Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 15. Feb. 2018 - 12 A 173/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:0215.12A173.16.00
15.02.2018

Tenor

Der Bescheid vom 02. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016 wird insoweit aufgehoben, als er die vorläufige Veranlagung des IHK – Beitrages für das Jahr 2016 betrifft.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt ¾, die Beklagte 1/4 der Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beitragsfestsetzung für die Jahre 2012 bis 2014 und 2016.

2

Der Kläger ist kraft Gesetzes Mitglied der Beklagten und wird als solches von dieser zum Beitrag veranlagt.

3

Die Beklagte forderte den Kläger mit Bescheid vom 02. Februar 2016 auf, im Wege der vorläufigen Veranlagung für das Beitragsjahr 2016 Beiträge in Höhe von 153,00 EUR zu zahlen. Ferner enthielt der Bescheid drei Abschnitte mit der Überschrift „Abrechnung“ für die Beitragsjahre 2012, 2013 und 2014, in denen jeweils die mit früherem Bescheid festgesetzten Beträge aufgeführt waren, sowie in der Spalte „mit diesem Bescheid festgesetzt“ jeweils der Betrag „0,00“ angegeben war. Ferner war der Hinweis enthalten „Wenn zu den oben aufgeführten Beitragsjahren bereits Beitragsbescheide ergangen sind, werden diese durch den aktuellen Bescheid nicht aufgehoben.“

4

Hiergegen erhob der Kläger am 08. Februar 2016 Widerspruch und begründete diesen mit einer aus seiner Sicht unzulässigen Vermögensbildung der Beklagten.

5

Die Beklagte verwarf den Widerspruch mit Bescheid vom 17. Mai 2016 hinsichtlich der Endabrechnungen für die Jahre 2012 bis 2014, da der Kläger durch den Bescheid insoweit nicht beschwert sei. Bezüglich der Veranlagung für das Jahr 2016 wies sie den Widerspruch mit der Begründung zurück, es sei keine unzulässige Vermögensbildung im Rahmen der Wirtschaftsplanung erfolgt und verwies dabei unter anderem auf die im Internet veröffentlichen Jahresabschlüsse der vergangenen fünf Jahre.

6

Unter dem 30. Mai 2016 hat der Kläger Klage erhoben und wiederholt dabei im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt er vor, er sei durch die wiederholende, abrechnende Veranlagung auch hinsichtlich der Jahre 2012 bis 2014 beschwert. Ferner habe die Beklagte auch für 2016 Mitgliedsbeträge unzulässig erhoben, da sie dem Gebot der Schätzgenauigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Bemessung der Ausgleichsrücklage nicht genügt habe und ihr durch Reduzierung der zu hohen Rücklagen andere Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Des Weiteren rüge er hinsichtlich aller Zeiträume die Höhe der Ausgleichsrücklage sowie die Festsetzung eines Korridors hierfür in § 15 a Abs. 2 S. 1 der Finanzsatzung der Beklagten, ferner die Höhe der Liquiditätsrücklage in den Jahren 2012 - 2014 und der Nettoposition, durch deren Erhöhung die Beklagte eine unzulässige Vermögensbildung betrieben und gegen die Bestimmungen des eigenen Finanzstatus verstoßen habe. Außerdem sei die Bildung der weiteren Rücklagen nicht ordnungsgemäß, jedenfalls entspreche das Vorhalten des Künstlerfonds nicht der Aufgabenzuweisung der Beklagten. Ebenso habe die Beklagte fehlerhaft Jahresgewinne nicht an die Mitglieder ausgekehrt.

7

Der Kläger beantragt,

8

den Bescheid vom 02. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016 aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte macht geltend, die erforderlichen Abwägungen hinsichtlich der Rücklagenbildung getroffen zu haben und verweist insoweit auf den eingereichten Jahresabschluss 2015 sowie die eingereichte Wirtschaftsplanung 2016, auf deren Einzelheiten sie Bezug nimmt. Ferner ist sie der Ansicht, bei der Nettoposition handele es sich lediglich um eine rechnerische Größe, deren Erhöhung aufgrund des tatsächlichen Wertes des Gebäudebestandes als langfristig gebundenes Vermögen anzupassen gewesen sei. Das Bilden der Ausgleichsrücklage sei angesichts ihrer Finanzlage geboten gewesen. Darüber hinaus sei die Ausgleichsrücklage lediglich in Höhe von 2.000.000,00 EUR ausfinanziert. Das tatsächlich vorliegende Vermögen der Ausgleichsrücklage wäre im Übrigen ohne Beitragseinnahmen innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Monaten vollständig aufgebraucht, auch insoweit könne keine unverhältnismäßig hohe Einlagensicherung vorliegen. Eine Liquiditätsrücklage bestehe nicht. Ferner lasse die Nettoposition als rechnerische Größe keinerlei Rückschlüsse auf ihre Vermögenssituation zu. Die Zinsausgleichsrücklage, der Instandsetzungsfonds, der DIHK Pensionsfonds, der Nachwuchsförderungsfonds sowie der Prozesskostenfonds seien jeweils durch Aufgaben oder finanzielle Notwendigkeiten gerechtfertigt, soweit hier überhaupt ein Rückschluss auf die Vermögenslage möglich sei. Bei dem Künstlerfonds, der aufgrund eines Dauerbeschlusses der Vollversammlung in Höhe von 44.350,11 EUR bestehe, handele es sich um einen Vermögensbestandteil zur laufenden Beschaffung von künstlerisch gestalteten Einrichtungsgegenständen, der per se auch im Wirtschaftsplan bei den Beschaffungen für Betriebs- und Geschäftsausstattung abgebildet werden könne, allerdings aus Gründen der Transparenz im Fonds separat ausgewiesen sei.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Soweit die Klage gegen die Ausführungen im Bescheid der Beklagten über die Veranlagungszeiträume 2012, 2013 und 2014 gerichtet ist, ist sie unzulässig (1.), im Übrigen ist sie zulässig und begründet (2.).

14

1. Die von dem Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen die Abrechnung der Beitragszeiträume 2012 bis 2014 im Bescheid vom 02.02.2016 ist unzulässig. Die Klage ist insbesondere nicht statthaft, denn der Abrechnung der Beitragsjahre 2012 bis 2014 im Bescheid der Beklagten fehlt es an dem für einen Verwaltungsakt wesentlichen Merkmal der Regelungswirkung.

15

Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann mittels der Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 106 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz Schleswig – Holstein (LVwG SH) begehrt werden. Dies setzt aber eine (hoheitliche) Maßnahme mit Regelungswirkung voraus, an der es vorliegend fehlt. Mit der Regelung ist die verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten oder eines Rechtsstatus gemeint (OVG Schleswig, Urteil vom 05. November 1992 – 3 L 36/92 – juris, Rn. 21). Der durch die Beklagte angegriffene Bescheid enthält allerdings lediglich die Abrechnung vergangener Beitragszeiträume und weist darüber hinaus keine eigenständige Regelungswirkung auf.

16

Dem Kläger ist in seinem Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 02. März 2016 – 17 K 2912/14 – allerdings insoweit zuzustimmen, als dass dieses Ergebnis nicht bereits aus einer analogen Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 212 b Abgabenordnung a. F. folgt (so wohl VG München, Urteil vom 06. Oktober 2015 – M 16 K 15.2443 – juris, Rn. 20).

17

Nach dem Bundesverwaltungsgericht scheidet eine Anfechtungsklage stets dann aus, wenn gegen einen Berichtigungsbescheid vorgegangen wird der auf eine vorherige, mittlerweile unanfechtbare Festsetzung der Gewerbesteuer Bezug nimmt – die Anfechtungsklage komme dann nur dort in Betracht, wo der Adressat des Bescheides einen Anspruch auf neuerliche Sachentscheidung geltend machen kann. Soweit der Berichtigungsbescheid den nicht korrigierten Bestandteil der bisherigen Gewerbesteuerfestsetzung dem Steuerpflichtigen gegenüber nochmals geltend mache, stelle er sich nicht als neuer Sachbescheid, sondern lediglich als „wiederholende Verfügung“ dar, die nicht mehr selbständig angefochten werden könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 05 .März 1971 – VII C 44.68 – juris, Rn. 20 - 24).

18

Diese Erwägungen lassen sich grundsätzlich auch auf die Beitragsordnung der Beklagten übertragen. Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 erfolgt die Veranlagung durch Bescheid, § 15 Abs. 3 ermöglicht die Veranlagung auf Grundlage einer Schätzung oder aufgrund des letzten Gewerbeertrages und § 16 S. 1 die vorausweise Beitragsveranlagung. Im Rahmen des § 15 Abs. 3 der Beitragsordnung kann dann wegen der Änderung der Bemessungsgrundlage nach Erteilung des Beitragsbescheids durch die Beklagte ein berichtigter Bescheid erlassen werden, der seinerseits entweder eine Erstattung oder eine Nachforderung enthält.

19

Damit steht aber auch fest, dass die Annahme einer erneuten, eigenständigen Sachentscheidung ausscheidet, wenn – wie hier – die Kammer dem Mitglied lediglich den Saldo im Rahmen einer erneuten Aufstellung der Beiträge aus den Vorjahren mitteilt (vgl. aber VG Hamburg, Urteil vom 02. März 2016 a.a.O Rn. 68). Insbesondere sprechen hier schon Wortlaut und Gestaltung der Aufstellung gegen eine neuerliche Sachprüfung, da jeweils auf die bereits ausgeglichenen Beträge Bezug genommen wird und im Übrigen am Ende der Aufstellung der ausdrückliche Hinweis erfolgt, „Wenn zu den oben aufgeführten Beitragsjahren bereits Beitragsbescheide ergangen sind, werden diese durch den aktuellen Bescheid nicht aufgehoben.“ Auch insoweit wird also deutlich, dass gerade keine (neue) Regelung eines Sachverhalts aus der Vergangenheit erfolgen soll (insoweit zustimmend VG Hamburg, Urteil vom 02.März 016 a.a.O.).

20

Das Gericht folgt damit insoweit nicht der Auffassung des VG Hamburg, Urteil vom 02. März 2016 a.a.O., dass, auch wenn die Festsetzung im Ergebnis unverändert ist und sich keine Änderung der Höhe des Beitrags ergibt, der Beitrag im Wege der Abrechnung endgültig festzusetzen ist und dieser Veranlagungsbescheid eine in ihrer Gesamtheit anfechtbare Regelung darstellt. Eine solche „abstrakte“ Festsetzungsverfügung sieht im Übrigen auch die Beitragsordnung der Beklagten gar nicht vor. Auch hat sich insoweit, als das VG Hamburg seine Entscheidung auf entsprechende Literaturstimmen stützt (Bezugnahme auf Jahn, GewArch 2008, 190ff.), jene Ansicht überholt. Vielmehr findet gerade die hier vertretene Auffassung, dass maßgeblich die jeweilige Ausgestaltung und Festsetzung im Einzelfall ist und einer lediglich wiederholenden Aufführung einer früheren Heranziehung zu Bemessungsbeiträgen keine eigenständige Regelungswirkung zukommt, auch in der Literatur Zustimmung (so nunmehr Jahn, GewArch 2016, 263, 270, im Ergebnis auch VG München, Urteil vom 06. Oktober 2015 a.a.O.).

21

Auch wenn man der oben dargestellten Auffassung nicht folgt, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Da für die Jahre 2012 bis 2014 der Beitrag auf 0,00 € festgesetzt wurde und dies eine Begünstigung darstellt, scheidet mangels Beschwer bzw. mangels Vorliegens einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO eine Anfechtbarkeit ebenfalls aus (VG Hamburg, Urteil vom 02. März 2016 a.a.O. juris, Rn. 66; VG München, Urteil vom 06. Oktober 2015 a.a.O).

22

2. Hinsichtlich des Beitragsjahres 2016 ist die Klage zulässig und begründet.

23

Der Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er entspricht nicht den rechtlichen Anforderungen an die Beitragsfestsetzung.

24

Die vorläufige Veranlagung zu Kammerbeiträgen der Beklagten findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 2 IHKG und der konkretisierenden Beitragsordnung der Industrie- und Handelskammer zu Kiel vom 10. Dezember 2014, flankiert durch die Wirtschaftsplanung der Beklagten vom 15. Dezember 2015 sowie das Finanzstatut vom 28. Oktober 2014.

25

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert dabei neben der Feststellung, ob der im Wirtschaftsplan festgesetzte Mittelbedarf der Kammer rechtmäßig auf die Mitglieder umgelegt worden ist und die Beitragsordnung fehlerfrei angewendet wurde, auch die Überprüfung der Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan als solcher. Dies entspricht der Zweistufigkeit der Willensbildung nach der Gesetzessystematik: Die Kammer stellt zunächst den Wirtschaftsplan für ein Jahr im Voraus auf und prognostiziert so den voraussichtlichen Finanzbedarf nach erwarteten Einnahmen und Ausgaben im Rahmen des Wirtschaftsplans iSd § 3 Abs. 2 S. 1 IHKG, § 3 Abs. 1 des Finanzstatuts. Dieser zu deckende Betrag wird dann auf der zweiten Stufe gemäß einer Beitragsordnung auf die Kammerzugehörigen mittels der konkret zu erhebenden Beiträge umgelegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 10 C 6/15 – juris, Rn. 12).

26

Dabei ist zu beachten, dass die Kammer bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes einen weiten Gestaltungsspielraum hat. Der vom Gericht zu überprüfende Rechtsrahmen als Ermessensgrenze umfasst neben § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG, der die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen gebietet, auch die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung, die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (BVerwG, Urteil vom 09. März 2015 – a.a.O Rn. 16.; VG Hamburg, Urteil vom 02. März 2016 a.a.O. Rn. 35). Insbesondere ist dabei zu beachten, dass den Kammern die Bildung von Vermögen untersagt ist (BVerwG, Urteil vom 26. März 1990 – 1 C 45.87 – juris, Rn. 20). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, können doch auch diese als Teil ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung „Kosten“ für die Aufgabenwahrnehmung darstellen – allerdings eben nur, sofern Rücklagen an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit gebunden sind (BVerwG, Urteil vom 09. Dezember 2015 a.a.O. Rn. 17).

27

Vorliegend hat die Beklagte eine Sachabwägung hinsichtlich der Rücklagenbildung vorgenommen. Insbesondere folgt keine unzulässige Begrenzung durch den „Korridor“ für Ausgleichsrücklagen, ferner ergibt sich die entsprechende Abwägung aus der Wirtschaftsplanung 2016 der Beklagten.

28

Sofern der Kläger geltend macht, die Vorschrift des § 15a des Finanzstatuts der Beklagten stehe hier schon aufgrund der Bildung eines Korridors für zulässige Rücklagen einer rechtmäßigen Rücklagenbildung entgegen, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Dabei kommt es vorliegend nicht auf die Frage an, ob die satzungsmäßige Festlegung eines Mindestbetrags zur Risikovorsorge, beispielsweise 30 v. H. der jährlichen Gesamtaufwendungen, mit dem Gebot der Schätzgenauigkeit in Einklang steht (vgl. zu dieser Differenzierung VGH Mannheim, Urteil vom 02. November 2016 – 6 S 1261/14 – juris, Rn. 37). Denn das Finanzstatut der Beklagten sieht – insoweit auch vom Kläger unbestritten – einen solchen Mindestbetrag gerade nicht vor. Vielmehr ist nach dem Statut auch eine Ausgleichsrücklage von „Null Prozent“ möglich, so dass hinsichtlich der Grenze des finanziell Gebotenen und Notwendigen stets nach dem Statut eine Abwägung zu erfolgen hat. Der Sache nach liegt hierin kein „Korridor“ für die Rücklagenbildung, sondern lediglich eine – nicht zu beanstandende – satzungsmäßige Obergrenze für deren Bildung.

29

Soweit der Kläger im Übrigen mit Nichtwissen zu bestreiten sucht, ob die Sachabwägung vorliegend erfolgt ist und sich die Erwägungen der Beklagten grundsätzlich innerhalb der gerichtlich überprüfbaren Grenzen gehalten haben, weist das Gericht zunächst darauf hin, dass die Vorschrift des § 138 Abs. 4 ZPO, der zufolge die Erklärung mit Nichtwissen nur - aber immerhin - über Tatsachen zulässig ist, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, im Verwaltungsprozess keine unmittelbare Anwendung findet. Allerdings setzt auch die gerichtliche Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO zumindest den Vortrag tatsächlicher Umstände voraus dahingehend, dass bestimmte Tatsachen oder Behauptungen geschildert werden, auf die das Gericht seine Untersuchung beziehen kann. Auch wenn es dem Kläger damit grundsätzlich im Einzelfall mangels eigener Kenntnis nicht möglich sein mag, die konkrete Willensbildung der Beklagten nachzuvollziehen, ist dennoch erforderlich, dass er sein Bestreiten substantiiert, also Gründe für die Zweifel anführt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02. November 2007 – 3 B 58/07 – juris, Rn. 6 mwN.). Auch bei der Vermögensverwaltung mit ihren durchaus komplexen buchhalterischen Abwägungen reicht eine bloße Vermutung ebenso wenig aus wie bloße Hinweise auf die einzelnen Buchungswerte (vgl. VG München, Urteil vom 19. Mai 2015 – M 16 K 14.477 – juris Rn. 29).

30

Insbesondere dürfte vorliegend gerade der Jahresabschluss in seinem Anhang 1.6 sowie im Lagebericht 1.7 den Tatsachenhintergrund aufweisen, vor dem die Beklagte mit der Wirtschaftsplanung 2016 erläuternd eingegangen ist auf die prognostizierte Beitragsentwicklung, mithin ihren Abwägungsvorgang dokumentiert hat. Insoweit wird auf die Anlage B3 Bezug genommen, mit der sich der Kläger nicht (ausreichend) auseinander gesetzt hat. Auch die vorherigen Jahresabschlüsse hätten es dem Kläger in zumutbarer Weise ermöglicht, sich substantiiert mit der Haushaltsführung der Beklagten auseinander zu setzen.

31

Im Hinblick auf die von dem Kläger beanstandete Rücklagenbildung ist indes zu beachten, dass der Beklagten die Bildung von Vermögen grundsätzlich verboten ist. Dies schließt die Bildung von Rücklagen zwar nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. Auch die Höhe der Rücklage muss von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine erhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält (vgl. BVerwG, Urteil vom 09. Dezember 2015 a.a.O., Rn. 17f; VGH Mannheim, Urteil vom 02. November 2016 a.a.O., Rn. 31).

32

Gemessen an diesen Maßstäben begegnet die Rücklagenbildung der Beklagten für das Jahr 2016 und damit auch die Festsetzung des von der Klägerin zu zahlenden Beitrags Bedenken. Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung ist die Beschlussfassung der Vollversammlung der Beklagten am 15.12.2015 über die Wirtschaftssatzung (Beiakte B3; im Folgenden „Wirtschaftsplan“), der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Finanzstatuts festgestellt wurde.

33

Ob insofern die Bildung der Ausgleichsrücklage ordnungsgemäß erfolgt ist, erscheint nicht frei von Zweifeln. Zwar erscheint eine Ausgleichsrücklage zum Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen in Höhe von - maximal - 30 v.H. ohne weitere Darlegungen notwendig und angemessen, um eine ordnungsgemäße Haushaltsführung zu gewährleisten. Denn es ist allgemein nachvollziehbar, dass ein Betrag in Höhe von bis zu 30 v. H. der geplanten Aufwendungen vorgehalten wird, um mögliche Liquiditätsengpässe aufgrund von Beitragsschwankungen und Zahlungsausfall zu vermeiden. Auch wenn § 15a Abs. 3 des FS der Beklagten keine ausdrückliche Untergrenze von 30 v.H., sondern nur eine Obergrenze von 50 v.H. der geplanten Aufwendungen vorsieht, kann dennoch die Mindestdotierung des Musterfinanzstatuts dahingehend herangezogen werden, dass bei einer bis zu dieser Grenze gebildeten Ausgleichsrücklage nicht von einer Vermögensbildung auszugehen wäre. Bei einer Ausgleichsrücklage in Höhe von bis zu 30 v. H. der Aufwendungen spricht jedenfalls die Vermutung dafür, dass eine Ausgleichsrücklage in dieser Höhe angemessen ist, um in dem Haushaltsjahr eine ordnungsgemäße Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten zu gewährleisten und Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen (vgl. VG Köln, Urteil vom 15. Februar 2017 – 1 K 1473/16 - juris Rn. 81). Der von der Beklagten geltend gemachte Zweck der Rücklage, auch bei Mindereinnahmen aufgrund von konjunkturell bedingt schwankenden Einnahmen ihrer Mitglieder stabile Beiträge zu gewährleisten und nicht in konjunkturell schwierigen Phasen die Mitglieder mit Beitragserhöhung zu belasten, dürfte dann ausreichend sein.

34

Vorliegend beträgt die Ausgleichzulage hingegen 34,25 v. H.. Dieser Anteil an den Gesamtaufwendungen ergibt sich auch erst nach Einrechnung einer geplanten Entnahme von 1.119.600,00 €. Vor der geplanten Entnahme betrug der Anteil der Ausgleichsrücklage an den Gesamtaufwendungen sogar 41,23 v. H..

35

In Anbetracht der Überschreitung der 30 v. H. – Grenze, wäre die Beklagte nach Auffassung der Kammer verpflichtet gewesen, im Einzelnen darzulegen, dass sie im Rahmen des ihr aus dem Selbstverwaltungsrecht erwachsenen weiten Gestaltungsspielraums die Grenzen des Vertretbaren eingehalten hat, die Ausgleichsrücklage also plausibel und nachvollziehbar ist. Nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen wäre die Beklagte dann vielmehr stets gehalten, das Bedürfnis für die Ausgleichsrücklage in ihrer konkreten Höhe nachvollziehbar zu begründen und alle voraussichtlich zu erwartenden ergebniswirksamen Schwankungen möglichst zutreffend zu prognostizieren (vgl. VG Koblenz, Urteil vom 25. November 2013 – 3 K 121/12. KO – juris Rn. 41f; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. März 2017 – 20 K 3225/15 – juris Rn 345; etwas großzügiger VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21. November 2017 – 19 K 903/16 – juris Rn. 44 „…jedenfalls in Grundzügen nachvollziehbar … in transparenter Art und Weise…“),

36

Diese Vorgaben hat die Beklagte nicht eingehalten, weil es insoweit an notwendigen konkreten Darlegungen fehlt.

37

Darüber hinaus ist auch der von der Beklagten vorgehaltene Instandhaltungfonds (Instandhaltungsrücklage) iHv 1.242.753,67 € zu beanstanden.

38

Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt – wie bereits festgestellt –, ob die Beklagte bei der Ausübung des ihr zustehenden weiten Gestaltungsspielraums den durch Rechtsnormen angelegten Rahmen gewahrt hat, wobei zu diesem zu beachtenden – und von den Verwaltungsgerichten zu prüfenden – Rahmen ausdrücklich auch ergänzende Satzungsbestimmungen zählen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 – a.a.O. Rn. 16). Den anzuwendenden Rahmen für zweckbestimmte Rücklagen – wie hier die Instandhaltungsrücklage – bildet § 15 a Abs. 2 Sätze 3 bis 5 Finanzstatut. Zwar enthält § 15a Finanzstatut unmittelbar nur Vorgaben für den Jahresabschluss und nicht für den hier zu überprüfenden Wirtschaftsplan, der in den §§ 7 ff. Finanzstatut geregelt ist. Da nach der Regelungskonzeption des Finanzstatuts im Wirtschaftsplan aber nur die Rücklagenveränderungen anzusetzen und auszuweisen sind (vgl. § 7 Abs. 2 Finanzstatut), die Rücklagen selbst dagegen (nur) in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen sind (vgl. § 15 a Abs. 2 Satz 4 Finanzstatut), können die satzungsrechtlichen Anforderungen an die Bildung bzw. Beibehaltung von Rücklagen allein § 15 a Abs. 2 Finanzstatut entnommen werden. Danach ist neben einer (zwingenden) Ausgleichsrücklage, die bis zu 50 v. H. der Summe der geplanten Aufwendungen betragen kann (vgl. § 15a Abs. 2 Sätze 1 und 2 Finanzstatut), gemäß § 15 a Abs. 2 Sätze 3 und 4 Finanzstatut die Bildung zweckbestimmter Rücklagen zulässig, die in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen sind. Nach der Bestimmung des § 15 a Abs. 2 Satz 5 Finanzstatut sind dabei nicht nur der Verwendungszweck und der Umfang hinreichend zu konkretisieren, sondern auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.

39

Daran fehlt es hier. Die Zweckbestimmung genügt den satzungsrechtlich geforderten Anforderungen an eine zweckbestimmte Rücklage nicht. Es ist bereits zweifelhaft, ob der bloße Hinweis auf „Instandsetzungsmaßnahmen an Gebäuden und Grund und Boden“ dem (materiellen) Konkretisierungsgebot genügt. Jedenfalls fehlt eine hinreichende Bestimmtheit im Hinblick auf den Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme der Rücklage. Der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage wird weder im Jahresabschluss noch sonst auch nur annähernd umschrieben. Der Jahresabschluss enthält keinerlei Angaben zum geplanten Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage. Auch aus dem Wirtschaftsplan 2016 ergibt sich hierzu nichts. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass die Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage für das Jahr 2016 tatsächlich beabsichtigt gewesen sei, hat sich dies weder in dem Jahresabschluss, dem Wirtschaftsplan noch in einem sonstigen Beschluss der Vollversammlung niedergeschlagen. Auch ein Protokoll der Vollversammlung, aus dem sich dies ergeben würde, hat die Beklagte nicht vorgelegt. Es ist nicht ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Wirtschaftsplanung bereits konkrete Planungen für eine Sanierung von Gebäuden o. ä. bestanden (vgl. VG Mainz, Urteil vom 10.November 2017 – 4 K 1310/16 MZ.- juris Rn. 29; vgl. auch VG Hamburg, Urteil vom 02. März 2016 a.a.O. Rn. 43ff).

40

Schließlich ist der von der Beklagten vorgehaltene Künstlerfonds zu beanstanden. Er dient nicht der Förderung der gewerblichen Wirtschaft. Die Beklage überschreitet damit ihren Kompetenzrahmen des § 1 Abs. 2 IHKG. Nach dieser Vorschrift können Industrie- und Handelskammern Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen. Eine Maßnahme dient zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft, wenn sie nur oder vorrangig in deren Interesse und nicht nur als Reflex einer dem Allgemeininteresse dienenden (Infrastruktur-)Maßnahme erfolgt (vgl. BVerwG, Urt. v. 19. September 2000, - 1 C 29.99 – juris Rn. 17).

41

Soweit die Beklagte mit dem Fonds die Beschaffung von künstlerisch gestalteten Einrichtungsgegenständen für die Betriebs- und Geschäftsausstattung betreibt, liegt ein unmittelbarer, den besonderen Interessen der gewerblichen Wirtschaft dienender Zweck nicht vor. Zunächst erscheint bereits fraglich, ob die von der Beklagten auf ganz Schleswig-Holstein ausgerichtete Förderung mit der ihr nach in § 2 der Satzung vorgegebenen örtlichen Aufgabenwahrnehmung („… Aufgabe, das Gesamtinteresse derihr zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen…“) noch vereinbar ist.

42

Dessen ungeachtet werden die Belange der gewerblichen Wirtschaft auch nicht wenigstens am Rande berührt. Die Förderung rein künstlerischer Zwecke steht allenfalls im allgemeinen öffentlichen Interesse; nachvollziehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft werden hierdurch nicht verfolgt. Das Interesse der gewerblichen Wirtschaft wird allenfalls reflexhaft berührt. Der nach § 1 Abs. 1 und 2 IHKG zwingende Bezug zur gewerblichen Wirtschaft kann auch nicht durch den Beschluss zur Errichtung des Künstlerfonds vom 22.Augusr 1979 vermittelt werden. Denn dieser verweist lediglich auf die "Förderung Schleswig-Holsteinischer Künstler“, ohne selbst Vorgaben für die Vergabe von Fördermaßnahmen zu treffen und stellt insofern nicht das Erfordernis des Wirtschaftsbezugs her.

43

Da nach alledem die Rücklagenbildung der Beklagten bereits aus den o. g. Gründen rechtswidrig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob auch die übrigen vom Kläger gerügten Rücklagenbildungen ebenfalls nicht ordnungsgemäß sind.

44

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.

45

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 15. Feb. 2018 - 12 A 173/16 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 15. Feb. 2018 - 12 A 173/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Okt. 2015 - M 16 K 15.2443

bei uns veröffentlicht am 06.10.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 16 K 15.2443 Im Namen des Volkes Urteil 6. Oktober 2015 16. Kammer Sachgebiets - Nr.412 Hauptpunkte: Beitragserhebung durch IHK; Rückwirkender Erlass einer W

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Nov. 2016 - 6 S 1261/14

bei uns veröffentlicht am 02.11.2016

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.D

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 02. März 2016 - 17 K 2912/14

bei uns veröffentlicht am 02.03.2016

Tenor 1. Der Beitragsbescheid vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2014 wird hinsichtlich der Festsetzung der Beiträge für das Geschäftsjahr 2010 in Höhe von 14

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 09. Dez. 2015 - 10 C 6/15

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.
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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 29. März 2018 - Au 2 K 16.187

bei uns veröffentlicht am 29.03.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 29. März 2018 - Au 2 K 16.371

bei uns veröffentlicht am 29.03.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 13. Nov. 2018 - 17 K 1035/18

bei uns veröffentlicht am 13.11.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwe

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 20. Feb. 2018 - 5 Bf 213/12

bei uns veröffentlicht am 20.02.2018

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

1. Der Beitragsbescheid vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2014 wird hinsichtlich der Festsetzung der Beiträge für das Geschäftsjahr 2010 in Höhe von 14.051,88 Euro sowie für das Geschäftsjahr 2013 in Höhe von 9.700,20 Euro aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich, insbesondere im Hinblick auf die Rücklagen und Gewinnvorträge der beklagten Handelskammer Hamburg, gegen einen Beitragsbescheid für die Geschäftsjahre 2010, 2012 und 2013.

2

Die Beklagte verfügte in den Jahren 2008 bis 2013 über folgende Rücklagen und Rückstellungen und trug folgende Gewinne auf neue Rechnung vor (gerundete Angaben in Tausend Euro):

3
        

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Ausgleichsrücklage

17.500

19.000

20.186

20.500

21.000

21.500

Umbau-/Instandhaltungsrücklage

6.333

6.333

11.133

11.133

20.968

20.598

Rücklage für Sonderprojekte

3.900

3.900

3.900

3.900

3.900

3.900

Rücklage zur Abdeckung von Risiken der
Neubewertung der Pensionsrückstellung

3.600

16.500

-

-

-

-

Rücklage Sicherung von
bedeutsamen Wirtschaftsarchiven

-

-

-

-

985

927

Rücklage für Aktionen anlässlich
des 350jährigen Jubiläums

-

-

-

-

1.000

1.000

Rücklage BID Nikolaiquartier

1.000

1.000

1.000

1.000

861

853

Rücklage Azubi-Wohnheim in Hamburg

-

-

-

-

1.000

1.000

Rückstellungen für Pensionen
und ähnliche Verpflichtungen

36.300

37.781

59.484

60.568

63.172

68.818

Sonstige Rückstellungen

1.228

1.668

1.203

1.072

1.132

1.383

Gewinnvortrag auf neue Rechnung

292

444

5.711

3.096

3.763

2.108

4

Wegen der genauen Beträge der Rücklagen und Rückstellungen wird auf die Jahresabschlüsse der Beklagten für die Jahre 2008 bis 2013 Bezug genommen.

5

Das Plenum der Beklagten beschließt für jedes Geschäftsjahr eine Wirtschaftssatzung mit einem Wirtschaftsplan, der sich auch zum Saldo der Rücklagenveränderung verhält, und einer Regelung zur Erhebung der Mitgliedsbeiträge. Innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf jedes Geschäftsjahres stellt die Beklagte einen Jahresabschluss auf. Das Plenum stellt diesen fest und beschließt über die Ergebnisverwendung.

6

Für das Geschäftsjahr 2010 beschloss das Plenum den Wirtschaftsplan in der Fassung des ersten Nachtrags zur Wirtschaftssatzung mit dem Saldo der Rücklagenveränderung von -8.700.000 Euro (Entnahmen aus anderen Rücklagen in Höhe von 16.500.000 Euro und Einstellungen in andere Rücklagen in Höhe von 7.800.000 Euro), für die Geschäftsjahre 2012 und 2013 stellte das Plenum die Wirtschaftspläne ohne Veränderung des Saldos der Rücklagen fest. Wegen der weiteren Festsetzungen wird auf die Wirtschaftssatzungen samt Nachträgen für die Geschäftsjahre 2010, 2012 und 2013 (im Internet abrufbar unter „https://www.hk24. de/servicemarken/ueber_uns/rechtsgrundlagen/Wirtschafts-planung_und_Finanzen“, letzter Abruf am 3.3.2016) Bezug genommen. Das Plenum beschloss ferner, Gewinne aus dem Geschäftsjahr 2010 in Höhe von 5.711.437,74 Euro, aus dem Geschäftsjahr 2012 in Höhe von 3.763.468,86 Euro und aus dem Geschäftsjahr 2013 in Höhe von 2.108.002,18 Euro jeweils auf neue Rechnung vorzutragen.

7

Mit Beitragsbescheid vom 1. Februar 2013 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitrag in Höhe von 14.051,88 Euro (mit früherem Bescheid festgesetzt: 2.172,06 Euro) durch Abrechnung sowie – jeweils im Wege vorläufiger Veranlagung – für das Jahr 2012 einen Nachlass in Höhe von 366,30 Euro (mit früherem Bescheid war ein Beitrag in Höhe von 1.831,50 Euro festgesetzt worden) und für das Jahr 2013 einen Beitrag in Höhe von 11.412,00 Euro fest. Einleitend führte die Beklagte aus, aufgrund der Finanzlage der Kammer habe das Plenum beschlossen, einmalig einen Nachlass von 20 % für das Beitragsjahr 2012 zu gewähren. Wegen der Einzelheiten der Festsetzung wird auf den Beitragsbescheid vom 1. Februar 2013 Bezug genommen.

8

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 27. Februar 2013 gegen den Beitragsbescheid Widerspruch ein. Sie sehe sich außerstande, die Beiträge zu entrichten.

9

Mit weiterem Beitragsbescheid vom 31. Januar 2014 setzte die Beklagte im Wege vorläufiger Veranlagung für das Jahr 2013 einen Nachlass in Höhe von 1.711,80 Euro fest. Auf Grund der Finanzlage der Kammer habe das Plenum beschlossen, einmalig einen Nachlass von 15 % für das Beitragsjahr 2013 zu gewähren.

10

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2014, der Klägerin mit Postzustellungsurkunde zugegangen am 12. Mai 2014, zurück. Die Beiträge seien rechtmäßig festgesetzt worden.

11

Am 12. Juni 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.

12

Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, die angegriffenen Bescheide seien rechtswidrig, weil die Beklagte das in § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG verankerte Kostendeckungsprinzip verletzt habe. Sie habe durch unangemessen hohe Rücklagen unzulässigerweise Vermögen gebildet. Die Beklagte habe weder tragfähige Gründe dafür angeführt, weshalb sie die nach ihrem Finanzstatut zulässige Obergrenze der Ausgleichsrücklage von 50 % der Betriebsausgaben nahezu ausgeschöpft habe noch bei der Festlegung der Höhe der Rücklage Ermessen ausgeübt. Eine Prognose des Inhalts, dass es im laufenden Haushaltsjahr zu Beitragsausfällen von nahezu 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen könne, sei nicht gerechtfertigt gewesen. Bei der Bildung der Umbau- und Instandhaltungsrücklage habe die Beklagte den Grundsatz der Schätzgenauigkeit verletzt, weil eine verbindliche Investitions- und Finanzierungsübersicht zu den beabsichtigten Baumaßnahmen nicht vorgelegen habe. Auch die allgemeine und unspezifische Bildung der Rücklage für nicht näher genannte Sonderprojekte erfülle die Voraussetzungen einer hinreichenden zeitlichen, sachlichen und finanzplanerischen Konkretisierung nicht. Die Bildung von Pensionsrücklagen neben – von ihr nicht angegriffenen – Pensionsrückstellungen widerspreche staatlichem Haushaltsrecht. Zudem habe die Beklagte die Ergebnisvorträge nicht im Sinne des Kostendeckungsprinzips verwendet.

13

Hinsichtlich des für das Jahr 2012 ausgewiesenen Guthabens in Höhe von 366,30 Euro ergebe sich ihre Beschwer daraus, dass ein wesentlich höherer Betrag als Guthaben habe ausgewiesen werden müssen.

14

Die gesetzliche Regelung in den §§ 3 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 1 IHKG zur Zwangsmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern und akzessorischer Beitragspflicht sei zudem weder mit dem Grundgesetz noch mit dem europäischen Unionsrecht vereinbar.

15

Die Klägerin beantragt (dem Wortlaut nach),

16

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 1. Februar 2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2014 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, Einzelheiten des Kammerhaushalts zu Rücklagen und Ergebnisvorträgen könnten nicht im Rahmen einer gegen einen Beitragsbescheid gerichteten Anfechtungsklage, sondern allein im Rahmen einer Feststellungsklage überprüft werden. Zudem sei die Klägerin hinsichtlich des Beitrags für das Jahr 2012 mangels Rechtsverletzung nicht klagebefugt, da mit dem angefochtenen Bescheid insoweit ein Guthaben festgesetzt worden sei.

20

Im Übrigen habe sie kein unzulässiges Vermögen gebildet, sondern eine angemessene Rücklagenpolitik betrieben. Diese habe es ihr ermöglicht, gleichbleibende Beitragssätze festzulegen. Eine angemessene Rücklagenbildung sei aus wirtschaftlicher Sicht vernünftig, da sie Vorsorge für einen Rückgang der Kammerbeiträge aus konjunkturellen Gründen (Ausgleichsrücklage) und die Notwendigkeit besonderer Aufwendungen für größere Instandhaltungsmaßnahmen am denkmalgeschützten Kammergebäude oder größerer Projekte zur Förderung des Wirtschaftsstandorts Hamburg (andere Rücklagen) treffe.

21

Die in § 15 Abs. 3 Satz 1 ihres Finanzstatuts hinsichtlich der Ausgleichsrücklage festgelegte Obergrenze von 50 % der Betriebsaufwendungen sei in keinem der streitgegenständlichen Geschäftsjahre überschritten worden. Die Obergrenze für die Ausgleichsrücklage sei nicht überhöht, sondern allgemein üblich und werde von der Rechtsprechung nicht beanstandet. Bei der Entscheidung zur Rücklagenbildung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die einer besonderen Begründungspflicht unterliege. Das Plenum verfüge bei der Entscheidung vielmehr über einen Entscheidungsspielraum. Anhaltspunkte für eine unangemessene Höhe der Ausgleichrücklage lägen nicht vor. Der Einbruch an den Finanzmärkten im Herbst 2008 und die folgende wirtschaftliche Rezession im Jahr 2009 seien Anlass dafür gewesen, die Vorsorgemöglichkeiten auszuschöpfen. Der günstige Verlauf der Beitragseingänge sei bis 2011/2012 nicht abzusehen gewesen und wohl der spezifischen Wirtschaftsstruktur und einer Veränderung der Gewerbesteuer-Ermittlung ab 2009 zuzuschreiben.

22

Die Umbau-/Instandhaltungsrücklage sei korrekt gebildet und fortentwickelt worden. In der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 sei diese mit 5.333.439,80 Euro ausgewiesen worden. Es sei um größere Instandhaltungsaufwendungen in erster Linie für das historische Handelskammer-Gebäude am Adolphsplatz 1, aber auch für die Immobilie Schauenburger Straße 49 gegangen. Der ausgewiesene Rücklagenbetrag habe rund 10 % des damaligen Versicherungswerts beider Objekte entsprochen. Im Rahmen eines mittelfristigen Instandhaltungsprogramms, das insbesondere der Verbesserung der Energiebilanz und des Brandschutzes gedient habe, seien der Rücklage im Jahr 2007 weitere 1.000.000,00 Euro zugeführt worden. Im Jahr 2010 seien im Zusammenhang mit diesem mittelfristigen Instandhaltungsprogramm weitere 4.800.000,00 Euro in die Rücklage eingestellt worden. Im Jahr 2012 sei das Programm durch eine fachgutachterliche Stellungnahme des Architekturbüros „360grad+ architekten“ und des Ingenieurbüros „Wetzel & von Seht“ aktualisiert und um die Kosten für einen vollständigen Umbau der Büroflächen im Gebäude Adolphsplatz ergänzt worden. Das Gutachten habe die Kosten auf 14.747.235,65 Euro beziffert. Hinzuzurechnen gewesen seien Kosten für die Anmietung eines zeitweiligen Ausweichquartiers in Höhe von 1.440.000,00 Euro sowie ein Betrag von 5.000.000,00 Euro aufgrund eines überdurchschnittlichen Kostensteigerungs-Risikos wegen des Alters des Gebäudes und zum Teil nicht geklärter statischer Gründungsverhältnisse. Zur energetischen Sanierung seien der Rücklage im Jahr 2012 164.964,80 Euro, im Jahr 2013 370.036,53 Euro und im Jahr 2014 rund 1,3 Millionen Euro entnommen worden.

23

Die in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 mit 1.000.000,00 Euro ausgewiesene Rücklage für Sonderprojekte habe der Sicherung standortpolitisch bedeutsamer Projekte gedient. Das Ziel habe darin bestanden, sich kurzfristig Handlungsspielräume für notwendige ad-hoc-Aktivitäten im Rahmen des gesetzlichen Kammerauftrags nach § 1 IHKG zu erhalten, insbesondere zur Gesamtinteressenvertretung und Förderung der gewerblichen Wirtschaft. Solche Projekte könnten angesichts der sehr dynamischen politischen wie gesellschaftlichen Entwicklungen kurzfristig geboten sein. Das diene der Absicherung ihrer Handlungsfähigkeit im Sinne einer effektiven Aufgabenwahrnehmung. Im Jahr 2007 sei die Rücklage zunächst um 2.000.000,00 Euro erhöht worden. Hintergrund sei die Einschätzung gewesen, dass ihre Gremien stets eine neue Olympia-Bewerbung Hamburgs befürworten würden. Daneben habe die Erhöhung auf die Vorbereitung auf eventuelle Herausforderungen im Lehrstellenangebot durch den doppelten Abiturjahrgang 2010 sowie die aktuelle Diskussion in Sachen Klimaschutzaktivitäten gezielt. Zur Absicherung dieser Projekte sei die Rücklage im Jahr 2007 um weitere 900.000,00 Euro erhöht worden. Im Jahr 2012 sei die Rücklage, soweit sie sich auf den doppelten Abiturjahrgang bezogen habe, in Höhe von 1.000.000,00 Euro zugunsten von Projekten der Metropolregion Hamburg umgewidmet worden, weil der doppelte Abiturjahrgang ohne besonderen Aufwand habe bewältigt werden können.

24

Die Ergebnisvorträge seien rechtzeitig in die Wirtschaftsplanung eingeflossen. Diese hätten zudem dazu geführt, dass Beitragssenkungen in Höhe von 4.962.219,71 Euro für das Jahr 2012 und 4.397.256,56 Euro für das Jahr 2013 beschlossen worden seien. Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht beständen nicht.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Die Sachakten haben bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

26

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.

27

Der Klagantrag ist nach § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er auf Aufhebung des Beitragsbescheides vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2014 gerichtet ist. Seinem Wortlaut nach berücksichtigt der Klagantrag die mit Beitragsbescheid vom 31. Januar 2014 erfolgte Festsetzung eines Nachlasses in Höhe von 1.711,80 Euro für das Jahr 2013 nicht. Dies entspricht nicht dem klägerischen Begehren, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt hat.

28

Mit dem so ausgelegten Antrag hat die Anfechtungsklage hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für die Jahre 2010 und 2013 (hierzu unter 1.), nicht aber hinsichtlich der Festsetzung des 20-prozentigen Nachlasses auf den Beitrag für das Jahr 2012 (hierzu unter 2.) Erfolg.

29

1. Hinsichtlich der Beitragsveranlagung für die Jahre 2010 und 2013 ist die zulässige Klage auch begründet. Der Bescheid vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Bescheides vom 31. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2014 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

30

a) Rechtsgrundlage für die Beitragspflicht dem Grunde nach ist § 3 Abs. 2 IHKG.

31

Danach werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Diesen Vorgaben ist die Beklagte bei der Beitragsveranlagung für die Jahre 2010 und 2013 nicht gerecht geworden.

32

aa) Die Wirtschaftspläne für die Jahre 2010 und 2013 als Grundlage der Beitragserhebung sind aufgrund der von der Beklagten vorgehaltenen Rücklagen rechtswidrig.

33

(1) Das Gesetz legt mit Blick auf die Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Wirtschaftsplan auf. Dieser gilt für ein Wirtschaftsjahr und ist – als Plan – im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (BVerwG, Urt. v. 9.12.2015, 10 C 6/15, juris, Rn. 12).

34

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert nicht nur die Feststellung, ob der im Wirtschaftsplan festgesetzte Mittelbedarf der Kammer – die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit – durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Wirtschaftsplan ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar (BVerwG, a.a.O, Rn. 13).

35

Allerdings besitzt die Kammer bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes einen weiten Gestaltungsspielraum. Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt die Prüfung, ob dabei der durch die jeweils zu beachtenden Rechtsnormen gebildete Rahmen gewahrt ist. Dazu gehört zunächst § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG, der die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen gebietet. Ferner sind nach § 3 Abs. 7a IHKG die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden und – unabhängig davon – die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (BVerwG, a.a.O, Rn. 16).

36

Hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen an die Rücklagenbildung ist zu beachten, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (BVerwG, Urt. v. 26.6.1990, 1 C 45.87, juris, Rn. 20). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit (BVerwG, Urt. v. 9.12.2015, 10 C 6/15, juris, Rn. 17). Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und käme einer unzulässigen Vermögensbildung gleich (BVerwG, a.a.O, Rn. 18).

37

Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan – und damit jährlich – erneut treffen. Ein Wirtschaftsplan kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält (BVerwG, a.a.O, Rn. 18).

38

(2) Nach diesen Vorgaben sind die Wirtschaftspläne der Beklagten und damit auch die Festsetzung der Mitgliedsbeiträge für die Jahre 2010 und 2013 aufgrund der von der Beklagten vorgehaltenen Rücklagen rechtswidrig.

39

(a) Die Bildung, Aufrechterhaltung und Aufstockung der „Rücklage für Sonderprojekte“ entsprach nicht den zu stellenden Anforderungen.

40

Nach § 15 Abs. 3 Satz 4 des hier maßgeblichen Finanzstatuts der Beklagten vom 25. Januar 2006 ist die Bildung anderer Rücklagen – neben einer Ausgleichsrücklage und einer Liquiditätsrücklage – zulässig. Diese dürfen ausweislich der Richtlinien zur Ausführung des Finanzstatus der Beklagten vom 12. Mai 2006 zu § 15 Abs. 3 jedoch nur für bestimmte Zwecke gebildet werden. Diesem auch aus dem Verbot der Vermögensbildung folgenden Gebot hinreichend bestimmter sachlicher Zweckbindung der Rücklage im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit hat die Beklagte bei der Bildung, Aufrechterhaltung und Aufstockung der „Rücklage für Sonderprojekte“ nicht genügt.

41

Der zur Begründung der Rücklage in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 angeführte Zweck der Sicherung standortpolitisch bedeutsamer Projekte ist nicht hinreichend bestimmt. In dieser Allgemeinheit konnte die Rücklage einer Vielzahl von Projekten dienen, ohne dass näher erkennbar war, welche dies sein werden und wann diese mit jeweils welchem Mittelbedarf in Angriff genommen werden. Mangels diesbezüglicher Präzisierungen kam diese Rücklage unzulässigerweise gebildetem Vermögen gleich. Zu diesem nicht hinreichend bestimmten Zweck hat die Beklagte im Rahmen der „Rücklage für Sonderprojekte“ seit der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 bis in das Jahr 2013 einen Betrag in Höhe von 1.000.000,00 Euro bereitgehalten.

42

Soweit die „Rücklage für Sonderprojekte“ im Jahr 2007 zunächst um 2.000.000,00 Euro und sodann um weitere 900.000,00 Euro erhöht wurde und die Beklagte dies mit der damaligen Einschätzung, ihre Gremien würden eine neue Olympia-Bewerbung Hamburgs stets befürworten, sowie den eventuellen Herausforderungen im Lehrstellenangebot durch den doppelten Abiturjahrgang 2010 und der Diskussion in Sachen Klimaschutzaktivitäten begründet hat, kann dahinstehen, ob Aktivitäten im Vorfeld einer Olympia-Bewerbung Hamburgs noch vom gesetzlichen Auftrag der Beklagten gedeckt wären. Jedenfalls ist nicht erkennbar, welche konkreten Maßnahmen mit welchem Zeithorizont und welchem Mittelbedarf im Einzelnen geplant waren. Gleiches gilt für die im Jahr 2012 erfolgte Umwidmung der Rücklage in Höhe von 1.000.000,00 Euro hinsichtlich des doppelten Abiturjahrgangs, der ohne besonderen Aufwand habe bewältigt werden können, zugunsten nicht näher spezifizierter Projekte der Metropolregion Hamburg.

43

(b) Die Bildung, Aufrechterhaltung und Aufstockung der „Umbau-/Instandhaltungs-rücklage“ war nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenfalls rechtswidrig.

44

Der Zweck dieser Rücklage in Gestalt der Vorsorge für umfangreiche Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere am denkmalgeschützten Kammergebäude ist zwar hinreichend bestimmt und bewegt sich im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass die Höhe der Rücklage in den Jahren 2010 und 2013 von diesem sachlichen Zweck gedeckt war.

45

Dies gilt bereits für den in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 ausgewiesenen Betrag in Höhe von 5.333.439,80 Euro. Soweit die Beklagte insoweit vorträgt, dieser Betrag habe größeren Instandhaltungsaufwendungen für die Gebäude am Adolphsplatz 1 und in der Schauenburger Straße 49 gedient und rund 10 % des damaligen Versicherungswerts beider Objekte entsprochen, fehlt es an Angaben dazu, dass sowie aufgrund welcher Erfahrungswerte unter Berücksichtigung des seinerzeitigen Zustands der Gebäude und der in der Vergangenheit vorgenommenen Arbeiten in absehbarer Zeit Instandhaltungsmaßnahmen in dieser Größenordnung erforderlich werden würden. Die pauschale Bezugnahme auf 10 % des seinerzeitigen Versicherungswerts ist insoweit unzureichend, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2015 ausdrücklich gebeten worden war, die Erforderlichkeit der Höhe der „Umbau-/ Instandhaltungsrücklage“ näher darzulegen. Mangels genauerer Angaben ist nicht festzustellen, dass die Prognose des Mittelbedarfs in Höhe der Rücklage aus der ex ante Sicht sachgerecht und vertretbar war und deshalb dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit entsprach.

46

Hinsichtlich der Erhöhung der „Umbau-/Instandhaltungsrücklage“ im Rahmen eines mittelfristigen Instandhaltungsprogramms, das insbesondere der Verbesserung der Energiebilanz und des Brandschutzes gedient habe, um 1.000.000,00 Euro im Jahr 2007 und weitere 4.800.000,00 Euro „im Zusammenhang“ mit diesem Programm im Jahr 2010 ist ebenfalls nicht zu erkennen, welche konkreten Maßnahmen in welchen Zeiträumen und mit welchem Mittelbedarf geplant waren. Eine Investitions- und Finanzierungsübersicht, die nach § 8 des Finanzstatuts der Beklagten verbindliche Grundlage für die erforderliche Genehmigung größerer Baumaßnahmen, deren Volumen fünf Prozent des Betriebsaufwandes überschreitet, durch das Plenum ist, hat die Beklagte nicht vorgelegt.

47

Lediglich zur Erhöhung der „Umbau-/Instandhaltungsrücklage“ auf 20.968.475,00 Euro im Jahr 2012 liegt eine Stellungnahme des Architekturbüros „360grad+ architekten“ und des Ingenieurbüros „Wetzel & von Seht“ zur mittel- und langfristigen Budgetplanung möglicher Sanierungsmaßnahmen vor (Bl. 451 ff. d. A.). Darin wird zwar ein Mittelbedarf in Höhe von insgesamt 14.747.235,65 Euro genannt. Auf welcher Grundlage und Erfahrungswerte darüber hinaus jedoch neben Kosten für die Anmietung eines zeitweiligen Ausweichquartiers in Höhe von 1.440.000,00 Euro ein weiterer Betrag von 5.000.000,00 Euro aufgrund des Gebäudealters und ungeklärter statischer Gründungsverhältnisse in die Rücklage eingestellt wurde, ist hingegen nicht zu erkennen. Auch insoweit ist nicht festzustellen, dass diese Prognose aus der ex ante Sicht sachgerecht und vertretbar war und deshalb dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit entsprach.

48

bb) Darüber hinaus sind die Beschlüsse des Plenums über den Vortrag der Gewinne in Höhe von 5.711.437,74 Euro aus dem Jahr 2010 sowie 2.108.002,18 Euro aus dem Jahr 2013 rechtswidrig.

49

(1) Die Feststellung des Jahresabschlusses bietet die Gelegenheit, die dem Wirtschaftsplan und der Beitragsveranlagung in der Wirtschaftssatzung zu Grunde liegende Prognose des Mittelbedarfs aus der Sicht ex post auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

50

Erwirtschaftet eine Industrie- und Handelskammer einen erheblichen Gewinn, indiziert dies, dass die Mitgliedsbeiträge unter Missachtung des aus § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG folgenden Gebots, die Leistungsfähigkeit der Mitglieder pfleglich zu behandeln, zu hoch bemessen waren. Die Beiträge sind dann grundsätzlich in Höhe des Gewinns anteilig an die Mitglieder zurückzuerstatten. Geschähe dies nicht und würde der Gewinn stattdessen auf neue Rechnung vorgetragen, stände dieser Betrag zwar weiterhin der Kammer, nicht aber unmittelbar den Kammerzugehörigen zur Verfügung. Vom Gewinnvortrag könnten zudem diejenigen Kammerzugehörigen, die nach dem mit erheblichem Gewinn abgeschlossenen Geschäftsjahr aus der Kammer ausscheiden, auch mittelbar nicht mehr profitieren. Erfolgt der Gewinnvortrag überdies kontinuierlich über mehrere Jahre hinweg in erheblicher Höhe, steht dies wirtschaftlich einer der Kammer untersagten unzulässigen Vermögensbildung gleich. Der Vortrag eines erheblichen Gewinns auf neue Rechnung anstatt einer anteiligen Rückerstattung der Beiträge an die Mitglieder ist deshalb nur dann im Einzelfall rechtlich zulässig, wenn dies aufgrund besonderer Umstände wirtschaftlich geboten ist.

51

Die Gewinnverwendungsbeschlüsse können aufgrund des nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes auch im Rahmen einer gegen einen Beitragsbescheid gerichteten Anfechtungsklage auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Dies gilt auch dann, wenn diese Beschlüsse zeitlich später als die angefochtenen Bescheide ergangen sind. Denn bei Anfechtungsklagen bestimmt sich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt in erster Linie nach dem materiellen Recht und nur dann, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, nach dem Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (BVerwG, Urt. v. 29.3.1996, 1 C 28/94, juris, Rn. 15 m.w.N.). Aus den Regelungen des materiellen Kammerrechts zur Beitragsveranlagung ergibt sich seinem Wesen nach, dass Beschlüsse über die Verwendung eines in erheblicher Höhe angefallenen Gewinns nicht dann bei der im Rahmen einer Anfechtungsklage zu beurteilenden Rechtmäßigkeit der Beitragsveranlagung unberücksichtigt zu bleiben haben, wenn diese Beschlüsse zeitlich nach den angefochtenen Beitragsbescheiden ergangen sind.

52

Zum einen ist den Gewinnverwendungsbeschlüssen, wie bereits ausgeführt, erhebliche Relevanz für die Rechtmäßigkeit der Beitragsveranlagung beizumessen. Zum anderen folgt aus den Regelungen der Beklagten zur Feststellung der Wirtschaftssatzung, die über die Beiträge bestimmt und vor Beginn des Geschäftsjahres beschlossen werden soll (§ 2 Abs. 1 des Finanzstatuts der Beklagten) sowie der nachfolgenden Beitragsveranlagung (§ 15 der Beitragsordnung der Beklagten) auf der einen und zur Feststellung des Jahresabschlusses nach Ablauf des Geschäftsjahres sowie zum Beschluss über die Ergebnisverwendung (§§ 15 Abs. 1, 17 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten) auf der anderen Seite, dass die Gewinnverwendungsbeschlüsse regelhaft erst nach der Beitragsveranlagung erfolgen. Bliebe die Rechtswidrigkeit eines der Beitragsveranlagung nachfolgenden Gewinnverwendungsbeschlusses im Beitragsrechtsstreit unberücksichtigt, wäre dies weder prozessökonomisch noch trüge es dem Eingriffscharakter von IHK-Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht in die nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit angemessen Rechnung.

53

(2) Nach diesen Maßgaben sind die Beschlüsse des Plenums der Beklagten über den Vortrag der Gewinne aus den Jahren 2010 und 2013 auf neue Rechnung rechtswidrig.

54

Die Beklagte hat im Geschäftsjahr 2010 einen ganz erheblichen Gewinn in Höhe von 5.711.437,74 Euro auf neue Rechnung vorgetragen. Besondere Umstände, aufgrund derer dies anstatt der anteiligen Rückerstattung der Mitgliedsbeiträge wirtschaftlich hätte geboten sein können, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch für das Jahr 2013, in dem die Beklagte trotz des 15-prozentigen Nachlasses auf die Mitgliedsbeiträge, der für sie geringere Einnahmen in Höhe von 4.397.256,56 Euro bedeutete, einen ebenfalls erheblichen Gewinn in Höhe von 2.108.002,18 Euro auf neue Rechnung vorgetragen hat.

55

b) Die Regelungswirkung des angefochtenen und für rechtswidrig erkannten Beitragsbescheides umfasst den Beitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 14.051,88 Euro insgesamt sowie für das Jahr 2013, aufgrund des mit Bescheid vom 31. Januar 2014 erfolgten 15-prozentigen Nachlasses, in Höhe von 9.700,20 Euro.

56

Hinsichtlich des Geschäftsjahres 2010 beschränkt sich die Regelungswirkung des angefochtenen Bescheides nicht auf die Festsetzung des Beitrags in Höhe von 11.879,82, der den mit früherem Bescheid im Wege vorläufiger Veranlagung festgesetzten Betrag von 2.172,06 Euro übersteigt, da der angefochtene Bescheid den Beitrag für das Jahr 2010 im Wege der Abrechnung und damit endgültig auf 14.051,88 Euro festgesetzt hat.

57

aa) Dies beruht auf § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 der Beitragsordnung der Beklagten vom 14. Mai 2004, zuletzt geändert am 21. Dezember 2006.

58

Danach kann eine vorläufige Veranlagung aufgrund des letzten vorliegenden Gewerbeertrags oder – soweit ein solcher nicht vorliegt – aufgrund einer Schätzung in entsprechender Anwendung des § 162 AO erfolgen, sofern der Gewerbeertrag oder der Zerlegungsanteil für das Bemessungsjahr noch nicht vorliegen. Entsprechendes gilt für den Gewinn aus Gewerbebetrieb und den Umsatz, die Bilanzsumme und die Arbeitnehmerzahl, soweit diese für die Veranlagung von Bedeutung sind. Ändert sich die Bemessungsgrundlage nach Erteilung des Beitragsbescheids, erlässt die Beklagte einen berichtigten Bescheid.

59

Veranlassung zum Erlass eines endgültigen Beitragsbescheides besteht, wenn die Beitragsveranlagung im Gegensatz zur vorläufigen Veranlagung auf Grundlage des nunmehr vorliegenden Gewerbeertrages bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb des Bemessungsjahres erfolgen kann. Unerheblich ist insoweit, ob sich einzelne für die Berechnung des Beitrags nach den genannten Vorschriften relevante Parameter der Höhe nach zu Gunsten oder zu Ungunsten des Kammermitglieds geändert haben. Auch wenn diese im Ergebnis unverändert sind und sich keine Änderung der Höhe des Beitrags ergibt, ist der Beitrag im Wege der Abrechnung endgültig festzusetzen. Dieser Veranlagungsbescheid stellt nicht bloß eine – teilweise – wiederholende Verfügung dar, sondern trifft aufgrund der Endgültigkeit der Beitragsveranlagung eine eigenständige Regelung, die in seiner Gesamtheit uneingeschränkt anfechtbar ist (s. auch Jahn, GewArch 2008, 190 (191)).

60

bb) Entgegen anderslautender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen (s. VG München, Urt. v. 6.10.2015, M 16 K 15.2443, juris, Rn. 20) steht dies nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 5.3.1971, VII C 44.68, juris) zur beschränkten Anfechtbarkeit gemäß § 212b Abs. 3 AO in der ab dem 1. Januar 1966 geltenden Fassung (BGBl. 1965 I S. 1477 (1497)) erlassener Berichtigungsbescheide im Widerspruch.

61

Nach dieser Vorschrift hatte eine Gemeinde, wenn ein Steuermessbescheid nachträglich geändert wurde, einen Realsteuerbescheid, der auf dem bisherigen Steuermessbescheid beruhte, von Amts wegen durch einen neuen Realsteuerbescheid zu ersetzen, der der Änderung des bisherigen Steuermessbescheids Rechnung trug.

62

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Berichtigungsbescheid den bisherigen Steuerbescheid nur insoweit berühre, als es erforderlich sei, um ihn dem geänderten Steuermessbescheid des Finanzamts, auf dem die Änderung beruhe, anzupassen. Eine Wiederaufrollung des gesamten Steuerfalles finde nicht statt. Führe daher der gemäß § 212b Abs. 3 AO ergangene Berichtigungsbescheid zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung, weil der Betrag des bisherigen Steuermessbescheides herabgesetzt worden sei, so werde ein bisheriger Gewerbesteuerbescheid nur insoweit beseitigt, als er dem zugrunde liegenden geänderten Steuermessbescheid entgegenstehe, also eine höhere Gewerbesteuer festgesetzt habe als sie dem herabgesetzten Steuermessbetrag entspreche. Im Übrigen bleibe die bisherige Gewerbesteuerfestsetzung bestehen und damit auch ihre in der Vergangenheit eingetretene Wirkung der Unanfechtbarkeit. Soweit der Berichtigungsbescheid den nicht korrigierten Bestandteil der bisherigen Gewerbesteuerfestsetzung dem Steuerpflichtigen gegenüber nochmals geltend mache, stelle er sich nicht als neuer Sachbescheid, sondern lediglich als „wiederholende Verfügung“ dar, die nicht mehr selbständig angefochten werden könne (zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v. 5.3.1971, VII C 44.68, juris, Rn. 22).

63

Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Im Gegensatz zu den Steuerbescheiden, die den Berichtigungsbescheiden nach § 212b Abs. 3 AO vorausgegangen waren, hat die Beklagte nach Maßgabe von § 15 Abs. 3 ihrer Beitragsordnung zunächst eine nur vorläufige Veranlagung vorgenommen, hinsichtlich der es stets einer späteren Abrechnung und damit endgültigen Veranlagung bedarf. Dabei handelt es sich, wie bereits ausgeführt, nicht um eine – teilweise – wiederholende Verfügung, sondern um eine eigenständige Sachentscheidung.

64

cc) Auch aus § 351 Abs. 1 AO, wonach Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden können, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt (hierzu: VG München, Urt. v. 6.10.2015, M 16 K 15.2443, juris, Rn. 20), folgt nichts anderes, da diese Anfechtungsbeschränkung für vorläufige Steuerbescheide mangels materieller Bestandskraft nicht gilt (Bartone, in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 121. Lieferung, Stand: 1.11.2013, § 351 AO 1977, Rn. 7 m.w.N.; Cöster, in: Koenig, AO, 3. Auflage 2014, § 351, Rn. 13).

65

2. Hinsichtlich der mit dem angefochtenen Beitragsbescheid erfolgten Festsetzung eines 20-prozentigen Nachlasses auf den Beitrag für das Jahr 2012 ist die Anfechtungsklage hingegen unzulässig.

66

Die Klägerin ist insoweit nicht klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Die danach erforderliche Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten scheidet bei einem den Rechtsschutzsuchenden rechtlich nur begünstigenden Verwaltungsakt aus (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL, Oktober 2015, § 42 Abs. 1, Rn. 8). So ist es hier.

67

Die Regelung des angefochtenen Bescheides beschränkt sich hinsichtlich des Geschäftsjahres 2012 auf die Reduzierung des bereits mit einem früheren Bescheid festgesetzten Beitrags um 20 %. Hintergrund ist ausweislich der einleitenden, in Fettdruck gesetzten Formulierung, dass das Plenum aufgrund der Finanzlage der Beklagten beschlossen hatte, einmalig für das Beitragsjahr 2012 auf alle Grundbeiträge und auf die Umlage einen Nachlass von 20 % zu gewähren.

68

Hingegen ist der Bescheid nicht dahingehend auszulegen, dass damit die Höhe des Beitrags für das Geschäftsjahr 2012 vollständig neu festgesetzt wurde. Im Gegensatz zur Veranlagung zum Jahr 2010 handelt es sich nicht um eine Abrechnung aufgrund nunmehr vorliegender Parameter, die für die Berechnung des Beitrages erforderlich sind, sondern um eine erneute vorläufige Veranlagung, die einzig auf den vom Plenum beschlossenen pauschalen 20-prozentigen Nachlass zurückzuführen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit dieser Festsetzung den früheren Bescheid aufgehoben und eine vollständige neue Sachentscheidung über den Beitrag für das Geschäftsjahr 2012 getroffen hat, liegen nicht vor. Im Gegenteil heißt es am Ende des Bescheides, dass, wenn zu den aufgeführten Beitragsjahren bereits Beitragsbescheide ergangen seien, diese durch den aktuellen Bescheid nicht aufgehoben würden.

69

Der Klägerin wird dadurch der nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistete effektive Rechtsschutz auch nicht verwehrt. Mit ihrem Argument, der Nachlass habe höher als 20 Prozent ausfallen müssen, kann sich die Klägerin gegen die spätere endgültige Veranlagung für das Geschäftsjahr 2012 wenden, ohne dass dem die Unanfechtbarkeit der vorläufigen Veranlagung entgegenzuhalten wäre (s. oben unter II. 1. b)).

III.

70

Der Beklagten sind die Kosten nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO in Gänze aufzuerlegen, weil die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

71

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 16 K 15.2443

Im Namen des Volkes

Urteil

6. Oktober 2015

16. Kammer

Sachgebiets - Nr.412

Hauptpunkte: Beitragserhebung durch IHK; Rückwirkender Erlass einer Wirtschaftssatzung; Zulässigkeit der Rücklagenbildung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... GmbH

vertreten durch den Geschäftsführer ...

- Klägerin -

gegen

Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, Balanstr. 55-59, 81541 München

vertreten durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer

vertreten durch: ...

- Beklagte -

wegen Beitrag

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 16. Kammer, durch die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2015 am 6. Oktober 2015 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Beitragsbescheid der Beklagten.

Mit Beitragsbescheid der Beklagten vom ... Februar 2012 wurde die Klägerin für das Jahr 2012 vorläufig zu einem Grundbeitrag von 300,- EUR und einem Umlagebeitrag von 163,20 EUR veranlagt. Für das Jahr 2013 setzte die Beklagte mit Bescheid vom ... Februar 2013 im Wege der vorläufigen Veranlagung gegenüber der Klägerin einen Grundbeitrag von 300,- EUR sowie einen Umlagebeitrag von 347,25 EUR fest.

Die Vollversammlung der Beklagten beschloss am 13. April 2015 unter TOP 2, dass der im Nachtragswirtschaftsplan 2011 vom 29. November 2011 für das Geschäftsjahr 2011 bislang ausgewiesene Ergebnisvortrag von 32.908 TEUR mit Wirkung für die Vergangenheit zusammen mit dem Jahresüberschuss für das Geschäftsjahr 2011 von 13.057 TEUR zweckgebunden in Höhe von Teilbeträgen von 32.400 TEUR der Rücklage zur Generalsanierung Max-Joseph-Straße, in Höhe von 2.245 TEUR der neu zu bildenden Rücklage zur „Anschubfinanzierung Regionalisierung bis 2015“ sowie in Höhe von 11.320 TEUR einer zu bildenden Rücklage „Finanzierung neues Bildungszentrum“ zugeführt wird. Entsprechend wurde für die Jahre 2012 und 2013 entschieden, den jeweiligen Jahresüberschuss (3.608 TEUR in 2012, 19.972 TEUR in 2013) für diese Geschäftsjahre zweckgebunden bestimmten Rücklagen zuzuführen.

Für die Geschäftsjahre 2011 bis einschließlich 2015 wurden jeweils neue Wirtschaftssatzungen erlassen, welche die vor Beginn des jeweiligen Geschäftsjahrs erlassenen bisherigen Wirtschaftssatzungen ersetzen sollten. Für das Geschäftsjahr 2015 wurde der Umlagesatz von 0,100 Prozent auf 0,050 Prozent einmalig gesenkt.

Die bisherige Bauwirtschaftssatzung vom 16. März 2011 für die Generalsanierung Max-Joseph-Straße wurde durch eine neue Bauwirtschaftssatzung ersetzt. Die einzige Änderung durch die Neufassung dieser Satzung liegt darin, dass die Finanzierung nunmehr vollständig aus zweckgebundenen Rücklagen erfolgen soll.

Dem Protokoll zur Vollversammlung der Beklagten vom 13. April 2015 zufolge wurde zu TOP 2 u. a. ausgeführt, dass gemäß Beschluss der Vollversammlung vom 18. März 2015 die Wirtschaftssatzungen der Geschäftsjahre 2011 bis 2015 ersetzt werden sollten. Anlass sei das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Januar 2015, mit dem der Beklagten auf den Weg gegeben worden sei, den Ergebnisvortrag des streitigen Jahres 2013 durch einen formalen Beschluss der Vollversammlung verbindlich und eindeutig zweckgebunden zu verwenden. Mit der Neufassung der Wirtschaftssatzung werde ein Zuordnungsfehler im Eigenkapital korrigiert; die ausgewiesenen Ergebnisvorträge würden zweckbestimmten Rücklagen zugeführt. Da sich der Zuordnungsfehler bereits in den Vorjahren entwickelt habe und in den Folgejahren fortsetze, habe die Vollversammlung am 18. März 2015 beschlossen, konsequenterweise die Jahre 2011 bis 2014 rückwirkend erfolgsneutral zu korrigieren. Bei der Neufassung der Wirtschaftssatzungen seien die tatsächlichen Verhältnisse anstelle der ursprünglich prognostizierten Daten zu berücksichtigen. Die Rücklagen seien zur Sanierung der Max-Joseph-Straße, zur Instandhaltung der Akademien der Beklagten „Orleansstraße“ und „Westerham“, zum Umbau der Geschäftsstelle Weilheim, zum Bau eines neuen Bildungszentrums sowie neuer Geschäftsstellen in Ingolstadt und Rosenheim zweckgebunden. Gleiches gelte für die Rücklage zur Anschubfinanzierung der Regionalisierung in Form von Personal- und Sachkosten bis 2015.

Die am 13. April 2015 rückwirkend erlassenen Wirtschaftssatzungen wurden in der Maiausgabe 2015 der Kammerzeitschrift der Beklagten veröffentlicht.

Die Beklagte erließ mit Beitragsbescheid vom ... Mai 2015 gegenüber der Klägerin eine „Abrechnung“ für das Jahr 2012, wobei der Grundbetrag unverändert bei 300,- EUR belassen, der Umlagebeitrag jedoch auf 231,30 EUR erhöht wurde. Weiter erfolgte für das Jahr 2013 eine „berichtigte Abrechnung“, mit welcher der Grundbetrag auf 150,- EUR sowie der Umlagebetrag auf 47,70 EUR ermäßigt wurden.

Am 15. Juni 2015 erhob die Klägerin Klage gegen den Beitragsbescheid vom ... Mai 2015. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, die am 13. April 2015 rückwirkend beschlossenen Wirtschaftssatzungen würden eine echte, unzulässige Rückwirkung darstellen. Diese Satzungen seien wegen rechtswidriger Vermögensbildung, unzulässiger nachträglicher Umwidmung ungeplanter Gewinne, Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Äquivalenzprinzip sowie Ermessensausfalls unwirksam. Für 2011 sei die Rücklage von 2.324 TEUR (Stand Nachtragssatzung 2011) auf 45.965,2 TEUR angehoben worden, unter Einbeziehung des Jahresergebnisses 2011. Eine nachträgliche Zweckbestimmung ungeplanter kumulierter Gewinne widerspreche dem Prinzip der Kostendeckung in der Haushaltsführung der Beklagten. Die Projektfinanzierung für die Stammhaussanierung mit einem Volumen von rund 100 Mio. EUR mit Gewinnen aus 7 Jahren würde die Beitragszahler unverhältnismäßig belasten. Es fehle eine gesonderte Beschlussfassung über die Rücklagenbildung mit konkreter Zeit- und Finanzplanung und über eine Eigen- oder Fremdfinanzierung der Projekte. Eine rückwirkende Änderung der Haushaltsplanung sei rechtlich nicht geboten und unverhältnismäßig. Eine „retroaktive“ Haushaltsgesetzgebung verstoße gegen das Annuitätsprinzip des Haushaltsrechts. Weiter legte die Klägerin eine Gegenüberstellung geplanter und tatsächlicher Gewinne der Beklagten in den Jahren 2007 bis 2013 sowie eine Aufstellung über angebliche Widersprüche und Prognosen bei Jahresergebnissen der Beklagten vor.

Die Klägerin beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom ... Mai 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, nach allgemeiner Rechtsauffassung könnten fehlerhafte Abgabensatzungen durch neue Satzungen rückwirkend ersetzt werden. Vertrauensschutz bestehe bei einem Rechtsschein durch eine ungültige Satzung auch dann nicht, wenn die rückwirkende Satzung zu einer höheren Beitragspflicht führe. Danach sei hier der Erlass neuer Wirtschaftssatzungen unter Bildung zweckgebundener Rücklagen zulässig gewesen. Auch hätten die festgestellten Jahresabschlüsse einbezogen werden können, da bei einem rückwirkenden Inkrafttreten einer Satzung die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Satzungserlasses zugrunde zu legen seien. Aus dem früheren, unzulässigen Gewinnvortrag ergebe sich nicht, dass eine Rücklagenbildung ausgeschlossen sei.

Zu weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6. Oktober 2015, die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise bereits unzulässig; im Übrigen erweist sie sich als unbegründet.

1. Soweit sich die Klage gegen die Beitragsfestsetzung für das Jahr 2013 richtet ist sie unzulässig.

Durch den streitgegenständlichen Bescheid vom ... Mai 2015 wurde für das Jahr 2013 im Wege einer „berichtigten Abrechnung“ ein Beitrag von insgesamt 197,70 EUR festgesetzt; gegenüber der vorläufigen Festsetzung für dieses Beitragsjahr mit Bescheid vom ... Februar 2013 ergibt sich eine Beitragsermäßigung um 449,55 EUR.

Rechtsgrundlage dieser berichtigenden Abrechnung ist § 15 Abs. 4 Satz 1 der Beitragsordnung der Beklagten vom 10. Dezember 1998 in der Fassung der letzten Änderung am 3. Dezember 2013. Danach erlässt die Beklagte einen berichtigten oder berichtigenden Bescheid, wenn sich die Bemessungsgrundlage nach Erteilung des Beitragsbescheides ändert. Hier hat sich die Bemessungsgrundlage für das Beitragsjahr dahingehend im Sinne dieser Vorschrift geändert, als der Bescheid vom ... Mai 2015 bei der Bemessung des Umlagebeitrags den mittlerweile feststehenden Gewerbeertrag 2013 berücksichtigt wurde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 5.3.1971 - VII 44.68 - juris Rn. 22) wird ein ursprünglicher Bescheid durch einen Berichtigungsbescheid nur insoweit beseitigt, als eine höhere Steuer - bzw. wie hier ein höherer Beitrag - festgesetzt wird. Im Übrigen bleibt die bisherige unanfechtbare Festsetzung bestehen; insoweit stellt sich der Berichtigungsbescheid lediglich als „wiederholende Verfügung“ dar, die nicht mehr selbstständig anfechtbar ist. Hierfür spricht auch der Rechtsgedanke des § 351 Abs. 1 AO. Danach sind Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, grundsätzlich nur insoweit anfechtbar, als die Änderung reicht. Im vorliegenden Fall ist die ermäßigende Festsetzung für das Jahr 2013 nicht mehr anfechtbar; die Klägerin kann insoweit keine Rechtsverletzung nach § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen.

Die Klage ist dagegen hinsichtlich der Festsetzung für das Jahr 2012 im Bescheid vom ... Mai 2015 zulässig. Diese Festsetzung führt gegenüber der vorläufigen Beitragserhebung zu einem Saldo zulasten der Klägerin von 68,10 EUR. Gleichermaßen ist die Klage gegen die im selben Bescheid erfolgte erstmalige, vorläufige Veranlagung für das Jahr 2015 statthaft.

2. Hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für die Jahre 2012 und 2015 ist die Klage jedoch unbegründet. Insoweit ist der Beitragsbescheid der Beklagten vom ... Mai 2015 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin als Kammerzugehörige (vgl. § 2 Abs. 1 IHKG) war nach § 1 der Beitragsordnung i. V. m. Ziffer II.3.b.ba) der jeweiligen Wirtschaftssatzung der Beklagten zu einem jährlichen Grundbeitrag heranzuziehen, für 2012 in Höhe von 300,- EUR, für 2015 mit einem Betrag von 150,- EUR. Den im Bescheid vom ... Mai 2015 festgesetzten Umlagebeträgen liegen gemäß Ziffer II.4. der jeweiligen Wirtschaftssatzung Hebesätze von 0,15% für das Jahr 2012 und von 0,05% für das Jahr 2015 zugrunde, jeweils bezogen auf den Gewerbeertrag der Klägerin. Dieser Beitragstatbestand ist wirksam erlassen worden und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

2.1. Die Wirtschaftssatzungen der Beklagten für 2012 und 2015 konnten rückwirkend erneut erlassen werden.

In ihren ursprünglichen Fassungen verstießen die Beitragstatbestände in den Wirtschaftssatzungen ab dem Jahr 2011 gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Grund waren die in den zugrunde liegenden Wirtschaftsplänen vorgesehenen Ergebnisvorträge. Zu weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das Urteil der Kammer vom 20. Januar 2015, Az. M 16 K 13.2277 Bezug genommen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 IHKG i. V. m. § 1 Abs. 3 der Beitragsordnung der Beklagten werden die Grundbeiträge, der Hebesatz der Umlage und die Freistellungsgrenze jährlich in der Wirtschaftssatzung festgesetzt. Der rückwirkende Erlass einer Beitragssatzung ist grundsätzlich zulässig, wenn kein Vertrauensschutz der Beitragsschuldner entgegensteht (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1983 - 8 C 170/81 - juris). Der rückwirkende Erlass ist hier nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Festsetzung der vorgenannten Beitragsparameter als Regelungsbestandteil einer Wirtschaftssatzung erfolgt. Zwar dient diese grundsätzlich zugleich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 1. Juli 2014 in der Fassung vom 14. November 2014 der Feststellung des Wirtschaftsplans. Eine Änderung des Wirtschaftsplans ist nur im Wege des Nachtragswirtschaftsplans möglich, indem die Vollversammlung eine geänderte Wirtschaftssatzung bis zum Ende des jeweiligen Geschäftsjahres beschließt (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 des Finanzstatus). Bei rückwirkendem Erlass einer Wirtschaftssatzung nach Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres kann diese Funktion der Feststellung des Wirtschaftsplans zwar nicht mehr erfüllt werden (vgl. Lewinski/Burbat, Bundeshaushaltsordnung, 1. Aufl. 2013, Rn. 7 zu § 33). Es ist andererseits nicht ersichtlich, dass das hier maßgebliche Rechtssetzungsziel - die Festlegung der Beitragsparameter - nicht durch rückwirkenden Erlass der Wirtschaftssatzung erreicht werden könnte (vgl. ThürOVG, U.v. 18.12.2008 - 2 KO 994/06 - juris). Hierfür spricht insbesondere auch, dass diese Festlegungen lediglich aus Praktikabilitätsgründen in diesen Satzungen geregelt werden; die Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 IHKG gibt dies nicht verbindlich vor. Zwar sieht § 1 Abs. 3 der Beitragsordnung vor, dass die Festsetzung jährlich in der Wirtschaftssatzung erfolgt; dieser Regelung ist jedoch nicht zu entnehmen, dass keine rückwirkende Festsetzung möglich sein sollte, wenn die zunächst erfolgte Regelung unwirksam war. Es ist auch nicht anzunehmen, dass der rückwirkende Erlass einer Wirtschaftssatzung mit dem Ziel der Festsetzung der Beitragsparameter deshalb nicht in Einklang mit dem Finanzstatut der Beklagten stehen würde, weil die Feststellungswirkung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Finanzstatuts nicht mehr eintreten kann. Diese Regelung ist vielmehr auf eine derart erlassene Wirtschaftssatzung nicht anwendbar.

Zwar hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil vom 5. November 1975 (Az. 162 IV - VGHE 30, 4) festgestellt, dass gemeindliche Hebesätze für die Erhebung der sogenannten Jahressteuern - die mit den Beitragsparametern im Sinne von § 1 Abs. 3 der Beitragsordnung in gewisser Weise vergleichbar sind - nur innerhalb des betreffenden Haushaltsjahres festgesetzt werden können; nach Ablauf des Haushaltsjahres könne die Haushaltssatzung für das abgelaufene Jahr nicht mehr erlassen werden. Maßgeblich für diese Entscheidung dürfte jedoch gewesen sein, dass die betreffende Hebesatz-Festsetzung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Zustimmungserfordernis unwirksam war und diese Zustimmung nicht wirksam nachgeholt werden konnte. Vorliegend bedurften dagegen die Beschlüsse der Vollversammlung zur Festlegung der Grundbeiträge und der Hebesätze der Umlage keiner Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde; dies ergibt sich u. a. im Umkehrschluss aus § 11 Abs. 2 Nr. 6 IHKG, wonach lediglich Beschlüsse über einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 IHKG übersteigenden Umlagesatz genehmigungspflichtig sind. Auch hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof in einer späteren Entscheidung (B.v. 21.2.2006 - 4 ZB 05.1169 - juris Rn. 7) bestätigt, dass die gemeindliche Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer auch in einer gesonderten Satzung zulässig ist.

Vertrauensschutz steht hier dem rückwirkenden Erlass der Wirtschaftssatzungen nicht entgegen. Die Mitglieder der Beklagten mussten aufgrund der Beitragsordnung in Verbindung mit den ursprünglichen Wirtschaftssatzungen mit einer Beitragsanforderung und später nachfolgenden Berichtigungsbescheiden rechnen (vgl. BayVGH, U.v. 14.4.2011 - 4 B 10.2557 - juris Rn. 23).

2.2. Die für 2013 und 2015 rückwirkend erlassenen Wirtschaftssatzungen sind als Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung wirksam. Sie verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Beitragserhebung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Wirtschaftssatzungen am 13. April 2015 maßgeblich (vgl. BayVGH, U.v. 2.4.2004 - 4 N 00.1645 - juris Rn. 22; VGH BW, U.v. 10.2.2011 - 2 S 2251/10 - juris Rn. 46). Dies bedeutet insbesondere, dass mittlerweile für die früheren Haushaltsjahre aufgetretene Jahresüberschüsse und gebildete Rücklagen berücksichtigt werden müssen.

Die Rechtfertigung der jährlichen Beitragserhebung der Beklagten muss sich zwar gemäß § 3 Abs. 2 IHKG aus dem für das jeweilige Haushaltsjahr aufgestellten Wirtschaftsplan ergeben; die eingeforderten Beiträge müssen dazu bestimmt sein, in diesem Haushaltsjahr auftretende Aufwände abzudecken. Eine für das Jahr 2015 prognostizierte Finanzierungslücke muss demnach durch eine Beitragserhebung in diesem Jahr ausgeglichen werden; eine Defizitdeckung im Wirtschaftsplan 2015 mithilfe einer rückwirkenden Beitragserhebung für Vorjahre wäre dagegen unzulässig. Einnahmen aufgrund einer ursprünglich unwirksamen Wirtschaftssatzung dürfen nicht entsprechend zu einem anderweitigen, erst nachträglich entstandenen Zweck umgewidmet werden. Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls ist jedoch davon auszugehen, dass der Finanzierungsbedarf für Projekte -, zu dessen Deckung mit Beschluss vom 13. April 2015 Gewinnüberschüsse Rücklagen zugeführt wurden, - bereits durch Entscheidungen der Vollversammlung der Beklagten in den Jahren ab 2011 ausgelöst wurde. Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Wirtschaftssatzungen waren diese Projekte einschließlich einer Finanzierung aus Eigenmitteln beschlossen; lediglich eine verbindliche Zweckbindung der Gewinnvorträge für diese Projekte lag nicht vor. Zu weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das Urteil der Kammer vom 20. Januar 2015, Az. M 16 K 13.2277 verwiesen. Auch die Klägerin hat nicht substantiiert bestritten, dass es diese Festlegungen schon in den betreffenden Haushaltsjahren gegeben hat.

Dies gilt insbesondere für die Finanzierung der Stammhaus-Sanierung. Bereits in der ursprünglichen Bauwirtschaftssatzung für diese Maßnahme vom 16. März 2011 war vorgesehen, dass die Finanzierung in der damals budgetierten Gesamthöhe von 72,9 Mio. EUR aus Gewinnvorträgen in Höhe von 32.400 TEUR und Rücklagen in Höhe von 40.500 TEUR erfolgen sollte. Diese Festlegung wurde durch Beschluss vom 13. April 2015 dahingehend modifiziert, dass die Projektfinanzierung ausschließlich durch eine Rücklage erfolgen sollte; entsprechend wurden der Instandhaltungsrücklage 32.400 TEUR aus dem für 2011 ausgewiesenen Gewinnvortrag in Höhe von insgesamt 32.908 TEUR zugeführt. Aufgrund der fehlenden verbindlichen Zweckbindung der Gewinnvorträge liegt kein nachträgliches Auswechseln der Begründung für die Beitragserhebung vor.

Die Rücklagenbildung der Beklagten verstößt nicht gegen § 3 Absatz 2 Satz 1 IHKG. Danach dürfen Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der betreffenden Industrie- und Handelskammer nicht anderweitig gedeckt sind; sie dürfen nicht der Vermögensbildung dienen. Hiergegen verstößt nicht die Bildung angemessener Rücklagen, die zu einer geordneten Haushaltsführung gehören und bei denen es sich um Kosten im Sinne des § 3 Absatz 2 IHKG handelt (vgl. BVerwG, U. v. 26.6.1990 - 1 C 45/87 - juris Rn. 20). Neben einer Betriebsmittelrücklage können auch Rücklagen für bestimmte Zwecke vorgesehen werden (BayVGH, B. v. 26.8.2005 - 22 ZB 03.2600 - juris Rn. 5). Die Frage nach einer Unangemessenheit der Rücklagenbildung lässt sich am ehesten am Maßstab des Gesamthaushalts beurteilen. Maßgeblich ist auch, ob die Vorgaben des Finanzstatuts als Grundlage für die Rücklagenbildung beachtet wurden (BayVGH, B. v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris Rn. 25).

Die Rücklagenbildung durch die Beklagte ist nach diesen Maßstäben nicht zu beanstanden.

Die Bildung einer Ausgleichsrücklage zum Ausgleich ergebniswirksamer Schwankungen entspricht den Vorgaben von § 15a Abs. 2 des Finanzstatuts der Beklagten. Danach hat die Beklagte zum Ausgleich ergebniswirksamer Schwankungen eine Ausgleichsrücklage zu bilden, die bis zu 50 v. H. der Summe der geplanten Aufwendungen betragen darf und 30 v. H. nicht unterschreiten soll. Wie das Gericht bereits in seiner Entscheidung vom 20.01.2015, Az. M 16 K 13.2277 näher dargelegt hat, ist eine derartige Rücklagenbildung zulässig. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zweck dieser Rücklage gegenüber der vorherigen Fassung des Finanzstatuts deutlich weiter gefasst wurde; nach § 15 Abs. 3 des Finanzstatus in der Fassung vom 12. Juli 2006 sollte diese lediglich dazu dienen, Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen. Maßgeblich ist im vorliegenden Zusammenhang allein, dass auch durch die Neuregelung in § 15a Abs. 2 des Finanzstatus eine konkrete und sachlich grundsätzlich nachvollziehbare Zweckbestimmung getroffen wurde.

Die weiter gebildeten Instandhaltungsrücklagen für bestimmte Projekte unterliegen hinsichtlich ihrer Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit keiner gerichtlichen Kontrolle bei der Prüfung, ob eine Beitragserhebung mit § 3 Absatz 2 Satz 1 IHKG vereinbar ist. Auch besteht ein weiter Beurteilungsspielraum der Beklagten hinsichtlich der Frage, inwieweit die Projektfinanzierung über laufende Einnahmen oder über Rücklagen erfolgen soll.

Zwar wurden bei dem Beschluss vom 13. April 2015 über die Zuführung des Gewinnvortrags zu Rücklagen die Anforderungen des § 15a Abs. 2 Satz 6 des Finanzstatuts nicht erfüllt. Danach sind bei der Bildung zweckbestimmter Rücklagen der Verwendungszweck, der Umfang und der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme hinreichend zu konkretisieren. Jedenfalls hinsichtlich der Rücklage für die Stammhaus-Sanierung lag zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 13. April 2015 insbesondere keine derartige aktuelle Zeitplanung vor. Vielmehr wurden in der Bauwirtschaftssatzung für diese Maßnahme lediglich die Angaben zur Finanzierung aktualisiert; die Angaben über die voraussichtliche zeitliche Mittelverwendung wurden dagegen beim Stand vom 16. März 2011 mit einem Planungshorizont bis 2016 belassen. Diese Zeitplanung ist jedoch mittlerweile überholt, da die Projektrealisierung im Wesentlichen noch bevorsteht. Die Angemessenheit der Rücklagenbildung im oben genannten Sinne ist allerdings gewahrt, wenn die betreffenden zweckgebundenen Rücklagen mit bestimmtem Volumen durch Beschluss der Vollversammlung gebildet werden und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es sich um eine verschleierte Vermögensbildung handelt. Die Klägerin kann nicht rügen, dass die Rücklagenbildung im Übrigen weiteren Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten nicht entsprechen würde (vgl. bzgl. angeblichen Fehlern bei der Geldanlage und die Verletzung haushaltsrechtlicher Vorgaben BayVGH, B.v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris Rn. 25).

Diese Anforderungen an die Angemessenheit der Rücklagenbildung sind hier erfüllt. Es ist offensichtlich, dass das Gesamtvolumen der Maßnahme, für die bereits im Jahr 2011 Investitionskosten von 72.900 TEUR kalkuliert wurden, jedenfalls nicht gesunken ist, wovon auch die Vollversammlung bei der Beschlussfassung am 13. April 2015 erkennbar ausgegangen ist.

Die Gesamthöhe der gebildeten Rücklagen ist hier nicht zu beanstanden. Zwar übersteigt deren Gesamtvolumen mit rd. 140 Mio. EUR (Sachstand Plan 31.12.2015) den für 2015 geplanten Betriebsaufwand von rd. 91 Mio. EUR erheblich. Angesichts der außergewöhnlichen Aufwände der Beklagten insbesondere für die Sanierung des Stammhauses und weitere strategisch bedeutsamer Projekte ist die Rücklagenbildung jedoch nachvollziehbar. Diese Projekte gehören nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Beklagten, sondern dienen ersichtlich dazu, langfristig die organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen für die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Dafür erforderliche Projektkosten können nur bedingt in ein Verhältnis zum regelmäßigen jährlichen Finanzierungsbedarf einer IHK gesetzt werden. Daher ist jedenfalls vorübergehend die Bildung eines relativ hohen Rücklagenvolumens zulässig. Das gilt jedenfalls unter der Maßgabe, dass aufgrund von Beschlüssen der Vollversammlung der Beklagten wie hier nachvollziehbar ist, dass diese die zweckgebundene Rücklagenbildung in der jeweiligen Höhe als erforderlich ansieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Absatz 1 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 894,90 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Die Industrie- und Handelskammern haben, soweit nicht die Zuständigkeit der Organisationen des Handwerks nach Maßgabe der Handwerksordnung oder die Zuständigkeit der Kammern der freien Berufe in Bezug auf die Berufspflichten ihrer Mitglieder gegeben ist, die Aufgaben:

1.
das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks, einschließlich der Gesamtverantwortung der gewerblichen Wirtschaft, die auch Ziele einer nachhaltigen Entwicklung umfassen kann, auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene wahrzunehmen,
2.
für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks zu wirken,
3.
für die Wahrung von Anstand und Sitte der ehrbaren Kaufleute, einschließlich deren sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung, zu wirken
und dabei stets die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Im Rahmen ihrer Aufgaben haben die Industrie- und Handelskammern insbesondere
1.
durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten,
2.
das Recht, zu den im Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden liegenden wirtschaftspolitischen Angelegenheiten ihres Bezirks in behördlichen oder gerichtlichen Verfahren sowie gegenüber der Öffentlichkeit Stellung zu nehmen.
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben haben die Industrie- und Handelskammern den angemessenen Minderheitenschutz zu gewährleisten,
1.
indem im Rahmen der Kommunikation auf abweichende Positionen hingewiesen wird und
2.
abweichende Stellungnahmen in zumutbarer Form öffentlich zugänglich gemacht werden.

(2) Die Industrie- und Handelskammern können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen sowie Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes, treffen.

(2a) Die Industrie- und Handelskammern können allein oder zusammen mit anderen Kammern für die gewerbliche Wirtschaft Maßnahmen zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung treffen, insbesondere Schiedsgerichte und andere Einrichtungen der alternativen Konfliktlösung begründen, unterhalten und unterstützen. § 111 Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Die Industrie- und Handelskammern können zudem die ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks zu Fragen der Früherkennung von Unternehmenskrisen und deren Bewältigung beraten.

(3) Den Industrie- und Handelskammern obliegt die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen, soweit nicht Rechtsvorschriften diese Aufgaben anderen Stellen zuweisen.

(3a) Die Länder können durch Gesetz den Industrie- und Handelskammern die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes übertragen. Das Gesetz regelt, welche Aufgabenbereiche von der Zuweisung erfasst sind. Dabei kann das Gesetz vorsehen, dass die Industrie- und Handelskammern auch für nicht Kammerzugehörige tätig werden. Das Gesetz regelt auch die Aufsicht.

(3b) Die Länder können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfüllen.

(4) Weitere Aufgaben können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden.

(5) Nicht zu den Aufgaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 gehören die grundrechtlich geschützten Aufgabenbereiche der Vereinigungen im Sinne des Artikels 9 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes, insbesondere die Aufgabenbereiche der Tarifpartner sowie die arbeitsgerichtliche Vertretung von Unternehmen. Zudem sind Stellungnahmen ausgeschlossen zu sozial- und arbeitsmarktpolitischen Fragen, soweit diese in der ausschließlichen Entscheidungszuständigkeit der Gremien der sozialen Selbstverwaltung liegen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.