Verwaltungsgericht Trier Urteil, 02. Juni 2016 - 5 K 1332/16.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2016:0602.5K1332.16.00
bei uns veröffentlicht am02.06.2016

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

1. Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und über den von ihm gestellten Asylantrag zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger und die Beklagte haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger, der seinen Angaben zufolge 1993 geboren und somalischer Staatsangehöriger ist, begehrt eine Bescheidung des von ihm am 7. Januar 2014 bei der Außenstelle Trier des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) in Trier gestellten Asylantrags, nachdem er am 5. Dezember 2013 am Flughafen Frankfurt-Hahn bei seiner Einreise aus Italien aufgefallen und nachfolgend am 9. Dezember 2013 in Gießen als Asylsuchender erfasst worden war. Außerdem begehrt er eine Verpflichtung der Beklagten, ihm mitzuteilen, bis wann über seinen Asylantrag entschieden wird.

2

Bei einem Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am Tag der Asylantragstellung trug der Kläger vor, Somalia im Januar 2012 verlassen zu haben und auf dem Landweg über Äthiopien und den Sudan nach Libyen gereist zu sein. Von dort aus sei er im April 2012 mit einem Boot nach Italien übergesetzt, sei etwa einen Monat in Italien geblieben und dann in die Schweiz weitergefahren, wo er sich von Juni 2012 bis Januar 2013 aufgehalten habe, ehe er nach Italien zurückgeschoben worden sei. Im Dezember 2013 sei dann nach Deutschland geflogen.

3

Eine in Bezug auf den Kläger durchgeführte Eurodac-Recherche ergab einen Treffer „IT1…“. Außerdem ermittelte die Beklagte, dass dem Kläger in Italien am 24. Juni 2011 subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist.

4

Mit Bescheid vom 23. Juni 2014 stellte die Beklagte sodann unter Bezugnahme auf § 26a AsylG fest, dass dem Kläger in Deutschland kein Asylrecht zustehe, und ordnete seine Abschiebung nach Italien an. Diesen Bescheid hob die erkennende Kammer mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 25. Juni 2015 – 5 K 1241/14.TR – auf und führte zur Begründung der Entscheidung unter Bezugnahme auf ein Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 16. Juli 2014 – 10 A 10692/13.OVG – u.a. aus, dass § 26a AsylG vorliegend nicht anwendbar sei, weil dem Kläger im Anwendungsbereich der Dublin II-VO in Italien lediglich subsidiärer Schutz gewährt worden sei.

5

Nachfolgend übersandte die Beklagte dem Kläger zwei Fragebögen mit der Bitte, sie ausgefüllt zurückzusenden. Dem kam der Kläger am 7. September 2015 nach.

6

Nachdem die Beklagte auf eine Anfrage des Klägers vom 31. März 2016 unter Fristsetzung bis zum 14. April 2016, bis wann mit einer mündlichen Anhörung und einer Entscheidung zu rechnen sei, nicht geantwortet hatte, hat er am 15. April 2016 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend macht, dass die Beklagte gemäß § 24 Abs. 4 AsylG verpflichtet sei, ihm mitzuteilen, bis wann mit einer inhaltlichen Entscheidung über seinen Asylantrag zu rechnen sei. Der Antrag zu 1) werde im Hinblick auf die Bestimmung des § 44a VwGO gestellt.

7

Der Kläger, der sich ebenso wie die Beklagte, die eine generelle Einverständniserklärung abgegeben hat, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat, beantragt,

8

die Beklagte zu verpflichten,

9

1. sein Asylverfahren fortzuführen und den von ihm gestellten Asylantrag zu bescheiden,

10

2. ihm mitzuteilen, bis wann über seinen Asylantrag entschieden wird.

11

Die Beklagte beantragt, ohne sich zur Sache zu äußern,

12

das Verfahren auszusetzen und eine angemessene Frist für die Entscheidung festzusetzen,

13

und ersichtlich hilfsweise, die Klage abzuweisen.

14

Die Kammer hat mit Beschluss vom 23. Mai 2016 den Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die vorgelegte Verwaltungsakte.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO – ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist hinsichtlich des Antrags zu 1) in dem gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG – maßgebenden Zeitpunkt der jetzigen Entscheidung als Untätigkeitsklage im Sinne des § 75 VwGO zulässig und begründet; die Beklagte ist zur Fortführung des Verfahrens und zur Entscheidung über den Asylantrag des Klägers verpflichtet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO); hinsichtlich des Klageantrags zu 2) ist die Klage unzulässig.

17

Nach § 75 Satz 1 VwGO ist eine Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.

18

Die Voraussetzungen des § 75 Satz 2 VwGO, wonach eine Untätigkeitsklage nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Antragstellung erhoben werden kann, sind hinsichtlich des Antrags zu 1) vorliegend erfüllt, nachdem der Asylantrag des Klägers bereits vor nahezu 2 ½ Jahren gestellt wurde, ohne dass bislang über ihn entschieden worden ist.

19

Soweit die Beklagte in anderen Klageverfahren unter Bezugnahme auf einen Beschluss des VG Regensburg vom 6. Juli 2015 - RN 1 K 15.31185 -, juris, die Auffassung vertreten hat, dass im Asylrecht weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage sei, dass der Asylbewerber vor Klageerhebung bei der Beklagten einen Antrag im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG auf Mitteilung gestellt habe, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden werde, teilt die Kammer dieser Auffassung nicht.

20

Diese Bestimmung muss im Zusammenhang mit Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft - Verfahrensrichtlinie - gesehen werden, der zufolge die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Prüfungsverfahren, in dem Asylanträge bearbeitet werden, unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht wird und der Asylbewerber für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, a) über die Verzögerung informiert wird oder b) auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird, wobei allerdings diese Unterrichtung für den Mitgliedstaat keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber begründet, innerhalb dieses zeitlichen Rahmens eine Entscheidung zu treffen.

21

Diese europarechtliche Verpflichtung hat die Bundesrepublik Deutschland mit der Änderung des § 24 AsylG durch Gesetz vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970/1997) in nationales Recht umgesetzt, wobei es in der Gesetzesbegründung in der BT-Drucksache 16/5065 auf Seite 216 heißt:

22

„Absatz 4 setzt Artikel 23 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie um. Die Regelung verpflichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, auf Antrag mitzuteilen, innerhalb welcher Frist mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Eine Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb der angegebenen Frist wird hierdurch nicht begründet.“

23

Demzufolge ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch § 24 Abs. 4 AsylG die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO einschränken wollte, zumal die Möglichkeit einer nicht antragsgebundenen Informationspflicht des Art. 23 Abs. 2a der Richtlinie 2005/85/EG nicht in nationales Recht umgesetzt wurde.

24

Hinzu kommt, dass der europäische Richtliniengeber die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu einer zügigen Bearbeitung von Asylverfahren in Art. 31 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes zur Neufassung der Richtlinie 2005/85/EG – neue Asylverfahrensrichtlinie – erneut bekräftigt hat.

25

Von daher stellt eine vorherige Antragstellung im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG nach ständiger Rechtsprechung der Kammer keine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Erhebung einer Untätigkeitsklage im Bereich des Asylrechts dar (vgl. Urteil vom 25. Januar 2016 – 5 K 3792/15.TR –; ebenso: VG Lüneburg, Beschluss vom 15. April 2016 – 5 A 301/15 –, juris, VG München, Urteil vom 8. Februar 2016 – M 24 K 15.31419 –, VG Hannover, Beschluss vom 11. Januar 2016 – 7 A 5037/15 –, juris, VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 24 K 992/14.A -, juris, VG Osnabrück, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 5 A 390/15 –, juris)

26

Im Übrigen fehlt es der insoweit auf Bescheidung gerichteten Klage auch nicht deshalb am Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger gehalten wäre, statt auf Bescheidung unmittelbar auf Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung solcher Rechtspositionen zu klagen, die gemäß § 13 AsylG vom Asylantrag umfasst werden. Das Gericht ist nämlich in den Fällen der vorliegenden Art abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsprozessrechts nicht verpflichtet, selbst über den geltend gemachten Asylanspruch des Klägers zu entscheiden.

27

Zwar sind auch im Bereich des Asylrechts die Verwaltungsgerichte bei einer Verpflichtungsklage grundsätzlich gehalten, die Sache spruchreif zu machen und das Verfahren nicht an die Behörde zurückzuverweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 -, juris). Dies gilt indessen in den Fällen, in denen ein Asylbewerber erstmals einen Asylantrag gestellt hat, nur dann, wenn bereits eine behördliche Entscheidung über das Asylbegehren ergangen ist. Ist hingegen noch keine behördliche Entscheidung ergangen, so würde eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung der Sache und zum Durchentscheiden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen. Gelangt das Bundesamt nämlich nach entsprechender Prüfung zu dem Ergebnis, dass das Begehren keinen Erfolg haben kann, so ist es gehalten, mit der Bescheidung des Asylantrags zugleich über aufenthaltsbeendende Anordnungen zu entscheiden. Insoweit kommt in den Fällen der §§ 26a, 27a AsylG der Erlass einer auf der Grundlage des § 34a AsylG ergehenden sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung in Betracht. Gelangt das Bundesamt bei seiner Entscheidung nach § 31 AsylG indessen zu der Schlussfolgerung, dass das Begehren sachlich keinen Erfolg haben kann, sieht § 34 AsylG der Erlass einer Abschiebungsandrohung vor, wobei in den Fällen, in denen das Bundesamt den Asylantrag als gemäß §§ 29a, 30 AsylG offensichtlich unbegründet einstuft, § 36 AsylG das weitere Verfahren bestimmt und eine starke Beschleunigung der gerichtlichen Kontrolle der Bundesamtsentscheidung und eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers vorsieht. Eine vergleichbare Möglichkeit zum Erlass aufenthaltsbeendender Anordnungen steht dem Gericht indessen nicht zu, denn es kann weder eine Abschiebungsanordnung im Sinne des § 34a AsylG noch eine Abschiebungsandrohung im Sinne der §§ 34, 36 AsylG erlassen. Vielmehr müsste eine – erneut gerichtlich überprüfbare – Abschiebungsandrohung unter Fristsetzung nachträglich von der Behörde erlassen werden, was dem Beschleunigungsgedanken des Asylgesetzes völlig widerspricht (vgl. zu alledem: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, juris). Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht im Asylrecht auch in den so genannten Dublin-Verfahren, in denen das Bundesamt den Asylantrag nicht in der Sache geprüft hat, den Gerichten keine Berechtigung zuweist, den geltend gemachten Asylanspruch sachlich zu prüfen, sondern eine Anfechtungsklage als allein statthafte Klageart ansieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 –).

28

Von daher kommt ein Durchentscheiden des Verwaltungsgerichts bei einer Asylverpflichtungsklage nur dann in Betracht, wenn der Kläger bereits mit einem erstmals in Deutschland gestellten Asylantrag beim Bundesamt erfolglos gebliebenen und in diesem Verfahren eine Abschiebungsandrohung ergangen ist (vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 –, a.a.O.; rechtskräftiges Urteil der erkennenden Kammer vom 30. Mai 2012 – 5 K 967/11.TR -, VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Oktober 2014, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es indessen vorliegend.

29

Ausgehend hiervon ist die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1) zulässig.

30

Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) ist die Klage indessen unzulässig.

31

Zwar bestimmt der als Rechtsgrundlage für dieses Begehren allein in Betracht kommende § 24 Abs. 4 AsylG, dass in den Fällen, in denen eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, das Bundesamt dem Ausländer auf Antrag mitzuteilen hat, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. Allerdings kommt einer Mitteilung im Sinne der Norm keine Regelungswirkung zu, weil die Behörde sich durch sie keine verbindliche Frist setzt, sondern nur eine unverbindliche Zwischennachricht erteilt, mit welcher Verfahrensdauer in etwa zu rechnen ist (vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 16/5065 auf Seite 216 und BVerwG, Beschluss vom 16. März 2016 – 1 B 19/16 –, juris), so dass sie keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG darstellt (vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 25 Rdnr. 22a) und eine auf ihre Erteilung gerichtete Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO von vornherein unzulässig ist.

32

Der vom Kläger gestellte Verpflichtungsantrag kann auch nicht in Anwendung des §§ 88 VwGO in einen allgemeinen Leistungsantrag umgedeutet werden (vgl. zu einer derartigen Umdeutung: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 –OVG 6 B 40.15 –, juris), denn das Klagebegehren ist auch als allgemeine Leistungsklage unzulässig, weil es dem Kläger an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob es Voraussetzung für die Zulässigkeit einer allgemeinen Leistungsklage im öffentlichen Recht ist, dass vor Klageerhebung – woran es vorliegend fehlt – ein entsprechender Antrag bei der Behörde gestellt wurde (vgl. zur Frage eines derartigen Erfordernisses: BVerwG, Urteile vom 28. Juni 2001 – 2 C 48/00 – und vom 16. April 1997 – 6 C 9/95 –, juris), denn jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die erstrebte Mitteilung einen schützenswerten rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil erlangen könnte. Einem Asylbewerber, über dessen Asylantrag nicht in angemessener Zeit entschieden wurde, können nämlich durch einen Verstoß der Beklagten gegen die ihr durch § 24 Abs. 4 AsylG auferlegte Informationspflicht keine rechtlich oder tatsächlich relevanten Nachteile entstehen, da ihm durch die Möglichkeit der gerichtskostenfreien Untätigkeitsklage hinreichend Rechtsschutz gewährt wird (vgl. auch Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Band 3, B2. Rdnr. 64 mit weiteren Nachweisen), wobei eine vorherige Antragstellung im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG – wie bereits ausgeführt – keine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Erhebung einer Untätigkeitsklage im Bereich des Asylrechts.

33

Von daher stellt sich die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2) als unzulässig dar, ohne dass es darauf ankommt, ob der Zulässigkeit dieses Antrags außerdem § 44a VwGO entgegensteht (vgl. hierzu auch: VG Stuttgart, Urteil vom 3. Februar 2015 - A 6 K 3840/14 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Mai 2016 – A 11 S 223/16 – und das das vorstehend zitierte Urteil des VG Stuttgart betreffende Berufungsurteil vom 1. Dezember 2015 – A 11 S 490/15 –, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 44a Rdnrn. 1 und 3).

34

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie auch in der Sache begründet, denn es fehlt an einem sachlichen Grund für die bisherige Nichtbescheidung des Asylantrags des Klägers, so dass eine Aussetzung des Verfahrens nicht in Betracht kommt.

35

Wie den vorstehend zitierten Gesetzesmaterialien entnommen werden kann, sieht der Gesetzgeber eine Frist von sechs Monaten grundsätzlich als angemessene Zeit für eine Bearbeitung eines Asylantrags an. Von daher spricht zwar viel dafür, dass bis zum Ablauf dieser Frist stets ein zureichender Grund für eine Nichtbescheidung eines Asylantrages vorliegt. Dieser Sechsmonatszeitraum ist indessen vorliegend weit überschritten.

36

Soweit in der Rechtsprechung teilweise angenommen wird, dass dem Sechsmonatszeitraum stets weitere drei Monate hinzuzurechnen seien (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 13 L 148/14.A - mit weiteren Nachweisen, juris), kann dies dahingestellt bleiben, da vorliegend auch dieser Neunmonatszeitraum überschritten ist.

37

Im Übrigen muss nach Auffassung der Kammer auch gesehen werden, dass der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 – ausdrücklich betont hat, dass die Situation von Asylbewerbern nicht durch eine unangemessen lange Dauer zur Bearbeitung ihres Verfahrens verschlimmert werden darf, wobei das BVerwG eine Verfahrensdauer von etwas mehr als elf Monaten von der Asylantragstellung bis zur Erteilung der Zustimmung eines anderen EU-Mitgliedstaates zur Wiederaufnahme des Asylbewerbers nicht als unangemessen lang erachtet (vgl. Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 C 34/14 –, juris).

38

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es in der Praxis schwierig sei, das Verfahren innerhalb von 6 Monaten abzuschließen, und deshalb Art. 31 Abs. 3 Sätze 3 und 4 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes eine Bearbeitungszeit von bis zu 18 Monaten vorsehe, muss berücksichtigt werden, dass diese Norm gemäß Art. 52 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU von vornherein auf den Asylantrag des Klägers nicht anwendbar ist, die Mitgliedstaaten im Übrigen dieser Norm gemäß Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst bis zum 20. Juli 2018 nachzukommen haben und schließlich auch dieser 18-monatige Zeitraum vorliegend bereits verstrichen ist.

39

Schließlich kann ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des klägerischen Asylantrags auch nicht in der erheblich gestiegenen Zahl der beim Bundesamt anhängigen Asylverfahren gesehen werden. Zwar hat die Beklagte unter Angabe von statistischen Daten nachvollziehbar erläutert, dass die Zahl der Asylanträge in letzter Zeit enorm angestiegen ist. Der pauschale Hinweis darauf, dass diesen Herausforderungen durch organisatorische Umverteilungsmaßnahmen und Priorisierungsentscheidungen Rechnung getragen werden müsse und derzeit alle Entscheider mit dem Abbau des weiter steigenden Antragsanfalls beschäftigt seien, lässt indessen nur den Schluss zu, dass die Untätigkeit der Beklagten im vorliegenden Verfahren die Folge einer seit mehreren Jahren zu verzeichnenden ständigen Arbeitsüberlastung des Bundesamtes ist. Dies stellt indessen keinen sachlichen Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO dar (vgl. Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 28. Ergänzungslieferung 2015, § 75 Rn. 8 mit weiteren Nachweisen; rechtskräftiges Urteil der erkennenden Kammer vom 26. Mai 2015 – 5 K 726/15. TR –, VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Oktober 2014 a.a.O.). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, welche konkreten Vorkehrungen die Beklagte in der Vergangenheit getroffen hat, um Verfahren grundsätzlich in der Reihenfolge der Antragstellung abzuschließen und lediglich besonders eilbedürftige Verfahren einer schnelleren Erledigung zuzuführen. Ferner hat die Beklagten nicht hinreichend dargelegt, inwieweit sie im Vorfeld alles Zumutbare unternommen hat, um zusätzliches Personal zur Bewältigung der ansteigenden Verfahrenszahlen heranzuziehen bzw. einzustellen. Soweit sie in jüngster Zeit dahingehende Bemühungen getätigt hat, können diese angesichts des Zeitraums, der vorliegend bereits seit Stellung des Asylantrags vergangen ist, keine Aussetzung des Verfahrens im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO rechtfertigen.

40

Von daher ist die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1) in der Sache begründet.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

42

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 02. Juni 2016 - 5 K 1332/16.TR

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 02. Juni 2016 - 5 K 1332/16.TR

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 02. Juni 2016 - 5 K 1332/16.TR zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 30 Offensichtlich unbegründete Asylanträge


(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. (2) Ein Asylantrag ist

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29a Sicherer Herkunftsstaat; Bericht; Verordnungsermächtigung


(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Bewei

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26a Sichere Drittstaaten


(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 24 Pflichten des Bundesamtes


(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über sein

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 13 Asylantrag


(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer s

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 02. Juni 2016 - 5 K 1332/16.TR zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 02. Juni 2016 - 5 K 1332/16.TR zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Feb. 2016 - M 24 K 15.31419

bei uns veröffentlicht am 08.02.2016

Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Kläger vom ... Dezember 2013 bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 06. Juli 2015 - RN 1 K 15.31185

bei uns veröffentlicht am 06.07.2015

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eine R

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Mai 2016 - A 11 S 223/16

bei uns veröffentlicht am 04.05.2016

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 11. November 2015 - A 7 K 694/15 - wird zurückgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungsverfahrens zu je einem Drittel.Die Revision

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 01. Dez. 2015 - A 11 S 490/15

bei uns veröffentlicht am 01.12.2015

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Februar 2015 - A 6 K 3840/14 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Okt. 2015 - 1 C 34/14

bei uns veröffentlicht am 27.10.2015

Tatbestand 1 Der Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger und gehört der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya an. Er wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, dur

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 30. Okt. 2014 - 24 K 992/14.A

bei uns veröffentlicht am 30.10.2014

Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 5. August 2013, unter Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 1995 in der Person der Klägerin Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen, zu entscheiden

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 30. Mai 2012 - 5 K 967/11.TR

bei uns veröffentlicht am 30.05.2012

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Beklagte wird verpflichtet, im Asylverfahren des Klägers das ihr durch Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO eröffnete Selbsteintrittsrechts auszuüben und das Asylverfahren durchzuführen. Im Übrige

Referenzen

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eine Rechtsanwältin wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Hauptbeteiligten stimmen durch die am 25.6.2015 und 26.6.2015 bei Gericht eingegangenen Erklärungen in der Erledigung der Hauptsache überein. Das Verfahren ist demnach einzustellen.

Vorliegend sind die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen. Die Klage war unzulässig. Die Beklagte hat wegen der allgemein bekannten großen Zahl von Asylfällen bis zur Flüchtlingsanerkennung des Klägers keine unangemessen lange Zeit, § 75 VwGO, gebraucht. Der Kläger durfte deshalb zur Zeit der Klageerhebung nicht nach § 161 Abs. 3 VwGO mit einer Entscheidung rechnen. Über die Kosten des Verfahrens war damit gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.

Nach Asylantragstellung am 9.10.2014 hat die Klägerseite mit Schreiben vom 20.4.2015 nach Ablauf von sechs Monaten seit Antragstellung das Bundesamt um Entscheidung gebeten und erklärt, dass der Kläger Untätigkeitsklage erheben werde, wenn nicht bis zum 30.4.2015 seine Flüchtlingseigenschaft anerkannt werde. Gleichzeitig wurde um Akteneinsicht gebeten.

Das Bundesamt nannte keinen Entscheidungstermin nach § 24 Abs. 4 AsylVfG, sondern übersandte einen Fragebogen mit der Erklärung, im beschleunigten schriftlichen Verfahren entscheiden zu wollen. Dieser Fragebogen wurde mit Schreiben der Klägervertreter vom 26.5.2015 ausgefüllt zurückgesandt und um Entscheidung bis 15.6.2015 gebeten. Danach werde dem Kläger geraten, Untätigkeitsklage zu erheben.

Die Beklagte erkannte den Kläger mit Bescheid vom 9.6.2015 als Flüchtling an. Der Bescheid wurde am 15.6.2015 zur Post gegeben.

Der Kläger erhob mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.6.2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg am 17.6.2015, Untätigkeitsklage und stellte den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin.

Auf Hinweis des Gerichts erklärte die Klägerseite, die Untätigkeitsklage sei vor Zustellung des Bescheides erhoben worden, so dass die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen seien.

II.

Die Klage war unzulässig. Zwar kann nach § 42 Abs. 1 VwGO auf Erlass eines beantragten Verwaltungsaktes geklagt werden, nach § 75 VwGO ist aber Voraussetzung, dass die Behörde ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist entschieden hat. Hiervon kann vorliegend nach § 24 Abs. 4 AsylVfG nicht ausgegangen werden. Nach dieser Regelung besteht, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten nach Asylantragstellung eine Entscheidung ergangen ist, auf Antrag des Asylbewerbers eine Mitteilungspflicht, bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden wird.

Umstritten ist, ob § 24 Abs. 4 AsylVfG als Spezialvorschrift § 75 VwGO einschränkt oder ändert (VG Ansbach, B.v. 4.8.2014, AN 11 K 13.31060, m. w. N., juris). Nach Auffassung des Gerichts kommt es hierauf im Ergebnis nicht an, da § 24 Abs. 4 AsylVfG, durch den keine Entscheidungsfrist gesetzt wird (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 24, Rdnr. 16; Wolff in Hofmann/Hoffmann, HK-AuslR, 1. Auflage 2008, § 24, Rdnr. 28), jedenfalls zur Auslegung der angemessenen Frist nach § 75 VwGO maßgeblich ist.

Die der Beklagten für die Bearbeitung von Asylverfahren zustehende angemessene Frist ist wegen der allgemein bekannten stark gestiegenen Zahl von Asylverfahren relativ lang und läuft vor der Stellung des Antrags eines Asylbewerbers auf Mitteilung eines Entscheidungstermins nach § 24 Abs. 4 AsylVfG regelmäßig nicht ab. In allen öffentlichen Medien wird umfangreich und zutreffend darauf hingewiesen, dass gegenüber den bereits 2014 stark gestiegenen Asylbewerberzahlen im Jahr 2015 wiederum etwa eine Verdoppelung eingetreten ist. Weltweit lägen die höchsten jemals bekannt gewordenen Flüchtlingsströme vor. Hieraus ergibt sich eine starke Überlastung des Bundesamtes. Damit ist die nach § 75 VwGO erforderliche angemessene Zeit für die Entscheidung im Regelfall nicht kürzer als sechs Monate zuzüglich der vom Bundesamt zu nennenden weiteren Entscheidungsfrist.

Die lange Verfahrensdauer, die der Beklagten bis zu einer Entscheidung in Asylverfahren zugebilligt werden muss, ist von der Beklagten nicht verschuldet, da sie organisatorisch die notwendigen Voraussetzungen getroffen hat, lang dauernde Verfahren zu vermeiden. So wurden neue Zentrale Aufnahmeeinrichtungen geschaffen. Es konnte aber, insbesondere zu den sich aus dem Beamtenrecht ergebenden Bedingungen, die vorgesehene Zahl von Entscheidern nicht vollständig gewonnen werden. In der für den jetzigen Wohnsitz des Klägers geschaffenen, Anfang 2015 eröffneten Zentralen Aufnahmeeinrichtung konnte bisher sogar nur ein kleiner Teil der erforderlichen Entscheider eingestellt und eingearbeitet werden.

Die Beklagte kann damit nicht die erforderliche Zahl von Entscheidungen treffen, um eine schnellere Bearbeitung zu gewährleisten. Soweit Entscheidungen für einzelne Asylherkunftsländer noch dadurch hinausgeschoben werden, dass aufgrund interner Dienstanweisungen die Entscheidungen nicht nur in der Reihenfolge der Asylantragseingänge, sondern mit wechselnden Prioritäten nach Asylherkunftsländern bzw. Ländern, in die nach der Dublin III-Verordnung Asylbewerber zurückgeschoben werden, erfolgen, beruht dies auf der Organisationshoheit des Bundesamtes. Dies ist zulässig, soweit sachliche Gründe, z. B. Beschleunigung durch Fokussierung auf einzelne Länder, erkennbar sind. Hierzu gehört auch die Priorisierung auf Länder, bei denen mit kurzfristigen Abschiebungen der Asylbewerber wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Asylanträge zu rechnen ist.

Zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Entscheidung mit Schreiben der Klägervertreter vom 20.4.2015 war die Nennung eines Entscheidungszeitraumes nicht möglich, da zugunsten des Klägers geprüft werden sollte, ob das Verfahren ohne Anhörung des Klägers für diesen positiv abgeschlossen werden konnte. Bei Übersendung des auszufüllenden Fragebogens konnte nicht eingeschätzt werden, wann dieser zurückgesandt wird und ob sich hieraus eine Entscheidungsmöglichkeit ergeben werde.

Eine Möglichkeit zur Fristsetzung seitens der Klägervertreter bei Übersendung des Fragebogens mit klägerischem Schriftsatz vom 26.5.2015 ist gesetzlich nicht gegeben. Es hätte ein Antrag nach § 24 Abs. 4 AsylVfG gestellt werden müssen, aus dem sich zudem hätte ergeben müssen, dass nach der Akteneinsicht kein weiteres Vorbringen erfolgen sollte, das in der Entscheidung zu berücksichtigen wäre. Erst wenn das Bundesamt nach einem Antrag nach § 24 Abs. 4 AsylVfG einen unzumutbar langen Zeitraum bis zur Entscheidung genannt oder sich geweigert hätte, einen zumutbaren Entscheidungszeitraum zu nennen, wäre die Entscheidung nicht mehr in angemessener Frist nach § 75 VwGO erfolgt, woraus sich die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage ergeben hätte.

Wie lange eine solche Frist sein darf, kann nicht allgemein beantwortet werden, da sie von den genannten Umständen und den besonderen Gegebenheiten bei der entscheidenden Zentralen Aufnahmestelle abhängt. Mit Sicherheit ist diese Frist aber erheblich länger als die im Schreiben der Klägervertreter genannte Frist von etwa 2 ½ Wochen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Folge einer Überlastung großer Behörden auch lange behördeninterne Postlaufzeiten sind.

Das Gericht ist entgegen der Entscheidung des VG Düsseldorf (Urt. v. 23.12.2014, 13 K 653/14.A, zu § 17 Abs. 1 Unterabsatz 2 Dublin II-VO, juris) aber nicht der Auffassung, dass sich aus der Frist von drei Monaten zur Ersuchung des zuständigen Mitgliedstaates nach Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO eine Verlängerung der angemessenen Frist um weiter drei Monate auf neun Monate ergibt. Der Gesetzessystematik kann nicht entnommen werden, dass die Fristen nach Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO und § 24 Abs. 4 AsylVfG zu addieren wären. Eine Fristverlängerung bedarf aber Gründe, die sich aus der Sachlage des Einzelfalles oder wie vorliegend aus der großen Zahl der Asylverfahren ergeben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war unbeschadet der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nach § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch schon vor der durch die Flüchtlingsanerkennung eingetretenen Erledigung der Klage in der Hauptsache mangels Zulässigkeit der Untätigkeitsklage keine hinreichende Erfolgsaussicht bot.

IV.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 b AsylVfG).

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Kläger vom ... Dezember 2013 bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Kläger (Kl.) von der Beklagten (Bekl.) verlangen können, ihr Asylverfahren fortzuführen und binnen einer vom Gericht gesetzten Frist zu entscheiden.

Die Kl. sind nach eigenen Angaben afghanische Staatsangehörige und stellten am ... Dezember 2013 einen Asylantrag (Bl. ... f. der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] vorgelegten Verwaltungsakte, d. A.). Über diesen Antrag ist bis zum Tag der vorliegenden Entscheidung noch nicht entschieden.

Eine Anhörung nach § 25 Asylgesetz (AsylG; zuvor Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) hat im Verwaltungsverfahren ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte noch nicht stattgefunden (Bl. ... ff. d. A.). Das BAMF hat kein Dublin-Verfahren eingeleitet; Eurodac-Treffer sind nicht aktenkundig (Bl. ... ff. d. A.).

Eine Bitte des bereits im Verwaltungsverfahren bestellen Klägerbevollmächtigten (Bev.) vom ... Februar 2014 um Mitteilung eines Anhörungstermins blieb bislang unbeantwortet (Bl. 50 ff. d. A.).

Mit Klageschrift vom 23. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragte der Bev.,

die Bekl. zu verpflichten, über den Asylantrag der Kl. vom 11. Dezember 2013 zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 19. November 2015 legte das BAMF die Verwaltungsakte vor.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Dezember 2015 wurde die Bekl. gebeten, sich zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern.

Nachdem eine Rückäußerung seitens des BAMF zum gerichtlichen Schreiben vom 8. Dezember 2015 nicht erfolgte, teilte das Gericht den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Dezember 2015 mit, dass das Klageverfahren nicht nach § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen sei.

Zum 1. Januar 2016 ging die Berichterstattung im vorliegenden Klageverfahren aufgrund einer Änderung der Geschäftsverteilung innerhalb der 24. Kammer auf den Unterzeichnenden über, was den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt wurde.

Mit Erklärung vom 26. Januar 2016 verzichtete die Klagepartei gemäß § 101 Abs. 2 VwGO auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil alle Beteiligten klar, eindeutig und vorbehaltlos (vgl. BVerwG, B. v. 24.4.2013 - 8 B 91/12 - juris Rn. 3) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Klagepartei hat mit Erklärung vom 26. Januar 2016 und die Beklagtenpartei bereits mit genereller (auch den vorliegenden Rechtsstreit umfassender) Prozesserklärung vom 24. Juni 2015 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von O. ist vorliegend zwar gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses (VöI) Verfahrensbeteiligter aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 (vgl. zur Zulässigkeit sog. Generalbeteiligungserklärungen BVerwG, U. v. 27.6.1995 - 9 C 7/95 - BVerwGE 99, 38, juris Rn. 11). In diesen Erklärungen hat der VöI allerdings darum gebeten, ihm ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden, und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dabei bedurfte es weder einer gesonderten Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss (BVerwG, B. v. 15.5.2014 - 9 B 57/13 - Rn. 20, NVwZ-RR 2014-657) noch vor der Entscheidung im schriftlichen Verfahren der Bestimmung einer Schriftsatzfrist (BVerwG, B. v. 10.10.2013 - 1 B 15/13 - Rn. 5, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72, juris).

Das Klagebegehren ist auslegungsbedürftig (§ 88 VwGO), weil der Antrag keine explizite Aussage trifft, bis wann spätestens die Entscheidung, zu deren Erlass verpflichtet werden soll, zu ergehen haben soll. Im Hinblick auf die Regel des § 75 Satz 2 VwGO legt der Einzelrichter den Antrag (wie im gerichtlichen Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt) dahin aus, dass beantragt ist, die Bekl. zu verpflichten, über den klägerischen Asylantrag binnen 3 Monaten ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Klage zu entscheiden (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris, Tenorierung).

Das Verwaltungsgericht (VG) München ist für die so auszulegende Klage entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die Kl. im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG) ihren Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatten.

Der unterzeichnende Berichterstatter ist gemäß § 76 Abs. 1 AsylG als Einzelrichter zur Entscheidung berufen, nachdem die innerhalb des VG München zuständige Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 auf den jeweiligen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen hat.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG ist für die vorliegend ohne mündliche Verhandlung ergehende gerichtliche Entscheidung, derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem diese gefällt wird. Deshalb sind auch die durch Art. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722 - AsylVf-B-G) vorgenommenen und zum 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Änderungen des früheren Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), das durch das AsylVf-B-G in „Asylgesetz“ (AsylG) umbenannt worden ist, im Rahmen der vorliegenden Entscheidung zu berücksichtigen.

2. Die auf Verpflichtung zur bloßen Entscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage ist vorliegend zulässig.

2.1. Dass die Klage lediglich auf eine Verpflichtung zur Entscheidung an sich, nicht aber auf Verpflichtung zur Einräumung einer bestimmten (in der Sache begehrten) Position gerichtet ist, führt vorliegend weder nach § 75 VwGO noch nach § 44a VwGO zur Unzulässigkeit dieser Klage.

Nicht geklärt werden muss dabei, ob § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO allgemein eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Verpflichtungsklage ermöglicht oder ob § 75 VwGO vielmehr regelmäßig einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt.

Denn aus unionsrechtlichen Gründen ist jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie Asylbewerbern eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich gerichtete Untätigkeitsklage möglich. Entscheidend ist, dass sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dabei kann eine Anhörung durch ein Gericht in der mündlichen Verhandlung die in Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und in Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. vorgesehenen Anforderungen an die persönliche Anhörung nicht stets wahren. Denn einerseits sehen Art. 13 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL a. F. wie auch Art. 15 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL n. F. vor, dass die persönliche Anhörung vor der Verwaltung regelmäßig ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen und unter Bedingungen stattfindet, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, während der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. § 55 VwGO) Ausnahmen gemäß § 171a ff. GVG (i. V. m. § 55 VwGO) nur unter engeren Voraussetzungen zulässt (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dieser Vergleich des unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensanspruchs eines Asylbewerbers einerseits mit der Ausgestaltung des nationalen verwaltungsprozessualen Verfahrensrechts andererseits spricht dafür, dass ein Asylbewerber jedenfalls nicht verpflichtet ist, seine Untätigkeitsklage (gegen seinen Willen) auf bestimmte inhaltliche Rechtspositionen zu richten, deren Spruchreifmachung eine entsprechende Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht erforderlich machen könnte, sondern (zur Wahrung seiner unionsrechtlichen Verfahrensrechte im Asyl-Verwaltungsverfahren) seine Untätigkeitsklage auch auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung an sich richten kann.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der unionsrechtlich bedingten Möglichkeit einer nur auf Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichteten Untätigkeitsklage vorliegend etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. § 71a AsylG kann dabei von vornherein nur einschlägig sein, wenn (abgesehen von der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorgaben insbesondere der Dublin-Verordnungen) tatbestandlich i. S.v. § 71a Abs. 1 AsylG ein „erfolgloser Abschluss“ eines in einem anderen Dublin-Staat durchgeführten Asylverfahrens vorliegt. In Fällen, in denen ein derartiger „erfolgloser Abschluss“ nicht gegeben (und die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland anzunehmen) ist, ist deshalb auch der in Deutschland gestellte Asylantrag nicht als „Zweitantrag“ i. S. v. § 71a AsylG, sondern als „Asylerstantrag“ vom BAMF zu behandeln (vgl. BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50069, 13a B 113a B 15.50070, 13a B 113a B 15.50071 - Rn. 25, BeckRS 2016, 41335). Vorliegend geht aus dem vom BAMF vorgelegten Aktenmaterial nicht ansatzweise hervor, dass die Kl. überhaupt Kontakt zu anderen sicheren Drittstaaten i. S. v. § 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG (i. V. m. § 26a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage I zum AsylG) gehabt haben könnten. Unabhängig davon ist zu sehen, dass gemäß § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG die Ermittlung des Inhalts einer ablehnenden Entscheidung des anderen sicheren Drittstaates (deren Kenntnis für die Prüfung von § 51 VwVfG i. V. m. § 71a Abs. 1 AsylG unverzichtbar ist) dem BAMF obliegt und gegenüber Dublin-Staaten allein das BAMF gemäß Art. 34 Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-VO; zuvor: Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) 343/2003 - Dublin-II-VO) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Neufassung der Asylzuständigkeitsbestimmungen (AsylZBV) für die Zusammenarbeit mit dem anderen Dublin-Staat und damit insbesondere für den Datenaustausch über das sog. DubliNet (vgl. hierzu Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 - Dublin-Durchführungs-Verordnung [Dublin-DV]) zuständig ist. Dies und der Umstand, dass gleichzeitig die Übermittlung der inhaltlichen Daten aus dem Asylverfahren des anderen EU-Mitgliedstaates an das BAMF der Zustimmung des jeweiligen Antragstellers bedarf (Art. 34 Abs. 3 Satz 4 Dublin-III-VO), also auch insoweit eine subjektiv-rechtliche Steuerungsmöglichkeit der Asylbewerber besteht, sprechen dafür, auch insoweit eine auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage aus unionsrechtlichen Gründen (jedenfalls angesichts der besagten ausschließlichen BAMF-Kompetenzen innerhalb des Dublin-Systems) für zulässig zu halten.

Vor diesem Hintergrund steht auch § 44a VwGO einer auf bloße Entscheidung gerichteten Untätigkeitsklage im Anwendungsbereich der Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. nicht entgegen, zumal die Klage vorliegend nicht auf eine bloße Verfahrenshandlung (wie etwa auf eine Mitteilung des BAMF gemäß § 24 Abs. 4 AsylG) gerichtet ist, sondern auf eine Verpflichtung zu einer (das Verwaltungsverfahren abschließenden) „Entscheidung“.

2.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.

Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung), nicht notwendiger Weise aber bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 6 m. w. N.; BVerwG, U. v. 24.2.1994 - 5 C 24/92 - BVerwGE 95,149, juris Rn. 12). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem BAMF innerhalb des Verwaltungsverfahrens. Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG, der auf die Thematik einer Untätigkeitsklage nicht explizit eingeht. Auch die systematische Stellung des § 24 Abs. 4 AsylG spricht dagegen, dieser Vorschrift eine Sachurteilsvoraussetzung für ein gerichtliches Verfahren zu entnehmen. Denn das Asylgesetz trifft Sonderregelungen für das gerichtliche Verfahren in einem gesonderten Abschnitt (Abschnitt 9. Gerichtsverfahren; §§ 74-83b AsylG); in den §§ 74-83b AsylG ist aber eine Modifizierung der Sachurteilsvoraussetzungen der Untätigkeitsklage ebenso wenig vorgesehen wie in § 24 Abs. 4 AsylG. Schließlich liegt auch der Asylverfahrensrichtlinie (und zwar sowohl der AsylVf-RL a. F. als auch der AsylVf-RL n. F.) eine strikte Trennung von Verwaltungsverfahren (Kapitel III) und gerichtlichem Verfahren (Kapitel V) zugrunde (vgl. überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 52). Dabei sind die unionsrechtlichen Vorschriften, deren Umsetzung § 24 Abs. 4 AsylG dient (vgl. Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b AsylVf-RL a. F. und Art. 31 Abs. 6 Buchst. b AsylVf-RL n. F.), jeweils in dem das Verwaltungsverfahren betreffenden Kapitel III (Art. 23 ff. AsylVf-RL a. F.; Art. 31 ff. AsylVf-RL n. F.) angesiedelt, nicht aber in dem gerichtliche Rechtsbehelfe betreffenden Kapitel V (Art. 39 AsylVf-RL a. F.; Art. 46 AsylVf-RL n. F.).

Ob die Bekl. mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) - bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 30/86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12).

3. Die zulässige Untätigkeitsklage ist begründet. Die Kl. haben gegen die Bekl. einen Anspruch, binnen derjenigen Frist über den Asylantrag zu entscheiden, die dem auszulegenden Klagebegehren (s.o.) entspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

3.1. Die Sache ist spruchreif i. S.v. § 113 Abs. 5 VwGO - insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.

Nachdem die Bekl. keine nähere Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.

Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Bekl. zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen in dem bereits im gerichtlichen Anhörungsschreiben vom 22. Januar 2016 benannten Urteil des VG Osnabrück vom 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris (dort Rn. 34-38) an. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der Spruchreife des Falles etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. Wie gezeigt, ist weder von der Bekl. vorgetragen noch aus dem von der Bekl. vorgelegten Aktenmaterial mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass es vorliegend überhaupt zu einem Asylverfahren in einem anderen sicheren Drittstaat, geschweige denn zu einem erfolglosen „Abschluss“ eines solchen Asylverfahrens gekommen ist. Selbst wenn eine solche Konstellation vorliegen sollte, wäre es aber nach § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG Sache des BAMF gewesen, entsprechende weitere Ermittlungen zu veranlassen, was jedoch ausweislich des vom BAMF vorgelegten Aktenmaterials bislang nicht geschehen ist.

3.2. Die fehlende Entscheidung des BAMF über den Asylantrag der Kl. ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.).

Dabei beträgt die dem BAMF vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung 3 Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits. Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union - GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 25 Monate verstrichen sind. Eine Anhörung nach § 25 AsylG (zuvor: AsylVfG) hat bislang nicht stattgefunden. Zwar lässt sich aufgrund dieses Umstandes nicht sicher beurteilen, inwieweit über eine Anhörung hinaus eine weitere Sachaufklärung erforderlich werden könnte, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Andererseits hat die Bekl. keine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 25 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Anhörung nach § 25 AsylG erfolgt ist. Es kann dabei vorliegend dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Durchführung eines Dublin-Verfahrens durch das BAMF dafür sprechen kann, dem BAMF eine längere Entscheidungsfrist einzuräumen, wenn sich erst nach längerer Zeit herausstellen sollte, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist oder zuständig geworden ist - denn ein Dublin-Verfahren ist vom BAMF vorliegend schon nicht eingeleitet worden. Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate (also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Kl. an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem BAMF ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch 3 Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag des Kl. in der Sache zu entscheiden.

Der Fristablauf nach Rechtskraft des Urteils trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 42).

4. Nachdem die Kl. mit ihrer Klage in der vom Gericht vorgenommenen Auslegung (s. o.) vollständig obsiegen, hat die vollständig unterlegene Bekl. die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 5. August 2013, unter Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 1995 in der Person der Klägerin Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen, zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.

(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.

(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.

(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.

(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert



Tenor

1. Die Beklagte wird verpflichtet, im Asylverfahren des Klägers das ihr durch Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO eröffnete Selbsteintrittsrechts auszuüben und das Asylverfahren durchzuführen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen ihm noch nicht bekannt gegebenen Bescheid der Beklagten über die Unzulässigkeit des von ihm gestellten Asylantrags und erstrebt seine Asylanerkennung sowie die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zumindest aber die sachliche Bearbeitung seines Asylantrags.

2

Am 25. August 2010 stellte der Kläger bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Trier (Bundesamt) einen Asylantrag, nachdem er am 5. August 2010 bei der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen als Asylbewerber erfasst worden war.

3

Bei der Asylbeantragung gab er an, somalischer Staatsangehörigkeit und am ... in ... geboren zu sein, wo er auch gelebt habe; er gehöre der Volksgruppe der ... an und sei islamischer Religionszugehörigkeit. Er habe einen Reisepass besessen, wisse aber aufgrund des Krieges nicht, wo dieser sich befinde. Am ... habe er religiös die Ehe geschlossen, wisse aber nicht, wo sich seine Ehefrau aufhalte. Er sei Vater eines ... geborenen Sohnes, der bei der Mutter lebe. Er habe 8 Jahre lang die Schule besucht und den Beruf eines Technikers erlernt. In diesem Beruf habe er auch gearbeitet. Insoweit legte er einen Dienstausweis von ... vor.

4

Bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 15. September 2010 trug der Kläger vor, dass er am 16. Juli 2010 Mogadischu verlassen habe und in einem Kraftfahrzeug Richtung Nairobi gefahren sei, wo er am 25. Juli 2010 angekommen sei. Von dort sei er mit Emirate Airline über Dubai nach Frankfurt geflogen, wo er am 5. August 2010 morgens gegen 6 Uhr angekommen sei. Auf Nachfrage, wieso im Dezember 2009 seine Fingerabdrücke in Ungarn aufgenommen worden seien, erklärte der Kläger dann, dass er Mogadischu am 25. Oktober 2010 mit einem LKW verlassen habe, sieben Tags unterwegs gewesen sei und am 20. November 2011 mit einer türkischen Fluggesellschaft nach Rumänien geflogen sei. Von dort sei er zu Fuß nach Ungarn gelangt, wo er sich ca. sieben Monate aufgehalten habe. Er habe dort einen Asylantrag gestellt und Dokumente, aber keine Unterkunft und keine Unterstützung erhalten. Er habe nicht arbeiten können und auf der Straße gelebt. In Ungarn sei er mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen worden. Unterlagen über den Aufenthalt in Ungarn besitze er nicht. Schließlich sei er mit einem Bus nach Gießen gefahren, wo er am 5. August angekommen sei. Er sei Radiotechniker und habe bei einem für Mogadischu und Umgebung zuständigen Sender gearbeitet. Sein Vater habe als Soldat für ... gearbeitet und sei im Januar 2009 von Al-Shabab-Leuten umgebracht worden. Außerdem seien Mitarbeiter seines Senders ermordet worden, so dass er große Angst gehabt habe, ebenfalls umgebracht zu werden. Als er zusammen mit anderen Personen vor den Al-Shabab-Leuten weggelaufen sei, sei er gefallen und habe sich eine Verletzung zugezogen, die mit drei Stichen habe genäht werden müssen. Er sei telefonisch bedroht worden. Deshalb habe er Somalia verlassen.

5

Mit Anwaltsschriftsatz vom 7. Oktober 2010 machte der Kläger dann geltend, dass Deutschland verpflichtet sei, den Selbsteintritt zu erklären und das Asylverfahren sachlich durchzuführen Der Kläger sei psychisch schwer krank, seitdem er in Ungarn mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen worden sei, sei er traumatisiert. Ferner reichte er ein Attest des Univ.-Prof. Dr. med. ... vom 16. Dezember 2010 zu den Akten, in dem es heißt, dass der sehr ängstlich wirkende Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leide. Außerdem reichte der Kläger ein Schriftstück der Organisation Reporter ohne Grenzen vom 8. März 2011 zu den Akten, in dem es heißt, dass der vom Kläger genannter Sender 2009 vier Mitarbeiter, darunter den ehemaligen Direktor, durch Morde der islamistischen Gruppe Al Shabaab verloren habe. Ferner legte er eine ärztliche Stellungnahme des Vereins zur Unterstützung traumatisierter Patienten vom 15. April 2011 vor, die ebenfalls eine PTBS attestiert.

6

Auf entsprechendes Übernahmeersuchen der Beklagten stimmte Ungarn unter dem 25 Mai 2011 einer Überstellung des Klägers nach Ungarn zu und führte aus, dass der am 18. Dezember 2009 gestellte Asylantrag des Klägers zwar abgelehnt, ihm aber vorübergehender Schutz (beneficiary of temporary protection) zugebilligt worden sei.

7

Mit bislang allerdings nicht an den Kläger übermitteltem Bescheid vom 26. Mai 2011 entschied die Beklagte alsdann, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, seien nicht ersichtlich. Insoweit müsse Ungarn die vom Kläger geltend gemachten psychischen Probleme prüfen, zumal es dem Kläger bereits subsidiären Rechtsschutz gewährt habe. Außerdem heißt es in dem bislang nicht bekannt gegeben Bescheid, dass die Abschiebung des Klägers nach Ungarn angeordnet werde.

8

Am 14. Juli 2011 hat der Kläger alsdann Klage erhoben und darauf hingewiesen, dass er sich bis auf weiteres wegen einer PTBS in stationärer Behandlung im Pfalzklinikum Klingenmünster aufhalte und nicht reisefähig sei. Insoweit verwies er auf eine fachärztliche Bescheinigung der genannten Klinik.

9

Mit Beschluss vom 19. Juli 2011 - 5 L 971/11.TR - untersagte die erkennende Kammer der Beklagten auf Antrag des Klägers alsdann, einstweilen seine Rücküberstellung nach Ungarn zu betreiben. Zur Begründung des Beschlusses ist ausgeführt, dass der Kläger sich aufgrund der ärztlich attestierten Reise- und Transportunfähigkeit auf ein im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigendes inlandsbezogenen Abschiebungshindernis berufen könne.

10

Zur weiteren Klagebegründung macht der Kläger geltend, dass er ungeachtet dessen, dass er zwischenzeitlich aus der Klinik entlassen worden sei, weiterhin reise- und transportunfähig sei. Wegen der PTBS sei er zwischenzeitlich in Behandlung einer psychotherapeutischen Praxis; insoweit verweist er auf ein Attest des Dr. phil. ... vom 9. Dezember 2011. Des Weiteren verweist er auf eine nervenärztliche Stellungnahme der Dr. med. ... vom 2. Mai 2012. Ferner trägt der Kläger vor, dass das Übernahmeersuchen nach Ungarn nicht innerhalb von drei Monaten und damit verspätet gestellt worden sei und die Beklagte deshalb zu einem Selbsteintritt verpflichtet sei.

11

Ferner macht der Kläger geltend, dass berücksichtigt werden müsse, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Überstellung aus Österreich nach Ungarn gestoppt habe, weil Flüchtlinge dort nach Rückkehr bis zu einem Jahr inhaftiert würden. Von daher habe er einen Anspruch aus Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Beklagte. Als Sachverständige zu den gravierenden Mängeln im Asylverfahren in Ungarn solle Frau Marion Bayer gehört werden, die unter dem Titel "Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit" für ProAsyl einen umfangreichen Bericht zu den dortigen Verhältnissen erstellt habe, den er zu den Akten reichte. Im Übrigen habe der UNHCR in einem Bericht vom 24. April 2012 erhebliche Kritik an der Behandlung von Asylbewerbern in Ungarn geübt.

12

Im Hinblick auf das geltend gemachte Asylbergehren beruft der Kläger sich auf eine weitere zu den Akten gereichte Stellungnahme des Vereins Reporter ohne Grenzen vom 10. Oktober 2011, in der ausgeführt wird, dass die Situation in Somalia für den Kläger als ehemaligen Mitarbeiter der Radiostation ... sehr kritisch sei.

13

In der mündlichen Verhandlung vor Gericht hat der Kläger die ihm eingeräumte Möglichkeit, sich ergänzend zum Klagebegehren zu äußern, genutzt und ausführliche Angaben zur Sache gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Angaben wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift.

14

Der Kläger beantragt,

15

die Beklagte unter Aufhebung des bislang nicht zugestellten Bescheides vom 26. Mai 2011 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, die Flüchtlingseigenschaft festzustellen und festzustellen, dass im Hinblick auf seine Person in Bezug auf eine Abschiebung nach Somalia die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis Abs. 5 bzw. Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,

16

hilfsweise,

17

die Beklagte zu verpflichten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

18

Die in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertretene Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers schriftsätzlich entgegengetreten und bittet,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie ist der Auffassung, dass eine Überstellung des Klägers nach Ungarn aufgrund der Bestimmungen der Art. 16 Abs. 1e, 20 der Dublin-II-VO nicht fristgebunden sei. Im Übrigen korrespondiere das Selbsteintrittsrecht eines EU-Mitgliedstaates nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO nicht mit subjektiven Rechten eines Asylbewerbers. Außerdem erfülle Ungarn gegenüber asylbeantragenden Ausländern die europarechtlich vorgegebenen Mindeststandards. Diese Einschätzung widerspreche nicht dem Urteil des EUGH vom 21. Dezember 2011 - C-441/10.N.S. -, denn vereinzelte Ausreißer in der Behandlung einzelner Asylbewerber könnten kein allgemeines Selbsteintrittsrecht begründen. Insoweit müsse auch gesehen werden, dass der österreichische Asylgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Januar 2012 - S21 432260-1/2011 - ausgeführt habe, dass eine Überstellung von Asylbewerbern nach Ungarn möglich sei.

21

Die Kammer hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2011 den Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2012. Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die auf Blatt 178 ff. der Prozessakte aufgelisteten Unterlagen zu den Verhältnissen in Somalia lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die Klage, über die das Gericht trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - entscheiden kann, ist unzulässig, soweit der Kläger eine Aufhebung des bislang noch nicht bekanntgegebenen Bescheids vom 26. Mai 2011 erstrebt, denn dieser lediglich bei den Verwaltungsakten befindliche Bescheid ist gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 und 5 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - bislang nicht wirksam geworden, weil er dem Kläger (noch) nicht bekannt gegeben worden ist. Soll ein Asylantrag - wie hier - nach § 27 a AsylVfG abgelehnt werden, erfolgt die Bekanntgabe der Entscheidung zusammen mit der Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG durch Zustellung an den Ausländer selbst, § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten, soll diesem ein Abdruck der Entscheidung zugeleitet werden. Vorliegend fehlt es bislang an einer derartigen Bekanntgabe des Bescheides der Beklagten an den Kläger. Dass diesem der in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltene Bescheid auf dem Wege der Akteneinsicht seines Prozessbevollmächtigten in die Verwaltungsvorgänge bekannt geworden sind, stellt keine wirksame Bekanntgabe im Sinne der vorgenannten Vorschriften dar, da es schon an der erforderlichen Zustellung gegenüber dem Kläger selbst fehlt. Dieser Mangel wird auch nicht etwa durch § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG - geheilt, da die Anwendung dieser Vorschrift voraussetzt, dass die Behörde eine Zustellung vornehmen wollte (vgl. VG Frankfurt, Beschluss vom 6. Januar 2010 - 7 L 319/09.A -, juris, mit weiteren Nachweisen). Ein solcher Zustellungs-/Bekanntgabewille der Beklagten ist hier nicht erkennbar, so dass der bei den Verwaltungsakten befindliche Bescheid allenfalls als noch unverbindlicher Entwurf eines Bescheides angesehen werden kann und daher für eine Aufhebung durch das Gericht kein Raum ist.

II.

24

Soweit die Klage im Hauptantrag des Weiteren auf Asylanerkennung sowie die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft bzw. von Abschiebungsverboten gerichtet ist, ist sie unter Berücksichtigung des § 75 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - als Verpflichtungsklage in der Form der so genannten Untätigkeitsklage zulässig, denn der Kläger kann im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, möglicherweise einen Anspruch auf gerichtliche Verpflichtung der Beklagten zum Erlass der begehrten Entscheidungen zu haben.

25

Die Klage ist indessen bereits deshalb nicht begründet, weil für einen gerichtlichen Verpflichtungsausspruch vorliegend unter Berücksichtigung der asylrechtlichen Besonderheiten kein Raum ist. Die besondere - auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete - Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz steht nämlich der Annahme entgegen, dass das Verwaltungsgericht die Sache durch Ermittlung des gesamten für eine Sachentscheidung über den Asylantrag erforderlichen Sachverhalts spruchreif zu machen hätte, solange - wie vorliegend - noch keine Verwaltungsentscheidung über den Asylantrag ergangen ist.

26

Zwar sind auch im Bereich des Asylrechts die Verwaltungsgerichte bei einer Verpflichtungsklage grundsätzlich gehalten, die Sache spruchreif zu machen und das Verfahren nicht an die Behörde zurückzuverweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 -, juris). Dies gilt indessen in den Fällen, in denen ein Asylbewerber erstmals einen Asylantrag gestellt hat, nur dann, wenn bereits eine behördliche Entscheidung über das Asylbegehren ergangen ist. Ist hingegen noch keine behördliche Entscheidung ergangen, so würde eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung der Sache und zum Durchentscheiden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen. Gelangt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergebnis, das Begehren sei gemäß §§ 29 a und 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtlichen Kontrolle der Bundesamtsentscheidung und gegebenenfalls eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu, denn es kann eine Abschiebungsandrohung gemäß § 34 AsylVfG unter Fristsetzung (§ 36 Abs. 1 AsylVfG) nicht aussprechen. Stellt sich nämlich das Asylbegehren nach Ansicht des Verwaltungsgerichts als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Abs. 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage. Allerdings müsste sie, da sie nicht vom Gericht ausgesprochen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden, was dem Beschleunigungsgedanken des Asylverfahrensgesetzes völlig widerspricht (vgl. zu alledem: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, juris). Von daher kommt ein Durchentscheiden des Verwaltungsgerichts bei einer Asylverpflichtungsklage nur in Betracht, wenn der Kläger mit seinem erstmals in Deutschland gestellten Asylantrag beim Bundesamt erfolglos gebliebenen ist (vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 -, a.a.O.).

27

Demnach ist - anders als im Falle eines Asylfolgeantrags im Sinne des § 71 AsylVfG (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2000 - 9 B 426/00 -, juris) - in den Fällen der Nichtbescheidung eines ersten Asylantrags eines Asylbewerbers kein Raum für eine Untätigkeitsklage dahingehend, dass die Beklagte zur Asylanerkennung sowie Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder von Abschiebungsverboten verpflichtet werden könnte (vgl. zur diesbezüglichen Problematik auch VG Osnabrück, Urteil vom 23. Januar 2012 - 5 A 212/11 -, juris).

28

Demnach kann die Klage hinsichtlich des Hauptantrags keinen Erfolg haben.

III.

29

Der Hilfsantrag des Klägers, die Beklagte zu verpflichten, ihr so genanntes Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 - Dublin II-VO - auszuüben, ist zulässig.

30

Dabei kann der Kläger sein diesbezügliches Begehren als Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage geltend machen, denn die Entscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts stellt einen Verwaltungsakt dar. Insoweit macht sich die Kammer die nachfolgenden Ausführungen des VG Osnabrück in dessen Urteil vom 23. Januar 2012 - 5 A 212/11 -, juris zu Eigen, in denen es heißt:

31

"Die Kammer geht davon aus, dass eine Entscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO gegenüber dem von ihr betroffenen Asylbewerber Regelungswirkung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG entfaltet. Zwar geht die Kammer mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. Juli 1965, - BVerwG IV C 82.63 -, BVerwGE 21, 352 [353]) davon aus, dass die von einer höheren Behörde (heute in dem Rahmen des § 3 Abs. 2 VwVfG) getroffene Auswahl einer von mehreren zuständigen nachgeordneten Behörden für eine gewisse Angelegenheit deswegen nicht als Regelung anzusehen ist, weil sie nicht unmittelbar gegen den Bürger gerichtet ist, sondern sich innerhalb des Behördenaufbaus hält (anderer Ansicht Klappstein, in: Knack, VwVfG, 6. Auflage, § 3 Tz. 4.2) und eine derartige Zuständigkeitsbestimmung deshalb (heute) gemäß § 44 a VwGO weder einer isolierten Anfechtung noch einer isolierten Verpflichtung zugänglich ist. Anders ist dies nach Auffassung der Kammer jedoch dann, wenn in einem transnationalen Verhältnis eine gemeinsame Fachaufsichtsbehörde zu einer Bestimmung der zuständigen Behörde fehlt. In einem solchen Fall folgt die Regelungswirkung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG für den Kläger aus der selbständigen Bedeutung der Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates der Europäischen Union neben dem eigentlichen Verwaltungsverfahren der Asylanerkennung. Die vorliegend streitige Bestimmung des für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedsstaates der Europäischen Union unterwirft den Asylsuchenden der institutionellen- und Verfahrensautonomie des jeweiligen Mitgliedsstaates: Die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Unionsrechts - hier der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (vom 29. April 2004, Abl. Nr. L 204, Seite 12; berichtigt ABl. 2005 Nr. L 204 Seite 25) - erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sind mangels einer unionsrechtlichen Regelung auf diesem Gebiet Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten (EuGH, Urteil vom 14. Dezember 1995, Rs. C-312/93 [Peterbroeck, Van Campenhout & Cie SCS gegen Belgischer Staat], Slg. 1995, I- 4599 [Randnummer 12]; EuGH, Urteil vom 11. September 2003, Rs. C-13/01 [Safalero Srl gegen Prefetto di Genova], Slg. 2003, I-8679, [Randnummer 49]). Unterschiedlich ausgestaltete nationale Verfahrensordnungen vermögen daher auch zu einer unterschiedlichen Rechtsdurchsetzung des Unionsrechts zu führen; dies rechtfertigt es, der Bestimmung eines anderen Mitgliedsstaates der Union gegenüber dem Asylsuchenden auch eine Regelungswirkung zuzuerkennen.

32

Der Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage beziehungsweise dem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht § 44 a VwGO nicht entgegen. § 44 a Satz 2 VwGO lässt selbständige Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen zu, die vollstreckt werden können. Der Begriff der Vollstreckung ist hierbei weit auszulegen (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 23. Februar 2010, - 5 LB 20/09 -, Juris). Unzweifelhaft ist die Bestimmung Italiens als für das Asylverfahren zuständigem Staat in Verbindung mit der Abschiebungsandrohung einer Vollstreckungshandlung fähig; eine solche war bereits für den 23.08.2010 vorgesehen gewesen."

33

Diese Ausführungen sind zur Überzeugung des Gerichts auf das vorliegende Verfahren, in dem eine Überstellung des Klägers nach Ungarn im Raum steht, übertragbar.

34

Des Weiteren kann der Kläger geltend machen, möglicherweise durch eine Nichtausübung des Selbsteintrittsrechts in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO zu sein.

35

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Absatz 1 der Norm einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Vorliegend ist die Beklagte ohne Ausübung dieses Selbsteintrittsrechts für die Prüfung des Asylantrags des Klägers nicht zuständig, denn aus Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO ergibt sich eine Zuständigkeit Ungarns für die Prüfung des Asylantrags. Nach Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO ist nämlich für die Bestimmung des für den Asylantrag zuständigen Mitgliedstaats von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gestellt hat. Da der Kläger eigenen Bekundungen zufolge jedoch im Bereich der Europäischen Union erstmals einen Asylantrag in Ungarn gestellt und Ungarn dies unter dem 25 Mai 2011 auch bestätigt und seine Zuständigkeit bejaht hat, ist Deutschland für die Bearbeitung des vom Kläger gestellten Asylantrags bislang nicht zuständig.

36

Die Beklagte ist auch nicht nach den Bestimmungen des Kapitels III der Dublin II-VO zuständig geworden. Dies bedarf keiner weitergehenden Erörterung, denn es ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass sich im Falle des Klägers aus einem Artikel dieses Kapitels der genannten Verordnung eine Zuständigkeit der Beklagten ergeben könnte.

37

Demnach ist Ungarn gemäß Art. 16 Abs. 1 e Dublin II-VO gehalten, den Kläger wieder aufzunehmen, nachdem es den Asylantrag des Klägers abgelehnt hat und dieser sich unerlaubt in Deutschland und damit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält. Dabei hat gemäß Art. 20 Abs. 1 d Dublin II-VO die Überstellung des Klägers nach Ungarn nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten zu erfolgen, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Vorliegend sind zwar seit der Übernahmeerklärung Ungarns mehr als sechs Monate verstrichen. Da die Kammer indessen in ihrem Beschluss vom 19. Juli 2011 - 5 L 971/11.TR - der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO einstweilen eine Überstellung des Klägers nach Ungarn untersagt hat, was faktisch einer aufschiebenden Wirkung im Sinne einer Vollzugshinderung gleichkommt, hat derzeit eine sich aus dieser Bestimmung ergebende Überstellungsfrist noch nicht zu laufen begonnen (vgl. hierzu Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 29. Januar 2009- C 19/08 - und Beschluss des Hessischen VGH vom 23. August 2011 - 2 A 1863/10.Z.A -, beide veröffentlicht bei juris), so dass Deutschland auch nicht infolge Fristablaufs zuständiger Staat für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers geworden ist.

38

Von daher liegt ein Asylverfahren vor, auf das grundsätzlich das Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Anwendung finden kann.

39

Dabei kann der Kläger auch geltend machen, durch eine Nichtausübung des Selbsteintrittsrechts möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein.

40

Zwar richten sich die Vorschriften der Dublin II-VO als zwischenstaatliche Regeln vorrangig an die Mitgliedstaaten und begründen regelmäßig keine subjektiven Rechte von Asylbewerbern (vgl. Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Bd. 3, B2, § 27a Rdnr. 26, Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, Bd. 2, I, § 27a Rdnr. 25). Insoweit kann auch Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO grundsätzlich nicht als Öffnungsklausel zur Durchsetzung individueller Ansprüche interpretiert werden (vgl. Hailbronner, a.a.O. Rdnrn. 60 ff.).

41

Allerdings ist das Gericht der Überzeugung, dass Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO dann subjektiv-rechtlichen Charakter haben und einen Anspruch des Klägers begründen kann, wenn in dem für das Verfahren zuständigen Mitgliedstaat die Durchführung eines den Geboten der Rechtsstaatlichkeit im Sinne von Art. 2 EUV und der Charta der Grundrechte im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EUV in Verbindung mit Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (vom 12. Dezember 2007, ABl. Nr. C 303 Seite 1) genügenden Asylverfahrens nicht hinreichend gewährleistet ist (vgl. Vorlagebeschluss des OVG Nordrhein-Westfalen an den Europäischen Gerichtshof vom 19. Dezember 2011 - 14 A 1943/11.A -, juris und VG Osnabrück, Urteil vom 23. Januar 2012 - 5 A 212/11 -, juris; s.a. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der Schweiz vom 18. Mai 2012 - D-6664/2011 -, http://www.bvger.ch/publiws/pub/search.jsf).

42

Da Letzteres bei überschlägiger Prüfung in Bezug auf Ungarn nicht von vornherein ausgeschlossen ist, sind die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO erfüllt, so dass die Klage hinsichtlich des Hilfsantrags auf Verpflichtung der Beklagten zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts zulässig ist.

43

Ferner ist ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des im Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2010 gestellten Antrags auf Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nicht erkennbar und die Dreimonatsfrist des § 75 VwGO verstrichen, so dass die Klage hinsichtlich des Hilfsantrags zulässig ist.

44

Sie ist auch in der Sache begründet; der Kläger hat einen Anspruch dahingehend, dass die Beklagte verpflichtet ist, das ihr durch Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO eröffnete Selbsteintrittsrechts auszuüben, so dass sie gemäß Satz 2 dieser Vorschrift zu dem zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung wird und die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen übernimmt.

45

Zwar liegt die Entscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts, wie sich aus dem Wort "kann" ergibt, grundsätzlich im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaats. Dieses Ermessen ist indessen zur Überzeugung des Gerichts vorliegend auf Null dahingehend reduziert, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Selbsteintrittsrecht auszuüben, weil der Kläger in Ungarn - dem für sein Asylverfahren grundsätzlich zuständigen Mitgliedstaat - kein ordnungsgemäßes Verfahren zu erwarten hat.

46

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 21. Dezember.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris, ausgeführt, dass Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen ist, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Im Einzelnen heißt es in diesem Urteil:

47

"75. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Die Beachtung der Genfer Flüchtlingskonvention und des Protokolls von 1967 ist in Art. 18 der Charta und in Art. 78 AEUV geregelt (vgl. Urteile vom 2. März 2010, Salahadin Abdulla u. a., C-175/08, C-176/08, C-178/08 und C-179/08, Slg. 2010, I-1493, Randnr. 53, und vom 17. Juni 2010, Bolbol, C-31/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 38).

48

76. Wie oben in Randnr. 15 ausgeführt, heißt es in den einzelnen Verordnungen und Richtlinien, die für die Ausgangsverfahren einschlägig sind, dass sie die Grundrechte und die mit der Charta anerkannten Grundsätze achten.

49

77. Nach gefestigter Rechtsprechung haben überdies die Mitgliedstaaten nicht nur ihr nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts stützen, die mit den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten oder den anderen allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts kollidiert (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2003, Lindqvist, C-101/01, Slg. 2003, I-12971, Randnr. 87, und vom 26. Juni 2007, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., C-305/05, Slg. 2007, I-5305, Randnr. 28).

50

78. Die Prüfung der Rechtstexte, die das Gemeinsame Europäische Asylsystem bilden, ergibt, dass dieses in einem Kontext entworfen wurde, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen.

51

79. Gerade aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die Verordnung Nr. 343/2003 erlassen und die oben in den Randnrn. 24 bis 26 genannten Übereinkommen und Abkommen geschlossen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem "forum shopping" zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen.

52

80. Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht.

53

81. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist.

54

82. Dennoch kann daraus nicht geschlossen werden, dass jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 343/2003 berühren würde.

55

83. Auf dem Spiel stehen nämlich der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet.

56

84. Es wäre auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, wie in den Nrn. 124 und 125 der Schlussanträge in der Rechtssache C-411/10 ausgeführt worden ist, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird.

57

85. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist.

58

86. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar."

59

Unter Zugrundelegung dieser grundsätzlichen Anforderungen zur Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ist das Gericht der Überzeugung, dass im Fall des Klägers die im Urteil des Europäische Gerichtshofs dargelegte Vermutung widerlegt ist, wonach in Ungarn grundsätzlich ein ordnungsgemäßes Verfahren gewährleistet ist, weil mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass seine weitere Behandlung nach einer Überstellung nach Ungarn dort nicht in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht.

60

Dies folgt zwar nicht aus dem vom Kläger zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 20. September 2011 (Beschwerde-Nr. 10816/10 -, http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/viewhbkm.asp?sessionId=78728660&skin=hudoc-en&action=html&table=F69A27FD8FB86142BF01C1166DEA398649&key=92442&highlight=lokpo), denn dieses Urteil betrifft einen anderen Sachverhalt und ist von daher nicht einschlägig. In dem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass Ungarn durch eine mehrmonatige Inhaftierung zweier Asylbewerber gegen Art. 5 Abs. 1, Buchstabe f der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen hat, wonach jede Person das Recht auf Freiheit und Sicherheit hat und "die Freiheit nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden darf bei rechtmäßige Festnahme oder rechtmäßiger Freiheitsentziehung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist". Allerdings betrifft die Entscheidung zwei Fälle von Asylbewerbern, die in Ungarn während der laufenden (ersten) Asylverfahren inhaftiert waren. Von daher enthält das Urteil keine Aussage dazu, wie Personen, denen - wie dem Kläger, s. insoweit die Mitteilung der ungarischen Behörde [Blatt 116 der Verwaltungsakte]) - nach Abschluss des in Ungarn betriebenen Asylverfahrens ein Status "beneficiary of temporary protection" (menedékes) (vgl. hierzu http://www.miracle-comenius.org/fileadmin/miracle-project/Minority_Hungary.pdf) zuerkannt wurde, im Falle einer Rückkehr nach Ungarn behandelt werden.

61

Allerdings ist das Gericht unter Berücksichtigung der ihm ansonsten vorliegenden übrigen Erkenntnisquellen der Überzeugung, dass dem schwerkranken Kläger bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen des Dublin II-Verfahrens eine unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta drohen wird und in seinem Fall die dargestellte Vermutungsregelung wiederlegt ist.

62

Der Leiter des österreichischen Büros des UNHCR, dem als namhafter UN-Organisation bei der Lagebeurteilung erhebliches Gewicht zukommt, hat in einer Stellungnahme vom 3. Februar 2012 an den österreichischen Asylgerichtshof ausgeführt, dass Asylsuchende, die - wie der Kläger - aufgrund der Dublin II-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, unmittelbar nach ihrer Überstellung nach Ungarn regelmäßig eine Abschiebungsverfügung erhalten und darauf basierend in der Regel inhaftiert werden (vgl. http://www.ecoi.net/file_upload/90_1328611178_unhcr-2012-02-03-coi-hu-update.pdf; s. auch österreichischer Asylgerichtshof, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - S4 422020-1/2011 -, http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYLGHT_20111027_S4_422_020_1_2011_00), so dass viel dafür spricht, dass Ungarn Art. 18 der Richtlinie 2005/85/EG nicht beachtet, der bestimmt, dass die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Gewahrsam nehmen, weil sie ein Asylbewerber ist.

63

Eine derartige Praxis wird letztlich auch durch eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 9. November 2011 - 508-9-516.80/46875 - an das Verwaltungsgericht Regensburg im dortigen Verfahren RO 4 K 11.30204 bestätigt. Dort ist nämlich ausgeführt, dass der dortige Kläger nach seiner Rücküberstellung nach Ungarn im Dublin-II-Verfahren zunächst in Györ und anschließend in Nyírbátor in Gewahrsam genommen worden sei und sich Asylbewerber in der zuletzt genannten Gewahrsamseinrichtung täglich (nur) eine Stunde frei bewegen könnten.

64

Derartige Praktiken werden außerdem in dem vom Kläger vorgelegten Bericht "Flüchtlinge in Ungarn: zwischen Obdachlosigkeit und Haft" (vgl. http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2012/Ungarnbericht_3_2012_Web.pdf) und dem von ihm ebenfalls vorgelegten Bericht des ungarischen Helsinki-Komitee (HHC) bestätigt. Insoweit hat die Kammer keine Zweifel, dass die Angaben in den Berichten glaubhaft sind, so dass keine Veranlassung bestand, insoweit in eine Beweisaufnahme einzutreten. Soweit das Auswärtige Amt in der bereits zitierten Auskunft vom 9. November 2011 angibt, aus eigener Kenntnis keine Aussage über die Glaubwürdigkeit des Berichts des HHC treffen zu können, ist diese Angabe nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der in dem Bericht enthaltenen Ausführungen zu widerlegen, zumal das Auswärtige Amt in dieser Auskunft darlegt, dass Asylbewerber in Hafteinrichtungen untergebracht wurden und Anwälte des HCC Zugang zu Anstalten haben, in denen Asylbewerber untergebracht sind, und damit letztlich die Ausführungen des Berichts bestätigt.

65

Ferner berücksichtigt die Kammer, dass der UNHCR in seinem neuesten Bericht zur Situation von Asylsuchenden in Ungarn vom 24. April 2012 (vgl. http://www.unhcr.de/home/artikel/fb7213ec516ae34a4677150a85e35ed3/bericht-zur-situation-von-asylsuchenden-in-ungarn.html) unter Darlegung von Einzelheiten von Besorgnis erregenden Entwicklungen spricht und Verbesserungen als dringend erforderlich ansieht. Wenn er in diesem Bericht zwar abschließend die Schritte Ungarns zur Verbesserung der Situation begrüßt, so rechtfertigt dies angesichts seiner vorherigen Ausführungen gleichwohl nicht die Schlussfolgerung, dass die aufgezeigten Missstände beseitigt und in Zukunft nicht mehr zu befürchten seien.

66

Von daher ist das Gericht der Überzeugung, dass dem Kläger im Falle einer Überstellung nach Ungarn eine längerfristige Inhaftierung droht, die für ihn jedenfalls deshalb eine unmenschliche Behandlung darstellt, weil er zur Überzeugung des Gerichts, wie durch zahlreiche medizinische und psychologische Stellungnahmen belegt wird, an erheblichen gesundheitlichen, insbesondere psychischen Beeinträchtigungen leidet, die im Übrigen auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor Gericht deutlich erkennbar waren (vgl. zu Rückkehrgefahren bei derartigen Personen auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der Schweiz vom 18. Mai 2012 - D-6664/2011 -, http://www.bvger.ch/publiws/pub/search.jsf unter der dortigen Nr. 5.3 auf Seite 13 ff.).

67

Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des österreichischen Asylgerichtshofs vom 13. Januar 2012 - S21 432260-1/2011 - die Auffassung vertritt, dass eine Überstellung des Klägers nach Ungarn zumutbar sei, vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Der Asylgerichtshof hat in seiner Entscheidung nämlich ausgeführt, dass bei dem dortigen Beschwerdeführer keine konkreten auf ihn bezogenen Umstände vorlägen, die gerade in seinem Fall eine Bedrohung oder Gefährdung im Falle seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen ließen. Von daher ist die Entscheidung auf das Verfahren des Klägers nicht übertragbar, da bei ihm aufgrund seiner massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen besondere Umstände vorliegen.

68

Besteht aber somit eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dahingehend, dass der Kläger bei einer Überstellung nach Ungarn eine unmenschliche Behandlung erfahren wird, so hat er einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Beklagte, so dass die Klage insoweit Erfolg hat.

69

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.

70

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 11. November 2015 - A 7 K 694/15 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungsverfahrens zu je einem Drittel.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren von dem Beklagten die Mitteilung, bis wann voraussichtlich über ihre Asylanträge entschieden wird.
Die Klägerin zu 1 ist eine 30 Jahre alte nigerianische Staatsangehörige. Sie ist nach eigenen Angaben im September 2013 gemeinsam mit ihrem sieben Jahre alten in Spanien geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, aus den Niederlanden kommend in das Bundesgebiet eingereist. Die beiden stellten am 1. Oktober 2013 einen Asylantrag. Die Klägerin zu 3, ebenfalls nigerianische Staatsangehörige, wurde am 8. Februar 2014 in Deutschland geboren. Ihre Geburt wurde dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 31. März 2014 angezeigt.
Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. Oktober 2013 wurden die Asylanträge der Kläger zu 1 und 2 für unzulässig erklärt und ihre Abschiebung nach Spanien angeordnet, nachdem Spanien einem Wiederaufnahmegesuch der Bundesrepublik Deutschland in Anwendung der Dublin II-VO zugestimmt hatte. Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. Mai 2014 wurde der nach § 14a Abs. 2 Satz 3 AsylVfG als gestellt fingierte Asylantrag der Klägerin zu 3 als unzulässig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Spanien angeordnet.
Die Kläger zu 1 und 2 erhoben am 12. November 2013, die Klägerin zu 3 am 28. Mai 2014 Klage gegen die ablehnenden Bescheide. Mit anwaltlichem Schreiben an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 5. Februar 2015 trugen die Kläger vor, dass die Überstellungsfristen nach der Dublin III-VO abgelaufen seien. Der Prozessbevollmächtigte stellte den Antrag,
„mir nach § 24 Abs. 4 AsylVfG konkret mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden wird, und zwar in der Sache bzw. dass das Verfahren in nationalen Verfahren durchgeführt wird und die Bundesrepublik Deutschland nunmehr zuständig ist für die Durchführung des Verfahrens.“
Die Kläger haben am 12. Februar 2015 Klage erhoben und die Verpflichtung der Beklagten zur Mitteilung, bis wann voraussichtlich im nationalen Verfahren entschieden werde, begehrt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen der Bestimmung des § 44a VwGO unzulässig. Darüber hinaus sei sie auch unbegründet, weil eine Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG nur vorgesehen sei, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten über die Asylanträge entschieden worden sei. Hier sei aber über die Asylanträge entschieden worden.
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. September 2015 - A 7 K 4424/13 - ist der die Kläger zu 1 und 2 betreffende Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. Oktober 2013 aufgehoben worden.
Mit - dem hier angegriffenen - Urteil vom 11. November 2015 hat das Verwaltungsgericht die Auskunftsklagen abgewiesen. Sie seien nach § 44a VwGO unzulässig, da hier eine Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO eingeklagt werden solle.
Mit Bescheid vom 18. November 2015 hob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den die Klägerin zu 3 betreffenden „Dublin-Bescheid“ vom 19. Mai 2014 auf. Das Klageverfahren wurde mit Beschluss vom 2. Dezember 2015 eingestellt.
10 
Der Senat hat die Berufung gegen das Urteil vom 11. November 2015 mit Beschluss vom 3. Februar 2016 zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung führen die Kläger im Schriftsatz vom 23. Februar 2016 im Wesentlichen aus, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats § 44a VwGO auf den Mitteilungsanspruch nach § 24 Abs. 4 AsylG nicht anzuwenden sei. Das rechtswidrige Dublin-Verfahren dürfe hier keine Berücksichtigung finden. Mitteilungen, dass Entscheidungen derzeit nicht absehbar seien, hätten keinen zeitlichen Bezug und entsprächen nicht dem Inhalt der erforderlichen Auskunft.
11 
Die Kläger beantragen,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2015 - A 7 K 694/15 - abzuändern und die Beklagte zu verpflichten mitzuteilen, bis wann voraussichtlich im nationalen Verfahren über ihre Asylanträge entschieden werde.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Zur Begründung teilt sie mit, dass derzeit nicht absehbar sei, wann eine Entscheidung im Asylverfahren der Kläger ergehe. Vor dem Hintergrund der Asylbewerberzahlen könnten sie noch nicht in die Anhörungsplanung aufgenommen werden. Antragsteller aus Nigeria fielen in das so genannte C-Profil. Es sei eine intensive Prüfung der Schutzbedürftigkeit erforderlich. Anträge aus dem C-Profil könnten derzeit nur nachrangig bearbeitet werden. Es müsse berücksichtigt werden, dass einerseits die Asylbewerberzahlen exorbitant gestiegen seien und andererseits das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in einer Umbauphase sei.
16 
Die Beteiligten verzichteten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
17 
Dem Senat liegen die einschlägigen Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten vor. Auf diese wird wegen der weiteren Einzelheiten ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist allerdings nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, aufgrund der Regelung des § 44a VwGO unzulässig (I.), sondern unbegründet, da die während des laufenden gerichtlichen Verfahrens - gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig - gestellten Anträge die Auskunftsverpflichtung nach § 24 Abs. 4 AsylG nicht auslösen konnten. Soweit ein Mitteilungsanspruch bestanden haben sollte, ist dieser im Übrigen zwischenzeitlich mit den Schreiben vom 11. März 2016 und 19. April 2016 erfüllt (II.).
I.
20 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht ihr § 44a VwGO nicht entgegen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 1. Dezember 2015 (- A 11 S 490/15 -, InfAuslR 2016, 125) entschieden:
21 
„Die Vorschrift - gleich ob als besondere Ausformung des Rechtsschutzbedürfnisses oder als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung verstanden - schließt eine isolierte Anfechtung oder Geltendmachung von Verfahrenshandlungen in einem laufenden Verwaltungsverfahren aus, wobei es dabei auf die Rechtsnatur der Verfahrenshandlung grundsätzlich nicht ankommt (v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll VwGO, 6. Aufl. 2014, § 44a VwGO Rn. 3). Verfahrenshandlungen in diesem Sinne sind solche, die der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sachentscheidung dienen. Zweck der Vorschrift ist es, eine Erschwerung des Verwaltungsverfahrens zu verhindern; sie gibt in Bezug auf solche Verfahrenshandlungen der Effektivität des Verwaltungshandelns Vorrang vor der jederzeitigen Sicherung eines korrekten Verfahrensablaufs (Rennert/Geiger in: Eyermann VwGO, 14. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 1). Sofern es dem Betroffenen möglich ist, eine etwaige Rechtsverletzung zumutbar im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung inzident anzubringen, verlangt § 44a VwGO eben dies (Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 11).
22 
Aus dem Spannungsverhältnis zwischen § 44a VwGO und dem grundgesetzlich gesicherten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt jedoch eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift in Fällen, in denen ein effektiver Rechtsschutz in Bezug auf die streitbefangene Verfahrenshandlung nicht mehr bei der das Verwaltungsverfahren abschließenden Sachentscheidung erreicht werden kann und der Betroffene dadurch unmittelbar in eigenen, nicht notwendigerweise grundrechtlich fundierten Rechten verletzt wird (vgl. hierzu BVerfG NJW 1991, 415; Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 17). So liegt der Fall hier.
23 
§ 24 Abs. 4 AsylG normiert nach Wortlaut und Zweck einen Anspruch des Asylbewerbers auf Auskunft gegenüber der Behörde. Dies ist aufgrund der Ausgestaltung als Antragsrecht in § 24 Abs. 4 AsylG mit Blick auf die unionsrechtliche Vorgabe aus der Richtlinie 2005/85/EG, die in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) insoweit eindeutig formuliert:
24 
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Asylbewerber für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, a)über die Verzögerung informiert wird oder b)auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird.“
25 
Es lassen sich weder aus § 24 Abs. 4 AsylG noch aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) der Richtlinie 2005/85/EG Argumente herleiten, aufgrund derer sich trotz des klaren Wortlauts der Vorschriften ergeben könnte, dass hier keine Verpflichtung der Behörde - und spiegelbildlich hierzu kein Auskunftsanspruch des Asylbewerbers - statuiert werden sollte. Dieser ist zwar in das Asylverfahren eingebettet, nichts desto trotz handelt es sich aber um einen selbstständigen, unionsrechtlich fundierten und subjektiven Auskunftsanspruch des Asylbewerbers (Bodenbender, in: GK-AsylVfG, Dez. 2011, § 24 AsylG, Rn. 20; Bergmann, in: Renner u.a., AuslR, 10. Aufl. 2013, § 24 AsylG, Rn. 16; a. A.: Bell, in: Hailbronner, AsylR, Okt. 2014, § 24 AsylG, Rn. 64: „unselbstständige verfahrensbegleitende Handlung“, jedoch ohne weitere Begründung).
26 
Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass § 24 Abs. 4 AsylG keine Regelungswirkung zukomme, ist dies zutreffend, für die Frage, ob § 44a VwGO auf den Auskunftsanspruch anwendbar ist, jedoch nicht ausschlaggebend. Einer fehlenden Regelungswirkung kann im Rahmen des § 44a VwGO nur dann Bedeutung zukommen, wenn sich aus dieser die Unselbstständigkeit der Verfahrenshandlung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ergeben würde, was bei einem selbstständigen subjektiven Auskunftsanspruch nicht der Fall sein kann, zumal der Auskunftsanspruch offensichtlich nicht der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sach-entscheidung dient. Vielmehr ergibt sich gerade aus der begrenzten Funktion des Auskunftsanspruchs, dass dessen Missachtung im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung nicht mit angegriffen werden könnte, da an die Auskunft keine weiteren Rechtsfolgen für das Asylverfahren und dessen Entscheidung geknüpft sind, insbesondere keine solchen im Zusammenhang mit einer in der Auskunft angegebenen voraussichtlichen Erledigungsfrist. Dies ergibt sich für Art. 23 der Richtlinie 2005/85/EG ausdrücklich aus dessen Absatz 2 Satz 3:
27 
„Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb dieses zeitlichen Rahmens eine Entscheidung zu treffen.“
28 
In der diese Regelung ablösenden Vorschrift des Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), die nach dessen Art. 51 Abs. 1 zum 20.07.2015 umzusetzen war, fehlt zwar eine ausdrückliche Regelung in diesem Sinne, eine Verschärfung hinsichtlich möglicher Rechtsfolgen einer Auskunft ist damit allerdings offensichtlich nicht beabsichtigt. Das folgt zwanglos aus dem Schweigen der Verfahrensrichtlinie zu etwaigen Rechtsfolgen der Auskunftsverpflichtung. Da diese sich in der bloßen Mitteilung eines zeitlichen Rahmens, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist und der Gründe für die Verzögerung erschöpft, müssten daran anknüpfende unmittelbare Rechtsfolgen ausdrücklich statuiert sein. Solche liegen zudem fern, da der Betroffene einer unzumutbaren Verzögerung, jedenfalls nach nationalem Recht, im Wege einer Untätigkeitsklage begegnen kann. In diesem Rahmen sind die Gründe der Verzögerung ggf. von Relevanz, nicht aber bei der Auskunft, die in der Sache schlicht zutreffend sein muss.
29 
Da es gerade an einem entscheidungsrelevanten Bezug zur Sachentscheidung über das Asylbegehren fehlt kann eine Missachtung des Auskunftsanspruchs nicht über einen Angriff auf die eigentliche Sachentscheidung gerügt werden, das Ergebnis der Sachentscheidung hängt nicht von einer gegebenen oder unterlassenen Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG ab. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es daher, dem Asylbewerber die Möglichkeit einer eigenständigen Durchsetzung dieses gesetzlichen Anspruchs zu ermöglichen, dessen Erfüllung ansonsten im Belieben der Behörde stünde, was … Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Verfahrensrichtlinie ersichtlich nicht gerecht würde.“
30 
Daran hält der Senat fest.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Den Klägern kommt der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Anträge der Kläger auf eine Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG sind nicht während des laufenden Prüfungsverfahrens im Sinne des Kapitel III der Verfahrensrichtlinie (VRL) gestellt worden, so dass die Mitteilungspflichten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge schon nicht ausgelöst worden sind (1.). Geht man davon aus, dass die Anträge der Kläger die Pflichten aus § 24 Abs. 4 AsylG ausgelöst haben, sind die Auskunftsansprüche der Kläger zwischenzeitlich erfüllt (2.).
32 
1. § 24 Abs. 4 AsylG bestimmt, dass dann, wenn eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, das Bundesamt dem Ausländer auf Antrag mitzuteilen hat, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. Die erforderlichen Anträge (a) haben die Kläger nicht während des laufenden Prüfungsverfahrens im Sinne des Kapitels III (VRL) gestellt, was zwingende Voraussetzung für das Entstehen des Auskunftsanspruchs ist (b).
33 
a) Die Pflicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zur Mitteilung, bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden wird, ist abhängig von der Stellung eines entsprechenden Antrags des Asylantragstellers.
34 
Dieses dem Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG zu entnehmende Ergebnis („…auf Antrag …“) steht auch mit Unionsrecht in Einklang. Es bedarf keiner richtlinienkonformen Auslegung dahingehend, dass die Auskunftspflichten auch ohne Antrag entstünden (unklar insoweit: Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 24 AsylG Rn. 16). Nach Art. 31 Abs. 6 VRL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der betreffende Antragsteller für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, a) über die Verzögerung informiert wird und b) auf sein Ersuchen hin über die Gründe der Verzögerung und über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird. Daraus ergibt sich, dass allein der Umstand der Verzögerung - sobald er dem Bundesamt bekannt wird, was durchaus auch vor Ablauf von sechs Monaten der Fall sein kann - unaufgefordert mitzuteilen ist, während eine Pflicht der Mitteilung der Gründe für die Verzögerung - die hier von den Klägern nicht begehrt wird - und des voraussichtlichen Zeitrahmens für die Entscheidung auch nach der unionsrechtlichen Konzeption antragsabhängig ist.
35 
b) Die Kläger haben ihre Anträge nach dem Ergehen einer Entscheidung über ihre Asylanträge im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG gestellt. Damit haben ihre Anträge die Mitteilungspflicht nicht ausgelöst (aa). Diese Rechtsfolge ist auch nicht nach der Aufhebung der Bescheide vom 29. Oktober 2013 bzw. 19. Mai 2014 eingetreten.
36 
aa) Der Mitteilungsanspruch aus § 24 Abs. 4 AsylG besteht nur, wenn der entsprechende Antrag während des erstinstanzlichen Verfahrens im Sinne der Verfahrensrichtlinie, also vor der Verbescheidung des Asylantrags und nicht erst während des Klageverfahrens, geltend gemacht wird. Er wurde hier - in der Terminologie der Verfahrensrichtlinie - jedoch im Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht.
37 
Der Anspruch nach § 24 Abs. 4 AsylG setzt voraus, dass eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht. Zum Zeitpunkt der Stellung des Auskunftsantrags am 5. Februar 2015 waren die Asylanträge der Kläger jedoch - jeweils als unzulässig - durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verbeschieden. Damit war eine Entscheidung über den Asylantrag im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG ergangen. Während der Dauer des Verwaltungsprozesses, in dem die ergangenen Bescheide angefochten worden sind, bestehen keine Auskunftsansprüche gegen das Bundesamt hinsichtlich der Dauer der Verfahren. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die durch § 24 Abs. 4 AsylG - teilweise - umgesetzte Bestimmung des Art. 31 Abs. 6 VRL im Kapitel III der Richtlinie „Erstinstanzliche Verfahren“ findet, was im unionsrechtlichen Kontext das behördliche Verwaltungsverfahren bezeichnet. An dessen Abschluss (vgl. zum Begriff Art. 31 Abs. 2 und 3 VRL) schließt sich ein Rechtsbehelfsverfahren im Sinne des Kapitels V der Richtlinie an. Während dieses Rechtsbehelfsverfahrens - hier der Klagen vor dem Verwaltungsgericht - sieht die Verfahrensrichtlinie den Auskunftsanspruch nicht mehr vor. Auf die Frage, ob nach nationalen Kategorien das Verwaltungsverfahren bis zur Bestandskraft des Verwaltungsakts weiterläuft (vgl. zu den gegenläufigen Meinungen: Kopp/Ramsauer, 16. Aufl., 2015, § 9 VwVfG Rn. 30 f.), kommt es wegen der klaren Trennung zwischen erstinstanzlichem Verfahren und Rechtsbehelfsverfahren in der Verfahrensrichtlinie beim unionsrechtlich überformten Asylverwaltungsverfahren nicht an.
38 
Auch ergäbe ein Auskunftsanspruch gegen das Bundesamt hinsichtlich der zu erwartenden Verfahrensdauer inhaltlich keinen Sinn, da dieser - wie auch von den Klägern in ihrem Schreiben vom 5. Februar 2015 formuliert - die Zugrundelegung einer Rechtsauffassung verlangte, die der vom Bundesamt im angegriffenen Bescheid vertretenen Rechtsauffassung entgegenlaufen muss.
39 
bb) Die Anträge vom 5. Februar 2016 sind auch nicht mit der Aufhebung der Bescheide vom 29. Oktober 2013 und 19. Mai 2014 wiederaufgelebt.
40 
Sinn und Zweck des § 24 Abs. 4 AsylG und der teilumgesetzten Bestimmung des Art. 31 Abs. 6 VRL ist es, den Asylantragsteller beim Überschreiten der Sechsmonatsfrist nicht im Unklaren über die Dauer und die Gründe der Verzögerung zu lassen und der die Frist überschreitenden Behörde eine gewisse Rechtfertigungslast aufzuerlegen. Das Antragserfordernis wie es in Art. 31 Abs. 6 VRL statuiert und in § 24 Abs. 4 AsylG übernommen ist, soll andererseits erkennbar die Behörde davon entlasten, auch demjenigen Gründe für die Verzögerung und einen zeitlichen Rahmen für die Entscheidung zu benennen, der an der Auskunft nicht interessiert ist. Gerade dann, wenn eine hohe Verfahrenslast Grund für die Verzögerung ist, wäre eine umfassende Begründungsobliegenheit auch kontraproduktiv, würde sie doch wertvolle Arbeitszeit in Anspruch nehmen.
41 
Daraus ergibt sich, dass Auskunftsanträge, die „zur Unzeit“, wie etwa hier während des gerichtlichen Verfahrens, gestellt worden sind, nicht wiederaufleben, wenn das Verfahren durch Aufhebung des das Prüfungsverfahren abschließenden Bescheids wieder in das Stadium des Prüfungsverfahrens zurückfällt. Vielmehr muss hier der Asylantragsteller - gegebenenfalls erneut - mit einem Antrag auf Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG erneut gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zum Ausdruck bringen, dass er die Benennung eines zeitlichen Rahmens begehrt. Eine andere Sichtweise würde unnötig Kapazitäten für die Überwachung älterer Auskunftsbegehren auf ihr Wiederaufleben hin und für die Auskunftserteilung binden, ohne dass dafür ein sachlich einleuchtender Grund bestünde.
42 
2. Selbst wenn man von einem durch die Anträge vom 5. Februar 2015 begründeten Auskunftsanspruch der Kläger ausgeht, sind diese erfüllt.
43 
Zwar ist der Mitteilungsanspruch aus § 24 Abs. 4 AsylG darauf gerichtet, dass der Asylantragsteller erfährt, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird und der Wortlaut des Art. 31 Absatz 6 lit. b) VRL zielt auf eine Auskunft über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist. Regelmäßig bedeutet dies, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Angabe dazu zu machen hat, mit welcher weiteren Verfahrensdauer zu rechnen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2016 - 1 B 19.16 -, juris Rn. 8).
44 
Gleichwohl muss die Beklagte die Auskunftspflicht wahrheitsgemäß erfüllen. In Anbetracht des allgemeinkundigen Umfangs der Migration seit dem Sommer 2015, dem deutlichen Anstieg der Zahl der Schutzsuchenden bereits im Laufe des Jahres 2014 und der sich hieraus ergebenden Überlastung des Bundesamts steht im Übrigen einer konkreten Angabe des Entscheidungszeitpunktes in der Regel bereits der wegen der exorbitant gestiegenen Asylbewerberzahlen und der begrenzten personellen Kapazitäten beim Bundesamt entstandene Bearbeitungsrückstau entgegen. Dem Bundesamt wird es bei einer derartigen Sachlage in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich unmöglich sein, den voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt genau mitzuteilen (BVerwG, Beschluss vom 16.03.2016 - 1 B 19.16 -, juris Rn. 9).
45 
Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte mit ihrer Mitteilung vom 11. März 2016, wonach die Kläger noch nicht in die Anhörungsplanung haben aufgenommen werden können, ihrer Auskunftspflicht Genüge getan. Denn wenn bereits die Durchführung der Anhörung noch nicht einmal geplant ist und also die Gründe für das Asylbegehren für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch weitgehend unbekannt sind, ist es in der Folge ausgeschlossen, eine belastbare prognostische Auskunft über die Verfahrensdauer zu geben. Den Grund - Einordnung in das so genannte C-Profil -. hat die Beklagte hinreichend plausibilisiert. Damit hat das Bundesamt hinsichtlich des Mitteilungsanspruchs alles getan, was es kann, um die Kläger zu informieren und so den Anspruch aus § 24 Abs. 4 AsylG, sollte er bestehen, erfüllt.
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
47 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
18 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist allerdings nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, aufgrund der Regelung des § 44a VwGO unzulässig (I.), sondern unbegründet, da die während des laufenden gerichtlichen Verfahrens - gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig - gestellten Anträge die Auskunftsverpflichtung nach § 24 Abs. 4 AsylG nicht auslösen konnten. Soweit ein Mitteilungsanspruch bestanden haben sollte, ist dieser im Übrigen zwischenzeitlich mit den Schreiben vom 11. März 2016 und 19. April 2016 erfüllt (II.).
I.
20 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht ihr § 44a VwGO nicht entgegen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 1. Dezember 2015 (- A 11 S 490/15 -, InfAuslR 2016, 125) entschieden:
21 
„Die Vorschrift - gleich ob als besondere Ausformung des Rechtsschutzbedürfnisses oder als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung verstanden - schließt eine isolierte Anfechtung oder Geltendmachung von Verfahrenshandlungen in einem laufenden Verwaltungsverfahren aus, wobei es dabei auf die Rechtsnatur der Verfahrenshandlung grundsätzlich nicht ankommt (v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll VwGO, 6. Aufl. 2014, § 44a VwGO Rn. 3). Verfahrenshandlungen in diesem Sinne sind solche, die der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sachentscheidung dienen. Zweck der Vorschrift ist es, eine Erschwerung des Verwaltungsverfahrens zu verhindern; sie gibt in Bezug auf solche Verfahrenshandlungen der Effektivität des Verwaltungshandelns Vorrang vor der jederzeitigen Sicherung eines korrekten Verfahrensablaufs (Rennert/Geiger in: Eyermann VwGO, 14. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 1). Sofern es dem Betroffenen möglich ist, eine etwaige Rechtsverletzung zumutbar im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung inzident anzubringen, verlangt § 44a VwGO eben dies (Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 11).
22 
Aus dem Spannungsverhältnis zwischen § 44a VwGO und dem grundgesetzlich gesicherten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt jedoch eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift in Fällen, in denen ein effektiver Rechtsschutz in Bezug auf die streitbefangene Verfahrenshandlung nicht mehr bei der das Verwaltungsverfahren abschließenden Sachentscheidung erreicht werden kann und der Betroffene dadurch unmittelbar in eigenen, nicht notwendigerweise grundrechtlich fundierten Rechten verletzt wird (vgl. hierzu BVerfG NJW 1991, 415; Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 17). So liegt der Fall hier.
23 
§ 24 Abs. 4 AsylG normiert nach Wortlaut und Zweck einen Anspruch des Asylbewerbers auf Auskunft gegenüber der Behörde. Dies ist aufgrund der Ausgestaltung als Antragsrecht in § 24 Abs. 4 AsylG mit Blick auf die unionsrechtliche Vorgabe aus der Richtlinie 2005/85/EG, die in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) insoweit eindeutig formuliert:
24 
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Asylbewerber für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, a)über die Verzögerung informiert wird oder b)auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird.“
25 
Es lassen sich weder aus § 24 Abs. 4 AsylG noch aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) der Richtlinie 2005/85/EG Argumente herleiten, aufgrund derer sich trotz des klaren Wortlauts der Vorschriften ergeben könnte, dass hier keine Verpflichtung der Behörde - und spiegelbildlich hierzu kein Auskunftsanspruch des Asylbewerbers - statuiert werden sollte. Dieser ist zwar in das Asylverfahren eingebettet, nichts desto trotz handelt es sich aber um einen selbstständigen, unionsrechtlich fundierten und subjektiven Auskunftsanspruch des Asylbewerbers (Bodenbender, in: GK-AsylVfG, Dez. 2011, § 24 AsylG, Rn. 20; Bergmann, in: Renner u.a., AuslR, 10. Aufl. 2013, § 24 AsylG, Rn. 16; a. A.: Bell, in: Hailbronner, AsylR, Okt. 2014, § 24 AsylG, Rn. 64: „unselbstständige verfahrensbegleitende Handlung“, jedoch ohne weitere Begründung).
26 
Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass § 24 Abs. 4 AsylG keine Regelungswirkung zukomme, ist dies zutreffend, für die Frage, ob § 44a VwGO auf den Auskunftsanspruch anwendbar ist, jedoch nicht ausschlaggebend. Einer fehlenden Regelungswirkung kann im Rahmen des § 44a VwGO nur dann Bedeutung zukommen, wenn sich aus dieser die Unselbstständigkeit der Verfahrenshandlung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ergeben würde, was bei einem selbstständigen subjektiven Auskunftsanspruch nicht der Fall sein kann, zumal der Auskunftsanspruch offensichtlich nicht der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sach-entscheidung dient. Vielmehr ergibt sich gerade aus der begrenzten Funktion des Auskunftsanspruchs, dass dessen Missachtung im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung nicht mit angegriffen werden könnte, da an die Auskunft keine weiteren Rechtsfolgen für das Asylverfahren und dessen Entscheidung geknüpft sind, insbesondere keine solchen im Zusammenhang mit einer in der Auskunft angegebenen voraussichtlichen Erledigungsfrist. Dies ergibt sich für Art. 23 der Richtlinie 2005/85/EG ausdrücklich aus dessen Absatz 2 Satz 3:
27 
„Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb dieses zeitlichen Rahmens eine Entscheidung zu treffen.“
28 
In der diese Regelung ablösenden Vorschrift des Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), die nach dessen Art. 51 Abs. 1 zum 20.07.2015 umzusetzen war, fehlt zwar eine ausdrückliche Regelung in diesem Sinne, eine Verschärfung hinsichtlich möglicher Rechtsfolgen einer Auskunft ist damit allerdings offensichtlich nicht beabsichtigt. Das folgt zwanglos aus dem Schweigen der Verfahrensrichtlinie zu etwaigen Rechtsfolgen der Auskunftsverpflichtung. Da diese sich in der bloßen Mitteilung eines zeitlichen Rahmens, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist und der Gründe für die Verzögerung erschöpft, müssten daran anknüpfende unmittelbare Rechtsfolgen ausdrücklich statuiert sein. Solche liegen zudem fern, da der Betroffene einer unzumutbaren Verzögerung, jedenfalls nach nationalem Recht, im Wege einer Untätigkeitsklage begegnen kann. In diesem Rahmen sind die Gründe der Verzögerung ggf. von Relevanz, nicht aber bei der Auskunft, die in der Sache schlicht zutreffend sein muss.
29 
Da es gerade an einem entscheidungsrelevanten Bezug zur Sachentscheidung über das Asylbegehren fehlt kann eine Missachtung des Auskunftsanspruchs nicht über einen Angriff auf die eigentliche Sachentscheidung gerügt werden, das Ergebnis der Sachentscheidung hängt nicht von einer gegebenen oder unterlassenen Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG ab. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es daher, dem Asylbewerber die Möglichkeit einer eigenständigen Durchsetzung dieses gesetzlichen Anspruchs zu ermöglichen, dessen Erfüllung ansonsten im Belieben der Behörde stünde, was … Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Verfahrensrichtlinie ersichtlich nicht gerecht würde.“
30 
Daran hält der Senat fest.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Den Klägern kommt der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Anträge der Kläger auf eine Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG sind nicht während des laufenden Prüfungsverfahrens im Sinne des Kapitel III der Verfahrensrichtlinie (VRL) gestellt worden, so dass die Mitteilungspflichten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge schon nicht ausgelöst worden sind (1.). Geht man davon aus, dass die Anträge der Kläger die Pflichten aus § 24 Abs. 4 AsylG ausgelöst haben, sind die Auskunftsansprüche der Kläger zwischenzeitlich erfüllt (2.).
32 
1. § 24 Abs. 4 AsylG bestimmt, dass dann, wenn eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, das Bundesamt dem Ausländer auf Antrag mitzuteilen hat, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. Die erforderlichen Anträge (a) haben die Kläger nicht während des laufenden Prüfungsverfahrens im Sinne des Kapitels III (VRL) gestellt, was zwingende Voraussetzung für das Entstehen des Auskunftsanspruchs ist (b).
33 
a) Die Pflicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zur Mitteilung, bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden wird, ist abhängig von der Stellung eines entsprechenden Antrags des Asylantragstellers.
34 
Dieses dem Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG zu entnehmende Ergebnis („…auf Antrag …“) steht auch mit Unionsrecht in Einklang. Es bedarf keiner richtlinienkonformen Auslegung dahingehend, dass die Auskunftspflichten auch ohne Antrag entstünden (unklar insoweit: Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 24 AsylG Rn. 16). Nach Art. 31 Abs. 6 VRL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der betreffende Antragsteller für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, a) über die Verzögerung informiert wird und b) auf sein Ersuchen hin über die Gründe der Verzögerung und über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird. Daraus ergibt sich, dass allein der Umstand der Verzögerung - sobald er dem Bundesamt bekannt wird, was durchaus auch vor Ablauf von sechs Monaten der Fall sein kann - unaufgefordert mitzuteilen ist, während eine Pflicht der Mitteilung der Gründe für die Verzögerung - die hier von den Klägern nicht begehrt wird - und des voraussichtlichen Zeitrahmens für die Entscheidung auch nach der unionsrechtlichen Konzeption antragsabhängig ist.
35 
b) Die Kläger haben ihre Anträge nach dem Ergehen einer Entscheidung über ihre Asylanträge im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG gestellt. Damit haben ihre Anträge die Mitteilungspflicht nicht ausgelöst (aa). Diese Rechtsfolge ist auch nicht nach der Aufhebung der Bescheide vom 29. Oktober 2013 bzw. 19. Mai 2014 eingetreten.
36 
aa) Der Mitteilungsanspruch aus § 24 Abs. 4 AsylG besteht nur, wenn der entsprechende Antrag während des erstinstanzlichen Verfahrens im Sinne der Verfahrensrichtlinie, also vor der Verbescheidung des Asylantrags und nicht erst während des Klageverfahrens, geltend gemacht wird. Er wurde hier - in der Terminologie der Verfahrensrichtlinie - jedoch im Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht.
37 
Der Anspruch nach § 24 Abs. 4 AsylG setzt voraus, dass eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht. Zum Zeitpunkt der Stellung des Auskunftsantrags am 5. Februar 2015 waren die Asylanträge der Kläger jedoch - jeweils als unzulässig - durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verbeschieden. Damit war eine Entscheidung über den Asylantrag im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG ergangen. Während der Dauer des Verwaltungsprozesses, in dem die ergangenen Bescheide angefochten worden sind, bestehen keine Auskunftsansprüche gegen das Bundesamt hinsichtlich der Dauer der Verfahren. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die durch § 24 Abs. 4 AsylG - teilweise - umgesetzte Bestimmung des Art. 31 Abs. 6 VRL im Kapitel III der Richtlinie „Erstinstanzliche Verfahren“ findet, was im unionsrechtlichen Kontext das behördliche Verwaltungsverfahren bezeichnet. An dessen Abschluss (vgl. zum Begriff Art. 31 Abs. 2 und 3 VRL) schließt sich ein Rechtsbehelfsverfahren im Sinne des Kapitels V der Richtlinie an. Während dieses Rechtsbehelfsverfahrens - hier der Klagen vor dem Verwaltungsgericht - sieht die Verfahrensrichtlinie den Auskunftsanspruch nicht mehr vor. Auf die Frage, ob nach nationalen Kategorien das Verwaltungsverfahren bis zur Bestandskraft des Verwaltungsakts weiterläuft (vgl. zu den gegenläufigen Meinungen: Kopp/Ramsauer, 16. Aufl., 2015, § 9 VwVfG Rn. 30 f.), kommt es wegen der klaren Trennung zwischen erstinstanzlichem Verfahren und Rechtsbehelfsverfahren in der Verfahrensrichtlinie beim unionsrechtlich überformten Asylverwaltungsverfahren nicht an.
38 
Auch ergäbe ein Auskunftsanspruch gegen das Bundesamt hinsichtlich der zu erwartenden Verfahrensdauer inhaltlich keinen Sinn, da dieser - wie auch von den Klägern in ihrem Schreiben vom 5. Februar 2015 formuliert - die Zugrundelegung einer Rechtsauffassung verlangte, die der vom Bundesamt im angegriffenen Bescheid vertretenen Rechtsauffassung entgegenlaufen muss.
39 
bb) Die Anträge vom 5. Februar 2016 sind auch nicht mit der Aufhebung der Bescheide vom 29. Oktober 2013 und 19. Mai 2014 wiederaufgelebt.
40 
Sinn und Zweck des § 24 Abs. 4 AsylG und der teilumgesetzten Bestimmung des Art. 31 Abs. 6 VRL ist es, den Asylantragsteller beim Überschreiten der Sechsmonatsfrist nicht im Unklaren über die Dauer und die Gründe der Verzögerung zu lassen und der die Frist überschreitenden Behörde eine gewisse Rechtfertigungslast aufzuerlegen. Das Antragserfordernis wie es in Art. 31 Abs. 6 VRL statuiert und in § 24 Abs. 4 AsylG übernommen ist, soll andererseits erkennbar die Behörde davon entlasten, auch demjenigen Gründe für die Verzögerung und einen zeitlichen Rahmen für die Entscheidung zu benennen, der an der Auskunft nicht interessiert ist. Gerade dann, wenn eine hohe Verfahrenslast Grund für die Verzögerung ist, wäre eine umfassende Begründungsobliegenheit auch kontraproduktiv, würde sie doch wertvolle Arbeitszeit in Anspruch nehmen.
41 
Daraus ergibt sich, dass Auskunftsanträge, die „zur Unzeit“, wie etwa hier während des gerichtlichen Verfahrens, gestellt worden sind, nicht wiederaufleben, wenn das Verfahren durch Aufhebung des das Prüfungsverfahren abschließenden Bescheids wieder in das Stadium des Prüfungsverfahrens zurückfällt. Vielmehr muss hier der Asylantragsteller - gegebenenfalls erneut - mit einem Antrag auf Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG erneut gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zum Ausdruck bringen, dass er die Benennung eines zeitlichen Rahmens begehrt. Eine andere Sichtweise würde unnötig Kapazitäten für die Überwachung älterer Auskunftsbegehren auf ihr Wiederaufleben hin und für die Auskunftserteilung binden, ohne dass dafür ein sachlich einleuchtender Grund bestünde.
42 
2. Selbst wenn man von einem durch die Anträge vom 5. Februar 2015 begründeten Auskunftsanspruch der Kläger ausgeht, sind diese erfüllt.
43 
Zwar ist der Mitteilungsanspruch aus § 24 Abs. 4 AsylG darauf gerichtet, dass der Asylantragsteller erfährt, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird und der Wortlaut des Art. 31 Absatz 6 lit. b) VRL zielt auf eine Auskunft über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist. Regelmäßig bedeutet dies, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Angabe dazu zu machen hat, mit welcher weiteren Verfahrensdauer zu rechnen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2016 - 1 B 19.16 -, juris Rn. 8).
44 
Gleichwohl muss die Beklagte die Auskunftspflicht wahrheitsgemäß erfüllen. In Anbetracht des allgemeinkundigen Umfangs der Migration seit dem Sommer 2015, dem deutlichen Anstieg der Zahl der Schutzsuchenden bereits im Laufe des Jahres 2014 und der sich hieraus ergebenden Überlastung des Bundesamts steht im Übrigen einer konkreten Angabe des Entscheidungszeitpunktes in der Regel bereits der wegen der exorbitant gestiegenen Asylbewerberzahlen und der begrenzten personellen Kapazitäten beim Bundesamt entstandene Bearbeitungsrückstau entgegen. Dem Bundesamt wird es bei einer derartigen Sachlage in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich unmöglich sein, den voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt genau mitzuteilen (BVerwG, Beschluss vom 16.03.2016 - 1 B 19.16 -, juris Rn. 9).
45 
Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte mit ihrer Mitteilung vom 11. März 2016, wonach die Kläger noch nicht in die Anhörungsplanung haben aufgenommen werden können, ihrer Auskunftspflicht Genüge getan. Denn wenn bereits die Durchführung der Anhörung noch nicht einmal geplant ist und also die Gründe für das Asylbegehren für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch weitgehend unbekannt sind, ist es in der Folge ausgeschlossen, eine belastbare prognostische Auskunft über die Verfahrensdauer zu geben. Den Grund - Einordnung in das so genannte C-Profil -. hat die Beklagte hinreichend plausibilisiert. Damit hat das Bundesamt hinsichtlich des Mitteilungsanspruchs alles getan, was es kann, um die Kläger zu informieren und so den Anspruch aus § 24 Abs. 4 AsylG, sollte er bestehen, erfüllt.
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
47 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Februar 2015 - A 6 K 3840/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit steht eine Verpflichtung zur Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylVfG (nunmehr: AsylG).
Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er hatte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 10.07.2013 Asyl beantragt. Mit Schreiben vom 12.05.2014 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten, ihm mitzuteilen, bis wann mit einer Entscheidung über den Asylantrag zu rechnen sei. Der Kläger wurde sodann am 30.06.2014 vom Bundesamt angehört. Mit weiteren Schreiben vom 06.08.2014, 08.08.2014 und 19.08.2014 beantragte der Kläger erneut, ihm mitzuteilen, bis wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Mit Schreiben vom 22.08.2014 teilte die Beklagte ihm mit, dass aufgrund der hohen Zugangszahlen und der festgelegten Arbeitsprioritäten voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr über den Asylantrag entschieden werden könne.
Am 26.08.2014 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Er beantragte, die Beklagte zu verpflichten, ihm nach § 24 Abs. 4 AsylG mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden werde. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie war der Auffassung, die Klage sei unzulässig, nachdem dem Kläger mitgeteilt worden sei, dass wegen akuter Arbeitsüberlastung im Laufe des Jahres 2014 voraussichtlich keine Entscheidung mehr zu erwarten sei.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 19.01.2015 mangels Erfolgsaussicht ab und wies die Klage mit Urteil vom 03.02.2015 als unzulässig ab: Der Kläger habe kein rechtlich geschütztes Interesse an einer Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden werde. Bei einer Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG handele es sich um eine unselbstständige, verfahrensbegleitende Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a VwGO und nicht um eine Sachentscheidung. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.02.2015 per Empfangsbekenntnis zugestellt.
Am selben Tag hat dieser die Zulassung der Berufung beantragt. Er hat sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache berufen: Es sei zu klären, inwieweit die Beklagte auf Grund von § 24 Abs. 4 AsylG verpflichtet sei, auf formellen Antrag hin dem Kläger mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden werde und - sinngemäß - ob es sich insoweit um ein selbstständiges Verwaltungsverfahren oder um eine unselbstständige Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a VwGO handle. Zudem sei die Frage aufzuwerfen, wie konkret die entsprechende Mitteilung der Beklagten sein müsse. Gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung spreche, dass § 24 Abs. 4 AsylG ausdrücklich einen Antrag auf Mitteilung nach spätestens sechs Monaten normiere. Damit werde ein Anspruch des betroffenen Ausländers statuiert. Daraus folge eine Verpflichtung der Beklagten auf Verbescheidung, woraus sich auch der Regelungscharakter ergebe. Folgte man der Auffassung des Verwaltungsgerichts, hätte
§ 24 Abs. 4 AsylG keinerlei Wirkung, die Beklagte müsste sich an die Regelung nicht halten; die Vorschrift wäre dann überflüssig. Das sei in einem Rechtsstaat nicht vertretbar. Die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich auch aus dem Umstand, dass diese Frage innerhalb des Verwaltungsgerichts Stuttgart unterschiedlich beantwortet werde. Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart habe in dem Verfahren A 5 K 5093/14 eine Klage auf Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG als allgemeine Leistungsklage als zulässig erachtet (Beschl. v. 14.01.2015).
Mit Beschluss vom 10.03.2015 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugelassen.
Am 16.03.2015 hat der Kläger unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet. Er hat auf die Entscheidung der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.02.2015 (A 13 K 5198/14) hingewiesen, aus der sich in einem gleich gelagerten Fall ergebe, dass § 44a VwGO nur Verfahrenshandlungen erfasse, die sich auf die Sachentscheidung der Behörde bezögen, die das zum Erlass der Sachentscheidung führende Verfahren fördern könnten. Das sei hier nicht der Fall. Auf die - auch hier - im Streit stehende bloße Auskunft gem. § 24 Abs. 4 AsylG bestehe ein eigenständiger gesetzlicher Anspruch. Dies gelte in jedem Fall nach Ablauf der sechs Monate und Antragstellung. Der Anspruch sei auch begründet, nachdem die Behörde einen Anspruch generell verneine. Die Maßnahmen zur Personalverstärkung bei der Beklagten - 300 bewilligte Stellen in 2014, von denen erst 30 besetzt worden seien - seien erst mit mehrjähriger Verspätung und in unzureichender Weise in Angriff genommen worden. Dies könne dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen und die Beklagte könne sich auf die nunmehr bestehenden personellen Engpässe nicht berufen. Zudem würden Verfahren, Roma aus dem Balkan betreffend, bekanntlich in kürzester Zeit entschieden, was zeige, dass die Beklagte unzutreffend argumentiere.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 03.02.2015, Az.: A 6 K 3840/14, zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger nach § 24 Abs. 4 AsylG mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Sie macht sich zunächst die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen und trägt darüber hinaus vor: Die streitbefangene Vorschrift setze Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EG um. Danach hätten die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass das Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung des Antrags so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht werde. Dieses Ziel werde durch die Auskunftserteilung nach sechs Monaten indes nicht erreicht, jedenfalls unter den gegenwärtig stark gestiegenen Asylbewerberzahlen. Fast alle Verfahren dauerten derzeit länger als sechs Monate. In den Außenstellen der Beklagten seien Wartezeiten auf einen Anhörungstermin von über einem Jahr eher die Regel als die Ausnahme. Daher könne regelmäßig nach sechs Monaten keine Auskunft gegeben werden, bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden werde. Eine Terminierung der Anhörungen viele Monate im Voraus sei nicht praktikabel und würde zu zahlreichen Stornierungen und Neubestimmung der Termine wegen zwischenzeitlicher Umverteilung oder fehlender Erreichbarkeit der Antragsteller führen. Dieser zusätzliche Aufwand wäre unsinnig. Die Personalverstärkung bei der Beklagten könne mit dem Ansteigen der Zugangszahlen kaum Schritt halten. Das Ausbleiben einer Entscheidung nach sechs Monaten sei aufgrund dieser allgemein bekannten Umstände nicht die Ausnahme und auch nicht besonders erklärungsbedürftig. Daher sei eine Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG unter diesen Umständen auch nicht sinnvoll. Bejahe man einen einklagbaren Auskunftsanspruch, würde dies nicht zu einer Beschleunigung, sondern zu einer zusätzlichen Verzögerung des Verfahrens führen; damit werde das Gegenteil des Gesetzeszwecks erreicht: In 200.000 Fällen (Stand: 19.03.2015) müsse die Beklagte sich zusätzlich mit den Vorgängen befassen und Mitteilungen verschicken, die gegenwärtig nur den nichtssagenden Inhalt haben könnten, dass es noch dauere und der Asylbewerber sich gedulden möge. Ein Regelungscharakter komme solchen Mitteilungen auch nicht zu.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten vor. Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

14 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist allerdings nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, aufgrund der Regelung des § 44a VwGO unzulässig (1.), sondern unbegründet, da die Beklagte ihre Auskunftsverpflichtung nach § 24 Abs. 4 AsylG mit Schreiben vom 22.08.2014 erfüllt und der Kläger auch unter Berücksichtigung des hier maßgeblichen Zeitpunkts zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage - dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - keinen weitergehenden Anspruch hat (2.).
16 
1.) § 44a VwGO ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
17 
Die Vorschrift - gleich ob als besondere Ausformung des Rechtsschutzbedürfnisses oder als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung verstanden - schließt eine isolierte Anfechtung oder Geltendmachung von Verfahrenshandlungen in einem laufenden Verwaltungsverfahren aus, wobei es dabei auf die Rechtsnatur der Verfahrenshandlung grundsätzlich nicht ankommt (v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll VwGO, 6. Aufl. 2014, § 44a VwGO Rn. 3). Verfahrenshandlungen in diesem Sinne sind solche, die der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sachentscheidung dienen. Zweck der Vorschrift ist es, eine Erschwerung des Verwaltungsverfahrens zu verhindern; sie gibt in Bezug auf solche Verfahrenshandlungen der Effektivität des Verwaltungshandelns Vorrang vor der jederzeitigen Sicherung eines korrekten Verfahrensablaufs (Rennert/Geiger in: Eyermann VwGO, 14. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 1). Sofern es dem Betroffenen möglich ist, eine etwaige Rechtsverletzung zumutbar im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung inzident anzubringen, verlangt § 44a VwGO eben dies (Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 11).
18 
Aus dem Spannungsverhältnis zwischen § 44a VwGO und dem grundgesetzlich gesicherten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt jedoch eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift in Fällen, in denen ein effektiver Rechtsschutz in Bezug auf die streitbefangene Verfahrenshandlung nicht mehr bei der das Verwaltungsverfahren abschließenden Sachentscheidung erreicht werden kann und der Betroffene dadurch unmittelbar in eigenen, nicht notwendigerweise grundrechtlich fundierten Rechten verletzt wird (vgl. hierzu BVerfG NJW 199, 81 ff; Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 17). So liegt der Fall hier.
19 
§ 24 Abs. 4 AsylG normiert nach Wortlaut und Zweck einen Anspruch des Asylbewerbers auf Auskunft gegenüber der Behörde. Dies ist aufgrund der Ausgestaltung als Antragsrecht in § 24 Abs. 4 AsylG mit Blick auf die unionsrechtliche Vorgabe aus der Richtlinie 2005/85/EG, die in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) insoweit eindeutig formuliert:
20 
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Asylbewerber für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, a)über die Verzögerung informiert wird oder b)auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird.“
21 
Es lassen sich weder aus § 24 Abs. 4 AsylG noch aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) der Richtlinie 2005/85/EG Argumente herleiten, aufgrund derer sich trotz des klaren Wortlauts der Vorschriften ergeben könnte, dass hier keine Verpflichtung der Behörde - und spiegelbildlich hierzu kein Auskunftsanspruch des Asylbewerbers - statuiert werden sollte. Dieser ist zwar in das Asylverfahren eingebettet, nichts desto trotz handelt es sich aber um einen selbstständigen, unionsrechtlich fundierten und subjektiven Auskunftsanspruch des Asylbewerbers (Bodenbender, in: GK-AsylVfG, Dez. 2011, § 24 AsylG, Rn. 20; Bergmann, in: Renner u.a., AuslR, 10. Aufl. 2013, § 24 AsylG, Rn. 16; a. A.: Bell, in: Hailbronner, AsylR, Okt. 2014, § 24 AsylG, Rn. 64: „unselbstständige verfahrensbegleitende Handlung“, jedoch ohne weitere Begründung).
22 
Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass § 24 Abs. 4 AsylG keine Regelungswirkung zukomme, ist dies zutreffend, für die Frage, ob § 44a VwGO auf den Auskunftsanspruch anwendbar ist, jedoch nicht ausschlaggebend. Einer fehlenden Regelungswirkung kann im Rahmen des § 44a VwGO nur dann Bedeutung zukommen, wenn sich aus dieser die Unselbstständigkeit der Verfahrenshandlung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ergeben würde, was bei einem selbstständigen subjektiven Auskunftsanspruch nicht der Fall sein kann, zumal der Auskunftsanspruch offensichtlich nicht der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sach-entscheidung dient. Vielmehr ergibt sich gerade aus der begrenzten Funktion des Auskunftsanspruchs, dass dessen Missachtung im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung nicht mit angegriffen werden könnte, da an die Auskunft keine weiteren Rechtsfolgen für das Asylverfahren und dessen Entscheidung geknüpft sind, insbesondere keine solchen im Zusammenhang mit einer in der Auskunft angegebenen voraussichtlichen Erledigungsfrist. Dies ergibt sich für Art. 23 der Richtlinie 2005/85/EG ausdrücklich aus dessen Absatz 2 Satz 3:
23 
„Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb dieses zeitlichen Rahmens eine Entscheidung zu treffen.“
24 
In der diese Regelung ablösenden Vorschrift des Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), die nach dessen Art. 51 Abs. 1 zum 20.07.2015 umzusetzen war, fehlt zwar eine ausdrückliche Regelung in diesem Sinne, eine Verschärfung hinsichtlich möglicher Rechtsfolgen einer Auskunft ist damit allerdings offensichtlich nicht beabsichtigt. Das folgt zwanglos aus dem Schweigen der Verfahrensrichtlinie zu etwaigen Rechtsfolgen der Auskunftsverpflichtung. Da diese sich in der bloßen Mitteilung eines zeitlichen Rahmens, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist und der Gründe für die Verzögerung erschöpft, müssten daran anknüpfende unmittelbare Rechtsfolgen ausdrücklich statuiert sein. Solche liegen zudem fern, da der Betroffene einer unzumutbaren Verzögerung, jedenfalls nach nationalem Recht, im Wege einer Untätigkeitsklage begegnen kann. In diesem Rahmen sind die Gründe der Verzögerung ggf. von Relevanz, nicht aber bei der Auskunft, die in der Sache schlicht zutreffend sein muss.
25 
Da es gerade an einem entscheidungsrelevanten Bezug zur Sachentscheidung über das Asylbegehren fehlt, kann eine Missachtung des Auskunftsanspruchs nicht über einen Angriff auf die eigentliche Sachentscheidung gerügt werden, das Ergebnis der Sachentscheidung hängt nicht von einer gegebenen oder unterlassenen Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG ab. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es daher, dem Asylbewerber die Möglichkeit einer eigenständigen Durchsetzung dieses gesetzlichen Anspruchs zu ermöglichen, dessen Erfüllung ansonsten im Belieben der Behörde stünde, was Art. 23 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2005/85/EG bzw. Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Verfahrensrichtlinie ersichtlich nicht gerecht würde. Jedenfalls auf das Ersuchen des Asylbewerbers hin ist dieser über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist und über die Gründe der Verzögerung, zu unterrichten.
26 
Dies gilt umso mehr, als die mit dieser gesetzlichen Verpflichtung einhergehende Belastung der Behörde entgegen deren Darstellung im Verfahren auch unter Berücksichtigung der aktuellen Flüchtlingszahlen weder unzumutbar noch unerfüllbar ist.
27 
Der dahingehende Vortrag der Beklagten stellt insoweit - wie im Übrigen auch derjenige des Klägers - auf eine unzutreffende Reichweite der Auskunftspflicht ab, wenn davon ausgegangen wird, die Vorschrift verlange stets eine kalendermäßig bestimmbare Mitteilung eines voraussichtlichen Entscheidungszeitraumes (in diesem Sinne etwa auch: VG Stuttgart Beschl. v. 14.01.2015 - A 5 K 5093/14 -). Zwar spricht sowohl der Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylVfG als auch derjenige des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit b) der Richtlinie 2005/85/EG bzw. des Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Verfahrensrichtlinie davon, dass über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird. Gleichwohl muss die Beklagte die Auskunftspflicht wahrheitsgemäß erfüllen. Bei einer tatsächlichen Lage, wie der, die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegt, bei der die Beklagte rein tatsächlich nicht in der Lage ist, die Dauer des Verfahren und dessen voraussichtlichen Abschluss abzusehen, hat sie daher eben dies, sowie die Gründe hierfür, im Rahmen des § 24 Abs. 4 AsylG mitzuteilen. Unmögliches kann von der Beklagten nicht verlangt werden.
28 
2.) Davon ausgehend ist die Beklagte mit ihrer Mitteilung vom 22.08.2014 jedenfalls der Sache nach ihrer Auskunftspflicht gerecht geworden. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Beklagte ihre Auskunftsverpflichtung grundsätzlich verneint hat. Sein Informationsbedürfnis wurde, wie schon dargelegt, durch die Beklagte nach Lage der Dinge erfüllt. Einen darüber hinausgehenden Anspruch darauf, dass die Beklagte dabei von einer rechtlich zutreffenden Einschätzung ihrer Verpflichtung - die zudem formlos erfüllt werden kann - auszugehen hat, hat der Kläger nicht.
29 
Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage, hier dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, wobei offen bleiben kann, ob dieser aus dem Anspruchscharakter der Norm, die hier auf einen Realakt der Behörde abzielt, oder aus § 77 AsylG folgt (vgl. Seeger, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 8. Edition, Stand: 1.08.2015, § 77 AsylG, Rn. 1, 3; Bergmann, in: Renner u.a., AuslR, 10. Aufl. 2013, § 77 AsylG, Rn. 6). Die konkrete Belastungssituation der Beklagten, die der Kläger nicht in Abrede stellt, hat sich offensichtlich bis heute nicht geändert. Die Beklagte war zum Zeitpunkt der begehrten Mitteilung nicht in der Lage - und ist es auch aktuell noch nicht - sämtliche Verfahren gleichermaßen zügig zu bearbeiten. Soweit man den klägerischen Antrag dahingehend interpretieren wollte, dass aus der Verpflichtung zur Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG eine Verpflichtung der Beklagten zu einer Priorisierung bestimmter Verfahren ergeben könnte, findet dies im Gesetz, wie schon ausgeführt, keine Stütze.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
31 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

14 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist allerdings nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, aufgrund der Regelung des § 44a VwGO unzulässig (1.), sondern unbegründet, da die Beklagte ihre Auskunftsverpflichtung nach § 24 Abs. 4 AsylG mit Schreiben vom 22.08.2014 erfüllt und der Kläger auch unter Berücksichtigung des hier maßgeblichen Zeitpunkts zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage - dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - keinen weitergehenden Anspruch hat (2.).
16 
1.) § 44a VwGO ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
17 
Die Vorschrift - gleich ob als besondere Ausformung des Rechtsschutzbedürfnisses oder als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung verstanden - schließt eine isolierte Anfechtung oder Geltendmachung von Verfahrenshandlungen in einem laufenden Verwaltungsverfahren aus, wobei es dabei auf die Rechtsnatur der Verfahrenshandlung grundsätzlich nicht ankommt (v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll VwGO, 6. Aufl. 2014, § 44a VwGO Rn. 3). Verfahrenshandlungen in diesem Sinne sind solche, die der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sachentscheidung dienen. Zweck der Vorschrift ist es, eine Erschwerung des Verwaltungsverfahrens zu verhindern; sie gibt in Bezug auf solche Verfahrenshandlungen der Effektivität des Verwaltungshandelns Vorrang vor der jederzeitigen Sicherung eines korrekten Verfahrensablaufs (Rennert/Geiger in: Eyermann VwGO, 14. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 1). Sofern es dem Betroffenen möglich ist, eine etwaige Rechtsverletzung zumutbar im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung inzident anzubringen, verlangt § 44a VwGO eben dies (Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 11).
18 
Aus dem Spannungsverhältnis zwischen § 44a VwGO und dem grundgesetzlich gesicherten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt jedoch eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift in Fällen, in denen ein effektiver Rechtsschutz in Bezug auf die streitbefangene Verfahrenshandlung nicht mehr bei der das Verwaltungsverfahren abschließenden Sachentscheidung erreicht werden kann und der Betroffene dadurch unmittelbar in eigenen, nicht notwendigerweise grundrechtlich fundierten Rechten verletzt wird (vgl. hierzu BVerfG NJW 199, 81 ff; Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a VwGO, Rn. 17). So liegt der Fall hier.
19 
§ 24 Abs. 4 AsylG normiert nach Wortlaut und Zweck einen Anspruch des Asylbewerbers auf Auskunft gegenüber der Behörde. Dies ist aufgrund der Ausgestaltung als Antragsrecht in § 24 Abs. 4 AsylG mit Blick auf die unionsrechtliche Vorgabe aus der Richtlinie 2005/85/EG, die in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) insoweit eindeutig formuliert:
20 
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Asylbewerber für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, a)über die Verzögerung informiert wird oder b)auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird.“
21 
Es lassen sich weder aus § 24 Abs. 4 AsylG noch aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit. b) der Richtlinie 2005/85/EG Argumente herleiten, aufgrund derer sich trotz des klaren Wortlauts der Vorschriften ergeben könnte, dass hier keine Verpflichtung der Behörde - und spiegelbildlich hierzu kein Auskunftsanspruch des Asylbewerbers - statuiert werden sollte. Dieser ist zwar in das Asylverfahren eingebettet, nichts desto trotz handelt es sich aber um einen selbstständigen, unionsrechtlich fundierten und subjektiven Auskunftsanspruch des Asylbewerbers (Bodenbender, in: GK-AsylVfG, Dez. 2011, § 24 AsylG, Rn. 20; Bergmann, in: Renner u.a., AuslR, 10. Aufl. 2013, § 24 AsylG, Rn. 16; a. A.: Bell, in: Hailbronner, AsylR, Okt. 2014, § 24 AsylG, Rn. 64: „unselbstständige verfahrensbegleitende Handlung“, jedoch ohne weitere Begründung).
22 
Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass § 24 Abs. 4 AsylG keine Regelungswirkung zukomme, ist dies zutreffend, für die Frage, ob § 44a VwGO auf den Auskunftsanspruch anwendbar ist, jedoch nicht ausschlaggebend. Einer fehlenden Regelungswirkung kann im Rahmen des § 44a VwGO nur dann Bedeutung zukommen, wenn sich aus dieser die Unselbstständigkeit der Verfahrenshandlung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ergeben würde, was bei einem selbstständigen subjektiven Auskunftsanspruch nicht der Fall sein kann, zumal der Auskunftsanspruch offensichtlich nicht der Vorbereitung der in dem Verwaltungsverfahren beabsichtigten Sach-entscheidung dient. Vielmehr ergibt sich gerade aus der begrenzten Funktion des Auskunftsanspruchs, dass dessen Missachtung im Rahmen des Angriffs auf die Sachentscheidung nicht mit angegriffen werden könnte, da an die Auskunft keine weiteren Rechtsfolgen für das Asylverfahren und dessen Entscheidung geknüpft sind, insbesondere keine solchen im Zusammenhang mit einer in der Auskunft angegebenen voraussichtlichen Erledigungsfrist. Dies ergibt sich für Art. 23 der Richtlinie 2005/85/EG ausdrücklich aus dessen Absatz 2 Satz 3:
23 
„Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb dieses zeitlichen Rahmens eine Entscheidung zu treffen.“
24 
In der diese Regelung ablösenden Vorschrift des Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), die nach dessen Art. 51 Abs. 1 zum 20.07.2015 umzusetzen war, fehlt zwar eine ausdrückliche Regelung in diesem Sinne, eine Verschärfung hinsichtlich möglicher Rechtsfolgen einer Auskunft ist damit allerdings offensichtlich nicht beabsichtigt. Das folgt zwanglos aus dem Schweigen der Verfahrensrichtlinie zu etwaigen Rechtsfolgen der Auskunftsverpflichtung. Da diese sich in der bloßen Mitteilung eines zeitlichen Rahmens, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist und der Gründe für die Verzögerung erschöpft, müssten daran anknüpfende unmittelbare Rechtsfolgen ausdrücklich statuiert sein. Solche liegen zudem fern, da der Betroffene einer unzumutbaren Verzögerung, jedenfalls nach nationalem Recht, im Wege einer Untätigkeitsklage begegnen kann. In diesem Rahmen sind die Gründe der Verzögerung ggf. von Relevanz, nicht aber bei der Auskunft, die in der Sache schlicht zutreffend sein muss.
25 
Da es gerade an einem entscheidungsrelevanten Bezug zur Sachentscheidung über das Asylbegehren fehlt, kann eine Missachtung des Auskunftsanspruchs nicht über einen Angriff auf die eigentliche Sachentscheidung gerügt werden, das Ergebnis der Sachentscheidung hängt nicht von einer gegebenen oder unterlassenen Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG ab. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es daher, dem Asylbewerber die Möglichkeit einer eigenständigen Durchsetzung dieses gesetzlichen Anspruchs zu ermöglichen, dessen Erfüllung ansonsten im Belieben der Behörde stünde, was Art. 23 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2005/85/EG bzw. Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Verfahrensrichtlinie ersichtlich nicht gerecht würde. Jedenfalls auf das Ersuchen des Asylbewerbers hin ist dieser über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist und über die Gründe der Verzögerung, zu unterrichten.
26 
Dies gilt umso mehr, als die mit dieser gesetzlichen Verpflichtung einhergehende Belastung der Behörde entgegen deren Darstellung im Verfahren auch unter Berücksichtigung der aktuellen Flüchtlingszahlen weder unzumutbar noch unerfüllbar ist.
27 
Der dahingehende Vortrag der Beklagten stellt insoweit - wie im Übrigen auch derjenige des Klägers - auf eine unzutreffende Reichweite der Auskunftspflicht ab, wenn davon ausgegangen wird, die Vorschrift verlange stets eine kalendermäßig bestimmbare Mitteilung eines voraussichtlichen Entscheidungszeitraumes (in diesem Sinne etwa auch: VG Stuttgart Beschl. v. 14.01.2015 - A 5 K 5093/14 -). Zwar spricht sowohl der Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylVfG als auch derjenige des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 lit b) der Richtlinie 2005/85/EG bzw. des Art. 31 Absatz 6 lit. b) der Verfahrensrichtlinie davon, dass über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird. Gleichwohl muss die Beklagte die Auskunftspflicht wahrheitsgemäß erfüllen. Bei einer tatsächlichen Lage, wie der, die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegt, bei der die Beklagte rein tatsächlich nicht in der Lage ist, die Dauer des Verfahren und dessen voraussichtlichen Abschluss abzusehen, hat sie daher eben dies, sowie die Gründe hierfür, im Rahmen des § 24 Abs. 4 AsylG mitzuteilen. Unmögliches kann von der Beklagten nicht verlangt werden.
28 
2.) Davon ausgehend ist die Beklagte mit ihrer Mitteilung vom 22.08.2014 jedenfalls der Sache nach ihrer Auskunftspflicht gerecht geworden. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Beklagte ihre Auskunftsverpflichtung grundsätzlich verneint hat. Sein Informationsbedürfnis wurde, wie schon dargelegt, durch die Beklagte nach Lage der Dinge erfüllt. Einen darüber hinausgehenden Anspruch darauf, dass die Beklagte dabei von einer rechtlich zutreffenden Einschätzung ihrer Verpflichtung - die zudem formlos erfüllt werden kann - auszugehen hat, hat der Kläger nicht.
29 
Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage, hier dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, wobei offen bleiben kann, ob dieser aus dem Anspruchscharakter der Norm, die hier auf einen Realakt der Behörde abzielt, oder aus § 77 AsylG folgt (vgl. Seeger, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 8. Edition, Stand: 1.08.2015, § 77 AsylG, Rn. 1, 3; Bergmann, in: Renner u.a., AuslR, 10. Aufl. 2013, § 77 AsylG, Rn. 6). Die konkrete Belastungssituation der Beklagten, die der Kläger nicht in Abrede stellt, hat sich offensichtlich bis heute nicht geändert. Die Beklagte war zum Zeitpunkt der begehrten Mitteilung nicht in der Lage - und ist es auch aktuell noch nicht - sämtliche Verfahren gleichermaßen zügig zu bearbeiten. Soweit man den klägerischen Antrag dahingehend interpretieren wollte, dass aus der Verpflichtung zur Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG eine Verpflichtung der Beklagten zu einer Priorisierung bestimmter Verfahren ergeben könnte, findet dies im Gesetz, wie schon ausgeführt, keine Stütze.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
31 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger und gehört der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya an. Er wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, durch den sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Spanien angeordnet wird.

2

Der Kläger reiste gemeinsam mit seiner Mutter und zwei Geschwistern (BVerwG 1 C 32.14 und 1 C 33.14) Anfang Januar 2013 nach Deutschland ein und stellte hier am 14. Januar 2013 einen Asylantrag. Dabei gaben alle vier Familienmitglieder an, aus religiösen Gründen in Pakistan verfolgt zu werden. Ein noch im gleichen Monat durchgeführter Abgleich der Fingerabdrücke mit Daten aus Eurodac ergab, dass der Kläger und seine Geschwister, nicht aber seine Mutter, bereits in Spanien Asylanträge gestellt hatten.

3

Im Mai 2013 wurde die Schwester des Klägers (BVerwG 1 C 33.14) durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) persönlich angehört. Dabei gab sie an, bereits in Spanien einen Asylantrag gestellt zu haben. Sie alle hätten sich im November 2012 für drei oder vier Tage in Spanien aufgehalten und seien dort am Flughafen kontrolliert worden. Es sei kein Dolmetscher zugegen gewesen, und am Ende hätte sie etwas unterschreiben müssen. Sie wisse nicht, was sie unterschrieben habe, aber sie denke, es sei ein Asylantrag gewesen. Ihr eigentliches Ziel sei bereits damals Deutschland gewesen. Von Spanien aus sei sie zunächst nach Pakistan zurückgekehrt. Im Januar 2013 sei sie dann mit dem Flugzeug von Islamabad kommend nach Frankfurt a.M. geflogen. Ein Flugticket habe sie nicht mehr.

4

Am 4. Dezember 2013 richtete die Beklagte unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO hinsichtlich sämtlicher vier Familienmitglieder Wiederaufnahmeersuchen an Spanien. Dabei gab sie an, dass es für den Kläger und seine Geschwister, nicht aber für deren Mutter, jeweils Eurodac-Treffer gebe. Die Schwester (BVerwG 1 C 33.14) und ihr jüngerer Bruder (BVerwG 1 C 32.14) hätten nach den aus Eurodac gewonnenen Daten am 1. Dezember 2012 in Malaga einen Asylantrag gestellt, der Kläger (BVerwG 1 C 34.14) am 3. Dezember 2012. Das spanische Innenministerium teilte mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 (BVerwG 1 C 33.14) und 19. Dezember 2013 (BVerwG 1 C 32.14 und 1 C 34.14), gleichfalls unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO, mit, dass es die Wiederaufnahme sämtlicher vier Familienmitglieder akzeptiere.

5

Mit Bescheid vom 29. Januar 2014 stellte die Beklagte fest, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (Ziffer 1) und ordnete seine Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) unzulässig, da Spanien aufgrund des dort gestellten Asylantrages gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

6

Mit Beschluss vom 7. März 2014 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung an. Mit Urteil vom 22. April 2014 hat es den Bescheid der Beklagten aufgehoben. Die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig und die Anordnung der Abschiebung des Klägers seien rechtswidrig. Denn Deutschland sei gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig, weil es das Wiederaufnahmegesuch an Spanien nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten gestellt habe. Hier habe bereits am 16. Januar 2013 aufgrund des Datenabgleichs mit Eurodac ein Hinweis für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der EU vorgelegen. Darüber hinaus habe die Schwester des Klägers bei ihrer Anhörung im Verfahren BVerwG 1 C 33.14 auf einen Aufenthalt in Spanien und einen dort wahrscheinlich gestellten Asylantrag hingewiesen. Trotz dieser eindeutigen Hinweise habe die Beklagte erst am 4. Dezember 2013 Wiederaufnahmegesuche an Spanien gerichtet. Die in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO enthaltene Fristenregelung finde nicht nur in Verfahren auf Aufnahme eines Asylbewerbers Anwendung, sondern auch in Verfahren auf Wiederaufnahme.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss nach § 130a VwGO vom 25. August 2014 das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Deutschland sei nicht in analoger Anwendung von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig geworden. Zur Anwendung komme allein das Verfahren zur Wiederaufnahme nach Art. 20 Dublin II-VO, weil der Kläger vor seiner Einreise nach Deutschland in Spanien um Asyl nachgesucht habe. Art. 20 der Dublin II-VO enthalte keine dem Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO entsprechende Fristbestimmung. Insoweit sei auch keine Regelungslücke zu erkennen, die durch eine analoge Heranziehung der Fristbestimmungen zur Aufnahme zu schließen wäre. Unabhängig davon könne sich der Kläger auch nicht auf die Einhaltung der Zuständigkeits- und Fristenregelungen der Dublin II-VO berufen, denn sie dienten allein einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates.

8

Der Kläger wendet sich mit seiner Revision gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zur Unzuständigkeit Deutschlands wie zur Abschiebungsanordnung. Das Verwaltungsgericht habe mit Recht die Fristenregelung für die Aufnahme auf das Verfahren der Wiederaufnahme übertragen, weil insoweit eine Regelungslücke vorliege. Damit sei Deutschland für die Behandlung der Asylanträge zuständig geworden. Andernfalls würden die Mitgliedstaaten für das Wiederaufnahmeverfahren keiner Fristbestimmung unterliegen. Dies würde der generellen Zielsetzung des Dublin-Regelwerks zuwiderlaufen, eine Beschleunigung der Asylverfahren zu erreichen. Es spreche zudem vieles dafür, dass der Kläger auch in seinen Grundrechten aus Art. 41 der GRC und Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt sei. Insoweit sei zu klären, ob sich ein Asylantragsteller in einem solchen Fall auf die Fristbestimmungen des Dublin-Regelungswerks berufen könne. Des Weiteren habe das Berufungsgericht verkannt, dass die gesetzliche Regelung des § 34a AsylG gegen Unionsrecht verstoße. Die Dublin II-VO sehe bei Unzuständigkeit eines Mitgliedstaates eine "Überstellung" vor. Damit habe das Unionsrecht eine neue Form der Aufenthaltsbeendigung geschaffen, die hinter der Abschiebung im Sinne des deutschen Ausländer- und Asylrechts zurückbleibe. Sowohl die Dublin II-VO als auch das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verböten, eine Überstellung eines Asylbewerbers mit dem Zwangsmittel einer Abschiebung durchzuführen.

9

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Beschluss des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Die erhobene Anfechtungsklage ist statthaft (1.). Die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag als unzulässig abzulehnen, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (2.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylG (3.).

12

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall in Bezug auf die maßgebliche Dublin-Verordnung - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

13

1. Die Vorinstanzen haben mit Recht die Anfechtungsklage als die allein statthafte Klageart angesehen, wenn es - wie hier - um das Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin II-Verordnung geht (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist - ABl. L 50 S. 1). Dies hat der Senat mit Urteil vom gleichen Tag in dem die Mutter und den Bruder des Klägers betreffenden Verfahren (BVerwG 1 C 32.14) näher ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.

14

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auch eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylG getroffen, dessen Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Auch für die Aufhebung der in Ziffer 2 des Bescheids getroffenen Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart.

15

2. Die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag als unzulässig abzulehnen, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte bei Stellung ihres Ersuchens an Spanien in Bezug auf die Mutter des Klägers die Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO zu beachten hatte und im Falle einer durch Fristversäumnis begründeten Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags der Mutter des Klägers sich diese Zuständigkeit auch auf den Kläger und seine Geschwister erstreckte, im Fall des Klägers nach Art. 14 Dublin II-VO. Denn auf eine etwaige Nichtbeachtung von Fristen für die Aufnahme oder Wiederaufnahme kann sich der Kläger nicht berufen, weil die Fristenregelung für ihn keine subjektiven Rechte begründet.

17

a) Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof zutreffend davon ausgegangen, dass die Drei-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO nur für Aufnahmegesuche gilt, nicht hingegen für Gesuche auf Wiederaufnahme von Asylantragstellern. Der Senat hat bereits entschieden, dass das Fehlen einer Fristvorgabe für die Stellung eines Wiederaufnahmeersuchens in der Dublin II-VO keine Regelungslücke darstellt, die durch eine analoge Anwendung von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO zu schließen wäre (BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 - juris Rn. 13; vgl. auch Beschluss vom 21. Mai 2014 - 10 B 31.14 - juris Rn. 5). Es fehlt aber an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen, dass auch die Mutter des Klägers - wie ihre Kinder - in Spanien einen Asylantrag gestellt hat und deshalb auch auf sie das Verfahren der Wiederaufnahme nach Art. 20 Dublin II-VO Anwendung findet.

18

Hätte die Mutter des Klägers in Spanien keinen Asylantrag gestellt, fänden auf sie die Dublin-Regeln über die Aufnahme Anwendung und die Beklagte hätte mit der Unterbreitung des Gesuchs an Spanien mehr als zehn Monate nach der Asylantragstellung die Drei-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO verstreichen lassen. Damit wäre Deutschland für die Prüfung des Asylantrags der Mutter zuständig. Diese Zuständigkeit würde sich auf die bei Einreise minderjährigen Geschwister des Klägers nach Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO (wenn hinsichtlich der Minderjährigkeit auf die Sachlage bei Einreise abzustellen wäre) und auf den Kläger nach Art. 14 Dublin II-VO erstrecken, da Deutschland dann für die Aufnahme des größten Teils der Familienmitglieder zuständig wäre.

19

b) Die Frage, ob die Mutter des Klägers in Spanien einen Asylantrag gestellt hat, ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn auf eine etwaige Nichtbeachtung der in diesem Fall zu beachtenden Drei-Monats-Frist für die Aufnahme nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO kann sich der Kläger nicht berufen, weil die Fristenregelung für ihn keine subjektiven Rechte begründet.

20

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil in der Rechtssache "Abdullahi" entschieden, dass in einer Situation wie der vorliegenden, in der der ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, der Betroffene der Entscheidung, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Asylbewerber in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen, nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der GRC ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 [ECLI:EU:C:2013:813], Abdullahi - Rn. 60). Derartige systemische Mängel sind im vorliegenden Verfahren für Spanien weder gerichtlich festgestellt noch von den Verfahrensbeteiligten vorgetragen worden. In diesem Fall kann sich ein Asylbewerber nicht auf einen Fristablauf berufen, weil die Fristbestimmungen des Dublin-Regimes für die (Wieder-)Aufnahme lediglich als zwischen den Mitgliedstaaten wirkende Organisationsvorschriften anzusehen sind. Sie dienen einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne dem Antragsteller dadurch einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2015, § 27a AsylVfG Rn. 65; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: November 2014, § 27a AsylVfG Rn. 196.1.; Bergmann, ZAR 2015, 81 <84>). Ein erneuter Klärungsbedarf dieser Frage ergibt sich insoweit auch nicht aus zwei anhängigen Vorlageverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union, da sich diese nicht auf die Auslegung der hier maßgeblichen Dublin II-VO beziehen, sondern auf die Frage, ob die Rechtslage bei Anwendung der Dublin III-VO anders zu beurteilen ist (Vorlage der Rechtbank Den Haag/Niederlande vom 12. Februar 2015 - C-63/15 - Ghezelbash und Vorlage des Kammarrätten i Stockholm/Schweden vom 1. April 2015 - C-155/15 - Karim).

21

Unter welchen Voraussetzungen im Fall einer überlangen Verfahrensdauer eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO besteht (vgl. dazu EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a. [ECLI:EU:C:2011:865], N.S. u.a. - Rn. 108 und vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35), braucht nicht entschieden zu werden. Denn eine Verfahrensdauer von etwas mehr als elf Monaten von der Asylantragstellung bis zur Erteilung der Zustimmung zur Wiederaufnahme weist jedenfalls keine solche Überlänge auf.

22

c) Der Kläger kann auch aus dem Recht auf eine gute Verwaltung gemäß Art. 41 Abs. 1 der GRC keinen Anspruch auf Behandlung seines Asylantrages durch Deutschland ableiten. Denn in der Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass sich dieses Recht nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union richtet und nicht an die Mitgliedstaaten, selbst wenn diese Unionsrecht anwenden (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - C-249/13 [ECLI:EU:C:2014:2431], Boudjlida - Rn. 32 m.w.N.).

23

d) Schließlich ergibt sich für den Kläger im Fall einer etwaigen Fristverletzung bei der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs an Spanien auch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK kein Anspruch auf Behandlung seines Asylantrages durch die Bundesrepublik Deutschland. Art. 6 Abs. 1 EMRK bezieht sich schon seinem Schutzbereich nach nicht auf das Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt, sondern enthält lediglich Verfahrensgarantien für Gerichtsverfahren und im Übrigen auch nur für solche Gerichtsverfahren, die zivilrechtliche Ansprüche oder strafrechtliche Anklagen betreffen. Hierzu gehören Streitigkeiten über Einreise, Aufenthalt und Ausweisung von Ausländern nicht (EGMR, Urteil vom 17. Mai 2011 - Nr. 43408/08, Izevbekhai u.a./Irland - NVwZ 2012, 686 Rn. 83; Entscheidung vom 24. März 2015 - Nr. 37074/13, Kerkez/Deutschland - EuGRZ 2015, 464 Rn. 40).

24

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids zutreffend als rechtmäßig angesehen. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylG. Diese Vorschrift ist mit den unionsrechtlichen Bestimmungen des Dublin-Regelungswerks vereinbar, wie der Senat in seinem Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 - näher ausgeführt hat. Auf die Gründe dieses Urteils wird verwiesen.

25

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.