgerentscheidungsfähig sein mag, nicht gehalten, bereits in einem Stadium gegen ein Vorhaben vorzugehen, in dem sich das Für und Wider noch nicht einigermaßen verlässlich beurteilen lässt (vgl. in diesem Sinne bereits Senatsurteil vom 18.06.1990, a.a.O.; ähnlich auch Sapper, VBlBW 1983, 89 <93 f.>). Dies war hier indes im Juli 2008 noch nicht der Fall. Aus dem Rahmenplan ergab sich lediglich der ungefähre Verlauf der geplanten Treppe sowie die ungefähren Gesamtkosten für die zu erstellenden Außenanlagen zur Landesgartenschau 2012, nicht aber die Kosten für die Schlossbergtreppe. Die nähere Ausgestaltung der Treppe war völlig offen. Das Baumaterial (Holz, Stein oder Stahl) war noch nicht festgelegt. Nicht erkennbar war, dass zur Verankerung der Treppe an der Hanglage des Berges 27 Betonstreifenfundamente von beträchtlicher Tiefe und Breite erforderlich sein würden. Die weitere Ausgestaltung der Treppe mit 1,80 m Breite, einer mindestens 5 m breiten Schneise durch das Waldgebiet, mittigem Stahlrohr und Beleuchtung war ebenfalls noch offen. Ebenso wenig war bekannt, dass umfangreiche Bastionen/Mauern und Sichtplätze geplant sind, die mit 266.000,-- EUR netto zu Buche schlagen. Erst nach Einreichung des Bürgerbegehrens wurde den Initiatoren Einsicht in die Planungsunterlagen gewährt. Damit ist erst jetzt ein Planungsstadium erreicht, in dem sich die Vor- und Nachteile des Vorhabens einigermaßen verlässlich beurteilen lassen.
23 
Für die Bürgerschaft war im Sommer 2008 auch nicht erkennbar, dass der Gemeinderat mit dem die Planung einleitenden Beschluss bereits beabsichtigt haben könnte, über die Errichtung der Schlossbergtreppe abschließend zu entscheiden und dass eine weitere Befassung des Gemeinderats, die (erneut) die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eröffnen würde, nicht zu erwarten sei. Die Berichterstattung dürfte bei den interessierten Bürgerinnen und Bürgern vielmehr den Eindruck geweckt haben, dass der Gemeinderat sich nach Abschluss der Planungen nochmals mit dem Vorhaben befassen und zu gegebener Zeit grünes Licht für die Realisierung geben werde. Dies gilt umso mehr, als in der Presse nicht darüber berichtet wurde, dass der Gemeinderat am gleichen Tag - in nichtöffentlicher Sitzung - die weiteren Planungen auf die Landesgartenschau Nagold 2012 GmbH übertragen und den Gesellschaftervertrag beschlossen hat, in dem die Übertragung dieser Aufgaben enthalten ist. Über die Gründung der Landesgartenschau Nagold 2012 GmbH wurde erst in Artikeln vom 05.08.2008 und vom 07.08.2008 berichtet. Dass diese GmbH umfassend für die weiteren Planungen zuständig sein würde, ließ sich diesen Presseartikeln indes nicht entnehmen. Die Bürgerschaft konnte nach alledem davon ausgehen, dass - wie bei gestreckten Planungsverfahren üblich - der Gemeinderat sich mehrfach mit der Angelegenheit befassen werde, insbesondere nach Abschluss der Planungen einen Projektbeschluss fassen werde, der grünes Licht für die Realisierung gibt.
24 
Der Umstand, dass die weiteren Planungen, die Durchführung der Landesgartenschau und alle damit verbundenen Maßnahmen durch notariellen Vertrag auf die Landesgartenschau Nagold 2012 GmbH übertragen wurden, führt nicht zu einer Verkürzung der bürgerschaftlichen Mitgestaltungsrechte. Der Vertrag vermag an der gesetzlichen Zuständigkeit des Gemeinderats nichts zu ändern. Dementsprechend gehen auch die Antragsgegnerin und die Widerspruchsbehörde davon aus, dass der Gemeinderat berechtigt wäre, das Verfahren wieder an sich zu ziehen und ein Projektbeschluss über die Realisierung der Schlossbergtreppe zu treffen, weil es sich um eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde handelt, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fällt. Dann sind aber auch die Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren nach § 21 Abs. 3 GemO gegeben. Eine neue Sechswochenfrist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO wurde nicht in Lauf gesetzt, weil die Detailplanung nicht vor Einreichung des Bürgerbegehrens bekannt gegeben wurde.
25 
Der Regelungszweck in § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO, die Effizienz und die Sparsamkeit kommunaler Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten, steht der Zulassung des Bürgerbegehrens zum jetzigen Zeitpunkt nicht entgegen. Die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen, so dass noch keine Baukosten, sondern lediglich Planungskosten angefallen sind. Dass diese möglicherweise vergeblich getätigt worden sind, ist hinzunehmen, da - wie aufgeführt - bürgerschaftliches Engagement sinnvollerweise erst in einem Stadium erwartet werden kann, in dem sich das Für und Wider eines Projekts einigermaßen verlässlich beurteilen lässt.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
27 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Eine Reduzierung des Auffangstreitwerts im vorliegenden Eilverfahren kommt nicht in Betracht, weil mit Blick auf den strengen materiellen Prüfungsmaßstab die Entscheidung faktisch einer Vorwegnahme der Hauptsache nahe kommt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ein Bürgerbegehren zuzulassen, das den Bau einer Eisenbahnunterführung in Amstetten betrifft.
Die Gemeinde Amstetten wird von der Eisenbahntrasse Stuttgart-Ulm, einer vielbefahrenen Intercitystrecke, durchschnitten. Ein innerörtlicher, Pkw-tauglicher Bahnübergang existiert nicht. Der Planungs- und Entscheidungsprozess bezüglich der Bahnunterführung, deren Bau mit dem erstrebten Bürgerbegehren verhindert werden soll, lässt sich ausweislich der Behördenakten wie folgt skizzieren:
Im Sommer 2002 schlug der Ortskernsanierungsausschuss zur städtebaulichen Entwicklung u.a. den Bau einer Pkw-tauglichen Bahnunterführung vor. In den Sitzungen vom 18.01. und 06.12.2003 befasste sich der Gemeinderat mit der Finanzierung dieser Baumaßnahme. In der Sitzung vom 22.11.2004 lag dem Gemeinderat eine erste Planung des Ingenieurbüros W. vor. Dieses hatte alternativ die Planung für eine Bahnüber- oder -unterführung berechnet und war zum Ergebnis gekommen, dass die Bahnunterführung mit ca. 1,6 Mio. EUR billiger sei als eine Überführung, deren Kosten auf ca. 2,2 Mio. EUR ermittelt wurden. Es gebe aus dem GVFG-Programm Zuschüsse in Höhe von 60 % der Herstellungskosten, der planende Ingenieur erläuterte, dass bei Bedarf der Abruf des Zuschusses über einen Zeitraum von 5 bis 6 Jahren verschoben werden könne, damit die Gemeinde ihren Anteil aufbringen könne. In der Sitzung beschloss der Gemeinderat, die Verwaltung zu beauftragen, mit der Vorplanung zur Pkw-Unterführung die Aufnahme ins GVFG-Programm zu beantragen. In der Sitzung vom 11.04.2005 beschloss der Gemeinderat, gegenüber der Bahn eine Kostenübernahmeerklärung betreffend der Planungskosten abzugeben. In der Sitzung vom 13.06.2005 teilte der Bürgermeister mit, dass die Bahnunterführung zwar nicht ins GVFG-Programm bis 2009 aufgenommen worden sei, die Maßnahme sei jedoch „im Nachtrag“; rufe eine andere Gemeinde ihren Zuschuss nicht ab, so könne man doch noch zum Zug kommen. Die Planungsarbeiten würden weiter laufen. Im November 2005 wurden ein eisenbahntechnisches und ein Lärmgutachten in Auftrag gegeben. In der Sitzung vom 22.05.2006 teilte der Bürgermeister mit, die ...-... GmbH habe vergessen, den Bau in ihr Maßnahmenprogramm aufzunehmen, frühester Baubeginn sei damit im Frühjahr 2008. In der Sitzung vom 19.03.2007 teilte der Bürgermeister mit, dass das Bauprojekt aufgrund einer neuen Kostenschätzung nunmehr mit 2,8 Mio. EUR anzusetzen sei und erläuterte im Einzelnen, worauf die Kostensteigerung beruhte. In der Sitzung vom 29.10.2007 befasste sich der Gemeinderat mit einer Änderung der Trassenführung der Bahnhofstraße, um die Zufahrt zur Unterführung zu optimieren. In der Gemeinderatsitzung vom 26.11.2007 legte ein Ingenieur der Firma W. die endgültige Planung vor und bezifferte die Kosten nunmehr auf 2,94 Mio. EUR. Der Gemeinderat erfasste den Ausführungsbeschluss für die Planung unter der Voraussetzung, dass der Zuschussbescheid komme.
In der Gemeinderatsitzung vom 30.06.2008, die dann Anlass für das Bürgerbegehren wurde, gab der Bürgermeister eine neue Kostenberechnung bekannt, in die Vorgaben der Bundesbahn eingeflossen waren. Die Kostenberechnung lautete nunmehr auf 4,4 Mio. EUR. Die Mehrkosten resultierten weitgehend aus der Notwendigkeit aufwendigerer Gründungsmaßnahmen und der Verlegung von Fernmeldeleitungen. Bisher sei ein Zuschuss von 1,1 Mio. EUR bewilligt, der maximal mögliche betrage 2,5 Mio. EUR. Die Finanzierung der Maßnahme sei gesichert. Die Bahn wolle nunmehr wissen, ob der Bau vorangetrieben werde, da die notwendigen Sperrungen langfristig geplant werden müssten. Ausweislich des Protokolls wurde im Gemeinderat rege diskutiert, insbesondere über die gravierende Kostensteigerung, in der Folge wurde der Baubeschluss mit 14 : 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen gefasst.
Über diese Sitzung wurde im Amtsblatt berichtet, ebenso erschien in der örtlichen Presse am 03.07.2008 ein Zeitungsartikel „Kostenschock in Amstetten“.
In der Folge bildete sich in der Bevölkerung eine Bewegung, die wegen der gestiegenen Kosten den Bau der Unterführung zu verhindern versuchte. Als Initiatoren versuchten vor allem Frau V.-L., die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin gehört wurde und das Gemeinderatsmitglied Herr W. ein Bürgerbegehren herbeizuführen. Hierzu begannen sie ab 21.07.2008 Unterschriften zu sammeln. Auf den Unterschriftenblättern findet sich folgender Text:
Bürgerbegehren
        
Gem. § 21 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg in der Fassung vom 27. Juli 2005.
Das Bürgerbegehren richtet sich gegen die geplante Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 30.06.2008, veröffentlich im Amtsblatt Nr. 27 vom 03. Juli 2008.
Ich bin gegen den Bau dieser Unterführung!
Außerdem bestätige ich, dass ich meinen Hauptwohnsitz in 73340 Amstetten/Württemberg habe.
Darunter befinden sich Tabellen jeweils für Name, Vorname, Straße und Hausnummer sowie Unterschrift .
Am 12.08.2008 wurden die Unterschriftenlisten der Gemeindeverwaltung zusammen mit einem Anschreiben übergeben, das von Frau V.-L. und Herrn W. unterschrieben ist und in dem es heißt: „Sehr geehrte Damen und Herren, anbei übergeben wir Ihnen die Unterschriftenliste mit 519 Unterzeichnern, die sich gegen den Bau der geplanten Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof richten. Beigefügt war außerdem ein Blatt mit folgendem Text:
10 
Anlage zur Unterschriftenliste
11 
1. Der Eigenanteil der Gemeinde Amstetten an der geplanten Baumaßnahme ist unverhältnismäßig von der ersten Kostenschätzung zur Zweiten bekannt gemachten Investitionssumme gestiegen. Eine weitere Kostenexplosion muss nach Sachlage befürchtet werden.
2. Es wurde keine Kosten-/Nutzungsrechnung bekannt gemacht.
3. Folgekosten, wie z.B. Instandhaltung, stehen keine direkten oder indirekten Einnahmen gegenüber.
4. Eine eventuelle Nutzung kann nur ein Teil der Verkehrsteilnehmer wahrnehmen.
Transportfahrzeuge für Gewerbetreibende müssen weiterhin die Umfahrung wählen. Für Fußgänger und Radfahrer besteht in unmittelbarer Nähe bereits eine barrierefreie Unterführung.
5. Größere Rettungsfahrzeuge könne die Durchfahrt nicht nutzen.
6. Solange die Streckenführung der neuen B 10 nicht geklärt ist, sind vermeintliche Verkürzungen als Zubringer grundsätzlich in Frage zu stellen.
7. Es steht zu befürchten, dass diese Baumaßnahmen ein vergleichbares Dasein fristen könnte, wie die B 10-Unterführung zum „Staffelweg“.
12 
Die Überprüfung seitens der Beklagten ergab, dass 510 gültige Unterschriften vorhanden waren. Auf Nachfrage der Beklagten teilte das Landratsamt Alb-Donau-Kreis in seiner Stellungnahme vom 20.08.2008 mit, das Bürgerbegehren sei unzulässig, da keine Begründung enthalten sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderates entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen hierfür befassen können. Die nachgereichte Anlage sei den Bürgern nicht bekannt gewesen und genüge mithin dem Begründungserfordernis nicht.
13 
In seiner Sitzung vom 29.09.2008 befasste sich der Gemeinderat mit der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Ausweislich des Protokolls kreiste die Diskussion im Wesentlichen um die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Erwägungen, durch Gemeinderatsbeschluss einen Bürgerentscheid herbeizuführen, wurden offenbar nicht angestellt. Der Gemeinderat beschloss mit 16 : 2 Stimmen, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen. Diese Entscheidung wurde Frau V.-L. und Herrn W. unter dem Datum 30.09.2008 mitgeteilt.
14 
Am 06.10.2008 legte der Kläger gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 29.09.2008 Widerspruch ein und begründete diesen damit, die Bürger hätten sich sehr wohl mit den Gründen des Bürgerbegehrens befassen können. Ihm als Mitunterzeichner habe zur Zeit der Unterschriftsleistung ein Artikel der Geislinger Zeitung vorgelegen, der von einer Kostenexplosion von 1,2 auf 4,4 Mio. EUR berichte. Außerdem habe er nochmals die Bekanntmachung aus dem Amtsblatt durchgelesen, auf die sich die Unterschriftsliste berief. Darin hätten genug Gründe gestanden.
15 
In seiner Sitzung vom 03.11.2008 befasste sich der Gemeinderat mit dem Abschluss der Kreuzungsvereinbarung mit der DB und beschloss mit 14 : 2 Stimmen, die Kreuzungsvereinbarung abzuschließen. Die „Vereinbarung über die Herstellung einer neuen Kreuzung gem. § 11 Abs. 1 EKrG“ zwischen der Beklagten und der DB Netz AG ist mittlerweile unterzeichnet.
16 
Durch Widerspruchsbescheid vom 17.11.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Bürgerbegehren müsse, um zulässig zu sein, auch eine Begründung enthalten. Auch wenn nur geringe verfahrensrechtliche Anforderungen zu stellen seien, führe das gänzliche Fehlen einer Begründung doch dazu, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderats verantwortlich über das Vorhaben entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen befassen können, die gegen das Projekt vorgebracht würden. Durch die vom Gesetzgeber geforderte Begründung solle sichergestellt werden, dass sich jeder einzelne Unterzeichner mit den Gründen befasst habe, die gegen die Durchführung der Unterführung sprächen. Die bloße Möglichkeit, sich über die Hintergründe in der Tageszeitung oder dem Amtsblatt zu informieren, reichten nicht aus. Da die Unterschriftenlisten gar keine Begründungen enthielten, sei das Bürgerbegehren für unzulässig erachtet worden. Die nachgereichte Anlage zur Unterschriftenliste sei den Unterstützern des Bürgerbegehrens im Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht bekannt gewesen.
17 
Am 16.12.2008 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Bereits am 03.11.2008, dem Tag der Gemeinderatssitzung zum Abschluss des Kreuzungsvertrages hatte er (beim Gericht per Fax eingegangen um 17:49 Uhr) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bau der Unterführung vorläufig zu untersagen. Diesen Antrag hat er in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
18 
Zur Begründung macht der Kläger wie bereits im Widerspruch geltend, sowohl das Amtsblatt Nr. 27 vom 03.07.2008 wie auch die Presse habe über die Kostenexplosion des Projekts berichtet. Diese würden von den Bürgern als Informationsquellen genutzt. Außerdem habe bei seiner persönlichen Unterschriftsleistung in den letzten Tagen vor Abgabe des Sammelordners das Blatt „Anlage zur Unterschriftenliste“ ebenfalls auf dem Tisch gelegen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
den Bescheid der Beklagten vom 30.09.2008 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 17.11.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das beantragte Bürgerbegehren zuzulassen.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Zur Begründung beruft sie sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und ihres Beschlusses, wonach das Bürgerbegehren schon deshalb unzulässig sei, weil den Unterschriftenlisten keine Begründung beigefügt gewesen sei. Darüber hinaus könne ein Bürgerentscheid schon deshalb nicht mehr stattfinden, weil die Gemeinde durch den Abschluss des Kreuzungsvertrages mit der DB Netz AG nach außen hin rechtlich gebunden sei und der Bürgerentscheid ihr kein Kündigungsrecht gebe. Weiter wird geltend gemacht, der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 Gemeindeordnung - GO - sei entsprechend anzuwenden, wenn die Maßnahme - wie hier - aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werde. Darüber hinaus handele es sich nicht um eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde. Die geplante Straße werde aufgrund der Widmung nicht nur den Einwohnern der Gemeinde zur Verfügung stehen, sondern jedermann, weshalb das Vorhaben über den Wirkungskreis der Gemeinde hinausgehe.
24 
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Stellungnahme der ...-... GmbH zu den Terminplanungen der Baumaßnahme eingeholt. In der Stellungnahme vom 27.11.2008 heißt es, für den Einbau der notwendigen Hilfsbrücken müssten sogenannte „Sperrpausen“ angemeldet werden, dies sei nun für den Zeitraum 18.07. bis 27.07.2009 erfolgt. Der eigentliche Baubeginn, d.h. die ersten Baumaßnahmen seien für den 02.03.2009 geplant. Dieser Termin sei wegen der Sperrpausen im Juli 2009 nicht mehr disponibel. Müssten die Sperrpausen abgesagt werden, käme es zu einer Verzögerung des Baubeginns von ca. 24 Monaten.
25 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Frau V.-L. als Zeugin gehört. Diese hat angegeben, sie sei aufgrund des Zeitungsartikels tätig geworden. Sie hätten im Freundeskreis überlegt, wie die Baumaßnahme zu stoppen sei und erkannt, dass dies nur durch ein Bürgerbegehren möglich sei. Sie hätten dann im Zeitraum vom 21.07. bis 12.08.2008 Unterschriften gesammelt. Die Unterschriftenlisten hätten auf der Poststelle ausgelegen, ferner sei sie - und auch andere - von Haustür zu Haustür gegangen und habe Unterschriften gesammelt. Eines Tages sei dann der Bürgermeister zum Postamt gekommen und habe Herrn W. auf die fehlende Begründung des Bürgerbegehrens hingewiesen. Daraufhin habe sie die Begründung verfasst und auch Herrn W. zugeleitet. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Begründungsblätter den Unterschriftenlisten lose beigelegen. Sie selbst habe die Begründungsblätter immer dabei gehabt, sie könne jedoch nicht sicher sagen, dass jeder Unterschriftenliste ein Begründungsblatt beigelegen habe. Sie könne auch nicht sicher sagen, wie Herr W. das gehandhabt habe. Ab wann das Begründungsblatt den Unterschriftenlisten beigefügt gewesen sei, könne sie datumsmäßig nicht mehr fixieren, auch könne man nicht nachvollziehen, wie viele Unterschriften geleistet worden seien, nachdem die Begründung erstellt worden sei. Da sie in der letzten Woche die meisten Unterschriften gesammelt hätten, könne sie sich gut vorstellen, dass schon nach Existenz des Begründungsblattes genug Unterschriften für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gesammelt worden seien, belegen könne sie das aber nicht.
26 
Ferner ist der Projektleiter der ...-... GmbH angehört worden. Dieser hat angegeben, der Beginn der Baumaßnahmen sei auf März 2009 festgelegt. Dies sei erforderlich, um die Sperrpausen im Juli 2009 zu nutzen. Am 04.07.2009 werde die erste Hilfsbrücke eingebaut. Das Bauende sei voraussichtlich im November 2009. Den Begriff „Sperrpause“ müsse man sich wie folgt vorstellen: Während mancher Arbeitsschritte sei nur ein Gleis blockiert und der Zugverkehr könne über das andere umgeleitet werden. Es gebe aber bestimmte Arbeitsschritte, bei denen die Baumaschinen nicht nur ein Gleis blockieren, sondern auch auf Nachbargleise hineinragen würden, sodass für diese Zeiten kein Zug die Baustelle passieren könne. Solche Baumaßnahmen würden in der Regel in der Nacht von einem Sonntag auf einen Montag durchgeführt, da in diesen Nächten die wenigsten Güterzüge unterwegs seien. Die Dauer dieser Baumaßnahmen, die die Bahnlinie voll blockierten, sei zwar jeweils relativ kurz, oft nur ca. zwei Stunden. Wegen der dichten Taktfrequenz auf dieser Strecke sei es jedoch erforderlich, diese Sperrpausen langfristig zu planen, der zeitliche Vorlauf liege derzeit bei ca. zwei Jahren. Die Anmeldung der Sperrpause für Juli 2009 habe also im Jahr 2007 stattgefunden. Neben dieser mehrjährigen Planung gebe es auch eine unterjährige Planung, die ca. 28 Wochen vor dem Projektbeginn einsetze. Die unmittelbare Bau- und Betriebsplanung lege dann die einzelnen Bauschritte konkret fest, dafür würden die verantwortlichen Planer und Bauleiter namentlich benannt, dies erfolge ca. 6 Wochen vor Beginn der Maßnahme. Im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses vom 30.06.2008 sei aus Sicht der Bahn „die Saat längst ausgebracht“ gewesen. Hätte die Gemeinde für diesen Zeitpunkt die Weiterführung der Maßnahme abgelehnt, hätten die Sperrpausen im Juli 2009 abgesagt werden müssen. Hätte man sich dann jedoch entschlossen, doch zu bauen, hätte eine Weiterplanung wegen erforderlicher neuerer Sperrpausen frühestens nach zwei Jahren erfolgen können. Die Vorlaufzeit für die Sperrpausen wirke für Außenstehende zwar lang, jedoch müsse bedacht werden, dass es an den Eisenbahntrassen ja nicht nur jeweils eine Baustelle gäbe. Jede Baustelle führe zu Verzögerungen für einzelne Züge, die sich dann zu Verspätungen addieren würden. Die verschiedenen Baustellen müssten also so koordiniert werden, dass sich die Einzelverzögerungen nicht zu Zugverspätungen aufaddierten. Dieses zur Verfügung stehende Zeitkontingent werde durch die Sperrpausen zugeteilt. Die Zuteilung der Sperrpausen erfolge durch die Netz AG, deren genaue Kriterien kenne er nicht.
27 
Auf entsprechende Fragen des Klägers hat Herr H. Folgendes angegeben: Wann er über das Bürgerbegehren informiert worden sei, wisse er nicht. Man habe ihm das wohl telefonisch mitgeteilt, dies habe für seine Arbeiten jedoch keine Konsequenzen gehabt. Hinsichtlich der Sperrpausen ändere sich bei einer Verschiebung der Baumaßnahme insoweit nichts, als bestimmte Arbeiten eben am Wochenende durchgeführt werden müssten, etwa der Einbau der Hilfsbrücken. Dass für die Zeit der Sperrpausen Züge über andere Strecken umgeleitet würden, könne sein, das wisse er nicht, da diese Disposition von der Netz AG gemacht werde. Das deutsche Eisenbahnnetz stehe ja nicht nur der DB zur Verfügung, sondern ebenso anderen, auch ausländischen Eisenbahngesellschaften. Die Nutzung des Schienennetzes koordiniere die Netz AG, dazu könne er nichts sagen. Auch der Kreuzungsvertrag werde von der Gemeinde mit der DB Netz AG geschlossen.Wann die einzelnen Unterschriften geleistet worden seien, könne er nicht sagen. Der Bürgermeister der Beklagten hat an dieser Stelle erläutert, er habe am 03.11.2008 unterschrieben, die Gegenzeichnung sei wohl am 13.12.2008 erfolgt. Angesprochen auf Vorleistungen hat Herr H. erläutert, allein während der letzten drei Wochen seien Vorarbeiten im „sechsstelligen Eurobereich“ durchgeführt worden. So habe er etwa schon die zu verlegenden Kabel bestellt. Dabei handele es sich um spezielle Fernmeldekabel, die nur für diese Baustelle angefertigt würden und anderweitig nicht verwertbar seien. Werde auf den Bau verzichtet, könne er die Kabel eigentlich nur noch zum Materialwert verkaufen. Auch seien schon Baumaßnahmen mit einem Volumen von rund 1,8 Mio. EUR ausgeschrieben worden, die Submission sei für Ende Januar 2009 geplant. Man müsse sich immer vor Augen führen, dass die Planungsarbeiten schon seit ca. zwei Jahren liefen.
28 
Der Bürgermeister der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung noch erläutert, das Regierungspräsidium habe mündlich einen Zuschuss von insgesamt 1,7 Mio. EUR zugesagt. Die Kosten der Gesamtmaßnahme würden aktuell auf 4,2 Mio. EUR veranschlagt, die Finanzierung sei gesichert.
29 
Dem Gericht liegen die Behördenakten vor. Auf diese sowie die Gerichtsakten - auch des Verfahrens 7 K 2643/08 - wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
33 
Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
34 
(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
39 
(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
40 
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
41 
Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
42 
Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
43 
Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
44 
Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
45 
Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
47 
Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
48 
Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
49 
Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
50 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
51 
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
52 
Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
53 
Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

Gründe

 
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Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
33 
Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
34 
(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
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(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
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Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
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Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
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Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
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Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
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Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
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Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
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Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
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Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
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Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
50 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
51 
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
52 
Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
53 
Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07. Juli 2010 - 8 K 1363/10 - geändert.

Im Wege der einstweiligen Anordnung wird vorläufig festgestellt, dass das am 19. Januar 2010 eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller sind Mitunterzeichner eines am 19.01.2010 eingereichten Bürgerbegehrens zu der Frage, „ob in der Stadt Nagold den Schlossberg hinauf zur Burg Hohennagold eine Treppe errichtet werden soll“.
Mit Bescheid vom 17.03.2010 lehnte die Antragsgegnerin auf der Grundlage des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 16.03.2010 den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids mit der Begründung ab, dass die Sechswochenfrist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO nicht eingehalten worden sei. Das im Januar 2010 eingereichte Bürgerbegehren richte sich gegen den Beschluss des Gemeinderats vom 22.07.2008, mit dem dieser den Rahmenplan für die Daueranlagen zur Landesgartenschau 2012 beschlossen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die hiergegen eingelegten Widersprüche der Antragsteller als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bürgerbegehren sei deshalb unzulässig, weil es sich gegen den Beschluss des Gemeinderats vom 22.07.2008 richte und nicht innerhalb der in § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO bestimmten Frist von sechs Wochen eingereicht worden sei. Bei dem Beschluss vom 22.07.2008 habe es sich um einen weichenstellenden Grundsatzbeschluss des Gemeinderats auch hinsichtlich der Errichtung der Schlossbergtreppe gehandelt. Mit der Zustimmung zum Rahmenplan habe der Gemeinderat eine Grundsatzentscheidung über das Ob der Errichtung der im Rahmenplan enthaltenen Anlagen und damit auch der Treppe zur Burg Hohennagold getroffen. Mit dem Rahmenplan sei der Standort der Treppe festgelegt und lediglich unter den Vorbehalt der Grundstücksverfügbarkeit gestellt worden. Die Festlegung des Verlaufs der Treppe sei bereits ausreichend konkret gewesen. Der Gemeinderat habe auch über den Kostenrahmen entschieden. In der nicht öffentlichen Klausurtagung des Gemeinderats am 05.07.2008 seien die jeweils veranschlagten Einzelbeträge für die Maßnahmen genannt worden. Für alle Daueranlagen sei seinerzeit von Kosten in Höhe von 18,9 Mio. EUR ausgegangen worden. Darin seien auch die Kosten der Schlossbergtreppe enthalten. Seit dem Beschluss vom 22.07.2008 habe der Gemeinderat keine weiteren inhaltlichen Beschlüsse zum Rahmenplan der Landesgartenschau 2012 bzw. zum Bau der Treppe zur Burg Hohennagold gefasst, die Anknüpfungspunkt für das vorliegende Bürgerbegehren sein könnten. Der Beschluss vom 22.07.2008 habe nach Ablauf der Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO Sperrwirkung entfaltet gegenüber Bürgerbegehren, die sich inhaltlich gegen diesen Beschluss richteten. Diese Sperrwirkung hätte nur durch den Eintritt einer wesentlich veränderten neuen Sachlage oder durch eine erneute Befassung des Gemeinderats, die die Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO für ein Bürgerbegehren wieder in Gang setze, durchbrochen werden können. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. In der weiteren Konkretisierung der Planung bezüglich der Treppe sei bereits begrifflich keine wesentliche Veränderung der Sachlage zu sehen, da sich diese innerhalb der Vorgaben des Rahmenplans bewege.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 07.07.2010 die Anträge der Antragsteller, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass das am 19.01.2010 eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist, abgelehnt. Es fehle an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Das Bürgerbegehren sei aller Voraussicht nach unzulässig, weil es nach Ablauf der in § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO vorgeschriebenen Frist eingereicht worden sei.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerden tragen die Antragsteller vor, ein Anordnungsgrund sei gegeben, weil mit den Bauarbeiten nach Erteilung der noch ausstehenden naturschutzrechtlichen Befreiung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe noch im Herbst 2010 begonnen werden solle. Der Anordnungsanspruch sei zu bejahen, weil das Bürgerbegehren sich nicht gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 22.07.2008 richte. Dieser Gemeinderatsbeschluss habe lediglich die Vorplanung betroffen. Inzwischen sei das Spätstadium der Planung erreicht. Eine Vielzahl von Ausgestaltungsfragen sei zwischenzeitlich geklärt. Erst jetzt könne das Für und Wider der Treppenanlage durch das Naturschutzgebiet abschließend und umfassend beurteilt werden. Es handele sich daher um ein initiierendes Begehren, welches nicht gegen einen Beschluss des Gemeinderats gerichtet sei.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin sowie des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller sind zulässig und begründet.
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 27.04.2010 - 1 S 2810/09 - VBlBW 2010, 311) schließt der Umstand, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung hat, die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Durchführung eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids zu sichern, nicht aus. Zulässig ist eine vorläufige gerichtliche Feststellung, dass das Bürgerbegehren zulässig ist. Eine solche gerichtliche Entscheidung ist geeignet, die Position der Antragsteller zu verbessern. Mit der vorläufigen gerichtlichen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens lässt sich zum einen ein Warneffekt für die Antragsgegnerin dahingehend erzielen, sich während der Dauer eines etwaigen Hauptsacheverfahrens der Risiken bewusst zu sein, die mit weiteren Vollzugsmaßnahmen einhergehen, wenn ihren Maßnahmen gegebenenfalls nachträglich die Grundlage entzogen wird und ihr hierdurch finanzielle Nachteile entstehen können. Zum anderen ist damit ein Appell für die Antragsgegnerin verbunden, auf die der Bürgerschaft nach § 21 Abs. 3 GemO zustehenden Kompetenzen bei ihrem weiteren Vorgehen Rücksicht zu nehmen.
10 
Die begehrte vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen (Senatsbeschl. v. 27.04.2010, a.a.O.).
11 
Daran gemessen ist ein Anordnungsgrund zu bejahen, weil mit der Realisierung des Vorhabens unmittelbar nach Erteilung der beim Regierungspräsidium Karlsruhe bereits beantragten naturschutzrechtlichen Befreiung begonnen werden soll. Für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren die Antragsgegnerin rechtskräftig verpflichtet würde, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, könnten bis dahin die Baumaßnahmen soweit fortgeschritten sein, dass ein nachfolgender Bürgerentscheid, soweit er überhaupt noch rechtlich möglich wäre, jedenfalls angesichts vollendeter Tatsachen das Abstimmungsverhalten der Bürger beeinflussen und damit das Recht der Bürger wirkungslos machen würde. Die - rechtlich zulässige -Schaffung vollendeter Tatsachen käme daher einem drohenden Rechtsverlust gleich.
12 
Die Antragsteller haben des Weiteren einen den oben genannten Anforderungen gerecht werdenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
13 
Nach § 21 Abs. 3 GemO kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 v.H. der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden mit nicht mehr als 50.000 Einwohnern von 2.500 Bürgern.
14 
Die Errichtung einer Treppe zur Burg Hohennagold als Teilprojekt der im Zuge der Landesgartenschau 2012 geplanten Daueranlagen ist eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fällt. Das schriftlich eingereichte Bürgerbegehren enthält auch die zur Entscheidung zu bringende Frage und eine ausreichende Begründung. Ein Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme war hier entbehrlich, da mit dem Bürgerbegehren letztlich der Verzicht auf eine Baumaßnahme begehrt wird. Mit 2.830 gültigen Unterschriften ist die erforderliche Anzahl von Unterzeichnern erreicht.
15 
Schließlich steht die Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht entgegen. Der Gemeinderatsbeschluss vom 22.07.2008 entfaltet gegenüber dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren keine Sperrwirkung gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO. Der Beschluss lautet:
16 
1. Der Gemeinderat beschließt einstimmig den Rahmenplan für die Daueranlagen zur Landesgartenschau 2012, wie in Anlage 1 zur Drucksache 169/2008 dargestellt.
17 
2. Der Gemeinderat nimmt ferner davon Kenntnis, dass die dadurch entstehenden und in der Drucksache erläuterten Kosten in ihrer Finanzierung noch nicht endgültig gesichert sind. Die Finanzierung ist in der mittelfristigen Finanzplanung 2009 bis 2012 nachzuweisen.
18 
Gegenstand des Rahmenplans ist u. a. die streitige Treppenanlage als wesentlicher Teil des Gesamtkonzepts der Landesgartenschau. Die Treppenanlage ist im Rahmenplan sowohl in der zeichnerischen als auch in der textlichen Darstellung enthalten. In den im Rahmenplan enthaltenen Plänen ist der Verlauf der geplanten Treppe eingezeichnet und mit der Bezeichnung „Schlossbergtreppe“ versehen. Im Erläuterungsbericht zum Rahmenplan heißt es unter der Überschrift Schlossberg:
19 
„Der serpentinenartig geführte Weg tangiert in jeder zweiten Kehre die neue Schlossbergtreppe, die von der Gartenterrasse an der Minigolfanlage geradlinig (unter Berücksichtigung der Grundstücksverfügbarkeit) auf die Burg führt. Die Treppe ist Teil einer Achse, die sich vom keltischen Grabhügel “Krautbühl“ über die bestehende Freibadbrücke bis zur Burg Hohennagold hinauf spannt, die damit deutlich besser an den Park und die Stadt angebunden wird.“
20 
Der Rahmenplan wurde in der Zeit vom 14.07.2008 bis 31.07.2008 zur Information der Bürger im Foyer des Rathauses der Stadt Nagold ausgestellt. Hierauf war auf der Nagoldseite des Schwarzwälder Boten - dem öffentlichen Bekanntmachungsorgan der Antragsgegnerin - hingewiesen worden. Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung vom 22.07.2008 berichtete auch die Presse über den Inhalt des Rahmenplans und erwähnte dabei ausdrücklich auch die „direkte Stufenverbindung zur Burg“ (Bericht im Schwarzwälder Boten vom 16.07.2008). In einem weiteren Bericht des Schwarzwälder Boten vom 25.07.2008 wurde über den Beschluss des Gemeinderates vom 22.07.2008 berichtet und der Inhalt des Rahmenplans erläutert. In dem Bericht heißt es, der Gemeinderat habe eine „erste verbindliche Planung für die Landesgartenschau 2012“ getroffen. Der „Treppenaufgang zur Burg“ wurde in dem Pressebericht ausdrücklich erwähnt.
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Aus der zeichnerischen Darstellung im Rahmenplan war allein der Verlauf der geplanten Treppe erkennbar. Auch aus dem Erläuterungsbericht war kein Aufschluss über die geplante Dimension der Treppe, das Baumaterial etc. zu erlangen. Das Protokoll der Klausurtagung des Gemeinderats vom 05.07.2008 belegt ebenfalls, dass man sich über die Ausführung der Treppe noch keine Gedanken gemacht hatte. Im Bericht des Schwarzwälder Boten vom 25.07.2008 ist ausdrücklich davon die Rede, dass der Gemeinderat eine erste verbindliche Planung für die Landesgartenschau 2012 getroffen habe. Bei dieser Sachlage handelt es sich bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 22.07.2008 um einen die eigentliche Planung einleitenden weichenstellenden Grundsatzbeschluss im Sinne der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 18.06.1990 - 1 S 657/90 - BWGZ 1992, 599), der zwar bürgerentscheidsfähig ist, aber gegenüber dem auf einer späteren Planungsstufe eingereichten Bürgerbegehren keine Sperrwirkung entfaltet, weil sich das Für und Wider des Vorhabens erst jetzt einigermaßen verlässlich beurteilen lässt.
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Die Bürger sind, auch wenn ein erster, die eigentliche Planung einleitender Grundsatzbeschluss bereits bürgerentscheidungsfähig sein mag, nicht gehalten, bereits in einem Stadium gegen ein Vorhaben vorzugehen, in dem sich das Für und Wider noch nicht einigermaßen verlässlich beurteilen lässt (vgl. in diesem Sinne bereits Senatsurteil vom 18.06.1990, a.a.O.; ähnlich auch Sapper, VBlBW 1983, 89 <93 f.>). Dies war hier indes im Juli 2008 noch nicht der Fall. Aus dem Rahmenplan ergab sich lediglich der ungefähre Verlauf der geplanten Treppe sowie die ungefähren Gesamtkosten für die zu erstellenden Außenanlagen zur Landesgartenschau 2012, nicht aber die Kosten für die Schlossbergtreppe. Die nähere Ausgestaltung der Treppe war völlig offen. Das Baumaterial (Holz, Stein oder Stahl) war noch nicht festgelegt. Nicht erkennbar war, dass zur Verankerung der Treppe an der Hanglage des Berges 27 Betonstreifenfundamente von beträchtlicher Tiefe und Breite erforderlich sein würden. Die weitere Ausgestaltung der Treppe mit 1,80 m Breite, einer mindestens 5 m breiten Schneise durch das Waldgebiet, mittigem Stahlrohr und Beleuchtung war ebenfalls noch offen. Ebenso wenig war bekannt, dass umfangreiche Bastionen/Mauern und Sichtplätze geplant sind, die mit 266.000,-- EUR netto zu Buche schlagen. Erst nach Einreichung des Bürgerbegehrens wurde den Initiatoren Einsicht in die Planungsunterlagen gewährt. Damit ist erst jetzt ein Planungsstadium erreicht, in dem sich die Vor- und Nachteile des Vorhabens einigermaßen verlässlich beurteilen lassen.
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Für die Bürgerschaft war im Sommer 2008 auch nicht erkennbar, dass der Gemeinderat mit dem die Planung einleitenden Beschluss bereits beabsichtigt haben könnte, über die Errichtung der Schlossbergtreppe abschließend zu entscheiden und dass eine weitere Befassung des Gemeinderats, die (erneut) die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eröffnen würde, nicht zu erwarten sei. Die Berichterstattung dürfte bei den interessierten Bürgerinnen und Bürgern vielmehr den Eindruck geweckt haben, dass der Gemeinderat sich nach Abschluss der Planungen nochmals mit dem Vorhaben befassen und zu gegebener Zeit grünes Licht für die Realisierung geben werde. Dies gilt umso mehr, als in der Presse nicht darüber berichtet wurde, dass der Gemeinderat am gleichen Tag - in nichtöffentlicher Sitzung - die weiteren Planungen auf die Landesgartenschau Nagold 2012 GmbH übertragen und den Gesellschaftervertrag beschlossen hat, in dem die Übertragung dieser Aufgaben enthalten ist. Über die Gründung der Landesgartenschau Nagold 2012 GmbH wurde erst in Artikeln vom 05.08.2008 und vom 07.08.2008 berichtet. Dass diese GmbH umfassend für die weiteren Planungen zuständig sein würde, ließ sich diesen Presseartikeln indes nicht entnehmen. Die Bürgerschaft konnte nach alledem davon ausgehen, dass - wie bei gestreckten Planungsverfahren üblich - der Gemeinderat sich mehrfach mit der Angelegenheit befassen werde, insbesondere nach Abschluss der Planungen einen Projektbeschluss fassen werde, der grünes Licht für die Realisierung gibt.
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Der Umstand, dass die weiteren Planungen, die Durchführung der Landesgartenschau und alle damit verbundenen Maßnahmen durch notariellen Vertrag auf die Landesgartenschau Nagold 2012 GmbH übertragen wurden, führt nicht zu einer Verkürzung der bürgerschaftlichen Mitgestaltungsrechte. Der Vertrag vermag an der gesetzlichen Zuständigkeit des Gemeinderats nichts zu ändern. Dementsprechend gehen auch die Antragsgegnerin und die Widerspruchsbehörde davon aus, dass der Gemeinderat berechtigt wäre, das Verfahren wieder an sich zu ziehen und ein Projektbeschluss über die Realisierung der Schlossbergtreppe zu treffen, weil es sich um eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde handelt, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fällt. Dann sind aber auch die Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren nach § 21 Abs. 3 GemO gegeben. Eine neue Sechswochenfrist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO wurde nicht in Lauf gesetzt, weil die Detailplanung nicht vor Einreichung des Bürgerbegehrens bekannt gegeben wurde.
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Der Regelungszweck in § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO, die Effizienz und die Sparsamkeit kommunaler Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten, steht der Zulassung des Bürgerbegehrens zum jetzigen Zeitpunkt nicht entgegen. Die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen, so dass noch keine Baukosten, sondern lediglich Planungskosten angefallen sind. Dass diese möglicherweise vergeblich getätigt worden sind, ist hinzunehmen, da - wie aufgeführt - bürgerschaftliches Engagement sinnvollerweise erst in einem Stadium erwartet werden kann, in dem sich das Für und Wider eines Projekts einigermaßen verlässlich beurteilen lässt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Eine Reduzierung des Auffangstreitwerts im vorliegenden Eilverfahren kommt nicht in Betracht, weil mit Blick auf den strengen materiellen Prüfungsmaßstab die Entscheidung faktisch einer Vorwegnahme der Hauptsache nahe kommt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.