Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 08. Mai 2014 - 8 A 197/12

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2014:0508.8A197.12.0A
08.05.2014

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird auf 15.000,- € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Verpflichtung der Beigeladenen zur Beseitigung von auf ihrem Grundstück grenzständig errichteten Anlagen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A-Straße (Flurstück 47/21, Flur 3) in A-Stadt. Das klägerische Grundstück grenzt an das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück F-Straße (Flurstück 47/39, Flur 3). Die Grundstücke liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Das Grundstück der Beigeladenen ist aufgrund des natürlichen Gefälles höher gelegen als das Grundstück des Klägers. An der gesamten Grundstücksgrenze befindet sich auf dem Grundstück der Beigeladenen eine Stützwand aus mehreren einzelnen Betonelementen. Auf dem klägerischen Grundstück wurden ebenfalls grenzständig eine Garage und ein Geräteschuppen errichtet.

3

Im Rahmen des Neubaus eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück der Beigeladenen im Jahr 2010 ersetzte die streitgegenständliche Stützwand eine bereits zuvor vorhandene Stützwand. Von der Grundstücksgrenze zur Straße xxx bis zu der Höhe, wo sich die Garage und der Geräteschuppen befinden, steigt die Höhe der Betonelemente an. Die Elemente der Stützmauer, die sich hinter der Garage und dem Geräteschuppen befinden, sind vom klägerischen Grundstück aus nicht sichtbar. Das letzte sichtbare Element der Stützmauer vor der Garage ist - von der Geländeoberfläche des klägerischen Grundstücks aus gemessen - 1,63 m hoch. Die Stützwand im Bereich beginnend ab dem Geräteschuppen bis zur hinteren Grundstücksgrenze weist eine Höhe von weniger als 1,50 m auf. Der Kläger hat in diesem Bereich vor der Stützwand mehrere Grünpflanzen und Sträucher angepflanzt. Wegen der weiteren Einzelheiten zu der Beschaffenheit des klägerischen Grundstücks an der Grundstücksgrenze wird auf die bei dem Ortstermin angefertigten Lichtbilder verwiesen. Auf der Stützwand wurde etwa am Ende des Jahres 2010 ein sog. Stabmattenzaun in grüner Farbe errichtet.

4

Am 01.03.2010 beantragte die Beigeladene eine Genehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses mit einer Garage an der östlichen Grundstücksgrenze im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren. Die Beklagte erteilte die beantragte Genehmigung mit Bescheid vom 25.05.2010 (Baugenehmigung Nr. 0249/20410). Die Beigeladene modifizierte mit Schreiben vom 14.07.2010 ihren Bauantrag aufgrund einer Beschwerde des Klägers hinsichtlich der ursprünglich vorgesehenen Garage. Diese sollte nicht mehr an der östlichen Grundstücksgrenze errichtet werden. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Antragsunterlagen verwiesen (Bl. 1-11 Beiakte B). Die Beklagte erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 30.09.2010 die beantragte Nachtragsgenehmigung (Baugenehmigung Nr. 0955/2010). Gegenstand der jeweiligen Antrags- und Genehmigungsunterlagen für das Bauvorhaben war auch die Errichtung einer neuen grenzständigen Stützwand auf dem Grundstück der Beigeladenen als Ersatz für die zuvor bestehende Grenzwand (vgl. Bl. 14 Beiakte A und Bl. 5 Beiakte B).

5

Die Beigeladene zeigte gegenüber der Beklagten am 02.06.2010 schriftlich den Beginn der Bauarbeiten für den 14.06.2010 an (Bl. 40 Beiakte A). Die Fertigstellung der Arbeiten für den 15.11.2010 wurde gegenüber der Beklagten schriftlich am 04.11.2010 angezeigt (Bl. 41 Beiakte A).

6

Der Kläger legte gegen die Baugenehmigung vom 30.09.2010 am 02.11.2010 Widerspruch ein, mit dem er unter anderem vortrug, dass er durch die Stützmauer in seinen Nachbarrechten verletzt werde. Die Mauer sei laut Geländeschnittzeichnung in einigen Abschnitten höher als 1,50 m, in Teilbereichen sei sie über 2 m hoch. Im Falle der Errichtung einer gem. § 39 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 LBO notwendigen Umwehrung auf der Stützwand würde diese zusammen mit dem Zaun gegen § 6 LBO verstoßen, da von ihr eine gebäudegleiche Wirkung ausgehe und keine Abstandsflächen eingehalten würden. Die Mauer füge sich hinsichtlich ihrer Gestaltung und Größe auch nicht die Eigenart der näheren Umgebung ein. Zudem verstoße die Mauer gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Anhebung des Nachbargrundstückes mit dem Erfordernis der Abstützung durch die genehmigte Stützwand wirke außerordentlich störend und führe zu einer unzumutbaren optischen Einengung. Ferner führe das massive Bauwerk zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Vermietung von Ferienwohnungen durch den Kläger. Die Gäste seien zukünftig einem Ausblick auf eine massive Betonwand ausgesetzt.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2011, welcher dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 22.06.2011 zugestellt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Stützmauer auf dem Grundstück der Beigeladenen verstoße nicht gegen § 6 LBO, da von ihr keine Abstandsflächen einzuhalten seien. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz und 2 LBO seien nicht erfüllt. Von der Mauer gingen keine gebäudegleichen Wirkungen gem. § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO aus. Der Bereich vor der Garage sei 1,60 m hoch und reiche damit nicht an die gesetzlichen Höhenangaben von 2 m heran. Zwar sei der Bereich kurz hinter der Garage etwas höher als 2 m (2,29 m). Dies führe jedoch nicht zu der Annahme, dass von diesem Abschnitt eine gebäudegleiche Wirkung ausgehe. Dieser Bereich sei auch nicht 5 m lang. Der übrige Bereich der Grenzwand hinter der Garage sei nicht höher als 2 m und werde nach Fertigstellung auch nicht höher als 2 m sein. Die Grenzwand verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie füge sich in die Umgebung ein. Eine erdrückende Wirkung für den Kläger sei nicht erkennbar.

8

Mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 19.12.2011 trug der Kläger vor, dass auf dem Grundstück der Beigeladenen im Verlauf der Bauarbeiten eine nicht genehmigte, aber gem. § 63 Abs. 1 Nr. 8 LBO genehmigungspflichtige, Aufschüttung vorgenommen worden sei. Die Aufschüttung verstoße zudem gegen § 11 LNatschG.

9

Unter dem 03.01.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten gegen den zwischenzeitlich auf der Grenzwand errichteten Zaun einzuschreiten und die Beigeladene zu verpflichten, diesen zu entfernen. Die Mauer und der Zaun dürften nicht jeweils über 1,5 m hoch sein. Der Errichtung des Zaunes sei zudem genehmigungspflichtig, da die Voraussetzungen der Verfahrensfreiheit nach § 63 Abs. 1 Nr. 6 LBO nicht erfüllt seien. Die hierfür notwendige Höhenmessung müsse dabei von der natürlichen Geländeoberfläche des klägerischen Grundstücks aus erfolgen. Der auf die Mauer gesetzte Zaun bilde in Verbindung mit der Aufschüttung ein erdrückendes Bauwerk. Mauer, Zaun und Aufschüttung müssten zusammen betrachtet werden.

10

Mit Bescheid vom 16.05.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers, den sie als Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten ausgelegt hat, ab. Zur Begründung führte sie aus, dass über die Rechtmäßigkeit der grenzständigen Stützwand bereits in dem Widerspruchsverfahren gegen die Baugenehmigung vom 25.05.2010 entschieden worden sei. Die Beigeladene habe mit der Errichtung des Gebäudes auch die bereits zuvor bestehende Grenzwand erneuert. Der Höhenunterschied zwischen Grundstücken habe bereits zuvor bestanden. Der Umfang des zuvor vorhandenen Geländeverlaufs werde nicht überschritten. Die Höhe des beanstandeten Zaunes betrage nicht mehr als 1,50 m. Dieser sei daher genehmigungsfrei. Ein öffentliches Interesse an einem bauaufsichtlichen Einschreiten gegen die Beigeladene bestehe nicht, da ein Einschreiten nicht erforderlich sei.

11

Der Kläger legte den Ablehnungsbescheid unter dem 15.06.2012 Widerspruch ein und wiederholte sein Vorbringen, wonach auf dem Grundstück der Beigeladenen, insbesondere im Bereich der Garagenauffahrt, eine formell und materiell illegale Aufschüttung vorgenommen worden sei. Rechtfertigende Gründe für eine Aufschüttung würden auch nicht vorliegen. Die Aufschüttung habe in Verbindung mit der Stützwand und dem darauf errichteten Zaun eine erdrückende bzw. abriegelnde Wirkung. Daraus ergebe sich auch eine Pflicht der Beklagten zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten.

12

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2012 zurück und führte zur Begründung ergänzend Folgendes aus: Die streitgegenständliche Einfriedung füge sich gem. § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung ein, da sich in dieser Zaunanlagen in ähnlicher Höhe und Gestaltung befinden würden. Die Zaunanlage stelle in Verbindung mit der Stützwand auch keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme dar. Die von der Anlage ausgehenden Störungen und Belästigung würden die Grenze des für die Nachbarschaft Zumutbaren nicht überschreiten. Das Gelände des Grundstücks F-Straße befinde sich in einer Hanglage. Vom Grundstück A-Straße zum F-Straße steige das Gelände stetig an. Bereits durch diese Topographie bestünde zwischen den Grundstücken zwangsläufig ein Höhenunterschied. Eine im Zuge der Baumaßnahmen der Beigeladenen vorgenommene rechtswidrige Aufschüttung könne nicht nachgewiesen werden.

13

Bei der Zaunanlage handele sich zudem um eine offene Einfriedung, für die nach der Landesbauordnung keine Höhenbeschränkungen vorgegeben seien. Von der Stützwand in Verbindung mit der Zaunanlage gehe auch keine gebäudegleiche Wirkung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO aus, weshalb bei dieser grenzseitigen Einfriedung keine Abstandsflächen einzuhalten seien. Von der Stützwand mit der darauf befindlichen Zaunanlage gehe ferner keine erdrückende oder abriegelnde Wirkung aus. Die Anlage habe keine nennenswerten Auswirkungen auf die Belange der Belichtung, Belüftung und Besonnung des klägerischen Grundstücks aus.

14

Der Kläger hat unter dem 27.11.2012 Klage erhoben. Unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren trägt er ergänzend Folgendes vor:

15

Auf dem Grundstück der Beigeladenen befinde sich an der Grenze zum klägerischen Grundstück ein massiver Wall, welche durch Aufschüttungen entstanden sei. Der jetzt bestehende Höhenunterschied habe vor den Baumaßnahmen nicht bestanden. Diese Aufschüttung sei formell und materiell illegal. Die Aufschüttung sei nicht gem. § 63 Abs. 1 Nr. 8 LBO genehmigungsfrei und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie entfalte eine erdrückende und abriegelnde Wirkung, weil sie deutlich höher als das Wohnhaus des Klägers sei. Das Grundstück des Klägers werde teilweise verschattet, was auch deren Nutzbarkeit einschränke. Die Aufschüttung verstoße auch gegen § 15 BauNVO, da es auf die vorhandene Umgebung nicht die erforderliche Rücksicht nehme. Der Garten der Beigeladenen überrage die übrigen Gärten im gesamten Wohngebiet in der Höhe bei Weitem. Die mit dem höher gelegenen Garten verbundenen Einsichtsmöglichkeiten würden auch die Lebensführung des Klägers durch einen Verlust an Privatheit beeinträchtigen

16

Der Kläger beantragt sinngemäß,

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die Beklage unter Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2012 zu verpflichten, der Beigeladenen aufzugeben, die auf dem Grundstück F-Straße befindliche Mauer sowie den Zaun auf das zulässige Maß zurückzubauen und die Aufschüttung zu entfernen;
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Einschreiten gegen die auf dem Grundstück der Beigeladenen stehende Mauer- und Zaunanlage unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen und bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf die Ausführungen in den angefochten Bescheiden.

20

Die Beigeladene beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Die Beigeladene trägt vor, dass sie in dem Geländeprofil keine Änderungen vorgenommen habe. Sie habe keinen massiven Wall errichtet, ein solcher sei auch nicht vorhanden. Zwischen den Grundstücken bestehe aufgrund des Geländeprofils ein Höhenunterschied, im Grenzbereich von bis zu zwei Metern. Dieser Höhenunterschied habe bereits vor den Baumaßnahmen bestanden. Die streitgegenständliche Winkelstützwand ersetze lediglich die bereits zuvor vorhandene Stützwand. Die jetzige Mauer erreiche an keiner Stelle die Höhe von zwei Metern über dem Bodenlevel. Der auf der Mauer errichtete Zaun sei baurechtlich als Absturzsicherung geboten. Dieser Zaun sei - ebenso wie der Mauer - hinsichtlich seiner Höhe nicht zu beanstanden. Von der Stützwand gehe auch keine erdrückende oder abriegelnde Wirkung aus, da deren Höhe und Anordnung den topographischen Verhältnissen ihres Standortes geschuldet sei.

23

Mit Beschluss vom 17.02.2014 hat die Kammer den Rechtsstreit gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

24

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat eine Ortsbesichtigung stattgefunden. Die streitgegenständlichen Anlagen sowie die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen wurden in Augenschein genommen. Es wurden Lichtbilder gefertigt.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26

I. Der Hilfsantrag des Klägers war - entgegen seiner wörtlichen Formulierung in der Klageschrift vom 27.11.2012 - dahingehend auszulegen, dass der Kläger nach verständiger Würdigung seines Begehrens (vgl. § 88 VwGO) die Beseitigung der Mauer- und Zaunanlage auf dem Grundstück der Beigeladenen begehrt. Bei der Formulierung in der Klageschrift, dass die Beseitigung der Garage der Beigeladenen begehrt wird, handelt es sich offensichtlich um ein Versehen. Entlang der streitgegenständlichen Grundstücksgrenze befindet sich auf dem Grundstück der Beigeladenen keine Garage. Eine solche war bislang auch nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens.

27

II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 16.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf das beantragte bauaufsichtliche Einschreiten des Beklagten gegenüber der Beigeladenen wegen der streitgegenständlichen Anlagen (§ 113 Abs. 5 VwGO).

28

Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten setzt voraus, dass der Anspruchsinhaber in geschützten Nachbarrechten verletzt ist und das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde derart reduziert ist, so dass nur noch ein Einschreiten in der beantragten Art und Weise ermessensgerecht ist. Schließlich darf ein solcher Anspruch nicht verwirkt sein.

29

Als Anspruchsgrundlage für das von den Klägern begehrte Einschreiten des Beklagten in seiner Funktion als untere Bauaufsichtsbehörde kommt allein § 59 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LBO in Verbindung mit den nachbarschützenden Bestimmungen des Bauordnungsrechts, namentlich des in § 6 LBO geregelten Abstandsflächenrechts und in Verbindung mit drittschützenden Regelungen des Bauplanungsrechts einschließlich des grundsätzlich als drittschützend qualifizierten Gebots der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) in Betracht.

30

Nach § 59 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LBO kann die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen der pflichtgemäßen Wahrnehmung ihrer bauaufsichtlichen Aufgaben die die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können, oder wenn aufgrund des Zustandes einer Anlage auf Dauer eine Nutzung nicht zu erwarten ist, insbesondere bei Ruinen.

31

Weder die Errichtung der streitgegenständlichen Stützwand noch des darauf befindlichen Zaunes verstoßen jeweils für sich, aber auch zusammen betrachtet, gegen drittschützende Regelungen des Bauordnungs- oder Bauplanungsrechts im vorbeschriebenen, ein bauaufsichtliches Einschreiten rechtfertigenden bzw. gebietenden, Sinne. Der Kläger kann sich zudem nicht darauf berufen, dass er durch eine etwaige Aufschüttung auf dem Grundstück der Beigeladenen in seinen Nachbarrechten verletzt wird.

32

1. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger zunächst auf die vermeintlich fehlenden Baugenehmigungen für die Errichtung des Zaunes und die Vornahme einer vermeintlichen Aufschüttung.

33

Ein Nachbar kann aus der formellen Baurechtswidrigkeit einer baulichen Anlage allein keine Abwehransprüche herleiten. Die formelle Illegalität allein begründet kein Abwehrrecht des Nachbarn. Denn die Pflicht, ein Vorhaben vor seiner Verwirklichung bauaufsichtsbehördlich überprüfen zu lassen, obliegt dem Bauherrn allein im öffentlichen Interesse. Der Umstand, dass im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens auch solche Gesichtspunkte zu prüfen sind, die (nicht nur im öffentlichen, sondern zugleich) im nachbarlichen Interesse liegen, ändert daran nichts. Die Vorschriften über die Genehmigungs-pflichtigkeit baulicher Anlagen sind als solche nicht drittschützend (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 05.10.1990 - 7 C 55.89, 7 C 56.89 - juris; OVG Münster, Beschl. v. 16.03.2009 - 10 A 259/08 - juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.08.2004 - 1 LA 277/03 - juris, m.w.N.).

34

Möglicherweise fehlende Genehmigungen für Teile der baulichen Anlagen auf dem Grundstück der Beigeladenen reichen daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus, um einen Anspruch des Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten zu begründen. Es kann daher dahinstehen, ob der streitgegenständliche Zaun gem. § 63 Abs. 1 Nr. 6 b) LBO verfahrensfrei ist. Ebenso kann hier dahinstehen, ob eine möglicherweise vorgenommene Aufschüttung gem. § 63 Abs. 1 Nr. 8 LBO verfahrensfrei wäre. Dies gilt auch für den Fall einer Genehmigungspflicht nach naturschutzrechtlichen Vorschriften (LNatSchG o. BNatSchG).

35

2. Der Kläger kann sich hinsichtlich der streitgegenständlichen Stützwand und des auf ihr errichteten Stabmattenzauns nicht auf einen Verstoß gegen die nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach § 6 LBO berufen. Dies gilt sowohl, wenn man die Stützwand (a) und den Stabmattenzaun (b) jeweils für sich betrachtet, als auch im Falle einer einheitlichen Betrachtung der Grenzbebauung (c).

36

a) Ob eine abstandsflächenrechtliche Beurteilung der Stützwand bereits deshalb zu unterbleiben hat, weil sie nicht vom Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 LBO erfasst wird, kann vorliegend dahinstehen. Dies gilt, da es sich bei der Stützwand nicht um eine Gebäude handelt und § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO nicht anwendbar ist, allein für die Frage, ob - - unter Heranziehung der Maßstäbe des § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO - die Voraussetzungen einer gebäudeähnlichen Wirkung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO vorliegen. Maßgeblich für die Beurteilung der abstandsflächenrechtlichen Zulässigkeit der Stützwand, auch für den Fall der Annahme einer gebäudegleichen Wirkung, ist § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 LBO. Danach sind in den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen Stützwände und geschlossene Einfriedungen in Gewerbe- und Industriegebieten, außerhalb dieser Baugebiete mit einer Höhe bis zu 1,50 m, zulässig.

37

Für die Beurteilung der Frage, ob die hier maßgebliche Wandhöhe von 1,50 m überschritten wird, ist die Stützmauer aus der Sicht des Nachbargrundstücks aus zu betrachten (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 05.06.2013 - AN 3 K 12.01278 - juris; ähnlich VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 12.03.2012 - 5 L 112/12 - juris, wonach für die Frage, ob von einer baulichen Anlage Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen - jedenfalls wenn es um die Verletzung nachbarlicher Abwehrrechte geht - die Sicht des Nachbargrundstücks maßgebend ist.). Der nachbarschützende Zweck der Abstandsvorschriften gebietet es regelmäßig, die zulässige Höhe grenzständiger Anlagen nicht vom erhöhten Geländeniveau des Baugrundstücks, sondern von dem unveränderten des Nachbargrundstücks zu bemessen (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 28.09. - 8 A 10424/05.OVG - juris, m.w.N.).

38

Im Bereich des klägerischen Grundstücks zwischen dem Geräteschuppen bis zur hinteren Grundstücksgrenze überschreitet die Stützwand nach den Feststellungen im Ortstermin nicht die Höhe von 1,50 m. Dies gilt ebenso für die Elemente im vorderen Grundstücksbereich mit Ausnahme des letzten Elementes vor der klägerischen Garage. Soweit einzelne Elemente der Stützwand die Höhe von 1,50 m überschreiten, kann sich der Kläger jedoch nicht auf die Nichteinhaltung des § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 LBO berufen.

39

Hinsichtlich des Stützwandelementes direkt vor der klägerischen Garage hat der Kläger jedenfalls auch wegen der Geringfügigkeit einer etwaigen Verletzung von § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 LBO keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung dieses Stützelementes bestünde nur ausnahmsweise bei einer sog. Ermessensreduzierung zugunsten des Klägers. Das Ermessen wird dabei beeinflusst - einerseits - durch Zahl und Art der Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften und - andererseits - durch das Ausmaß der davon ausgehenden Beeinträchtigungen für das Nachbargrundstück. Eine solche Ermessensreduzierung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Nachbarrechte der Klägerin in besonders gravierender Weise beeinträchtigt werden (OVG Schleswig, Beschl. v. 05.09.2008 - 1 LA 53/08 - n.v.; Urt. v.19.04.2012 - 1 LB 4/12 - juris). Das betreffende Stützwandelement würde das zulässige Höchstmaß um lediglich 13 cm überschreiten. Ferner läge eine Überschreitung nur auf der Breite des konkreten Stützwandelementes vor. Der erkennende Einzelrichter kann nach dem im Rahmen des Ortstermins gewonnenen Eindruck nicht feststellen, dass mit dieser Überschreitung eine mehr als geringfügige Beeinträchtigung für das klägerische Grundstück verbunden ist. Die durch das Abstandsflächenrecht hauptsächlich geschützten Belange - Belichtung, Besonnung, Belüftung - werden durch das betreffende Wandelement nur unwesentlich mehr beeinträchtigt, als dies vom Gesetzgeber mit der Regelung in § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 LBO ohnehin als zumutbar bewertet wurde. Ferner ist in diesem Fall der vordere Grundstücksbereich betroffen, der vom Kläger lediglich als Garagenauffahrt und nicht zum dauerhaften Aufenthalt genutzt wird. Jedenfalls werden die Nachbarrechte des Klägers durch dieses Element nicht in besonders gravierender Weise beeinträchtigt.

40

Auf die Nichteinhaltung von § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 LBO für den Bereich entlang der Garage und des Geräteschuppens auf dem klägerischen Grundstück, in dem die Stützwand eine Höhe von über 1,50 m erreicht, kann sich der Kläger nicht berufen, da er hier selbst die Abstandsflächen in Anspruch nimmt.

41

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des OVG Schleswig und anderer Obergerichte (vgl. jüngst OVG Schleswig, Beschl. v. 04.05.2011 - 1 MB 5/10 -, NordÖR 2011, 33 und Beschl. v. 13.05.2013 - 1 MB 4/13 - n.v.; OVG Schleswig, Beschl. v. 30.11.1999 - 1 M 122/99 - unter Hinweis auf Rspr. des OVG Lüneburg; OVG Münster, Beschl. v. 30.08.2012 - 2 B 983/12 - juris, m.w.N; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.12.2012 - OVG 2 S 44.12 - juris, m.w.N.; zur Rspr. des VGH München vgl. Dohm/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, Kommentar zur BayBO, 114. EL 2013, Art. 6 Rn 607 m.w.N.), dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben bzw. der unzulässigen Rechtsausübung grundsätzlich gehindert ist, die Unterschreitung der erforderlichen Abstandsfläche gegenüber der Grenze seines Grundstücks zu rügen. Es können in derartigen Situationen nur solche Rechtsverstöße abgewehrt werden, die den Eigentümer stärker beeinträchtigen als sein eigener Rechtsverstoß das Nachbargrundstück beeinträchtigt. Für die Vergleichbarkeit der Verstöße ist neben dem Grenzverlauf auch die Qualität der beeinträchtigten Belange (z.B. Brandschutz, Belichtung, Belüftung und Besonnung des Nachbargrundstücks sowie Wahrung eines ausreichenden Sozialabstands) unter Berücksichtigung aller Besonderheiten des Einzelfalls von Bedeutung (OVG Münster, Beschl. v. 30.08.2012 - 2 B 983/12 - juris, m.w.N.). Ein nachbarliches Abwehrrecht gegen eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften besteht dagegen dann nicht mehr, wenn dem Grundstückseigentümer ein vergleichbar gewichtiger materiell-rechtlicher Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften zu Lasten des Nachbarn zuzurechnen ist. Hierbei ist eine quantitativ und qualitativ wertende Betrachtung der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen vorzunehmen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.12.2012 - OVG 2 S 44.12 - juris; m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn sich der - klagende - Grundstückseigentümer hinsichtlich seines Verstoßes auf eine durch eine Erteilung einer Baugenehmigung formell abgesicherte Position berufen kann bzw. wenn die Anlagen seinerzeit in Übereinstimmung mit dem geltendem Recht errichtet wurden (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; Beschl. v. 30.11.1999 - 1 M 122/99 - n.v.; Domning/Möller/Suttkus, Kommentar zur LBO, 3. Aufl. 2010, 11. EL., § 6 Rn 10 m.w.N.; vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 07.08.1997 - 7 A 150/96 - BRS 59 Nr. 193; OVG Lüneburg, Urt. v. 12. 09.1984 - 6 A 49/83 - BRS 42 Nr. 196). Maßgeblich sind insoweit die sichtbaren tatsächlichen Verhältnisse und dass die Anlage den (jetzt) erforderlichen Grenzabstand nicht einhält (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 05.10.1999 - 1 EO 698/99 - BauR 200, 869; OVG Lüneburg, Urt. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - BauR 1999, 1163; OVG Schleswig, Urt. v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; Beschl. v. 30.11.1999, a.a.O.).

42

Die vorgenannten Voraussetzungen für den Ausschluss eines Anspruchs auf bauaufsichtliches Einschreiten liegen vor. Unabhängig von der Frage, ob die Anlagen des Klägers mit § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 (Garagen) und Nr. 3 (sonstige Gebäude ohne Aufenthaltsräume) LBO vereinbar sind, ist die Inanspruchnahme der Abstandsflächen durch diese Anlagen mit der Inanspruchnahme der Abstandsflächen durch die Stützwand und mit daraus folgenden Auswirkungen auf die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts quantitativ und qualitativ mindestens vergleichbar. Im Grunde genommen werden die - vor allem optischen - Wirkungen der Stützwand durch die Garage und den Geräteschuppen aufgehoben, da die Wand in diesem Bereich vom klägerischen Grundstück aus nicht sichtbar ist. Die Belange der Belichtung, Belüftung und Besonnung sowie des Brandschutzes werden in diesem Bereich des klägerischen Grundstücks nicht beeinträchtigt.

43

b) Der auf der Stützwand errichtete Zaun verstößt - isoliert betrachtet - nicht gegen § 6 LBO. In den Abstandsflächen sowie ohne eigene Abstandsflächen sind gem. § 6 Abs. 8 LBO untergeordnete bauliche Anlagen wie offene Einfriedungen zulässig. Offene Einfriedungen müssen, wie z.B. Weidezäune oder Maschendrahtzäune, durchsichtig sein und dürfen nicht wie eine geschlossene Wand wirken. Dies ist zum Beispiel dann nicht der Fall, wenn die Zaunteile breiter sind als die Zwischenräume (vgl. Domning/Möller/Suttkus, Kommentar zur LBO, 3. Aufl. 2010, 11. EL., § 6 Rn 123). Bei dem streitgegenständlichen Zaun handelt es sich um eine offene Einfriedung. Er ist durchsichtig und hat, wie es sich bei der Inaugenscheinnahme im Rahmen des Ortstermins gezeigt hat, nicht die Wirkung einer geschlossenen Wand.

44

c) Die Stützwand und der Stabmattenzaun verstoßen auch zusammen betrachtet nicht gegen die abstandsflächenrechtlichen Vorgaben des § 6 LBO.

45

Der Sinn und Zweck der nachbarschützenden Vorschriften des § 6 LBO gebietet es zwar, die Stützwand und den Zaun als Gesamtanlage zu betrachten (so auch VGH München, Beschl. v. 10.10.2002 - 26 ZB 99.3754 - juris). Die in § 6 LBO geregelten Vorgaben zur Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit grenzständig errichteter baulicher Anlagen dürfen insbesondere nicht dadurch umgangen werden, dass die in den Abstandsflächen nach § 6 Abs. 7 LBO zulässige Anlagen derart miteinander kombiniert werden, dass zwar jede Anlage für sich errichtet werden kann, aber von der Gesamtanlage Wirkungen ausgehen, die auf die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts in erheblicher Weise einwirken.

46

Die Gesamtanlage Mauer/Zaun wird vorliegend jedoch nicht vom Anwendungsbereich des § 6 LBO erfasst. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 bis 3 LBO liegen nicht vor. Bei der Gesamtanlage handelt es sich nicht um ein Gebäude gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO. Es handelt sich auch nicht um eine andere Anlage, von denen Wirkungen wie von einem Gebäude ausgehen, § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO gehen Wirkungen wie von einem Gebäude von Anlagen insbesondere dann aus, wenn sie länger als 5 m und höher als 2 m. Bei der Beurteilung der Frage, ob von Anlagen gebäudeähnliche Wirkungen ausgehen, ist auf die Wirkungen abzustellen, die zu den Schutzgütern der Regelungen der Abstandsflächen gehören. Hierzu gehören die Sicherung der ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung, der Schutz vor Brandübertragung und der nachbarliche Wohnfrieden. Die in § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO genannten Maße sollen lediglich eine grobe Orientierung ermöglichen, jedoch einer Einzelfallbeurteilung nicht im Wege stehen. Bei dieser Beurteilung sind die Gefahren, unzumutbare Belästigungen und Nachteile maßgebend, vor denen die Abstandsregelungen schützen sollen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, a.a.O., § 6 Rn 126 f. m.w.N.; OVG Weimar, Urt. v. 14.03.2012 - 1 KO 261/07 - juris, m.w.N.).

47

Nach dem Eindruck, den der erkennende Einzelrichter durch die Inaugenscheinnahme der Gesamtanlage gewonnen hat, kann - unabhängig von den Vorgaben des § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO - liegt eine gebäudegleiche Wirkung der Gesamtanlage im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO nicht vor. Für den Bereich entlang der Garage und des Geräteschuppens auf dem klägerischen Grundstück folgt dies schon aus den bereits genannten Gründen. Die Stützwand ist in diesem Bereich nicht sichtbar. Der auf ihr errichtete Zaun ist durchsichtig und beeinträchtigt die Belange der Besonnung, Belichtung und Belüftung nicht. Dies gilt auch für den Bereich vom Geräteschuppen bis zur hinteren Grundstücksgrenze. Der Zaun führt wegen seiner Durchsichtigkeit zu keiner Verschattung des klägerischen Grundstücks. Die Belüftung wird ebenfalls nicht beeinträchtigt. Die optischen Einwirkungen der Stützwand in diesem Bereich werden nahezu vollständig durch die vor ihr auf dem klägerischen Grundstück angepflanzten Sträucher und Hecken aufgehoben. Im Übrigen wären auch die Auswirkungen der Gesamtanlage auf die durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange ohne die Bepflanzung als lediglich geringfügig zu bewerten. Letztlich weist auch die Gesamtanlage im vorderen Grundstücksbereich (zwischen Garage und Passatweg) aus den bereits genannten Gründen keine gebäudeähnliche Wirkung auf. Der auf der Mauer errichtete Zaun führt wegen seiner Durchsichtigkeit nicht zur Beeinträchtigung bei der Besonnung und Belüftung des klägerischen Grundstücks.

48

Eine Beeinträchtigung des Wohnfriedens durch die Gesamtanlage ist ebenfalls nicht erkennbar. Der unmittelbare Grenzbereich auf dem klägerischen Grundstück dient nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Im vorderen Grundstücksbereich befindet sich die Garagenauffahrt, an die sich die Garage und der Geräteschuppen anschließen. Im hinteren Grundstücksbereich befinden sich Sträucher, Hecken und Blumenrabatten. Aspekte des Brandschutzes sind wegen der bei der Gesamtanlage verwandten Materialen (Beton und Metall) ebenfalls nicht betroffen.

49

Die vorgenannten Ausführungen und die Ablehnung einer gebäudegleichen Wirkungen der „Grenzanlagen“ auf dem Grundstück der Beigeladenen gelten auch uneingeschränkt für den Fall, dass dort eine - wie vom Kläger behauptet - ungenehmigte Aufschüttung vorgenommen wurde und der Höhenunterschied zwischen den Grundstücken nicht allein auf natürlichen Gegebenheiten beruhen sollte. Insoweit ist die tatsächliche Situation auf dem Grundstück der Beigeladenen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich. Von der „Grenzanlage“ (etwaige Aufschüttung i.V.m. der Stützwand und dem Zaun) auf dem Grundstück der Beigeladenen gehen nach dem durch die Inaugenscheinnahme gewonnenen Eindruck keine gebäudeähnlichen Wirkungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO aus.

50

3. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) oder andere drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts berufen. Dies gilt sowohl für die isolierte Betrachtung Stützwand (a) als auch für die Gesamtanlage aus Stützwand, Zaun und der vermeintlichen Aufschüttung (b).

51

a) Soweit sich der Kläger auf eine Verletzung drittschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts allein durch die Stützwand beruft, hat er seine Abwehrrechte bereits materiell verwirkt.

52

Als ein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass verfahrensrechtliche oder materiell-rechtliche Abwehrrechte des Nachbarn nicht mehr geltend gemacht werden können. Verwirkung tritt ein, wenn der Berechtigte „längere Zeit“ von seinem Abwehrrecht keinen Gebrauch macht und der Verpflichtete deswegen darauf vertraut, dass solche Abwehrrechte nicht geltend gemacht werden und die erfolgreiche Durchsetzung solcher Rechte mit erheblichen Nachteilen für den Verpflichteten verbunden wäre. Wann die Untätigkeit das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigt, Abwehrrechte würden nicht mehr geltend gemacht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich ist insofern, wann und aufgrund welcher Umstände die Berechtigten Anlass hatten, sich bei dem Störer zu melden und sich über die Beeinträchtigung ihrer Rechte zu beschweren (vgl. Domning/Möller/Bebensee, Kommentar zur LBO, 3. Aufl., 16. EL 2013, § 59 Rn 123 m.w.N.). Der maßgebliche Zeitraum für die Untätigkeit des Nachbarn ist zwar deutlicher länger zu bemessen als die normale Widerspruchsfrist von einem Monat nach den §§ 70, 58 Abs. 1 VwGO. Die Verwirkung kann jedoch schon vor Ablauf der Jahresfrist der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO eintreten (vgl. Domning/Möller/Bebensee, a.a.O., § 59 Rn 130 m.w.N. zur Rspr. des BVerwG und des OVG Schleswig). Voraussetzung für die materielle Verwirkung ist zudem, dass der Nachbar hinreichend sichere Kenntnis über einen möglichen Eingriff in seine geschützte Rechtsstellung erlangt hat oder jedenfalls hätte erlangen können (BVerwG, Beschl. v. 18.01.1988 - 4 B 257/87 - juris).

53

Die vorgenannten Voraussetzungen der materiellen Verwirkung liegen vor. Der Kläger hat gegen die der Beigeladenen im Jahr 2010 erteilte Baugenehmigung, welche auch die Errichtung der Stützmauer beinhaltete, zunächst am 02.11.2010 Widerspruch mit der Begründung eingelegt, dass diese ihn in seinen Nachbarrechten verletzte. Da der Kläger sich zur Begründung des Widerspruchs auch auf die in den Genehmigungsunterlagen enthaltene Geländeschnittzeichnung bezog, hatte er auch hinreichend sichere Kenntnis von den maßgeblichen Umständen für eine mögliche Nachbarrechtsverletzung. Der Kläger ist nach Zurückweisung des Widerspruchs am 22.06.2011 zunächst untätig geblieben. Die Baugenehmigung ist mangels Klageerhebung bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft der im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung erfasst auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen. Allein deshalb kann der Kläger keinen Verstoß mehr gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften rügen. Der Kläger hat dann erst im Dezember 2011 gegenüber der Beklagten die Rechtswidrigkeit der grenzständigen Anlagen gerügt. Die Beigeladene brauchte jedoch circa sechs Monate nach Erlass des Widerspruchsbescheides und mehr als ein Jahr nach der Fertigstellungsanzeige (Fertigstellung bis zum 15.11.2010) nicht mehr davon auszugehen, dass der Kläger wegen einer etwaigen Rücksichtslosigkeit der Stützwand ein bauaufsichtliches Einschreiten begehrt.

54

b) Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sowohl durch die einzelnen Anlagen (Stützwand und Zaun) als auch durch die Gesamtanlage lässt sich zudem nicht feststellen.

55

Das Gericht schließt sich zunächst den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten an, § 117 Abs. 5 VwGO. Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Es ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich, umfangreich zu prüfen, ob sich das Vorhaben der Beigeladenen gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Diese Vorschrift ist nämlich nicht stets und generell drittschützend (BVerwG, Urt. v. 13.06.1969 - 4 C 234.65 - juris; OVG Schleswig, Beschl. v. 17.01.2012 - 1 MB 33/11 - n.v.). Drittschutz kommt dieser Vorschrift nur dann zu, wenn das in dieser Vorschrift verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das Bestandteil des Merkmals des Sich-Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB ist, verletzt wird. In der Regel ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen, wenn sich ein Vorhaben nach seiner Art oder seinem Maß, seiner baulichen Nutzung, nach seiner Bauweise oder nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt. Das Rücksichtnahmegebot ist allerdings keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 - 4 B 128/98 - juris). Die Einhaltung der landesrechtlichen Regelungen über die erforderlichen Abstandsflächen (§ 6 LBO) spricht regelmäßig gegen eine „erdrückende“ oder „abriegelnde“ Wirkung eines Bauvorhabens (OVG Schleswig, Beschl. v. 04.12.2003 - 1 MB 35/03 - n.v.). Allerdings kann es Fälle geben, in denen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot auch dann verletzt ist, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind (BVerwG, a.a.O.). Somit ist in jedem Fall, also auch wenn die Vorgaben von § 34 Abs. 1 BauGB eingehalten sind, eine die konkreten Verhältnisse vor Ort berücksichtigende Bewertung des nachbarlichen Austauschverhältnisses erforderlich.

56

Eine gegen dieses Gebot der Rücksichtnahme verstoßende optisch bedrängende Wirkung, wie sie vom Kläger vorgetragen wird, wird in Rechtsprechung angenommen, wenn dem Bauvorhaben wegen seiner Höhe und Breite gegenüber dem Nachbargrundstück eine „erdrückende“ bzw. „erschlagende“ Wirkung zukommt (BVerwG, Urteile v. 13.03.1981 - 4 C 1/78 - und vom 23.05.1986 - 4 C 34/85 - juris). Diese Voraussetzungen werden insbesondere dann angenommen, wenn die baulichen Dimensionen des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort das Gefühl des „Eingemauert Seins“ oder eine „gefängnishofähnliche Situation“ hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Eine Veränderung der bisherigen Situation und sich daraus ergebende Unbequemlichkeiten reichen nicht aus. Die in den gewählten Ausdrücken bzw. Bilder liegende Dramatik ist danach ernst zu nehmen (VG Schleswig, Beschlüsse v. 27.01.2014 - 2 B 4/14 - und 11.04.2014 - 8 B 9/14 - n.v.). Ein solcher Fall wird nur in seltenen Fällen einer „wirklich“ bedrängenden oder erdrückenden Wirkung eines Bauvorhabens zu sehen sein, nämlich wenn gravierende und nicht zu bewältigende Nutzungskonflikte entstehen (OVG Schleswig, Beschluss vom 25.10.2012 - 1 MB 38/12 - n.v.). Mehr als die Einhaltung der bauordnungsrechtlich vorgesehenen Abstandsflächen kann ein Nachbar im Regelfall nicht verlangen (OVG Schleswig, Beschl. v. 11.11.2010 - 1 MB 16/10 -; OVG Berlin Brandenburg, Beschl. v. 30.10.2009 - 10 S 26/09 - juris; OVG B-Stadt, Beschl. v. 26.09.2007 - 2 BS 188/07 - NordÖR 2008, 73; Beschl. der Kammer vom 12.03.2014 - 8 B 4/14 -, bestätigt durch OVG Beschl. 27.06.2014 - 1 MB 7/14 - n.v.).

57

Unter Anwendung dieser Grundsätze lässt sich die erforderliche „schwerwiegende“ Verletzung des Rücksichtnahmegebots hier nicht feststellen. Die Stützwand hat auch in Verbindung mit dem Zaun - unabhängig davon, dass sich der Kläger nicht auf einen Verstoß gegen § 6 LBO berufen kann - weder eine erdrückende noch eine abriegelnde Wirkung. Wie bereits bei der Frage der gebäudegleichen Wirkung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO ausgeführt, ist die Stützmauer auf einem Großteil des klägerischen Grundstücks überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang sichtbar. Der Zaun ist licht- und luftdurchlässig. Eine das klägerische Grundstück erdrückende Wirkung durch die Gesamtanlage lässt sich nach dem durch die Inaugenscheinnahme gewonnen Eindruck nicht feststellen. Dies gilt auch für den Fall, dass von der Beigeladenen eine - wie vom Kläger behauptet - ungenehmigte Aufschüttung vorgenommen wurde. Das Gericht hat im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für den Anspruch auf ein bauaufsichtliches Einschreiten gem. § 59 Abs. 1 LBO den tatsächlichen Zustand an der Grenze zwischen den streitgegenständlichen Grundstücken zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu bewerten. Die Beurteilung eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme durch die Gesamtanlage an der Grundstücksgrenze würde somit auch das Vorhandensein einer vermeintlichen Aufschüttung auf dem Grundstück der Beigeladenen umfassen. Hier sind - auch unter Berücksichtigung einer vermeintlichen Aufschüttung - aus den bereits genannten Gründen keine Umstände ersichtlich, aus denen sich eine solche schwerwiegende Rücksichtslosigkeit im Sinne einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung der „Grenzanlagen“ auf dem Grundstück der Beigeladenen ergibt.

58

Eine Rücksichtlosigkeit vermag der erkennende Einzelrichter auch nicht darin zu erkennen, dass das Grundstück der Beigeladenen gegenüber dem klägerischen Grundstück erhöht liegt und eine gewisse Einsichtsmöglichkeit in das Grundstück des Klägers eröffnet wird. Unabhängig von der Frage, ob der vorzufindende Höhenunterschied zwischen den Grundstücken auf die natürlichen - topographischen - Gegebenheiten vor Ort bzw. ganz oder teilweise auf eine vermeintliche Aufschüttungen zurückzuführen ist, sind solche Einsichtsmöglichkeiten in der Regel hinzunehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte gibt es in der Regel weder einen Schutz vor Verschlechterung der Aussicht noch vor Einsichtsmöglichkeiten in bestehende Wohn- oder Ruhebereiche. Das Gebot der Rücksichtnahme bietet in aller Regel keinen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten auf Grundstücke (vgl. z.B. VGH München, Beschl. v. 06.08.2010 - 15 CS 09.3006 - juris, m.w.N.; OVG Schleswig, Beschl. v. 16.10.2009 - 1 LA 42/09 - juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 03.03.2008 - 8 S 2165/07 - juris; OVG Münster, Urt. v. 12.09.2006 - 10 A 2980/05 - juris). Insbesondere in bebauten innerörtlichen Bereichen - wie hier - gehört es zur Normalität, dass von benachbarten Grundstücken bzw. Gebäuden aus Einsicht in das eigene Grundstück und in Gebäude genommen werden kann (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 31.05.2011 - 1 A 296/06 -, juris; OVG B-Stadt, Beschl. v. 26.09.2007 - 2 Bs 188/07 -, ZfBR 2008, 73). Ein Nachbar kann unter dem Blickwinkel etwaiger Einsichtsmöglichkeiten grundsätzlich keine Rücksichtnahme verlangen, die über den Schutz hinausgeht, der diesen Interessen durch die Grenzabstandsvorschriften zuteil wird. Die Grenze des Zumutbaren wird erst dann überschritten, wenn ein Vorhaben Einsichtsmöglichkeiten auf das Nachbargrundstück eröffnet, die über das hinzunehmende Maß hinausgehen, etwa wenn ein Balkon in unmittelbarer Nähe zu einem vorhandenen Schlafzimmerfenster errichtet werden soll oder wenn eine Dachterrasse aus kurzer Entfernung Einsichtsmöglichkeiten nicht nur in einen Innenhof, sondern auch in die Fenster eines Nachbargebäudes eröffnet (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.12.2011 - 2 M 162/11 - BeckRS 2012, 46098, m.w.N.). Die mit der erhöhten Lage des Grundstücks der Beigeladenen verbundenen Einsichtsmöglichkeiten auf das klägerische Grundstück erreichen nicht das Ausmaß einer den Kläger unzumutbaren Beeinträchtigung. Insbesondere liegen keine unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten in die Wohn- und Ruhebereiche des Klägers vor. Im unmittelbaren Bereich der Grundstücksgrenze sind Wohn- und Ruhezonen nicht vorhanden. Gründe, die vorliegend eine andere Beurteilung könnten, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht hinreichend vorgetragen.

59

Eine Verletzung anderer, ebenfalls drittschützender, Vorschriften des Bauplanungsrechts ist weder ersichtlich noch vom Kläger hinreichend vorgetragen worden.

60

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig. Die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und ist somit auch ein Kostenrisiko entsprechend § 154 Abs. 3 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO eingegangen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

61

IV. Der Wert des Streitgegenstandes ist gem. § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Zugrundelegung der regelmäßigen Wertannahmen des Berufungsgerichts festgesetzt worden.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

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(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

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(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

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(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu e

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer, Einzelrichter - vom 22.04.2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf

15.000,-- Euro

festgesetzt.

Gründe

1

Der Zulassungsantrag bleibt erfolglos, denn die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

1) Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO); jedenfalls rechtfertigen die dargelegten Gründe (§ 124 a Abs. 4 S. 4 VwGO) solche Zweifel nicht. Nach Aktenlage spricht vielmehr alles dafür, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu recht abgewiesen hat. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte gegen die Beigeladene die begehrte Nutzungsuntersagung mit Zwangsgeldandrohung erlässt. Diese Maßnahme steht gemäß §§ 86 Abs. 1 S. 3 LBO, 228 ff LVwG im Ermessen der Behörde. Einzelne Überschreitungen der Baugenehmigung braucht der Beklagte danach keineswegs unter Androhung eines Zwangsgeldes zu verbieten. Eine Verpflichtung hierzu besteht nur ausnahmsweise bei einer sogenannten Ermessensreduzierung zu Gunsten der Klägerin. Eine solche Ermessensreduzierung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Nachbarrechte der Klägerin in besonders gravierender Weise beeinträchtigt werden. Dies gilt auch für Rechte der Klägerin, die auf den Nebenbestimmungen der Baugenehmigung in Verbindung mit der zivilrechtlichen Vereinbarung mit der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beruhen. Die Auffassung der Klägerin, dass eine Verletzung dieser Rechte regelmäßig ein ordnungsbehördliches Einschreiten erfordere, teilt der Senat nicht. Auch insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze nach §§ 86 Abs. 1 S. 3 LBO, 228 ff LVwG. Besonders gravierende Verstöße sind hier nicht erkennbar. Dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Gründen, auf die der Senat Bezug nimmt, ausgeführt (zur Beurteilungsgrundlage des Verwaltungsgerichts und dem Erfordernis, weitere Beweise zu erheben vgl. unten zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 3 Nr. 5 VwGO). Auf die Frage, ob – wie das Verwaltungsgericht meint – unzulässige Reifenwechsel an Lkws auf dem Vorplatz noch weniger störend empfunden werden, wenn die Lärmschutzwand vollständig repariert wird, kommt es nicht an, denn dieser Gesichtspunkt war für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Es hat auf diesen Gesichtspunkt nur ergänzend abgestellt. Unabhängig davon überzeugt der Hinweis der Klägerin, dass der Montagelärm vom Grundstück der Beigeladenen nach einer Reparatur der Lärmschutzwand sogar noch stärker empfunden werde als im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung, nicht. Ihre in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, die Öffnung der Lärmschutzwand sei zur Straße ausgerichtet, widerspricht den Feststellungen des Verwaltungsgerichts. In der in Gegenwart der Klägerin und ihrem Rechtsanwalt aufgenommenen Niederschrift über die Beweisaufnahme und die mündliche Verhandlung vom 22. April 2008 heißt es, dass „an der Lärmschutzwand zur Seite der Firma Helm in ein … Stück der Lärmschutzwand“ fehle.

3

2. Es liegt auch kein erheblicher Verfahrensfehler vor. Das Verwaltungsgericht war insbesondere nicht verpflichtet, weitere Beweise zu erheben. Es hat eine Ortsbesichtigung durchgeführt und die mit Schriftsatz der Klägerin vom 29. Januar 2008 vorgelegten Dokumente und Fotos gewürdigt. Weitere Beweise zu erheben, insbesondere eine Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen war nicht erforderlich, weil vereinzelte Verstöße gegen die Baugenehmigung unstreitig sind und mit den Beweisanträgen kein substantiierter Sachverhalt unter Beweis gestellt wurde, aus dem eine Ermessensreduzierung zu Gunsten der Klägerin abgeleitet werden könnte. Auch die Klägerin hat sich von einer Zeugenvernehmung offenbar keine weiteren entscheidungserheblichen Erkenntnisse versprochen; anderenfalls hätte es nahegelegen, in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag zu stellen.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

5

Der Senat hält es für billig, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil diese keinen Sachantrag gestellt und sich somit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

6

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

7

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

8

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 8. Kammer - vom 06. Dezember 2011 geändert:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 04. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010 verpflichtet, gegen die auf dem Grundstück … (Flurstück …, Flur …, Gemarkung …) im Jahre 2007 errichtete Baulichkeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts weitergehend bauaufsichtlich einzuschreiten.

Die Kosten des Verfahrens haben die Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger und der Beigeladene sind Nachbarn. Der Beigeladene hat auf seinem Grundstück - … in Kiel - eine Doppelgarage errichtet. Der Kläger verlangt von der Beklagten, dagegen bauaufsichtlich einzuschreiten.

2

Der Beigeladene hat nach Kauf seines Grundstücks im Jahre 1986 im Jahre 1991/92 eine Garage an der Grenze zum Nachbargrundstück gebaut. Das Gebäude hatte eine Länge von 11,50 m und eine Breite von 3,20 m. Der damalige Grundstücksnachbar hatte der Errichtung dieser Garage zugestimmt.

3

Diese Garage ist abgebrannt.

4

Ab Mitte 2007 begann der Beigeladene mit dem Neubau einer Doppelgarage. Das an der Grenze zum Grundstück des Klägers errichtete Gebäude hat eine Länge von 8,765 m und eine Breite von 6,500 m und ist mit einem Satteldach mit 45° Neigung ausgestattet, wobei das Dach auf der dem Grundstücks des Klägers zugewandten Seite einen 1 m breiten Traufüberstand hat. In Traufrichtung weist das Gebäude inklusive Dachüberstand und Regenrinne eine Länge von 9,335 m auf. Die an der Grenze zum Grundstück des Klägers errichtete Wand weist nach den Feststellungen der Beklagten auf dem Grundstück des Klägers eine Höhe von 2,80 m - gemessen von der vorgefundenen Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut - auf; die Wandhöhe beträgt ausgehend von dem Geländeverlauf auf dem benachbarten Grundstück des Klägers zwischen 3,05 m und 3,13 m. Die Garage weist zum Grundstück des Klägers hin keinerlei Fenster- oder Türöffnungen auf. An der westlichen (dem Grundstück des Beigeladenen zugewandten) Traufseite ist im Erdgeschoss eine Tür mit zwei Fenstern eingebaut, außerdem befinden sich in der Dachfläche zwei Dachflächenfenster. Im Nordgiebel ist im Erdgeschoss eine Tür und im Dachgeschoss eine weitere Tür mit zwei Fenstern eingebaut worden; dort war der Bau einer Außentreppe vorgesehen.

5

Mit Schreiben vom 20. Juni 2007 beantragte der Kläger ein baubehördliches Einschreiten der Beklagten, da die für eine Grenzgarage zulässige mittlere Wandhöhe von 2,75 m überschritten werde. Die Beklagte erließ zunächst eine Baueinstellungsverfügung, die auf den Widerspruch des Beigeladenen und nach Einschaltung des Innenministeriums (Fachaufsicht) wieder aufgehoben wurde. Mit Bescheid vom 04. Januar 2008 wurde ein baubehördliches Einschreiten abgelehnt. Nach Widerspruch und Untätigkeitsklage wurde in einem Ortstermin des Verwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2008 festgestellt, dass die östliche Wandhöhe der Garage eine Höhe von 3,10 m - gemessen vom Grundstück des Kläger aus - aufweise und die Länge auf Grund der Dachkonstruktion mehr als 9 m betrage. Die Beklagte gab darauf die Erklärung zu Protokoll, gegen das streitbefangene Bauvorhaben auf dem Grundstück des Beigeladenen einzuschreiten.

6

Der Rechtsstreit wurde daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt und das Verfahren eingestellt.

7

Durch bauaufsichtliche Anordnung vom 04. Februar 2009 gab die Beklagte dem Beigeladenen auf, (1) im Dachgeschoss die Fenster bis auf zwei sowie die Tür zurückzubauen, (2) die Querbalkenlage auf eine Höhe von maximal 2 m zu reduzieren und (3) die gesamte Dachlänge auf 9 m zu reduzieren; zugleich wurde ein Zwangsgeld angedroht.

8

Den Widerspruch des Beigeladenen gegen diese Verfügung wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 "teilweise" zurück und führte in den Gründen aus, die "verbleibende mittlere Wandhöhe von 3,10 m" (zum Grundstück des Klägers) werde geduldet, da davon keine besondere Störung des Nachbargrundstückes ausgehe. Der Widerspruch gegen die Reduzierung der Dachlänge werde zurückgewiesen und die Forderung, die Querbalkenlage auf eine Höhe von maximal 2 m zu reduzieren, werde nach Einzug einer vom Beigeladenen beabsichtigten Zwischendecke nicht mehr aufrecht erhalten. Das gleiche gelte für die Forderung, die Fenster im Dachgeschoss sowie die Türen zurückzubauen. Eine zu der Tür im Giebel führende Treppenanlage samt Podest sei genehmigungspflichtig und in den einzuhaltenden Abstandsflächen unzulässig.

9

Die dagegen gerichtete Klage des Beigeladenen blieb erfolglos (Urteil des Verwaltungsgerichts vom 06.12.2011, - 8 A 120/10 -).

10

Der Widerspruch des Klägers gegen die Verfügung vom 04. Februar 2009 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 mit der Begründung zurückgewiesen, ein weitergehendes Einschreiten könne der Kläger nicht beanspruchen.

11

Der Kläger hat dagegen am 27. Mai 2010 Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 06. Dezember 2011 abgewiesen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

12

Gegen das am 27. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04. Januar 2012 die Zulassung der Berufung beantragt. Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 01. März 2012 entsprochen.

13

Der Kläger ist der Ansicht, er könne ein weitergehendes bauaufsichtliches Einschreiten beanspruchen. Die Beklagte habe dies im vorangegangenen Verwaltungsrechtsstreit durch die zu Protokoll abgegebene Erklärung, gegen das Bauvorhaben einschreiten zu wollen, verfahrenswirksam zugesichert. Diese Zusicherung schließe die Höhe der grenzständigen Wand der Garage ein. Die grenzständige Garage beeinträchtige nachbarliche Belange erheblich. Die Höhenüberschreitung sei nicht nur geringfügig und wirke sich - zusammen mit dem Satteldach mit 45° Dachneigung - dahingehend aus, dass der Garage eine "einfamilienhausgleiche" Größe und Massivität und eine bedrängende oder gar erdrückende Wirkung zukomme. Das optische Erscheinungsbild führe dazu, dass die Baulichkeit begrifflich keine Garage mehr sei und folglich auch abstandsflächenrechtlich nicht mehr privilegiert sei. Die Dimensionierung und die Ausgestaltung des Dachgeschosses als Aufenthaltsraum mit mehreren Fenstern sei mit einer Garage nicht vereinbar.

14

Der Kläger beantragt,

15

das erstinstanzliche Urteil vom 06. Dezember 2011 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010 zu verpflichten, gegen die auf dem Grundstück … (Flurstück …, Flur …, Gemarkung …) im Jahre 2007 errichtete Baulichkeit bauaufsichtlich einzuschreiten,

16

hilfsweise,

17

den Beklagten zu einem Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.

18

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger könne ein weitergehendes Einschreiten gegen das Bauvorhaben des Beigeladenen nicht beanspruchen. Der im Vorprozess abgegebenen Zusicherung sei mit den angefochtenen Bescheiden hinreichend entsprochen worden; der Wortlaut der Zusicherung führe zu keiner Verpflichtung zur Vornahme ganz konkreter Maßnahmen. Auch bei einer Ermessensreduzierung bleibe ein Spielraum hinsichtlich der anzuwendenden Mittel. Selbst bei einer mittleren Wandhöhe der Garage von 3,10 m seien für den Kläger angesichts der Entfernung von 8 - 10 m zu seinem Haus keine spürbaren Beeinträchtigungen erkennbar. Belichtung, Besonnung und Belüftung seien nicht betroffen. Von der Garage gehe auch keine bedrängende oder erdrückende Wirkung aus. Einen Anspruch auf eine bestimmte Dachform oder einen bestimmten Anblick habe der Kläger nicht. Ein Anspruch auf Einschreiten folge auch nicht aus der Gefahr einer zweckentfremdeten Nutzung der Garage oder deren "einfamilienhausgleicher" Größe. Bei einer rechtswidrigen Nutzung könne diese untersagt werden, was hier aber nicht streitgegenständlich sei. Das Bauwerk entspreche dem Typus einer "Garage", wie sich aus dessen Position auf den Grundstück und dem Umstand ergebe, dass es ein Ersatzbau für eine vorher abgebrannte Garage errichtet worden sei. Die Fenster und die Dämmung im Dachgeschoss dienten - schlüssig - dem Zweck, dort im Winter Pflanzen zu lagern.

21

Der Beigeladene hält die Grenzgarage für zulässig. Sie sei an die Stelle der 1991/92 (seinerzeit) mit Zustimmung des Nachbarn genehmigten Garage auf der Höhe der damals hergestellten Fundamentplatte errichtet worden. Die Höhe sei allenfalls geringfügig durch eine neue Betonschüttung zur Herstellung der Fundamentplatte verändert worden.

22

Der Berichterstatter hat am 03. April 2012 einen Ortstermin durchgeführt und die Örtlichkeit in Augenschein genommen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze - nebst Anlagen - sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagte, die vorgelegen habe und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die zugelassene Berufung des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 04. Februar 2009 und vom 19. Mai 2010 schöpfen den Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Begehren, gegen das Bauvorhaben des Beigeladenen bauaufsichtlich einzuschreiten, nicht aus. Die Beklagte ist deshalb verpflichtet, darüber eine erneute Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu treffen.

25

Das vom Beigeladenen errichtete Gebäude wäre als Garage gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 a LBO 2000 bzw. § 63 Abs. 1 Nr. 1 b LBO 2009 genehmigungs-/anzeigefrei bzw. verfahrensfrei, wenn es sich dabei um eine notwendige Garage nach § 6 Abs. 10 LBO 2000 bzw. 6 Abs. 7 LB 2009 handelte. Nach den zuletzt genannten Vorschriften sind auf dem Baugrundstück Garagen in den Abstandsflächen und ohne eigene Abstandsflächen zulässig, sofern sie an keiner der jeweiligen Grundstücksgrenze eine größere Gesamtlänge als 9 m aufweisen und keine mittlere Wandhöhe von mehr als 2,75 m über der an der Grundstücksgrenze festgelegten Geländeoberfläche haben (§ 6 Abs. 10 Satz 2 LBO 2000, § 6 Abs. 7 Satz 2 LBO 2009). Eine "Garage" im Sinne der genannten Bestimmungen liegt auch dann vor, wenn das Gebäude nicht ausschließlich zur Unterbringung von Kraftfahrzeugen dient, sondern auch Nebenräume aufweist, die (nur) als Abstellraum genutzt werden können. Solche Nebenräume sind mit dem Hauptzweck "Garage" verträglich, wenn und soweit sie für die Nutzung des Gebäudes - insgesamt - nicht prägend und die Räume nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Stand: August 2010, § 6 Rn. 100, OVG Bautzen, Beschl. v. 22.08.2007, 1 B 862/06, LKV 2009, 32; VGH München, Beschl. v. 07.03.2006, 15 ZB 06.300, juris, Tn. 6). Für die in einem Garagengebäude untergebrachten Nebenräume, die auch im Keller oder im Dachraum liegen können, ist zu fordern, dass sie der prägenden Garagennutzung deutlich untergeordnet bleiben, so dass das gesamte Grenzgebäude gegenüber dem (Haupt-)Haus auch optisch noch als bloßes Nebengebäude in Erscheinung tritt. Insbesondere dürfen die Nebenräume nach ihrer Größe und Gestaltung den Rahmen eines unselbstständigen Teils der Garage nicht sprengen (vgl. VGH München, Beschl. v. 28.03.2007, 14 B 04.3492, juris, Tn. 16 m.w.N.).

26

Ein Gebäude, das den dargestellten Anforderungen entspricht, ist vom Nachbarn hinzunehmen. Es kann in aller Regel auch nicht als (planungsrechtlich) rücksichtslos eingeordnet werden. Für eine Grenzgarage, auf die ein 45°-Satteldach aufgebracht ist, gilt grundsätzlich nichts anderes. Dagegen verliert eine Grenzgarage, die sich nicht (mehr) im Rahmen der o.g. Vorgaben hält, ihre "Privilegierung" als ein Gebäude, das in den Abstandsflächen zulässigerweise errichtet werden kann. Daraus resultiert die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde, zu Gunsten eines Nachbarn gegen die im Widerspruch zu den Vorschriften über den Grenzabstand errichtete Garage vorzugehen. Diese Befugnis steht im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde, so dass der Nachbar ihre Ausübung nur beanspruchen kann, wenn das Ermessen auf Grund der Umstände im Einzelfall auf Null reduziert ist. Das Ermessen wird beeinflusst - einerseits - durch Zahl und Art der Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften und - andererseits - durch das Ausmaß der davon ausgehenden Beeinträchtigungen für das Nachbargrundstück (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 16.02.2012, 1 LB 19/10, BeckRS 2012, 48458, bei juris Tn. 39 m.w.N.). Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber (ausschließlich) solche Gebäude in den Abstandsflächen privilegiert, die über keine Aufenthaltsräume (§ 2 Abs. 7, § 51 LBO 2000; § 2 Abs. 5, § 48 Abs. 1 LBO 2009) verfügen, gewinnt das zu Gunsten des Nachbarn ausschlagende Ermessen der Bauaufsichtsbehörde in dem Maße an Gewicht, in dem das errichtete Gebäude objektiv zur Aufnahme von Aufenthaltsräumen geeignet ist. Ebenso, wie ein Nachbar ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen einen "isolierten" Aufenthaltsraum in den Abstandsflächen beanspruchen könnte, wird dies auch regelmäßig der Fall sein, wenn einer - ansonsten - privilegierten Grenzgarage ein zur Aufenthaltszecken geeigneter Raum hinzugefügt wird.

27

Die Beklagte hat zwar ihr Einschreitensermessen erkannt, bei ihrer Ermessensentscheidung aber die mit dem Bauvorhaben des Beigeladenen verbundenen Baurechtsverstöße nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in ihre Entscheidung eingestellt.

28

Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte insoweit allerdings nicht in einem bestimmten Sinne an die im Vorprozess (am 31.10.2008) abgegebene Zusicherung, gegen den Bau des Beigeladenen einschreiten zu wollen, gebunden. Die Zusicherung war zwar veranlasst durch die seinerzeit im Ortstermin getroffenen Feststellungen, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung zusammenfassend als "Mängelliste" bezeichnet hat. Sie war aber nicht auf einen bestimmten, später zu erlassenden Verwaltungsakt gerichtet. Die Beklagte hat das "Ob" des Einschreitens entschieden, das "Wie" aber einer weiteren Prüfung überantwortet.

29

Die Beklagte ist - danach - eingeschritten: Sie fordert einen Rückbau des Daches auf 9 m Länge. Ihre Forderung, im Dachraum die Querbalkenlage auf maximal 2 m Höhe zu reduzieren, hat sie im Widerspruchsbescheid insoweit modifiziert, als sie diese nicht mehr aufrecht erhalten wird, wenn der Beigeladene eine Zwischendecke eingezogen hat. Die Forderung, das Dachgeschoss bis auf zwei Fenster und die Tür zurückzubauen, hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid fallen gelassen.

30

Die damit umrissenen Entscheidungen werden den - nachbarrelevanten - Baurechtsverstößen durch das vom Beigeladenen errichtete Gebäude nicht hinreichend gerecht. Zwar ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der einzuhaltenden Wandhöhe (§ 6 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 LBO 2009/§ 6 Abs. 10 Satz 2 Nr. 2 LBO 2000) kein Einschreiten zu beanspruchen. Demgegenüber erfordert aber die Gestaltung des Dachraums über der Garage ein weitergehendes Einschreiten.

31

Was die Höhe der "Grenzwand" zum Grundstück des Klägers betrifft, kommt es auf die auf der Grundstücksseite des Beigeladenen festgestellte Wandhöhe an, nicht auf diejenige Höhe, die sich ausgehend von der Geländeoberfläche des Grundstücks des Klägers ergibt. Die Wandhöhe beträgt nach dem - insoweit beanstandungsfrei festgestellten - Aufmaß der Beklagten vom 16. April 2012 im Mittel 2,80 m, gemessen von der Geländeoberfläche auf dem Grundstück des Beigeladenen bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut (§ 6 Abs. 4 Satz 2 LBO 2000 = LBO 2009). Soweit der Kläger dagegen einwendet, das Messergebnis sei zu korrigieren, weil die Geländeoberfläche durch eine Aufschüttung verändert worden sei und die Traufhöhe (Dachrinne) höher liege als der Schnittpunkt Wand/Dachhaut, ist dem nicht zu folgen. Eine Veränderung der Geländeoberfläche ist im Zusammenhang mit der jetzt errichteten Garage nach Überzeugung des Gerichts allenfalls in geringem Umfange erfolgt, soweit die Fundamentplatte der alten (abgebrannten) Garage mit einer neuen Betonschicht übergossen worden ist. Im Übrigen ist - wie auch die Ortsbesichtigung ergeben hat - das Gelände auf dem Grundstück des Beigeladenen unverändert geblieben. In der mündlichen Verhandlung ist die Möglichkeit erörtert worden, dass die Geländeoberfläche im Zusammenhang mit dem Bau der alten Garage (1991/92) verändert worden ist. Dieser Bau ist seinerzeit mit Zustimmung des Nachbarn - des Rechtsvorgängers des Klägers - erfolgt; eine solche Zustimmung umfasst auch die Höhenlage des Baus. Die vom Kläger festgestellte Differenz der Geländehöhenpunkte zur Höhe des Sohlenfundaments der alten Garage (vgl. Anlage K5 zur Klageschrift, Schreiben v. 16.08.2007) mag eine Höhenveränderung im Zusammenhang mit dem Bau der alten Garage belegen, als Rechtsnachfolger des damaligen Grundstückseigentümers hat der Kläger diese jedoch hinzunehmen; die damals verwirklichte Geländehöhe ist dem Grundstück gleichsam "angewachsen" und das Recht des Klägers, auch gegen diese Aufschüttung vorzugehen, ist verwirkt. Damit ist die Beklagte von einem korrekten (unteren) Bezugspunkt für die Feststellung der Wandhöhe ausgegangen. In Bezug auf den oberen Bezugspunkt ist die Wandhöhe unabhängig von der Lage der Dachrinne (Traufe) von der Beklagten korrekt bestimmt worden. Der Beigeladene hat - damit - die zulässige Wandhöhe von 2,75 m um ca. 5 cm überschritten. Allein eine solche Überschreitung verpflichtet die Beklagte nicht zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten, denn sie ist als eine Bagatelle einzustufen. Die Überschreitung des zulässigen Maßes ist derart geringfügig, dass weder öffentliche noch private nachbarliche Belange ernsthaft berührt werden; auch die dadurch bedingten Auswirkungen auf die Besonnung des Grundstücks des Klägers sind kaum spürbar (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 16.02.2012, a.a.O., Tn. 46).

32

Demgegenüber weicht das Bauvorhaben hinsichtlich des Dachraumes in einem Maße von den Privilegierungsvoraussetzungen in § 6 Abs. 10 LBO 2000 / § 6 Abs. 7 LBO 2009 ab, dass die Beklagte insoweit weitergehend einzuschreiten verpflichtet ist.

33

Der Kläger hat in Frage gestellt, ob das - von ihm als "einfamilienhausgleich" bezeichnete - Gebäude überhaupt noch als eine privilegierte Garage im Sinne der genannten Vorschriften angesehen werden kann, weil das Gebäude von seinem Dachgeschoss geprägt werde, das nach seinen Ausmaßen und seiner Gestaltung einen wärmegedämmten Ausbau zulasse sowie mit Fenstern und Türen sowie (Außen)Treppe ausgeführt werde; dies vermittle die "Anmutung" einer "hochwertigen" Nutzung. Die Frage, ob und ggf. inwieweit der Beigeladene - anstelle der (auch) in der mündlichen Verhandlung angegebenen Nutzung des Dachraumes als Abstellraum für Pflanzen - eine andere, insbesondere unzulässige Nutzung zu Aufenthaltszwecken beabsichtigt oder beabsichtigt hat, mag Spekulationen überlassen bleiben. Für die baurechtliche Beurteilung kommt es nicht darauf, sondern auf das objektive Erscheinungsbild und die Frage an, ob der als "Abstellraum" ausgewiesene Raum der prägenden Garagennutzung noch deutlich untergeordnet ist.  Das kann in Anbetracht der Gegebenheiten nicht mehr angenommen werden, und zwar auch dann nicht, wenn die (verbliebenen) Anordnungen der Beklagten (Dachlängenverkürzung, Zwischendecke) befolgt werden.

34

Der Dachgeschossraum wird nach seiner Größe, seiner Bauausführung (u.a. Isolierung) seiner Höhe und seiner Belichtung objektiv nicht mehr durch die Nutzung oder Funktion der darunter liegenden Garage (mit-)geprägt. Die Bodenfläche des Dachraums ist durch den 1 m breiten Dachüberstand auf der Westseite 7,50 breit, was bei 45° Dachneigung zu einer (zum Grundstück des Klägers zwar zurückversetzen, aber) höheren Firsthöhe führt. Im Inneren entsteht dadurch ein - größeres, geräumiges - Dachraumvolumen. Die Höhenlage der Querbalken (Kehlbalken) führt dazu, dass eine für Aufenthaltsräume erforderliche Höhe ohne Weiteres erreicht werden kann. Das Format der auf der Westseite angebrachten beiden Dachflächenfenster sowie der im Nordgiebel eingebauten zwei Fenster und der Tür führen dazu, dass der Dachraum objektiv für eine andere bzw. weitergehende Nutzung geeignet ist, als sie einem einfachen Neben- oder Abstellraum zuzuordnen ist.

35

Unter diesen Umständen ist die Beklagte unzureichend gegen das Bauvorhaben des Beigeladenen eingeschritten. Sie hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass ein der Garage nicht mehr untergeordneter Dachraum die Privilegierung der Grenzgarage insgesamt in Frage stellt und dazu führt, dass der Nachbar dieses Gebäude - als "aliud" zu einer Grenzgarage - in den Abstandsflächen nicht mehr dulden muss.

36

Die Forderung nach Reduzierung der Dachlänge auf 9 m (wie in § 6 Abs. 10 S. 2 Nr. 1 LBO 2000 bzw. § 6 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 LBO 2009 gefordert) ist für die erforderliche optische und funktionale Unterordnung des Dachraums unter den Zweck des Grenzgebäudes (Garage) wenig ergiebig. Das wäre hinsichtlich der im Dachraum herzustellenden Raumhöhe schon eher der Fall, weil die Raumhöhe die künftigen Nutzungsmöglichkeiten maßgeblich bestimmt. Insoweit hat die Beklagte allerdings die Klarheit der im Ausgangsbescheid verlangten Reduzierung der Querbalkenlage auf max. 2 m Höhe getrübt, indem sie im Widerspruchsbescheid ausgeführt hat, diese Forderung werde nicht mehr aufrecht erhalten, nachdem der Beigeladene eine Zwischendecke eingezogen haben wird. Unklar bleibt, in welcher Höhe die Zwischendecke eingezogen werden soll. Der vom Beigeladenen (im Ortstermin) geäußerte Wunsch, die Zwischendecke so einzuziehen, dass dadurch der Lichtraum der Dachflächenfenster nicht beeinträchtigt wird, deutet darauf hin, dass er eine größere Höhe als (nur) 2 m herstellen möchte. Die (Oberkante der) Dachflächenfenster kann indes als selbst geschaffener "Zwangspunkt" für die Festlegung der Höhe einer - die untergeordnete Raumnutzung gewährleistende - Zwischendecke nicht maßgeblich sein.

37

Eine hinreichende - optische und funktionale - Unterordnung des Dachraumes unter die Hauptnutzung des Gebäudes als Doppelgarage kann erst angenommen werden, wenn diese auf Dauer und verlässlich durch die bauliche Gestaltung des Dachraums zum Ausdruck kommt. Vorkehrungen, die (zunächst) eingebaut, später aber ohne größeren Aufwand wieder entfernt werden könnten, genügen insoweit nicht.

38

Die Beklagte wird insoweit erneut zu entscheiden haben, in welcher Weise eine dauerhafte und verlässliche untergeordnete Ausgestaltung des Dachraumes als Nebenraum zur Doppelgarage sichergestellt werden kann. Dazu kann die Beklagte zwischen mehreren in Betracht kommenden Maßnahmen auswählen, die entweder als solche oder in ihrer Kombination dem geforderten Ziel dienen. So läge es im Rahmen des Ermessens, dem Umstand der Breite des Dachbodens von 7,50 m dadurch Rechnung zu tragen, dass die Dachneigung soweit reduziert wird, dass eine geringere Raumhöhe entsteht. Zur Vermeidung des mit einer solchen Anordnung verbundenen Aufwandes kommen auch andere Maßnahmen in Betracht, wenn deren effektive Wirksamkeit in Bezug auf das o. g. Ziel vergleichbar ist. Dazu zählen die - höhenmäßig genau definierte - Anordnung des Einbaus einer Zwischendecke in einer soliden Weise, die nicht ohne Weiteres wieder zu entfernen ist, weiter die Anordnung des Entfernens von Dachflächenfenstern bzw. der Tür und Fensteröffnungen im Nordgiebel. Auch die Zugänglichkeit des Dachraums kann zur geforderten funktionalen und optischen Unterordnung beitragen; ein Abstellraum bedarf weder einer Außentreppe noch einer den Anforderungen des § 35 Abs. 1 LBO genügenden Innentreppe, da ein solcher Raum nur für eine gelegentliche, nicht alltägliche Nutzung vorgesehen ist. Dafür genügen einschiebbare Treppen, Stiegen oder - etwa zum Lastentransport - Luken.

39

Der von dem Beigeladenen angegebene Nutzungszweck des Dachraumes zur Überwinterung von Pflanzen würde demjenigen eines Abstellraumes entsprechen, erfordert indes weder eine bestimmte Raumhöhe noch eine bestimmte Belichtung noch einen "normalen" Treppenaufgang. Überwinternde Pflanzen können in Behältnissen transportiert werden, die auch über eine Auszugstreppe, eine Leiter oder eine Luke zu befördern sind. Lichtzufuhr ist während der Überwinterung nicht für alle Pflanzenarten erforderlich, manche Pflanzenarten vertragen sogar leichten Frost, andere können im Pflanzbehälter gegen Kälte isoliert werden.

40

Ein Einschreiten der Beklagten, das - unter Beachtung der vorstehend umrissenden Rechtsauffassung des Senats - dauerhaft und verlässlich sicherstellt, dass der Dachraum über der Doppelgarage nur als untergeordneter Abstellraum gestaltet ist, sorgt zugleich dafür, dass damit ein Nebenraum zur Garage vorliegt und damit die Privilegierung der Grenzgarage nach § 6 Abs. 10 LBO 2000 / § 6 Abs. 7 LBO 2009 gerechtfertigt ist. Ein Dachraum, der objektiv als Aufenthaltsraum i.S.d. § 2 Abs. 5, § 48 LBO geeignet ist, erfüllt diese Anforderung nicht.

41

Die Beklagte war nach alledem zu einem weitergehenden bauaufsichtlichen Einschreiten gegenüber dem Beigeladenen zu verpflichten.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 159 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

44

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach §§ 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 08. März 2010 geändert.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 zur Errichtung eines mehrgeschossigen Wohngebäudes. Sie hat die Ansicht vertreten, das genehmigte Vorhaben unterschreite die erforderlichen Abstandsflächen.

2

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin angeordnet, da eine Abstandsflächenunterschreitung vorliege, die bei einer "wertenden" Betrachtungsweise spürbarer ausfalle als eine vom Gebäude der Antragstellerin ausgehende Abstandsflächenunterschreitung.

3

Die Antragsgegnerin verteidigt mit der dagegen eingelegten Beschwerde ihre bisherige, anderslautende Auffassung.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 08. März 2010 ist begründet. Die dargelegten Gründe, die Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu einer Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses und zu einer Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

5

Die Zugrundelegung einer "gemittelten" Geländehöhe zur Berechnung der einzuhaltenden Abstandsflächen ist rechtlich nicht zu beanstanden (unten 1). Auf dieser Grundlage ergibt sich eine Abstandsflächenunterschreitung durch das Bauvorhaben der Beigeladenen in einem geringfügigen Umfang (unten 2).

6

1) Die angefochtene Baugenehmigung geht bei der Ermittlung der einzuhaltenden Abstandsflächen von einer "gemittelten" Geländehöhe aus, die sich aus dem Niveau am … (5,32 m über NN) und demjenigen am … (8,39 m über NN) errechnet. Die Bauvorlage (Bl. 44 der Beiakte A: "Lageplan und Abstandsflächen") mit der diesbezüglichen Eintragung » Geländehöhe Mittelwert C: (8,39 + 5,32) x 0,5 = 6,86 « sowie die Bezugnahme auf den Mittelwert 6,86 m bei der (in der Zeichnung eingetragenen) Berechnung der Abstandsflächen belegt, dass die Bauaufsichtsbehörde die beantragte Art und Weise der Abstandsflächenberechnung gebilligt und damit auch genehmigt hat.

7

Die Bildung eines "Mittelwertes" als Bezugsgröße für die Abstandsflächenberechnung ist – im Ergebnis – rechtlich nicht zu beanstanden.

8

In der Baugenehmigung kann nach § 2 Abs. 3 Satz 3 LBO 2009 eine Geländeoberfläche bestimmt werden, wenn – wie hier – eine planerische Festsetzung dazu fehlt. Die Bestimmung der Geländeoberfläche schließt die Möglichkeit ein, von der natürlichen Geländeoberfläche abzuweichen. Dazu kann Veranlassung bestehen, wenn das vorgefundene Gelände durch Aufschüttungen verändert wird (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschl. v. 22.08.1994, 3 S 1798/94, BRS 56 Nr. 113 [bei Juris Tz. 3], OVG Münster, Beschl. v. 29.09.1995, 11 B 1258/95, NVwZ-RR 1996, 311) oder wenn der ursprüngliche natürliche Geländeverlauf aufgrund von Veränderungen nicht mehr in Erscheinung tritt (vgl. dazu OVG Saarlouis, Urt. v. 30.09.1997, 2 R 30/96, BRS 59 Nr. 121). Im vorliegenden Fall rechtfertigt die Besonderheit des Hanggrundstücks eine von der Zufälligkeit des wechselnden "Steigungswinkels" abweichende Bestimmung der Geländeoberfläche.

9

Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin bei der Bestimmung der Geländeoberfläche auf den (o. g.) Mittelwert ist rechtlich nicht zu beanstanden.

10

Die Bauaufsichtsbehörde muss bei dieser Bestimmung im Rahmen ihres Ermessens auf die Belange der Nachbarn achten, dies "allerdings nicht vorrangig’, sondern in (gerechter) Abwägung mit den Interessen des Bauherrn an der Verwirklichung seines Vorhabens" (Beschl. des Senats vom 25.03.2002, 1 M 47/01, n. v.; VGH München, Beschl. v. 09.02.1994, 26 CS 93.3437, Juris und Beschl. v. 31.10.2008, 14 CS 08.1970, Juris; OVG Koblenz, Urt. v. 02.04.2003, 8 A 10938/02, Juris). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles sowie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild zu berücksichtigen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 23.06.1998, 3 L 227/97, NordÖR 1998, 402/403). Ohne die hinreichende Beachtung nachbarlicher Belange kann die Bestimmung einer vom natürlichen Verlauf abweichenden Geländeoberfläche wegen ihrer Auswirkungen auf die für die Abstandsfläche relevante Wandhöhe eines Bauvorhabens die Rechte des Nachbarn verletzen. Die Bestimmung darf nicht dazu führen, dass Verstöße gegen Bauvorschriften, die an die Höhe von Gebäudeteilen über der Geländeoberfläche anknüpfen, einseitig zu Lasten eines Nachbarn "kaschiert" werden (Beschl. des Senats vom 25.03.2002, a.a.O.; VGH München, Beschl. v. 04.03.1996, 2 S 95.2580, BRS 58 Nr. 116; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.03.1908, 1 A 29/79, BRS 36 Nr. 123).

11

Eine einseitig zu Lasten der Antragstellerin gehende Bestimmung der Geländeoberfläche ist vorliegend nicht erfolgt. Die "Mittelung" führt nicht etwa zu einer rechnerischen Geländehöhe, die von der Umgebung "absticht", sondern dazu, dass sich die Geländehöhe relativ eng an den vorgefundenen Verlauf des Hanggrundstücks anlehnt. Sie weicht überdies auch nicht wesentlich von der Geländehöhe ab, die der Genehmigung des Bauvorhabens der Antragstellerin vom 21. Januar 1971 (s. "Schnittzeichnung" vom 25.11.1970) zugrunde liegt.

12

Der Senat übersieht nicht, dass sich bei Zugrundelegung der aus den genehmigten Bauvorlagen ablesbaren metrischen Angaben zur tatsächlichen Geländehöhe und zur Gebäudehöhe (§ 6 Abs. 4 Satz 2 LBO) eine andere Abstandsflächenberechnung "in Richtung" des Grundstücks der Antragstellerin ergibt, die – im Verlauf der Grenze – gem. § 6 Abs. 4 und 5 LBO zu Abstandsflächenunterschreitungen führt. Nach der Berechnung des Senats (unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Beteiligten) ergäben sich ausgehend von den einzelnen metrischen Höhenangaben Abstandsflächen auf dem Nachbargrundstück (der Antragstellerin) in einer Tiefe von 0,19 m bis 0,40 m, nur im Bereich des Treppenhauses liegt der Wert bei ca. 2 m, wobei hier der Fall des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO zu Gunsten der Beigeladenen eingreift.

13

Die Annahme, die Mittelung der Geländehöhe diene der "Kaschierung" von Abstandsflächenunterschreitungen und benachteilige die Antragstellerin einseitig, ist bei dieser Sachlage nicht begründet. Ihr Grundstück war hinsichtlich der "gemittelten" Geländehöhe gewissermaßen vorbelastet, weil auch schon das vor der jetzt genehmigten Bebauung anstehende und baulich genutzte Gelände in etwa die Höhenlage aufwies, die der rechnerischen Mittelung entspricht. Es konnte die Antragstellerin deshalb nicht überraschen, dass eine Neubebauung auf vergleichbarer Höhenlage erfolgen würde. Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin das ihr zustehende Ermessen nicht überschritten, als sie die in den Bauvorlagen angegebene Mittelung der Geländehöhe genehmigt hat.

14

2) Bei Zugrundlegung des Mittelwertes werden die Abstandsflächen – bis auf eine "Spitze" im Bereich der 7-m-Geländehöhe - eingehalten; auf die diesbezügliche - korrekte - Berechnung der Antragsgegnerin (S. 2 [Mitte] der Beschwerdebegründung vom 31.03.2010) nimmt der Senat Bezug.

15

Im Bereich der 7-m-Geländehöhe ist die abstandsflächenrelevante Wandhöhe nicht aus dem o. g. Mittelwert, sondern aus der tatsächlichen Geländehöhe abgeleitet worden. Diese Berechnungsweise ist indes ausgeschlossen, nachdem die Geländehöhe auf den Mittelwert bestimmt worden ist. Wird dieser in Ansatz gebracht, ergibt sich eine Abstandsfläche von (16,19 m [Attikahöhe] – 6,86 m = 9,33 m x 0,4 =) 3,73 m, was zu einer (geringfügigen) Abstandsfläche auf dem Nachbargrundstück - in einer "Spitze" von 7 cm Tiefe - führt.

16

3) Ein nachbarliches Abwehrrecht der Antragstellerin besteht gegen die aufgezeigte Abstandsflächenunterschreitung nicht, weil ihr Gebäude die Abstandsflächen in einem deutlich größerem Umfang unterschreitet, was – entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts – auch bei einer "wertenden" Betrachtungsweise zur Verwirkung ihres nachbarrechtlichen Abwehranspruchs führt. Dies gilt auch dann, wenn man – abweichend von den bisherigen Ausführungen – die Abstandsflächen nach Maßgabe der tatsächlichen Geländehöhen errechnet, wie sie aus den metrischen Angaben in der genehmigten Bauzeichnung zu entnehmen sind. Die Abstandsflächenunterschreitung durch das Bauvorhaben der Beigeladenen fällt dann zwar größer aus, die Verwirkung des nachbarlichen Abwehranspruchs bleibt aber auch dann bestehen.

17

a) Die vom Vorhaben der Beigeladenen ausgehenden Abstandsflächen liegen bei einer am tatsächlichen Geländehöhenverlauf orientierten Berechnung mit einem Wert von 16,8 qm auf dem Grundstück der Antragstellerin. Dies belegt die in der Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.04.2010 vorgelegte – korrekte – Berechnung.

18

Die von dem 1971 genehmigten Bauvorhaben der Antragstellerin zu wahrenden Abstandsflächen liegen im Umfang von (insgesamt) 48 qm auf dem Grundstück der Beigeladenen (Anlage 1 zur Beschwerdebegründung vom 31.03.2010).

19

b) Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Senats, dass ein Nachbar, der die vorgeschriebenen Abstandsflächen selbst nicht einhält, eine Unterschreitung der Abstandsflächen durch den benachbarten Bauherrn nicht abwehren kann (Beschl. des Senats v. 08.09.1992, 1 M 45/92, SchlHA 1993, 258; Domning/Möller/Suttkus, Bauordnungsrecht Schl.-H., Stand Okt. 2007, § 6 LBO Rn. 10 m. w. N; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 12.09.1984, 6 A 49/83, BRS 42 Nr. 196). Das trifft vorliegend für die Antragstellerin zu.

20

Der Umstand, dass die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 30. Oktober 1970 der Abstandsflächenunterschreitung durch die Antragstellerin zugestimmt hat (Bl. 46 der Beiakte C), führt zu keiner anderen Bewertung. Die Nachbarzustimmung "mindert" die baurechtliche Situation der Beigeladenen nicht. Diese kann vielmehr erwarten, dass jedenfalls einer Abstandsflächenunterschreitung, die nicht gravierender ausfällt als die "frühere", der Antragstellerin zuzurechnende, nicht entgegengetreten wird.

21

Die – unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 01.02.2000 (1 M 132/99, SchlHA 2001, 69; vgl. auch OVG Berlin, Urt. v. 11.02.2003, 2 B 16.99, BauR 2003, 770 [Ls.] und OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.03.1999, 1 M 897/99, BauR 1999, 1163 f.) vertretene – Annahme, die von der Abstandsflächenunterschreitung des Vorhabens der Beigeladenen ausgehende Beeinträchtigung sei "bei wertender Betrachtung spürbar erheblicher" als diejenige, die durch das Gebäude der Antragstellerin verursacht wird, ist nicht haltbar.

22

Die quantitative Gegenüberstellung der wechselseitigen Abstandsflächenunterschreitungen fällt eindeutig zu Lasten der Antragstellerin aus. Soweit in die "wertende" Betrachtung auch qualitative Gesichtpunkte – insbesondere die Himmelsrichtung und die Besonnung (vgl. OVG Münster, Urt. v. 24.04.2001, 10 A 1402/98, BRS 64 Nr. 188) - einbezogen werden, begründet dies kein anderes Ergebnis. Dem Verwaltungsgericht ist zwar beizupflichten, dass in dem "deutlich sensibleren vorderen südlichen Bereich" des Terrassenhauses der Antragstellerin Beeinträchtigungen der Besonnung möglich sind (voraussichtlich nachmittags und abends, bei "tief" stehender Sonne). Diese Beeinträchtigungen sind aber nur zu einem – vernachlässigbar – geringen Teil auf die im Zentimeterbereich liegende Abstandsflächenunterschreitung in diesem Bereich zurückzuführen. Bei Zugrundlegung der tatsächlichen Geländehöhe ergeben sich Werte zwischen 19 cm und 40 cm. Es kommt hinzu, dass die möglichen Beeinträchtigungen der Besonnung nach der Ausrichtung der Fenster im Erdgeschoss des Gebäudes der Antragstellerin wegen der (rein) südwärtigen Ausrichtung zum … nur gering ausfallen können; erst ab dem ersten Obergeschoss sind – auf der Terrasse – und bzgl. der (west-)seitigen Fenster nachteilige Wirkungen möglich. Die von der Antragstellerin vorgelegte Skizze (Anlage Ast 4 zum Schriftsatz vom 20.11.2009), in der der Gebäudeschnitt ihres Hauses (rot) "über" demjenigen des Bauvorhabens der Beigeladenen (schwarz) dargestellt ist, verdeutlicht indes, dass die möglichen Besonnungsnachteile nicht durch die Abstandsfläche, sondern durch das Aufeinandertreffen des Terrassenhauses mit der quaderförmigen Kubatur des Bauvorhabens der Beigeladenen bedingt sind. Diesem Effekt könnte auch durch Abstandsflächenwahrung nicht entgegengewirkt werden.

23

Die qualitative Betrachtungsweise führt somit zu keinem für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis.

24

3) Der Beschwerde war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

25

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 05. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,-- Euro

festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat den auf Suspendierung der Baugenehmigung vom 21. Oktober 2011 gerichteten Antrag der Antragstellerin zu Recht abgelehnt. Jedenfalls rechtfertigen von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Der der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO zu Grunde gelegte Maßstab ist richtig. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht insbesondere davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber dem Bauverwirklichungsinteresse grundsätzlich den Vorrang eingeräumt hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die rechtspolitischen Gesichtspunkte, die § 212a Abs. 1 BauGB und den dieser Vorschrift vorausgehenden Regelungen (vgl. Kalb/Külpmann, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Kommentar, Band 4, Loseblatt, Stand 1. September 2011, § 212a Rn. 5 ff) zu Grunde lagen, heute noch in vollem Umfang zutreffen. Entscheidend ist allein, dass der Gesetzgeber auch heute noch Widerspruch und Klage gegen eine bauaufsichtliche Zulassung keine aufschiebende Wirkung beimisst und damit eine von dem allgemeinen Grundsatz (§ 80 Abs. 1 VwGO) abweichende Regelung trifft.

3

Das Verwaltungsgericht ist auch mit überzeugender Begründung zu der Auffassung gelangt, dass die Antragstellerin durch die angefochtene Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt wird. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin brauchte das Verwaltungsgericht nicht umfänglich zu prüfen, ob das Vorhaben der Beigeladenen sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. § 34 Abs. 1 BauGB ist nämlich nicht stets und generell drittschützend (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.6.1969 – 4 C 234.65 – BVerwGE 32, 173; vergl. hierzu im Einzelnen mit weiteren Nachweisen Söfker, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, aaO § 34 Rn. 141). Drittschutz kommt § 34 Abs. 1 BauGB nur dann zu, wenn das in dieser Vorschrift verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das Bestandteil des Einfügensgebots ist, verletzt wird (ständige Rechtsprechung seit Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.2.1977 – 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122; vergl. hierzu im Einzelnen mit weiteren Nachweisen Söfker, aaO Rn. 48). Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zutreffend geprüft, ob das Grundstück der Antragstellerin durch das Vorhaben und seine Nutzung, insbesondere die Beschränkung der Aussicht von ihrem Gebäude und die Einsichtsmöglichkeiten auf ihr Grundstück, in rücksichtsloser Weise beeinträchtigt wird. Dies hat das Verwaltungsgericht mit ausführlicher und auch aus Sicht des Senats zutreffender Begründung verneint. Die dagegen gerichtete Kritik der Antragstellerin, die lediglich die Wertung des Verwaltungsgerichts beanstandet, teilt der Senat nicht. Die Bedenken der Antragstellerin, die sich gegen die Zulassung von fünf Wohnungen richten, sind rechtlich unerheblich. Für die Beurteilung des Einfügens nach § 34 Abs. 1 Abs. 1 BauGB, an das die Prüfung des Rücksichtnahmegebots allein anknüpft, kommt es nämlich nur auf Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, an. Wie viele Wohnungen zugelassen werden, ist nach § 34 Abs. 1 zu 1 BauGB unerheblich.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

5

Der Senat hält es für billig, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 2 VwGO), denn sie hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO).

6

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 21. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen, die ihr Gebäude in der … umbauen und rückwärtig mit einem Anbau erweitern wollen. Gegen die am 09.12.2009 erteilte, den Antragstellern Ende Januar 2010 bekannt gegebene Baugenehmigung haben diese am 24.02.2010 Widerspruch eingelegt. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21.06.2010 i. w. mit der Begründung abgelehnt, die nachbarlichen Baumaßnahmen kämen nicht – wie die Antragsteller annähmen – einer Neuerrichtung gleich. Der Anbau halte die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO gebotene Abstandsfläche ein. Auch das Rücksichtnahmegebot werde nicht verletzt; die vom Anbau ausgehende "Zusatzbelastung" in Bezug auf eine weitere Verschattung sei noch zumutbar. Eine "erdrückende" Wirkung liege nicht vor und die Nutzung der Dachterrasse führe nicht zu unzumutbaren Störungen.

2

Gegen den am 22.06.2010 zugestellten Beschluss wenden die Antragsteller sich mit ihrer am 06.07.2010 eingegangenen Beschwerde. Sie rügen, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass (gerade) der zentrale Ruhe und Erholungsbereich ihres Grundstücks verschattet werde. Der "massive" Anbau sei in der Umgebung ohne Vorbild und wirke rücksichtslos. Im Hinblick auf das geräumige Haus seien ein Anbau in dieser Größenordnung nicht geboten und eine Dachterrasse nicht erforderlich. Die Dachterrasse führe zu neuen Einblickmöglichkeiten. Mit dem Anbau werde – erstmalig – die Hauptnutzung in den hinteren Gartenbereich erweitert. Das Bauvolumen erreiche den Aufwand für einen Neubau.

3

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert. Die Beigeladenen halten die Beschwerde für unbegründet.

4

Außergerichtliche Einigungsbemühungen sind ergebnislos geblieben.

II.

5

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.06.2010 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu Recht abgelehnt.

6

1. Der Senat hält die von den Antragstellern angeregte Ortsbesichtigung (durch den Berichterstatter des Senats) nicht für erforderlich, weil die Lage und Nutzung der Grundstücke und der jahres- und tageszeitlich unterschiedliche Schattenwurf vom Grundstück der Beigeladenen aus anhand der vorliegenden Karten, CAD-Animationen (Anlage AST 6) und der dem Senat vorliegenden, allgemein zugänglichen Informationen zu Sonnenständen (im Internet: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe.) hinreichend sicher feststellbar sind.

7

2. Das Verwaltungsgericht hat die für den nachbarlichen Rechtsschutz der Antragsteller geltenden Maßstäbe zutreffend dargestellt (S. 2 und 4 des Beschl.-Abdr.); der Senat nimmt darauf Bezug.

8

a) Soweit die Antragsteller (auch) im Beschwerdeverfahren daran festhalten, dass wegen eines neubaugleichen Aufwandes kein Bestandsschutz gegeben sei, ist dies unrichtig.

9

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die An- und Umbaumaßnahmen die Identität der baulichen Anlagen nicht in Frage stellen, so dass – insbesondere – die Frage der Abstandsflächenwahrung des Bestandsgebäudes nicht "neu aufgeworfen" wird (vgl. dazu OVG Bautzen, Urt. v. 28.08.2005, 1 B 889/04, BRS 69 Nr. 127; OVG Münster, Beschl. v. 22.10.1997, 7 B 2464/97, Juris). Eine andere Beurteilung ist erst in Betracht zu ziehen, wenn die mit den Um- und Anbauten verbundenen Eingriffe in die Bausubstanz die Statik des gesamten Baus betreffen, wenn der Bauaufwand denjenigen eines Neubaus erreicht oder überschreitet oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder wesentlich erweitert wird (Urt. des Senats v. 22.10.2009, 1 LB 10/09, NordÖR 2010, 244; BVerwG, Beschl. v. 21.03.2001, 4 B 18.01, BRS 64 Nr. 90). Keiner dieser Fälle liegt vor; dies hat die Antragsgegnerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 2-3) überzeugend begründet: Weder das äußere Erscheinungsbild der "Stadtvilla" noch deren Statik werden verändert. Zur Statik ist nur ein Durchbruch vom Schlafzimmer zum Anbau überprüft worden (Beiakte B). Auch wenn die Baukosten den von den Beigeladenen "eingeräumten" Betrag von 120.000,-- Euro übersteigen sollten, sind greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Gesamtkosten der Maßnahme diejenigen eines Neubaus (auch nur annähernd) erreichen würden, weder dargelegt worden noch (angesichts der Preise für entsprechende Objekte [ohne Grundstück] in …) ersichtlich. Das "Maß" der Erweiterung durch den Anbau ist auch nicht als "wesentlich" in dem Sinne einzuordnen, dass dadurch eine qualitative Veränderung der bisherigen Bebauung bewirkt würde. Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen: Der auf ca. 75 qm Grundfläche geplante Anbau bleibt hinter dem Altbestand mit gut 160 qm Grundfläche, zwei Vollgeschossen und Dachgeschoss deutlich zurück.

10

b) Die Annahme der Antragsteller, die Baumaßnahme – insbesondere der Anbau – sei in der Umgebung ohne Vorbild, wäre für die nach § 34 Abs. 1 BauGB vorzunehmende planungsrechtliche Beurteilung relevant. Das "Einfügensgebot" gem. § 34 Abs. 1 BauGB hat für ein Vorhaben, das innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens bleibt, nur dann eine nachbarschützende Bedeutung, wenn die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung ausbleibt. Dem Rücksichtnahmegebot kommt insoweit im nachbarlichen Verhältnis zweier Grundstücke eine Korrekturfunktion im Sinne eines Ausgleichs schutzwürdiger - gegenläufiger – Interessen zu (vgl. Urt. des Senats v. 04.09.1997, 1 L 139/96, BRS 59 Nr. 174 m. w. N.; BVerwG, Urt. v. 13.06.1969, 4 C 234.65, BVerwGE 32, 173).

11

Das Bauvorhaben der Beigeladenen fügt sich, wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 4-5) und das Verwaltungsgericht (S. 4 u. des Beschl.-Abdr.) zutreffend ausgeführt haben, in den Rahmen der näheren Umgebung ein. Das gilt insbesondere für die mit dem Anbau verwirklichte "Tiefe" der Bebauung. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter dem Aspekt mangelnder Einfügung ist damit nicht gegeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, 4 B 128.98, NVwZ 1999, 879).

12

Die Frage, ob ein Anbau bzw. die Nutzung der Dachterrasse "geboten" oder "erforderlich" sind, ist für die Prüfung des im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zu beachtenden Rücksichtnahmegebots schon im Ansatz unerheblich. Das "Ob" und "Wie" des Bauens liegt in der Bestimmung der Bauherren und der baurechtlichen Vorgaben. Es mag sein, dass die Beigeladenen auf den Anbau (ganz) hätten verzichten, diesen kleiner oder mit geringerer Deckenhöhe ausführen oder die östliche Seitenwand des Anbaus gegenüber der "Flucht" des Altbaus hätten zurückspringen lassen können. Diese Möglichkeiten sind der privatautonomen Entscheidung der beigeladenen Bauherren zugewiesen. Die baurechtliche Prüfung ist an das beantragte Vorhaben gebunden. Die – in den Schriftsätzen der Antragsteller vom 22.07., der Beigeladenen vom 10.08. und im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochenen – baulichen Reduzierungen sind lediglich als Vergleichsmöglichkeiten erörtert worden. Der Nachbar kann eine Baugenehmigung schon vom Ansatz her rechtlich nicht durch den Hinweis auf eine seines Erachtens "bessere" Alternative zu Fall bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.6.1997, 4 B 97.97, BRS 59 Nr. 176). Der Nachbarrechtsschutz der Antragsteller beschränkt sich somit auf die Frage, ob das Bauvorhaben so, wie es beantragt und genehmigt worden ist, ihre – konkrete – Rechtsposition verletzt. Das ist nicht der Fall.

13

c) Eine rücksichtslose – und damit nachbarrechtsverletzende – Bebauung ist auch im Hinblick auf die Abstandsflächen und die Nutzung der Dachterrasse nicht gegeben.

14

Der Anbau der Antragsteller wahrt die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO 2009 gebotene Abstandsfläche. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme scheidet damit – im Regelfall – aus (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314; BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, a.a.O., []bei Juris Tn. 4]).

15

d) Unter besonderen Umständen kann eine bauliche Nutzung – ausnahmsweise - auch dann rücksichtslos sein, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen gewahrt sind. Dies kommt in Betracht bei "bedrängenden" oder (gar) "erdrückenden" Wirkungen einer baulichen Anlage (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.01.2007, 1 ME 80/07, BRS 71 Nr. 88) oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen. Im vorliegenden Fall besteht dafür weder im Hinblick auf den – von den Antragstellern so empfundenen - "massiven" Anbau (unten aa) noch auf die zusätzlichen Einblickmöglichkeiten von der Dachterrasse aus (unten bb) ein durchgreifender Ansatzpunkt; das Gleiche gilt für die von den Antragstellern angeführten Verschattungswirkungen des Anbaus (unten cc).

16

aa) Von einer "erdrückenden" oder "abriegelnden" Wirkung, die bei nach Höhe und Volumen "übergroßen" Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981, 4 C 1.78, DVBl. 1981, 928), ist der eingeschossige Anbau der Beigeladenen weit entfernt.

17

bb) Die durch die Dachterrasse eröffnete "Rundumsicht", die entstehenden neuen Einblickmöglichkeiten sowie evtl. von dort ausgehende Geräusche sind grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn die Beigeladenen aus dem Fenster sehen oder wenn sie einen Balkon anbauen und nutzen würden (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 12.10.2010, 1 B 149/10, Juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 16.10.2009, 1 LA 42/09, Juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 22.06.2006, 2 L 910/03, Juris, BauR 2006, 1943 [Ls.; bei Juris Tn. 38]). Ausnahmen kommen nur in stark verdichteten Bebauungssituationen in Betracht (vgl. OVG Münster, Urt. v. 22.08.2005, 10 A 3611/03, BRS 69 Nr. 91: Reihenhauszeile), die hier nicht vorliegen. Anders als in solchen Konstellationen können sich die Antragsteller auch durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

18

cc) Was die Verschattungswirkung des Anbaus anbetrifft, stehen diese in einem Zusammenhang mit den verkürzten Abstandsflächen, die durch die am 01. Mai 2009 in Kraft getretene neue Landesbauordnung (§ 6 Abs. 5 LBO) eingeführt worden sind.

19

Der neu bestimmte "bauordnungsrechtlich vertretbare Mindeststandard" (vgl. Niere, NordÖR 2009, 273 ff./275) dient auch dem Ziel einer ausreichenden "Ausleuchtung der Aufenthaltsräume mit Tageslicht" (Landtags-Drs. 16/1675, S. 146, 147). Die Mindestzufuhr von Licht, Luft und Sonne ist damit auch in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot definiert worden; mehr kann der Nachbar im Regelfall nicht verlangen (vgl. – in diesem Sinne – ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.10.2009, 10 S 26.09, Juris [Tz. 16-17], OVG Hamburg, Beschl. v. 26.09.2007, 2 Bs 188/07, NordÖR 2008, 73 ff.). Liegen keine Besonderheiten (s. o.) vor, bleibt die Einhaltung der Abstandsfläche für die Wahrung des Gebots der Rücksichtnahme maßgeblich (OVG Münster, Beschl. v. 09.02.2009, 10 B 1713/08, NVwZ-RR 2009, 459).

20

Ausgehend davon können die von dem Anbau ausgehenden Verschattungswirkungen nicht als rücksichtslos eingestuft werden. Das Rücksichtnahmegebot vermittelt keinen Anspruch auf die unveränderte Beibehaltung der einmal gegebenen Besonnung eines Grundstücks oder darauf, dass eine Nachbarbebauung Verschattungswirkungen in einem größeren Umfang zu vermeiden oder zu minimieren hat, als es das Abstandsflächenrecht fordert (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314 ff.). Die im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochene "spürbare Entlastung der Verschattung" durch eine "weitere Absenkung des Anbaus" und eine "Erhöhung des Abstandes" zur Grundstücksgrenze der Antragsteller kann über das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht eingefordert werden. Ein Verstoß gegen dieses Gebot erfordert eine qualifizierte Betroffenheit des Nachbarn, die über bloße Lästigkeiten hinausgeht (BVerwG, Urt. v. 06.10.1989, BRS 49 Nr. 188 [bei Juris Tn. 20]). Das ist vorliegend nicht festzustellen.

21

Der (künftig) entstehende Schattenwurf betrifft vor allem die Nordwestecke des Gartens der Antragsteller. Dieser Grundstücksbereich ist, wie im Internet veröffentlichte Luftbilder zeigen, schon jetzt durch den Schattenwurf des vorhandenen Altbaus der Beigeladenen (vor-) belastet.

Abbildung

22

Infolge des neu hinzukommenden Anbaus ist in diesem Grundstücksbereich mit zusätzlichem Schattenwurf etwa ab 14.00 Uhr zu rechnen; bis ca. 18.00 Uhr im Hochsommer bzw. ca. 16.00 Uhr im Frühjahr/Herbst werden zwischen 2 m und ca. 14 m dieses Bereichs verschattet. Dies lässt sich aus den Sonnenstandswinkeln (s. dazu die Grafik) und der vorgesehenen Höhe des Anbaus ableiten.

Abbildung

2

23

Quelle: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe . - Eingabe "A-Stadt”

24

Die von den Antragstellern eingereichte CAD-Animation zeigt ähnliche Ergebnisse.

25

Verschattungswirkungen treten – umgekehrt – auch vom Grundstück der Antragsteller aus in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen auf; diese betreffen die (Vormittags-) Zeit ab Sonnenaufgang bis längstens gegen Mittag und erreichen außerhalb des Hochsommers auch den Anbau der Beigeladenen.

26

Diese wechselseitige Verschattung zu gewissen Tages- und Jahreszeiten ist im Rahmen eines innerstädtischen Nachbarschaftsverhältnisses beiderseits hinzunehmen und zumutbar. Verschattungswirkungen dieser Art sind in Innenstadtgebieten nicht vermeidbar; in historisch gewachsenen Baugebieten – wie vorliegend - sind sie von vornherein angelegt. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf einen unveränderten Fortbestand der bisherigen (Besonnungs-)Situation besteht nicht, weil jeder Grundstückseigentümer damit rechnen muss, dass Nachbargrundstücke innerhalb des vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es infolge der Bebauung zu einer zusätzlichen Verschattung von Teilen des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 11.12.1997, Bs II 50/95, Juris [Ls. 7] sowie Beschl. v. 26.04.2000, 2 Bs 116/00, Juris). Das Gleiche gilt für die Verschattungswirkungen der (wachsenden) Grundstücksbepflanzung.

27

Eine qualifizierte, diese Rahmenbedingungen verlassende und das Maß des Zumutbaren überschreitende Betroffenheit der Antragsteller ist auch im Hinblick auf die spezifische Grundstückssituation nicht festzustellen. Ihrem Eckgrundstück haften lagebedingte Nachteile an. Der Umstand, dass das Grundstück als einzigen "straßenabgewandten" Bereich die im Schattenwurf des Altgebäudes und des Anbaus gelegene Fläche aufweist, vermag eine Einschränkung des Baurechts der Beigeladenen nicht zu begründen. Ihr Baurecht ist gegenüber einem Eckgrundstück nicht stärker mit Rücksichtnahmepflichten belastet als gegenüber sog. "Mittelgrundstücken" (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 20.11.2006, 4 TG 2391/06 [Ls. 2], BRS 70 Nr. 168). Für die Antragsteller verbleiben zudem Grundstücksbereiche, die von der Verschattung nicht betroffen sind und die in der – insgesamt – ruhigen Wohnlage auch auf der "straßenzugewandten" Seite des Eckgrundstücks für den Sonnengenuss nutzbar bleiben.

28

e) Weitere Beschwerdegründe haben die Antragsteller nicht dargelegt (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO).

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

30

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.

31

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 9. August 2007 - 7 K 1130/07 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 7.500,-- festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerden haben keinen Erfolg.
Den Antragstellern wäre zwar wohl Wiedereinsetzung in die am Montag, dem 24.9.2007, abgelaufene Frist zur Begründung der Beschwerde (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) zu gewähren, weil sie wohl ohne Verschulden verhindert waren, diese Frist einzuhalten (§ 60 Abs. 1 VwGO). Denn es spricht alles dafür, dass ihre Versuche, am Abend des 24.9.2007 die Beschwerdebegründung dem Verwaltungsgerichtshof per Fax zuzuleiten, daran gescheitert sind, dass das Faxgerät des Gerichts durch eingehende Schriftsätze, die andere Verfahren betrafen, überlastet war. Das kann aber letztlich dahin stehen. Denn die Beschwerden sind in der Sache unbegründet.
Die Antragsteller halten dem Verwaltungsgericht vor, es sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Baulinienplan funktionslos geworden sei. Dieser Plan sei nicht förmlich aufgehoben worden und dies könne durch eine Vermutung nicht ersetzt werden. Sie verkennen damit aber, dass das Verwaltungsgericht sich keineswegs mit einer - zudem von ihnen selbst als „naheliegend“ bezeichneten - Vermutung begnügt, sondern im einzelnen dargelegt hat, aus welchen Gründen der Baulinienfestsetzung keine städtebaulich beachtliche Steuerungsfunktion mehr zukommen kann. Die Beschwerdebegründung zeigt keine Anhaltspunkte dafür auf, dass der angefochtene Beschluss, der sich auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.4.1977 - IV C 39,75 - BVerwGE 54, 5 und Urteil vom 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 13.6.2007 - 3 S 881/06 - VBlBW 2007, 385; vgl. etwa auch das Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 - VBlBW 2007, 265) stützt, insofern zu beanstanden wäre. Ferner hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass sich auch dann nichts anderes ergebe, ginge man von der Wirksamkeit der Baulinienfestsetzung aus. Denn dann würde es sich um eine straßenbegleitende Baulinie oder Baugrenze handeln, die - abweichende Intentionen des Plangebers sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ersichtlich - nur aus städtebaulichen Gesichtspunkten festgesetzt wurde und mithin keinen Nachbarschutz vermittelt.
Die Antragsteller rügen des Weiteren, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit dem ihnen zustehenden Gebietserhaltungsanspruch auseinander gesetzt. Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. Denn der Gebietserhaltungsanspruch bezieht sich ausschließlich auf die Art der baulichen Nutzung, die „typische Prägung eines Baugebiets“ (BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151; Beschluss vom 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384). Die Antragsteller ziehen dagegen selbst - zu Recht - nicht in Zweifel, dass sich die von der Beigeladenen geplante reine Wohnnutzung unter diesem bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkt problemlos in die vorhandene Umgebungsbebauung einfügt. Sie beanstanden vielmehr, das „voluminöse Mehrfamilienhaus“ werde das Baugebiet dominieren und dessen Prägung „auch in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung“ verändern. Festsetzungen und aus der Umgebungsbebauung ableitbare Vorgaben des Maßes der baulichen Nutzung entfalten grundsätzlich aber keine nachbarschützende Wirkung (BVerwG, Beschluss vom 23.6.1995 - 4 B 52.95 - VBlBW 1996, 12). Die Antragsteller können sich deshalb insoweit - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nur darauf berufen, dass das Vorhaben der Beigeladenen zu ihren Lasten gegen das im tatbestandlichen Erfordernis des „Einfügens“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstoße.
Einen solchen Verstoß hat das Verwaltungsgericht aber zu Recht und mit in allen Punkten zutreffender Begründung verneint. Die dagegen erhobenen Einwände der Antragsteller greifen nicht durch. Ihre Beanstandung, das Vorhaben der Beigeladenen solle unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze verwirklicht werden, ist unverständlich, denn nach den genehmigten Bauvorlagen hält das Mehrfamilienwohnhaus einen Abstand zur Grenze von 3,92 m ein. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen dargelegt, dass damit der nachbarschützende Teil der bauordnungsrechtlich gebotenen Abstandsflächentiefen eingehalten ist. Hiergegen bestehen keine Bedenken und haben die Antragsteller auch nichts erinnert. Soweit sie ferner darauf abheben, schon deshalb, weil die Festsetzungen des Baulinienplans nicht eingehalten würden und das Maß der Umgebungsbebauung überschritten werde, sei das Gebot der Rücksichtnahme zu ihren Lasten verletzt, verkennen sie, dass der bloße Verstoß gegen nicht nachbarschützende bzw. gegenstandslos gewordene Vorgaben unter keinem Gesichtspunkt geeignet ist, eine baurechtliche Rücksichtslosigkeit zu begründen.
Auch die weitere Rüge der Antragsteller, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass die Gesamthöhe des Vorhabens der Beigeladenen diejenige der Nachbargebäude nicht oder allenfalls um wenige Zentimeter überschreite, sei mangels Angaben zu den dabei ins Auge gefassten Nachbargebäuden nicht nachvollziehbar, ist kaum verständlich. Denn aus dem eingereichten Geländeschnitt folgt, dass die Oberkante der Attika des geplanten Flachdachgebäudes die Firsthöhe des nördlichen Nachbargebäudes (Goethestraße ...) zwar um 1,05 m übersteigt, den First des westlichen Nachbarhauses („Savvaidis“) dagegen nicht überragt. Aus dieser Planzeichnung ergibt sich somit die von den Antragstellern vermisste Grundlage für den seitens des Verwaltungsgerichts vorgenommenen Höhenvergleich.
Die Antragsteller beanstanden ferner zu Unrecht, die Einplanung eines Spielplatzes und einer Müllstation unmittelbar an der westlichen Grenze ihres Grundstücks sei rücksichtslos, weil damit - konfliktträchtig - lärmintensive Nutzungen angrenzend an ihren Außenwohnbereich angeordnet würden. Denn Kinderspielplätze mit üblicher Ausstattung - eine vorliegend beabsichtigte störungsintensivere Nutzung ist nicht erkennbar - gehören in die unmittelbare Nähe der Wohnbebauung. Die mit deren bestimmungsgemäßen Nutzung typischerweise verbundenen Geräusche sind, soweit sie Folge der natürlichen Lebensäußerung von Kindern sind, ortsüblich, sozial adäquat und daher auch in einem reinen Wohngebiet hinzunehmen (BVerwG, Urteil vom 12.12.1991 - 4 C 5/88 - NJW 1992, 1779; Beschluss vom 29.5.1989 - 4 B 26.89 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.3.1985 - 3 S 405/85 - VBlBW 1986, 26). Sie sind mit dem Ruhebedürfnis der Anlieger regelmäßig vereinbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.12.1986 - 1 S 1504/86 - BRS 47 Nr. 105). Ausgehend von dieser Rechtsprechung sind in einem Wohngebiet jeder Art erst recht private Kinderspielplätze, die - wie hier - lediglich zur Benutzung durch die Kinder des jeweiligen Baukomplexes vorgesehen und nach § 9 Abs. 2 Satz 1 LBO vorgeschrieben sind, grundsätzlich zulässig (vgl. das Urteil des Senats vom 27.4.1990 - 8 S 1820/89 - VBlBW 1990, 431; OVG Bremen, Urteil vom 1.12.1987 - 1 BA 49/87 - BRS 47 Nr. 104). Anhaltspunkte dafür, dass von diesen Grundsätzen im vorliegenden Fall abzuweichen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ähnliches gilt für die westlich des Spielplatzes vorgesehene Müllstation. Denn es gibt keinen Grund für die Annahme, dass dieser Standort für die bei jedem Wohnhaus notwendigen Müllcontainer zu für die Antragsteller unzumutbaren Belästigungen führen könnte. Auch insoweit muss ein Nachbar die mit der Entleerung der häuslichen Müllgefäße verbundenen Auswirkungen als sozialadäquat hinnehmen. Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung erfordern könnten, sind nicht erkennbar.
Schließlich können die Antragsteller nicht mit Erfolg geltend machen, das Verwaltungsgericht habe ihr Interesse an der Verhinderung der - infolge der Höhe des Gebäudes der Beigeladenen unvermeidbaren - Einsehbarkeit ihres Außenwohnbereichs, der der Ruhe, Erholung und Entspannung diene, nicht hinreichend gewürdigt. Denn dies beruht, wie die Beigeladene zu Recht anführt, auf Gegenseitigkeit. Zum anderen stellt es keinen rechtlich relevanten Nachteil dar, wenn durch einen Neubau Einsichtsmöglichkeiten in bestehende Wohnbereiche geschaffen werden (Beschluss des Senats vom 14.3.1990 - 8 S 2599/89 - VBlBW 1990, 428; vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343; Urteil vom 28.10.1993 - 4 C 5.93 - BauR 1994, 354; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.10.2003 - 5 S 138/03 - VBlBW 2004, 146).
Nach allem sind die Beschwerden der Antragsteller mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen.
10 
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 (VBlBW 2004, 467, 469).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.