Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 25. Jan. 2013 - 12 A 41/11

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2013:0125.12A41.11.0A
bei uns veröffentlicht am25.01.2013

Tenor

Die Aufforderungen

vom November 2009 zur Heranziehung der Klägerin zur Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2011

sowie

vom 24.11.2010 zur Heranziehung der Klägerin zur Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2011

werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich.

2

Die Klägerin ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführte Anwalts- und Notarkanzlei.

3

Der Beklagte führt als eines der Statistischen Ämter der Bundesländer auf Grundlage des Dienstleistungsstatistikgesetzes (DlStatG) und des Bundesstatistikgesetzes (BStatG) jähr- lich Erhebungen bei Unternehmen und Einrichtungen zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit im Dienstleistungsbereich durch. Die statistischen Erhebungen werden als Bundesstatistik geführt. Sie dient gem. § 1 Abs. 1 DlStatG der Darstellung der Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Dienstleistungsbereich.

4

Die Einordnung der Klägerin in eine Ziehungsschicht im Rahmen der Erhebungen des Beklagten zur Dienstleistungsstatistik ist nach einem Verfahren entsprechend der Darstellung des Statistischen Bundesamtes vom 15.04.2010 – IIA/VIIC1/1603-DL – „Methodische Grundlagen der Erstellung des Auswahlplans für die Ziehung der Stichprobe 2008“ nach Bundesland (Schleswig-Holstein), Art der Dienstleistung (M 69.10, Rechtsanwaltskanzleien mit Notariat) und Größenklasse (Klasse 9, da Umsatz mit 1.802 T€ ≥1.000 T€ und ≤2.000 T€) ohne manuelle Nachsteuerung erfolgt. Nach diesem von dem Beklagten allgemein praktizierten Ziehungsmodell steigt die Zahl der je Schicht erforderlichen Repräsentanten mit der Umsatzbedeutung der Schicht und der Heterogenität der Schicht an (a.a.O. S. 3). In den höheren Umsatzschichten sind deshalb relativ betrachtet mehr Unternehmen betroffen als in niedrigen Umsatzschichten.

5

In der Ziehungsschicht der Klägerin besteht die Auswahlgesamtheit derzeit aus 35 Unternehmen. Die Klägerin befindet sich daher nicht deshalb in einer Totalschicht (Einbeziehung aller Unternehmen in die Stichprobe) weil der nach der Methodendarstellung (S. 5) erforderliche Mindest-Stichprobenumfang von 3 unterschritten wird, sondern weil die von der Umsatzbedeutung der Schicht beeinflusste Aufteilung der Stichproben (Methodendarstellung S. 4) zu einer relativ höheren Belastung der umsatzstärkeren Unternehmen führt und es so zur vollständigen Inanspruchnahme der Ziehungsschicht der Klägerin und aller noch umsatzstärkeren Ziehungsschichten kommt. Nur in den größeren Bundesländern Nordrhein-Westfalen (Stichprobenumfang 40 %), Hessen (Stichprobenumfang 46,3 %), Hamburg (Stichprobenumfang 74,7 %), Berlin (Stichprobenumfang 80,2 %), Bayern (Stichprobenumfang 49,8 %), Baden-Württemberg (Stichprobenumfang 60 %) kommt es wegen der größeren absoluten Zahl der Unternehmen in gleicher Branche und Umsatzklasse nicht zur vollständigen Inanspruchnahme.

6

Bereits in den Jahren 2003 bis 2007 wurde die Klägerin durch den Beklagten zur Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich herangezogen.

7

Mit Aufforderung vom November 2009 forderte der Beklagte die Klägerin zur erneuten Berichterstattung für das Jahr 2008 auf. Zur Begründung trug er vor, dass auf Grundlage des Dienstleistungsstatistikgesetzes jährlich Stichprobenerhebungen bei Unternehmen und Einrichtungen zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit durchgeführt würden. Nach dem Gesetz bestehe für diese Erhebungen Auskunftspflicht. Um die Belastung gering zu halten und eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Auskunftsverpflichtung zu erreichen, würden die Stichproben-Unternehmen in Abständen von ca. drei bis fünf Jahren neu ausgewählt und in diesem Zeitraum bis zur neuen Stichprobenziehung befragt. Dabei diene die Befragung über mehrere Jahre der besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Für das Jahr 2008 sei eine neue Stichprobe gezogen worden. Das Unternehmen der Klägerin sei nach einem mathematisch-statistischen Verfahren ausgewählt worden und sei damit zur Abgabe der Meldungen zur jährlichen Dienstleistungsstatistik ab dem Geschäftsjahr 2008 verpflichtet. Hiervon könne keine Ausnahme gemacht werden, das Unternehmen der Klägerin könne auch nicht gegen ein anderes ausgetauscht werden.

8

Nur in Einzelfällen, wenn kein anderes repräsentatives Unternehmen zur Verfügung stehe, würden auch Unternehmen erneut ausgewählt, die bereits der letzten Stichprobe angehört hätten. Die Ergebnisse der Dienstleistungsstatistik seien für die wirtschaftspolitische Arbeit von großem Wert. Zugleich erfülle Deutschland mit dieser Erhebung Datenanforderungen der Europäischen Union.

9

Mit Schreiben vom 06.01.2010 erhob die Klägerin gegen diese Aufforderung Widerspruch.

10

Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 03.02.2010 den Eingang des Widerspruchs und führte weiter aus, dass die Stichprobenziehung zur Dienstleistungsstatistik auf der Grundlage eines vom Statistischen Bundesamt erstellten Auswahlplanes erfolge, wobei die regionale Lage, der Wirtschaftszweig und der Umsatz in Verbindung mit der Beschäftigtengrößenklasse von entscheidender Bedeutung seien. Dem als Anlage übersandten Ziehungsprotokoll könne die Klägerin entnehmen, dass von 34 Einheiten, alle 34 Einheiten in die Stichprobe gezogen worden seien. Die Einheit der Klägerin gehöre somit einer so genannten Totalschicht an, da die Möglichkeit zum Austausch der Einheiten entfalle.

11

Mit Schreiben vom 27.07.2010 begründete die Klägerin ihren Widerspruch und trug vor, dass sie nunmehr seit acht Jahren ununterbrochen zur Auskunftspflicht herangezogen worden sei. Eine Neuauswahl beziehungsweise eine neue Stichprobenziehung habe tatsächlich nicht stattgefunden. Entgegen dem Ausgangsbescheid vom November 2009, in dem behauptet werde, die Kanzlei der Klägerin sei nach einem mathematisch- statistischen Verfahren ausgewählt worden, teile die Beklagte nunmehr mit, dass die Klägerin zu einer sog. Totalschicht von 34 Einheiten gehören solle. Es könne aus Sicht der Klägerin nicht beurteilt werden, ob die Beklagte bei der Ausübung ihres Auswahlermessens tatsächlich alle für diese Schicht in Betracht kommenden Unternehmen berücksichtigt habe. Die Auswahl der Kanzlei der Klägerin entspreche nicht den Vorgaben. Während nach der dem Ausgangbescheid beigefügten „Unterrichtung nach § 17 Bundesstatistikgesetz“ ausgeführt werde, dass die Erhebung jährlich bei höchstens 15 % Erhebungseinheiten als Stichprobe durchgeführt werde, werde die Erhebung hier aber bei 100 % der Erhebungseinheiten durchgeführt. Die wiederholte Heranziehung eines Berichtspflichtigen zu statistischen Erhebungen müsse nach Auswahlkriterien erfolgen, die in eine systematische Rotation der Befragten zur fiktiven Begrenzung deren Belastung vorsehen würden. Eine dauerhafte Heranziehung wegen Zugehörigkeit zu einer sog. Totalschicht überschreite das Auswahlermessen, da eine dauerhafte Totalerfassung von Unternehmen vom Dienstleistungsstatistikgesetz nicht gedeckt sei.

12

Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 24.11.2010 zur Berichterstattung für das Jahr 2009 auf, ohne vorher den Widerspruch der Klägerin vom 06.01.2010 beschieden zu haben. Im Wesentlichen trug sie dieselben Erwägungen wie im Bescheid vom November 2009 vor und verwies insofern auf die Stichprobenziehung vom letzten Jahr.

13

Mit Schreiben vom 29.12.2010 erhob die Klägerin auch gegen diesen Bescheid Widerspruch und bezog sich im Wesentlichen auf die vorherige Widerspruchsbegründung.

14

Die Beklagte wies den Widerspruch vom 06.01.2010 mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2011 zurück. Zur Begründung trug die Beklagte vor, dass die Klägerin gem. § 2 DlStatG zum Erhebungsbereich der Dienstleistungsstatistik gehöre. Die Dienstleistungsstatistik sei als Stichprobenerhebung angeordnet, um die Belastung der Berichtspflichtigen zeitlich zu begrenzen. Das Statistische Bundesamt habe gem. § 3 Abs. 1 BStatG Richtlinien für die Auswahl der Unternehmen festgelegt und damit ihr Ermessen pflichtgemäß betätigt. Die Methodik der Stichprobenziehung für die Dienstleistungsstatistik sehe eine sog. Schichtung der Auswahlgesamtheit nach Bundesländern, Wirtschaftszweigen und Umsatzgrößen vor. In jeder dieser Stichprobenschichten werde eine separate Ziehung nach dem Zufallsprinzip vorgenommen. Dabei differiere der Auswahlsatz in den einzelnen Schichten nach der Zahl und Vergleichbarkeit der darin enthaltenen Einheiten. So würden z. B. große Unternehmen fast ausnahmslos in die Erhebung einbezogen, während kleinere Einheiten eine geringere Auswahlchance besäßen. Unternehmen in größeren Bundesländern hätten in der Regel eine geringere Auswahlwahrscheinlichkeit als solche in kleineren Bundesländern. Dieses geschichtete Stichprobenverfahren sei notwendig, um mit möglichst geringem absolutem Stichprobenumfang eine tiefe Ergebnisgliederung und auch eine Ergebnisdarstellung nach Bundesländern zu erzielen. Die Klägerin befinde sich in einer Schicht der umsatzstarken Unternehmen ihres Wirtschaftszweiges in der keine Rotation möglich sei. Das Auswahlverfahren leide nicht an durchgreifenden, mit der gesetzlichen Grundlage nicht in Einklang stehenden methodischen Fehlern. Es sei in nachvollziehbarer Weise erkennbar, dass die Auswahl der auskunftspflichtigen Erhebungseinheiten auf einem mathematisch-statistischen Gesamtsystem beruhe. Die Bildung von Schichten trage zum Einen der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung umsatzstarker Unternehmen Rechnung und führe zum Anderen zu einer geringeren Gesamtbelastung aller Berichtspflichtigen. Ohne eine Totalerfassung der bedeutenderen Unternehmen müsste die Gesamtzahl der berichtspflichtigen Unternehmen zur Sicherstellung zuverlässiger statistischer Ergebnisse um ein Vielfaches höher liegen. Auch der Wortlaut der amtlichen Begründung zu § 1 Abs. 2 DlStatG, nach der das Auswahlverfahren einen systematischen Austausch der jeweils Auskunftspflichtigen vorsehe und insoweit die Möglichkeit einer vollständigen Erfassung der umsatzstarken Unternehmen ausschließe, müsse im Lichte der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 1 des Handelsstatistikgesetzes geprüft werden, welches nur knapp ein Jahr nach dem Dienstleistungsstatistikgesetz in Kraft getreten sei und gleichfalls die Auswahl der Erhebungseinheiten nach mathematisch-statistischen Verfahren vorsehe. Dabei habe der Gesetzgeber die Bildung einer Stichprobenschicht, der Unternehmen mit höchsten Umsätzen der jeweiligen Branche zugeordnet sind und bei denen eine Rotation ausgeschlossen ist, ausdrücklich als zulässig erachtet. Eine Stichprobenerhebung, bei der ausgewählte Betriebe repräsentativ für die Gesamtheit aller befragt würden, sei darauf angewiesen, dass auch alle in die Stichprobe gelangten Betriebe ihrer Auskunftspflicht nachkämen. Nur so sei das Ergebnis der Repräsentativerhebung aussagefähig. Auf die Abgabe der Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich für das Berichtsjahr 2008 werde verzichtet.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2011 wies die Beklagte auch den Widerspruch vom 29.12.2010 zurück und verwies zu dessen Begründung vollumfänglich auf den Widerspruchsbescheid vom 17.01.2011.

16

Die Klägerin hat am 16.02.2011 Klage erhoben. Zur Begründung der Klage bezieht sich die Klägerin auf ihre Widerspruchsbegründungen. Ihre ständige, ununterbrochene Heranziehung zur Berichterstattung im Rahmen der Dienstleistungsstatistik sei weder vom Bundesstatistikgesetz gedeckt, noch mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren. Die nach Gesetz und Rechtsprechung vorgesehene Rotation werde durch die dauerhafte Totalerfassung der Klägerin in einer sog. Totalschicht nicht gewährleistet.

17

Die Klägerin beantragt,

18

1. den Bescheid der Beklagten vom November 2009 zur Heranziehung der Klägerin zur Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich 2008 in Form des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2011 aufzuheben.
2. den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2010 zur Heranziehung der Klägerin zur Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich 2009 aufzuheben.
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

19

Die Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Zur Begründung nimmt die Beklagte Bezug auf ihre erlassenen Bescheide und Widerspruchsbescheide. Sie ist der Auffassung, die erneute Heranziehung der Klägerin entspreche dem geltenden Recht und verletze sie auch nicht in ihren Grundrechten. Mit der gesetzlichen Anordnung der Strukturerhebungen im Dienstleistungsbereich sei sowohl dem Bedarf an Informationen über den wirtschaftlich bedeutenden, aber zuvor statistisch weit unterrepräsentierten Bereich der Dienstleistungen, als auch der Forderung nach möglichst geringer Belastung der Wirtschaft in diesem vorwiegend kleinbetrieblich strukturierten Bereich Rechnung zu tragen. Im Ergebnis habe man daher ein Stichprobenumfang von 15 % festgelegt. Damit stelle es der Gesetzgeber in das pflichtgemäße Ermessen der Statistischen Ämter die auskunftspflichtigen Erhebungseinheiten gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BStatG mithilfe eines mathematisch-statistischen Verfahrens auszuwählen. Der vom Statistischen Bundesamt bereits für die erste Stichprobenziehung (für die Berichtsjahre ab 2000) entwickelte Stichprobenplan werde mit entsprechenden aktuellen Anpassungen auch für die Ziehung der generell neuen Stichprobe für das Berichtsjahr 2008 angewendet. Dieses Verfahren sei nicht zu beanstanden. Durch eine entgegen diesem Verfahren erzwungene Rotation und Durchbrechung der Schichten würde die Qualität der Statistik erheblich leiden. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu diesem Verfahren abgegebene Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes E307/34741500 C102/C1-1603-DL vom 09.10.2012 verwiesen. Aufgabe des Verfahrens sei es, den gesetzlich vorgegebenen Stichprobenumfang möglichst effektiv in Bezug auf einen geringen relativen Standardfehler in den Nachweisgruppen zu nutzen und gleichzeitig zu garantieren, dass das Ziel der Dienstleistungsstatistik, repräsentative Ergebnisse sowohl in fachlicher als auch in regionaler Tiefengliederung nachzuweisen, erreicht werde. Die Schichteneinteilung folge der Auswahlgesamtheit der späteren Differenzierung der Ergebnisdarstellung. Die Einteilung der Ziehungsschichten sei durch eine hierarchische Untergliederung nach Ländern, Wirtschaftszweigen und Größenklassen (Umsatz bzw. Beschäftigte) erfolgt. Die Auswahl der Erhebungsschichten erfolge jedenfalls durch einen maschinellen Prozess, der objektiv und frei von jeglicher Willkür ablaufe. Dies gelte auch für die Vorgabe, die Belastung der einzelnen Erhebungseinheiten möglichst gering zu halten. Hierfür sehe die Methodik der Dienstleistungsstatistik bei der Ziehung einer neuen Stichprobe einen maschinellen Austausch der jeweils Auskunftspflichtigen vor. In der überwiegenden Zahl aller Stichprobenschichten werde damit eine vollständige, zumindest aber partielle Rotation (Austausch) in regelmäßigen Abständen ermöglicht. Nur wenn die Streuung in einer Schicht so hoch ist, dass der sog. Auswahlfaktor gegen 1 tendiere, sei eine Rotation nicht möglich. Hierbei handele es sich dann um eine sog. Totalschicht. Die Klägerin habe sich zum Ziehungszeitpunkt 2009 in Schleswig-Holstein im Wirtschaftszweig „Rechtsberatung“ mit 33 weiteren Unternehmen und Einrichtungen befunden, welche alle zur Berichterstattung herangezogen worden seien. Diese Verfahren seien weder in der Methodik der Stichprobenziehung noch bei der Schichtung der Auswahlgesamtheit mit Mängeln behaftet. Das zugrunde liegende mathematisch-statistische Verfahren stelle sicher, dass die Qualitätsvorgaben der Europäischen Union erfüllt, aussagekräftige Ergebnisse in regionaler und fachlicher Tiefe gewährleistet und eine Entlastung der kleineren und mittleren Betriebe ermöglicht werde. Das Entstehen von Totalschichten und in der Folge die länger währende Heranziehung der in dieser Schicht befindlichen Einheiten führe nicht zu einem fehlerhaften Ermessensgebrauch. Es sei zu berücksichtigen, dass die ständige Heranziehung nicht im Einzelnen festgesetzt worden sei, sondern sich als Konsequenz des angewandten statistischen Systems auf der Grundlage der wirtschaftlichen Bedeutung des klägerischen Betriebes im Erhebungsgebiet ergebe. Eine derartige systemkonsequente Heranziehung sei – solange gegenüber dem angewandten statistischen Modell keine rechtlichen Bedenken bestünden – rechtlich nicht zu beanstanden. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der einzelnen Unternehmen und die stärkere Heranziehung der wirtschaftlich bedeutenderen Betriebe seien nicht nur zulässig, sondern erschienen unter dem Gesichtspunkt der Tauglichkeit der statistischen Erhebung geradezu geboten.

22

Infolge des Einverständnisses der Beteiligten konnte die Sache gem. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter anstelle der Kammer und infolge beidseitigen Verzichts gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

23

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

25

Die Klage ist auch in Bezug auf die Heranziehung der Klägerin für das Jahr 2008 zulässig. Zwar hat der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 17.01.2011 erklärt, dass auf die Abgabe der Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich für das Berichtsjahr 2008 verzichtet werde. Er hat allerdings durch die Zurückweisung des Widerspruchs als unbegründet zu erkennen gegeben, dass er grundsätzlich an der Verpflichtung der Klägerin festhält. Der erklärte Verzicht kann also lediglich als ein Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen verstanden werden. Die Feststellung der grundsätzlichen rechtlichen Verpflichtung der Klägerin zur Abgabe der entsprechenden Informationen ist nicht entfallen und insoweit auch nicht von einer Erledigung auszugehen.

26

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Zwar fehlen den Aufforderungen der Beklagten neben einer Rechtsmittelbelehrung auch einige sonst typische Merkmale eines Verwaltungsaktes. Inhaltlich konkretisieren sie aber die gesetzliche Auskunftspflicht und weisen insofern einen über eine reine Information hinausgehenden Regelungscharakter auf. Entsprechend der gelieferten rechtlichen Informationen wird auch deutlich, dass die Teilnahme nicht etwa in das Ermessen des Adressaten gestellt ist.

27

Die Klage ist auch begründet, da die Aufforderungen der Beklagten vom November 2009 und 24. November 2010 rechtswidrig sind.

28

Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Heranziehung zur Auskunftserteilung sind die §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 und Abs. 2, 5 Abs. 1 des Gesetzes über Statistiken im Dienstleistungsbereich – Dienstleistungsstatistikgesetz – (DlStatG) vom 19. Dezember 2000 in der Fassung der Änderung durch Art. 5 des Gesetzes vom 17. März 2008. Danach besteht für den Inhaber oder Leiter des Unternehmens oder der Einrichtung zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit für die jährlichen Erhebungen im Bereich der von § 2 Abs. 1 DlStatG erfasste Dienstleistungsbereiche eine Auskunftspflicht über bestimmte statistische Erhebungsmerkmale. Die Erhebung wird nach § 1 Abs. 2 DlStatG als Stichprobe bei höchstens 15 % aller Erhebungseinheiten nach § 2 Abs. 2 DlStatG durchgeführt (Satz 1), wobei die Ergebungseinheiten nach einem mathematisch-statistischen Verfahren ausgewählt werden (Satz 2).

29

Diese Voraussetzungen sind nur zum Teil erfüllt. Zwar unterfällt die Klägerin unstreitig dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Dienstleistungsstatistikgesetzes. Ihre permanente Auswahl entspricht jedoch nicht den methodischen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des Dienstleistungsstatistikgesetzes und erweist sich daher als unverhältnismäßig.

30

Der Kreis derjenigen, die zur Auskunft herangezogen werden können, ist in den §§ 5 und 2 DlStatG geregelt. Allerdings können von diesen „potentiell Betroffenen“ nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DlStatG nur bis zu einer Höchstgrenze von 15 % tatsächlich zur Auskunft herangezogen werden. Die zeitliche Vorgabe des § 1 Abs. 2 DlStatG – „jährliche Erhebungen“ – bezieht sich nicht auf die Auswahl der 15 % nach dem mathematisch-statistischen Verfahren, sondern sie bezieht sich auf die Stichprobe „bei“ den ausgewählten 15 % und erlaubt keine verlässlichen Rückschlüsse, innerhalb welcher Abstände diese 15 % auszuwählen sind. Im Gesetz ist die Frage, wie lange eine einmal gezogene Stichprobe verwendet werden darf, nicht geregelt und unterfällt daher dem Ermessensspielraum der Behörde. Diese ist befugt, zur Sicherung einer gleichförmigen Inanspruchnahme allgemeine Auswahlgrundsätze zu entwickeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1989 – 1 B 136.89, Buchholz 451.04 Statistik Nr 4), wobei die Erhebungseinheiten gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 DlStatG nach einem mathematisch-statistischen Verfahren auszuwählen sind.

31

Die gerichtliche Prüfung der Auswahlentscheidung beschränkt sich nach § 114 VwGO darauf, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Ermessensschranken ergeben sich dabei auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, d.h. die Ermessensentscheidung darf nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung stehen.

32

Daran anknüpfend ist die Heranziehung der Klägerin für die Berichtsjahre 2008 und 2009 ermessensfehlerhaft erfolgt. Das von dem Beklagten zu Grunde gelegte mathematisch- statistische Verfahren zur Auswahl der Erhebungseinheiten trägt dem gesetzlichen Gebot der Begrenzung der Belastung der Auskunftspflichtigen nicht angemessen Rechnung. Zwar sind diese Defizite dem vom Statistischen Bundesamt erarbeiteten Auswahlverfahren geschuldet und unterliegen nicht etwa einer Abänderungsmöglichkeit allein der Beklagten. Die Beklagte muss sich diese jedoch zurechnen lassen. Aus der Rechtswidrigkeit der Auswahlkriterien folgt die Rechtswidrigkeit der hier angefochtenen Auswahlentscheidungen.

33

Der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung für das Gesetz zur Einführung einer Dienstleistungsstatistik und zur Änderung statistische Rechtsvorschriften vom 7. September 2000 (BT-Drucks. 14/4049) ist zu entnehmen, dass zwar eine mehrmalige Heranziehung einer einmal gezogenen Stichprobe möglich sein soll, grundsätzlich aber durch Rotation auch in schwach besetzten Schichten eine Überbelastung vermieden werden soll. So heißt es a.a.O. S. 14 f.:

34

„Das Auswahlverfahren sieht im Übrigen einen systematischen Austausch der jeweils Auskunftspflichtigen vor. Diese Rotation dient dazu, die Belastung der Befragten, die durch eine jährlich wiederholte Beteiligung an der Erhebung entsteht, abzubauen und somit eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Auskunftsverpflichtung zu erreichen. In Abhängigkeit vom Auswahlsatz in den einzelnen Stichprobenschichten kommt dabei eine vollständige oder partielle Rotation der Stichprobeneinheiten in Frage. Dies bedeutet, je geringer der Auswahlsatz einer bestimmten Stichprobenschicht ist (hier liegt eine große Zahl vergleichbarer Einheiten vor), desto eher können alle Auskunftspflichtigen dieser Schicht ausgetauscht werden. In der überwiegenden Zahl aller Stichprobenschichten wird die vollständige Rotation in regelmäßigen Abständen möglich sein. Allerdings wird es auch Schichten geben, die nur schwach besetzt sind. Hier kann dann nur eine partielle Rotation vorgenommen werden.“

35

Insofern hat der Gesetzgeber durchaus auch die Erforderlichkeit von Mehrfachbefragungen in den Blick genommen. Dies ist auch nicht grundsätzlich zu beanstanden. Die jährlichen Erhebungen sind wesentliche Grundlage der amtlichen Statistiken wie der Dienstleistungsstatistik, die ihrerseits unmittelbar der aktuellen und situationsbezogenen Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik dienen. Dieser Aufgabe können sie jedoch nur dann hinreichend dienen, wenn sie statistisch verlässlich sind. Diese wäre nicht gewähr- leistet, wenn jährliche eine neue Ergebungseinheit auszuwählen wäre.

36

Dagegen hat der Gesetzgeber den Fall einer Nichtrotation ersichtlich nicht vor Augen gehabt. Er hat vielmehr das Interesse der wiederholt zu Erhebungszwecken herangezogenen Pflichtigen an einer Entlastung als besonders schützenswert eingestuft. Er ist davon ausgegangen, dass „in der überwiegenden Zahl aller Stichprobenschichten […] die vollständige Rotation in regelmäßigen Abständen möglich sein“ wird (a.a.O. S.15). Diesem Interesse tragen die von der Beklagten dargelegten Auswahlgrundsätze auch in Abwägung zu dem oben genannten wichtigen Interesse an einem hohen Genauigkeitsgrad der Ergebnisse der statistischen Erhebung nicht ausreichend Rechnung.

37

§ 1 Abs. 2 DlStatG räumt der Statistikbehörde ein pflichtgemäß auszuübendes Ermessen bei der Auswahl der Erhebungseinheiten nach einem mathematisch-statistischen Verfahren ein (vgl. allg. zur Auswahl bei Bundesstatistiken BVerwG, Beschl. v. 15.11.1989 – 1 B 136/89, Buchholz 451.04 Statistik Nr 4; zur Dienstleistungsstatistik vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.2011 – 8 C 7/10, Buchholz 451.04 Statistik Nr 12 sowie die dortige Vorinstanz Sächs. OVG, Urteil vom 15.01.2010 – 3 B 45/07 (beide ausdrücklich die Frage der Zulässigkeit einer Totalschicht offen lassend); OVG Bln.-Bbg, Beschlüsse vom 29.06.2009 – 12 S 44.09 und vom 06.05.2009 – 12 S 35.09). Nähere Vorgaben dazu, wie die Schichtung innerhalb der insgesamt bezogen auf die Anzahl sämtlicher herangezogener Unternehmen festgelegten Grenze von 15 % aller Erhebungseinheiten (§ 1 Abs. 2 Satz 1 DlStatG) vorzunehmen ist, enthält das Gesetz nicht. Aus der Gesetzesbegründung wird aber deutlich, dass sich die Auswahl an der Zielsetzung repräsentativer statistischer Ergebnisse sowohl in fachlicher als auch in regionaler Hinsicht zu orientieren hat; der Gesetzgeber hat hierbei im Blick gehabt, dass der Auswahlsatz in der räumlichen Gliederung nach Ländern und innerhalb der darzustellenden Dienstleistungszweige unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BT-Drucks. 14/4049, S. 14).

38

Nach den Intentionen des Gesetzgebers muss das Auswahlverfahren also zwar keine absolute Gleichheit in der Auswahlwahrscheinlichkeit sicherstellen, aber doch ein systematischer Austausch der jeweils Auskunftspflichtigen erfolgen. Anzustreben ist ein Abbau einer übermäßigen Belastung der Befragten, die durch eine jährlich wiederholte Beteiligung an der Erhebung entstehen kann und eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Auskunftspflichtigen. Im Rahmen dieser Optimierungsvorgabe räumt der Gesetzgeber in Abhängigkeit vom Auswahlsatz in den einzelnen Stichproben ein, dass ggf. auch nur eine partielle Rotation der Stichprobeneinheiten in Frage kommen könnte (vgl. BT-Drucks. 14/4049, S. 15).

39

Diesem vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz des privaten Interesses der wiederholt zu Erhebungszwecken herangezogenen Auskunftspflichtigen an einer Entlastung tragen die von der Beklagten dargelegten Auswahlgrundsätze nicht angemessen Rechnung. Die Beklagte räumt selbst ein, dass der Berichtskreis bzw. die Ziehungsschicht der Klägerin so gering besetzt ist, dass jedes darin befindliche Unternehmen auf absehbare Zeit stets auskunftspflichtig ist. Sie beruft sich darauf, dass sich in solchen Totalschichten keine Rotation durchführen lasse, mit der Folge, dass die Antragstellerin seit dem Berichtsjahr 2003 jährlich zu Strukturerhebungen im Dienstleistungsbereich herangezogen wurde. Der dieser Totalerfassung zugrunde liegende Stichprobenplan sei das geeignete Mittel zur Bereitstellung belastbarer Ergebnisse für die Unternehmen und Einrichtungen aus den in § 2 Abs. 1 DIStatG erfassten Wirtschaftsabschnitten der Klassifikation der Wirtschaftszweige auf Bundes- und Landesebene. Jährlich stattfindende Erhebungen mit einem immer neuen 15 %-igen Stichprobenumfang, einer Erhebung mit geringerem Stichprobenumfang (d. h. einer geringen Anzahl von Unternehmen) oder einer geringeren Schichtung innerhalb des Auswahlplanes könnten keine belastbaren Ergebnisse liefern. Ein Verzicht auf Totalschichten allein einer Rotationsmöglichkeit wegen würde die Ergebnisqualität beeinträchtigen.

40

Eine solche Stichprobenerhebung, die sog. Totalschichten aus Qualitätsgründen in Kauf nimmt, ordnet faktisch aber eine Vollerhebung ohne Rotation an und widerspricht damit den Grundannahmen des Gesetzgebers des Dienstleistungsstatistikgesetzes, der gerade von einer Stichprobe von nur 15 % ausgeht und von einem systematischen Austausch wenigstens eines Teils der jeweils Auskunftspflichtigen.

41

Das vom Beklagten zu Grunde gelegte Ziehungsmodell hat keinerlei Absicherung gegen eine unzumutbare Dauerinanspruchnahme. Es fehlen z.B. konkrete zeitliche Vorgaben, wann die wiederholte Inanspruchnahme unter Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen angesichts der Belastung der Auskunftspflichtigen ohne vollständige bzw. partielle Rotation unzumutbar wird (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 29. August 2008 – 8 B 959/08, NWVBl 2009, 156 f.). Ein solches Ziehungsmodell, das einzelne Unternehmen ohne Aussicht auf einen Austausch in eine permanente Auskunftspflicht bringt, hätte aber einer ausdrücklichen Legitimation durch den Gesetzgeber bedurft.

42

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bisher nicht mit der Frage befasst, inwiefern im Zusammenhang mit dem Auswahlverfahren eine sogenannte Totalschicht zulässig ist (BVerwG, Urteil vom 29.06.2011 – 8 C 7/10, Buchholz 451.04 Statistik Nr 12, die Frage ebenfalls offen lassend bereits die Vorinstanz Sächs. OVG, Urteil vom 15.01.2010 – 3 B 45/07), aber den grundsätzlichen Stichprobencharakter betont:

43

„Da die Dienstleistungsstatistik nicht als Vollerhebung, sondern als Stichprobe erhoben wird, ist eine Auswahl unter den grundsätzlich auskunftspflichtigen Unternehmen erforderlich. Dabei bezieht sich die Höchstgrenze von 15 % aller Erhebungseinheiten, die dafür in Anspruch genommen werden dürfen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 DlStatG), auf die bundesweit zu berücksichtigenden Erhebungseinheiten. Dass von diesen 15 % allein nach dem Zufallsprinzip auszuwählen wären, ist nicht vorgeschrieben. Im Gegenteil gebietet das Gesetz, die Erhebungseinheiten nach mathematisch-statistischen Verfahren auszuwählen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 DlStatG), und verlangt damit die Entwicklung von Auswahlverfahren, die den Erfordernissen der Statistik entsprechen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass der Beklagte in seinem Zuständigkeitsbereich in der Schicht, der die Klägerin zugeordnet ist, im Jahr 2004 aufgrund eines mathematisch-statistischen Auswahlverfahrens ca. 30 % der Erhebungseinheiten zur Auskunftserteilung herangezogen hat. Ob auch eine sogenannte „Totalschicht“ zulässig ist, wie sie der Beklagte seit der letzten Stichprobenziehung 2008 heranzieht, ist damit nicht entschieden.“

44

Dabei mag es durchaus zutreffen, dass der Verzicht auf die Bildung faktischer Totalschichten die Ergebnisqualität der Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich beeinträchtigen würde, wie der Beklagte unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes ausgeführt hat. Auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einem hohen Genauigkeitsgrad der Ergebnisse statistischer Erhebungen reicht das dem Beklagten vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen aber nicht soweit, die vom Gesetzgeber für die als schützenswert eingestuften privaten Interessen vorgegebenen Entlastungsfaktoren der Stichprobe und der Rotation dauerhaft und vollständig aufzuheben. Sofern aus Gründen der Qualität auch eine dauerhafte Erfassung von Unternehmen für die Dienstleistungsstatistik gewollt ist, wäre dies eine wesentliche Entscheidung, die der Gesetzgeber selbst zu treffen hätte.

45

Insofern greift die bereits über mehrere Jahre und auf unabsehbare Zeit andauernde Heranziehung der Klägerin unverhältnismäßig in deren Rechte ein, da dafür keine hinreichende Rechtsgrundlage besteht.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 2 ZPO.

47

Die Berufung war zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), da der Frage, ob das von der Beklagten angewandte Auswahlverfahren wegen der damit in Kauf genommenen Bildung faktischer dauerhafter Totalschichten auf eine hinreichende Rechtsgrundlage gestützt werden kann, grundsätzliche Bedeutung zukommt. Sie stellt sich für eine Vielzahl von Fällen und ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt.


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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 25. Jan. 2013 - 12 A 41/11 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke


Bundesstatistikgesetz - BStatG

Bundesstatistikgesetz - BStatG 1987 | § 3 Aufgaben des Statistischen Bundesamtes


(1) Aufgabe des Statistischen Bundesamtes ist es, vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften, 1. Statistiken für Bundeszwecke (Bundesstatistiken) methodisch und technisch im Benehmen mit den statistischen Ämtern der Länder vorzubereiten und weiterzue

Referenzen - Urteile

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 25. Jan. 2013 - 12 A 41/11 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 25. Jan. 2013 - 12 A 41/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 29. Juni 2011 - 8 C 7/10

bei uns veröffentlicht am 29.06.2011

Tatbestand 1 Die Klägerin, eine in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführte Rechtsanwaltskanzlei, begehrt die Feststellung, dass ihre wiederholt
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 25. Jan. 2013 - 12 A 41/11.

Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 19. Apr. 2016 - 1 L 144/16.MZ

bei uns veröffentlicht am 19.04.2016

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,-- € festgesetzt. Gründe 1 Der gemäß § 80 Abs. 5

Referenzen

(1) Aufgabe des Statistischen Bundesamtes ist es, vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften,

1.
Statistiken für Bundeszwecke (Bundesstatistiken) methodisch und technisch im Benehmen mit den statistischen Ämtern der Länder vorzubereiten und weiterzuentwickeln,
2.
die einheitliche und termingemäße Erstellung von Bundesstatistiken durch die Länder zu koordinieren sowie die Qualität der Ergebnisse dieser Statistiken in Zusammenarbeit mit den statistischen Ämtern der Länder zu sichern,
3.
die Ergebnisse der Bundesstatistiken in der erforderlichen sachlichen und regionalen Gliederung für den Bund zusammenzustellen sowie für allgemeine Zwecke zu veröffentlichen und darzustellen,
4.
Einzelangaben nach Maßgabe dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift für wissenschaftliche Zwecke bereitzustellen; die Zuständigkeit der Länder, diese Aufgabe ebenfalls wahrzunehmen, bleibt unberührt,
5.
Bundesstatistiken zu erstellen, wenn und soweit dies in diesem oder einem sonstigen Bundesgesetz bestimmt ist oder die beteiligten Länder zustimmen,
6.
jeweils auf Anforderung oberster Bundesbehörden Zusatzaufbereitungen für Bundeszwecke, einschließlich der Entwicklung und der Anwendung von Mikrosimulationsmodellen sowie mikroökonometrischer Analysen durchzuführen,
7.
Sonderaufbereitungen durchzuführen, soweit die statistischen Ämter der Länder diese Aufbereitung nicht selbst durchführen,
8.
Prüfungen und Eignungsuntersuchungen nach § 5a Absatz 2 und 3 durchzuführen,
9.
im Auftrag oberster Bundesbehörden Statistiken nach § 8 zu erstellen,
10.
Statistiken anderer Staaten, der Europäischen Union und internationaler Organisationen zusammenzustellen und ihre Ergebnisse für allgemeine Zwecke zu veröffentlichen und darzustellen,
11.
die sachliche, zeitliche und räumliche Abstimmung von Bundesstatistiken und Statistiken, die in Nummer 9 genannt sind, zu koordinieren,
12.
die Bundesregierung bei der Vorbereitung des Programms der Bundesstatistik und der Rechts- und allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes, die die Bundesstatistik berühren, zu unterstützen,
13.
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen und sonstige Gesamtsysteme statistischer Daten für Bundeszwecke aufzustellen sowie sie für allgemeine Zwecke zu veröffentlichen und darzustellen,
14.
das Statistische Informationssystem des Bundes zu führen sowie an der Koordinierung von speziellen Datenbanken anderer Stellen des Bundes mitzuwirken; das Gleiche gilt, soweit der Bund in entsprechende Vorhaben außerhalb der Bundesverwaltung eingeschaltet wird,
15.
zur Vereinfachung und Verbesserung der Datengewinnung und -verarbeitung für Zwecke der Bundesstatistik an Nummerungsvorhaben und Bestrebungen des Bundes zur Automation von Verwaltungsvorgängen und Gerichtsverfahren mitzuwirken; das Gleiche gilt, soweit der Bund in entsprechende Vorhaben außerhalb der Bundesverwaltung eingeschaltet wird,
16.
die Bundesbehörden bei der Vergabe von Forschungsaufträgen bezüglich der Gewinnung und Bereitstellung statistischer Daten zu beraten sowie im Auftrag der obersten Bundesbehörden auf dem Gebiet der Bundesstatistik Forschungsaufträge auszuführen, Gutachten zu erstellen und sonstige Arbeiten statistischer und ähnlicher Art durchzuführen;
17.
zur Verringerung des Erhebungsaufwandes und zur Sicherstellung der Qualität und Kohärenz bei der Erstellung von Statistiken eng mit der Deutschen Bundesbank zusammenzuarbeiten.

(2) Die statistischen Ämter der Länder und die sonstigen mit der Durchführung von Bundesstatistiken betrauten Stellen leiten dem Statistischen Bundesamt auf Anforderung Einzelangaben zu, soweit dies für die methodische und technische Vorbereitung von Bundesstatistiken und die Weiterentwicklung nach Absatz 1 Nummer 1, für die Sicherung der Qualität der Ergebnisse nach Absatz 1 Nummer 2 oder für die Durchführung von Aufbereitungen nach Absatz 1 Nummer 6 und 7 erforderlich ist; das Gleiche gilt für die Erfüllung der entsprechenden Aufgaben des Bundesamtes im supra- und internationalen Bereich.

(3) Bei Landesstatistiken, an deren bundeseinheitlicher Zusammenstellung ein Bundesinteresse besteht, kann das Statistische Bundesamt die Aufgaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 wahrnehmen, soweit die beteiligten Länder zustimmen.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführte Rechtsanwaltskanzlei, begehrt die Feststellung, dass ihre wiederholte Heranziehung zur Dienstleistungsstatistik rechtswidrig war.

2

Der Beklagte stellte in Vorbereitung der zu erhebenden Dienstleistungsstatistik mit Heranziehungsbescheid vom 17. September 2004 fest, dass der Geschäftsführer der Klägerin für diese zur "Erhebung zur statistischen Zuordnung im Dienstleistungsbereich auskunftspflichtig" sei. Mit Heranziehungsbescheid vom 8. November 2004 stellte er fest, dass der Geschäftsführer der Klägerin für diese zur Dienstleistungsstatistik für das Jahr 2003 auskunftspflichtig sei, und forderte den Geschäftsführer auf, die Auskünfte auf dem beigefügten Erhebungsvordruck vollständig und wahrheitsgemäß bis zum 25. November 2004 zu erteilen. Die Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 8. Oktober 2004 und vom 22. Dezember 2004 zurück.

3

Mit dem streitgegenständlichen Heranziehungsbescheid vom 18. Januar 2006 stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin auch zur Dienstleistungsstatistik für das Jahr 2004 auskunftspflichtig sei (Nr. 1 des Bescheides), forderte diese auf, die Auskünfte auf dem in der Anlage beigefügten Erhebungsvordruck vollständig und wahrheitsgemäß bis zum 3. Februar 2006 zu erteilen (Nr. 2), und drohte für den Fall der Nichterfüllung bis zu diesem Zeitpunkt ein Zwangsgeld in Höhe von 550 € an (Nr. 3). Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2006 zurück; gleichzeitig forderte er die Klägerin auf, bis zum 15. März 2006 die Auskünfte zur Dienstleistungsstatistik 2004 vollständig und wahrheitsgemäß zu erteilen.

4

Die Klägerin hat am 12. November 2004 Klage gegen den Heranziehungsbescheid vom 17. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2004 erhoben. Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2005 hat sie sich zudem gegen den Heranziehungsbescheid vom 8. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2004 gewandt. Mit weiterem Schriftsatz vom 3. April 2006 hat sie ihre Klage erweitert und zusätzlich den Heranziehungsbescheid vom 18. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 angefochten.

5

Nachdem die Klägerin ihrer Auskunftspflicht für das Jahr 2003 nachgekommen war, haben die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit hinsichtlich der ersten beiden Bescheide und der entsprechenden Widerspruchsbescheide in der Hauptsache für erledigt erklärt. Hinsichtlich des Heranziehungsbescheides vom 18. Januar 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2006 hat die Klägerin ihre Klage in der Form einer Fortsetzungsfeststellungsklage weiter verfolgt, nachdem sie die für das Jahr 2004 geforderten Auskünfte mit Schreiben vom 15. März 2006 erteilt hatte.

6

Mit Urteil vom 1. November 2006 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 18. Januar 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 1. März 2006 rechtswidrig waren. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig und begründet. Für die wiederholte Heranziehung der Klägerin unter Beibehaltung der bereits im Vorjahr verwendeten Stichproben bedürfe es einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die nicht gegeben sei.

7

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 15. Januar 2010 das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin unterfalle sowohl persönlich als auch sachlich der Auskunftspflicht nach dem Dienstleistungsstatistikgesetz. Ihre Auswahl mit der im Jahr 2003 gezogenen Stichprobe begegne keinen rechtlichen Bedenken. Der Heranziehungsbescheid könne sich auf § 5 Satz 1 DlStatG stützen. Die Einzelheiten des Auswahlverfahrens und die Entwicklung der Auswahlgrundsätze bis zu der gesetzlich festgelegten Obergrenze ständen im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Die Klägerin habe auch zur Auskunft zur Dienstleistungsstatistik für das Jahr 2004 herangezogen werden dürfen, ohne dass sie hierfür durch Ziehung einer erneuten Stichprobe ausgewählt worden sei. § 1 Abs. 2 DlStatG schließe die mehrjährige Heranziehung zur Auskunft unter Anknüpfung an eine einmal gezogene Stichprobe nicht aus, sondern stelle sie in das pflichtgemäße Ermessen des Statistischen Bundesamtes, das dieses im Benehmen mit den statistischen Ämtern der Länder auszuüben habe. Wie sich aus den Materialien ergebe, müsse nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zwingend von einer jährlichen Rotation ausgegangen werden. Die für die Ermessensausübung erforderlichen Mindestangaben wie Erhebungszweck und Zuständigkeit seien in § 1 Abs. 1 DlStatG und § 3 Abs. 1 Nr. 1a BStatG geregelt. Einer darüber hinausgehenden gesetzlichen Festlegung bedürfe es wegen der Schwere und Art des Eingriffs nicht. Nach der plausiblen Darlegung des Beklagten stelle eine jährliche Rotation aufgrund höherer Fehleranfälligkeit die Aussagekraft der von § 1 Abs. 1 DlStatG als Erhebungszweck vorgesehenen Verlaufsanalyse in Frage. Im Rahmen der jährlichen Referentenbesprechungen des Statistischen Bundesamtes mit den statistischen Landesämtern werde diskutiert, ob an einer Stichprobe festgehalten oder eine neue Stichprobe gezogen werden solle. In der ersten Besprechung unter Geltung des Dienstleistungsstatistikgesetzes sei festgelegt worden, eine neue Stichprobe spätestens nach fünf Jahren zu ziehen; auch zukünftig werde alle drei bis fünf Jahre eine neue Stichprobe gezogen. Damit habe sich ein Rotationsturnus herausgebildet, der in aller Regel eingehalten werde, was einen Rotationsplan entbehrlich mache. Ob sich aus dem Grad der durch die wiederholte Heranziehung zur Auskunft erhöhten Belastung der betroffenen Unternehmen eine absolute Zeitgrenze ergeben könne, bei deren Überschreiten die übrigen Belange zugunsten einer Herausnahme aus der Stichprobe zurücktreten müssten, bedürfe keiner Entscheidung. Der von der Klägerin angeführten Gefahr der Identifizierung ihres Unternehmens durch Dritte sei durch gesetzliche Vorgaben hinreichend Rechnung getragen. Danach sei es Aufgabe des Beklagten, die Statistik so abzufassen, dass eine Reidentifikation nicht möglich sei.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das Berufungsurteil verletze Bundesrecht mit seiner Annahme, § 1 Abs. 2 DlStatG stelle eine ausreichende Grundlage für einen Eingriff in die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG dar. Selbst wenn § 1 Abs. 2 DlStatG die mehrmalige Heranziehung zur Auskunft nicht per se ausschlösse, biete er keine Rechtsgrundlage für die mehrmalige Inanspruchnahme aufgrund einer einmal gezogenen Stichprobe. Seit dem Berichtszeitraum 2003 werde die Klägerin jährlich zur Auskunftserteilung herangezogen, ohne dass ein zeitliches Ende absehbar sei. Eine Rotation, die nach einer gewissen Zeit zu ihrer Entlastung führe, finde nicht statt. Darüber hinaus sei nicht gesichert, dass sie nicht reidentifiziert werden könne.

9

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Januar 2010 zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2006 ergangene und am 1. November 2006 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Er verteidigt das angefochtene Urteil ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht, der sich an dem Verfahren beteiligt hat.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts verletzt kein Bundesrecht.

13

1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, obwohl die Klägerin der ihr mit dem streitgegenständlichen Bescheid aufgegebenen Auskunftspflicht innerhalb der Frist am 15. März 2006 nachgekommen ist und damit zum Zeitpunkt der Klageerweiterung am 3. April 2006 bereits Erledigung eingetreten war. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts auch dann zulässig, wenn die Erledigung vor Klageerhebung eingetreten ist (vgl. z.B. Urteile vom 9. Februar 1967 - BVerwG 1 C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und vom 20. Januar 1989 - BVerwG 8 C 30.87 - BVerwGE 81, 226 <227> m.w.N.). Auf diesen Fall ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog anzuwenden (Urteil vom 17. Oktober 1990 - BVerwG 1 C 12.88 - BVerwGE 87, 23 <25> m.w.N.).

14

Das erforderliche Feststellungsinteresse ist wegen Wiederholungsgefahr gegeben. Unstreitig wird die Klägerin seit 2003 jährlich zur Auskunftserteilung nach dem Dienstleistungsstatistikgesetz herangezogen.

15

2. Die Klage ist aber nicht begründet.

16

a) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes über Statistiken im Dienstleistungsbereich (Dienstleistungsstatistikgesetz - DlStatG) in der hier anzuwendenden Fassung vom 19. Dezember 2000 (BGBl I S. 1765) erfüllt.

17

aa) Nach dessen § 1 Abs. 1 werden zur Darstellung der Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Dienstleistungsbereich statistische Erhebungen als Bundesstatistik durchgeführt. Nach § 2 Abs. 1 und 2 erstrecken sich die Erhebungen auch auf Unternehmen und Einrichtungen zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit (sog. Erhebungseinheiten), die Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen erbringen; hierzu gehören nach der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE Revision 1), auf die § 2 Abs. 1 DlStatG verweist, auch Unternehmen, die - wie das der Klägerin - Dienstleistungen der Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung erbringen. Gemäß § 5 DlStatG besteht Auskunftspflicht; auskunftspflichtig sind die Inhaber oder Leiter der Erhebungseinheit.

18

Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 DlStatG werden die Erhebungen jährlich durchgeführt. Nach § 3 Abs. 5 DlStatG ist Berichtsjahr das dem Zeitpunkt der Erhebungen vorangegangene Kalenderjahr oder das im vorangegangenen Kalenderjahr abgelaufene Geschäftsjahr. Der Beklagte verlangte von der Klägerin im Jahr 2005 Auskünfte über das Kalenderjahr 2004. Dass die angefochtenen Bescheide erst im Jahr 2006 ergingen, ist auf die Weigerung der Klägerin zurückzuführen, die erbetenen Auskünfte freiwillig zu erteilen. Die Auskunftspflicht erlischt nicht dadurch, dass das Erhebungsjahr abläuft. Eine verspätete Auskunft kann in die Erhebung noch nachträglich eingerechnet werden.

19

bb) Die Klägerin durfte auch für das Kalenderjahr 2004 zu Auskünften herangezogen werden, obwohl sie bereits für das Kalenderjahr 2003 herangezogen worden war. Da die Dienstleistungsstatistik nicht als Vollerhebung, sondern als Stichprobe erhoben wird, ist eine Auswahl unter den grundsätzlich auskunftspflichtigen Unternehmen erforderlich. Dabei bezieht sich die Höchstgrenze von 15 % aller Erhebungseinheiten, die dafür in Anspruch genommen werden dürfen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 DlStatG), auf die bundesweit zu berücksichtigenden Erhebungseinheiten. Dass von diesen 15 % allein nach dem Zufallsprinzip auszuwählen wären, ist nicht vorgeschrieben. Im Gegenteil gebietet das Gesetz, die Erhebungseinheiten nach mathematisch-statistischen Verfahren auszuwählen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 DlStatG), und verlangt damit die Entwicklung von Auswahlverfahren, die den Erfordernissen der Statistik entsprechen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass der Beklagte in seinem Zuständigkeitsbereich in der Schicht, der die Klägerin zugeordnet ist, im Jahr 2004 aufgrund eines mathematisch-statistischen Auswahlverfahrens ca. 30 % der Erhebungseinheiten zur Auskunftserteilung herangezogen hat. Ob auch eine sogenannte "Totalschicht" zulässig ist, wie sie der Beklagte seit der letzten Stichprobenziehung 2008 heranzieht, ist damit nicht entschieden.

20

Das Gesetz besagt nicht, dass die zu treffende Auswahl jährlich zu erneuern wäre. Eine solche Forderung kann namentlich nicht aus § 1 Abs. 2 DlStatG hergeleitet werden. Nach dessen Satz 1 umfasst die Statistik zwar jährliche Erhebungen. Die damit angeordnete Jährlichkeit legt aber die Periodizität der Erhebungen selbst fest (vgl. auch § 7 Nr. 1 DlStatG) und besagt nichts über die näheren Modalitäten, nach denen die Stichproben auszuwählen sind, insbesondere nichts über deren Verwendungshäufigkeit. Auch dem Gebot, die Erhebungseinheiten nach mathematisch-statistischen Verfahren auszuwählen, lässt sich zur Verwendungshäufigkeit einer Stichprobe nichts entnehmen.

21

Aus den allgemeinen Vorschriften, die das Bundesstatistikgesetz für die Vorbereitung und Ziehung von Stichproben enthält, ergibt sich nichts über die Verwendungshäufigkeit einer Stichprobe. Zwar ermächtigt § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz - BStatG) vom 22. Januar 1987 (BGBl I S. 462, 565) in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 9. Juni 2005 (BGBl I S. 1534) dazu, Adressdateien zu führen, soweit dies zur Aufstellung von Rotationsplänen und zur Begrenzung der Belastung zu Befragender erforderlich ist. Die Ermächtigung regelt aber nur, unter welchen Voraussetzungen das Führen von Adressdateien zulässig ist, und verlangt nicht, dass bei allen Bundesstatistiken Rotationspläne aufgestellt werden müssen. Dass jährlich neue Stichproben gezogen werden sollen, ist damit ebenfalls nicht gesagt. Aus Vorschriften in anderen Statistikgesetzen lassen sich Schlüsse für die Dienstleistungsstatistik nicht ziehen.

22

cc) Enthält das Gesetz mithin keine nähere Regelung über die Verwendungshäufigkeit einer Stichprobe, so obliegt deren Bestimmung dem Ermessen der zuständigen Behörde, die dieses in den gesetzlichen Grenzen entsprechend dem Zweck ihrer Ermächtigung auszuüben hat (vgl. § 40 VwVfG sowie Beschluss vom 15. November 1989 - BVerwG 1 B 136.89 - Buchholz 451.04 Statistik Nr. 4). Dieses Ermessen ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Einräumung daraus, dass das Gesetz in § 5 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 DlStatG zur Datenerhebung ermächtigt, ohne die Erhebungsmethode abschließend zu regeln. Begrenzt wird das Ermessen unter anderem durch die gesetzliche Verpflichtung, wissenschaftliche Erkenntnisse zu verwenden und die jeweils sachgerechten Methoden und Informationstechniken einzusetzen (§ 1 Satz 3 BStatG), sowie durch die oben dargestellten Vorgaben des § 1 Abs. 2 DlStatG für die Auswahl der Erhebungseinheiten. Innerhalb dieses Rahmens und des durch Auslegung zu ermittelnden Zwecks der Ermächtigung überlässt das Gesetz die weitere Konkretisierung des Erhebungsverfahrens den zuständigen Statistikämtern.

23

§ 1 BStatG fordert, die Statistik so zu gestalten, dass sie aussagekräftig ist. Es ist damit in das Ermessen der Ämter gestellt, die Kriterien zu definieren, nach denen die Stichprobe gezogen wird. Dem sind die Ämter mit einer Differenzierung nach Ländern - die auch Nutznießer der Statistik sein sollen, vgl. § 1 Satz 4 BStatG - und Unternehmensklassen nachgekommen. Eine Schichtung nach Umsatzgrößen, wie sie hier vorgenommen wurde, ist eine sachgerechte Methode der Datengewinnung und entspricht damit den Anforderungen des § 1 Satz 3 BStatG.

24

Auch die Häufigkeit der Verwendung einer einmal gezogenen Stichprobe liegt im Ermessen der Statistischen Ämter. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird die Verwendbarkeitsdauer einer Stichprobe für die Dienstleistungsstatistik in jährlichen gemeinsamen Konferenzen der zuständigen Referenten des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter bundeseinheitlich festgelegt und beträgt zwischen drei und maximal fünf Jahren. Die konkrete Verwendbarkeitsdauer wird nach dem Maß der schwindenden Validität der Stichprobe, gemessen an der Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung, von Jahr zu Jahr aktuell beurteilt. Dieses Verfahren ist einwandfrei.

25

Wie sich aus den Materialien des § 1 Abs. 2 DlStatG ergibt, ging der Gesetzgeber davon aus, dass das Auswahlverfahren einen systematischen Austausch der jeweils Auskunftspflichtigen vorsieht. Damit sollte die Belastung der Befragten, die durch eine wiederholte jährliche Beteiligung an der Erhebung entsteht, abgebaut und eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Auskunftsverpflichtung erreicht werden. In Abhängigkeit vom Auswahlsatz in den einzelnen Stichprobenschichten sollte danach eine vollständige oder partielle Rotation der Stichprobeneinheiten in Frage kommen. Nach der Einschätzung des Gesetzgebers sollte in der überwiegenden Zahl aller Stichprobenschichten die vollständige Rotation in regelmäßigen Abständen möglich sein, in nur schwach besetzten Schichten könne es aber auch zu einer nur partiellen Rotation kommen (vgl. BTDrucks 14/4049 S. 14 f.). Der Gesetzgeber ging also davon aus, dass möglichst eine - nicht zwangsläufig jährliche - Rotation aller zu Befragenden erreicht werden soll, aber, wenn dies nicht möglich ist, auch eine teilweise Rotation ausreicht. Dem sind die statistischen Ämter nachgekommen. Sie haben festgelegt, dass spätestens alle fünf Jahre eine neue Stichprobe gezogen wird. Bei der neuen Ziehung werden zunächst nur diejenigen Erhebungseinheiten berücksichtigt, die bislang noch nicht befragt wurden; nur wenn deren Zahl nicht ausreicht, wird auch auf bereits Befragte zurückgegriffen, vorrangig auf solche, deren Befragung schon länger zurückliegt. Damit folgt der Beklagte einem Auswahlplan nach der Vorstellung des Gesetzgebers. Ob dies auch den Anforderungen an einen Rotationsplan im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BStatG entspricht, bedarf keiner Entscheidung.

26

Der Beklagte hat zur Begründung der gewählten Zeitspanne von drei bis fünf Jahren geltend gemacht, eine jährliche Rotation berge eine höhere Fehleranfälligkeit, weil sich bei mehrfacher Verwendung derselben Stichprobe die unvermeidlichen Stichprobenfehler neutralisierten. Das lässt sachfremde Erwägungen nicht erkennen und trägt die Vorgehensweise. Es ist daher vom Berufungsgericht mit Recht gebilligt worden.

27

b) Grundrechte der Klägerin werden nicht verletzt.

28

aa) Soweit die Klägerin befürchtet, dass sie aufgrund ihrer Auskünfte reidentifiziert werden könne und durch ihre wiederholte Befragung die Gefahr bestehe, dass ein Unternehmensprofil über sie erstellt werde, macht sie einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend, auf das sie sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch als juristische Person des Privatrechts berufen kann, soweit es auf Art. 2 Abs. 1 GG gestützt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03 u.a. - BVerfGE 118, 168 <203 f.>). Es schützt ihr Recht, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu bestimmen (grundlegend: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <41 ff.>; vgl. Beschluss vom 13. Juni 2007 a.a.O. S. 184 m.w.N.; stRspr). In dieses Recht wird eingegriffen, wenn von ihr Auskünfte über ihre Rechtsform und ihren Sitz, die bei ihr Beschäftigten, ihre Umsätze und ihre Investitionen verlangt werden, wie dies § 3 Abs. 1 DlStatG vorsieht.

29

Die Erhebung ist zulässig, wenn sie auf der Grundlage eines förmlichen Gesetzes erfolgt, das den Verwendungszweck der betroffenen Information hinreichend präzise umgrenzt (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 a.a.O. S. 187), wenn sie weiter den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und wenn das Gesetz schließlich organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen trifft, die der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 a.a.O. <44>). Diese Voraussetzungen sind erfüllt:

30

Die Dienstleistungsstatistik beruht auf einem förmlichen Gesetz, das in § 1 Abs. 1 DlStatG i.V.m. §§ 1, 15 BStatG den Zweck der Erhebung klar umgrenzt und sowohl die erhebungsberechtigte Stelle als auch den Kreis der Auskunftspflichtigen festlegt. Sie dient legitimen Zwecken des gemeinen Wohls, weil die Ergebnisse der Dienstleistungsstatistik u.a. als Liefermerkmale der Bundesrepublik Deutschland zur Erfüllung der Strukturverordnung der Europäischen Gemeinschaft sowie zu den Berechnungen im Rahmen volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen benötigt werden, und ist nicht unverhältnismäßig. Namentlich belastet sie die Klägerin nicht übermäßig. Zwar werden mit den Zahlen zu Beschäftigten und Löhnen, zu Umsätzen und Investitionen Angaben verlangt, die für ein Unternehmen sensibel sind. Sie dienen jedoch allein statistischen Zwecken, werden also nur losgelöst von den Personaldaten in anonymisierter Form verarbeitet. Das ist kein gravierender Eingriff in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ihr ohne Weiteres zuzumuten.

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Das Gesetz stellt durch organisatorische und verfahrensrechtliche Regelungen hinlänglich sicher, dass die Angaben der Klägerin nicht auch zu anderen Zwecken ge- oder missbraucht werden, etwa Konkurrenten der Klägerin zugänglich sein könnten. Das Berufungsgericht verweist insofern mit Recht auf § 16 BStatG, der umfangreiche Vorkehrungen zur Geheimhaltung der erhobenen Daten trifft. Ebenso wenig ist die von der Klägerin im Verfahren geäußerte Sorge begründet, ihre Daten könnten rückverfolgt, sie könnte damit reidentifiziert werden. Nach §§ 21, 22 BStatG ist die Reidentifikation bei Strafe verboten. Im Übrigen beruht die Sorge der Klägerin auf einer unzutreffenden Annahme. Die Klägerin verweist darauf, dass sie eine von nur drei Rechtsanwaltsgesellschaften mbH in Sachsen sei, was die Reidentifikation erleichtere. Dabei verkennt sie, dass die befragten Unternehmen in einem Land innerhalb der jeweiligen Branche nicht nach der Rechtsform, sondern nach (insgesamt zwölf) Umsatzklassen ausgewählt werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts umfasste die Größenklasse, der die Klägerin angehört, in ihrem Wirtschaftszweig in Sachsen im Jahr 2003 96 Unternehmen.

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bb) Ihren Haupteinwand leitet die Klägerin auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht daraus her, dass die Stichprobenhäufigkeit nicht im Gesetz festgelegt ist, sondern dass darüber die Verwaltung nach ihrem Ermessen entscheidet. Auch das Verwaltungsgericht hat darin einen Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes gesehen. Dem ist das Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt.

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Insoweit beruft sich die Klägerin auf das Grundrecht der freien Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG, das sie nach Art. 19 Abs. 3 GG gleichermaßen schützt. Die spezifische Beschwer, die mit der Stichprobenhäufigkeit - und überhaupt mit der Frage der Häufigkeit einer Heranziehung zu Befragungen - verbunden ist, betrifft insbesondere die zeitliche Belastung des Befragten und, wenn er eigene Beschäftigte einschaltet, seine wirtschaftliche Belastung als Arbeitgeber.

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Auch Art. 12 Abs. 1 GG gebietet jedoch nicht, dass jede Einzelheit der Datenerhebung durch förmliches Gesetz geregelt wird. Das Gesetz muss jedenfalls den Zweck der Datenerhebung, den Kreis der Auskunftspflichtigen sowie Inhalt und Ausmaß der zu erhebenden Daten bestimmen, während sein Regelungsgehalt im Übrigen in Abhängigkeit von dem Gewicht und der Bedeutung zu ermitteln ist, den die jeweilige Frage für die Ausübung des Grundrechts der Auskunftspflichtigen hat (vgl. insbes. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 a.a.O. S. 186 f., 195 ff.). Zur Frage der Befragungshäufigkeit hat der Gesetzgeber selbst bestimmt, dass höchstens einmal jährlich zu befragen sei und dass insgesamt höchstens 15 % aller grundsätzlich auskunftspflichtigen Erhebungseinheiten in jedem Jahr heranzuziehen seien (§ 1 Abs. 2 DlStatG); dabei ist er davon ausgegangen, dass aus Gründen der Belastungsgleichheit durch periodisches Ziehen neuer Stichproben unter den Auskunftspflichtigen rotiert werden solle (vgl. BTDrucks 14/4049 S. 14 f.). Das Nähere konnte er dem zweckentsprechenden Ermessen der Statistikämter überlassen (ebenso schon BVerwG, Beschluss vom 15. November 1989 a.a.O.). Dabei ist entscheidend, dass die Belastung durch eine auch alljährlich durchgeführte Erhebung nur gering ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts beträgt der Aufwand, den Fragebogen auszufüllen, weit weniger als einen Tag. Das ist nicht unzumutbar.

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Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren eine nicht mehr zumutbare Belastung geltend macht, weil sie neben der Dienstleistungsstatistik auch für mehrere andere Statistiken zur Auskunft herangezogen werde, ist dies ein neuer Vortrag, der im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber dieses Problem gesehen und für aus seiner Sicht insoweit besonders schutzwürdige Unternehmen Vorsorge getroffen hat: Nach § 6 Abs. 4 BStatG soll ein Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten im Kalenderjahr in höchstens drei Stichprobenerhebungen für Bundesstatistiken mit Auskunftspflicht einbezogen werden. Damit hat er die besondere Belastung kleinerer Unternehmen durch Auskunftspflichten berücksichtigt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.