Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 26. Okt. 2018 - 2 A 1766/16 SN

bei uns veröffentlicht am26.10.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Beklagte und für die Beigeladene, für letztere nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

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Die klagende Gemeinde wendet sich gegen einen der E.-GmbH unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilten Bauvorbescheid, soweit mit diesem ihre Bauvoranfragen zu Ziffer 1, 3 und 5 positiv beantwortet worden sind. Die Beigeladene ist ausweislich einer Notarbescheinigung vom 26. Mai 2016 nach Umfirmierung identisch mit der E.- GmbH.

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Mit am 26. Juni 2014 beim seinerzeitigen Fachdienst Bauordnung/Planung der Beklagten eingegangenem Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides für das Vorhaben „Ferienwohnungen H.-Allee 10 30 WE“ im Gemeindegebiet der Klägerin stellte die Beigeladene unter anderem die Frage danach, ob die Errichtung von drei Mehrfamilienhäusern zur Feriennutzung auf dem Flurstück 150/3 der Flur 1 in der Gemarkung D. planungsrechtlich zulässig sei (Frage 1), ob die geplante Zufahrt auf dem Flurstück 155/2, von der H.-Allee kommend, genehmigungsfähig sei (Frage 3), sowie, ob die Erschließung gesichert sei (Frage 5). Nach dem zugehörigen Lageplan sollen die drei Mehrfamilienhäuser mit je 10 Ferienwohnungen rückwärtig in zweiter Reihe zur südwestlich der H.-Allee gelegenen Bebauung auf einem ehemals als Garagengrundstück genutzten Grundstück unter Abriss der (noch) vorhandenen Garagen entstehen. Die Zufahrt zu den Gebäuden soll über das sich im Gemeindeeigentum befindliche Flurstück 155/2 erfolgen, während die Abfahrt ursprünglich über die Flurstücke 149/5 und 147 geplant war (Frage 4 des Bauvorbescheidsantrages). Das Vorhabenflurstück 150/3 weist bei einer Länge parallel zur H.-Allee von bis zu rund 100 m und einer Ausdehnung im rechten Winkel zur H.-Allee von bis zu 60 m eine Fläche von ca. 5.500 qm auf. Das Flurstück 155/2 ist im Grundbuch von D. Blatt 2097 unter der laufenden Nummer 4 als Verkehrsfläche mit einer Größe von 196 m² verzeichnet. Es grenzt an eine von der Straße H.-Allee gewissermaßen als Stichweg nach Südwesten abzweigende, zum Wegeflurstück (heute 144/9) der H.-Allee gehörende Fläche, die es nach Süden weiter verlängert.

3

Im Verwaltungsvorgang der Beklagten befindet sich eine von der seinerzeitigen Bürgermeisterin der Klägerin unter dem 16. Januar 2003 schriftlich gegenüber einem Ingenieurbüro erfolgte Bestätigung, wonach der parallel zum Flurstück 144/1 (heute 154/1) „verlaufende Weg (in diesem Bereich zum Straßengrundstück (144/7) H.-Allee gehörig und südlich die Flurstücksbezeichnung 155/2 tragend) … ein öffentliches Wegegrundstück“ sei.

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Das Vorhabenflurstück 150/3 grenzt westlich an den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3a, der für diesen Bereich ein Mischgebiet festsetzt. Auf dem hier befindlichen Flurstück 157/5 befinden sich vier im Jahre 1995 als Apparthotel „F.“ genehmigte Gebäude, in denen sich insgesamt 68 Ferienappartements befinden. Mit seinem nordwestlichen Bereich grenzt das Vorhabenflurstück an das vorbezeichnete Flurstück 155/2, dem wiederum nordwestlich – in zweiter Reihe zur Bebauung südwestlich der H.-Allee – sich auf dem Flurstück 155/10 ein Wohn- und Geschäftshaus anschließt. Im Osten grenzt das Vorhabenflurstück an das gemeindeeigene Flurstück 149/5 und einen Teil des daneben befindlichen Flurstücks 147, das zwar als – nicht befestigter – Weg genutzt wird, jedoch als solcher über keine straßenrechtliche Widmung verfügt. Daran südöstlich anschließend befindet sich die denkmalgeschützte Mehrfamilienhausquartiersbebauung im Umfeld des unmittelbar an der H.-Allee gelegenen J.-Platzes. Wegen der in der näheren Umgebung des Vorhabenstandortes befindlichen Nutzungen wird auf die Darstellung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7. Juni 2016 sowie auf eine von der Beigeladenen mit Schreiben vom 2. April 2015 übersandte Übersicht sowie auf eine weitere in den Verwaltungsvorgängen befindliche Auflistung, offenbar erstellt von Mitarbeitern der Beklagten, Bezug genommen. Danach ergibt sich, dass die Umgebung sowohl von Wohnnutzung, gewerblicher und freiberuflicher Nutzung sowie von Ferienwohnungsnutzung geprägt wird.

5

Für den Vorhabenstandort hatte die Klägerin bereits im Jahr 2009 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 33 „G.“ beschlossen, ohne allerdings dessen Planungsziele festzulegen. Am 8. Januar 2015 beschloss die Gemeindevertretung der Klägerin für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes Nr. 33 „G.“ eine Veränderungssperre nach § 14 Baugesetzbuch (BauGB), die am 24. Februar 2015 öffentlich bekannt gemacht wurde. In der Folgezeit, am 28. Mai 2015, beschloss die Gemeindevertretung für den Bebauungsplan Nr. 33 Planungsziele, die unter anderem in der Errichtung eines Parkhauses, seniorengerechtem und behindertengerechtem Wohnen, Mehrgenerationenwohnen sowie der Sicherstellung, dass nach einer Teilung in Wohnungseigentum keine Ferienwohnungen entstünden, bestehen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22. September 2017 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dass nach Erlass des streitgegenständlichen Bauvorbescheids von der Klägerin eine zweite Veränderungssperre erlassen worden sei.

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Zu der Bauvoranfrage versagte die Klägerin im Juli 2014 ihr Einvernehmen und beantragte zugleich die Zurückstellung des Baugesuchs gemäß § 15 Abs. 1 BauGB.

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Nach Anhörung der Klägerin erteilte die Beklagte der E.-GmbH mit Bescheid vom 7. Oktober 2015 unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens den Bauvorbescheid hinsichtlich der Fragen 1, 3 und 5 der Bauvoranfrage unter Ablehnung im Übrigen. Hinsichtlich der Bauvoranfrage zu Ziffer 1 ging die Beklagte dabei – nach entsprechendem vorangegangenem Schriftwechsel – davon aus, dass sich die Fragestellung zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit allein auf das Kriterium der Art der baulichen Nutzung beziehe. Zur Begründung des Bauvorbescheides wurde ausgeführt, dass mangels zu sichernder gemeindlicher Planungsziele die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre nicht vorgelegen hätten. Die rund vier Monate später beschlossenen Planungsziele hätten diesen Mangel nicht geheilt. Die bisher südlich an die Garagen anschließende Vorhabenfläche sei im Ergebnis einer richterlichen Ortsbesichtigung im Verfahren VG Schwerin 2 A 2392/06 als Vorhaben im unbeplanten Innenbereich zu behandeln. Trotz der östlich an das Vorhabengrundstück anschließenden Wohnbebauung und des nördlich wie westlich ausgewiesenen Mischgebietes bestehe eine Gemengelage, die eine Ferienhausbebauung zulasse. Weder sei die benachbarte Gebietsausweisung noch der Umstand entscheidend, dass die Appartementanlage „F.“ als Apparthotel und damit Beherbergungsbetrieb genehmigt worden sei. Mangels ausreichender hoteltypischer Nebenleistungen sei sie als reine Feriennutzung zu klassifizieren. Die geplante Zufahrt auf dem Flurstück 155/2 sei genehmigungsfähig, das Flurstück 155/2 grenze seinerseits an die H.-Allee an und erschließe sowohl das westlich an das Wegegrundstück angrenzende Wohn- und Geschäftshaus auf dem Flurstück 155/10 als auch das Vorhabengrundstück. Auch im Übrigen sei die Erschließung gesichert.

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Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2016, zugestellt am 8. Juni 2016 zurück. Trotz der östlich an das Vorhabengrundstück anschließenden Wohnbebauung und des nördlich wie westlich ausgewiesenen Mischgebiets bestehe eine Gemengelage, die eine Ferienhausbebauung zulasse. Auch sei kein Verstoß gegen das aus dem Einfügungsgebot entwickelte Rücksichtnahmegebot zu erkennen. So sei nicht mit einem Mehr an Verkehr zu rechnen, der das Vorhaben als rücksichtslos erscheinen lasse. Gegenüber bisher 48 Garagenstellplätzen und weiteren Wildparkern falle die geplante Anzahl von 30 Stellplätzen für die Ferienwohnungen noch geringer aus. Im Übrigen sei mit Blick auf die Zumutbarkeit und Vorbelastung zu berücksichtigen, dass in der näheren Umgebung aufgrund der touristischen Prägung und der Lage im Ortskern neben einer Wohn- und Feriennutzung diverse (nicht störende) gewerbliche Nutzungen vorhanden seien. Die ausreichende Erschließung über das Flurstück 149/9 (H.-Allee) und das hier streitgegenständliche Flurstück 155/2 sei gegeben. Die vorhandene Straße sei geeignet, den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr, insbesondere in technischer Hinsicht mit einer Breite von ca. 4,70 Meter und einer gepflasterten Oberfläche zu bewältigen, zumal die Zufahrt zur Residenz „F.“ über das gemeindliche Wegeflurstück 156 mit ca. 4,25 Meter eine tatsächlich geringere Breite aufweise, jedoch mit 68 Appartements über mehr als das doppelte an Kapazität gegenüber dem streitgegenständlichen Vorhaben verfüge. Dass das Flurstück 155/2 ein öffentliches Wegegrundstück darstelle, habe die Gemeinde bereits im Baugenehmigungsverfahren zur Bebauung des in zweiter Reihe gelegenen Flurstücks 155/10 bestätigt. Unabhängig davon habe es für die Öffentlichkeit einer Straße gemäß dem DDR-Straßenrecht keiner Widmung bedurft. Entscheidend für die Öffentlichkeit sei gewesen, dass der Weg tatsächlich von der Öffentlichkeit genutzt worden sei und dass der damalige Rechtsträger bzw. Eigentümer der Nutzung durch jedermann nicht widersprochen habe.

9

Die Klägerin hat am 4. Juli 2016 Klage erhoben. Sie bezweifelt die Innenbereichsqualität des Vorhabengrundstücks. Gehe man von einer Belegenheit innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils aus, sei mit der Beklagten davon auszugehen, dass es sich bei der näheren Umgebung um eine Gemengelage handele, d. h., dass das Vorhaben- grundstück nicht in einem faktischen Baugebiet liege. In diese füge sich das geplante Vorhaben seiner Art nach nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da es zu unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn führe und deswegen rücksichtslos sei. Jedenfalls lasse sich auf der Grundlage der mit der Bauvoranfrage eingereichten Unterlagen nicht feststellen, ob das Vorhaben hinsichtlich der vorgesehenen Art der baulichen Nutzung den insoweit zu prüfenden Anforderungen des § 34 BauGB genüge. Die geplante Ferienwohnnutzung sei nicht weiter spezifiziert. Die Beantwortung der Frage, ob das geplante Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung gemäß § 34 BauGB zulässig sei, setze regelmäßig auch die Prüfung der Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme voraus. Die Erschließung sei nicht gesichert. Das Vorhabengrundstück liege nicht an einer öffentlichen Straße; die auf dem Flurstück 155/2 befindliche Zufahrtsfläche sei keine öffentliche Straße. Die Beigeladene verfüge auch nicht über eine rechtlich abgesicherte und dingliche Befugnis, dass in ihrem – der Klägerin – Eigentum stehende Grundstück Flurstück 155/2 zu nutzen. Im Übrigen sei die Zufahrtsfläche auch nicht ausreichend, zusätzlich den Verkehr von und zu dem geplanten Vorhaben aufzunehmen.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bauvorbescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2016 aufzuheben, soweit der Bauantragstellerin E. ein positiver Bauvorbescheid erteilt wurde.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie erachtet den von der Klägerin zur Begründung der Klage herangezogenen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot als bedeutungslos. Die konkret gestellte Frage 1 führe zwar dazu, dass keine Einliegerwohnungen in Einfamilienhäusern für eine Ferienvermietung geplant seien. Der genaue Umfang der Betten und die konkrete Zahl der Ferienwohnungen kämen in der Frage jedoch gerade nicht zur Sprache. Insoweit fokussiere sich die Frage vorrangig entgegen dem klägerischen Vortrag allein auf die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Art der Nutzung mit dem Hinweis in der Angabe „Mehrfamilienhäuser“, dass es keine vereinzelten Ferienwohnungen werden sollten. Angesichts der von der Klägerin auch anerkannten, von mehr oder weniger umfangreichen Ferienwohnanlagen und –wohnungen geprägten Gemengelage sei diese Art der Nutzung jedoch durchaus zulässig. Die Beantwortung der von der Klägerin aufgeworfenen Frage der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots bleibe dem noch ausstehenden Bauantragsverfahren vorbehalten. Für die östlich anschließende Wohnnutzung am J.-Platz bestehe kein handgreiflicher Schutzanspruch. Der dort geltende Gebietserhaltungsanspruch gebe kein vergleichbar weitreichendes Abwehrrecht gegen eine Bebauung in einem angrenzenden Gebiet, das diesen Charakter nicht teile.

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Die Beigeladene beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie verweist zur Frage der gesicherten Erschließung auf zwischen dem Rat der Gemeinde als Rechtsträger und Garagennutzern geschlossene Verträge aus der Mitter der 80’er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die insgesamt 48 Garagen seien nur in An- und Abfahrt zu befahren über das Flurstück 155/2 und weiter über das zur H.-Allee vorgelagerte, noch zum Wegeflurstück der H.-Allee gehörende Grundstück, um so zur H.-Allee zu kommen und von dort zu den Garagen zu fahren. Die Einräumung des Nutzungsrechts für die Garagen durch die Gemeinde an 48 verschiedene Personen bedeute gleichzeitig die öffentliche Widmung der Zuwegung zur H.-Allee.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte zum Verfahren 2 A 1976/02, das derzeit ruht, Bezug genommen.

19

Mit Beschluss vom 10. Juli 2017 ist der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden.

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Am 22. September 2017 hat der Einzelrichter eine mündliche Verhandlung vor Ort in Boltenhagen durchgeführt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

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In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22. September 2017 haben die Beteiligten Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bauvorbescheid vom 07. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

23

Rechtsgrundlage für die Erteilung des Bauvorbescheids ist § 75 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) i. V. m. § 72 Abs. 1 LBauO M-V. Nach § 75 Satz 1 LBauO M-V ist vor Einreichung des Bauantrags auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Für den Vorbescheid gelten nach § 75 Satz 4 LBauO M-V u. a. die Vorschriften des § 72 Abs. 1 bis 5 LBauO M-V entsprechend. Nach § 72 Abs. 1 i. V. m. § 75 Satz 4 LBauO M-V ist der Vorbescheid mithin zu erteilen, wenn dem Vorhaben im Umfang der gestellten Frage(n) keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. So ist es hier hinsichtlich der streitgegenständlichen, von der Beklagten positiv beantworteten Vorbescheidsfragen zu Ziffer 1, 3 und 5.

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1. Die Vorbescheidsfragen zu Ziffer 1, 3 und 5 sind zunächst ein zulässiger Gegenstand einer Bauvoranfrage. Sie beziehen sich auf einzelne Fragen der baurechtlichen Zulässigkeit des baugenehmigungsbedürftigen Vorhabens der Beigeladenen (zur Unstatthaftigkeit eine Voranfrage, wenn sie auf die Klärung der Frage nach der Verfahrensfreiheit gerichtet ist, vgl. VG Schwerin, Urteil vom 18. Oktober 2018 – 2 A 1768/16 SN, amtl. Umdruck S. 9), die zum Prüfprogramm im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren gehören. Dabei umfasst die umfassend auf die planungsrechtliche Zulässigkeit gerichtete Frage zu Ziffer 1 an sich zugleich die Fragen zu Ziffer 3 und 5, die auf die Sicherung der Erschließung gerichtet sind, wobei die Frage zu Ziffer 3 in derjenigen zu Ziffer 5 aufgeht. Allerdings ist die Beklagte im Einverständnis mit der Vorbescheidsantragstellerin davon ausgegangen, dass sich die Frage zu Ziffer 1 allein auf die Zulässigkeit nach der Art der baulichen Nutzung bezieht. Folge dessen ist, dass die Frage nach der Sicherung der Erschließung (Frage 5 unter Einschluss von Frage 3) eigenständige Bedeutung hat.

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2. Weder die von der Klägerin am 8. Januar 2015 beschlossene noch die neuerliche Veränderungssperre führen zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Vorbescheids.

26

a) Hinsichtlich der neuerlichen Veränderungssperre folgt dies bereits daraus, dass diese erst nach Erlass des streitgegenständlichen Vorbescheids beschlossen worden ist. Gemäß § 14 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) werden Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, von der Veränderungssperre nicht berührt. Das ist hier der Fall. Mit der Erteilung des Bauvorbescheids vom 7. Oktober 2015, der im Umfang der Fragestellung einen vorweggenommenen Ausschnitt der Baugenehmigung bildet, ist das Vorhaben der Beigeladenen (im Umfang der Fragestellung) baurechtlich genehmigt i. S. d. genannten Bestimmung. Dass der Bauvorbescheid infolge der Anfechtung durch die Klägerin nicht bestandskräftig ist, spielt keine Rolle. Baurechtlich genehmigt i. S. v. § 14 Abs. 3 BauGB ist ein Vorhaben auch dann, wenn die Genehmigung noch keine Bestandskraft erlangt hat (vgl. Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 14 Rn. 21; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 98. EL Januar 2011, § 14 Rn. 110; VG Schwerin, Beschluss vom 6.1.2017 – 2 B 2052/16 SN; Urteil vom 17.11.2016 – 2 A 2204/14).

27

b) Die am 8. Januar 2015 beschlossene und zwischenzeitlich ausgelaufene Veränderungssperre ist zwar vor Erlass des streitgegenständlichen Bauvorbescheids beschlossen worden. Diese war jedoch nicht geeignet, einen Hinderungsgrund für die Erteilung des Bauvorbescheids abzugeben. Vielmehr stellt sich die Veränderungssperre als von Anfang an unwirksam dar, weil es ihr an einer zu sichernden städtebaulichen Planung der Klägerin fehlte. Sie erweist sich damit als nicht erforderlich. (vgl. dazu allgemein auch VG Schwerin, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 2 B 1196/16 SN, amtl. Umdruck S. 5 f.; Beschluss vom 10. März 2015 – 2 B 981/14 – amtl. Umdruck S. 5 f.; Urteil vom 17. März 2011 – 2 A 1085/09 – amtl. Umdruck S. 14 ff.).

28

Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 – 4 C 39.74 – BVerwGE 51, 121, 128; Beschluss vom 25. November 2003 – 4 BN 60.03 – BauR 2004, 634, Hornmann, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 3. Auflage 2018, § 14 Rn 41 m.w.N.). Die Gemeinde muss bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt haben, so dass diese nicht noch offen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03 – BRS 67 Nr. 11). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Gemeinde zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03, BRS 67 Nr. 11; Beschluss vom 10. Oktober 2007 – 4 BN 36.07 ZfBR 2008, 71). Die Gemeinde hat den Planinhalt regelmäßig ausreichend konkretisiert, wenn sie die künftige Art der Nutzung des Plangebiets im Wesentlichen festgelegt hat, etwa ein Baugebiet i. S. d. §§ 2 bis 11 Baunutzungsverordnung (BauNVO) vorgesehen hat (vgl. Hornmann, a.a.O., Rn 43 m.w.N.). Dabei dürfen die Anforderungen an die Konkretisierung im Interesse eines effektiven Schutzes der gemeindlichen Planungshoheit nicht überspannt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03 – BRS 67 Nr. 11). Häufig können die Einzelheiten der Planung noch nicht angegeben werden. Sie stehen nicht selten unter dem Vorbehalt von Änderungen im weiteren Planverfahren. Nicht verlangt werden kann daher, dass Art und Maß der vorgesehenen baulichen Nutzung bereits detailliert dargelegt werden können, also ein konkretes und ausgewogenes Planungskonzept vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 13.03 – NVwZ 2004, 984; Beschluss vom 10. Oktober 2007 – 4 BN 36.07 – ZfBR 2008, 71). Das Konkretisierungserfordernis wird erst durch Planungen verletzt, deren Inhalt noch in keiner Weise abzusehen ist und die damit noch alles offenlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03 – BRS 67 Nr. 11).

29

Gemessen daran war im Zeitpunkt des Erlasses der in Rede stehenden Veränderungssperre durch die Klägerin das erforderliche Mindestmaß dessen, was Inhalt des künftigen Bebauungsplans sein soll, nicht nur nicht hinreichend erkennbar, sondern überhaupt nicht vorhanden. Denn bereits der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 33 „G.“ wurde gefasst, ohne dass dessen Planungsziele festgelegt worden wären. Daran änderte sich auch nichts, als am 8. Januar 2015 die Veränderungssperre beschlossen wurde. Die am 28. Mai 2015 nachträglich zur Veränderungssperre beschlossenen Planungsziele vermögen, ungeachtet dessen, ob diese das Mindestmaß an zu sichernder Planung im oben beschriebenen Sinne erreichen, den der Veränderungssperre anhaftenden Verstoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz nicht zu heilen.

30

3. Das Vorhaben der Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich nach der Art der baulichen Nutzung zulässig und die Erschließung ist gesichert. Die Beklagte hat daher im Ergebnis die Vorbescheidsfragen zu Ziffer 1, 3 und 5 zu Recht unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens (§ 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB, § 71 Abs. 1 LBauO M-V) positiv beantwortet.

31

a) Maßstab für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ist § 34 BauGB, weil sich der Vorhabenstandort nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindet.

32

Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB setzt das Vorhandensein eines Bebauungskomplexes im Gebiet einer Gemeinde voraus, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Dass sich der mehr oder weniger im Zentrum von Boltenhagen gelegene Vorhabenstandort in einem Ortsteil befindet, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Ein – wie hier – in einem Ortsteil gelegenes Grundstück liegt dann innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, wenn es von einem Bebauungszusammenhang erfasst wird, wobei der Bebauungszusammenhang grundsätzlich unmittelbar hinter dem letzten Gebäude, das noch zur zusammenhängenden Bebauung gehört, endet und die Grenzlinie entlang jedes einzelnen Hauses zu ziehen ist, auch wenn sich dadurch eine verwinkelte Abgrenzung ergibt (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 10. Januar 2002 - 3 L 29/00 -; Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 L 197/00 -, NordÖR 2002, 18).

33

Ausschlaggebend für die Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich ist, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche noch diesem Zusammenhang angehört (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2001 - 4 B 26/01 -, juris; OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Juni 2008 - 3 L 588/04 -). Dabei ist auf die äußerlich wahrnehmbaren Verhältnisse abzustellen. Nach diesem Maßstab ist zu beurteilen, ob Bauvorhaben, die einander benachbart sind, einen Bebauungszusammenhang bilden oder ob trotz ihrer räumlichen Nähe der Bebauungszusammenhang durch eine mit dem Auge wahrnehmbare Grenze unterbrochen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 4 B 53/08 -, BauR 2009, 216; Urteil vom 12. Dezember 1990 - C 40.87 -, BRS 50 Nr. 72).

34

Diese Kriterien gelten unabhängig davon, ob der den Maßstab bildende Innenbereich durch qualifizierten Bebauungsplan, einfachen Bebauungsplan oder nicht beplant ist (vgl. VG Schwerin, Urteil vom 12. April 2016 - 2 A 1325/13 -, amtl. Umdruck S. 9 f.). Allein entscheidend ist, ob die vorhandene Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Oktober 2008, aaO.; Urteil vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 -, BRS 50 Nr. 84). Wo im Fall der Überplanung des Innenbereichs die Plangrenze verläuft und ob die trennende Geländezäsur innerhalb oder außerhalb des Planbereichs liegt, ist ohne Belang. Selbst unbebaute Grundstücke eines beplanten Gebiets sind nicht deshalb wie eine bereits vorhandene Bebauung zu behandeln, weil sie nach § 30 BauGB bebaut werden dürften (vgl. BVerwG, Beshluss vom 1. Oktober 2008, aaO.; Urteil vom 31. Oktober 1975 - C 16.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 50).

35

Eine unbebaute Fläche ist – im Sinne einer Baulücke – Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint; diese Voraussetzung muss auch bei einer auf mehreren oder allen Seiten von zusammenhängender Bebauung umgebenen unbebauten Fläche erfüllt sein. Soweit eine Prägung durch die benachbarte Bebauung fehlt, handelt es sich um Außenbereich. Über das Vorliegen einer Baulücke ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden, sondern auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung der konkreten Gegebenheiten. Maßgebliche Kriterien sind u.a. der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung. Mit zunehmender Größe der Freifläche wird das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich. Die wachsende Größe der Freifläche ist ein Indiz dafür, dass ein Bebauungszusammenhang eher zu verneinen ist. Letztlich maßgebend für die Betrachtungsweise ist die Verkehrsauffassung mit der Folge, dass es entscheidend jeweils auf die Lage des Einzelfalls ankommt. Mit den Begriffen „Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit“ soll eine gewisse – trotz vorhandener Lücken – bestehende räumliche Verklammerung gekennzeichnet und damit zum Ausdruck gebracht werden, dass das unbebaute Grundstück gleichsam „gedanklich übersprungen“ werden kann, weil es ein verbindendes Element in Gestalt der Verkehrsanschauung gibt, die das unbebaute Grundstück als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (vgl. VG München, Urteil vom 21. November 2016 – M 8 K 15.2980 – juris Rn. 15 m.w.N.).

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Gemessen an diesen Vorgaben nimmt das zur Bebauung vorgesehene Flurstück 150/3 der Flur 1 in D. am Bebauungszusammenhang teil. Nach den vorliegenden Plänen und Luftbildern sowie nach den Eindrücken, die der Einzelrichter in der im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22. September 2017 durchgeführten Augenscheineinnahme gewonnen hat, findet es seine Prägung trotz der Lage in zweiter Reihe zur H.-Allee und trotz seiner ca. 100 m langen Ausdehnung von (Nord)West nach (Süd)Ost und einer Tiefe in südwestlicher Richtung von bis zu ca. 60 m durch die nordöstlich angrenzende mehrgeschossige Bebauung entlang der (Südwestseite der) H.-Allee, durch die mehrgeschossige Bebauung am J.-Platz und durch die nordwestlich benachbarte Bebauung der Residenz „F.“ mit vier mehrgeschossigen Gebäuden mit insgesamt 68 Ferienwohnungen. Zwar ist die Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich grundsätzlich entlang der Außenkanten der vorhandenen Gebäude zu ziehen. Allerdings stellt dies nur einen Grundsatz dar, der insbesondere dann Ausnahmen erfährt, wenn der letztendlich maßgebliche optische Gesamteindruck ein solcher der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der vorhandenen Bebauung ist und das Vorhabengrundstück aufgrund des Eindrucks des Aufeinanderfolgens der Bebauung an diesem Eindruck teilhat. So ist es hier.

37

Das Vorhabengrundstück ist an drei Seiten von mehrgeschossiger, überwiegend zweigeschossiger mit – zum Teil zweifach – ausgebautem Dachgeschoss ausgebildeter Bebauung umgegeben. Zwar weist das Flurstück 150/3 eine Fläche von knapp 5.500 qm auf, ist seinerseits allein mit 48 Garagen in insgesamt vier Garagengebäuden bebaut und wird im Übrigen als nicht öffentlicher Mitarbeiterparkplatz für die Mitarbeiter der Firma des Grundstückseigentümers genutzt. Auch stellen Garagen grundsätzlich keine Bebauung dar, die Relevanz für die Frage nach dem Bebauungszusammenhang haben kann (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 3. November 2016 –1 LB 14/13 - BeckRS 2016, 116568). Gleichwohl tragen nach dem vor Ort gewonnenen Eindruck des Einzelrichters die vorhandenen vier Garagenkomplexe zu dem in erster Linie von der das Vorhabengrundstück umgebenden Bebauung ausgehenden Eindruck der Geschlossenheit bei, indem sie als ein (ursprüngliches) Annex zu den in der näheren Umgebung (ursprünglich) vorhandenen Nutzungen erscheinen. Sie nehmen damit dem Vorhabengrundstück den Charakter einer bloßen Freifläche. Dass der Abstand der parallel zur H.-Allee in Höhe des Vorhabengrundstücks vorhandenen Bebauung zwischen der Residenz „F.“ und dem Mehrfamilienhaus J.-Platz 1 ca. 135 m beträgt, schließt daher die Annahme eines Bebauungszusammenhangs nicht aus (vgl. für den Fall einer Frontlänge von 130 m BVerwG, Urteil vom 14. November 1991- 4 C 1.91 – NVwZ-RR 1992, 227; vgl. auch Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 34 Rn. 16 mit Hinweis auf VGH Mannheim, Urteil vom 5.8.2014 – 3 S 1673/12 – NVwZ-RR 2014, 931). Vielmehr folgt der Eindruck der aufeinanderfolgenden Bebauung und Geschlossenheit unter Einschluss des Vorhabengrundstücks aus dem Umstand, dass die an drei Seiten benachbarte, im Großen und Ganzen homogene mehrgeschossige Bebauung prägend auf das Vorhabengrundstück einwirkt und dessen Bebauung als Fortsetzung des Vorhandenen und daher als angemessene Fortentwicklung der Bebauung des betreffenden Bereichs erscheinen lässt. Die Bebauung auf den (nord)westlich, nördlich und (süd)östlich benachbarten Grundstücken und die weiteren in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude haben daher auch die erforderliche maßstabbildende Kraft. Insbesondere lassen sich der Umgebungsbebauung ohne weiteres die Vorgaben entnehmen, die hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung für ein Bebauungsvorhaben auf dem Flurstück 150/3 zu gelten haben.

38

b) Das Vorhaben der Beigeladenen ist, wie in Frage 1 des Vorbescheidsantrags erfragt, seiner Art nach bauplanungsrechtlich zulässig. Die Beigeladene plant die Errichtung von insgesamt 30 Ferienwohnungen in drei Mehrfamilienhäusern. Eine solche Art der baulichen Nutzung fügt sich nach § 34 Abs 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks ein. Die - nicht an den Geltungsbereichen von Bebauungsplänen halt machenden - Grenzen der nähere Umgebung im Einzelnen können dahingestellt bleiben. Jedenfalls stellt sich sowohl die das Vorhabengrundstück unmittelbar umgebende als auch die weitere Umgebung in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung als heterogen dar. So finden sich nach den im Termin zur mündlichen Verhandlung vor Ort unter Zuhilfenahme der Übersicht auf Blatt 49 der Beiakte Nr. 2 getroffenen Feststellungen in der unmittelbar (nord)westlich benachbarten Residenz „F.“ in vier Mehrfamilienhäusern insgesamt 68 Ferienwohnungen. Die Mehrfamilienhausbebauung rund um den J.-Platz wird überwiegend wohngenutzt. Im Übrigen findet sich in der Umgebung Wohn- und Geschäfts- oder sonstige Gewerbenutzung, freiberufliche Nutzung und auch Ferienwohnnutzung.

39

Die in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungen lassen sich nicht ohne weiteres einem der Baugebiete nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zuordnen (vgl. § 34 Abs. 2 BauGB), so dass sich die Zulässigkeit der von der Beigeladenen beabsichtigten Ferienwohnnutzung ihrer Art nach allein nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet. Da sich in der näheren Umgebung nicht nur untergeordnet oder sonst vereinzelt, sondern in größerem und damit prägendem Umfang Ferienwohnnutzung findet, fügt sich das Ferienwohnungsvorhaben der Beigeladenen ohne weiteres ein. Auch wenn man die nähere Umgebung nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 1 BauNVO als Mischgebiet qualifizieren würde, wäre das Vorhaben der Beigeladenen nach § 13a Satz 1 BauNVO allgemein zulässig. Das folgt daraus, dass § 13a BauNVO auf unbeplante faktische Baugebiete - anders als in Bezug auf vor seinem Inkrafttreten erlassene und bisher diesbezüglich nicht geänderte Bebauungspläne, für die die neue Vorschrift nicht rückwirkend gilt (vgl. VG Schwerin, Urteil vom 16. August 2018 – 2 A 3543/17 SN – juris) - aufgrund des Charakters von § 34 Abs. 2 BauGB als dynamischer Verweisung anwendbar ist (vgl. auch Hahn, DÖV 2018, 396 ff.).

40

c) Schließlich ist die Erschließung gesichert. Im Streit steht zwischen den Beteiligten diesbezüglich allein die Frage, ob das Vorhabengrundstück wegemäßig erschlossen ist. Das ist zu bejahen. Das Vorhabenflurstück grenzt an das als öffentliche Verkehrsfläche anzusehende gemeindeeigene Flurstück 155/2 (dazu nachfolgend aa)). Jedenfalls kann sich die Klägerin nicht auf eine etwaig fehlende Öffentlichkeit des Flurstücks 155/2 berufen (dazu nachfolgend bb)).

41

aa) Ein Grundstück ist wegemäßig erschlossen, wenn es an das öffentliche Straßennetz angeschlossen ist. Im nicht beplanten Innenbereich, wie hier, reicht als Erschließung grundsätzlich diejenige Erschließung aus, die der jeweilige Innenbereich aufweist. Nach der Bauvoranfrage soll das Vorhabengrundstück über das Flurstück 155/2 mit dem Wegeflurstück der öffentlichen Straße H.-Allee verbunden werden. Die H.-Allee selbst ist ohne weiteres geeignet, den durch das Vorhaben der Beigeladenen ausgelösten Verkehr aufzunehmen. Dass auch das zur Vermittlung der wegemäßigen Erschließung an die H.-Allee vorgesehene gemeindeeigene gepflasterte Flurstück 155/2 mit einer Breite von 4,70 m in der Lage ist, den von dem Vorhaben der Beigeladenen mit insgesamt 30 Ferienwohnungen ausgelösten Verkehr aufzunehmen, folgt bereits daraus, dass es in der Vergangenheit zur Erschließung der vorhandenen 48 Garagen genutzt worden ist.

42

Das Flurstück 155/2 stellt sich auch als öffentliche Wegefläche und damit als Teil des öffentlichen Straßennetzes dar. Es wurde bereits zu DDR-Zeiten als, wenn auch seinerzeit unbefestigte, Zu- und Abfahrt zu dem Garagen-Flurstück 150/3 genutzt. Maßgeblich für die Frage nach der Eigenschaft des Flurstücks 155/2 als öffentliche Straße ist daher § 62 Abs. 1 Satz 1 Straßen-und Wegegesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (StrWG MV). Nach dieser Bestimmung bleiben alle Straßen, die nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzen, öffentliche Straßen i.S.d. StrWG MV. Maßgebend ist mithin das Straßenrecht der früheren DDR (vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 126). Da es nach diesem zu Begründung der Eigenschaft einer Straße als öffentliche Straße einer Widmung regelmäßig nicht bedurfte, kommt es grundsätzlich maßgeblich darauf an, ob auf dem Flurstück tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfand.

43

Nach Lage der Akten hatte der Rat der Gemeinde D. Anfang der achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts für das seinerzeitige volkseigene (heutige) Vorhabengrundstück, dessen unmittelbar an der H.-Allee gelegene Nachbargrundstücke als Sitz des Rates der Gemeinde (heutiges Flurstück 153/1) und Krankenhaus (heutiges Flurstück 151/2) genutzt worden waren, die Errichtung eines Garagenkomplexes durch Bürger der Gemeinde gestattet. Zu diesem Zweck wurden den Betroffenen mit Überlassungsverträgen Nutzungsrechte zum Zweck des („Bau(s) einer Garage“ eingeräumt. In Zustimmungen bzw. Bestätigungen des Rates der Gemeinde zum Bau von Garagen wurde der Standort als „zentraler Garagenkomplex“ bezeichnet.

44

Danach ist davon auszugehen, dass für die Beantwortung der Frage nach der Öffentlichkeit des Flurstücks 155/2 die Verordnung über die öffentlichen Straßen - Straßenverordnung - der DDR vom 22. August 1974 (GBl. I S. 515) (StrVO DDR 1974) heranzuziehen ist. Da nicht festgestellt werden kann, dass bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens der StrVO DDR 1974 auf dem Flurstück 155/2 tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfand (vgl. § 3 Abs. 1 StrVO DDR 1974), konnte dessen Öffentlichkeit nach § 4 Abs. 1 StrVO DDR 1974 an sich nur aufgrund einer Entscheidung des Rates der Gemeinde durch Beschluss herbeigeführt werden. Zwar liegt nach den Erkenntnissen des Gerichts ein solcher Beschluss nicht vor. Allerdings steht das Fehlen eines Beschlusses nach § 4 Abs. 1 StrVO DDR 1974 der Annahme der Öffentlichkeit einer Straße nicht entgegen (vgl. dazu näher Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 131 m.w.N.). Voraussetzung dafür ist aber die Feststellung, dass tatsächlich eine Nutzung zu Verkehrszwecken stattfand, die über eine bloße Duldung der wegemäßigen Benutzung durch einen beschränkten Kreis von Dritten hinausging.

45

Vorliegend haben die Recherchen der Beteiligten nicht zur Vorlage einer Straßendatei oder eines Bestandsverzeichnisses geführt, aus denen sich ein Vorgang der (konkludenten oder ausdrücklichen) Freigabe für die öffentliche Nutzung des Flurstücks 155/2 ergeben könnte. Die beigebrachten Unterlagen belegen jedoch, dass der Rat der Gemeinde seinerzeit von einem „zentralen Garagenplatz“ ausging, dessen Zufahrt über den noch zum Wegeflurstück der H.-Allee gehörenden und damit unzweifelhaft öffentlichen Stichweg erfolgte, der sich nach Südwesten im (heutigen) Flurstück 155/2 fortsetzte. Die Etablierung der Garagennutzung auf dem heutigen Vorhabengrundstück durch den Rat der Gemeinde hatte zur Folge, dass der Zu- und Abfahrtsverkehr über das Flurstück 155/2 erfolgte, das sich ohne weiteres als Fortsetzung des von der H.-Allee ohnehin abzweigenden Stichweges darstellte. In diesem, nach den in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen bis zur Bebauung des benachbarten Flurstücks 155/10 im Jahre 2003 unbefestigten Stichweg fand das ebenfalls bis zum Jahre 2003 unbefestigte Flurstück 155/2 seinen Anschluss an das öffentliche Straßennetz in einer Weise, die es dadurch zur Verlängerung eben dieses Stichweges werden ließ. Die tatsächliche Verlängerung des Stichwegs durch das Flurstück 155/2 mit der Eröffnung dieses Zu- und Abfahrtsverkehrs, der in erster Linie zwar unmittelbar auf die Nutzer der Garagen bezogen, jedoch mangels Vorhandenseins eines Tores oder sonst einer Absperrung (vgl. dazu OVG Magdeburg, Beschluss vom 12. Januar 2000 – A 1 S 85/99LKV 2000, 543, 544) nicht notwendig auf diese beschränkt war, stellt sich damit als ein hinreichender Anhaltspunkt für die Annahme der Eigenschaft des Flurstücks 155/2 als öffentlich dar.

46

bb) Ungeachtet dessen ist die Klägerin infolge ihres eigenen vorangegangenen Verhaltens gehindert, sich auf eine etwaig fehlende Öffentlichkeit des Flurstücks 155/2 zu berufen. So hat die seinerzeitige Bürgermeisterin im Zuge der Bebauung des westlich benachbarten, in zweiter Reihe zur H.-Allee gelegenen Flurstücks 155/10 bescheinigt, dass es sich bei dem gemeindeeigenen Flurstück 155/2 um eine öffentliche Wegefläche handelt. Dementsprechend wird die Bebauung auf dem Flurstück 155/10 seit dem Jahre 2003 über das Flurstück 155/2 erschlossen. Ist aber ein Baugrundstück über ein im Eigentum einer Gemeinde stehendes Wegegrundstück, das dem allgemeinen Verkehr jedenfalls tatsächlich zur Verfügung steht, erreichbar, kann die Erschließung eines anderen Baugrundstücks ausnahmsweise auch dann ausreichend gesichert sein, wenn die Gemeinde - trotz Fehlens einer förmlichen Widmung oder einer altrechtlich anzunehmenden Öffentlichkeit - auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu dem Baugrundstück über das nämliche gemeindeeigene Grundstück zu untersagen. In Betracht kommen kann insoweit etwa der Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der Weg z.B. auch dem Zugang zu anderen ähnlich bebauten und genutzten Grundstücken dient (BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1990 – 4 C 45/88 –, Rn. 19 - juris). Dies ist hier der Fall. Das Vorhabengrundstück ist über die Stichstraße zur H.-Allee einschließlich des Flurstücks 155/2 und damit über Flurstücke zu erreichen, die vollständig im Eigentum der beigeladenen Gemeinde stehen. Die Stichstraße dient darüber hinaus auch dem Zugang zu dem wohn- und gewerblich genutzten Gebäude auf dem angrenzenden Flurstück 155/10 (vgl. auch VG Greifswald, Urteil vom 19. Oktober 2017 – 5 A 243/15 HGW – juris Rn. 33). Zudem ist das Flurstück 155/2 im Grundbuch, wenn auch nur mit nachrichtlicher Bedeutung, als Verkehrsfläche verzeichnet.

47

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, erscheint es billig, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO) sowie §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 2 Kleinsiedlungsgebiete


(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebä

Baugesetzbuch - BBauG | § 14 Veränderungssperre


(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass 1. Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgefüh

Baugesetzbuch - BBauG | § 15 Zurückstellung von Baugesuchen


(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 13a Ferienwohnungen


Räume oder Gebäude, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind (Ferienwohnungen), gehören unbesc

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(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.

(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.

(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung von zwei ca. 10 m hohen Klein-Windkraftanlagen auf dem Dach eines Geschäftshauses.

2

Sie ist Erbbauberechtigte des mit einem 12 m hohen Geschäftshaus bebauten Grundstücks „C-Straße“ 2b, A-Stadt, katasteramtliche Bezeichnung Gemarkung Flurbezirk ..., Flur ..., Flurstück ... . Das Grundstück liegt im Gebiet des D-Hafens, für das kein Bebauungsplan besteht.

3

Im Dezember 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides mit folgenden Fragen:

4

„Ist die Errichtung von 2 Stück Klein-Windkraftanlagen ausschließlich zur Selbstversorgung auf dem bestehenden Gebäude „E 7“ (A-Stadt, C-Straße 2b) entsprechend LBauO M-V § 61 verfahrensfrei?

5

Ist die Errichtung von 2 Stück Klein-Windkraftanlagen ausschließlich zur Selbstversorgung auf dem bestehenden Gebäude „E 7“ ( A-Stadt, C-Straße 2b) planungsrechtlich zulässig?“

6

Bei den geplanten Klein-Windkraftanlagen handelt es sich nicht um Windkraftanlagen mit einer klassischen Rotorenanlage, wie sie bei Anlagen im Außenbereich zu finden sind. Der Mast der Anlage wird durch vertikal verlaufende Streben mit leicht gebogenen, kurzen Rotorblättern verbunden, sodass eine vertikale Drehung entsteht. Dadurch entsteht bei ihrem Betrieb – anders als bei horizontalen Anlagen – keine großflächige Rotorenfläche.

7

Mit Vorbescheid vom 10. März 2015 wurden die Fragen negativ beantwortet. Es bestehe keine Verfahrensfreiheit. Der Gesetzgeber meine mit „sonstige Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung“ keine Klein-Windkraftanlagen. In den Handlungsempfehlungen zum Vollzug der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) heiße es dazu, verfahrensfrei seien Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung im Sinne der §§ 39 bis 46 LBauO M-V. Dort würden Anlagen der Stromversorgung nicht behandelt, darum seien die Solaranlagen auch unter § 61 Abs. 1 Nr. 2b LBauO M-V (2006) extra aufgeführt. Das Vorhaben sei auch planungsrechtlich unzulässig. Es sei nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilen. Nach der Art der baulichen Nutzung seien die Klein-Windkraftanlagen zulässig, da sie sich als technische Anlage zum bestehenden Gebäude darstellten. Auch nach dem Maß der baulichen Nutzung seien die Anlagen zulässig, da diese zwar die unmittelbar angrenzende Bebauung überragten, allerdings im Bebauungsmaß der näheren Umgebung blieben. Es würden jedoch die in § 34 BauGB benannten Voraussetzungen für eine Zulässigkeit mit den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie der Nichtbeeinträchtigung des Ortsbildes nicht erfüllt. Das Gebäude, auf dem die Klein-Windkraftanlagen errichtet werden sollten, liege im D-Hafen unmittelbar vor der historischen Altstadt. Die Ansicht der Hansestadt A-Stadt von der F. bzw. vom gegenüberliegenden Ufer sei bedeutend für die Stadt und präge ihr Erscheinungsbild. Diese Ansicht unterliege natürlich einer permanenten Veränderung und sei nicht statisch, negative Beeinträchtigungen seien jedoch zu vermeiden. Durch die geplante Höhe der Windkraftanlagen von ca. 10 m auf dem ca. 12 m hohen Gebäude und durch die Bewegung der Rotoren erfolge eine deutliche Störung. Auch wenn die Anlagen im Hinblick auf die Dimension der gesamten Stadtansicht von eher untergeordneter Bedeutung seien, so müsse beachtet werden, dass eine Genehmigung eine negative Vorbildwirkung hätte. Darüber hinaus befinde sich das Gebäude in der Umgebung von Denkmalen, sodass eine Genehmigung nach § 7 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern (DSchG M-V) erforderlich sei.

8

Die Klägerin erhob am 7. April 2015 Widerspruch. Verfahrensfreiheit nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) LBauO M-V sei gegeben. Allein die Tatsache, dass Windkraftanlagen nicht ausdrücklich in der Handlungsempfehlung genannt seien, führe nicht dazu, dass diese nicht davon umfasst seien. Die Anlagen seien für die Selbstversorgung gedacht, sodass es sich um Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung handele. § 61 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) LBauO M-V stelle einen Auffangtatbestand für Anlagen dar, die gerade nicht namentlich aufgeführt würden. Auch würden gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt. Zwar würden Lärmimmissionen gerügt, allerdings führe das Bauamt selbst aus, dass die Einhaltung der maßgeblichen Werte der TA-Lärm eingehalten werden könnten. Zudem übersehe der Beklagte, dass die maßgebliche Umgebung durch das Verkehrsaufkommen auf der Straße „C-Straße“ negativ vorgeprägt sei. Durch die Klein-Windkraftanlagen würde diese negative Vorbelastung nicht erhöht. Weiter sei keine Beeinträchtigung des Ortsbildes zu erkennen. Das Ortsbild werde nur in dem Umfang geschützt, wie es durch Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB möglich wäre. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass eine Beeinträchtigung des Ortsbildes nicht ausgeschlossen sei, wenn das beabsichtigte Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nach § 9 Abs. 1 BauGB nicht verhindert werden könne. So liege der Fall hier. Es sei nicht ersichtlich, dass Klein-Windkraftanlagen auf dem Dach eines Bestandsgebäudes nicht Gegenstand einer Festsetzung gemäß § 9 Abs. 1 BauGB sein könnten. Im Ergebnis gehe von den geplanten Klein-Windkraftanlagen keine Beeinträchtigung des Ortsbildes aus, da dieses Vorhaben den vorgenannten Schutzzweck des § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht berühre. Selbst wenn die geplanten Anlagen dem Verbot der Beeinträchtigung des Ortsbildes unterfielen, würden sie nicht das Ortsbild beeinträchtigen, da sie aufgrund ihrer Dimension von untergeordneter Bedeutung seien. Die Klein-Windkraftanlagen seien für den Durchschnittsbetrachter nicht wahrnehmbar. Die technische Neuartigkeit allein und die dadurch bedingte optische Gewöhnungsbedürftigkeit sei nicht geeignet, das Ortsbild zu beeinträchtigen. Auch bestehe keine Beeinträchtigung der Umgebung von Denkmälern.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2016, zugestellt am 2. Juni 2016, wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Es fehle bereits am Sachbescheidungsinteresse. Eigentümerin des Grundstücks sei die A-Stadt. Aus dem Erbbaurechtsvertrag ergebe sich, dass die Grundstückseigentümerin zustimmen müsse, wenn das Gebäude und sämtliche baulichen Anlagen abgebrochen oder wesentlich verändert würden. Durch das geplante Vorhaben liege eine wesentliche Veränderung des Gebäudes vor, sodass eine Zustimmung der Eigentümerin erforderlich sei. Diese sei bisher nicht erteilt worden und könne auch nicht erteilt werden. Hilfsweise seien auch die Widerspruchsargumente zurückzuweisen. Nach der seit dem 31.10.2015 geltenden Fassung der LBauO M-V seien Klein-Windkraftanlagen bis 10 m Gesamthöhe, gemessen „von der Geländeoberfläche und Rotordurchmesser“ bis 3 m verfahrensfrei. Aufgrund der Gebäudehöhe einschließlich Höhe der streitbefangenen Anlage ergebe sich eine Höhe von mehr als 10 m, sodass nach der LBauO M-V vom 31.10.2015 eine Verfahrensfreiheit aufgrund der Höhe sowie auch des Gebietscharakters ausscheide. Ebenso füge sich die Anlage mit einer Gesamthöhe von ca. 10 m auf dem Bestandsgebäude nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein. Gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO sei hierfür auch die Höhe der baulichen Anlage maßgeblich. Prinzipiell seien die baulichen Anlagen im Bereich der Straße „C-Straße“ deutlich niedriger. Die Klein-Windkraftanlage unterscheide sich von ihrer Struktur her deutlich von der Bebauung des restlichen Gebietes und erscheine aufgrund ihrer Massivität und Platzierung optisch als dominant und wirke auch unter Berücksichtigung der Eigenart des Gebietes als auffallender Fremdkörper. Aufgrund der Höhe und der Platzierung seien auch Beeinträchtigungen des Ortsbildes im Sinne des Erscheinungsbildes gegeben. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass letztlich jedes höhere Bauwerk Einfluss auf die nähere oder weiter entfernte Silhouette habe, denn das Hervortreten eines oder mehrerer Windräder mit einer solchen Kubatur und Gestaltung vor der Silhouette besitze bereits vom Ansatz her eine andere städtebauliche Qualität als das eines normalen Baukörpers. Das Ortsbild sei auch insoweit schützenswert, als die Silhouette einen eigenen Charakter aufweise. Die streitbefangene Anlage würde die Oberkante der dahinterliegenden Bebauung („G-Straße“) erreichen und sogar teilweise überschreiten und damit in die Ansicht der H-Kirche hineinragen. Da es sich um eine technische Anlage und eben nicht um ein Gebäude handele, liege hier eine besondere Wirkung vor. Da die Anlagen jeweils diagonal im Bereich der Gebäudeecken angeordnet werden sollen, seien sie auch aus verschiedenen Standpunkten erkennbar und wirkten daher in den D-Hafen sowie die Promenade hinein. Das Vorhaben sei des Weiteren durchaus geeignet, negative Vorbildwirkung zu entfalten, die die Errichtung weiterer vergleichbarer Anlagen erwarten lasse und diese dann im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes genehmigungsfähig wären. Darüber hinaus sei eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes aufgrund des Dauertons durch die Rotorenbewegung sowie die stete Bewegung der Rotoren für die in den umliegenden Gebäuden Wohnenden und Arbeitenden überaus wahrscheinlich.

10

Die Klägerin hat am 4. Juli 2016 Klage erhoben. Im Wesentlichen trägt sie die Gründe aus dem Widerspruch vor. Darüber hinaus habe sie – die Klägerin – ein Sachbescheidungsinteresse. Sie habe ein Erbbaurecht und könne das Grundstück wie ein Eigentümer nutzen. Wenn der Beklagte der Ansicht sei, sie überschreite ihre Befugnisse als Erbbauberechtigte, müsse er zivilrechtliche Schritte einleiten. Weiter handele es sich um die Neuerrichtung einer baulichen Anlage und nicht um einen Abbruch oder eine wesentliche Veränderung des bereits vorhandenen Gebäudes. Aus diesem Grunde sei die Zustimmung des Beklagten nicht erforderlich. Weiter seien die geplanten Anlagen planungsrechtlich zulässig. Sie beeinträchtigten nicht das Ortsbild. Der Begriff des Ortsbildes stelle auf einen größeren maßstabsbildenden Bereich ab, als die auf die für das Einfügensgebot maßgebliche nähere Umgebung. Es sei zu berücksichtigen, dass praktisch jedes neue Bauwerk das Ortsbild verändere. Die geplanten Anlagen fügten sich auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Zwar sei die Bebauung auf der Straßenseite des klägerischen Sitzes niedrig. Die Bebauung auf der gegenüberliegenden Straßenseite sei aber teilweise höher als die beiden Klein-Windkraftanlagen. Der prägende Rahmen werde daher nicht überschritten. Auch gingen keine Belästigungen und Störungen von den beiden geplanten Anlagen aus, sodass nicht das Rücksichtnahmegebot verletzt werde. Auch die Rotorbewegungen stellten keine unzumutbaren Belästigungen dar. Es werde keine permanente Drehbewegung geben. Die Rotoren schalteten sich bei höheren Windstärken automatisch ab. Außerdem würden die Drehbewegungen nur bei Tageslicht wahrgenommen. Im Übrigen stelle der Beklagte nur pauschal auf die umliegende Wohnbebauung ab. Betroffen könnten jedoch nur solche Nutzungsbereiche sein, die höher als die Dachebene ihres – der Klägerin – Gebäudes lägen. Aufgrund der Höhe der geplanten Anlagen könne eine Beeinträchtigung lediglich für die oberen Geschosse gegeben sein. Selbst dann sei dies nur bei einer Blickrichtung nach oben der Fall, da bei der Nutzung von Gebäuden die Blickrichtung in der Regel horizontal sei. In diesem Fall sei eine Beeinträchtigung nicht gegeben. Rahmenpläne der Gemeinde seien bei der Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Klein-Windkraftanlagen nicht zu berücksichtigen und es komme bei der Beurteilung der Beeinträchtigung des Ortsbildes nicht auf den städtebaulichen Willen des Beklagten an.

11

Die Klägerin beantragt,

12

1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. März 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2016 zu verpflichten, über die Bauvoranfrage der Klägerin erneut zu entscheiden und der Klägerin einen positiven Bauvorbescheid zu erteilen,

13

2. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er trägt im Wesentlichen die Gründe aus dem Vorbescheid sowie dem Widerspruchsbescheid vor. Er stellt klar, anzuwenden sei die LBauO M-V in der Fassung von 2006, da der Antrag im Jahr 2014 gestellt worden sei. Der Klägerin sei dahingehend zuzustimmen, dass das Vorhaben nicht allein deswegen planungsrechtlich unzulässig sei, weil es in der Umgebung neuartig und bisher in dieser Form nicht vorhanden sei. Es sei aber unzulässig, da es sich nicht nach dem Maß der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB einfüge. Die nähere Umgebung sei begrenzt durch die Straße „C-Straße“, da diese aufgrund ihrer Vielspurigkeit und des hohen Verkehrsaufkommens trennende Wirkung habe. Die rahmengebende nähere Umgebung beschränke sich auf die Nachbargebäude auf der Wasserseite und reiche bis zum J.-Schuppen „C-Straße“ 2c. Die Häuser in diesem Bereich hätten eine nur geringe Höhe und Geschossigkeit. Darüber hinaus seien die Störungen und Belästigungen, die von den Klein-Windkraftanlagen ausgingen, für die angrenzende Wohn- und Gewerbenutzung unzumutbar. Das Gebot der Rücksichtnahme würde verletzt. Die vom Betrieb der Windräder ausgehenden Emissionen seien dabei sowohl optischer als auch akustischer Art. Die Bewegung der Windräder an sich und die damit verbundenen „Reflektionen“ und Schattenwürfe beeinträchtigten die Nutzung der Räume in den umliegenden Gebäuden in hohem Maße. Weiter sei das Ortsbild schutzwürdig, da die Uferpromenade durch homogene Gliederung und historische Hafengebäude geprägt sei und dem D-Hafen seine Besonderheit verleihe. Die Klein-Windkraftanlagen harmonierten nicht mit dem Umfeld. Die Silhouette des D-Hafens würde durch die Anlagen aufgebrochen. Das historische Ortsbild, das eines der Wahrzeichen der Stadt sei, verlöre seine Prägung. Auch ergebe sich aus dem „Rahmenplan D-Hafen“, dass die Stadtsilhouette zu schützen sei. Er weise an vielen Stellen auf die besondere Struktur des D-Hafens hin. Zwar handele es sich beim Rahmenplan lediglich um einen informellen Plan, der keine Außenwirkung gegenüber der Klägerin habe, er beschreibe aber eindeutig die städtebauliche Zielstellung der Stadt, die Bebauung am D-Hafen betreffend, der das streitbefangene Vorhaben diametral entgegenstehe. Auch aus der Denkmalbereichsverordnung „Innenstadt“ ergebe sich der städtebauliche Wille, die historische Stadtsilhouette ungestört zu erhalten, da sie als Schutzgegenstand der Satzung benannt werde. Als besonders bedeutsam werde die Stadtsilhouette mit ihrer Höhenstaffelung – beginnend mit der Wasserfläche der F., folgend die durchlaufende Kaikante, die niedrige Bebauung im D-Hafen, die am Hang gestaffelt stehenden Gebäude der nördlichen Altstadt und darüber die Bauten der „G-Straße“, überragt von der H-Kirche – hervorgehoben.

17

Am 1. Februar 2018 hat die Berichterstatterin im Rahmen eines Ortstermins die nähere Umgebung des Vorhabenstandorts in Augenschein genommen. Auf das Protokoll sowie die Fotodokumentation wird verwiesen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die Klage ist zulässig. Insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben. Nach § 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) muss die Klage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Diese war am 2. Juni 2016 bewirkt. Daher endete die Klagefrist am 2. Juli 2016. Dieser Tag war ein Samstag. Gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Zivilprozessordnung (ZPO) endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages, wenn das Ende der Frist auf einen (u.a.) Samstag fällt. Der nächste Werktag war Montag, der 4. Juli 2016, der Tag der Klageerhebung.

II.

20

Die Klage ist unbegründet.

21

Ob der Klägerin aufgrund der Zustimmungsregelung im Erbbaurechtsvertrag das Sachbescheidungsinteresse fehlt, was mit Blick auf die Regelungen des Erbbaurechtsvertrags eher zweifelhaft sein dürfte, kann letztendlich offen gelassen werden, da das Vorhaben aus planungsrechtlichen Gründen unzulässig ist.

22

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides. Der negative Bauvorbescheid des Beklagten vom 10. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

23

Gemäß § 75 Satz 1 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) ist vor Einreichung des Bauantrags auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Nach § 75 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V ist der Vorbescheid zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Die LBauO M-V findet Anwendung in der Fassung vom 18. April 2006, die bis zum 30. Oktober 2015 gültig war, da der Antrag auf Erteilung des Bauvorbescheides im Dezember 2014 gestellt wurde und gemäß § 87 LBauO M-V 2015 die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach den bisherigen Vorschriften weiterzuführen sind.

24

1. Die Frage danach, ob die Klein-Windkraftanlagen einem Tatbestand der Verfahrensfreiheit unterfallen, ist bereits nicht vom Anwendungsbereich des § 75 LBauO M-V umfasst und daher keine statthafte Bauvoranfrage. Ein Bauvorbescheid kommt nur in Betracht, wenn das Bauvorhaben baugenehmigungspflichtig ist (vgl. Dürr/Sauthoff, Baurecht Mecklenburg-Vorpommern, Rn. 1096). Daraus folgt, dass die Frage nach der Erfüllung eines Verfahrensfreiheitstatbestandes eines Bauvorhabens nicht Gegenstand eines Bauvorbescheides sein kann, sondern eine diesem vorgelagerte Frage darstellt.

25

2. Die Frage danach, ob die Errichtung der Klein-Windkraftanlagen planungsrechtlich zulässig ist, hat der Beklagte zu Recht verneint.

26

a) Die Klein-Windkraftanlagen sind baugenehmigungspflichtig. Sie fallen nicht unter den Verfahrensfreiheitstatbestand gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) LBauO M-V 2006. Danach sind sonstige Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung verfahrensfrei. Der Handlungsempfehlung zum Vollzug der LBauO M-V 2006 zufolge sind Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung im Sinne der §§ 39 bis 46 LBauO M-V 2006 gemeint. Verfahrensfrei sind danach neben dem Einbau der (selbständigen) Anlagen auch der Austausch oder deren Änderung und Beseitigung. Bei nachträglichem Einbau vorgenannter Anlagen bleibt es bei der Verfahrensfreiheit, soweit nicht Änderungen vorgenommen werden, die konzeptionell in den Gebäudebestand eingreifen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung der LBauO M-V 2006 aus dem Jahr 2005. Danach sind – wie sich auch aus der Handlungsempfehlung ergibt – Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung im Sinne des Sechsten Abschnitts des Dritten Teils, §§ 39 ff., gemeint. Dort sind Aufzüge, Leitungsanlagen, Lüftungsanlagen, Feuerungsanlagen, sanitäre Anlagen, Kleinkläranlagen, Aufbewahrung fester Abfallstoffe und Blitzschutzanlagen genannt. Klein-Windkraftanlagen sind von §§ 39 bis 46 LBauO M-V 2006 nicht erfasst.

27

Baumaßnahmen bedürfen – und bedurften auch bereits nach der im Jahr 2014 geltenden LBauO M-V 2006 – grundsätzlich einer Baugenehmigung, § 59 LBauO M-V. Lediglich in den durch das Gesetz genannten Ausnahmen kann von der Erteilung einer Baugenehmigung abgesehen werden. Aus dem sich daraus ergebenden Grundsatz des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt folgt eine restriktive Anwendung des Verfahrensfreiheitstatbestandes für „sonstige“ oder vergleichbare Anlagen. Bei der streitgegenständlichen Klein-Windkraftanlage handelt sich nicht um eine mit den in §§ 39 bis 46 LBauO M-V 2006 vergleichbare Anlage, da die höhenmäßigen Ausmaße von Klein-Windkraftanlagen nicht mit den dort genannten Anlagen vergleichbar sind. Auch mit den unter den Verfahrensfreiheitstatbestand des § 61 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V 2006 fallenden Masten, Antennen und ähnlichen Anlagen ist die Klein-Windkraftanlage nicht vergleichbar. Dagegen sprechen deren Emissionspotential, das über eine Antennenanlage hinausgeht sowie das nicht statische, sondern gerade bewegliche Erscheinungsbild einer Klein-Windkraftanlage.

28

Auch nach der gegenwärtig anwendbaren Fassung des § 61 LBauO M-V wäre die Errichtung der streitgegenständlichen Klein-Windkraftanlagen genehmigungspflichtig. In § 61 Abs. 1 Nr. 3 lit. c) LBauO M-V 2015 sind Windenergieanlagen zwar Gegenstand eines eigenen Verfahrensfreiheitstatbestandes. Danach sind Windenergieanlagen bis zu 10 m Höhe, gemessen von der Geländeoberfläche bis zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche und einem Rotordurchmesser bis zu 3 m, außer in reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten und in Mischgebieten, verfahrensfrei. Die geplanten Klein-Windkraftanlagen, für sich betrachtet, haben eine Höhe von insgesamt knapp unter 10 m. Sie sollen allerdings auf dem Dach eines Gebäudes errichtet werden, das 12 m hoch ist. Aus dem Wortlaut des § 61 Abs. 1 Nr. 3 lit. c) LBauO M-V 2015 ergibt sich, dass die Höhe der Windenergieanlage von der Geländeoberfläche aus zu messen ist. Damit ist nicht das Dach eines Flachdaches gemeint. Vielmehr ist auf das Gelände, also den Grund und Boden, auf dem das Gebäude steht, abzustellen. Für dieses Verständnis der Norm spricht der Wortlaut der Tatbestände § 61 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) und b) LBauO M-V 2015, die die Verfahrensfreiheit von Solaranlagen regeln. § 61 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) LBauO M-V 2015 sind verfahrensfrei Solaranlagen an und auf Dach- und Außenwandflächen, während § 61 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) LBauO M-V 2015 die Verfahrensfreiheit gebäudeunabhängiger Solaranlagen regelt. Aus dem Nichtvorliegen einer vergleichbaren Unterscheidung bei Windenergieanlagen und dem Wort „Geländeoberfläche“ ist zu entnehmen, dass der untere Bezugspunkt der Höhe einer Windenergieanlage gerade nicht notwendig deren Fuß und damit auch nicht die Dachfläche oder sonstige einer anderen baulichen Anlage sein soll.

29

b) Die Klein-Winkraftanlagen sind auch bauplanungsrechtlich nicht zulässig. Die planungsrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich nach § 34 BauGB, da sich das Gebäude auf dem die Vorhaben errichtet werden sollen, außerhalb eines Bebauungsplangebiets, aber innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindet. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

30

Die räumlichen Grenzen der näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Zwar gilt grundsätzlich die Formel, dass unter der „näheren Umgebung“ zum einen diejenige Umgebung zu verstehen ist, auf die sich das Vorhaben auswirken kann, sowie, diejenige Umgebung, die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst. Dabei muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und es muss alles außer Acht gelassen werden, was die Umgebung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Zwar darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt. Vielmehr muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Baugrundstücks insofern berücksichtigt werden, als auch sie noch prägend auf es einwirkt. Das gilt insbesondere für die hier in Rede stehenden Einfügenskriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung.

31

Die maßgebliche nähere Umgebung erstreckt sich von der F. im Norden bis zur „C-Straße“ im Süden und von dem letzten Gebäude vor dem Kreisel „C-Straße“ am alten Werftkran im Osten bis zum I. im Westen. Die Straße „C-Straße“ entfaltet aufgrund ihrer Breite sowie Vierspurigkeit – an Kreuzungen fünf- bis sechsspurig – trennende Wirkung. Diese wird verstärkt durch die andersartige Nutzung auf der – vom klägerischen Gebäude – gegenüberliegenden Straßenseite. Während auf der Straßenseite zur F. ausschließlich gewerbliche Nutzung vorhanden ist, befindet sich auf der anderen Straßenseite auch, bzw. je nach Gebäude primär, Wohnnutzung. Im Osten wird die nähere Umgebung begrenzt durch die dort vorhandene Freifläche. Im Westen entfalten die Straße, an die sich ein großer Parkplatz anschließt sowie das Abbiegen der Promenade und das in die F. hineinreichende Stück Land trennende Wirkung.

32

Bei der so eingegrenzten näheren Umgebung handelt es sich ihrem städtebaulichen Charakter nach gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO um ein faktisches Gewerbegebiet. Gewerbegebiete dienen nach § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Allgemein zulässig sind in Gewerbegebieten nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO Tankstellen und nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO Anlagen für sportliche Zwecke. In der näheren Umgebung befinden sich zwei Restaurants, ein Geschäft für Industrie- und Yachtausrüstung mit Yachtservice, das klägerische Unternehmen, der J.-Schuppen, die Verbraucherzentrale K. sowie ein Surfshop. Zudem liegt gegenüber dem streitgegenständlichen Gebäude der D-Hafen Ost, in dem Segelboote und Yachten liegen.

33

Nach der Art der baulichen Nutzung können Klein-Windkraftanlagen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in den in §§ 2 bis 13 BauNVO genannten Gebieten zulässig sein. Danach sind außer den in §§ 2 bis 13 genannten Anlagen auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. An einer erkennbaren räumlich-gegenständlichen Unterordnung fehlt es, wenn die Nebenanlage wegen ihrer Abmessungen als der Hauptanlage gleichwertig erscheint oder diese gar optisch verdrängt, mit anderen Worten, wenn sie den Eindruck einer dienenden Funktion gegenüber der Hauptanlage gar nicht aufkommen lässt. Eine Windenergieanlage auf schlankem Mast und mit schmalen Rotorflügeln kann im Hinblick auf ihr geringes bauliches Volumen in der optischen Wirkung derart zurücktreten, dass sie beispielsweise gegenüber einem Einfamilienhaus auch räumlich-gegenständlich als untergeordnet erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 – 4 C 18.81 –, BRS 40, Nr. 64, S.155).

34

Die räumlich-gegenständliche Unterordnung reicht aber für die Zulässigkeit einer Nebenanlage nicht aus. Diese darf auch der Eigenart des Baugebietes nicht widersprechen. Die Eigenart des Baugebietes richtet sich nach der Bebauung in der näheren Umgebung. Entscheidend dafür, ob eine Windenergieanlage der Eigenart des Baugebietes widerspricht sind Lage, Größe und Zuschnitt des Baugrundstücks. Die „Weiträumigkeit“ oder „Dichte“ der Bebauung ist eine Eigenart des Baugebiets im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, die gerade für die Zulässigkeit einer Windenergieanlage als Nebenanlage von entscheidender Bedeutung ist. Ein Gebiet, das so „weiträumig“, so „aufgelockert“ bebaut ist, dass auf jedem Grundstück eine Windenergieanlage aufgestellt werden kann, ohne dass dadurch auf Nachbargrundstücken die Aufstellung sinnvoll zu betreibender Windenergieanlagen beeinträchtigt würde und ohne dass der Betrieb solcher Anlagen durch die Bebauung und den Bewuchs der Nachbargrundstücke behindert werden könnte, hat eine die Zulässigkeit solcher Windenergieanlagen begünstigende Eigenart. Andererseits hat ein dicht bebautes Gebiet mit kleinen Grundstücken, einer hohen Grundflächenzahl und einer großen überbaubaren Grundstücksfläche eine die Zulässigkeit von Windenergieanlagen ausschließende Eigenart. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es eine breite Skala von mehr oder weniger „weiträumig“ oder „eng“ bebauten oder bebaubaren Gebieten, für die sich nicht auf den ersten Blick bejahen oder verneinen lässt, ob Windenergieanlagen ihrer Eigenart widersprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 – 4 C 18.81 –, BRS 40, Nr. 64, S.156). Ob es sich bei den streitgegenständlichen Klein-Windkraftanlagen um Nebenanlagen in diesem Sinne oder, trotz ihrer Selbstversorgungsfunktion, um gewerbliche Hauptnutzung handelt, kann in diesem Fall dahingestellt bleiben.

35

Jedenfalls fügen sich die Klein-Windkraftanlagen aufgrund ihrer Höhe nach dem Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung nicht ein. Das Maß der baulichen Nutzung wird gemäß § 16 BauNVO bestimmt durch die Grundflächenzahl, die Geschossflächenzahl, die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen. Für das Einfügen im Rahmen von § 34 BauGB kommt es allerdings nicht auf die Feinheiten der §§ 16 ff. BauNVO, sondern auf die äußerlich sichtbaren Kriterien an (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 – 4 C 18/92 – und Beschluss vom 3. April 2014 – 4 B 12/14 –). Bei der Gebäudehöhe muss sowohl auf die Firsthöhe als auch auf die Traufhöhe abgestellt werden. Auf die Zahl der Vollgeschosse kommt es dagegen in der Regel nicht an. Letztlich entscheidend für das Einfügen ist der äußere Gesamteindruck. Auch ein Gebäude, das etwas höher ist als die Nachbargebäude, kann sich im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfügen, wenn es eine kleinere Grundfläche hat und daher das Gebäudevolumen insgesamt noch nicht wesentlich über die benachbarten Gebäude hinaus geht. Diese Grundsätze gelten nicht nur für Gebäude, sondern auch für andere bauliche Anlagen, z.B. Werbeanlagen oder Masten (vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Stand: April 2018, § 34 Rn. 50 f.). Masten sowie Klein-Windkraftanlagen bleiben hinsichtlich ihres Bauvolumens und ihrer Grundfläche weit hinter einem Gebäude zurück, insoweit ist vor allem die Höhe für das Einfügen maßgeblich. Die in der Umgebung vorhandene Höhe baulicher Anlagen darf durch das Vorhaben nicht oder nur unwesentlich überschritten werden. Sind in der näheren Umgebung Anlagen unterschiedlicher Höhen vorhanden, ist grundsätzlich eine Höhe innerhalb dieses Rahmens zulässig (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2018, § 34 Rn. 42).

36

Die knapp unter 10 m hohen Klein-Windkraftanlagen auf dem Dach des 12 m hohen Gebäudes überragen die restliche Bebauung der näheren Umgebung. Dort befinden sich fast ausschließlich ein- bis zweigeschossige Gebäude. Das höchste Gebäude in der maßgeblichen näheren Umgebung ist der L-Speicher. Nur diesen würden die Klein-Windkraftanlagen auf dem Dach des klägerischen Gebäudes nicht überragen. Allerdings steht der Speicher am Rand der näheren Umgebung und ist mit seiner Höhe in der näheren Umgebung einzigartig. Als Solitär kommt ihm keine prägende Wirkung in dem Sinne zu, dass er den Maßstab für die in der näheren Umgebung zulässige Höhe bilden könnte. Auch das Gebäude „C-Straße“ 2d wird – wie sich aus der eingereichten Dokumentation der Klägerin ergibt – durch die Klein-Windkraftanlagen auf dem Gebäude „C-Straße“ 2b überragt. Die Höhe der Klein-Windkraftanlagen wird von der lediglich ein- und zweigeschossigen Hauptbebauung in der unmittelbaren Umgebung nicht, auch nicht annähernd, erreicht. Hinzu kommt, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Anlagen nicht um statische Gebilde, sondern um Anlagen handelt, die wegen ihres sich bewegenden Rotors und aufgrund ihres von der Umgebungsbebauung völlig abweichenden Erscheinungsbildes viel auffälliger wirken als die in der näheren (wie auch weiteren) Umgebung. Daher können die Klein-Windkraftanlagen auch nicht mit den Masten der Segelboote – sofern es sich dabei überhaupt um einzubeziehende bauliche Anlagen handelte – gleich gestellt werden, die gegenüber dem Gebäude, auf dem die Anlagen errichtet werden sollen, im Wasser liegen.

37

Allerdings ist zu beachten, dass auch Vorhaben, die den aus ihrer Umgebung ableitbaren Rahmen überschreiten, sich in die Umgebung einfügen können. Beim Einfügen im Sinne des § 34 BauGB geht es weniger um Einheitlichkeit als um Harmonie. Das Gebot des Einfügens soll nicht als starre Festlegung auf den gegebenen Rahmen allen individuellen Ideenreichtum blockieren; es zwingt nicht zur Uniformität. Auch ein Vorhaben, das den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält, kann daher (ausnahmsweise) dann zulässig sein, wenn es weder selbst noch in Folge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder zu erhöhen. Solche Spannungen können sich beispielsweise daraus ergeben, dass das Vorhaben einer bestimmten Ruhelage die Grundlage entzieht oder es die Gefahr herauf beschwört, den gegebenen Zustand in negativer Richtung in Bewegung zu bringen, weil die Rahmenüberschreitung nicht durch irgendeine Besonderheit begründet ist, durch die sich das Baugrundstück von den Nachbargrundstücken unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 –, BVerwGE 55, 369; BVerwG, Beschluss vom 25. März 1999 – 4 B 15/99 –, BRS 62 Nr. 101).

38

Das Abweichen vom vorgesehenen Rahmen führt zur Unzulässigkeit der Vorhaben, da es geeignet ist, bodenrechtlich-beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen. Solche Anlagen treten als neue, zusätzliche Elemente belastender in Erscheinung als ein Bauwerk, welches den in dem in Rede stehenden Bereich bereits vorhandenen baulichen Anlagen jedenfalls vom Grundtyp her ähnlich ist und deshalb in seinen Besonderheiten weniger markant wirkt. Im hiesigen Fall ist zudem zu erwarten, dass das Vorhaben aufgrund nicht auszuschließender Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche Spannungen in das Gebiet hineinträgt. Auf den Grundstücken innerhalb der näheren Umgebung besteht aufgrund der vorhandenen Freiflächen der Platz für weitere Klein-Windkraftanlagen, die auch – wie bei der Klägerin – auf dem jeweiligen Gebäude errichtet werden könnten. Aufgrund der günstigen Lage an der F., an der stets Wind oder eine Brise weht, ist nicht auszuschließen, sondern vielmehr wahrscheinlich, dass weitere Bauherren einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides für eine Windkraftanlage zur Energiegewinnung stellen werden. Solchen Anträgen könnte der Beklagte – bei Erteilung des Bauvorbescheides gegenüber der Klägerin – schwerlich etwas entgegensetzen.

39

Ob zudem das Ortsbild durch die Klein-Windkraftanlagen tatsächlich beeinträchtigt ist (§ 34 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BauGB), kann dahinstehen.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

42

Die Berufung war auf der Grundlage von § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

43

Beschluss

44

Der Streitwert wird auf 2.000 € festgesetzt.

45

Gründe

46

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den diesbezüglichen Angaben der Klägerin, die auf Ziffer 9.1.2.5 Streitwertkatalog 2013 abstellen.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 21. September 2015, Az. …, wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin,

2

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs und einer nachfolgenden Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 21. September 2016, AZ: … anzuordnen,

3

hat Erfolg.

4

Die Antragstellerin wendet sich als Gemeinde gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Wohnhauses in ein Ferienhaus in der … in ….

5

Der Antrag ist zulässig und begründet.

6

Gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80 a Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Dritten gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt anordnen, wenn das Interesse des Dritten, von der Vollziehung vorläufig verschont zu werden, das Interesse des Begünstigten – hier des Beigeladenen – an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin als Standortgemeinde des in Rede stehenden Vorhabens gegen die erteilte Baugenehmigung nicht bereits dann zur Wehr setzen kann, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus einem Verstoß gegen Vorschriften ergeben, die dem Schutz der gemeindlichen Planungshoheit zu dienen bestimmt sind.

7

Danach geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Antragstellerin aus. Denn aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache aller Voraussicht nach Erfolg haben wird, weil die erteilte Baugenehmigung, mit der gleichzeitig das versagte gemeindliche Einvernehmen ersetzt worden ist, die Antragstellerin in ihrer gemeindlichen Planungshoheit verletzt.

8

1. Soweit die Antragstellerin sich zur Begründung eines Verstoßes gegen ihre Planungshoheit darauf beruft, dass das streitgegenständliche Vorhaben sich gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB) als Ferienhaus nicht in die maßgebliche nähere Umgebung einfüge, ist dem allerdings nicht zu folgen. Das Vorhaben des Beigeladenen dürfte vielmehr nach § 34 Abs. 1 BauGB seiner Art nach zulässig sein.

9

Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung (BauNVO), beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach dieser Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, § 34 Abs. 2 BauGB. Die nähere Umgebung wird dadurch ermittelt, dass sowohl in Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung als auch in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Weist die so bestimmte nähere Umgebung nach ihrer Eigenart den Charakter eines der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebietes auf, ist darauf abzustellen, ob das Vorhaben dort regelmäßig oder zumindest ausnahmsweise zulässig wäre, § 34 Abs. 2 BauGB. Ist dies nicht der Fall, fügt es sich nach § 34 Abs. 1 BauGB jedenfalls dann ein, wenn es sich innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält. Bei der Prüfung ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung bei der Ermittlung des Rahmens grundsätzlich auf die Nutzungstypen abzustellen, die die Baunutzungsverordnung umschreibt. Sind in der näheren Umgebung bestimmte, den Begriffsbestimmungen der Baunutzungsverordnung entsprechende Nutzungsarten vorhanden, so hält ein Vorhaben, das die Merkmale einer solchen Nutzungsart aufweist, ohne weiteres den Rahmen ein (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01. Juli 2009 - 10 A 2350/07 - m.w.N., juris).

10

Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks des Beigeladenen entspricht nicht einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete. Vielmehr ist eine Gemengelage gegeben.

11

Unter der "näheren Umgebung“ ist zum einen die Umgebung, auf die sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann, und zum anderen die Umgebung, die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, zu verstehen. Dabei muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und es muss alles außer Acht gelassen werden, was die Umgebung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Aber es darf auch nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Baugrundstücks insofern berücksichtigt werden, als auch sie noch prägend auf es einwirkt (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. August 2009 - 3 M 127/09 -, amtl. Umdruck S. 4 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 380). Dabei kann die Einheitlichkeit einer Bebauung, etwa nach der Art ihrer Nutzung, der Grundfläche oder der Höhe bewirken, das angrenzende andersartige Bebauung nicht zur näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB gehört (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 1997 - 4 B 67.97 -, BRS 59 Nr. 80 sowie VG Schwerin, Beschluss vom 21. November 2016 – 2 B 1588/16 SN –, amtl. Umdruck S. 6 m.w.N.). Die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innen- und Außenbereichs kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung sinngemäß übertragen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 -, NVwZ-RR 1999, 105). In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass topographischen oder sonstigen geländemäßigen Besonderheiten Relevanz zukommt (vgl. BVerwG, a.a.O.).

12

Gemessen daran wird die nähere Umgebung vorliegend ausweislich der vorhandenen Luftbilder des Geodatenportals MV sowie von Google Earth durch die Bebauung beiderseits der sich von Westen nach Osten erstreckenden Straße … geprägt. Diese Bebauung wird im Süden durch die Bahnlinie und im Norden durch den Stadtwald begrenzt. Sowohl auf der nördlichen als auch auf der südlichen Straßenseite befinden sich im Wesentlichen Wohngebäude. Eine Unterbrechung des Bebauungszusammenhangs durch Querstraßen ist nicht zu erkennen. Es existieren lediglich vereinzelte Stichwege, die die Bebauung auf Hinterliegergrundstücken erschließen. Zwischen den Flurstücken … und … verläuft jenseits der Bebauung in der ersten Reihe der südlichen Straßenseite der …. Angesichts dieser Homogenität der Bebauung der … ist von einem entsprechend großen Bereich auszugehen, der als die maßgebliche nähere Umgebung auch das Vorhabengrundstück prägt. Nach Osten hin kommt frühestens einem auf das Grundstück … folgenden etwas größeren Stichweg, der auf beiden Straßenseiten in nördlicher bzw. südlicher Richtung verläuft, trennende Wirkung zu. Nach Westen hin dürfte der Bebauungszusammenhang erst vor dem im südlichen Bereich der Straße … angesiedelten Penny-Markt enden. Hierfür spricht auch, dass etwa an dieser Stelle die Bebauung auf der nördlichen Straßenseite endet.

13

Das so umrissene Gebiet kann trotz der sich dort befindlichen überwiegenden Wohnnutzung nicht als allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO qualifiziert werden. Dem steht entgegen, dass ausweislich der Verwaltungsvorgänge und den Angaben des Antragsgegners in einem Bescheid vom 15. Dezember 2015, mit dem der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Baugenehmigung abgelehnt wurde, in der maßgeblichen näheren Umgebung für eine Reihe von Ferienwohnungen und Ferienhäusern Baugenehmigungen erteilt worden sind. Diese Ferienwohnnutzungen befinden sich in den Gebäude … sowie im …. Alle diese Grundstücke liegen innerhalb der maßgeblichen näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks.

14

Sowohl nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern als auch der der erkennenden Kammer sind solche Ferienwohnnutzungen in allgemeinen oder reinen Wohngebieten ihrer Art nach unzulässig, da es sich dabei nicht um (zulässiges) Dauerwohnen, sondern um eine hiervon abzugrenzende eigenständige Nutzungsart handelt (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 08. Januar 2008 - 3 M 190/07 -, juris, dort unter dem Datum 28. Dezember 2007, sowie NordÖR 2008, 169; Urteil vom 19. Februar 2014 - Az. 3 L 212/12 - NordÖR 2014, 323; VG Schwerin, Urteile vom 20. Dezember 2012 - 2 A 1577/10 -, vom 16. Juni 2016 - 2 A 568/14, 2 A 808/14, 2 A 1366/14 und 2 A 1227/15 SN -). Auch nach dem Oberverwaltungsgericht Niedersachsen dienen Ferienwohnungen nicht dem Wohnen im Sinne der §§ 3, 4 BauNVO (vgl. Urteil vom 18. September 2014 – 1 KN 123/12 –, Rn. 34, juris). In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern wie auch der Kammer ist ebenfalls geklärt, dass Ferienwohnungen weder einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) noch einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) darstellen (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. Februar 2014 – 3 L 212/12 –, NordÖR 2014, 323; VG Schwerin, Urteil vom 07. Januar 2016 – 2 A 1023/14 -, Rn. 37, juris; a.A. z.B. Schmidt-Eichstädt, ZfBR 2016, 225 unter Rückgriff auf Oberverwaltungsgericht Niedersachsen a.a.O.).

15

Damit ist bei der maßgeblichen näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks nicht von einem faktischen allgemeinen oder reinen Wohngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 4 bzw. 3 BauNVO, sondern von einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB auszugehen. In diese Gemengelage fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben des Beigeladenen seiner Art nach ein, da es in seiner Umgebung nicht ohne Beispiel ist.

16

Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin ist das Vorhaben des Beigeladenen auch nicht deshalb bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es sich nicht um eine Ferienwohnung, sondern um ein Ferienhaus handelt. Die von der Antragstellerin insoweit vorgenommene begriffliche Unterscheidung zwischen Ferienhäusern und Ferienwohnungen im Hinblick auf deren planungsrechtliche Zulässigkeit nach der Art der baulichen Nutzung kommt nicht in Betracht. So unterliegt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern die Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung nicht deshalb einer besonderen bauplanungsrechtlichen Beurteilung, weil sie nicht in einem ganzen Gebäude stattfindet (Ferienhaus), sondern nur in einer einzelnen Wohnung in einem im Übrigen zu Dauerwohnzwecken genutzten Gebäude. Die Zuordnung der Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung erfolgt vielmehr für jede einzelne Nutzungseinheit gesondert. Dies gilt unabhängig davon, dass die Baunutzungsverordnung teilweise die Bezeichnung von Nutzungsarten mit dem Begriff des Gebäudes verbindet ("Wohngebäude" in § 3 Abs. 2 Nr. 1 u.a.; "Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude" in § 7 Abs. 2 Nr. 1 u.a.). An anderen Stellen wird zur Bezeichnung von Nutzungsarten an den Begriff der Wohnung angeknüpft ("Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter" in § 7 Abs. 2 Nr. 6 u.a.). Unterschiedliche Bedeutungen sind damit nicht verbunden. Dies ergibt sich auch daraus, dass Festsetzungen eines Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung im Ausgangspunkt Baugebiete betreffen (§ 1 Abs. 2 BauNVO), § 1 Abs. 7 BauNVO jedoch die Möglichkeit der vertikalen Gliederung von Baugebieten vorsieht. Danach können differenzierte Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung für bestimmte Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen getroffen werden. Auch § 7 Abs. 4 BauNVO sieht die Möglichkeit differenzierender Regelungen für verschiedene Geschosse vor (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 30. April 2015 – 3 M 116/14 –, Rn. 12, juris). Die vorstehend genannten Differenzierungen sind jedoch einer ausdrücklichen Regelung in einem Bebauungsplan vorbehalten. Im nicht beplanten Innenbereich kann eine solche Unterscheidung hinsichtlich der zulässigen Art der baulichen Nutzung nicht vorgenommen werden (vgl. auch VG Schwerin, Urteile vom 23.September 2016 – 2 A 3308/15 SN und 2 A 1054/15 – amtl. Umdruck S. 6 f. bzw. S. 8).

17

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Antragstellerin angeführten unterschiedlichen Störungsgraden im Zusammenhang mit der Nutzung von Ferienhäusern einerseits und Ferienwohnungen andererseits. Zwar mag es sein, dass von Ferienhäusern in den von der Antragstellerin als Vergleich herangezogenen Ferienhausgebieten nach § 10 Abs. 4 BauNVO ein erhöhter Störungsgrad ausgeht, weil Erholungswohnen in solchen Gebieten typischerweise weitgehend im Freien stattfindet. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen, auf die die Antragstellerin sich in diesem Zusammenhang beruft, zielt § 10 BauNVO auf die Festsetzung klassischer Wochenendhaus-, Ferienhaus- bzw. Campingplatzgebiete ab, wie sie in den Naherholungsgebieten der Städte bzw. in touristisch reizvollen Regionen, also zumeist am Rand von Erholungsorten, verbreitet zu finden seien. Derartige Gebiete zeichneten sich typischerweise durch verschiedene Besonderheiten aus: Sie lägen regelmäßig in naturnahen Gebieten, etwa in Wäldern, an Seen oder in unmittelbarer Strandnähe an der Küste, kaum aber innerhalb des gewachsenen Bebauungszusammenhangs. Da sie nur dem zeitweisen Wohnen dienten und häufig nur saisonal genutzt würden, bleibe die Erschließung und Ausstattung der Gebiete in aller Regel hinter den üblichen Standards zurück. Die Infrastruktur sei für das Dauerwohnen häufig nicht geeignet; bei der Bemessung der Kapazität kommunaler Einrichtungen bleibe das Gebiet ganz oder teilweise unberücksichtigt. Auch in der Bauausführung, Größe und Ausstattung der Gebäude spiegele sich in aller Regel die nur eingeschränkte Nutzbarkeit wieder. Im Vordergrund stehe häufig die Nutzung der Außenwohnbereiche (vgl. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 18. September 2014 – 1 KN 123/12 –, juris).

18

Um ein solches Gebiet handelt es sich vorliegend jedoch gerade nicht. Das Vorhabengrundstück befindet sich im innerstädtischen Bereich von …. Das streitgegenständliche Gebäude entspricht hinsichtlich seiner Bauausführung, Größe und Ausstattung in jeder Hinsicht den Anforderungen, die auch an zum dauerhaften Wohnen geeignete Gebäude zu stellen sind. Das Gleiche gilt für die Umgebungsbebauung. Angesichts dieser Umstände kann im Hinblick auf die maßgebliche Erholungsnutzung in Ferienhäusern und Ferienwohnungen nicht die Rede davon sein, dass von Ferienhäusern grundsätzlich ein erhöhtes Störpotential ausgeht. Ferienhäuser wie das des Beigeladenen sind nicht darauf ausgelegt, dass die Erholungsnutzung im Wesentlichen im Freien stattfindet. Aufgrund ihrer Ausstattung bieten solche Häuser den Feriengästen vielmehr ausreichend Möglichkeiten, ihre Freizeit auch innerhalb der Räumlichkeiten zu gestalten. Das von einer Ferienwohnnutzung ausgehende Störpotential entfaltet sich bei Ferienwohnungen und Ferienhäusern gleichermaßen. So gehen beispielsweise Lärmimmissionen für die Nachbarschaft durch Aktivitäten der Feriengäste im Freien auch durch die Nutzung von Balkonen und Dachterrassen von Ferienwohnungen aus. Diese Immissionen unterscheiden sich nicht wesentlich von solchen, die durch die Nutzung von Gärten und Terrassen von Ferienhäusern verursacht werden. Teilweise stehen Gartenbereiche eines Grundstücks auch den Gästen mehrerer Ferienwohnungen eines Gebäudes zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. Schließlich dürften auch bei der Unruhe, die durch den An- und Abfahrverkehr der Urlauber ausgelöst wird, keine wesentlichen Unterschiede im Hinblick auf Ferienhäuser und Ferienwohnungen bestehen.

19

Schließlich ist auch nicht davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Ferienhaus sich deshalb nicht in seine nähere Umgebung einfügt, weil es gegen das hier aus § 34 Abs. 1 BauGB folgende Rücksichtnahmegebot verstößt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die maßgebliche nähere Umgebung – wie bereits dargelegt – auch von einer Reihe von Ferienwohnnutzungen geprägt ist (vgl. auch VG Schwerin, Urteil vom 23. September 2016 – 2 A 3308/15 SN –, amtl. Umdruck S. 8 ff.).

20

2. Der Erteilung der Baugenehmigung stand jedoch nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts die am 15. Oktober 2015 in Kraft getretene Veränderungssperre der Antragstellerin zum in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan Nr. … „…“ entgegen.

21

a. Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde im Falle eines Beschlusses über die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Sicherung der Planung eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden. Die Veränderungssperre begründet für den gesamten künftigen Planbereich eine Sperrwirkung und hat damit negative Auswirkungen für die Planbetroffenen. Gemäß § 14 Abs. 3 BauGB werden allerdings u.a. Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, von der Veränderungssperre nicht berührt. Für den Bauherrn, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Veränderungssperre bereits im Besitz einer baurechtlichen Genehmigung für sein Vorhaben ist, gilt daher der sog. veränderungssperrenrechtliche Bestandsschutz. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Baugenehmigung Bestandskraft erlangt hat oder ob mit dem Bauvorhaben bereits begonnen wurde (vgl. Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 14 Rn. 21; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 14 Rn. 110).

22

Vorliegend setzt sich die Veränderungssperre aller Voraussicht nach gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung durch. Zwar datiert die Baugenehmigung bereits vom 21. September 2015, während die Veränderungssperre erst nach diesem Zeitpunkt, nämlich am 15. Oktober 2015 in Kraft getreten ist. Der Bestandsschutz des § 14 Abs. 3 BauGB erfordert allerdings eine rechtswirksame Genehmigung. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Baugenehmigung ist ihre Bekanntgabe. Als Verwaltungsakt wird die Baugenehmigung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG M-V) gegenüber demjenigen, für die sie bestimmt ist oder der von ihr betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, mit dem sie bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe der Baugenehmigung gegenüber dem Beigeladenen als Bauherrn erfolgte ausweislich des sich bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Empfangsbekenntnisses erst am 2. November 2015. Dieser Zeitpunkt lag nach Inkrafttreten der Veränderungssperre, so dass diese der – noch nicht wirksamen – Baugenehmigung gegenüber bereits ihre Sperrwirkung entfalten konnte.

23

b. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der Kammer dürfte die Veränderungssperre sich auch nicht als unwirksam erweisen.

24

Die Veränderungssperre dürfte zunächst zur Sicherung der Planung, die Gegenstand des Beschlusses der Beigeladenen vom 20. Oktober 2011 zur Aufstellung der des Bebauungsplans Nr. … „…“ war, erforderlich gewesen sein.

25

Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplanes sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundstücke fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplanes noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt. Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört auch zur Konzeption des § 14 BauGB (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2015 – 2 B 981/14 –, amtl. Umdruck S. 6). Nach seinem Absatz 2 Satz 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15. Juli 2004 – 3 M 77/04 –, Rn. 58, juris; VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2015 – 2 B 981/14 –, amtl. Umdruck S. 6; Urteil vom 17. März 2011 – 2 A 1085/09 –, amtl. Umdruck S. 14 f.).

26

Das (erforderliche) Mindestmaß hängt von den jeweiligen Einzelfallumständen ab. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das Konkretisierungserfordernis nicht überspannt werden darf, weil sonst die praktische Tauglichkeit der Veränderungssperre verloren gehen würde. Zudem wird sich die Gemeinde im Allgemeinen nicht bereits zu Beginn des Aufstellungsverfahrens auf ein bestimmtes Planungsergebnis festlegen können; es ist gerade der Sinn der Vorschriften über die Planaufstellung, dass der Bebauungsplan innerhalb des Planungsverfahrens - insbesondere unter Beachtung des Abwägungsgebots - erst erarbeitet wird. Davon zu unterscheiden ist jedoch eine Planung, deren Konzept erst im Planungsverfahren entwickelt werden soll (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15. Juli 2004 – 3 M 77/04 –, Rn. 59, juris). Die danach erforderliche Konkretisierung der Planung muss zwar nicht offen gelegt sein, z.B. als Begründung der Veränderungssperre; sie muss jedoch so verlässlich festgelegt sein, dass die Gemeinde ggf. einen entsprechenden Nachweis führen kann. Ist z.B. die zukünftige Nutzungsart des Gebiets im Wesentlichen festgelegt, ist der künftige Planinhalt in der Regel ausreichend konkretisiert. Eine nachträgliche Konkretisierung der Planung vermag eine nichtige Veränderungssperre nicht zu heilen; nachträgliche Änderungen des Plankonzepts sind unzulässig (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15. Juli 2004 – 3 M 77/04 –, Rn. 60, juris).

27

Nach diesen Vorgaben lag bei Erlass der Veränderungssperre eine hinreichend konkrete, sicherungsfähige Planung der Beigeladenen vor. In dem Beschluss der Stadtvertreterversammlung der Antragstellerin vom 20. Oktober 2011 über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. … heißt es zu den Planungszielen wie folgt:

28

„Folgende Planungsziele werden verfolgt:

29

Sicherung der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung, Vermeidung zu hoher Verdichtung, Einschränkung von Beherbergungsbetrieben und Ferienwohnungen, Regelung der Errichtung von Gebäuden in zweiter Reihe, Erhalt innerstädtischer Grünflächen und Vorgärten. …“

30

Zwar erscheinen die ersten beiden Planungsziele „Sicherung der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung“ und „Vermeidung zu hoher Verdichtung“ für sich genommen wenig konkret. Allerdings wird im Folgenden jedenfalls ein Planungsziel im Hinblick auf die Art der zulässigen Nutzungen im künftigen Plangebiet benannt, das bezüglich der planerischen Vorstellungen der Antragstellerin hinreichend präzise sein dürfte. Dem Ziel „Einschränkung von Beherbergungsbetrieben und Ferienwohnungen“ lässt sich entnehmen, dass die Antragstellerin vor allem von der Vorstellung geleitet wurde, Nutzungen, die mit der im künftigen Plangebiet vorherrschenden Wohnnutzung in Konflikt treten könnten, zu begrenzen. Damit wird deutlich, welche Vorstellungen die Antragstellerin hinsichtlich der zulässigen Art der baulichen Nutzungen hat. Insbesondere lässt sich damit auch eine Vereinbarkeit des Vorhabens des Beigeladenen mit der beabsichtigten Planung beurteilen.

31

Es liegen auch sonst keine offensichtlichen Rechtsfehler der Planung vor, die deren Sicherungsfähigkeit in Frage stellen könnte. Abgesehen davon, dass eine umfassende antizipierte Normenkontrolle der Rechtmäßigkeit der Planung grundsätzlich nicht in Betracht kommt und der Erlass einer Veränderungssperre nur ausnahmsweise nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt ist, wenn die im Aufstellungsbeschluss manifestierte Planung offensichtlich rechtswidrig und der Mangel schlechterdings nicht behebbar ist (vgl. hierzu VG Schwerin, Beschluss vom 06. Juli 2016 – 2 B 1196/16 SN –, Rn. 15, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 11 K 5982/14 –, juris), sind solche Mängel der Planung im vorliegenden Fall weder ersichtlich noch vom Antragsgegner oder vom Beigeladenen dargelegt worden. Insbesondere dürfte derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass sich der von der Antragstellerin zur Verwirklichung ihrer Plankonzeption gewählte Weg als rechtlich nicht gangbar erweist. Laut § 1 – Zu sichernde Planung – der Veränderungssperre bestehen die Ziele des Bebauungsplans darin, die stetige Zunahme von Beherbergungsbetrieben und Ferienwohnungen zu unterbinden. Die Vereinbarkeit von einzelnen untergeordneten Ferienwohnungen im Bestand mit Dauerwohnungen solle rechtlich verbindlich und abschließend entsprechend der aktuellen Rechtsprechung geregelt werden. Dabei sehe die Grundkonzeption des Bebauungsplans vor, dass das Plangebiet überwiegend dem Wohnen diene und alle anderen Nutzungen nur eine untergeordnete Rolle spielten.

32

Zwar dürfte es angesichts der bereits zuvor zitierten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zur Unzulässigkeit von Ferienwohnnutzungen in allgemeinen oder reinen Wohngebieten nicht einfach sein, das von der Antragstellerin angestrebte Planungsziel in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu verwirklichen. Dem ist sich allerdings auch die Antragstellerin bewusst. So heißt es in § 1 der Veränderungssperre am Ende, dass es sich um ein Planverfahren mit besonderem Schwierigkeitsgrad und Umfang handele, der den Verfahrensablauf erheblich beeinflusse und erschwere. Derzeit sei die Rechtslage bei Vorliegen einer Gemengelage unklar und daher seien mögliche Festsetzungsvarianten zu prüfen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin kein offensichtlich rechtswidriges Planungsziel verfolgt, sondern darum bemüht ist, einen rechtlich gangbaren Weg zu finden.

33

c. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung des Vorhabens des Beigeladenen gemäß § 14 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 Ziffer 2 der Veränderungssperre dürften aller Voraussicht nach nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Was überwiegende öffentliche Belange sind, lässt sich unter Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauGB bestimmen: Sie liegen dann vor, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 11 K 5982/14 –, Rn. 51, juris).

34

Das ist hier der Fall. Es ist zu befürchten, dass die Durchführung der Planung durch die Zulassung des Vorhabens des Beigeladenen wesentlich erschwert oder gar unmöglich gemacht würde. Ausweislich des Aufstellungsbeschlusses des Bebauungsplans sowie den in § 1 der Veränderungssperre weiter konkretisierten Planungsziele kommt es der Antragstellerin gerade darauf an, weitere Ferienwohnnutzungen im künftigen Plangebiet zu verhindern. Dieses Ziel würde mit der Zulassung der streitgegenständlichen Ferienwohnnutzung des Beigeladenen zumindest wesentlich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.

35

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene war an der Kostentragungslast nicht zu beteiligen, da er keinen Antrag gestellt und sich damit nach § 154 Abs. 3 VwGO keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

36

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG sowie Ziffern 9.7.1 und 1.5 Streitwertkatalog 2013.

Tenor

1. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes werden abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wehrt sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit Garage auf dem Grundstück L 32 im Ortsteil G der Antragstellerin.

2

Die Eigenart der näheren Umgebung des Vorhabenstandorts, für den kein Bebauungsplan gilt, entspricht einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne von § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Für die östliche Straßenseite der L, an der sich das Grundstück Nr. 32 der Beigeladenen befindet, lässt sich eine vordere Bauflucht der baulichen Anlagen nicht feststellen. Ein von der Gemeindevertretung am 27. Februar 2014 gefasster Satzungsbeschluss für den – auch das Vorhabengrundstück erfassenden - Bebauungsplan Nr. 19 „Ortslage G“ ist bisher nicht in Kraft gesetzt worden. Die Satzung der Antragstellerin zur Ortsgestaltung in den Orten der Gemeinde (im Folgenden: Ortsgestaltungsatzung) regelt in § 10 die Grundstücksfreiflächen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Ortsgestaltungsatzung sind die nicht überbauten Flächen der Grundstücke zwischen der öffentlichen Verkehrsfläche und der bis zu den seitlichen Grundstücksgrenzen verlängerten vorderen Gebäudeflucht als Vorgarten anzulegen und zu unterhalten. Nach Satz 3 zweiter Halbsatz der Bestimmung sind Garagen und Carports im Vorgartenbereich unzulässig. Der Vorgartenbereich darf nach Satz 4 der Bestimmung lediglich für Grundstückszufahrten unterbrochen werden.

3

Unter Berufung auf die Ortsgestaltungsatzung beanstandet die Antragstellerin den für die Garage genehmigten Standort. Eine während des Baugenehmigungsverfahrens von der Antragstellerin beantragte Zurückstellung des Baugesuchs der Beigeladenen nach § 15 Baugesetzbuch (BauGB) lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11. Mai 2016 ab. Mit Bescheid von 12. Mai 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung nach zuvor erfolgter Anhörung der Antragstellerin zur beabsichtigten Ersetzung des Einvernehmens.

II.

4

1. Der Antrag,

5

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die zugunsten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 12. Mai 2016 herzustellen,

6

sowie der Antrag,

7

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 Abs. 1 BauGB, getätigt durch Erlass der Baugenehmigung vom 12. Mai 2016 zugunsten der Beigeladenen durch den Antragsgegner, wiederherzustellen,

8

die von dem Gericht sachgerecht dahin verstanden werden, dass jeweils die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin gegen Baugenehmigung und Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erhobenen Widersprüche beantragt sein soll, haben keinen Erfolg.

9

a) Soweit die Antragstellerin ihr vorläufiges Rechtsschutzbegehren nach Baugenehmigung und Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens trennt, kommt dem keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB und § 71 Abs. 1 Satz 2 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) erfolgt nach § 71 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V durch die Erteilung der Baugenehmigung, worin im Verhältnis zur Gemeinde nach § 71 Abs. 3 Satz 1 LBauO M-V zugleich eine begründungspflichtige Ersatzvornahme liegt.

10

b) Gem. §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Dritten gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt anordnen, wenn das Interesse des Dritten, von der Vollziehung vorläufig verschont zu werden, das Interesse des Begünstigten – hier der Beigeladenen – an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin als Standortgemeinde des in Rede stehenden Vorhabens gegen die erteilte Baugenehmigung nicht bereits dann zur Wehr setzen kann, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus einem Verstoß gegen Vorschriften ergeben, die dem Schutz der gemeindlichen Planungshoheit zu dienen bestimmt sind.

11

Danach geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Beigeladenen aus. Denn aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil die erteilte Baugenehmigung die Antragstellerin in ihrer Planungshoheit nicht verletzt.

12

aa) (1) Die angefochtene Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin nicht in ihrer Planungshoheit im Hinblick auf die Ablehnung des von ihr gestellten Zurückstellungsantrags durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Mai 2016. Das folgt bereits daraus, dass der den Zurückstellungsantrag ablehnende Bescheid vom 11. Mai 2016 im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht maßgeblichen Zeitpunkt des heutigen Tages in Bestandskraft erwachsen ist. Den von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die anwaltlich vertretene Antragstellerin Widerspruch (auch) gegen die Ablehnung ihres Zurückstellungsantrags erhoben hätte.

13

(2) Ungeachtet dessen kann in der Erteilung der Baugenehmigung trotz der von der Antragstellerin beantragten Zurückstellung keine Verletzung ihrer gemeindlichen Planungshoheit gesehen werden. Zwar hat die Baugenehmigungsbehörde nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung einer Planung, zu deren Sicherung der Erlass einer Veränderungssperre zulässig wäre, durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Eine Zurückstellungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB bestand für die Antragsgegnerin indes nicht.

14

Die Zurückstellung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist im hier gegebenen Fall des Nichterlasses einer Veränderungssperre nur zulässig, wenn die sachlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre gegeben sind (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2015 – 2 B 981/14 – amtlicher Umdruck S. 5 f.) Zwar hat die Antragsgegnerin nicht nur einen Aufstellungsbeschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 19 „Ortslage G“, sondern bereits am 27. Februar 2014 den diesbezüglichen Satzungsbeschluss gefasst. Indessen setzt die Zurückstellungspflicht wegen der Inbezugnahme der Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB voraus, dass in Bezug auf eine gemeindliche Planung ein Sicherungsbedürfnis in dem Sinne besteht, dass die Zurückstellung zur Sicherung der Planung erforderlich ist (vgl. Mitschang, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 15 Rn. 2). Das ist nicht nur dann nicht der Fall, wenn – was hier nicht relevant ist – der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist. Vielmehr fehlt das Sicherungsbedürfnis für die gemeindliche Planung auch dann, wenn eine Veränderungssperre und mithin auch die Zurückstellung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB zur Sicherung der städtebaulichen Planung der Gemeinde ungeeignet ist, weil das Satzungsziel im Wege der planerischen Festsetzung nicht erreicht werden kann und ein entsprechend rechtswidriger Bebauungsplan wegen rechtlicher Mängel schlechterdings nicht behebbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993 – 4 NB 40.93 – NVwZ 1994, 685).

15

Zwar wird sich regelmäßig – jedenfalls, sofern den gemeindlichen Planungen das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung zu entnehmen ist – nur ausnahmsweise feststellen lassen, dass sich die zu sichernde Planung rechtmäßig nicht verwirklichen lässt. Das hat seinen Grund darin, dass der genaue Inhalt des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans bei Erlass der Veränderungssperre noch nicht feststeht. Das ist indessen anders, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Gemeindevertretung den Bebauungsplan bereits als Satzung beschlossen hat und damit dessen Inhalt feststeht. In einem solchen Fall muss sich die Gemeinde auch schon vor der das Rechtssetzungsverfahren abschließenden Bekanntmachung an den beschlossenen Festsetzungen des Bebauungsplans festhalten lassen mit der Folge, dass eine zur Sicherung des Plans erlassene Veränderungssperre unwirksam wird – und damit auch die Möglichkeit auch der Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht mehr besteht -, wenn sich der von der Gemeinde zur Verwirklichung ihrer Planungskonzeption gewählte Weg als rechtlich nicht gangbar erweist (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 10. Dezember 1993 – 8 S 994/92 – UPR 1994, 455). So liegt es hier. Die von der Gemeindevertretung beschlossene Festsetzung eines „Sonstiges Sondergebiet für Dauerwohnen und Ferienwohnen“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 – 4 CN 7.12 – NVwZ 2014, 72 = BVerwGE 147,138) bauplanungsrechtlich ausgeschlossen.

16

(3) Unabhängig davon spricht nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens Überwiegendes dafür, dass der Gemeinde in Bezug auf den von ihr gestellten Zurückstellungsantrag rechtsmissbräuchliches Verhalten vorzuwerfen ist. Die Zurückstellung von Baugesuchen ist – neben der Veränderungssperre und den gesetzlichen Vorkaufsrechten der Gemeinde – ein Instrument zur Sicherung der gemeindlichen Bauleitplanung. Die Zurückstellung eines Baugesuchs auf Antrag der Gemeinde setzt daher voraus, dass in Bezug auf die kommunale Bauleitplanung ein Sicherungsbedürfnis besteht. § 15 Abs. 1 BauGB macht in diesem Zusammenhang die Zurückstellung von Baugesuchen davon abhängig, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre gegeben sind. Zu diesen Voraussetzungen zählt auch, dass der Erlass einer Veränderungssperre zur Sicherung der Planung der Gemeinde erforderlich ist (vgl. auch VG Schwerin, Urteil vom 17. März 2011 – 2 A 1085/09 – amtlicher Umdruck S. 14 ff). An einer solchen Erforderlichkeit fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen die gemeindliche Planung noch keinen Stand erreicht hat, der wenigstens in groben Zügen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Vielmehr dürfte die Erforderlichkeit des Erlasses einer Veränderungssperre und damit zugleich die Voraussetzung für die Zurückstellung eines Baugesuchs auch in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Gemeindevertretung bereits einen Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan gefasst hat, die Satzung jedoch seit nahezu 2 ½ Jahren nicht in Kraft setzt, fehlen. Eine Gemeinde, wie hier die Antragstellerin, hat es nämlich grundsätzlich in der Hand, nach Ergehen des Satzungsbeschlusses den Bebauungsplan bekannt zu machen und ihm damit – unter der Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der planerischen Festsetzungen – Wirksamkeit zu verleihen.

17

bb) Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts auch sonst nicht in ihrer Planungshoheit, insbesondere folgt eine solche Verletzung nicht, wie es die Antragstellerin meint, aus dem von ihr angenommenen Verstoß des Vorhabens der Beigeladenen gegen die Ortsgestaltungssatzung im Hinblick auf den Standort der geplanten Garage.

18

(1) Bei dem Vorhaben der Beigeladenen handelt es sich um ein solches, für das nach § 63 LBauO M-V das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gilt. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBauO M-V prüft die Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren lediglich die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB. Die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit bauordnungsrechtlichen Vorschriften ist – soweit nicht Abweichungen und die Abstandflächenvorschriften des § 6 LBauO M-V in Rede stehen (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBauO M-V) – nicht Teil des bauaufsichtlichen Prüfprogramms. Die Ortsgestaltungssatzung, deren Verletzung die Antragstellerin im Hinblick auf den Standort der von der Beigeladenen geplanten Garage rügt, stellt eine auf der Grundlage von § 86 Abs. 1 Nr. 1 LBauO M-V erlassene Satzung über örtliche Bauvorschriften dar, der mithin bauordnungsrechtlicher Charakter zukommt. Ist mithin die Feststellung der Übereinstimmung des Bauvorhabens der Beigeladenen mit der Ortsgestaltungssatzung vom Regelungsgehalt der angefochtenen Baugenehmigung nicht umfasst, kann der von der Antragstellerin angenommene Verstoß des Vorhabens der Beigeladenen gegen § 10 der Ortsgestaltungssatzung auch nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führen.

19

(2) Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Antragsgegnerin die Baugenehmigung im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen § 10 der Ortsgestaltungsatzung unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Sachbescheidungsinteresses nicht hätte erteilen dürfen. Zwar kann das Sachbescheidungsinteresse in Bezug auf einen Bauantrag fehlen, wenn von vornherein feststeht, das von einer erteilten Baugenehmigung durch den Bauherrn kein Gebrauch gemacht werden kann, was der Fall sein kann, wenn das Bauvorhaben zwar nicht den im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, jedoch anderen, gleichwohl vom Bauherrn zu beachtenden, zwingenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Selbst wenn der von der Antragstellerin behauptete Verstoß gegen § 10 der Ortsgestaltungssatzung vorliegen sollte, kann nicht von vornherein angenommen werden, dass die Beigeladene ihr Vorhaben gerade wegen dieses Verstoßes nicht verwirklichen könnte. Denn jedenfalls besteht für die Beigeladene die Möglichkeit zur Beantragung einer Abweichung von den Bestimmungen der Ortsgestaltungssatzung gem. § 67 Abs. 1 LBauO M-V. Da die Erteilung einer solchen Abweichung im Ermessen der Erteilungsbehörde steht und hierbei maßgeblich im Rahmen des Konzepts der „vollzugstauglichen Flexibilisierung“ des Bauordnungsrechts (vgl. Begründung Regierungsentwurf LBauO 2006, LT-Drs. 4/1810 S. 170; vgl. dazu VG Schwerin, Urteil vom 14. Februar 2013 – 2 A 1774/10 – juris m.w.N.; Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 2 B 670/14 – amtlicher Umdruck S. 10) die Zielrichtung der bauordnungsrechtlichen Vorschrift, von der ein Dispens begehrt wird, in Rede steht, kann gerade nicht festgestellt werden, dass der Beigeladenen ein Anspruch auf Erteilung der Abweichung nicht zusteht.

20

(3) Im Übrigen dürfte zweifelhaft sein, ob die Regelung in § 10 Abs. 1 der Ortsgestaltungssatzung im Hinblick auf die Regelung des Standortes von Stellplätzen, Garagen und Carports, insbesondere hinsichtlich der Regelung über die Unzulässigkeit von Garagen und Carports im Vorgartenbereich, im Einklang mit der Ermächtigungsgrundlage des § 86 Abs. 1 Nr. 5 LBauO M-V steht. Danach kann die Gemeinde örtliche Bauvorschriften erlassen unter anderem über die Gestaltung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke und kann dabei bestimmen, dass Vorgärten nicht als Arbeitsflächen oder Lagerflächen genutzt werden dürfen. Anders als etwa nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) ermächtigt § 86 Abs. 1 Nr. 5 LBauO M-V gerade nicht zu einer Bestimmung, dass Stellplätze nicht in Vorgärten errichtet werden dürfen. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob das Verbot von Garagen und Carports in Vorgärten überhaupt eine bauordnungsrechtliche Regelung oder nicht eher eine unzulässige bodenrechtliche Regelung im Gewande einer Baugestaltungsvorschrift darstellt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1997 – 4 NB 15.97 – BRS 59 Nr. 19).

21

cc) Schließlich kommt eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten auch sonst nicht durch die erteilte Baugenehmigung in Betracht. Der Vorhabenstandort befindet sich im nicht beplanten Innenbereich im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Zwar hat die Antragstellerin durch ihre Gemeindevertretung den Satzungsbeschluss für den Erlass des Bebauungsplans Nr. 19 gefasst. Daraus folgt indessen nicht die Anwendbarkeit des § 33 BauGB als Prüfungsmaßstab für das Vorhaben der Beigeladenen. Voraussetzung dafür wäre neben der formellen auch die materielle Planreife des künftigen Bebauungsplans. Daran fehlt es zum einen deshalb, weil der Bebauungsplan nach dem oben Gesagten mit den in ihm vorgesehenen Festsetzungen von „Sonstigen Sondergebieten Dauerwohnen und Ferienwohnen“ nicht rechtswirksam werden kann. Zum anderen kann aufgrund des Umstands, dass die Gemeinde den Bebauungsplan bereits nahezu 2 ½ Jahre nach Ergehen des Satzungsbeschlusses nicht bekannt gemacht hat, ein unverändertes Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht hinreichend sicher erwartet werden (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 19. Mai 2008 – 3 S 2509/07 – BRS 73 Nr. 79; vgl. auch VG Schwerin, Urteil vom 16. Juni 2016 – 2 A 808/14 – amtlicher Umdruck S. 17 ff.). Im Übrigen böte § 33 BauGB lediglich die Möglichkeit der Zulassung des Vorhabens im Einklang mit den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans, nicht hingegen dessen Ablehnung, wenn es nach § 34 BauGB zulassungsfähig ist (vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 1).

22

(1) Ist Prüfungsmaßstab für das Bauvorhaben der Beigeladen mithin § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, lässt sich im Hinblick auf den vorgesehenen Standort der Garage ein Verstoß hiergegen nicht feststellen. Entlang der Ostseite der L findet sich keine einheitliche Bauflucht. Vielmehr ergibt sich bereits aus den dem Verwaltungsvorgang zu entnehmenden Unterlagen wie auch aus dem Eindruck, den das Gericht im Rahmen des Erörterungstermins vor Ort am 10. Juni 2016 gewonnen hat, dass die baulichen Anlagen entlang der Ostseite der L in unterschiedlicher Tiefe von der Straße aus errichtet sind. Mangels einheitlicher Bauflucht kann der von der Beigeladenen vorgesehene Standort ihrer Garage auch nicht gegen eine solche verstoßen.

23

(2) Die von der Antragstellerin reklamierte Ortsbildbeeinträchtigung (§ 34 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BauGB) liegt nicht vor. Die Antragstellerin hat bereits nicht dargelegt, worin die spezifische städtebauliche Wertigkeit des Ortsbildes in G unter dem Aspekt der Stellung von Garagen auf den Baugrundstücken, insbesondere entlang der östlichen Seite der L, zu sehen ist (vgl. zu dem Erfordernis einer besonderen Wertigkeit des Ortsbildes Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 34 Rn. 40). Im Rahmen des Erörterungstermins vor Ort am 10. Juni 2016 hat das Gericht eine solche Wertigkeit, die zu einer aus dem Üblichen herausragenden Prägung des Ortsbildes führen muss (vgl. Mitschang/Reidt a.a.O.), nicht feststellen können.

24

2. Den weiteren Antrag,

25

im Wege der einstweiligen Anordnung zugunsten der Antragstellerin sofort zu entscheiden,

26

versteht das Gericht nicht als eigenständigen Antrag. Als solcher wäre er nach § 123 Abs. 5 VwGO unzulässig.

27

3. Der hilfsweise Antrag,

28

festzustellen, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens aufschiebende Wirkung hat,

29

ist unbegründet. Das folgt (bereits) aus § 71 Abs. 3 Satz 1 und 2 LBauO M-V. Danach ist die Baugenehmigung, durch deren Erteilung das Einvernehmens ersetzt wird (§ 71 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V), zugleich eine begründungspflichtige Ersatzvornahme (Satz 1); Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Ersatzvornahme haben keine aufschiebende Wirkung (Satz 2).

30

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 in Verbindung mit § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und damit sich einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, erscheint es billig, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären

31

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Ziffer 9.10 des Streitwertkatalogs 2013. Den sich danach ergebenden Hauptsachestreitwert in Höhe von 15.000,00 € hat das Gericht in Anwendung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für das hier zu entscheidende vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung ...

Am 23. Dezember 2014 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer Doppelhaushälfte (E + I + DG mit einer Grundfläche von 8,73m x 7,97m, Wandhöhe 6,20m, Firsthöhe 9,61m) unter Beseitigung des Altbestandes, eines Einfamilenhauses aus 1930er Jahren.

Bild

Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 1. April 2015 wegen fehlender Genehmigungsfähigkeit die Rücknahme des Antrags empfohlen und ihm in diesem Zusammenhang auch Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, lehnte sie mit Bescheid vom 18. Juni 2015, zugestellt am 20. Juni 2015, den Bauantrag ab. Es handele sich um ein Außenbereichsvorhaben, dem die Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 7 Baugesetzbuch (BauGB) entgegenstünden. Der Flächennutzungsplan stelle dort eine Fläche für Gemeinbedarf „Erziehung“ dar. Zudem komme dem Vorhaben auch negative Bezugsfallwirkung zu.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 10. Juli 2015, eingegangen bei Gericht am 16. Juli 2015, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt zuletzt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Juni 2015 zu verpflichten, ihm die am 23. Dezember 2016 beantragte Baugenehmigung zu erteilen, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Juni 2015 zu verpflichten, über den Bauantrag vom 23. Dezember 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Zur Begründung ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 15. September 2016 im Wesentlichen ausführen, es handele sich um ein Vorhaben im Innenbereich. Die Grundstücke FlNr. ... und ... lägen innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils entlang der ...-Straße. Auch wenn die Bebauung entlang dieser Straße südlich und nördlich des Vorhabenanwesens durch Flächen des Sportanlagengrundstücks FlNr. ... stellenweise unterbrochen werde, erscheine das bereits seit Anfang der 1930er Jahre mit einem Einfamilienhaus bebaute Anwesen als ein Bestandteil des Bebauungszusammenhangs, da es am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der Bebauung an der ...-Straße teilnehme. Dem stehe nicht entgegen, dass die unmittelbar südlich und nördlich angrenzenden Flächen aufgrund ihrer besonderen Zweckbestimmung als Sportanlagen bzw. Fläche für Erziehung unbebaut seien. Denn durch diese Freiflächen werde der Eindruck einer zusammenhängenden Bebauung nicht zerstört. Die die Bebauung unterbrechenden Frei- bzw. Sportanlagenflächen seien nicht so groß, dass sie dem Vorhaben seine Prägung durch die nördlich, östlich und südlich gelegene Bebauung nehmen würden. Ebenso sei das Anwesen ...-Straße 51 durch seine eigene Bebauung weiterhin geprägt, auch wenn der Altbestand im Hinblick auf die beabsichtigte Neubebauung mit einem Doppelhaus bereits während des Genehmigungsverfahrens beseitigt worden sei. Die Beklagte verkenne, dass grundsätzlich auch eine Freifläche mit einer Sportanlage, die wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung weitgehend entzogen sei, Bestandteil eines Bebauungszusammenhangs sein könne. Vorliegend ergebe sich ein Bebauungszusammenhang sowohl mit dem nördlich anschließenden, mit einem Hochbunker bebauten Anwesen ...-Straße 53 und der südlich gelegenen Wohnbebauung, die sich, nur unterbrochen durch einen 13m schmalen Grundstückstreifen der Sportanlage, südlich der ...-straße anschließe. Maßgeblich geprägt sei das Vorhaben auch durch die östlich gelegene Wohnbebauung. Es könne offen bleiben, ob die Sportanlage nach Westen hin eine trennende Wirkung bewirke, da das Vorhaben in Richtung Norden, Osten und Süden von der nächstgelegenen Bebauung nicht derart abgesetzt sei, dass es an dem an der ...-Straße gelegenen, beidseits dieser Straße vorhandenen Bebauungszusammenhang nicht mehr teilnehme. Selbst wenn das Vorhaben dem Außenbereich zugeordnet würde, stünde ihm die Darstellung einer Gemeinbedarfsfläche „Erziehung“ im Flächennutzungsplan nicht entgegen. Die Beklagte habe auf ein ihr gegebenenfalls zustehendes Vorkaufsrecht verzichtet. Zudem habe es die Beklagte aufgrund ihrer Eigentümerstellung an dem Sportanlagengrundstück FlNr. ... selbst in der Hand, einer Bezugsfallwirkung hinsichtlich weiterer Bebauung auf diesem Grundstück entgegenzuwirken.

Bereits mit Schriftsatz vom 9. September 2016 hatte die Beklagte die Verfahrensakten vorgelegt und zur Sache Stellung genommen. Sie beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vortrag des Klägers im Einzelnen entgegen. Zudem vertieft und ergänzt sie ihre im Verwaltungsverfahren gemachten Ausführungen.

Das Gericht hat am 21. November 2016 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tage wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens im Übrigen wird auf die Gerichtsakte in diesem sowie im Parallelverfahren M 8 K 15.2981 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage, gerichtet auf Erteilung der mit Bescheid vom 18. Juni 2015 abgelehnten Baugenehmigung, ist zulässig (vgl. § 42 Abs. 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Der Kläger hat weder Anspruch auf Erteilung der am 23. Dezember 2014 beantragten Baugenehmigung für den Neubau einer Doppelhaushälfte auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung ... (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) noch auf eine Neubescheidung durch die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Es besteht kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung oder Neubescheidung, weil dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, die im - vorliegend nach Art. 59 Bayerische Bauordnung (BayBO) einschlägigen - vereinfachten bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayBO). Dies hat die Beklagte im ablehnenden Bescheid vom 18. Juni 2015 zutreffend erkannt.

Das streitbefangene Vorhaben liegt im Außenbereich (§ 35 BauGB) und ist dort bauplanungsrechtlich unzulässig (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i. V. m. § 35 Abs. 2 und 3 Satz 1 Nr. 1 und 7 BauGB). Entgegen der Auffassung des Klägers befindet es sich nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

1. Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jede Bebauung im Gebiet einer Gemeinde, die - trotz vorhandener Baulücken - geschlossen und zusammengehörig wirkt, nach Zahl der vorhandenen Gebäude ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - juris). Eine unbebaute Fläche ist - im Sinne einer Baulücke - Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint; diese Voraussetzung muss auch bei einer auf mehreren oder allen Seiten von zusammenhängender Bebauung umgebenen unbebauten Fläche erfüllt sein. Soweit eine Prägung durch die benachbarte Bebauung fehlt, handelt es sich um Außenbereich. Über das Vorliegen einer Baulücke ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden, sondern auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung der konkreten Gegebenheiten (z. B. BVerwG, B. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - juris). Maßgebliche Kriterien sind u. a. der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung. Mit zunehmender Größe der Freifläche wird das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich (vgl. bereits BVerwG, U. v. 1.12.1972 - IV C 6. 71 - juris). Die wachsende Größe der Freifläche ist ein Indiz dafür, dass ein Bebauungszusammenhang eher zu verneinen ist (BVerwG, B. v. 12.3.1999 - 4 B 112/98 - juris). Letztlich maßgebend für die Betrachtungsweise ist die Verkehrsauffassung mit der Folge, dass es entscheidend jeweils auf die Lage des Einzelfalls ankommt. Mit den Begriffen „Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit“ soll eine gewisse - trotz vorhandener Lücken - bestehende räumliche Verklammerung gekennzeichnet und damit zum Ausdruck gebracht werden, dass das unbebaute Grundstück gleichsam „gedanklich übersprungen“ werden kann, weil es ein verbindendes Element in Gestalt der Verkehrsanschauung gibt, die das unbebaute Grundstück als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt.

Dies zugrunde gelegt, ist nach dem Ergebnis des Augenscheins, den vom Gericht aus allgemein zugänglichen Quellen im Internet gesichteten Luft- und Straßenbildern und den von den Beteiligten vorgelegten, zur Beurteilung der örtlichen Verhältnisse ebenfalls herangezogenen Plänen die Frage, ob das Grundstück FlNr. ... - wie auch das Nachbargrundstück FlNr. ..., auf dem die Errichtung der zweiten Doppelhaushälfte vorgesehen ist und dessen Bebauung Streitgegenstand im Parallelverfahren M 8 K 15.2981 ist - so stark durch die angrenzende zusammenhängende Bebauung geprägt wird, dass sie in dem Bereich, in dem das Vorhaben errichtet werden soll, als Teil dieses Bebauungszusammenhangs erscheint und damit im Innenbereich (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) liegt, zu verneinen. Es handelt sich bei den aus den Grundstücken FlNr. 1056, ... und ... gebildeten unbebauten Umgriff zwischen der städtischen Sporthalle im Westen, der ...-Straße und der an sie anschließenden Bebauung im Osten, der südlich der ...-straße gelegenen Wohnbebauung und dem Schulgelände der Mittelschule ... im Norden um eine sog. „Außenbereichsinsel“ im Innenbereich, die dem Rechtsregime des § 35 BauGB zuzuordnen ist. Auch wenn es sich bei dem Begriff des „Außenbereichs im Innenbereich“ mit Blick auf §§ 29 ff. BauGB um keinen eigenständigen bauplanungsrechtlichen Rechtsbegriff handelt (vgl. BVerwG, B. v. 15.9.2005 - 4 B N 37.05 - juris Rn. 3; Spieß in: Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 34 Rn. 14), kann dieser eine entsprechende bodenrechtliche Situation aus Sicht der Kammer gleichwohl gut und anschaulich illustrieren. Er kann daher auch trotz des Umstandes, nicht normativ eingeführt zu sein, nach wie vor erläuternd im Rahmen der Abgrenzung von Innen- und Außenbereich in geeigneten Fallkonstellationen - wie hier - herangezogen werden.

Die ...-Straße hat aufgrund ihrer - namentlich neben der ...-straße - nicht unerheblichen Verkehrsbedeutung für die Führung des in Nord-Süd-Richtung fließenden Verkehrs im Stadtteil ... und ihrer städtebaulich signifikanten Breite von 15m (einschließlich beidseitigem Geh- und Radweg sowie Parkbuchten) trennende Wirkung. Bei ihr handelt es sich im Bereich der Grundstücke FlNr. ..., ... und ... um eine bloß einseitig im Osten bebaute Straße. Besteht nur an einer Straßenseite ein Bebauungszusammenhang, liegen die Grundstücke auf der anderen Straßenseite, sofern nicht andere Umstände hinzukommen, regelmäßig im Außenbereich (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 24.7.2014 - 2 B 14.896 - juris Rn. 22 m. w. N.).

Die im Norden vorzufindende, erheblich abgerückte Bebauung des Schulgeländes bis hin zum Hochbunker auf dem Grundstück FlNr. ... ist siedlungsstrukturell von mit dem zur Genehmigung nachgesuchten Wohnbauvorhaben nicht vergleichbarer schulischer Gemeinbedarfsnutzung mit entsprechend großen Baukörpern geprägt und vermittelt daher nicht den Eindruck einer zwanglosen Fortsetzung nach Süden hin. Vom dem Vorhaben im Norden nächstgelegenen Hochbunker bis zur ehemals auf dem Grundstück FlNr. ... vorhandenen, mittlerweile abgerissenen Wohnbebauung betrug der Abstand ca. 37m, so dass bereits auch der frühere Bestand nicht am Bebauungszusammenhang nach Norden hin teilgenommen hat und auch nicht entsprechend nachwirken kann.

Auch der im Süden jenseits der ...-straße vorhandene Bebauungszusammenhang prägt die nördlich dieser Straße gelegenen Grundstücke nicht in der Weise, dass das zur Bebauung nachgesuchte Grundstück als Baulücke erscheinen würde. Zuschnitt und Ausmaß des in seinem weitläufigen Ostteil unbebauten Sportanlagengrundstücks FlNr. ... unterbrechen den Bebauungszusammenhang auch nach Süden hin. An der ...-Straße hat dieses Grundstück an der schmalsten Stelle eine Nord-Süd-Erstreckung von ca. 57m, westlich jenseits der Grenze des Grundstücks FlNr. ... eine solche von ca. 70m. Es weist eine Ost-West-Erstreckung von der ...-Straße bis zur städtischen Sporthalle (...-straße 124) von ca. 150m auf. Aufgrund des Grundstückszuschnitts und der großflächigen einheitlichen Gemeinbedarfsnutzung als Sportgelände ist hier auch eine einheitliche siedlungsstrukturelle Beurteilung der Flächen zwischen Sporthalle im Westen und der ...-Straße im Osten geboten. Eine Unterscheidung nach Teilflächen, hier einer solchen zwischen der östlichen, unmittelbar an der ...-Straße gelegenen Teilfläche des Grundstücks FlNr. ... sowie des zur Bebauung nachgesuchten Grundstücks (und gegebenenfalls auch noch des angrenzenden Grundstücks FlNr. ...) einerseits und der westlichen Teilfläche des Grundstücks FlNr. ... andererseits, muss sonach ausscheiden. Es spricht mithin auch mit Blick auf eine unterstellte Nachwirkung des - ausweislich der Feststellungen im Augenschein und nach Aktenlage allerdings bereits seit einiger Zeit beseitigten (vgl. zur zeitlichen Grenzen der Nachwirkung BVerwG; B. v. 2.10.2007 - 4 B 39.07 - juris) - vormaligen Bestands auf dem Grundstück FlNr. ... nichts für eine differenzierte Betrachtung des Gebietscharakters und damit für eine Innenbereichslage der östlichen, direkt entlang der ...-Straße gelegenen Grundstücksteile. Bereits der (beseitigte) Altbestand auf dem Grundstück FlNr. ... stellte dort im Lichte seiner Wohnnutzung einen bodenrechtlichen Fremdkörper dar, dessen Zulassung nur mehr historisch zu erklären ist (vgl. dazu Baugenehmigung des Bezirksamts ... aus dem Jahr 1930, vorgelegt als Anlage K3 zum Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 5. September 2016 im Parallelverfahren M 8 K 15.2981). Denn erst mit § 3 der Verordnung über die Regelung der Bebauung vom 15. Februar 1936 (RGBl. I, S. 104) stand den Behörden in Bayern eine belastbare Rechtsgrundlage zur Verhinderung planungsrechtlich unerwünschter (Zer-)Siedelung im Außenbereich zur Verfügung (vgl. Englert/Mang, BayBO, 11. Aufl. 1957, Anhang 39 zu § 3 der Verordnung vom 15.2.1936).

Schließlich endet auch die prägende Kraft der südlichen Umgebungsbebauung im Lichte der dort vorzufindenden Siedlungsstruktur - es handelt sich um relativ kleingliedrige Wohnbebauung auf Grundstücken mit einer Fläche von ca. 650 bis 800 m² entlang der der ...-straße (dort Hausnummern 1, 3, 5, 7, 9, 11, 13, 15 und 17) - an der Südgrenzen der ...-straße. Sie ist mit der großflächig angelegten, einheitlichen Gemeinbedarfsnutzung auf dem den betrachtungsrelevanten Umgriff für das hier streitbefangene Grundstück FlNr. ... darstellenden Grundstück FlNr. ... bodenrechtlich nicht vergleichbar und kann ihrerseits nicht als die den prägenden Rahmen für die Grundstücke FlNr. 1056, ... und ... vorgebende Umgebungsbebauung betrachtetet werden.

Es fehlt somit sowohl nach Westen (Sportanlage), nach Norden (Sportanlage, dann Schule), nach Osten (...-Straße) als auch nach Süden hin (...-straße) an einer räumlich verklammernden Anbindung an den dortigen Bebauungszusammenhang. Die Verkehrsanschauung vermittelt nach allen Seiten hin nicht den Eindruck einer zur Bebauung geeigneten Lücke.

2. Das Baugrundstück ist bauplanungsrechtlich somit dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen. Das Bauvorhaben ist ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB, das öffentliche Belange des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt.

a. Die Zulassung des Vorhabens scheitert an § 35 Abs. 2, 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Es widerspricht der Darstellung des Flächennutzungsplans der Beklagten, der für das Baugrundstück eine Fläche für den Gemeinbedarf „Erziehung“ (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a BauGB) vorsieht. Dieser Widerspruch ergibt sich entgegen der Auffassung des Kläger auch unabhängig davon, ob die Beklagte auf ein ihr gegebenenfalls zustehendes Vorkaufsrecht hinsichtlich des klägerischen Grundstücks und des Nachbargrundstücks FlNr. ... verzichtet hat oder nicht.

Es ist im Übrigen auch nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die entgegenstehende Darstellung des Flächennutzungsplans funktionslos geworden wäre. Auf die (derzeitige) Eigentümerstellung des Klägers hinsichtlich des Grundstücks FlNr. ... kommt es insoweit nicht maßgeblich an, da diese einer mittel- bis langfristigen angelegten Realisierung der im Flächennutzungsplan vorgesehenen Nutzung als Gemeinbedarfsfläche nicht von vornherein entgegensteht. Zwar können auch Darstellungen eines Flächennutzungsplans funktionslos und damit unwirksam werden. Insoweit sind die für die Bebauungspläne entwickelten allgemeinen Grundsätze entsprechend heranzuziehen (vgl. BVerwG, B. v. 31.10.1997 - 4 B 185/97 - juris). Eine Darstellung des Flächennutzungsplans tritt danach erst dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Darstellung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so offenkundig ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 30.6.2004 - 4 C 3.03 - juris). Dies ist hier nicht der Fall. Die aktuelle zivilrechtliche Eigentumssituation an einem Grundstück kann die planerische Entscheidung einer Gemeinde, die sie im Rahmen des Erlasses des Flächennutzungsplans getroffen hat - ebenso wie eine planerische Entscheidung eines Dritten - grundsätzlich nicht beseitigen. Ihre planerische Entscheidung kann durch Akte Dritter daher regelfällig nicht beseitigt werden (vgl. BayVGH, U. v. 24.7.2014 - 2 B 14.896 - juris Rn. 25 zu § 23 AEG).

b. Zudem würde das Vorhaben auch die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten lassen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Im Fall seiner Zulassung steht eine negative Vorbildwirkung für eine weitere Bebauung unmittelbar entlang der ...-Straße auf dem Grundstück FlNr. ... konkret zu befürchten. Die (derzeitige) Eigentümerstellung der Beklagten an diesem Grundstück spielt bei der insoweit allein anzustellenden bodenrechtlichen Betrachtung keine Rolle. Die somit zu befürchtende Entstehung einer Splittersiedlung ist als Vorgangs der Zersiedelung bodenrechtlich unerwünscht. Hiervon ist unter anderem dann auszugehen, wenn das Vorhaben eine jedenfalls nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich weiter zersiedelt werden würde (vgl. aktuell z. B. BVerwG, B. v. 7.8.2016 - 4 B 47.14 - juris Rn. 17). So liegt der Fall auch hier.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das auf die mündliche Verhandlung am 24.10.2012 ergangene Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer, Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Beklagte wendet sich gegen ein stattgebendes Urteil des Verwaltungsgerichts. Der Kläger erstrebt einen positiven Bauvorbescheid zur Bebauung eines Grundstücks mit einem Gebäude mit 4 Ferienwohnungen.

2

Der Kläger ist zusammen mit seiner mittlerweile geschiedenen Ehefrau Eigentümer des Grundstückes … in der Gemeinde V... (ehemaliges FlSt 21 mit einer Gesamtgröße von ca. 17.000 m2, jetzt aufgeteilt in …, … und …), das mit seiner Westseite an die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Straße … und im nordöstlichen Eckbereich an die von der Straße … in West-Ost Richtung verlaufende … grenzt.

3

… (Lageplan)

4

Am 30.12.2011 betrug die Einwohnerzahl der Gemeinde V... 204 Einwohner. Auf dem Gemeindegebiet befindet sich zahlreiche Streubebauung. Ein Siedlungsschwerpunkt befindet sich im Ortsteil W..., ein anderer überwiegend nördlich der genannten A-Straße in … .

5

Nachdem der Kläger und seine mittlerweile geschiedene Ehefrau unter dem 29.03.2004 einen negativen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Gebäudes mit vier Ferienwohnungen südlich des … auf ihrem Grundstück an der Straße … erhalten hatten (bestandskräftig nach klagabweisendem Urteil der 8. Kammer des VG Schleswig vom 11. Mai 2005 - 8 A 165/05 -) erhielten sie unter dem 07.06.2006 eine Baugenehmigung für den Neubau eines Gebäudes mit einer Ferienwohnung unten und einem Studio oben. Dieses Gebäude ist mittlerweile errichtet (…). Die Entfernung vom … zu diesem Gebäude beträgt ca. 48 m. Die Entfernung von dem Gebäude … bis zum südlich davon auf der westlichen Seite des Mühlendeiches gelegenen Wohnhaus … (sog. Landhaus mit 10 Ferienwohnungen) beträgt ca. 46 m. Dazwischen liegt die streitige Vorhabenfläche. Südlich des Hauses … befindet sich in einer Entfernung von ca. 25 m ein weiteres Wohngebäude der ehemaligen Gemeindeschwester (…), das seit einigen Jahren leer steht. Der südöstliche Bereich des klägerischen Grundstückes (jetziges Flurstück …) ist größtenteils eine Wiesenfläche. Diese reicht im Norden bis zu der Auffahrt, die von der … zum … führt.

6

Gegenüber dem klägerischen … östlich der Straße … befindet sich ein landwirtschaftliches Hofgebäude mit Wohnhaus (…). In diesem Gebäude befinden sich eine Betriebsleiterwohnung sowie mehrere Ferienwohnungen. Südlich davon schließt sich auf demselben Grundstück ein Gebäude mit drei Ferienwohnungen an (…). Daran schließt sich auf demselben Grundstück nach Süden hin ein Gebäude (…) an, das als Neubau mit Gemeinschaftsräumen und einer Ferienwohnung errichtet wurde. Südlich davon befindet sich auf demselben Grundstück (…) ein Altenteilerhaus. Zwischen den Häusern … und … befindet sich ein ca. 15 x 10 m großer Klärteich.

7

Am 13.07.2010 stellten der Kläger und seine mittlerweile geschiedene Ehefrau beim Beklagten eine Bauvoranfrage für die Errichtung eines Gebäudes mit vier Ferienwohnungen auf dem jetzigen Flurstück … mit einem Standort zwischen dem …und dem Haus … (Maße 10 m x 18 m, vier Ferienwohnungen im Erdgeschoss und ausgebautes Dachgeschoss).

8

Unter dem 03.08.2010 versagte die Beigeladene das gemeindliche Einvernehmen. Unter dem 12.10.2010 erging ein negativer Bauvorbescheid. Der dagegen erhobene Widerspruch vom 07.11.2010 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2011 zurückgewiesen.

9

Der Kläger und seine mittlerweile geschiedene Ehefrau haben am 03.03.2011 Klage erhoben und diese damit begründet, dass für den streitbefangenen Standort des Bauvorhabens auf dem jetzigen … eine Innenbereichslage nach § 34 Abs. 1 BauGB gegeben sei, da ein Bebauungszusammenhang von dem Gebäude … über die Gebäude … und … sowie dem klägerischen … bis zu der Bebauung an der … (nächstliegende Bebauung Wohnhaus …und Wohnhaus …) bestehe.

10

Der Kläger und seine mittlerweile geschiedene Ehefrau haben beantragt,

11

den Bescheid vom 12.10.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den beantragten positiven Bauvorbescheid zu erteilen.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat vorgetragen, dass der beabsichtigte Standort für das klägerische Bauvorhaben im Außenbereich liege. Zwischen dem … der Kläger und der Bebauung an der .. bestehe kein Bebauungszusammenhang. Die Bebauung am … habe keine Ortsteilqualität. Es liege eine Splittersiedlung im Außenbereich vor. Das Bauvorhaben führe als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB zu einer unerwünschten Verfestigung der Splittersiedlung. Das Bauvorhaben stehe auch im Widerspruch zu dem F-Plan der Beigeladenen, der für diesen Bereich eine Fläche für die Landwirtschaft darstelle. Gemäß § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 6 BauGB (bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebes im Außenbereich, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist), könne das Bauvorhaben nicht zugelassen werden, da eine unangemessene Erweiterung der Betriebsfläche durch die vorgesehenen vier Ferienwohnungen erfolgen würde.

15

Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt, allerdings die Rechtsauffassung des Beklagten geteilt. Entsprechend ihrem F-Plan sei eine bauliche Entwicklung nördlich der A-Straße beabsichtigt.

16

Das Verwaltungsgericht - Einzelrichter - hat nach mündlicher Verhandlung am 24.10.2012 mit Urteil vom 29.10.2012 den Bescheid vom 12.10.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2011 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den beantragten positiven Bauvorbescheid zu erteilen.

17

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern ein Anspruch gemäß § 66 LBO auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zustehe.

18

Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen bemesse sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht nach § 35 BauGB (Zulässigkeit von Bauvorhaben im Außenbereich), sondern nach § 34 Abs. 1 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile). Zwar bestehe zwischen der Bebauung an der Straße … einschließlich des … des Klägers und der Bebauung an der A-Straße kein Bebauungszusammenhang, jedoch handele es sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Bebauung am … einschließlich des … des Klägers um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil der Gemeinde V.... Die Beteiligten gingen zutreffend davon aus, dass die Bebauung nördlich der A-Straße einschließlich der der Kirche südlich gegenüberliegenden beiden Wohnhäuser A-Straße 1 und 3 in diesem Sinne einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB bildet. Angesichts dessen, dass die Gemeinde V... mit 204 Einwohnern (Stand 31.12.2011) auf einer Fläche von 4,62 km² neben zahlreicher Streubebauung die größten Siedlungsschwerpunkte im Bereich des Ortsteils W... und im besagten Bereich der A-Straße aufweise, sei die lediglich ca. 21 Wohnhäuser und eine Kirche umfassende Bebauung an der A-Straße von ausreichendem Gewicht, um einen Ortsteil abzugeben. Die Bebauung an der A-Straße stelle sogar einen der Siedlungsschwerpunkte der Gemeinde V... dar, ohne dass dies für die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB Voraussetzung sei. Damit sei jedoch ohne weiteres verbunden, dass es sich nicht um eine Splittersiedlung im Außenbereich handele, sondern um eine Bebauung mit organischer Siedlungsstruktur.

19

Der für das Bauvorhaben des Klägers vorgesehene Standort nehme am Bebauungszusammenhang mit der übrigen an der Straße … gelegenen Bebauung einschließlich des … des Klägers teil, stehe jedoch in keinem Bebauungszusammenhang mit dem Ortsteil an der A-Straße. Zwar betrage der Abstand vom klägerischen … zu der nächstgelegenen Wohnbebauung an der … lediglich ca. 60 m (bis zum Wohngebäude …) bzw. ca. 74 m (bis zum Wohnhaus …). Die informelle Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit am 24.10.2012 habe jedoch bestätigt, dass der … gegenüber der Bebauung an der A-Straße deutlich abgesetzt liege, wie dies bereits in einem Urteil der Kammer vom 11.05.2005 - 8 A 165/05 - festgestellt worden sei. Die Bebauung an der A-Straße sei straßennah, während der … hiervon deutlich abgesetzt liege. Die zwischen dem … und dem Wohnhaus A-Straße Nr. 6 liegenden beiden Garagengebäude vermittelten nicht den Eindruck einer geschlossenen Bebauung zwischen der Bebauung an der A-Straße und dem Haubarg des Klägers. Die Straßenbezeichnung „…“ für den … sei in diesem Zusammenhang für die Zuordnung unerheblich. Die auf dem klägerischen Grundstück befindliche Wiese, die bis zu der Grundstücksauffahrt von der … zum … heranreicht, unterstreiche den Eindruck der fehlenden Zugehörigkeit des Haubarges zu der Bebauung an der A-Straße mit der Folge, dass kein Bebauungszusammenhang zwischen dem klägerischen … und damit auch dem streitbefangenen Standort und der Bebauung an der A-Straße gegeben sei.

20

Der für das Bauvorhaben des Klägers vorgesehene Standort liege gleichwohl im Innenbereich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB, da die Bebauung beidseitig des … als solche einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil der Gemeinde V... darstelle.

21

Die am Mühlendeich vorhandenen insgesamt acht Wohnhäuser (z. T. mit mehreren Ferienwohnungen) hätten gegenüber der übrigen in der Gemeinde V... vorhandenen Bebauung das für die Annahme eines Ortsteils nötige Gewicht. Angesichts dessen, dass der aus ca. 21 Wohnhäusern nebst Kirche bestehende Ortsteil der Gemeinde V... an der A-Straße als einer der Siedlungsschwerpunkte der Gemeinde hinsichtlich der Zahl der maßstabsbildenden Bauten nicht einmal das Dreifache der Anzahl der maßstabsbildenden Bauten am Mühlendeich aufweise, könne der Bebauung am Mühlendeich das für die Annahme eines Ortsteils notwendige gewisse Gewicht nicht abgesprochen werden. Für die Annahme des Ortsteils komme es nicht darauf an, ob die Bauten am Mühlendeich im Rahmen des § 35 BauGB genehmigt worden seien.

22

Die Bebauung an der Straße Mühlendeich stelle auch keine Splittersiedlung dar, sondern sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Auch wenn nach den Planungsvorstellungen der Beigeladenen entsprechend den Darstellungen im Flächennutzungsplan die bauliche Entwicklung hinsichtlich von Wohnbebauung sich nördlich der A-Straße abspielen solle und nicht beidseitig des Mühlendeiches, stelle die beidseitig des Mühlendeiches von der Beigeladenen nach und nach zugelassene Bebauung eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung der Gemeinde V... dar. Die Tatsache, dass die bauliche Fortentwicklung sich beidseitig des Mühlendeiches überwiegend auf der Grundlage von Genehmigungen nach § 35 BauGB (Außenbereichslage) entwickelt habe, sei für die Frage des Vorliegens eines Ortsteils ohne Belang. Dieser Umstand könne deshalb auch nicht zu der Annahme führen, es liege eine nach der Siedlungsstruktur unangemessene Fortentwicklung der Bebauung vor. Die an der Straße Mühlendeich vorhandene Bebauung habe ein Ausmaß erreicht, das sich in vertretbarer Weise vom Außenbereich und damit von der unerwünschten Splittersiedlung abgrenze. Die Bebauung beidseitig des Mühlendeiches stelle somit einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil der Gemeinde V... dar. Der Abstand zwischen dem Gebäude … und dem Gebäude …, zwischen denen das streitbefangene Bauvorhaben realisiert werden solle, stelle sich als Baulücke dar, da dieser Abstand lediglich ca. 46 m beträgt. Entsprechendes gelte für den Abstand zwischen dem Gebäude … und dem klägerischen … (ca. 48 m). Nach dem Gesamteindruck sei insoweit ein geschlossener Bebauungszusammenhang gegeben.

23

Die Errichtung eines Gebäudes mit vier Ferienwohnungen mit einer Grundfläche von 10 m x 80 m auf dem klägerischen Grundstück südlich des Hauses … sei daher gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, weil sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und die Erschließung gesichert sei. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse würden gewahrt; das Ortsbild werde nicht beeinträchtigt. Angesichts dessen, dass in der näheren Umgebung dieses Ortsteils mehrere Häuser mit Ferienwohnungen vorhanden seien, füge sich das Bauvorhaben nach der Art der Nutzung (Beherbergungsbetrieb) ohne Weiteres in die nähere Umgebung ein. Angesichts der Größe des Baugrundstückes füge sich das Bauvorhaben auch hinsichtlich des Maßes der Nutzung in den Rahmen dessen ein, was in der Umgebung vorhanden ist. Der in der Bauvoranfrage angegebene Standort sei straßenseitig zum … ausgerichtet, so dass auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche (Bebauungstiefe) ein Einfügen in den vorhanden Rahmen der Umgebungsbebauung anzunehmen sei.

24

Auf Antrag des Beklagten hat der Senat am 03.09.2013 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.

25

Nach der Zulassung der Berufung hat die bis dahin als Klägerin zu 1. auftretende - mittlerweile geschiedene - Ehefrau des Klägers die Klage zurückgenommen. Mit Beschluss des Berichterstatters vom 14.07.2016 ist daraufhin das Verfahren der Klägerin zu 1. eingestellt und festgestellt worden, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Klägerin zu 1. unwirksam ist.

26

Zuvor hat der Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 18.09.2013 unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens die Berufung begründet. Er ist der Auffassung, dass das Verwaltungsgericht unzutreffend davon ausgegangen sei, das Vorhaben solle innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles der beigeladenen Gemeinde verwirklicht werden, sei deshalb nach § 34 BauGB zu beurteilen und danach zulässig. Entgegen dem Verwaltungsgericht besitze der Bebauungszusammenhang beidseitig der Straße Mühlendeich nach der Anzahl der Bauten kein gewisses Gewicht und sei nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Schon von der Anzahl der Häuser her sei die Ortsteilqualität des Bebauungszusammenhangs am Mühlendeich zweifelhaft. Setze man den hier maßgeblichen Bebauungszusammenhang mit 8 (Ferien-) Wohnhäusern am Mühlendeich in Relation zum Bebauungszusammenhang im Bereich der Kirche an der A-Straße mit 25 mit Häusern bebauten Hausgrundstücken, komme man vom Gewicht der Bebauung her zum gleichen Schluss. Dies sei aber nicht von entscheidender Bedeutung, da der Bebauungszusammenhang jedenfalls deshalb keine Ortsteilqualität besitze, weil er nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Die siedlungsstrukturellen Merkmale seien in erster Linie danach zu bewerten, ob sie eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben würden. Der innere Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB liege darin, die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches zuzulassen. Das OVG Lüneburg habe in einem Urteil vom 11.5.1990 festgestellt, dass es an einer solchen Angemessenheit beispielsweise bei einer Anhäufung von behelfsmäßigen Bauten fehle, ebenso bei einer völlig regellosen und in dieser Anordnung geradezu funktionslosen Bebauung und - unter bestimmten Voraussetzungen - bei einer bandartigen oder einzeiligen Bebauung. Um einen Fall einer bandartigen Bebauung, die sich beiderseits des Weges hinziehe, handele es sich hier bei der Bebauung an der Straße Mühlendeich. Jedenfalls die zu Wohnzwecken und der Beherbergung von Feriengästen dienenden Gebäude, die deutlich in der Überzahl seien, hätten keinen funktionalen Bezug zur landwirtschaftlich geprägten Umgebung, sie wirkten darin als Fremdkörper. Auch untereinander seien die verschiedenartigen Nutzungen so willkürlich angeordnet, dass es durchaus möglich erscheine, dass sie sich gegenseitig stören würden. Es gehe nicht an, dass sich ein derartiger Bebauungskomplex in einer so landschaftszerschneidenden Weise nach § 34 BauGB fortentwickele. Die herkömmliche Streubebauung in der Landschaft der Eiderstedter Marsch beschränke sich nach der historisch gewachsenen Besiedlung auf standortgebundene Vorhaben, die insbesondere durch landwirtschaftliche Nutzung gekennzeichnet seien. Dem Herkömmlichen entsprächen hier im Wesentlichen Bauernhöfe und Land- oder Deicharbeiterhäuser, nicht aber dem Vorhaben entsprechende Gebäude. Dies habe auch das schleswig-holsteinische Oberverwaltungsgericht in einem Urteil vom 07.02.1996 – 1 L 32/95 - festgestellt. Von einer organischen Siedlungsstruktur könne auch nicht deshalb gesprochen werden, weil nach dem Planungswillen der Beigeladenen eine bauliche Fortentwicklung der Gemeinde in geordneten Bahnen erfolgen solle. Denn ausweislich des von der Beigeladenen vorgelegten Auszuges aus dem geltenden Flächennutzungsplan seien entsprechende Wohnbauflächen nicht hier, sondern nördlich und westlich der Kirche für eine Bebauung vorgesehen. Nach alledem sei der vorhandene Bebauungszusammenhang an der Straße Mühlendeich als Splittersiedlung anzusehen und das Vorhaben daher nach § 35 BauGB als beeinträchtigendes "sonstiges Vorhaben" zu beurteilen.

27

Das Urteil weiche darüber hinaus von der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig sowie des Bundesverwaltungsgerichts ab. Im Urteil des Verwaltungsgerichts werde zwar zutreffend angegeben, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts ein Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB ein gewisses Gewicht nach der Zahl der vorhandenen Bauten haben und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sein müsse. In der Urteilsbegründung werde dann allerdings allein darauf abgestellt, dass der Bebauungszusammenhang nach der Zahl der überwiegend Aufenthaltszwecken dienenden Gebäude ein gewisses Gewicht habe. Auch die Frage, ob der vorhandene Bebauungszusammenhang Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei, werde ausschließlich mit der Begründung bejaht, dass ein nach der Zahl seiner Bauten nicht ungewichtiger Bebauungszusammenhang bestehe; insofern komme es nicht auf die Zahl der vorhandenen Gebäude an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei diese Anforderung aber bei einer – im vorliegenden Fall bestehenden - bandartigen Bebauung nicht erfüllt, es sei denn, es handele sich hier um eine herkömmliche Siedlungsform und das Vorhaben entspreche auch von der Art der Nutzung her dieser herkömmlichen Besiedelung. Das sei aber gerade nicht der Fall. Vielmehr handele es sich gerade nicht um eine als herkömmlich anzusehende in die Landschaft eingestreute Straßenrandbebauung aus Wohn- und Wirtschaftsgebäuden landwirtschaftlicher Betriebe.

28

Der Beklagte beantragt,

29

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 29. Oktober 2012 zu ändern und
die Klage abzuweisen.

30

Der Kläger beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Vor der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der mittlerweile geschiedenen Ehefrau des Klägers, der vormaligen Klägerin zu 1., haben die damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, diese aber nicht weiter inhaltlich begründet.

33

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

34

Der Berichterstatter des Senats hat am 10. Oktober 2016 einen Ortstermin durchgeführt und dabei die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll und die beigefügten Fotoaufnahmen (Bl. 257 - 262 d. A.) Bezug genommen.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

36

Die zugelassene Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

37

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Bauvorhabens nicht nach § 35 BauGB (Zulässigkeit von Bauvorhaben im Außenbereich), sondern nach § 34 Abs. 1 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile) richte, nicht.

38

1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht zwar zunächst festgestellt, dass zwischen der Bebauung an der Straße … einschließlich des … der Kläger und der Bebauung an der A-Straße kein Bebauungszusammenhang besteht, der eine planungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB rechtfertigen könnte. Auf die Gründe im Urteil des Verwaltungsgerichts (UA S. 7 unten - S. 8) nimmt der Senat Bezug. Ergänzend ist hierzu auszuführen, dass die im Ortstermin gefertigten Bilder die Feststellungen des Verwaltungsgerichts bestätigen. Danach nimmt der … zur Überzeugung des Senats nicht mehr am Bebauungszusammenhang mit der nördlich der A-Strasse bzw. westlich gelegen Bebauung (A-Straße Nr. 3) teil. Dafür ist die Entfernung und damit die "Zäsur" zu weit; und zwar auch in Anbetracht der beeindruckenden, dominierenden Größe des Haubargs. Es ist nach den im Ortstermin gefertigten Bildern deutlich erkennbar, dass der hier maßgeblich zur Bestimmung des Bebauungszusammenhangs zu betrachtende Siedlungsbereich im Norden der A-Straße und westlich des Haubargs durch ausgedehnte Freiflächen seinen Abschluss findet.

39

Die nördlich des Haubargs gelegenen Garagen können keinen Bebauungszusammenhang zwischen dem Haubarg und den nächstliegenden Gebäuden, dem 60 m entfernten nördlich der A-Strasse liegenden Gebäude A-Straße 6, dem westlich 74 m entfernt liegenden Gebäude A-Straße 3 oder gar der nordwestlich 90 m entfernten Kirche vermitteln. Zur Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB gehören in der Regel nur bauliche Anlagen, die geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Dazu können auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören. Allerdings sind Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z. B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z. B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - juris; BVerwG, Beschl. vom 02.08.2011 - 4 B 26/01 -, juris; BVerwG, Urt. v. 30.06.2015 – 4 B 28.15 - juris Rn. 15; ständige Rechtsprechung des Senates, vgl. nur Urt. vom 19.04.2012 - 1 LB 14/11 -). Dass diese Baulichkeiten als bauliche Anlagen im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB zu qualifizieren sind, ändert nichts an dieser Beurteilung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2001 – 4 B 26.01 – juris Rn. 5).

40

Ausgehend von diesen Grundsätzen und der daraus resultierenden fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit der Garagen nördlich des Haubargs, kann im Hinblick auf den Haubarg und die nördlich der A-Strasse vorhandene Bebauung bzw. die im Hinblick auf die nach Westen (A-Straße 3) liegende Bebauung nicht mehr von einer tatsächlich aufeinanderfolgenden, zusammenhängenden Bebauung, die den Eindruck einer Geschlossenheit vermittelt, die Rede sein (vgl. zu den Anforderungen an einen Bebauungszusammenhang auch Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Kommentar, Loseblatt, Stand: 01.05.2016, § 34 Rn. 18 ff mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung).

41

2. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die am Mühlendeich vorhandene Bebauung einen eigenständigen Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB bildet, teilt der Senat ebenso wenig, wie die darauf fußende Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der zufolge der geplante Vorhabenstandort Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist.

42

Die am Mühlendeich vorhandene Bebauung bildet zur Überzeugung des Senats keinen „Ortsteil“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB.

43

Die Bebauung am Mühlendeich nimmt zunächst erkennbar nicht mehr – siehe oben - am Bebauungszusammenhang mit der nördlich der A-Strasse vorhandenen Bebauung bzw. mit der westlich des Haubargs (A-Straße 3) liegenden Bebauung teil. Sie kann aber auch unter Berücksichtigung der dort faktisch vorhandenen Baulichkeiten und Nutzungen nicht als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB angesehen werden. Ein Ortsteil in diesem Sinne setzt einen Bestand von Gebäuden voraus, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies können nur Anlagen sein, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2000 - 4 B 25.00 - juris Rn. 3; Urt. v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - juris Rn. 12) und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2015 - 4 C 5.14 - BauR 2015, 1948 [Rn. 11]).

44

Das ist hinsichtlich der Bebauung am Mühlendeich nicht der Fall. Gegen das für einen „Ortsteil“ erforderliche (städtebauliche) Gewicht spricht bereits die (relativ) geringe Anzahl der Gebäude der Bebauung am Mühlendeich, die überdies – dies zeigt die Anzahl der Ferienwohnungen in Relation zu den dauerhaft zu Wohnzwecken genutzten Wohnungen – in erheblichem Maße Freizeitzwecken dient. Es fehlt damit an einer hinreichenden Anzahl von Baulichkeiten, die ihrer Nutzung nach prägenden Charakter haben. Dies können nämlich nur Anlagen sein, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (dazu BVerwG, Beschl. v. 06.03.1992 - 4 B 35.92 - juris Rn. 5; Beschl. v. 02.03.2000 a.a.O.). Das muss zwar keine Wohnnutzung sein; auch eine gewerbliche Nutzung kann diese Voraussetzung erfüllen, wenn sie z.B. als Dauerarbeitsplatz dient. Indes vermögen einzelne Ferienwohnungen bereits in aller Regel schon keine organische Siedlungsstruktur zu prägen (BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – a.a.O.); dies gilt hier umso mehr angesichts der Anzahl der Ferienwohnungen am Mühlendeich in Relation zu den dauerhaft zu Wohnzwecken genutzten Wohnungen.

45

Das streitbefangene Vorhaben liegt im Ergebnis daher nicht in einem Bereich, der wegen eines Bebauungszusammenhangs oder wegen einer Belegenheit in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil eine Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB rechtfertigen könnte.

46

3. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Bauvorhabens bemisst sich dementsprechend nach § 35 BauGB. Da das geplante Vorhaben im Außenbereich liegt und nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert ist, ist es als sonstiges Vorhaben nach
§ 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Danach ist es zuzulassen, denn es beeinträchtigt keine öffentlichen Belange.

47

Das zur Genehmigung nachgesuchte Bauvorhaben beeinträchtigt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, da es die Entstehung einer Splittersiedlung nicht befürchten lässt; vielmehr handelt es sich um eine unbedenkliche Lückenfüllung.

48

Die Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB soll einer Zersiedlung des Außenbereichs entgegenwirken. Die Entstehung oder Erweiterung einer Splittersiedlung ist im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senats nicht zu befürchten, denn das Vorhaben liegt inmitten einer seit langem vorhandenen Splittersiedlung. Auch die Verfestigung einer Splittersiedlung ist nicht zu befürchten, denn in der Ausführung des beantragten Vorhabens kann ein weiterer Vorgang der Zersiedlung nicht gesehen werden (vgl. zu diesem Kriterium BVerwG, Urt. v. 18.05.2001 - 4 C 13.00 – juris Rn 13). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. vom 10.11.2010 – 4 B 45/10 – juris Rn. 4) ist die Verfestigung einer Splittersiedlung nicht im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu befürchten, wenn eine zwar unerwünschte, aber bereits verfestigte Splittersiedlung vorhanden ist und das Hinzutreten einer weiteren baulichen Anlage zu einer weiteren Verfestigung nichts mehr "beitragen" kann. Davon ist hier auszugehen. Das Vorhaben ordnet sich nämlich der vorhandenen Bebauung der Splittersiedlung unter und führt auch nicht zu einer weitreichenden oder nicht genau übersehbaren Vorbildwirkung im Sinne der o.a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Befürchtung der Zersiedelung aufgrund einer Vorbildwirkung besteht nicht. Dem Vorhaben kann keine negative Vorbildwirkung beigemessen werden. Die vorhandene Bebauung am … lässt nach Maßgabe des vorliegenden Kartenmaterials und der im Ortstermin gefertigten Bilder keine weiteren Freiflächen erkennen, die eine erhebliche weitere Bebauung aufnehmen könnten. Die vorhandenen Wohnhäuser befinden sich jeweils auf eigenen, relativ großzügig geschnittenen Grundstücken. Freie Baugrundstücke, die dieser Siedlungsstruktur entsprechen, sind in der Splittersiedlung nicht vorhanden. Wenn überhaupt, könnte aufgrund des Karten- und Bildmaterials eine Bebauung östlich des … zwischen den Häusern Nr. 15 und 17 in Betracht gezogen werden. Dort befindet aber - wie der Ortstermin ergeben hat - ein den Häusern auf der östlichen Seite des … zur Abwasserentsorgung dienender Klärteich, der einer Bebauung auf diesen Flächen entgegensteht. Die Flächen um den … herum dürften ebenfalls nicht für eine Bebauung zur Verfügung stehen. Der … ist seit Inkrafttreten des neuen Denkmalschutzgesetzes i.d.F. vom 30.12.2014 am 30.01.2015 ein geschütztes unbewegliches Kulturdenkmal i.S.d § 8 Abs. 1 DSchG SH 2015, so dass die geschützten Sichtachsen einer Bebauung entgegenstehen.

49

Dem Vorhaben des Klägers steht schließlich auch nicht die Darstellung im Flächennutzungsplan der Gemeinde V... vom 29.05.1972 entgegen (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB), der für diesen Bereich eine „Fläche für die Landwirtschaft“ (§ 5 Abs. 2 Nr. 9 a BauGB) darstellt. Der Darstellung in einem Flächennutzungsplan "Fläche für die Landwirtschaft" kommt regelmäßig nicht ohne weiteres eine Bedeutung für die Beurteilung von sonstigen Vorhaben zu. Dies beruht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf der Erkenntnis, dass ein Flächennutzungsplan zwangsläufig ein grobes Raster enthält (BVerwG, Urt. vom 18.02.1983 - 4 C 19/81 – juris Rn 27). Die Darstellung "Fläche für die Landwirtschaft" muss daher, um im Rahmen des § 35 Abs.3 S.1 Nr.1 BauGB Relevanz zu erlangen, mehr zum Ausdruck bringen als die (allgemeine) Aussage, dass die Gemeinde „insoweit eine bauliche oder sonstige städtebauliche Entwicklung nicht beabsichtigt“. Dies ist auch aus dem Grunde erforderlich, da Darstellungen mit einer Auffangfunktion, wie z.B. die Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“, regelmäßig nicht auf unmittelbare oder in absehbarer Zeit zu erfolgende Verwirklichung angelegt sind (dazu bereits OVG Schleswig, Urt. vom 19.02.2015 - 1 LB 8/13 - m.w.N). Je weniger daher eine im Außenbereich beabsichtigte Anlage die landwirtschaftliche Nutzung einschränkt, umso höhere Anforderungen sind dementsprechend an die Wertung zu stellen, die Anlage widerspreche der Darstellung "Fläche für die Landwirtschaft" (BVerwG, Urt. vom 18.02.1983, a.a.O.).

50

Auch wenn daher nach den oben genannten Grundsätzen im vorliegenden Fall die Darstellungen des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen grundsätzlich ohne Einschränkung zu berücksichtigen sind, kann sich eine dem Vorhaben des Klägers entgegenstehende Wirkung dieser Darstellung nur dann entfalten, wenn mit der erforderlichen Deutlichkeit ein Planungswille der Beigeladenen erkennbar ist, dass mit der Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ positiv eine mit dem konkreten Vorhaben des Klägers nicht im Einklang stehende Nutzungsbestimmung getroffen werden sollte. Dass dies mit der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen gewählten Darstellung beabsichtigt war, ist weder substantiiert vorgetragen worden, noch bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung der Bebauung am Mühlendeich hier erkennbar; das geplante Vorhaben schränkt eine landwirtschaftliche Nutzung nicht ein und widerspricht daher nicht der Darstellung "Fläche für die Landwirtschaft".

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie keinen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

52

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

53

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Juli 2012 - 4 K 276/12 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids.
Die Ehefrau des Klägers ist Eigentümerin der südlich der ... und östlich der Straße „...“ gelegenen Grundstücke Flst.Nr. ..., ... und ... der Gemarkung Hauingen. Das Grundstück Flst.Nr. ... ist mit einem von dem Kläger und seiner Ehefrau bewohnten Wohnhaus (...-...) bebaut. Die nach Westen an das Grundstück grenzenden Grundstücke Flst.Nr. ... und ... sowie das nach Süden grenzende, dem Kläger gehörende Grundstück Flst.Nr. ... sind mit Gewächshäusern und einem Schuppen bebaut, die zu der von dem Kläger und seiner Ehefrau betriebenen Gärtnerei gehören. Die Grundstücke liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der Flächennutzungsplan der Beklagten stellt sie als Fläche für die Landwirtschaft dar.
Der Kläger und seine Ehefrau beabsichtigen, die auf den Grundstücken Flst.Nr. ... und ... befindlichen Gewächshäuser sowie den Schuppen zu beseitigen und auf den Grundstücken stattdessen je zwei Wohnhäuser zu errichten. Für das Vorhaben beantragten sie am 19.9.2011 die Erteilung eines Bauvorbescheids. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8.3.2012 ab und führte zur Begründung aus, das Baugrundstück sei nicht Bestandteil eines vorhandenen Bebauungszusammenhangs und liege somit im Außenbereich. Das Vorhaben sei daher bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Eine Zulassung des Vorhabens nach dieser Vorschrift komme nicht in Betracht, da es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche und deshalb öffentliche Belange beeinträchtige. Das Vorhaben wäre zudem schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Das Vorhaben wäre auch dann unzulässig, wenn man das Baugrundstück als Baulücke betrachte und das Vorhaben an § 34 BauGB messe, da durch die an den bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb heranrückende Wohnbebauung bodenrechtlich beachtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zu der bisher dominierenden landwirtschaftlichen Nutzung begründet würden.
Die Kläger und seine Ehefrau legten gegen die Versagung des Bauvorbescheids am 16.3.2012 Widerspruch ein, über den bisher nicht entschieden wurde.
In seiner Sitzung vom 27.6.2012 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, für den die Grundstücke des Klägers und seiner Ehefrau einschließenden Bereich westlich der Straße „...“ und südlich der ... einen Bebauungsplan („Am Steinenbach“) aufzustellen. Er beschloss ferner in der gleichen Sitzung den Erlass einer für zwei Jahre gültigen Veränderungssperre für das Gebiet des künftigen Bebauungsplans. Als Zielvorstellungen des Bebauungsplans wurden in der Sitzungsvorlage „Keine Zersiedelung des Ortsbildes, Sicherung des Gartenbaubetriebes als privilegiertes Vorhaben, Sicherung der Erschließung der Gärtnerei, Berücksichtigung des Hochwasserschutzes“ genannt. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden am 6.7.2012 öffentlich bekannt gemacht.
Der Kläger und seine Ehefrau haben bereits zuvor, nämlich am 14.2.2012, beim Verwaltungsgericht Freiburg (Untätigkeits-)Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihnen den am 19.9.2011 beantragten Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von zwei Wohnhäusern nach der Art der baulichen Nutzung auf dem Grundstück Flst.Nr. ... zu erteilen, und den Bescheid der Beklagten vom 8.3.2012 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht, hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre einen Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids hatten. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, das Baugrundstück nehme an dem bestehenden Bebauungszusammenhang teil und liege daher nicht im Außenbereich. Auf der Grundlage des § 34 BauGB sei eine Wohnbebauung auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig. Die maßgebliche Umgebungsbebauung sei vornehmlich durch Wohnbebauung geprägt. Selbst wenn man dem bestehenden Gartenbaubetrieb eine starke maßstabsbildende Kraft beimessen wollte, sei dieser mit Wohnnutzung vereinbar, was sich nicht zuletzt aus § 6 Abs. 2 BauNVO ergebe. Bodenrechtliche Spannungen seien ebenso wenig zu besorgen, wie eine Beeinträchtigung des Ortsbilds. Die Veränderungssperre der Beklagten sei unwirksam und stehe deshalb ihrem Begehren nicht entgegen, da der Gemeinderat der Beklagten über die Aufstellung des Bebauungsplans und die Veränderungssperre einen einheitlichen Beschluss gefasst habe. Im Übrigen verstoße die Veränderungssperre auch materiell-rechtlich gegen § 14 Abs. 1 BauGB, da die mit ihr gesicherte Planung nicht hinreichend konkretisiert sei.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Klägers und seiner Ehefrau richte sich nach § 35 BauGB, da das Baugrundstück im Außenbereich liege. Gewächshäuser seien keine Gebäude, die dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen dienten und könnten deshalb keinen Bebauungszusammenhang vermitteln. Sowohl die ... als auch die Straße „...“ begrenzten den Bebauungszusammenhang nach Norden und Westen hin. Unterstützt werde dieser Eindruck durch den Geländeverlauf, da die Gewächshäuser tiefer als die Wohnhäuser an der ... lägen. Das Gelände des Gartenbaubetriebs der Kläger einschließlich des an seinem östlichen Ende genehmigten Wohnhauses werde so als eigenständiges Element außerhalb des Ortsteils wahrgenommen. Das Vorhaben sei auch dann unzulässig, wenn man das Baugrundstück dem Innenbereich zurechne, da es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Auch müsse davon ausgegangen werden, dass wegen des An- und Abfahrtsverkehrs des Gärtnereibetriebs die gesunden Wohnverhältnisse der Bewohner der geplanten Häuser gestört würden. Zudem würde durch die unzusammenhängende Wohnbebauung in diesem Gebiet das Ortsbild gestört.
Das Verwaltungsgericht hat nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 11.7.2012 die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, dem Kläger und seiner Ehefrau den am 19.9.2011 beantragten Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von zwei Wohnhäusern nach der Art der baulichen Nutzung auf dem Grundstück Flst.Nr. ... zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die vom Gemeinderat der Beklagten am 27.6.2012 beschlossene Veränderungssperre sei unwirksam. Indem § 14 Abs. 1 BauGB die Zeitform des Perfekts verwende, statuiere er eine zeitliche Abfolge dergestalt, dass über die Aufstellung des Bebauungsplans bereits beschlossen sein müsse, wenn der Beschluss über die Veränderungssperre gefasst werde. Die von der Beklagten praktizierte Verfahrensweise der gemeinsamen Abstimmung gerate mit dieser vom Gesetzgeber normierten zeitlichen Abfolge in Konflikt. Für das vom Gesetzgeber angeordnete Nacheinander der Beschlüsse sprächen auch sachliche Gesichtspunkte. Ob die Veränderungssperre auch wegen eines Ausfertigungs- oder Bekanntmachungsmangels unwirksam sei, könne somit ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan einem hinreichenden konkretisierten planerischen Konzept folge. Das Baugrundstück liege innerhalb eines bereits bestehenden Bebauungszusammenhangs zwischen dem Wohnhaus der Kläger und den westlich der Straße „...“ und nördlich der ... vorhandenen Wohngebäuden. Das Wohnhaus der Kläger könne nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil es als Außenbereichsvorhaben genehmigt worden sei. Ob ein Bebauungszusammenhang vorliege, sei ausschließlich anhand der äußerlich wahrnehmbaren Verhältnisse zu bestimmen. Es mache deshalb keinen Unterschied, ob und auf welcher normativen Grundlage die Bebauung genehmigt worden sei. „Bebauung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB sei jedoch nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es müsse sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar seien und ein gewisses Gewicht hätten, sodass sie geeignet seien, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend seien insoweit grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Jedoch könnten nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen seien. Zu berücksichtigen seien danach das Wohnhaus der Kläger, die Verkaufsflächen auf dem Betriebsgrundstück, namentlich die optisch als Gewächshäuser in Erscheinung tretenden Verkaufsräume auf dem Grundstück Flst.Nr. ... sowie die in dem von der Beklagten vorgelegten Bestandsplan als „Vermarktung Gärtnereiprodukte“ dargestellten Räumlichkeiten, die dem ständigen Aufenthalt des Verkaufspersonal und der Kunden dienten. Hingegen blieben die Gebäude im südöstlichen Teil des Betriebsgeländes ebenso wie der der Lagerhaltung dienende Schuppen auf dem Grundstück FIst.Nr. ... insoweit außer Betracht, da nach der bestimmungsgemäßen Nutzung der Gebäude nicht mit dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu rechnen sei. Das Baugrundstück liege innerhalb des bereits bestehenden Bebauungszusammenhangs zwischen dem Wohngebäude der Kläger und dem Gebäude ..., an das sich westlich eine nahezu geschlossene Bebauung anschließe. Die Entfernung zwischen dem westlichen Ende des Wohnhauses der Kläger und der östlichen Wand des Wohnhauses ... betrage etwa 100 m und damit nicht mehr als die als Faustregel für das Vorliegen einer Baulücke heranzuziehenden drei bis vier Baugrundstücke. Diese Faustregel finde ihre Entsprechung in einem vor Ort sichtbar werdenden Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Das Baugrundstück liege aber auch unabhängig davon innerhalb eines Bebauungszusammenhangs in Süd-Nord-Richtung. Die Entfernung von dem Wohnhaus ... bis zur nördlichen Außenwand des mittleren der drei Gewächshäuser auf dem Baugrundstück und Grundstück Flst.Nr. ... betrage weniger als 40 m. Weder die sanfte Böschung auf dem Baugrundstück noch die ... selbst entfalteten eine trennende Wirkung. Die ... sei eine schmale, nicht endgültig hergestellte Straße ohne Gehwege. Die Böschung auf dem Baugrundstück sei mit etwa 2 m Höhe zwar augenfällig, wirke aber wegen des relativ sanften Abfalls nach Süden hin ebenfalls nicht trennend. Die Errichtung zweier Wohngebäude auf dem Baugrundstück füge sich - bezogen auf die hier allein in Rede stehende Art der baulichen Nutzung - in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da die maßgebliche Umgebungsbebauung auch unter Außerachtlassung des Wohnhauses der Kläger von Wohnnutzung geprägt sei. Der Einwand der Beklagten, dass bei einem Nebeneinander von Wohnnutzung und Gartencenter die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht gewahrt wären, verfange nicht. Wie § 5 Abs. 2 Nr. 8 und § 6 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO zeigten, seien die Nutzungsarten Wohnen und Gartenbaubetrieb in bestimmten Gebieten regelhaft miteinander vereinbar. Auch eine Ortsbildbeeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz BauGB als Folge der Errichtung zweier Wohnhäuser lasse sich nicht feststellen.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte am 8.8.2012 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens wurde über das Vermögen der Ehefrau des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Senat hat daraufhin das - von dem Insolvenzverwalter aufgenommene - Verfahren der Ehefrau des Klägers mit Beschluss vom 29.7.2014 abgetrennt.
10 
Die Beklagte macht geltend, die Klage sei bereits unzulässig. Über die Bauvoranfrage des Klägers und seiner Ehefrau sei nur deshalb nicht entschieden worden, weil diese ausdrücklich einen rechtsmittelfähigen Bescheid hätten vermeiden wollen und gemeinsam eine Lösung gefunden werden sollte. Am 14.2.2012 habe deshalb ein Gespräch mit dem Prozessbevollmächtigten der Kläger stattgefunden. Dabei sei man so verblieben, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Inhalt des Gesprächs mit seinen Mandanten erörtern und sich zum weiteren Vorgehen erneut melden werde. Die Meldung sei dann in Form der noch am selben Tag eingereichten Untätigkeitsklage erfolgt. Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet. Die Veränderungssperre sei wirksam. Das Verwaltungsgericht gehe zwar zu Recht davon aus, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 BauGB zunächst der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans gefasst sein müsse, bevor die Gemeinde über eine Veränderungssperre beschließen könne. Dies sei hier jedoch geschehen, da die Beschlussfassung über die Veränderungssperre erst als zweiter Schritt erfolgt sei, auch wenn über die Beschlussvorlage einheitlich abgestimmt worden sei. Denn auch in einem solchen Fall werde zunächst erstens der Beschluss gefasst, dass ein Bebauungsplan aufgestellt werde und - anschließend, eine logische Sekunde später - beschlossen, dass zur Sicherung der (gerade beschlossenen) Bauleitplanung eine Veränderungssperre erlassen werde. Der Gemeinderat habe im Übrigen in seiner Sitzung am 20.12.2012 die Veränderungssperre vorsorglich erneut beschlossen. Die Bekanntmachung sei am 11.1.2013 erfolgt. Das Baugrundstück liege entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im Außenbereich, weshalb seine Bebaubarkeit nach § 35 BauGB zu beurteilen sei. Das Verwaltungsgericht habe ausdrücklich nicht berücksichtigt, auf welcher Rechtsgrundlage die tatsächlich vorhandenen Gebäude genehmigt worden seien. Das widerspreche dem Konzept des § 35 BauGB. Lasse man bei der Frage, ob ein Bebauungszusammenhang besteht, die Rechtsgrundlage, auf Grund derer die tatsächlich vorhandene Bebauung entstanden sei, außer Acht, könne dies dazu führen, dass zuvor eindeutig im Außenbereich liegende Flächen, die nur ausnahmsweise und auf Grund besonderer Nutzung hätten bebaut werden dürfen, zum Innenbereich würden, ohne dass die Gemeinde mit Hilfe des Baurechts einwirken könne. Berücksichtige man, dass sowohl das Wohnhaus der Kläger auf dem Grundstück Flst.Nr. ... als auch sämtliche Gewächshäuser auf den übrigen Grundstücken nur als privilegierte Vorhaben im Außenbereich zugelassen worden seien, ende der organisch gewachsene Ortsteil an den Grenzen der Gebäude auf den Grundstücken Flst.Nr. ..., ... und ... nördlich der ... bzw. westlich der Straße „...“. Dies entspreche den Festsetzungen im Flächennutzungsplan. Als sonstige Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB könnten die geplanten Wohnhäuser nicht zugelassen werden, weil ihre Ausführung öffentliche Belange beeinträchtigen würde. Sie widersprächen den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für das betroffene Gebiet eine landwirtschaftliche Nutzung vorsehe. Darüber hinaus würde das Vorhaben die Entstehung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Bereits das bestehende Wohnhaus des Klägers stelle ein von der geschlossenen Bebauung abgehobenes Wohngebäude im Außenbereich dar. Durch die Errichtung weiterer Wohngebäude in der unmittelbaren Nachbarschaft würde die Zersiedlung weiter voranschreiten. Für den Fall, dass auch das Berufungsgericht der Auffassung sei, dass das Grundstück dem Innenbereich zuzuordnen sei, werde darauf hingewiesen, dass das Bauvorhaben der Kläger auch gemäß § 34 BauGB nicht zulässig sei, weil es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Juli 2012 - 4 K 276/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und seine Umgebung im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift hierüber wird verwiesen.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Hauptantrag des Klägers zu Unrecht entsprochen. Die Klage ist zwar gemäß § 75 VwGO trotz der fehlenden Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Der Kläger hat jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch auf die Erteilung des von ihm begehrten Bauvorbescheids. Ein solcher Anspruch war auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre nicht gegeben, so dass die Klage auch mit dem gestellten Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.
I.
19 
Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage gemäß § 75 Satz 1 VwGO abweichend von § 68 VwGO zulässig. Die Klage kann nach § 75 Satz 2 VwGO nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt hat, war der Kläger danach zur Erhebung seiner Klage ohne die vorherige Durchführung eines Widerspruchsverfahrens berechtigt, da die Beklagte über die Bauvoranfrage ohne zureichenden Grund innerhalb der in § 75 Satz 2 VwGO genannten Frist von drei Monaten nicht entschieden hat. Das gilt entgegen der Ansicht der Beklagten auch in Anbetracht des Umstands, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte vor Klageerhebung mit Schreiben vom 23.12.2011 um ein gemeinsames Gespräch ersucht hat, nachdem diese mit Schreiben vom 22.11.2011 darauf hingewiesen hatte, dass sie das Vorhaben für nicht genehmigungsfähig halte. Der Antrag des Klägers auf Erteilung des Bauvorbescheids ist bereits am 19.9.2011 bei der Beklagten eingegangen. Im Zeitpunkt, in dem die Beklagte das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers erhalten hat, war somit die Frist von drei Monaten bereits abgelaufen. An der Erhebung seiner Klage war der Kläger deshalb durch die erst danach geäußerte Bitte um ein Gespräch nicht gehindert.
II.
20 
Die Klage ist jedoch mit ihrem Haupt- und ihrem Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung des von ihm begehrten Bauvorbescheids, da sein Vorhaben planungsrechtlichen Vorschriften widerspricht. Ein solcher Anspruch war auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre nicht gegeben.
21 
1. Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 LBO kann vor Einreichen des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden. § 58 Abs. 1 LBO gilt gemäß § 57 Abs. 2 LBO entsprechend. Ob der Bauherr Anspruch auf einen von ihm beantragten Bauvorbescheid hat, hängt demzufolge davon ab, ob seinem Vorhaben im Rahmen der Fragestellung öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Wie der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren klargestellt hat, soll mit dem von ihm beantragten Bauvorbescheid die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Errichtung von zwei Wohnhäusern auf dem Grundstück Flst.Nr. ... geklärt werden. Die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids kann danach von dem Kläger unabhängig von der Wirksamkeit der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre nicht beansprucht werden, da das zur Bebauung vorgesehene Grundstück im Außenbereich liegt und dem nicht gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen.
22 
a) Der Senat lässt dahin gestellt, ob die von der Beklagten beschlossene Veränderungssperre für das - das Baugrundstück einschließende - Gebiet des künftigen Bebauungsplans „Am Steinenbach“ wirksam ist. Zwar ist davon auszugehen, dass der vom Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 27.6.2012 gefasste und am 6.7.2012 bekannt gemachte Beschluss über den Erlass der Veränderungssperre unwirksam ist. Ob das Gleiche auch für den am 20.12.2012 vorsorglich gefassten zweiten Satzungsbeschluss gilt, ist jedoch fraglich.
23 
aa) Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist der in der Sitzung vom 27.6.2012 gefasste Beschluss über den Erlass der Veränderungssperre unwirksam, da der Beschluss und der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans in einem Akt gefasst worden seien. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass nach § 14 Abs. 1 BauGB eine Veränderungssperre nur beschlossen werden darf, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst worden ist. Dem Verwaltungsgericht ist weiter insoweit zuzustimmen, als es aus dieser Formulierung schließt, dass die gesetzliche Regelung eine zeitliche Abfolge dergestalt vorgibt, dass über die Aufstellung des Bebauungsplans bereits beschlossen sein muss, bevor der Beschluss über die Veränderungssperre gefasst wird.
24 
Das vom Gemeinderat der Beklagten in der Sitzung vom 27.6.2012 praktizierte Verfahren ist jedoch im Hinblick darauf nicht zu beanstanden. Klarzustellen ist zunächst, dass der Gemeinderat in der Sitzung vom 27.6.2012 nicht - wie es im Urteil des Verwaltungsgerichts heißt - einen „einheitlichen Beschluss“ gefasst hat, sondern zwei Beschlüsse, nämlich zum einen den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans und zum anderen den Beschluss über den Erlass einer Veränderungssperre. Das geht bereits aus der Vorlage zu der Sitzung hervor, die den Beschlussvorschlag enthält, - 1.- für den in der Anlage dargestellten Geltungsbereich den Bebauungsplan „Steinenbach“ aufzustellen und - 2.- zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen. Auch in der Sitzungsniederschrift wird zwischen beiden Beschlüssen klar unterschieden. Über die beiden Beschlussvorschläge wurde allerdings nicht getrennt, sondern „in einem Akt“ abgestimmt. Das ist jedoch unschädlich. Denn auch bei dieser Form der Abstimmung wird zunächst der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans gefasst und anschließend, d.h. eine logische Sekunde später, beschlossen, dass zur Sicherung der (mit dem gerade gefassten Beschluss eingeleiteten) Bauleitplanung eine Veränderungssperre erlassen wird.
25 
Die in der Sitzung vom 27.6.2012 beschlossene Veränderungssperre ist jedoch deshalb als unwirksam anzusehen, weil eine Veränderungssperre nicht zur Sicherung einer Planung erlassen werden darf, deren Inhalt sich noch in keiner Weise absehen lässt. Der Erlass einer Veränderungssperre setzt vielmehr nach allgemeiner Meinung voraus, dass die zu sichernde Planung bereits einen Stand erreicht hat, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 - BauR 2011, 481; Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - NVwZ 2004, 858; Urt. v. 20.10.1978 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121). Nach der Vorlage zu der Sitzung vom 27.6.2012 war diese Voraussetzung im Zeitpunkt der ersten Beschlussfassung über die Veränderungssperre nicht erfüllt. In der Vorlage zu der Sitzung werden zwar die Gründe geschildert, aus denen die Aufstellung eines Bebauungsplans für erforderlich gehalten wird. Daran anschließend werden ferner bestimmte Zielvorstellungen der Planung genannt, nämlich eine „Zersiedelung des Ortsbildes“ zu vermeiden, den vorhandenen Gartenbaubetrieb des Klägers und seiner Ehefrau als privilegiertes Vorhaben zu sichern, die Erschließung der Gärtnerei zu sichern und den Hochwasserschutz zu berücksichtigen. Diese Ziele seien mit den Trägern öffentlicher Belange im Bebauungsplanverfahren zu diskutieren. Geeignete Festsetzungen seien im Laufe des weiteren Verfahrens zu klären. Über den konkreten Inhalt des beabsichtigten Bebauungsplans lässt sich diesen Ausführungen jedoch nichts entnehmen. An einer hinreichend konkretisierten Planung fehlte es somit im Zeitpunkt des ersten Satzungsbeschlusses.
26 
bb) Der Gemeinderat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 20.12.2012 den Erlass einer Veränderungssperre vorsorglich erneut beschlossen. In Betracht zu ziehen ist daher, dass die Planung der Beklagten bezogen auf diesen Zeitpunkt die erforderliche Konkretisierung erfahren hat. In der Sitzungsvorlage werden zwar zunächst wiederum nur allgemein gehaltene Angaben über die mit dem beabsichtigten Bebauungsplan verfolgten Ziele gemacht. Daran anschließend heißt es aber, es sei derzeit „angedacht“, für den Gartenbaubetrieb ein Sondergebiet festzusetzen, um die privilegierte Nutzung als Gartenbaubetrieb zu sichern und eine allgemeine Wohnnutzung auszuschließen. Die Abgrenzung des Sondergebietes zum Außenbereich sei Thema des Verfahrens. Die mit der Planung der Beklagten verfolgten Ziele sind damit immerhin deutlicher geworden. Ob diese Verdeutlichung als ausreichend anzusehen ist, um von einer hinreichend konkretisierten Planung zu sprechen, ist gleichwohl fraglich.
27 
b) Der Senat sieht jedoch davon ab, dieser Frage weiter nachzugehen, da das Vorhaben des Klägers auch im Falle der Unwirksamkeit der Veränderungssperre planungsrechtlich unzulässig ist.
28 
aa) Das für eine Bebauung vorgesehene Grundstück der Ehefrau des Klägers liegt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, sondern im Außenbereich. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich daher nach § 35 BauGB.
29 
Die auf den Grundstücken westlich der Straße „...“ und nördlich der ...-... vorhandene Bebauung stellt unstreitig einen Bebauungszusammenhang dar. Dieser Bebauungszusammenhang erstreckt sich jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht über die genannten Straßen hinaus bis zu dem Wohnhaus ... (im Osten) und einem Teil der Gewächshäuser im Süden und erfasst deshalb auch nicht das Baugrundstück.
30 
Das folgt allerdings entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon daraus, dass das Gebäude ... als gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Außenbereichsvorhaben genehmigt worden ist. Das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs ist nach ständiger Rechtsprechung nur nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Abzustellen ist somit auf das, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich an Bebauung vorhanden ist. Auf die Entstehungsgeschichte und die Gründe für das Vorhandensein der Bebauung kommt es dementsprechend nicht an. Auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, können deshalb zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - NVwZ-RR 2011, 393).
31 
Daran ist trotz der Einwendungen der Beklagten festzuhalten. Die Beklagte weist zwar zu Recht daraufhin, dass in Folge dieser Betrachtungsweise die Errichtung eines privilegierten Vorhabens im Außenbereich dazu führen kann, dass zuvor im Außenbereich liegende Flächen zum Innenbereich werden. Die Gemeinde ist einer solchen Entwicklung jedoch keineswegs hilflos ausgeliefert, da sie, wenn sie eine weitere Bebauung des betreffenden Bereichs verhindern will, jederzeit einen Bebauungsplan aufstellen kann, wozu sich auch die Beklagte im vorliegenden Fall entschlossen hat.
32 
Das Gebäude ... ist jedoch aufgrund seiner Lage kein Bestandteil des westlich der Straße „...“ und nördlich der ... vorhandenen Bebauungszusammenhangs.
33 
Denkt man sich die zu dem Gartenbaubetrieb des Klägers und seiner Ehefrau gehörenden Gewächshäuser hinweg, steht außer Frage, dass sich der genannte Bebauungszusammenhang nicht über diese Straßen hinaus in der vom Verwaltungsgericht angenommenen Weise bis zu dem Gebäude ...-... erstreckt und damit auch nicht das Baugrundstück erfasst. Der Abstand zwischen diesem Gebäude und dem auf der westlichen Seite der Straße „...“ gelegenen Wohnhaus ... beträgt zwar nur etwa 100 m. Eine Faustregel, nach der bei einer solchen, drei bis vier Bauplätzen entsprechenden Entfernung noch von einer - den Bebauungszusammenhang wahrenden - Baulücke gesprochen werden kann, gibt es jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht. Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, lässt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u. a. Urt. v. 19.4.2012 - 4 C 10.11 - NVwZ 2012, 1631; Urt. v. 14.11.1991 - 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227) nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern ist aufgrund einer „echten Wertung und Bewertung“ der gesamten örtlichen Gegebenheiten zu beurteilen. Insoweit ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass das Gebäude ..., denkt man sich die es nach Süden und Westen umgebenden Gewächshäuser weg, im Verhältnis zu der westlich - und nördlich - vorhandenen Bebauung isoliert ist, von dieser Bebauung durch die Straße „...“ einerseits und die ... andererseits getrennt wird und beide Straße aufgrund ihrer Breite und ihres Ausbauzustands eine deutliche Zäsur bilden.
34 
Ein über die Straße „...“ und die ... hinausreichender Bebauungszusammenhang ließe sich danach nur dann bejahen, wenn die zu dem Gartenbaubetrieb des Klägers und seiner Ehefrau gehörenden Gewächshäuser in der Lage wären, einen solchen Bebauungszusammenhang herzustellen. Das ist jedoch nicht der Fall.
35 
Unter den Begriff der Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB fällt nach ständiger Rechtsprechung nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr nur Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310). Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 10.7.2000 - 4 B 39.00 - NVwZ 2001, 70; Beschl. v. 2.3.2000, a.a.O.; Urt. v. 17.2.1984 - 4 C 55.81 - NJW 1984, 1576; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BRS 76 Nr. 88). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Frei-zeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen. Dies steht allerdings der Annahme, dass auch solche Bauten gegebenenfalls am Bebauungszusammenhang teilnehmen können, nicht von vornherein entgegen. Denn selbst unbebaute Flächen können einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein. Maßgeblich ist, wieweit eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandenen Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2000, a.a.O.).
36 
Bei den zu der Gärtnerei des Klägers und seiner Ehefrau gehörenden Gewächshäusern handelt es sich ausnahmslos um einfach gestaltete Gebäude niedriger Höhe, deren Dächer und Außenwände größtenteils nur aus Glasflächen bestehen. Die Bauwerke sind daher nach Art und Gewicht nicht geeignet, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Das gilt unabhängig davon, ob die Gewächshäuser nur zur Aufzucht oder Lagerung von Pflanzen oder gleichzeitig auch als Verkaufsflächen dienen, da diese unterschiedliche Zweckbestimmung nach außen nicht ablesbar ist. Wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend bemerkt, treten vielmehr auch die Gebäude, die in dem von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bestandsplan mit dem Zusatz „Vermarktung Gärtnereiprodukte“ gezeichnet sind, optisch als Gewächshäuser in Erscheinung. Der Eindruck einer geschlossenen und zusammen gehörenden Bebauung wird deshalb von den genannten Baulichkeiten nicht vermittelt.
37 
bb) Das Bauvorhaben des Klägers ist folglich nicht nach § 34 BauGB, sondern nach § 35 BauGB zu beurteilen. Es ist danach planungsrechtlich unzulässig.
38 
Das Vorhaben dient unstreitig nicht dem Gärtnereibetrieb des Klägers und seiner Ehefrau und fällt jedenfalls deshalb nicht unter § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Ob es sich bei dem Betrieb in seiner derzeitigen Form überhaupt noch um einen nach dieser Vorschrift privilegierten „Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung“ handelt, kann daher dahinstehen.
39 
Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB wäre das Vorhaben nur zulässig, wenn es öffentliche Belange nicht beeinträchtigte. An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch. In dem am 25.11.2011 in Kraft getretenen Flächennutzungsplan der Beklagten ist der Bereich östlich der Straße „...“ und südlich der ... als „landwirtschaftliche Fläche/Gärtnerei“ dargestellt. Die Erstellung von Wohnhäusern in diesem Bereich widerspricht daher den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Öffentliche Belange werden durch das Vorhaben auch insoweit beeinträchtigt, als das Vorhaben die Entstehung unorganischer Siedlungsstrukturen befürchten lässt. Zwar kann ein Vorhaben, das im Anschluss an eine vorhandene Bebauung errichtet werden soll, im Einzelfall in eine organische Beziehung zu der vorhandenen Bebauung treten. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu befürchten, dass die Genehmigung des hier zu beurteilenden Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben nach sich zöge und damit eine unkontrollierte Ausdehnung der Bebauung über die ... und die Straße „...“ in den Außenbereich hinaus einleitete.
40 
2. Die Klage kann auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg haben. Da das Vorhaben § 35 BauGB widerspricht, stand dem Kläger auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre kein Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids zu. Die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung kann daher nicht getroffen werden.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 133.750,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Hauptantrag des Klägers zu Unrecht entsprochen. Die Klage ist zwar gemäß § 75 VwGO trotz der fehlenden Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Der Kläger hat jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch auf die Erteilung des von ihm begehrten Bauvorbescheids. Ein solcher Anspruch war auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre nicht gegeben, so dass die Klage auch mit dem gestellten Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.
I.
19 
Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage gemäß § 75 Satz 1 VwGO abweichend von § 68 VwGO zulässig. Die Klage kann nach § 75 Satz 2 VwGO nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt hat, war der Kläger danach zur Erhebung seiner Klage ohne die vorherige Durchführung eines Widerspruchsverfahrens berechtigt, da die Beklagte über die Bauvoranfrage ohne zureichenden Grund innerhalb der in § 75 Satz 2 VwGO genannten Frist von drei Monaten nicht entschieden hat. Das gilt entgegen der Ansicht der Beklagten auch in Anbetracht des Umstands, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte vor Klageerhebung mit Schreiben vom 23.12.2011 um ein gemeinsames Gespräch ersucht hat, nachdem diese mit Schreiben vom 22.11.2011 darauf hingewiesen hatte, dass sie das Vorhaben für nicht genehmigungsfähig halte. Der Antrag des Klägers auf Erteilung des Bauvorbescheids ist bereits am 19.9.2011 bei der Beklagten eingegangen. Im Zeitpunkt, in dem die Beklagte das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers erhalten hat, war somit die Frist von drei Monaten bereits abgelaufen. An der Erhebung seiner Klage war der Kläger deshalb durch die erst danach geäußerte Bitte um ein Gespräch nicht gehindert.
II.
20 
Die Klage ist jedoch mit ihrem Haupt- und ihrem Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung des von ihm begehrten Bauvorbescheids, da sein Vorhaben planungsrechtlichen Vorschriften widerspricht. Ein solcher Anspruch war auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre nicht gegeben.
21 
1. Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 LBO kann vor Einreichen des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden. § 58 Abs. 1 LBO gilt gemäß § 57 Abs. 2 LBO entsprechend. Ob der Bauherr Anspruch auf einen von ihm beantragten Bauvorbescheid hat, hängt demzufolge davon ab, ob seinem Vorhaben im Rahmen der Fragestellung öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Wie der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren klargestellt hat, soll mit dem von ihm beantragten Bauvorbescheid die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Errichtung von zwei Wohnhäusern auf dem Grundstück Flst.Nr. ... geklärt werden. Die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids kann danach von dem Kläger unabhängig von der Wirksamkeit der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre nicht beansprucht werden, da das zur Bebauung vorgesehene Grundstück im Außenbereich liegt und dem nicht gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen.
22 
a) Der Senat lässt dahin gestellt, ob die von der Beklagten beschlossene Veränderungssperre für das - das Baugrundstück einschließende - Gebiet des künftigen Bebauungsplans „Am Steinenbach“ wirksam ist. Zwar ist davon auszugehen, dass der vom Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 27.6.2012 gefasste und am 6.7.2012 bekannt gemachte Beschluss über den Erlass der Veränderungssperre unwirksam ist. Ob das Gleiche auch für den am 20.12.2012 vorsorglich gefassten zweiten Satzungsbeschluss gilt, ist jedoch fraglich.
23 
aa) Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist der in der Sitzung vom 27.6.2012 gefasste Beschluss über den Erlass der Veränderungssperre unwirksam, da der Beschluss und der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans in einem Akt gefasst worden seien. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass nach § 14 Abs. 1 BauGB eine Veränderungssperre nur beschlossen werden darf, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst worden ist. Dem Verwaltungsgericht ist weiter insoweit zuzustimmen, als es aus dieser Formulierung schließt, dass die gesetzliche Regelung eine zeitliche Abfolge dergestalt vorgibt, dass über die Aufstellung des Bebauungsplans bereits beschlossen sein muss, bevor der Beschluss über die Veränderungssperre gefasst wird.
24 
Das vom Gemeinderat der Beklagten in der Sitzung vom 27.6.2012 praktizierte Verfahren ist jedoch im Hinblick darauf nicht zu beanstanden. Klarzustellen ist zunächst, dass der Gemeinderat in der Sitzung vom 27.6.2012 nicht - wie es im Urteil des Verwaltungsgerichts heißt - einen „einheitlichen Beschluss“ gefasst hat, sondern zwei Beschlüsse, nämlich zum einen den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans und zum anderen den Beschluss über den Erlass einer Veränderungssperre. Das geht bereits aus der Vorlage zu der Sitzung hervor, die den Beschlussvorschlag enthält, - 1.- für den in der Anlage dargestellten Geltungsbereich den Bebauungsplan „Steinenbach“ aufzustellen und - 2.- zur Sicherung der Bauleitplanung für das Plangebiet eine Veränderungssperre zu beschließen. Auch in der Sitzungsniederschrift wird zwischen beiden Beschlüssen klar unterschieden. Über die beiden Beschlussvorschläge wurde allerdings nicht getrennt, sondern „in einem Akt“ abgestimmt. Das ist jedoch unschädlich. Denn auch bei dieser Form der Abstimmung wird zunächst der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans gefasst und anschließend, d.h. eine logische Sekunde später, beschlossen, dass zur Sicherung der (mit dem gerade gefassten Beschluss eingeleiteten) Bauleitplanung eine Veränderungssperre erlassen wird.
25 
Die in der Sitzung vom 27.6.2012 beschlossene Veränderungssperre ist jedoch deshalb als unwirksam anzusehen, weil eine Veränderungssperre nicht zur Sicherung einer Planung erlassen werden darf, deren Inhalt sich noch in keiner Weise absehen lässt. Der Erlass einer Veränderungssperre setzt vielmehr nach allgemeiner Meinung voraus, dass die zu sichernde Planung bereits einen Stand erreicht hat, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 - BauR 2011, 481; Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - NVwZ 2004, 858; Urt. v. 20.10.1978 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121). Nach der Vorlage zu der Sitzung vom 27.6.2012 war diese Voraussetzung im Zeitpunkt der ersten Beschlussfassung über die Veränderungssperre nicht erfüllt. In der Vorlage zu der Sitzung werden zwar die Gründe geschildert, aus denen die Aufstellung eines Bebauungsplans für erforderlich gehalten wird. Daran anschließend werden ferner bestimmte Zielvorstellungen der Planung genannt, nämlich eine „Zersiedelung des Ortsbildes“ zu vermeiden, den vorhandenen Gartenbaubetrieb des Klägers und seiner Ehefrau als privilegiertes Vorhaben zu sichern, die Erschließung der Gärtnerei zu sichern und den Hochwasserschutz zu berücksichtigen. Diese Ziele seien mit den Trägern öffentlicher Belange im Bebauungsplanverfahren zu diskutieren. Geeignete Festsetzungen seien im Laufe des weiteren Verfahrens zu klären. Über den konkreten Inhalt des beabsichtigten Bebauungsplans lässt sich diesen Ausführungen jedoch nichts entnehmen. An einer hinreichend konkretisierten Planung fehlte es somit im Zeitpunkt des ersten Satzungsbeschlusses.
26 
bb) Der Gemeinderat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 20.12.2012 den Erlass einer Veränderungssperre vorsorglich erneut beschlossen. In Betracht zu ziehen ist daher, dass die Planung der Beklagten bezogen auf diesen Zeitpunkt die erforderliche Konkretisierung erfahren hat. In der Sitzungsvorlage werden zwar zunächst wiederum nur allgemein gehaltene Angaben über die mit dem beabsichtigten Bebauungsplan verfolgten Ziele gemacht. Daran anschließend heißt es aber, es sei derzeit „angedacht“, für den Gartenbaubetrieb ein Sondergebiet festzusetzen, um die privilegierte Nutzung als Gartenbaubetrieb zu sichern und eine allgemeine Wohnnutzung auszuschließen. Die Abgrenzung des Sondergebietes zum Außenbereich sei Thema des Verfahrens. Die mit der Planung der Beklagten verfolgten Ziele sind damit immerhin deutlicher geworden. Ob diese Verdeutlichung als ausreichend anzusehen ist, um von einer hinreichend konkretisierten Planung zu sprechen, ist gleichwohl fraglich.
27 
b) Der Senat sieht jedoch davon ab, dieser Frage weiter nachzugehen, da das Vorhaben des Klägers auch im Falle der Unwirksamkeit der Veränderungssperre planungsrechtlich unzulässig ist.
28 
aa) Das für eine Bebauung vorgesehene Grundstück der Ehefrau des Klägers liegt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, sondern im Außenbereich. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich daher nach § 35 BauGB.
29 
Die auf den Grundstücken westlich der Straße „...“ und nördlich der ...-... vorhandene Bebauung stellt unstreitig einen Bebauungszusammenhang dar. Dieser Bebauungszusammenhang erstreckt sich jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht über die genannten Straßen hinaus bis zu dem Wohnhaus ... (im Osten) und einem Teil der Gewächshäuser im Süden und erfasst deshalb auch nicht das Baugrundstück.
30 
Das folgt allerdings entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon daraus, dass das Gebäude ... als gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Außenbereichsvorhaben genehmigt worden ist. Das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs ist nach ständiger Rechtsprechung nur nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Abzustellen ist somit auf das, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich an Bebauung vorhanden ist. Auf die Entstehungsgeschichte und die Gründe für das Vorhandensein der Bebauung kommt es dementsprechend nicht an. Auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, können deshalb zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - NVwZ-RR 2011, 393).
31 
Daran ist trotz der Einwendungen der Beklagten festzuhalten. Die Beklagte weist zwar zu Recht daraufhin, dass in Folge dieser Betrachtungsweise die Errichtung eines privilegierten Vorhabens im Außenbereich dazu führen kann, dass zuvor im Außenbereich liegende Flächen zum Innenbereich werden. Die Gemeinde ist einer solchen Entwicklung jedoch keineswegs hilflos ausgeliefert, da sie, wenn sie eine weitere Bebauung des betreffenden Bereichs verhindern will, jederzeit einen Bebauungsplan aufstellen kann, wozu sich auch die Beklagte im vorliegenden Fall entschlossen hat.
32 
Das Gebäude ... ist jedoch aufgrund seiner Lage kein Bestandteil des westlich der Straße „...“ und nördlich der ... vorhandenen Bebauungszusammenhangs.
33 
Denkt man sich die zu dem Gartenbaubetrieb des Klägers und seiner Ehefrau gehörenden Gewächshäuser hinweg, steht außer Frage, dass sich der genannte Bebauungszusammenhang nicht über diese Straßen hinaus in der vom Verwaltungsgericht angenommenen Weise bis zu dem Gebäude ...-... erstreckt und damit auch nicht das Baugrundstück erfasst. Der Abstand zwischen diesem Gebäude und dem auf der westlichen Seite der Straße „...“ gelegenen Wohnhaus ... beträgt zwar nur etwa 100 m. Eine Faustregel, nach der bei einer solchen, drei bis vier Bauplätzen entsprechenden Entfernung noch von einer - den Bebauungszusammenhang wahrenden - Baulücke gesprochen werden kann, gibt es jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht. Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, lässt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u. a. Urt. v. 19.4.2012 - 4 C 10.11 - NVwZ 2012, 1631; Urt. v. 14.11.1991 - 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227) nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern ist aufgrund einer „echten Wertung und Bewertung“ der gesamten örtlichen Gegebenheiten zu beurteilen. Insoweit ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass das Gebäude ..., denkt man sich die es nach Süden und Westen umgebenden Gewächshäuser weg, im Verhältnis zu der westlich - und nördlich - vorhandenen Bebauung isoliert ist, von dieser Bebauung durch die Straße „...“ einerseits und die ... andererseits getrennt wird und beide Straße aufgrund ihrer Breite und ihres Ausbauzustands eine deutliche Zäsur bilden.
34 
Ein über die Straße „...“ und die ... hinausreichender Bebauungszusammenhang ließe sich danach nur dann bejahen, wenn die zu dem Gartenbaubetrieb des Klägers und seiner Ehefrau gehörenden Gewächshäuser in der Lage wären, einen solchen Bebauungszusammenhang herzustellen. Das ist jedoch nicht der Fall.
35 
Unter den Begriff der Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB fällt nach ständiger Rechtsprechung nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr nur Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310). Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 10.7.2000 - 4 B 39.00 - NVwZ 2001, 70; Beschl. v. 2.3.2000, a.a.O.; Urt. v. 17.2.1984 - 4 C 55.81 - NJW 1984, 1576; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BRS 76 Nr. 88). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Frei-zeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen. Dies steht allerdings der Annahme, dass auch solche Bauten gegebenenfalls am Bebauungszusammenhang teilnehmen können, nicht von vornherein entgegen. Denn selbst unbebaute Flächen können einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein. Maßgeblich ist, wieweit eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandenen Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2000, a.a.O.).
36 
Bei den zu der Gärtnerei des Klägers und seiner Ehefrau gehörenden Gewächshäusern handelt es sich ausnahmslos um einfach gestaltete Gebäude niedriger Höhe, deren Dächer und Außenwände größtenteils nur aus Glasflächen bestehen. Die Bauwerke sind daher nach Art und Gewicht nicht geeignet, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Das gilt unabhängig davon, ob die Gewächshäuser nur zur Aufzucht oder Lagerung von Pflanzen oder gleichzeitig auch als Verkaufsflächen dienen, da diese unterschiedliche Zweckbestimmung nach außen nicht ablesbar ist. Wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend bemerkt, treten vielmehr auch die Gebäude, die in dem von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bestandsplan mit dem Zusatz „Vermarktung Gärtnereiprodukte“ gezeichnet sind, optisch als Gewächshäuser in Erscheinung. Der Eindruck einer geschlossenen und zusammen gehörenden Bebauung wird deshalb von den genannten Baulichkeiten nicht vermittelt.
37 
bb) Das Bauvorhaben des Klägers ist folglich nicht nach § 34 BauGB, sondern nach § 35 BauGB zu beurteilen. Es ist danach planungsrechtlich unzulässig.
38 
Das Vorhaben dient unstreitig nicht dem Gärtnereibetrieb des Klägers und seiner Ehefrau und fällt jedenfalls deshalb nicht unter § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Ob es sich bei dem Betrieb in seiner derzeitigen Form überhaupt noch um einen nach dieser Vorschrift privilegierten „Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung“ handelt, kann daher dahinstehen.
39 
Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB wäre das Vorhaben nur zulässig, wenn es öffentliche Belange nicht beeinträchtigte. An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch. In dem am 25.11.2011 in Kraft getretenen Flächennutzungsplan der Beklagten ist der Bereich östlich der Straße „...“ und südlich der ... als „landwirtschaftliche Fläche/Gärtnerei“ dargestellt. Die Erstellung von Wohnhäusern in diesem Bereich widerspricht daher den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Öffentliche Belange werden durch das Vorhaben auch insoweit beeinträchtigt, als das Vorhaben die Entstehung unorganischer Siedlungsstrukturen befürchten lässt. Zwar kann ein Vorhaben, das im Anschluss an eine vorhandene Bebauung errichtet werden soll, im Einzelfall in eine organische Beziehung zu der vorhandenen Bebauung treten. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu befürchten, dass die Genehmigung des hier zu beurteilenden Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben nach sich zöge und damit eine unkontrollierte Ausdehnung der Bebauung über die ... und die Straße „...“ in den Außenbereich hinaus einleitete.
40 
2. Die Klage kann auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg haben. Da das Vorhaben § 35 BauGB widerspricht, stand dem Kläger auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der von der Beklagten beschlossenen Veränderungssperre kein Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids zu. Die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung kann daher nicht getroffen werden.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 133.750,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Räume oder Gebäude, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind (Ferienwohnungen), gehören unbeschadet des § 10 in der Regel zu den nicht störenden Gewerbebetrieben nach § 2 Absatz 3 Nummer 4 und § 4 Absatz 3 Nummer 2 oder zu den Gewerbebetrieben nach § 4a Absatz 2 Nummer 3, § 5 Absatz 2 Nummer 6, § 5a Absatz 2 Nummer 7, § 6 Absatz 2 Nummer 4, § 6a Absatz 2 Nummer 4 und § 7 Absatz 2 Nummer 3. Abweichend von Satz 1 können Räume nach Satz 1 in den übrigen Fällen insbesondere bei einer baulich untergeordneten Bedeutung gegenüber der in dem Gebäude vorherrschenden Hauptnutzung zu den Betrieben des Beherbergungsgewerbes nach § 4 Absatz 3 Nummer 1, § 4a Absatz 2 Nummer 2, § 5 Absatz 2 Nummer 5, § 5a Absatz 2 Nummer 6, § 6 Absatz 2 Nummer 3, § 6a Absatz 2 Nummer 3 und § 7 Absatz 2 Nummer 2 oder zu den kleinen Betrieben des Beherbergungsgewerbes nach § 3 Absatz 3 Nummer 1 gehören.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Umnutzung eines Wohngebäudes zu einer Ferienwohnung.

2

Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt. Das Grundstück befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 1 „…“, der in der 1. Änderungsfassung seit dem 27. Februar 1996 in Kraft ist. Für den hier fraglichen Bereich setzt der Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO) fest. Die nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen sind für allgemein zulässig erklärt worden.

3

Die Kläger nutzten das streitgegenständliche Gebäude von Beginn an zu Ferienwohnzwecken. Eine der beiden vorhandenen Wohnungen wird mittlerweile von der Mutter bzw. Ehefrau der Kläger dauerhaft bewohnt. Für die übrigen Bereiche des Gebäudes (Wohnung im Ober- und Dachgeschoss sowie Schwimmbecken, Sauna und Sport- und Freizeitraum im Kellergeschoss) erteilte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 9. Februar 2017 eine Baugenehmigung für einen Beherbergungsbetrieb.

4

Mit Bauantrag vom 10. Mai 2017 beantragten die Kläger beim Beklagten die Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung für die Umnutzung der Wohnung im Ober- und Dachgeschoss zu einer Ferienwohnung. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, dass Ferienwohnungen nach Änderung der Baunutzungsverordnung gemäß § 13 a BauNVO als nicht störende Gewerbebetriebe anzusehen seien, die nach dem geltenden Bebauungsplan als allgemein zulässig festgesetzt seien. Mit Schreiben vom 29. Mai 2017 sandte der Beklagte die Baugenehmigungsunterlagen an die Kläger zurück mit dem Hinweis, dass das Vorhaben gemäß § 62 Landesbauordnung M-V (LBauO M-V) genehmigungsfrei gestellt sei. Am 2. Juni 2017 reichten die Kläger daraufhin die Bauvorlagen beim Amt B. zwecks Durchführung des Genehmigungsfreistellungsverfahrens ein. Für den Fall, dass die Gemeinde die Durchführung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens verlangen sollte, erklärten die Kläger sich mit der Weiterleitung des Bauantrags an den Beklagten einverstanden.

5

Unter dem 2. Juni 2017 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 4 LBauO M-V ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden solle.

6

Mit Schreiben vom 19. Juni 2017 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass § 13 a BauNVO in der derzeit gültigen Fassung nicht auf bestehende Bebauungspläne anwendbar sei. Die Anwendung des § 13 a BauNVO bedürfe eines förmlichen Änderungsverfahrens der Bebauungspläne durch die Gemeinden. Über diese Verfahrensweise seien die Gemeinden auf einem gemeinsamen Termin am 13. Juni 2017 durch den Landkreis in Kenntnis gesetzt worden. Falls § 13 a BauNVO auf den hier geltenden Bebauungsplan Anwendung fände, seien weitere Unterlagen zur Prüfung des Bauantrags vorzulegen. Die Kläger übersandten die fraglichen Unterlagen mit Schreiben vom 27. Juni 2017 und führten aus, dass die Regelung des § 13 a BauNVO ihrer Auffassung nach auf den geltenden Bebauungsplan anwendbar sei.

7

Die Gemeindevertretung der Beigeladenen beschloss am 25. Juli 2017 die Zustimmung zum Bauvorhaben der Kläger.

8

Mit Bescheid vom 2. August 2017 lehnte der Beklagte den Bauantrag ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass § 13 a BauNVO keine (rückwirkende) Anwendung auf den Bebauungsplan Nr. 1 „…“ habe.

9

Am 1. September 2017 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Unter Berücksichtigung des § 13 a BauNVO 2017 stelle die hier beantragte Ferienwohnung einen nicht störenden Gewerbebetrieb dar. § 13 a BauNVO sei auch – als Auslegungsregel – für den hier streitgegenständlichen Bebauungsplan maßgeblich. Zwar sei grundsätzlich auf die Baunutzungsverordnung abzustellen, die im Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplans maßgeblich gewesen sei. Dies sei vorliegend die Baunutzungsverordnung 1990. Allerdings könne eine Neufassung der Baunutzungsverordnung dann auf die Altfassung durchschlagen und ausnahmsweise auch auf die Altfassung Anwendung finden, wenn sich die Neufassung lediglich als Konkretisierung der Altfassung darstelle und insoweit im Hinblick auf die Altfassung (nur) klarstellende Wirkung habe. Dies sei vorliegend der Fall. Es handele sich bei § 13 a BauNVO 2017 nicht um eine klassische Änderung der BauNVO 1990. § 13 a BauNVO 2017 habe lediglich klarstellende Wirkung mit der Folge, dass diese Bestimmung auch bei Anwendung der BauNVO 1990 zu berücksichtigen sei. Dies ergebe sich sowohl aus der bisherigen Rechtsprechung selbst, als auch aus den Äußerungen der mit der Gesetzgebungskompetenz versehenen Legislative und insbesondere dem unmittelbaren Gesetzgebungsverfahren. Der Verordnungsgeber habe auf die kleine Anfrage 18/5076 schriftlich die Einordnung dahin getroffen, dass Ferienwohnungen (bereits) im zeitlichen Geltungsbereich der BauNVO 1990 als (nicht störende) Gewerbebetriebe in den Gebietskategorien der §§ 2 bis 7 BauNVO zulässig seien. Diese Einordnung sei auch durch das zuständige Bundesministerium mit den Ländern erörtert und bekräftigt worden, was einen entsprechenden Erlass des Wirtschaftsministeriums M-V vom 10. Juli 2015 zur Folge gehabt habe, wonach die zuständigen Baubehörden des Landes M-V dies bei den zu entscheidenden Sachverhalten berücksichtigen sollten. Letztlich habe sich der Verordnungsgeber im Rahmen seiner Gesetzesbegründung zur BauNVO 2017 ebenfalls ausdrücklich dahin geäußert, dass § 13 a BauNVO klarstellende Funktion habe. Diese bauplanungsrechtliche Einordnung der Ferienwohnung sei im Übrigen durch die Genehmigungsbehörde selbst vorzunehmen. Die mit der Planungshoheit versehene Gemeinde könne im Rahmen des Erlasses eines Bebauungsplans – außerhalb von Sondergebieten – keine eigene Definition abweichend vom Verordnungsgeber vornehmen. Die hier beantragte Ferienwohnung stelle unter Beachtung des § 13 a BauNVO 2017 – welcher im zeitlichen Anwendungsbereich der BauNVO 1990 zu berücksichtigen sei – einen nicht störenden Gewerbebetrieb dar. Dem stehe auch nicht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2017 (Az. 4 CN 6/17) entgegen. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht in dem dort entschiedenen Fall § 13 a BauNVO unberücksichtigt gelassen. Jedoch sei es dort um die Festsetzung eines Sondergebietes zur Kombination von Dauer- und Ferienwohnungen gegangen. Darüber hinaus lasse auch diese Entscheidung offen, ob Ferienwohnungen auch nach der alten Rechtslage entweder als Beherbergungsbetriebe bzw. als nicht störende Gewerbebetriebe aufzufassen seien.

10

Die Kläger beantragen,

11

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. August 2017 zu verpflichten, den Klägern die am 10. Mai 2017 beantragte Nutzungsänderung eines Gebäudes zu einer Ferienwohnung zu erteilen.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Die Regelung des § 13 a BauNVO sei auf bestehende Bebauungspläne nicht rückwirkend anwendbar. Eine Änderung der die Bürger bindenden Bebauungspläne unmittelbar durch die Baunutzungsverordnung sei von § 2 Abs. 1 BauGB nicht gedeckt. Eine unmittelbare Bebauungsplanänderung durch den Verordnungsgeber stünde außerhalb des im Baugesetzbuch ausgestalteten Systems der gemeindlichen Bauleitplanung. Hätte das Gesetz eine solche Möglichkeit der Änderung von Bebauungsplänen ohne Einschaltung der Gemeinden und ohne die verfahrensmäßigen Sicherungen eröffnen wollen, so hätte es diese Möglichkeit schon im Hinblick auf die erheblichen Auswirkungen für Gemeinden und Bürger deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Im Gegenteil habe der Verordnungsgeber in den Überleitungsvorschriften bei den bisherigen Änderungen der Baunutzungsverordnung immer an die Notwendigkeit der Umsetzung der geänderten Vorschrift durch die eigentlichen Plangeber, die Gemeinden, festgehalten. Vorliegend sei der Bebauungsplan Nr. 1 „…“ in der 1. Änderungsfassung seit dem 27. Februar 1996 rechtsverbindlich. Die BauNVO 2017 sei zum 13. Mai 2017 in Kraft getreten, so dass die erste öffentliche Auslegung sowohl des Ursprungsbebauungsplans als auch der 1. Änderung noch im Geltungsbereich der BauNVO 1990 erfolgt seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits klargestellt, dass die Baunutzungsverordnung nicht unmittelbar gegenüber dem Bürger gelte und dass durch die Änderung der BauNVO die durch einen vorher bereits erlassenen Bebauungsplan geschaffene Rechtslage nicht geändert werden könne. Dem Verordnungsgeber sei somit ein unmittelbares Hineinwirken in bereits bestehende Bebauungspläne verwehrt. Eine Ausnahme komme nur in Betracht, wenn die Änderung der BauNVO eine bloße Klarstellung und keine konstitutive Änderung darstelle. Dies setze allerdings voraus, dass sich eine Klarstellung eindeutig von einer Änderung der BauNVO abgrenzen lasse. Dies sei hier nicht der Fall. Ausweislich des Wortlautes und der Begründung des § 13 a BauNVO müsse bereits in Zweifel gezogen werden, dass der Verordnungsgeber eine Rückwirkung jemals beabsichtigt habe. Die bundesrechtliche neue Vorschrift des § 13 a BauNVO könne daher nur als Auslegungshilfe für Ferienwohnungen Bedeutung erlangen, wobei entscheidend darauf abzustellen sei, wie die Festsetzungen eines allgemeinen Wohngebietes damals von der Gemeinde C. verstanden worden sei und auch wegen einer insoweit übereinstimmenden allgemeinen Rechtsauffassung hätte verstanden werden müssten.

15

Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 18. Oktober 2017 darüber hinaus bestätigt, dass für die rechtliche Beurteilung maßgeblich die bei Erlass des Bebauungsplans geltende Baunutzungsverordnung sei. Neu eingeführte oder geänderte Paragrafen in der BauNVO fänden keine Anwendung auf bestehende Bebauungspläne. Dies angewendet führe dazu, dass die Zulässigkeit der beantragten Ferienwohnnutzung nach der BauNVO 1990 zu beurteilen sei. Hierzu sei auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zurückzugreifen, wonach die Ferienwohnnutzung eine eigenständige Nutzungsart darstelle, die in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sei.

16

Die Beigeladene hat schriftsätzlich in der Sache nichts vorgetragen und auch keinen Antrag gestellt.

17

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage hat keinen Erfolg.

19

1. Die Klage ist zulässig. Zwar ist ein Vorverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht durchgeführt worden. Gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 VwGO bedarf es eines Vorverfahrens jedoch nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt. Gemäß § 13a Nr. 3 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes M-V (AGGerStrG) kann bei Entscheidungen nach den §§ 72 und 75 LBauO M-V ohne Durchführung des Vorverfahrens Klage erhoben werden.

20

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Ablehnung des Bauantrags der Kläger durch den Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Erteilung der von ihnen begehrten Baugenehmigung hinsichtlich der Nutzungsänderung ihres Wohngebäudes zu einer Ferienwohnung.

21

Nach § 72 Abs. 1 LBauO M-V ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. Diese Voraussetzung ist für das klägerische Vorhaben nicht erfüllt. Ihm stehen die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. In dem von dem Bebauungsplan Nr. 1 „…“ der Beigeladenen festgesetzten allgemeinen Wohngebiet ist die Nutzung des Gebäudes der Kläger als Ferienwohnung unzulässig.

22

a. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzungsänderung des Gebäudes der Kläger richtet sich nach § 30 BauGB. Gründe für eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 1 sind weder von den Klägern substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

23

aa. Die von den Klägern erstrebte Nutzungsänderung ihres Gebäudes zu Ferienwohnzwecken ist mit der Zweckbestimmung des vom Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebietes nicht vereinbar. Denn bei einer Ferienwohnnutzung handelt es sich nicht um (zulässiges) Dauerwohnen, sondern um eine hiervon abzugrenzende eigenständige Nutzungsart (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 08. Januar 2008 - 3 M 190/07 -, juris, dort unter dem Datum 28.12.2007, sowie Nord-ÖR 2008, 169). Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern führt in seiner Entscheidung vom 8. Januar 2008 insoweit aus:

24

"Die im Kern des Beschwerdevorbringens stehende Frage, ob sich eine Ferienwohnnutzung bauplanungsrechtlich (lediglich) als eine Unterform der Wohnnutzung darstellt und damit im vorliegend festgesetzten Allgemeinen Wohngebiet zulässig ist, beantwortet der Senat im Sinne der erstinstanzlichen Entscheidung, wonach es sich bei der gebotenen typisierenden Betrachtung bei der Ferienwohnnutzung gegenüber der allgemeinen Wohnnutzung um eine eigenständige Nutzungsart handelt.

25

Zwar kann nach allgemeinem Sprachgebrauch auch ein Ferien- oder Wochenendhaus als ein 'Wohngebäude' bezeichnet werden; denn auch Ferien- oder Wochenendhäuser dienen dem Wohnen. Gleichwohl unterscheidet das Bauplanungsrecht begrifflich zwischen Wohngebäuden einerseits und Ferien- und Wochenendhäusern andererseits: Während nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 5 und 6 der Baunutzungsverordnung in der Fassung vom 15. September 1977 (BGBl. I S. 1763) - BauNVO -'Wohngebäude' in den entsprechenden Baugebieten zulässig sind, bezieht sich § 10 Abs. 3 BauNVO auf 'Wochenendhäuser' und § 10 Abs. 4 BauNVO auf 'Ferienhäuser'. Diese begriffliche Unterscheidung ist im Bauplanungsrecht angelegt (vgl. BVerwG, U. v. 12.03.1982 - 4 C 59.78 -, NJW 1982, 2512). Die BauNVO führt die allgemeine Wohnnutzung einerseits und die Ferienwohnnutzung andererseits als eigenständige Nutzungsarten auf (BVerwG, B. v. 08.05.1989 - 4 B 78.89 -, NVwZ 1989, 1060).

26

Um den Wohnbegriff in Abgrenzung zu anderen Nutzungsarten unter Zugrundelegung der o.g. typisierenden bauplanungsrechtlichen Betrachtungsweise sachgerecht zu erfassen, bedarf es einer wertenden Betrachtung aller Umstände. Zu unterscheiden ist die im Wesentlichen an der Zweckbestimmung des Aufenthalts in den Räumen (vgl. zu dieser als maßgebliches Kriterium: Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, Bd. V, § 3 BauNVO Rn. 8) ausgerichtete (reine) Wohnnutzung von der Ferienwohnnutzung, in der der für das Dauerwohnen maßgebende eigenständige bzw. unabhängig zu gestaltende häusliche Wirkungskreis nicht angenommen werden kann (Bielenberg, a.a.O., Rn 20). Zum Begriff des Wohnens gehört eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, zu der auch die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gehört (vgl. BVerwG, B. v. 25.03.1996 - 4 B 302.95 -, BRS 58 Nr. 56). Mit der Dauerhaftigkeit des Wohnens ist zunächst nicht der Gegensatz von längerer und kürzerer oder von unbestimmter und bestimmter Dauer zu verbinden. So schließt etwa eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit als Inbegriff des Wohnens einen Zweitwohnsitz nicht aus (Senat, U. v. 11.07.2007 - 3 L 75/06 -). Ausgehend von der Zweckbestimmung des Aufenthalts in den Räumen unterscheidet sich Wohnen von anderen Nutzungsarten, die sich durch ein übergangsweises, nicht 'alltägliches' Wohnen oder ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen auszeichnen. 'Ferienwohnen' ist ebensowenig auf Dauer angelegt wie das Unterkommen in Herbergen jeder Art. Vom Nutzungskonzept her bieten Ferienwohnungen den zumeist wochenweisen vorübergehenden Aufenthalt für ständig wechselnde Feriengäste (vgl. Stock in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl., § 3 Rn 17; Boeddinghaus, BauNVO, 5. Aufl., § 10 Rn. 15), während reine (Dauer)-Wohnungen - ungeachtet der Frage der Aufenthaltsdauer - von einem über einen längeren Zeitraum gleich bleibenden Bewohnerkreis genutzt werden. Gerade die daraus resultierenden unterschiedlichen bodenrechtlichen Auswirkungen der beiden Nutzungsarten rechtfertigen die bauplanungsrechtliche typisierende Unterscheidung.

27

Unterscheidet sich danach die Ferienwohnnutzung von der (reinen) Wohnnutzung, ergibt sich aus der Systematik der Gebietstypen der BauNVO einerseits und den Festsetzungen im hier maßgeblichen Bebauungsplan andererseits, dass eine Ferienwohnnutzung im Plangebiet nicht zulässig ist. Die Beschränkung der Nutzungsarten in den in §§ 2 - 9 BauNVO geregelten Gebietstypen bedeutet nämlich, dass eine andere als die bezeichnete Nutzungsart in dem entsprechenden Gebiet grundsätzlich nicht zulässig ist, soweit die Gemeinde nicht von den durch § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch macht und Ausnahmen nicht zugelassen werden. Letzteres ist mit den Festsetzungen im vorliegend maßgeblichen Bebauungsplan und ausweislich der Begründung gerade nicht geschehen, so dass eine Ferienwohnnutzung, soweit man sie entgegen der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten und des Verwaltungsgerichts denn als Beherbergungsbetrieb ansehen wollte (vgl. etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 3 n. 19 und 19.1 m.w.N., wonach die Überlassung von Räumen zur Unterbringung ohne zusätzliche Leistungen für die Annahme eines Beherbergungsbetriebes ausreicht), auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen ist."

28

Dieser Rechtsauffassung – die das Oberverwaltungsgericht in einem Urteil vom 19. Februar 2014 (Az. 3 L 212/12) ausdrücklich bestätigt hat – schließt sich das erkennende Gericht an. Dementsprechend ist die Ferienwohnnutzung im Wohngebäude der Kläger bauplanungsrechtlich unzulässig und nicht genehmigungsfähig.

29

bb. Etwas anderes ergibt sich im Gegensatz zur Auffassung der Kläger auch nicht aus § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Bei der in Rede stehenden Ferienwohnung handelt es sich nicht um einen ausnahmsweise – und hier nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sogar allgemein – im allgemeinen Wohngebiet zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb. Zwar sieht die seit dem 13. Mai 2017 in Kraft befindliche Regelung des § 13 a Satz 1 BauNVO in der Fassung des Art. 2 Nr. 4 und 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) Ferienwohnungen in der Regel als sonstige nicht störende Gewerbebetriebe u.a. im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO an. Diese Vorschrift ist auf den hiesigen Bebauungsplan jedoch nicht – auch nicht als Auslegungshilfe – anzuwenden.

30

Der Bebauungsplan ist mit den beiden bisherigen Änderungsfassungen insgesamt vor Einführung des neuen § 13 a BauNVO in Kraft getreten. Grundsätzlich ist die BauNVO in der Fassung anzuwenden, die zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans galt (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 23. Dezember 1998 – 26 N 98.1675 –, juris, Rn. 35 f.; Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 30 Rn. 3). Verweise in Bebauungsplänen auf die Vorschriften der BauNVO stellen damit keine dynamische, sondern eine statische Verweisung dar. Daraus folgt, dass die Gemeinde einen Bebauungsplan in dem hierfür vorgesehenen formellen Verfahren ändern muss, wenn sie die Anwendung der Baunutzungsverordnung in der neuen Fassung anstrebt. Ein solches Änderungsverfahren für den Bebauungsplan Nr. 1 der Beigeladenen ist jedoch nicht ersichtlich.

31

§ 13 a BauNVO 2017 kann auf den Bebauungsplan auch nicht rückwirkend bzw. im Wege der Auslegung angewendet werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 18. Oktober 2017 entschieden:

32

„Für die Wirksamkeit einer Rechtsnorm maßgebend ist die Rechtslage im Zeitpunkt ihres Zustandekommens. Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts zustande gekommen sind, sind im Grundsatz von Anfang an (ex tunc) und ohne Weiteres (ipso iure) unwirksam, soweit sich nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen anderes ergibt. Bei Bebauungsplänen ist insoweit der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt seine Inkraftsetzung (BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 - 4 CN 3.13 - BVerwGE 149, 229 Rn. 27). Die ohne Rückwirkung in Kraft getretenen §§ 13a und 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 2017 wären daher für die Vorinstanz nicht maßgeblich gewesen: Die Vorschriften könnten weder einen Bebauungsplan wirksam werden lassen, der bei seiner Inkraftsetzung nicht Bestandteil der Rechtsordnung geworden war, noch könnten sie die Unwirksamkeit eines wirksam erlassenen Bebauungsplan herbeiführen. Unerheblich ist insoweit, dass der Gesetzgeber den Änderungen der Baunutzungsverordnung nur klarstellende Funktion beigemessen hat (BT-Drs. 18/10942 S. 35; BT-Drs. 18/11439 S. 21). Ob diese Auffassung zutrifft, haben die Gerichte zu entscheiden. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist die rechtsprechende Gewalt berufen. Der Gesetzgeber ist dagegen zur authentischen Interpretation von Vorschriften nicht befugt (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 Rn. 45)“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2017 – 4 CN 6/17 –, Rn. 9, juris).

33

Dieser Rechtsauffassung schließt die Kammer sich ebenfalls an. Auch wenn die vorstehende Entscheidung in einem Normkontrollverfahren ergangen ist und die Festsetzung eines Sondergebietes zur Kombination von Dauer- und Ferienwohnungen zum Gegenstand hatte, ist den diesbezüglichen Entscheidungsgründen jedoch klar zu entnehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Rückwirkung des § 13 a BauNVO generell verneinen wollte.

34

Soweit die Kläger sich auf den Einführungserlass des Landes Mecklenburg-Vorpommern zum BauGBÄndG 2017 vom 29. November 2017 berufen, verhilft dies ihrem Begehren ebenfalls nicht zum Erfolg.

35

Der Einführungserlass besagt in Ziffer 4.2.1 zunächst, dass § 13 a BauNVO fürkünftige Bebauungspläne regelt, welchen Nutzungskategorien Ferienwohnungen zuzuordnen sind. Weiter heißt es dagegen allerdings in Ziffer 4.5.2 des Erlasses, dass sich die Zulässigkeit von Ferienwohnungen für vor dem 13. Mai 2017 (dem Tag des Inkrafttretens des § 13 a BauNVO) rechtskräftig gewordene Bebauungspläne nach den Festsetzungen des Bebauungsplans richte. Entscheidend hierfür sei, ob eine Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses seinerzeit konkret auch Ferienwohnungen zum Regelungsgegenstand des Bebauungsplans (Planungswille) gemacht und über die Zu- oder Unzulässigkeit von Ferienwohnungen abschließend entschieden habe. Es bestehe folglich kein Bedarf einer planerischen Anpassung; der direkten Umsetzung des Planungswillens der Gemeinde stehe nichts im Wege. Anpassungsbedarf bestehe nur, wenn vom dokumentierten Planungswillen abgewichen und die früheren Regelungen geändert werden sollten.

36

Dieser Auffassung folgt das Gericht – das an die Regelungen eines ministeriellen Erlasses, einer Verwaltungsvorschrift, ohnehin rechtlich nicht gebunden ist – nicht.

37

Selbst wenn die Gemeinde nach dem Inhalt der Planbegründung in einem festgesetzten allgemeinen Wohngebiet auch Ferienwohnungen zulassen wollte, kommt es hierauf nicht an. Eine solche möglicherweise von der Beigeladenen als Plangeberin gewollte Zweckbestimmung für das hier in Rede stehende allgemeine Wohngebiet kann nicht maßgeblich sein. Einer solchen individuellen Auslegung ist die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes nicht zugänglich, weil ihre Bedeutung in § 4 BauNVO gesetzlich geregelt ist. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO wird durch die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes die Vorschrift des § 4 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplans; Modifikationen können nur nach Maßgabe der Regelungen in § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO vorgesehen werden (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. Mai 2015 – 3 M 45/14 –, S. 4 f. des Umdrucks).

38

Die Kläger können sich damit zur Zulässigkeit ihres Vorhabens insgesamt nicht auf § 13 a BauNVO 2017 berufen.

39

b. Das streitgegenständliche Vorhaben der Kläger ist auch nicht deshalb genehmigungsfähig, weil die Ferienwohnnutzung als ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes anzusehen und als solcher nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO im allgemeinen Wohngebiet zulässig wäre. Die Kammer hat bislang in einer Reihe von Entscheidungen (vgl. u.a. Urteile vom 10. November 2016, Az. 2 A 1811/14, sowie vom 20. Dezember 2012, Az. 2 A 1577/10 und 2 A 621/11) die Auffassung vertreten, dass es sich bei Ferienwohnungen nicht um Betriebe des Beherbergungsgewerbes handelt.

40

In dem bereits angeführten Urteil vom 19. Februar 2014 (a.a.O.) hat auch das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschieden, dass Ferienwohnungen und Betriebe des Beherbergungsgewerbes bauplanungsrechtlich als unterschiedliche Nutzungsarten anzusehen sind. Das Oberverwaltungsgericht führt hierzu in den Entscheidungsgründen aus:

41

"Ferienwohnungen und Betriebe des Beherbergungsgewerbes werden im Bauplanungsrecht begrifflich unterschieden. Während das Ferienwohnen nur in § 10 Abs. 4 BauNVO bezogen auf den Spezialfall der Ferienhäuser Erwähnung findet, nennt die Baunutzungsverordnung Betriebe des Beherbergungsgewerbes in § 4 Abs. 2 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 2 als allgemein zulässig und in § 3 Abs. 3 Nr. 1 und § 4 Abs. 3 Nr. 1 – im ersteren Falle mit der Einschränkung auf kleine Betriebe – als ausnahmsweise zulässig. Es handelt sich um städtebaulich relevante, eigenständige Nutzungsarten (vgl. BVerwG Beschluss vom 08.05.1989 – 4 B 78.89 – NVwZ 1989, 1060 = Juris Rn. 3; Beschluss vom 07.09.1984 – 4 N 3.84 – NVwZ 1985, 338 = Juris Nr. 21). Eine Beherbergung liegt daher nicht etwa immer bereits dann vor, wenn bei Anmietung einer fremden Wohnung wegen fehlender Dauerhaftigkeit ein (Dauer-)Wohnen verneint werden muss (so aber wohl Vietmeier in Bönker/Bischopink a.a.O., § 3 Rn. 27).

42

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die mietweise Überlassung von selbständigen Wohnungen, sei es auch zu Ferienzwecken, keine Beherbergung (vgl. BVerwG Beschluss vom 08.05.1989 – 4 B 78.89 – NVzW 1989, 1060 = Juris Rn. 3). Bereits zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht formuliert, Vieles spreche dafür, dass die Nutzung „Betrieb des Beherbergungsgewerbes“ nicht die allgemeine Wohnnutzung (einschließlich der Nutzung als Zweitwohnung) und nicht die Ferienwohnung im Sinne des § 10 Abs. 4 BauNVO umfasst, weil die Baunutzungsverordnung die allgemeine Wohnnutzung und die Ferienwohnnutzung als städtebaulich relevante eigenständige Nutzungsarten neben der Nutzungsart „Beherbergungsbetriebe“ regelt (vgl. Beschluss vom 07.09.1984 – 4 N 3.84 – NVwZ 1985, 338 = Juris Rn. 20 f.). Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.1987 – 4 B 230/87 u.a (DÖV 1988, 382 = Juris) folgt nichts anderes. Zwar betrifft diese Entscheidung einen Fall, in dem die Vorinstanz (OVG Lüneburg, Urteil vom 20.05.1987 – 1 A 124/86 – BRS 47 Nr. 37) 10 Ferienwohnungen in zwei Häusern zusammengefasst als Betrieb des Beherbergungsgewerbes angesehen hatte; zu dieser Einordnung selbst verhält die Entscheidung sich aber mangels entsprechender Rüge nicht. Auch dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.04.1992 – 4 C 43.89 – (BVerwGE 90, 140 = Juris Rn. 16) lässt sich eine andere Auffassung nicht entnehmen, weil die Frage, ob ein Beherbergungsbetrieb („im weiteren Sinne“) vorliegt, wenn Appartements mit Kochgelegenheit ohne nennenswerte weitere Dienstleistungen an Montagearbeiter vermietet werden, ausdrücklich offen gelassen wird.

43

Ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes liegt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (vgl. BVerwG Beschluss vom 08.05.1989 – 4 B 78.89 – NVwZ 1989, 1060 = Juris Rn. 3). Diese Voraussetzungen sind jedenfalls dann erfüllt, wenn sich die Überlassung der Räume auf eine reine Übernachtungsmöglichkeit beschränkt, so dass der Gast ausstattungsbedingt auf die Inanspruchnahme weiterer Dienstleistungen angewiesen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.07.2006 – OVG 2 S 2.06 – BRS 70 Nr. 67 = Juris Rn. 8; s.a. OVG Münster, Beschluss vom 14.08.2007 – 10 A 1219/06 – NVwZ-RR 2008, 20 = Juris Rn. 9 ff.). Danach sind Hotels, Pensionen, Gasthöfe, Gästehäuser und Fremdenheime typische Betriebe des Beherbergungsgewerbes.

44

Ferienwohnungen sind entsprechend der – Ferienhäuser betreffenden – Bestimmung des § 10 Abs. 4 BauNVO auf Grund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Diese sind nach ihrer Ausstattung auf eine Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet, so dass die Voraussetzung für einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes, dass der häusliche Wirkungskreis nicht unabhängig gestaltet werden kann, nicht erfüllt ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.11.2013 – 1 LA 49/13 – NordÖR 2014, 81 = Juris Rn. 19 sowie Beschluss vom 18.07.2008 – 1 LA 203/07 – BRS 73 Nr. 168 = Juris Rn. 12; vg. a. OVG Münster, Urteil vom 17.01.1996 – 7 A 166/96 – S. 10 d. Urteilsabdrucks). Soweit der Beschluss des Senats vom 28.12.2007 – 3 M 190/07 – (Juris) zur Abgrenzung von Dauerwohnen und Ferienwohnen dahin gehend verstanden werden konnte, bei der Ferienwohnnutzung sei ein unabhängig zu gestaltender häuslicher Wirkungskreis nicht gegeben, hält der Senat daran nicht fest."

45

Dieser Auffassung schließt sich das erkennende Gericht ebenfalls an.

46

c. Darüber hinaus kommt auch eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Hier werden bereits die Grundzüge der Planung berührt.

47

Welche Festsetzungen eines Bebauungsplans zu den Grundzügen der Planung gehören, lässt sich nur von Fall zu Fall beantworten. Allgemein gilt jedoch, dass die Annahme, die Grundzüge der Planung seien berührt, desto näher liegt, je tiefer eine Abweichung von den Festsetzungen in das Interessengeflecht des Plans eingreift. Dabei sind nicht nur die Auswirkungen der in Rede stehenden Befreiung zu berücksichtigen, sondern auch die Folgen, die die Erteilung von Befreiungen in gleich gelagerten Fällen hätte (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 31 Rn. 21 m.w.N.). Die Grundzüge der Planung sind vorliegend bereits deshalb berührt, weil es sich nach der vorgenannten, auf den vorliegenden Fall weiterhin anwendbaren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern bei der Ferienwohnnutzung um eine eigenständige Nutzungsart handelt, die in einem allgemeinen oder reinen Wohngebiet nicht gebietsverträglich ist.

48

Nach alldem ist davon auszugehen, dass das Vorhaben der Kläger nach § 30 BauGB nicht genehmigungsfähig ist.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

50

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

51

Die Kammer hat die Berufung zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124a Abs. 2 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Der Ablehnungsbescheid und der Gebührenbescheid vom 15.05.2014 sowie der Widerspruchsbescheid vom 13.02.2015 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses auf dem Flurstück ... der Flur 1 der Gemarkung Wustrow zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage.

2

Mit Vorlage zur Genehmigungsfreistellung vom 30.10.2013, die am 16.12.2013 beim Beigeladenen einging, legte der Kläger Bauvorlagen für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit vier Wohneinheiten und Tiefgarage auf dem unbebauten Flurstück ..., Flur 1, Gemarkung Wustrow vor. Das Vorhabengrundstück befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 1 für das Gewerbegebiet Nord der Gemeinde Wustrow a. Darß vom 25.07.2002 (B-Plan). Bzgl. seines Inhalts wird auf ihn verwiesen. Mit Schreiben vom 08.01.2014 erklärte der Beigeladene, dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll.

3

Das Vorhabengrundstück liegt am Ende einer Stichstraße, die von der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Norderstraße in östlicher Richtung abgeht und deren Grundflächen im Eigentum der Gemeinde stehen. Sie ist und war auch früher nicht mit Straßenbeleuchtung versehen und bot auch keine Verbindung zu anderen Verkehrswegen. Die Stichstraße endet am Vorhaben- und am gegenüberliegenden Grundstück der Beigeladenen zu 2. (Flurstück .../6). Über sie sind mehrere Wohngebäude, darunter drei Doppelhaushälften auf den hintereinander liegenden Flurstücken .../11 – .../16 erreichbar. Die Stichstraße wird in östlicher Richtung bis zum Flurstück .../10 mittels eines Weges verlängert, der auf dem Vorhabengrundstück sowie auf den Flurstücken .../6 und .../10 mit unterschiedlichen Anteilen verläuft. Das Vorhabengrundstück grenzt mit einer Breite von ca. 1,15 m an die Stichstraße.

4

Am 07.06.1986 vereinbarten die Eigentümer derjenigen Grundstücke, die an dem Verlängerungsweg anliegen, jeweils einen insgesamt ca. drei Meter breiten Streifen ihrer Grundstücke zu dessen Errichtung bereitzustellen. Diese Vereinbarung war überschrieben mit:

5

„Vereinbarung über die Verlängerung des öffentlichen Weges vom Grundstück ... bis zum Grundstück ...“

6

und ist ausweislich der Vereinbarung für den Rat der Gemeinde Wustrow durch den Bürgermeister genehmigt worden. Seine Unterschrift findet sich darauf allerdings nicht.

7

Nach einem am 28.07.1986 erstellten „Festlegungsprotokoll“, das die Unterschrift des damaligen Bürgermeister trägt, zu einem am 25.07.1986 durchgeführten Gespräch, trafen die Anlieger des Weges eine Vereinbarung. Unter anderem kamen sie darin überein, dass die Stichstraße in der Breite eines bereits vorhandenen Weges, der über die o.g. Grundstücke verläuft, verlängert wird. Außerdem informierte das Protokoll darüber, dass die Eigentümerin des Vorhabengrundstücks zu einem unbestimmten Termin ein Eigenheim errichten wird. Im Hinblick auf den weiteren Inhalt wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

8

Mit Bescheid vom 15.05.2014 lehnte der Beklagte den Bauantrag mit der Begründung ab, dass den Bauvorlagen nicht zu entnehmen sei, wie das Grundstück verkehrlich erschlossen werde. Die dargestellte Zufahrt über die Stichstraße sei selbst bei der Annahme ungenügend, dass es sich bei ihr um eine öffentliche Verkehrsfläche handele. Das Grundstück grenze an sie mit lediglich einem Meter an.

9

Mit separatem Gebührenbescheid vom selben Tag setzte der Beklagte Kosten i.H.v. 1.047,07 € fest.

10

Gegen beide Bescheide erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.05.2014 Widerspruch und begründet diesen im Wesentlichen damit, dass von einer hinreichenden verkehrlichen Erschließung auszugehen sei. Dies werde aus den Vereinbarungen des Jahres 1986 deutlich. Zudem teile der Gebührenbescheid das Schicksal des Grundlagenbescheides.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2015, der dem Kläger am 17.02.2015 zugestellt worden ist, wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

12

Zur Begründung führte er ergänzend aus, dass die verkehrliche Erschließung des Vorhabengrundstücks allein mittels einer im Grundbuch einzutragenden Grunddienstbarkeit, die die Benutzung des Verlängerungsweges zu sichern habe, erreicht werden könne. Der anwendbare B-Plan treffe eine dahingehende Festsetzung.

13

Der Kläger hat am 16.03.2015 Klage erhoben.

14

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass es sich sowohl bei der Stichstraße als auch bei dem Verlängerungsweg um öffentliche Verkehrsflächen handele. Zwar seien diese nicht förmlich gewidmet worden, hätten aber bis zum Inkrafttreten des Straßen- und Wegegesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (StrWG-MV) die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besessen. Dies sei gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 StrWG-MV ausreichend. Ausweislich der Vereinbarungen des Jahres 1986 sei selbst der Rat der Gemeinde von öffentlichen Verkehrsflächen ausgegangen bzw. habe die Schaffung solcher Flächen erreichen wollen. Darüber hinaus sei die begehrte Baugenehmigung selbst dann zu erteilen, wenn nicht davon ausgegangen werde, dass es sich um öffentliche Verkehrsflächen handele. Stünden die relevanten Flurstücke - wie hier - im Eigentum der Gemeinde, könne eine ausreichende Erschließung angenommen werden, wenn die Gemeinde rechtlich gehindert wäre, den Anliegerverkehr zum Baugrundstück zu untersagen. Insoweit werde jedenfalls im Hinblick auf die Stichstraße auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen.

15

Sei sodann davon auszugehen, dass es sich bei der Stichstraße um eine öffentliche Verkehrsfläche handele, könne die Baugenehmigung nicht mehr wegen einer mangelnden verkehrlichen Erschließung versagt werden. Denn im Hinblick auf das in Anspruch zu nehmende Nachbargrundstück (.../6), auf dem seit mehr als 28 Jahren der Verlängerungsweg bestehe und zu deren Errichtung sich auch der Eigentümer dieses Grundstücks verpflichtet habe, trete keine Rechtsverschlechterung ein. Eine Eingriffsqualität der Baugenehmigung könne also nicht angeführt werden.

16

Außerdem nutze der Eigentümer des Nachbargrundstücks den gemeinsamen Weg selbst zur verkehrlichen Erschließung, sodass nachbarliche Verhältnisse entstanden seien, die eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bedingen würden. Unter Verweis auf eine Entscheidung des OVG Bremen sei deshalb von einer gesicherten Erschließung durch den Verlängerungsweg auszugehen.

17

Schließlich sei der gemeinsame Verlängerungsweg eine Grenzanlage i.S.v. § 921 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Somit bestehe ein grunddienstbarkeitsähnliches Nutzungsrecht zulasten des Grundstücks der beigeladenen Nachbarin, das eine ausreichende Sicherung des Überfahrtrechts darstelle.

18

Der Kläger beantragt,

19

1. den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15.05.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2015 zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses auf dem Flurstück ... der Flur 1 der Gemarkung Wustrow zu erteilen,

20

2. den Gebührenbescheid des Beklagten vom 15.05.2014 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 13.02.2015 aufzuheben,

21

3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

22

Der Beklagte beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Zur Begründung führt er aus, dass jedenfalls der Verlängerungsweg keine öffentliche Verkehrsfläche sei. Ein förmlicher Beschluss des Rates der Gemeinde fehle. Er sei auch nicht entbehrlich gewesen, da auch damals bereits eine Unsicherheit im Hinblick auf die Öffentlichkeit bestanden habe. Die Festlegungen des Bürgermeisters im Protokoll vom 28.07.1986 seien teilweise missverständlich und teilweise sei nicht klar, ob die angekündigte Vereinbarung mit der Eigentümerin des Vorhabengrundstücks durchgeführt worden sei. Zudem sei der Verlängerungsweg unbefestigt und amtlich nicht vermessenen gewesen, habe im Privateigentum gestanden und sei als Sackgasse ausgewiesen worden. Ebenfalls habe er damals wie heute allein der Erreichbarkeit von einigen wenigen privaten Grundstücken gedient. Ein Überfahrrecht müsse daher dauerhaft gesichert sein. Die im B-Plan festgesetzten Geh-, Fahr- und Leitungsrechte für den Verlängerungsweg würden keine ausreichende Sicherung der Zufahrt darstellen, da es erst der Umsetzung dieser Festsetzung durch die jeweiligen Grundstückseigentümer bedürfe.

25

Zudem sei ein Notwegerecht, so es denn entsprechend den Ausführungen des OVG Bremen überhaupt angenommen werden könne, ungeeignet, ein Vierfamilienhaus mit Tiefgarage ausreichend zu erschließen. Auch die Voraussetzungen des angeführten § 921 BGB lägen nicht vor, da zweifelhaft sei, ob beide Grundstücke tatsächlich durch den Weg bevorteilt seien. Das Nachbargrundstück der Beigeladenen zu 2. liege auch ohne den Verlängerungsweg in ausreichender Breite an der Stichstraße an, sodass es keine Vorteile aus dem Weg ziehe. Aber selbst wenn von einer gemeinsamen Grenzeinrichtung auszugehen sei, sei die damit einhergehende Befugnis unzureichend, eine im Grundbuch eingetragene privatrechtliche Dienstbarkeit zu ersetzen.

26

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge (Beiakte I) Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Klage ist begründet.

28

Die gegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in subjektiven Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

29

Er hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Die maßgeblichen Regelungen sind den §§ 59 Abs. 1, 72 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a) Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung vom 18.04.2006, zuletzt geändert am 20.05.2011 (LBauO MV) i.V.m. 29 Abs. 1, 30 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) und den Festsetzungen des Bebauungsplans zu entnehmen. Die Anwendung der Vorschriften der LBauO M-V in der genannten Fassung erfolgt nach § 87 LBauO M-V in der aktuellen Fassung, der die Weiterführung der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach den bisherigen Vorschriften normiert (vgl. auch Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 06. Januar 2016 – 3 M 72/15 –, Rn. 11, juris). Gem. § 59 Abs. 1 LBauO M-V bedarf die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen grdsl. einer Baugenehmigung. § 72 Abs. 1 LBauO M-V entsprechend ist dem Antragsteller eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind. Bei Wohngebäuden prüft die Bauaufsichtsbehörde nach § 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a) LBauO M-V die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 des Baugesetzbuches (Nr. 1), beantragte Abweichungen im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 Satz 2 (Nr. 2) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird (Nr. 3). Im bauaufsichtlichen Verfahren war dieser Prüfungsumfang anzusetzen. Der Kläger hat die Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses, mithin eines Wohngebäudes begehrt. Das Vorhaben ist auch nicht gem. § 62 Abs. 1 und 2 LBauO M-V von der Genehmigungspflicht freigestellt, da der Beigeladene zu 1. die Durchführung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens innerhalb eines Monats nach Zugang der erforderlichen Unterlagen erklärt hat, vgl. § 62 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 LBauO M-V.

30

Gem. § 30 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der - wie hier - allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Zwischen den Beteiligten steht nicht in Streit, dass bis auf die Frage der bauplanungsrechtlichen Erschließung diese Voraussetzungen vorliegen. Auch dem Gericht drängt sich die weitere bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit nicht auf.

31

Die Erschließung ist hier hinreichend gesichert. Ein Grundstück kann als erschlossen angesehen werden, wenn mindestens das Baugrundstück an das öffentliche Straßennetz angeschlossen, die Versorgung des Grundstücks mit Elektrizität und Wasser gewährleistet und die Abwasserbeseitigung geregelt ist (Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl., Rn. 1385 f.; Rixner/Biedermann/Steger, Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 1. Aufl., § 30 Rn. 35). Für die - hier allein strittige - verkehrliche Erschließung eines Wohngebäudes ist - vorbehaltlich besonderer Festsetzungen im einschlägigen Bebauungsplan - erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Grundstück mit Personenwagen und kleineren Versorgungsfahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen angefahren und zu Fuß betreten werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2006 – 9 C 4/05 –, Rn. 24, juris und Urteil vom 01. März 1991 – 8 C 59/89 –, BVerwGE 88, 70-79, Rn. 22; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 01. September 1997 – 2 S 661/96 –, Rn. 22, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 2 K 2617/04 –, Rn. 23, juris; Bracher/Reidt/Schiller, a.a.O., Rn. 1384; Rixner/Biedermann/Steger, a.a.O., § 34 Rn. 98).

32

Die Stichstraße ermöglicht aufgrund ihres Ausbauzustandes das Heranfahren an das Vorhabengrundstück mit o.g. Fahrzeugen. Zudem liegt es mit ca. 1,15 m an der Stichstraße an und kann somit von ihr aus betreten werden.

33

Ob die Stichstraße eine öffentliche Verkehrsfläche darstellt, kann vorliegend offengelassen werden. Auch ohne ihre Öffentlichkeit ist die wegemäßige bauplanungsrechtliche Erschließung des Vorhabengrundstücks gesichert. Ist nämlich ein Baugrundstück über ein im Eigentum einer Gemeinde stehendes Wegegrundstück, das dem allgemeinen Verkehr jedenfalls tatsächlich zur Verfügung steht, erreichbar, kann die Erschließung ausnahmsweise auch dann ausreichend gesichert sein, wenn die Gemeinde - trotz Fehlens einer förmlichen Widmung - auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu dem Baugrundstück zu untersagen. In Betracht kommen kann insoweit etwa der Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der Weg z.B. auch dem Zugang zu anderen ähnlich bebauten und genutzten Grundstücken dient (BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1990 – 4 C 45/88 –, Rn. 19, juris). Dies ist hier der Fall. Das Vorhabengrundstück ist über die Stichstraße und damit über Flurstücke zu erreichen, die vollständig im Eigentum der beigeladenen Gemeinde stehen. Sie dient darüber hinaus auch dem Zugang zu den Wohnhäusern auf den anliegenden, also anderen ähnlich bebauten und genutzten Grundstücken.

34

Im Zuge dessen ist auch der Gebührenbescheid vom 15.05.2014 aufzuheben. § 14 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungskostengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (VwKostG M-V) bestimmt, dass Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht erhoben werden. Vorliegend ist der Antrag des Klägers - wie dargestellt rechtswidrig - abgelehnt, die „Sache“ also unrichtig behandelt worden (s.o.), sodass Kosten für die Ablehnung des Bauantrages nicht zu erheben waren. Die Möglichkeit der Festsetzung von Kosten, die sich für den Beklagten aus der Erfüllung der Verpflichtung zur Erteilung der begehrten Baugenehmigung ergeben, bleibt hiervon unberührt.

35

Die weiteren Ausführungen der Beteiligten konnten wegen des Vorstehenden unberücksichtigt bleiben.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 HS 1, 162 Abs. 2 und 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

37

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war i.S.v § 162 Abs. 2 VwGO notwendig. Nach der Norm sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in Abgabenangelegenheiten auch einer der in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 genannten Personen, stets erstattungsfähig (Satz 1).

38

Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt (Satz 2). Notwendig ist die Zuziehung immer dann, wenn sie - wie hier - vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 162 Rn. 18).

39

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).

40

Gründe nach § 124 VwGO für die Zulassung der Berufung sind nicht gegeben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.